Die Reise der Braut nach Tommelsbeuge

Die Reise der Braut nach Tommelsbeuge

Bei Tagesanbruch des 10. Peraine 1045 BF auf Burg Tannwirk, Baronie Witzichenberg

Die Mägde und Knechte der Burg spannten die Pferde vor die Wagen, die Gardisten sattelten die Pferde, ihre eigenen als auch die der Baronsfamilie. Der große Wagen mit der Aussteuer wurde aus der Remise gezogen, beladen hatte man ihn bereits am Vortag. Die letzten, besonders wertvollen Stücke wurden nun unter der Aufsicht von Leon Eberwulf von Tannwirk, dem Bruder der Braut, aufgeladen und von ihm persönlich gesichert. Die Pferde trugen alle Schabracken mit dem Baronswappen, ebenso trugen die Kutschen das grün-weiße Wappen mit der schwarzen Tanne. Der Wagen der Braut war mit einer Girlande aus Buchsbaum und weißen Schleifen geschmückt. Im Pallas frühstückten die Familie und ihr Hofstaat. Tsaja, die Braut, vor Nervosität ganz blass und fahrig, wurde von ihrer Ziehmutter Liliane zum Essen ermuntert. Melinde gab ihrem Kämmerer, Lares ya Cordaya von Tannwirk, letzte Anweisungen. Zwar hatten sie in den letzten Tagen schon alles besprochen, aber in der Nacht waren der Baronin noch zwei, drei Dinge eingefallen, die sie Lares noch auftrug.

Ob der frühen Stunde war es noch recht ruhig an der Tafel. Einige Gäste, die mit dem Brautzug reisen würden, waren bereits vor ein bis zwei Tagen eingetroffen.

Nach dem Frühstück machte man sich zügig aufbruchsbereit. Die Pferde und Kutschen wurden bestiegen. Der Tross wurde von zwölf Gardisten geleitet, die Melinde zum Teil von den umliegenden Gütern geordert hatte. Nicht, dass sie wirklich einen Überfall fürchtete, aber außer der Braut, die vielleicht einige Schurken zu entführen reizen konnte, waren ihre eigenen Kinder im Wagen dabei und auch die Aussteuer ihrer jungen Tante bot ein lohnendes Ziel. Außerdem war die Vermählung Tsajas mit dem Baron zu Tommelsbeuge ein Anlass, bei dem es zu Repräsentieren galt.

Der Tross wurde von zwei Gardisten mit den Bannern Witzichenbergs angeführt, ihnen folgten - alle zu Pferd - Leon Eberwulf von Tannwirk mit seiner Gemahlin Basilissa von Vairningen, dann die beiden Knappinnen Praiolind von Neidenstein und Amadis von Eberbach, dann folgten Melinde und ihr Gatte Ingrawin. Melinde trug eine glänzende Rüstung, die Baronskrone auf ihrem Haupte und ritt auf einem prächtigen Fuchs. Hinter ihr und ihrem Gemahl folgten zwei ausgezeichnete Gardisten von Burg Tannwirk, die ebenfalls Banner trugen. Im Anschluss der Wagen der Braut, indem sich außer Tsaja noch Liliane, die Amme und die beiden Mädchen, Eleonore und Svanhild, befanden. Die Zofe und der Leibdiener des Baronspaares, Franka Horigan und Edorian Tulop, hatten auf den Dienersitzen des Brautwagens ihre Plätze eingenommen. Heimlich warfen sie sich Blicke zu und lächelten sich an. Viel miteinander zu sprechen wagten sie nicht, da die strenge, stets auf Zucht und Ordnung bedachte, Liliane in Hörweite saß.

Dann folgten Magistra Quelina Eberwulf von Tannwirk und Magister Quendan Eberwulf von Tannwirk, Geschwister der Braut, zu Pferde. Direkt hinter ihnen Quelinas Tochter Gala und der Page Falk von Tannwirk, beide auf Ponys. In dem folgenden Wagen hatten Alrik Eberwulf von Tannwirk, Vater der Braut, die beiden Hofgeweihten Ardan von Siebenstein und Elfriede Gumbeltritt sowie der Hofmedicus Dr. Edorian Bellentor, Platz genommen. Diesem Wagen folgten Aedha ni Brair, Schwägerin der Braut, Witwe des verstorbenen Bruders Lechdan Eberwulf von Tannwirk, zu Pferde und einige Gardisten. Nach ihnen kam der große Wagen mit der Aussteuer. Außer dem Kutscher hatte auf dem Bock auch der Schreiber der Baronin, Gerrik Tulop, Platz genommen.

