Geschichte Ein neuer Page auf Burg Bösalbentrutz

Ort: Burg Bösalbentrutz in Gut Gräflich Bösalbentrutz

Zeit: 1. Ingerimm 1045 BF

Dramatis Personae:

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Fulco von Kranickteich, Edler zu Kranickteich, war in Gedanken versunken.
"Wie schnell die Kinder groß wurden", dachte er, während sein Blick liebevoll auf seinem Begleiter lag.
Er wurde von seinem jüngsten Sohn, Vitald von Kranickteich begleitet, welcher äußerst aufgeregt war und es kaum mehr auf Feuerwind, seinem Pony, aushielt. Vater und Sohn waren auf dem Weg zu Irminella von Eberbach. Wenn alles gut lief am heutigen Tag, würde Vitald die Pagenschaft bei der Vögtin von Bösalbentrutz beginnen.

Zur Rondrastunde lenkte er seine treue Stute Dorcata gemächlich um die letzte Kurve und sie erblickten Burg Bösalbentrutz. Zuerst fiel den beiden Reisenden bereits von Weitem der gen Farindelwald gerichtete Bergfried ins Auge. Nach wenigen weiteren hundert Schritt erkannten Fulco und Vitald zwei Eselswege, die zur Höhenburg hinaufführten. Wie es bei Burgen von derlei Machart üblich war, lag der der Burg zugeordnete Wirtschatshof am Fuße des Hügels und wurde von den beiden Edlen als erstes passiert.

"Schau dir die Burg an Vitald, hier wirst du bald deine Tage verbringen", sagte Fulco lächelnd zu seinem Sohn.
Vitald schaute begeistert und ein wenig eingeschüchtert zur Burg hinauf. Er war ja 'nur' den Gutshof der Familie von Kranickteich gewohnt.
"Wow, eine echte Burg".
Die Augen des Jungen glitzerten. Er holte kurz Luft, bevor er weitersprach:
"Ich hoffe, dass ich die Vögtin überzeugen kann, mich als Pagen zu nehmen."
Er schaute kurz zu seinem Vater auf.
“Und ich dich und Mutter nicht enttäusche."
Fulco lächelte ihm kurz zu.
"Sei einfach du selbst und zeige dich respektvoll, dann kann nichts schief gehen, du bist ein toller Junge. Vergiss nie, dass deine Mutter und ich dich und deine Geschwister lieben."
"Ich hab euch auch sehr lieb und vermisse euch schon jetzt.", setzte Vitald etwas unsicher nach.
"Aber ich freue mich auch sehr darauf, ein Page zu sein und eines Tages so ein Ritter zu sein wie du und Onkel Brun.”
Fulco schmunzelte kurz.
"Komm lass uns weiterreiten, damit du deine zukünftige Schwertmutter kennenlernst. Sie ist eine wirklich nette und ehrenhafte Frau."

So ritten Vater und Sohn auf das Burgtor zu. Am Richtung Rahja weisenden Tor befanden sich linker wie rechter Hand je ein Mauerturm, die durch einen Gang überhalb des Tores verbunden waren. Links wehte ein Banner mit dem Wappen derer zu Eberbach im Wind, rechts flatterte eines mit dem Wappen Gut Gräflich Bösalbentrutz'.
Anscheinend wurden die beiden Hohen Herren bereits erwartet, denn Irminella Ermine von Eberbach, Burgvögtin Gut Gräflich Bösalbentrutz', ihr Gatte Balther von Eberbach, Oberhaupt derer zu Eberbach und ein junger Mann, nicht älter als Anfang zwanzig, nahmen sie noch in der Vorburg in Empfang.

Mit einem breiten, warmen Lächeln breitete Irminella die Arme aus und hieß die beiden Hohen Herren willkommen.
"Es ist mir Freude und Ehre zugleich, Euch und Euren Sohn auf Burg Bösalbentrutz willkommen heißen zu dürfen."
Nicht weniger warmherzig lächelte Balther neben ihr. Der braunhaarige Mann mit den ebenso braunen, fast schwarzen Augen, durfte in etwa im gleichen Alter wie Irminella sein. Das augenfälligste Merkmal war eine Narbe über dem rechten Auge, die die darüberliegende Braue teilte.
"Auch ich heiße Euch im Namen meiner Familie herzlich willkommen. Dies hier", dabei deutet Balther mit ausgestreckter Hand auf den jungen Mann neben sich, "ist unser Erstgeborener, Rondrik."
"Rahjaehr", kam es grummelnd kaum vernehmlich von selbigem.
Dieser Einwurf wurde aber weder von Balther noch von dessen Gattin berücksichtigt.

Fulco erwiderte die herzliche Begrüßungsgeste von Irminella:
"Es ist mir eine Freude, Euch wiederzusehen."
Dann wandte er sich an die beiden Männer und lächelte ihnen freundlich zu.
"Es ist mir eine Ehre, Euch kennenzulernen und ich freue mich Euer schönes Heim kennenzulernen. Dies ist Vitald, mein Jüngster."
Der Junge hatte so ruhig es ging neben seinem Vater gewartet, bis dieser ihn vorstellte.
"Mein Gott, bin ich nervös", dachte Vitald bei sich.
Er schaute kurz zu seinem Vater, dann wandte er den Kopf in Richtung der Gastgeberin.
"Es ist mir eine Freude Euch, Euren Gatten und Euren Sohn kennenzulernen, Euer Wohlgeboren. Eure Burg ist sehr schön."
Man merkte dem Jungen an, dass er aufgeregt war. Er schaute sich immer wieder um und konnte kaum still stehen bleiben.

Lächelnd hatte die Burgvögtin den Worten der beiden Besucher gelauscht. Dann nickte sie.
"Danke, junger Herr von Kranickteich. Kommt, Ihr müsst hungrig und durstig sein. Roana hat uns zur Feier des Tages noch einen guten Schluck vom letzten Jahr aufgehoben."

Mit diesen Worten geleitete die Burgvögtin Fulco von Kranickteich und seinen Sohn Vitald von Kranickteich in den Palas.

Fulco folgte seinen Gastgebern mit Vitald an seiner Seite ins Palais.
"Habt Dank, ein guter Schluck tut nach dem Ritt bestimmt gut."

Vitald ging mit großen Augen neben seinem Vater her. Er saugte alles in sich auf.
Er hätte gerne seine Hand genommen, aber "das geht als zukünftiger Ritter natürlich nicht", schoss es ihm durch den Kopf.
Also verschränkte er die Hände hinter dem Rücken und versuchte einen gelassenen Eindruck zu hinterlassen.

Durch ein zweiflügeliges Tor betraten die Herren um Irminella von Eberbach den Palas. Sofort schlug ihnen der Duft nach Gebratenem entgegen. Hier, im Erdgeschoss, musste sich irgendwo die Küche befinden. Rechter Hand ging es einige Treppen in ein höher gelegenes Stockwerk hinauf und durch eine Tür in den Gesellschaftsraum des Palas. Neben einigen Sitzgelegenheiten, die zur Bequemlichkeit mit Sitzkissen bestückt waren, stand ein mit einigen Speisen bedeckter Tisch mittig im Raum, um den herum sechs Stühle standen. Es gab Brot, Schinken, Käse und ein Butterfass, sowie drei Krüge, die mit Apfelwein, Bier und Wasser gefüllt waren. Neben den herzhaften Speisen gab es ein Schälchen voller getrockneter Waldbeeren und Nüsse.

Die Wände zierten Landschaftsgemälde in wuchtigen Bilderrahmen, ein mit rondragefälligen Symboliken bestickter Wandteppich und die ein oder andere ausgestopfte Jagdtrophäe. Vor einer der Wände des Raumes standen Bücherregale, die bis obenhin gefüllt waren mit unterschiedlichen Büchern.