Den Abschluss bildeten die beiden Gepäckwagen und die restlichen Gardisten, die ebenfalls Banner mit dem Wappen der Tannwirks trugen. Der Zug erreichte das Dorf Witzichenberg, wo sich die Bewohner trotz der frühen Stunde versammelt hatten, zum einem, um die Braut würdig zu verabschieden, zum anderen aus Neugier. Der Tross war prachtvoll anzusehen und auf dem Wagen mit der Aussteuer gab es auch das ein oder andere zu sehen, obwohl vieles gegen eventuellen Regen in Wachstuch und Ölzeug verpackt war. Der Dorfschulze Trondwig Schüttelbirn überreichte der Braut im Namen der Bürger von Witzichenberg einen Holzstich mit der Ansicht von Dorf Witzichenberg mit Burg Tannwirk im Hintergrund als Geschenk. Tsaja Eberwulf von Tannwirk, die in ein silbergraues Reisekleid mit passendem Mantel und Handschuhen gekleidet war und gegen die morgendliche Kühle einen Muff aus schwarzem Fell trug, dankte für die guten Wünsche und das Geschenk und lud das Dorf ein, an dem Tag ihres Traviabundes, im Gasthaus auf ihr und ihres Gemahls Wohl anzustoßen, was die Versammelten mit Hochrufen begrüßten.

Im Gasthaus Pilgersruh, speziell von den Wirtsleuten Folmin für diesen Anlass schon zu früher Stunde geöffnet, hatten weitere Begleiter des Hochzeitszuges bei einem kleinen Imbiss auf die Braut gewartet: Die Hofmaga Circe ter Greven, die Familie von Siebenstein und der Leutnant a.D. Frodebrand Efferdlieb von Harthals-Schwarzklamm. Der Zug setzte seinen Weg fort, vorbei an dem Dörfchen Stiefelstein gen Drachenstieg, der Heimat des Pagen Falk von Tannwirk. Schon ein Stück vor dem Gut warteten die Bewohner auf die Braut und winkten zur Begrüßung mit ihren Taschentüchern. Die Mädchen des Junkergutes, darunter Falks Schwestern Rhiannon und Thalia, liefen zum Brautwagen und überreichten der Braut kleine Blumensträuße und -kränze. Nyah DaRe von Tannwirk und ihr Gemahl Reto waren die beiden letzten Gäste, die sich dem Zug anschlossen, der nach einer Rast seinen Weg gen Tommelbrücke und Vairningen fortsetzte.

Tsaja blickte gedankenverloren aus dem Fenster. Die Felder wurden gerade bestellt, aber wenn das Getreide keimen würde, wäre sie nicht mehr hier. War sie hier Zuhause? Viele Götterläufe hatte sie in Almada bei der Familie ihrer viel zu früh verstorbenen Mutter gelebt und sich dort zuhause gefühlt, wie zuvor auf Edlengut Kreuzweiher, bei Liliane. Auf Burg Tannwirk hatte sie nur die kurze Zeit nach ihrer Rückkehr aus Almada verbracht. Dort hatte sie sich wohl gefühlt, aber bald hatte sie Geribold wieder getroffen, der seinen Schwertvater, ihren Vater besucht hatte. Und sehr bald hatte sie sich verliebt und gehofft, dass er ihre Gefühle erwidern würde. Und dann - endlich - hatte Geribold sich ihr erklärt. Ein wohliger Schauer durchfuhr sie und ohne es zu merken begann sie zu lächeln, als sie daran dachte, wie er ihre Hand genommen hatte und ihr seine Liebe gestanden hatte.

Dann erinnerte sie sich, wie sie ihrer Ziehmutter Liliane und ihrer Nichte Melinde von seinem Antrag berichtete, während ihr - endlich - ihr Geribold den Alt-Baron von Witzichenberg aufsuchte und ihn um ihre Hand bat. Sie war vor Glück jauchzend beiden Frauen um den Hals gefallen und durch Melindes Schreibstube getanzt. Melinde hatte sich gefreut, aber, das war ihr nicht entgangen, Lilianes Antlitz wurde für einen kurzen Moment von einem Schatten bedeckt. Dass sie Tsaja sobald nach ihrer Rückkehr schon wieder hergeben sollte, bekümmerte sie. Es tröstete sie, dass Tommelsbeuge nicht sehr weit weg war und dass Geribold der beste Gemahl war, den sie sich für ihr Mädchen nur wünschen konnte!

Die Freude ihres Vaters war unbeschreiblich! Seine jüngste Tochter, sein Augenstern, würde seinen ehemaligen Knappen ehelichen!

Der Ehevertrag wurde rasch geschlossen. Es gab wenige Punkte, über die man sich nicht schnell einig wurde. Wie ihre Geschwister hatte auch Tsaja etwas Geld aus dem Erbe ihrer Mutter bekommen, Alrik und Melinde stockten die Mitgift um eine weitere Summe auf.

Und sie erinnerte sich, wie sie den Stoff für ihr Hochzeitsgewand ausgesucht hatte. Liliane war mit ihr nach Kefberg gefahren und sie hatten in den dortigen Läden die Stoffe begutachtet, aber beiden hatte nichts so richtig zugesagt. Sie kauften dennoch einige Stoffe und Tuche, denn Tsaja brauchte für ihre Aussteuer außer Kleidern auch noch Tischwäsche, Laken, Bettwäsche und vieles mehr. Unterwäsche kaufte sie lieber ohne Liliane ein, und zwar in Gratenfels, wo es sehr viel mehr Auswahl als in Kefberg gab. Obwohl sie dort sehr viele Einkäufe tätigte, wie das elfenbeinfarbene Service mit dem mit einer Baronskrone gekrönten Wappen von Tommelsbeuge, welches ein Geschenk von ihrem Vater werden sollte, fand sie keinen Stoff, der der Stoff für ihr Kleid war.

Zurück in Witzichenberg, hatte Nyah DaRe die Lösung für das Stoffproblem. Aus dem Kontor ihrer Eltern in Havena hatte Nyah verschiedene erlesene Stoffe bestellt, die sie den Damen auf Burg Tannwirk präsentierte. Darunter befand sich ein naturfarbener Seidenstoff, der mit Gold- und Silberfäden durchwirkt war. Ein Stoff für ein wahrlich besonderes Kleid.

Stunden verbrachten die Damen auf Burg Tannwirk mit Entwürfen für ein Kleid – nein, für das Kleid! Lara von Siebenstein und Nyah DaRe kamen zur Unterstützung und gemeinsam zeichneten sie, was das Zeug hielt. Die Hochzeitsvorbereitungen schritten voran, Tsajas Aussteuer wuchs und türmte sich in ihrem Gemach. Fast täglich verkehrten Boten zwischen Witzichenberg und Tommelsbeuge. Gästelisten und Einladungen wurden verfasst, die Unterkünfte für die Gäste geplant, Alrik bestellte einige Fässer Ferdoker, Melinde plante, welche Lebensmittel und welches Schlachtvieh nach Tommelsbeuge geschickt werden sollte, man besprach die Weinauswahl, die Küchenmeisterinnen beider Burgen entwarfen gemeinsam das Hochzeitsmenü, die Gästeliste wurde mehrfach ergänzt - bloß niemanden vergessen und düpieren!

Tsaja überlegte mehrfach, ob es nicht weniger Aufwand und vor allem Aufregung gewesen wäre, wenn sie und Geribold durchgebrannt wären und irgendwo allein für sich den Traviabund geschlossen hätten! Aber nein! Das gehörte sich nicht! Aber drüber nachdenken darf man ja wohl mal!

Eine Woche vor der Abreise begann es zu regnen. Es regnete, am nächsten Tag regnete es auch und am Tag danach regnete es immer noch - Regen in allen Varianten: Starkregen, Dauerregen, Schnürrlesregen, und zwischendrin, ganz selten, mal Nieselregen. Am Abend des vierten Regentages verlor Tsaja, sonst der Optimismus in Person, die Nerven. „Die Wege werden aufgeweicht sein und die Wagen werden stecken bleiben!“ „Der Tommel wird über die Ufer treten und die Vairninger Brücke weg reißen! Genau dann, wenn wir uns alle mitten auf der Brücke befinden! Warum hasst der Herr Efferd mich nur so?“ Das war der Moment, in dem Liliane Tsaja einen Krug Branntwein verabreichte, sie ins Bett steckte und bei ihr verweilte, bis sie sanft eingeschlummert war. Als die Burg am nächsten Morgen erwachte, hatte es aufgehört zu regnen. Die Praiosscheibe stand am Firmament. Der Bote, den Liliane zur Brücke entsandt hatte, konnte der besorgten Braut berichten, dass der Tommel nicht über die Ufer getreten war und dass die Brücke sich bester Stabilität erfreute. Auch die Wege würden für schwere Wagen passierbar sein, wenn das Wetter weiter mitspielte.