"Bitte, nehmt Platz und füllt Eure Bäuche. Der 'Bösalbentrutzer', wie wir hier den Apfelwein nennen, ist vorzüglich. Roana ist eine begnadete Apfelweinkelterin."
Nachdem sich alle gesetzt hatten, sprach Balther, während er sich eine Scheibe Brot abschnitt und großzügig mit Butter bestrich:
"Da meine wunderbare Frau mir verboten hat, Euch nach den Umstände eures Kennenlernens zu fragen - und wie Ihr sicher wisst, tut man gut daran, sich an derlei Maßgaben zu halten -, frage ich Euch, ob Ihr den Weg zu uns gut gefunden habt?"
Rondrik nippte schnell an seinem Becher, sicherlich auch um ein Schmunzeln zu verdecken. Irminella hingegen antwortete:
"Danke für deine Zurückhaltung, Liebster." Dabei machte sie keinen allzu verärgerten Eindruck.

Fulco schmunzelte ob der liebevollen Kommunikation der Eheleute, dies erinnerte ihn an seine eigene Ehe. Während er zum Wein griff, nickte er Balther zu.
"Da habt Ihr wohl Recht, solche Bitten sollte man beachten. Wir haben den Weg gut gefunden, habt Dank. Die Anreise war sehr angenehm. Mein Sohn hat Recht, Ihr habt ein schönes Heim." Dann lächelte er seinen Gastgebern freundlich zu und nahm sich etwas zu Essen. Hungrig war er auf jeden Fall nach dem Ritt.

Vitald hatte neben seinem Vater Platz genommen. Er schaute sich um, seine Augen blitzen beim Anblick der Bücher kurz und interessiert auf. Er nahm sich ebenfalls etwas zu Essen und den Krug Wasser. Der Junge lauschte beim Essen und Trinken den Gesprächen der Erwachsenen und versuchte noch immer einen gelassenen Eindruck zu hinterlassen.

Nachdem sich Irminella für das Kompliment Fulcos bedankt hatte und die Konversation eine Weile lief, sprach Rondrik Vitald direkt an. Er musste dessen Blick wahrgenommen haben, als jener die Bücher im Regal sah.
"Ihr lest gern, Junger Herr? Was lest Ihr denn am Liebsten?"
Das erste Mal seit Anbeginn des Treffens schien Rondrik ernsthaft daran interessiert zu sein - auch wenn er sich davor vermittels makelloser Etikette keine Blöße gegeben hatte. Balther lachte auf und schob ein:
"Unser Rondrik hat nur Bücher im Kopf. Er ist Schriftsteller. Und gar kein so übler, muss ich sagen!"
Rondrik erwiderte:
"Rahjaehr. Und danke, Vater. Ja, ich bin gar kein so übler Romanautor. Also, was lest Ihr gern?"
Rondriks Lächeln war zwischenzeitlich nicht einmal schmäler geworden.

Vitald schaute Rondrik überrascht an, dann schaute er kurz zu seinem Vater. Als dieser ihm lächelnd zu nickte, antwortete er Rondrik eifrig.
"Am Liebsten lese ich Geschichten mit Rittern, wie sie gegen Monster und Ungeheuer kämpfen, Junger Herr. Und Märchen sind auch schön. Großmutter sagt immer, dass dort immer ein Fünkchen Wahrheit drin steckt. Und alles was mit Pferden zu tun hat, finde ich interessant."
Er nickte kurz und dachte nach.
“Wenn bei den Rittergeschichten zu viel Liebeskram dabei ist, finde ich das aber nicht so schön.”, fügte er mit leicht geröteten Wangen etwas unsicher hinzu.

Fulco schmunzelte in sich hinein und nahm einen guten Schluck vom Apfelwein. Er war wirklich köstlich. Dann wandte er sich lächelnd dem Sohn seiner Gastgeber zu:
"Welche Art Bücher schreibt Ihr?”