Am Abend vor der Abreise gingen Liliane und Tsaja zum Zwölfgötterschrein der Burg und verrichteten ihre Gebete und brachten Opfergaben dar. Im Anschluss besuchten sie noch den neu errichteten Ifirn-Schrein an der Birke im Burggarten und auch dort verrichteten sie ein stilles Gebet und schmückten den Schrein mit Blumen und Buchsbaum.

Dann gab es ein Abschiedsessen für Tsaja. Da die Abreise zu früher Stunde erfolgen sollte, ließ Melinde die Tafel zeitig aufheben und man begab sich zu Bett. Tsaja dachte zurück, wie sie den gestrigen Abend, ihren letzten Abend in ihrem Zimmer verbracht hatte. Ihre Sachen waren bereits alle verpackt und zum Wagen gebracht worden. Nur noch die Sachen, die sie für den nächsten Morgen benötigte, lagen bereit. Das Zimmer wirkte kahl und etwas kalt. „Wie werden meine Gemächer auf Burg Fischwacht sein?“ Sie schüttelte sich und fror. Es klopfte leise an der Tür. Es war Liliane, die ihr ein Glas heiße Milch mit Honig brachte und ihr Gesellschaft leistete, bis sie müde wurde und einschlief.

Tsaja glaubte, kaum ein Wassermaß geschlafen zu haben, als Liliane sie schon wieder weckte. Trotzdem sprang sie voller Elan aus dem Bett. Ein Blick aus dem Fenster bestätigte ihr, dass es nicht regnete. Erleichtert seufzte sie auf. Rasch wusch und kleidete sie sich. Dann warf sie einen letzten Blick in ihr Zimmer, um sich alles einzuprägen. Dann begab sie sich schnell nach unten zum Frühstück.

Das war erst alles heute Morgen gewesen! Sie kehrte in die Gegenwart zurück. Liliane war mit Eleonore auf dem Schoß eingeschlafen. Das kleine Mädchen schlief ebenfalls. Die Amme, mit Svanhild im Arm, lächelte ihr freundlich zu. Tsaja blickte aus dem Fenster und sah, dass sie sich der Tommelbrücke näherten. Gleich würde sie Witzichenberg verlassen. Der Tross erreichte die Brücke und hielt an. Die Brückenwächter waren einige Zeit damit beschäftigt, den Brückenzoll zu berechnen, dann gingen es weiter. Tsaja warf einen Blick zurück. „Auf Wiedersehen“, dachte sie melancholisch.

Dann durchquerten sie die Baronie Vairningen. Der Tross erregte Aufsehen unter der Bevölkerung, obwohl Melinde ihn bei der Baronin angekündigt hatte. Auch hier winkten die Leute der Braut zu und die Männer zogen höflich die Hüte. Bald erreichten sie die Baronie Tommelsbeuge. „Meine neue Heimat, wenn es den Göttern gefällt!“, dachte Tsaja. Bald nach der Baroniegrenze rasteten sie nochmals und Tsaja vertrat sich die Füße. Vom Ufer des Tommels konnte sie nach Witzichenberg blicken und wunderte sich darüber, wie anders die Baronie von diesem Ufer wirkte.

Der Tross zog weiter. In Brinnmühle ließ Liliane den Tross halten. Sie hatte von Geribold gehört, dass der dortige Bäcker sehr gut sei. Sie kaufte süße Brötchen für Leonore, Falk, Gala und Tsaja sowie Brot und weiteres Gebäck für die weiteren Reisenden. Der Zug übernachtete im Rittergut Auroth und früh am nächsten Morgen brach er zu seiner letzten Etappe auf.

Die Rondrastunde war bereits angebrochen, als Burg Fischwacht in Sicht kam. Trutzig ragte sie vor den Reisenden auf. Liliane seufzte und war froh, dass sie ihr Ziel jetzt bald erreichen würden. Alle Knochen taten ihr weh und den meisten anderen Reisenden ging es genauso. Tsaja blickte zur Burg und Hoffnung stieg in ihr auf. Geribold würde sie dort erwarten.