Das Lächeln Rondriks wurde noch breiter, noch einnehmender. Er lehnte sich zurück und sprach, nein, hauchte gar:
"Romane, Edler Herr von Kranickteich. Hauptsächlich Liebesromane, doch kommt darin der Heldenmut nie zu kurz.".
Dabei blickte er entschuldigend und mit den Achseln zuckend zu Vitald.
"Romantische Verwicklungen geben den Werken die gewisse... Würze! Sie sind quasi das Salz in der Suppe, die Butter auf dem Brot. Ohne sie wäre der Roman eine fade Fantasterei. Durch die Liebe und die Suche danach, erreichen die Werke eine Tiefe, eine Vielschichtigkeit, die sich rein durch Abenteuergeschichten qua prosaischer Beschreibungen gar nicht erreichen ließe. Der Ritter erschlägt den Drachen doch nicht aus Edelmut allein, nicht wahr? Sondern weil er hofft eine nackte Jungfer zwischen all dem Drachengold zu finden."
Er hielt kurz inne und blickte nach seinem letzten Satz von Fulco, den er die ganze Zeit fixiert hatte, zu dessen Sohn, gar so, als habe er vergessen, dass er da war.
"Verzeiht, da sind die Pferde, eventuell ganz Rahjas Herde mit mir durchgegangen. Natürlich tragen die Jungfern feine Gewänder und es liegt mir fern, Euch und Eurem angehenden Ritterssohn den Edelmut abzusprechen. Liebesromane lautet also die Antwort."
Als er zu seiner Mutter blickte, erstarb sein Lächeln, aber nur für einen kurzen Augenblick.
"Hier", er deutete auf die Bücherregale im Raum, "finden sich leider keine Werke. Aber... aaaber, Junger Herr von Kranickteich, ich glaube, ich habe etwas, das Euch gefallen könnte. Ganz ohne langweilige Liebesdramen, ein Kurzentwurf, möchte ich sagen."
Er zwinkerte Vitald fast verschwörerisch zu.
"Lasst es mich Euch, bevor Ihr abreist, mitgeben. Vielleicht gefällt es Euch."
Zum Abschluss seines doch ansehnlichen Monologes, hob er den Becher wie zum Gruß und nahm einen kräftigen Schluck daraus.

Vitald grinste den jungen Mann kurz an.z
"Sehr gerne, ich würde mich freuen etwas von Euch zu lesen."
Dann holte er kurz Luft, hielt inne und schaute zu seinem Vater. Als dieser ihn anlächelte, entspannte sich der Junge.

Fulco hatte dem jungen Mann aufmerksam zugehört, wie so oft ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Als Rondrik geendet hatte, lächelte er kurz seinen Sohn an und wartete dessen Antwort ab, bevor er selbst zu einer Antwort ansetzte.
"Ich habe aus Euren Worten auch nicht vernommen, dass Ihr meinem Sohn oder mir etwas absprechen wollt, keine Angst."
Fulco nahm noch einen Schluck des ausgezeichneten Weines, bevor er weitersprach und nickte.
"Aber Ihr habt nicht Unrecht, die Liebe und ihre Auswirkungen spielen oftmals bei Heldentaten keine unwichtige Rolle und sind in Romanen oftmals unabdingbar."
Dann wuschelte er seinem Sohn kurz liebevoll durch das Haar und sprach ihn an.
"Du hast indes noch etwas Zeit, dich mit den Irrungen und Wirrungen, welche sich aus Liebesdingen ergeben, zu befassen."

Vitald schaut zu seinem Vater auf und nickte.
"Ja, hoffentlich.", murmelte er mehr zu sich selbst.

Dann wandte sich Fulco interessiert wieder Rondrik zu.
"Verzeiht die Frage, sie ist nicht despektierlich gemeint. Ich habe in diesem Bereich keine Erfahrung. Kann man mit der Schriftstellerei in unseren Landen etwas verdienen?"