Zum 22. Male blickte sie in ihre kleine Truhe, ob die Geschenke für ihren Bräutigam auch an Ort und Stelle waren. Es handelte sich um ein Minitaturportrait Tsajas, das Yacoba Chiesa di Corte geschaffen hatte und welches Tsaja in Gratenfels in einen kostbaren emaillierten Klapprahmen hatte fassen lassen. Um das kostbare Stück auf Reisen zu schützen, befand es sich in einem Lederetui.

Außerdem hatte sie bei dem gleichen Kunsthandwerker, sein Name war Fabergius, ein emailliertes, etwa einen halben Spann großes Ei erstanden. Äußerlich war es ein grünes Ei, bedeckt mit grünen Rosenranken und hellrosa Blüten. Zwischen den Ranken liefen Bänder, die mit winzigen Adamanten besetzt waren. Mit einem Trick konnte man das Ei öffnen. Im Inneren befand sich eine weiß emaillierte, steigende Stute. Wenn man das Spielwerk aufzog, drehte das Tier sich im Kreise und eine liebliche Melodie erklang. Da Tsaja Geribold auch etwas Eigenes schenken wollte, hatte sie eine Brieftasche für ihn genäht und mit dem Wappen von Tommelsbeuge bestickt

Der Tross erreichte Burg Fischwacht. Die Reiter, Pferde und Wagen fuhren im Burghof ein. Melinde hatte bei der letzten Rast einen Reiter vorausgeschickt, um sie anzukündigen.

Burg Fischwacht, Baronie Tommelsbeuge, 12. Peraine 1045 BF

Tsaja hatte an diesem Morgen lange und erholsam geschlafen. Die Praiosscheibe sandte ihre Strahlen verheißungsvoll durch das Fenster. „Hochzeitsmorgen!“, dachte Tsaja fröhlich und spürte wieder den ihr eigenen Optimismus, den sie in den letzten Tagen vermisst hatte.

Liliane ließ ihr das Frühstück ans Bett bringen. Sie musste bis zum Mittag liegen bleiben, um sich auszuruhen. Später wurde ihr ein Bad bereitet. Melindes Zofe Franka badete sie und trocknete sie ab. Dann kümmerte sie sich um die ihre Haare. Tsajas Gesicht und Dekolleté wurden mit Salben betupft, dann musste sie sich ausruhen. „Wovon eigentlich?“, fragte sich Tsaja. Zwischendurch erschienen abwechselnd Melinde, Nyah, Lara und Liliane um die Braut zu unterhalten und - in Lilianes Fall vermutlich eher - um zu prüfen, ob sie sich auch wirklich ausruhte. Lara erzählte Tsaja aber auch kichernd, dass sogar Liliane sich zum Ausruhen zurückgezogen habe, da ihr die Reise immer noch in den Knochen steckte.

Später am Nachmittag erschienen Liliane und Franka, um Tsaja zu frisieren und anzukleiden. Eine Stunde später geleite Liliane ihr Mädchen nach unten in den Garten, wo sich bereits die Gäste versammelt hatten. Der Herold kündigte die Braut und ihre Begleiterin an. Tsaja blieb vor dem Garten stehen und blickte auf die Gesellschaft.

Sie trug ihr Kleid aus dem Gold und Silber gewirkten Stoff, die Taille hoch angesetzt, der Rock lose fallend und sich nach unten verbreiternd. Die langen Ärmel waren geschlitzt, darunter erschienen die Spitzenärmel des Untergewandes. Der Ausschnitt des Kleides war rund geschnitten. Das Dekolleté zierte ein prächtiges silbernes Collier aus floralen Elementen mit einem großen Saphir in der Mitte und kleineren Adamanten an den Seiten. (Der Saphir wird der Herrin Travia zugeordnet und gilt als Symbol der Beständigkeit.) Dazu trug die Braut passende Ohrgehänge. Die prächtigen, langen schwarzen Haare vielen offen über den Rücken bis zu den Hüften, an den Seiten waren sie mit silbernen Kämmen, ebenfalls floral verziert, zurückgesteckt. Das Gesicht war fein gepudert und die Augen mit schwarzem Kohlestrich umrandet. Die Augenlider glitzerten leicht silbern. Scheu und ernst blickte die Braut zu den versammelten Gästen.

Autorin: Windwanderer SGS