"Verdienen?"
Er lächelte.
"Ich weiß, dass Ihr mit Eurer Frage auf mein finanzielles Auskommen abzielt. Dennoch: die Schriftstellerei ist eine Kunst. Wie die Malerei, der Gesang, das Geschichtenerzählen auf den Dorfplätzen Fasars."
Er machte eine kurze Pause, als wäre ihm etwas eingefallen.
"Zu letzterem habe ich ein Werk verfasst, sehr lesenswert wie ich finde!"
Er wedelt mit der rechten Hand.
"Ich schweife ab. Die Künste sind in ihrem Wesen eine Spielart der menschlichen Ausdrucksweise, die nicht jedermann gleichermaßen erreicht. Die einen sehen in einem wilden Durcheinander von Pinselstrichen den expressiven Ausdruck des Künstlers, mit dem er die ihm innewohnende Schaffenskraft darzustellen versucht. Andere sehen sinnloses Gekrakel und Dritten fällt das Gemälde eventuell nicht einmal auf. Ähnlich verhält es sich mit dem Schreiben. Nicht bei allen finden Zeilen in gleichem Maße Anklang. Können in gleichem Maße berühren, die Seele zum Schwingen bringen. Da die von mir letztgenannten Personengruppen zu meinem Leidwesen - und natürlich dem meiner künstlerisch begabten Kollengen - eindeutig in der Mehrheit sind... ich strebe allerdings nach lyrischen Perfektion, nicht nach großem Reichtum. Wenn ich die Herzen meiner Leserinnen und Leser erreichen kann, den Glanz in ihren Augen erblicke, wenn sie mir ihre liebste Stelle beschreiben, dann ist mir das weit mehr wert als das Entgelt, das sie beim Erwerb des Werkes gezahlt haben."
Irminella und Rondriks Blick trafen sich nach dessen letzten Satz, Rondrik brach den Augenkontakt aber schnell wieder ab und lächelte Fulco breit zu.

Irminella, die der Unterhaltung ihres Sohnes mit ihren Gästen bislang lediglich scheinbar interessiert gelauscht hatte, schaltete sie sich nun mit einem Räuspern ein. Sie blickte erst Fulco, dann seinen Sohn mit freundlichem Ausdruck in den Augen an. Vitald sprach sie daraufhin direkt an:

"Sagt, Vitald. Ihr mögt die Rittergeschichten wie ich hörte? Was fasziniert Euch so sehr daran?"
Als sie sich eingeschaltet hatte, schien Rondrik einen Moment lang protestieren zu wollen, ließ es aber dann bleiben, sondern lehnte sich zurück und schnitzte mit einem Messer an einer Beere herum, als wolle er sie in klitzekleine Stückchen zerschneiden.

Fulco hatte dem jungen Mann aufmerksam zugehört. Er wandte sich bei der Ansprache durch die Hausherrin freundlich dieser zu. Die Reaktion von Rondrik auf die Worte seiner Mutter nahm er mit einem leichten Stirnrunzeln zur Kenntnis, bevor er sich seinem Sohn zuwandte und diesem warm lächelnd zuhörte.

"Ritter sind Streiter der Götter, besonders von Rondra. Sie bekämpfen Monster und Drachen und retten Jungfrauen. Besonders schön finde ich, dass sie den Schwachen und Hilfsbedürftigen beistehen. Sie erleben Abenteuer und sehen ganz Dere. Sie dienen dem Herzog, den Grafen und den Baronen treu und stehen an ihrer Seite", sprudelte es aus dem Jungen heraus.
"Sie sind stolze Streiter am Schwert und verteidigen die Lande vor üblem Gesindel. Wenn sie ein Lehen ihr Eigen nennen, schützen sie die Bevölkerung vor allem was kommt. Sie können gut reiten und kümmern sich um ihre Pferde wie Freunde. Das möchte ich auch", setzte er nach.
Dann besann er sich und fügte ein:
"Euer Wohlgeboren.", an.
Beim Reden leuchteten die Augen des Jungen auf, er war in seinem Element.

Die Burgvögtin hatte mehrmals genickt, während der junge von Kranickteich gesprochen hatte. Nachdem er offensichtlich zu Ende gesprochen hatte, umspielte ein fast schelmisches Lächeln ihre Lippen.
"Das habt Ihr aber nicht alles aus den Büchern gelernt, nicht wahr? Mir scheint, als hätte eine Euch nahestehende Person diese Frage vorausgeahnt."
Dabei blickte sie Fulco an und tippte sich mit dem Zeigefinger dreimal auf die Nasenspitze. Sie schien in jedem Fall sehr zufrieden mit der Antwort Vitalds.
"Fürwahr gehören die von Euch erwähnte Treue, Tapferkeit und Götterfurcht zu den ritterlichen Tugenden. Doch auch die Höflichkeit, die die höfische Etikette beinhaltet, sich durch diese aber nicht in Gänze erschöpft, gehören dazu. Ebenso die Demut, ein würde- sowie maßvolles Leben. Es bedarf weiters der Großherzigkeit. Mannigfaltig also sind die Tugenden und Aufgaben, denen wir uns als Ritterinnen und Ritter zu stellen haben. Fühlt Ihr Euch bereit dazu diesen Weg einzuschlagen?"

Vitald nickte und wollte schon antworten, schaute aber kurz zu seinem Vater. Als dieser ihn anlächelte und auffordernd nickte, antwortete er der Vögtin:
"Ja, Euer Wohlgeboren. Ihr habt Recht, das habe ich nicht alles aus den Büchern gelernt, aber einiges davon. Vieles habe ich von meinem Vater gelernt, einiges hat mir Großmutter von Großvater erzählt. Wir, also Hadelin, mein Bruder und ich, wollten schon immer Ritter werden wie Vater, Großvater und Onkel Brun.", sagte er mit Stolz in der Stimme, aber er schaute kurz ein wenig traurig bei der Erwähnung seines Bruders.
"Also ja, ich fühle mich bereit, diesen Weg einzuschlagen.", sagte er mit Eifer in der Stimme.

Fulco hörte seinem Sohn aufmerksam zu und lächelte in sich hinein.
"Was mein Kleinster doch für ein toller Junge ist", dachte er und drückte ihm kurz aufmunternd die Schulter.

Irminella lächelte den Jungen mit ihrem warmherzigen Lächeln aufmunternd an.
"Hadelin und Ihr seid Zwillinge, nicht wahr? Erzählt mir von ihm. Und von Euch. Was mögt Ihr, was nicht?"

Vitald nickte lächelnd.
"Ja, wir sind Zwillinge, nur Mutter kann uns sofort unterscheiden."
Hier schaute er kurz verstohlen zu seinem Vater, bevor er weitersprach.
"Hadelin und ich haben oft auf unseren Ponys Wettrennen gemacht, wir mögen alles, was Pferde betrifft. Ich lese lieber als Hadelin, er läuft mehr als ich. Manchmal denke ich mehr über die Sachen nach als er. Wir mögen beide nicht, wenn jemand ungerecht behandelt oder fälschlicherweise bestraft wird", sagte Vitald ernst.
"Hadelin beginnt seine Pagenschaft Anfang '45 bei Ritter Geron von Schweinsfold."
Fulco nickte bei den Worten seines Jüngsten.
"Ja, stimmt. Auch ich kann die Beiden erst auf den zweiten Blick auseinanderhalten. Ich weiß auch nicht, wie Sabea das immer schafft", schmunzelte er bei den letzten Worten in sich hinein.

"Was Eure Freude am Umgang mit Pferden angeht, so muss ich Euch leider enttäuschen. Meine Tama lässt sich bisweilen von niemandem anfassen, außer von mir, ein Überbleibsel aus schweren Tagen. Aber versuchen, könnt Ihr es ja, ich zeige sie Euch gern vor Eurer Abreise."
Es folgte eine kurze Pause.
"Was, Junger Herr, nun da ich Euch ein wenig kenne, wünscht Ihr über mich zu erfahren?"

Vitald nickte unbewusst, bevor er sprach:
"Oh, das ist schwer Euer Wohlgeboren. Vater hat nach Eurer gemeinsamen Queste schon ein wenig über Euch erzählt."
Hier wirkte Vitald etwas unsicher ob seiner Aussage. Dann schaute er Irminella wieder an.
"Welche der Tugenden des Ritters erachtet Ihr am wichtigsten oder findet Ihr alle gleich bedeutend? Und was ist Euch bei einem Pagen wichtig?"

Irminella, die eben noch einen Schluck aus ihrem Becher getrunken hatte, stellte selbigen nun langsam vor sich ab.
"Welche der Tugenden des Ritters ich am wichtigsten finde...?"
Sie schien einen Moment zu überlegen, bevor sie antwortete.
Balther, der die daraus resultierende Stille offenbar nur schwerlich aushalten konnte und sich deshalb in Geschäftigkeit übte, stieß seinen Becher um.
"Ach, so ein Käse, der gute Apfelwein!", rief er, während er versuchte, die Flüssigkeit mit einem Tuch aufzusaugen.
Irminella, die lächelnd aber still zugesehen hatten, hob erneut an, ohne ihren Blick vom aufwischenden Balther zu heben:

"Wie wäre es mit Selbstbeherrschung?"
Balther hob seinen Blick und musste lachen, als er in das Gesicht seiner Frau blickte. Auch sie musste ein wenig lachen, wandte sich dann aber wieder mit aller gebotener Ernsthaftigkeit der Beantwortung der Frage des Jungen zu:

"Sicher sind Euch die zwölf Tugenden der Ritterlichkeit bekannt. So wie die Götter selbst eine unumstößliche Einheit wider das Unnatürliche und Böse bilden, so ergeben auch die aus ihren Prinzipien abgeleiteten Tugenden nur in ihrer Gesamtheit einen Sinn. Lasst mich Euch dafür ein Beispiel geben. Nehmen wir den Mut, den wir der Herrin Rondra zuordnen. Ohne die Weisheit, die wir Hesinde zuordnen, wäre ein Ritter wohl recht schnell... nun ja, an Rondras Seite. Warum ziehen die Menschen in die Schlacht? Sie stehen für etwas ein, für das es sich zu Kämpfen lohnt, in der Hoffnung, dass wenn sie auch sterben mögen, sie ihr Heim, ihre Liebsten und ihr Land beschützen können."
Sie machte eine erneute Pause, dass sich ihre vielen Worte zunächst einmal setzen konnten. Dann fuhr sie fort:
"Und ist der Feind bezwungen, unser mutiger, weiser und hoffnungsvollen Ritter hat obsiegt, ist Praios' Gerechtigkeit das Gebot der Stunde. Nicht alle Feinde sind zugleich das reine Böse, sodass auch die Barmherzigkeit ihren Platz hat, selbst in der Schlacht und in den Zeiten danach - keine leichte Sache, ich weiß."
Sie lächelte und räusperte sich kurz:
"Ich glaube, Ihr wisst, worauf ich hinaus will, nicht wahr? Im Grunde ist es nicht von Relevanz, welche der ritterlichen Tugenden ich als die wichtigste erachte und doch, sind wir Menschen. Und so wie wir in allem unsere Vorlieben haben, so gibt es selbstredend auch Tugenden, die dem eigenen Naturell mehr entsprechen, als andere. Und so muss ich, wenn ich denn eine auswählen soll, die Weisheit nennen, obschon ich mich bemühe, ihnen allen gerecht zu werden."
Sie nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Becher, nachdem sie so lange gesprochen hatte.
"Und was ich von einem Pagen erwarte? Dass er aufrichtig und ehrlich seinen Pflichten nachkommt. Dabei seinen Kopf benutzt und dafür ein- und geradesteht, wenn etwas schiefgelaufen ist."

Vitald hörte der Vögtin gut zu, dann nickte er eifrig.
"Ja, nachdenke sollte man immer, bevor man etwas macht, das sage ich Hadelin auch immer."
Hier lächelte der Junge kurz.
"Und zugeben, wenn man was gemacht hat, ist auch wichtig. Mutter und Vater sagen auch immer, dass es schlimmer ist zu lügen, als etwas zuzugeben und dann zu schauen, wie man es wieder richten kann."

Fulco hörte dem Wortwechsel zwischen Irminella und seinem Sohn aufmerksam zu. Vitald schlug sich prächtig, er war stolz auf seinen Sohn. Das sah man ihm im Gesicht förmlich an.

"Na, wenn der Junge mal nicht zum Pagen taugt, weiß ich auch nicht! Was meinst du, Rondrik!", sagte Balther und grinste breit.

"Nun, er liest gern, das lässt auf einen wachen Geist schließen. Das mit der Liebe, bringe ich ihm schon noch bei."
Er lachte kurz auf, schaute dann zu Fulco und ergänzte lächelnd.
"Verzeiht Hoher Herr, diesen kleinen Spaß konnte ich mir nicht verkneifen."
Immer noch schmunzelnd über seinen eigen Witz:
"Was meint Ihr, Mutter?"

Irminella stand auf, nahm ihren Becher in die Rechte und erhob ihn in Richtung der beiden Gäste.
"Da sind wir alle einer Meinung. Vitald von Kranickteich, so Ihr es wünscht und Euer Vater Euch Seinen Segen gibt, so will ich Euch als Pagen an meiner Seite aufnehmen. So Ihr mögt, bringt Euren Bruder für die ersten Tage mit - gegen die Einsamkeit. Ich weiß noch, wie es Leodegar damals ging, als wir Amadis nach Witzichenberg brachten..."

Rondrik fiel seiner Mutter ins Wort:
"So viel Melodramatik! Er hätte glatt eine Romanfigur abgeben können."

Irminella nahm den Becher herab und bedachte ihren Sohn mit einem Blick, der sich gewaschen hatte, lächelte aber sogleich wieder, als sie Vitald ansah.
"Aber lasst Euch nicht einfallen, mit mir den Doppelten Alrik zu spielen, verstanden?"
Sie lächelte zwar noch immer, doch konnte man ihrer Stimme entnehmen, dass sie es durchaus ernst meinte.
"Also: was meint Ihr, Fulco? Und Ihr, Vitald? Trinken wir auf neue Bande?"
Bei diesen Worten hob sie ihren Becher erneut. Auch Balther und Rondrik waren nun aufgestanden und hielten ihre Becher nach oben.

Fulco schmunzelte über die Anmerkung von Rondrik kurz, bevor er wieder ernst wurde und sich an seinen Sohn wandte:
"Meinen Segen und auch den deiner Mutter hast du mit Freuden, so du denn magst."

Vitalds Augen sprühten vor Begeisterung, als er bei seinen Worten schon von seinem Sitz aufsprang.
"Nichts lieber als das!"
Dann besann er sich:
"Ich meinte natürlich, ich freu mich und danke Euch, Vater."
Dann wandte er sich an Irminella:
"Und Euch natürlich auch, Euer Wohlgeboren. Habt auch Dank, dass mein Bruder an meiner Seite sein darf für ein paar Tage, wobei wir natürlich erstmal schauen müssen, ob er dies kann. Ich weiß nicht genau, wann er sich bei seinem Schwertvater einfinden muss."
Da er schon stand, nahm auch er seinen Becher auf.

Fuco erhob sich ebenfalls und hob seinen Becher an.
"Dann lasst uns darauf anstoßen und trinken", sagte er mit einem strahlenden Lächeln.

"Wundervoll.", freute sich die Vögtin sichtlich.
Auch Rondrik und Balther schienen erfreut gewesen zu sein über die Entscheidung derer von Kranickteich.
"Was haltet Ihr davon, dass Ihr Euren Antritt im Praios des kommenden Jahres habt? Dann könnt Ihr Euch vorbereiten und die Tage zwischen dem Jahreswechsels noch im Kreise Eurer Familie verbringen. Gerne könnt Ihr, so Ihr dies wünscht, auch schon im Rahja in meine Dienste treten."

Vitald schaute seinen Vater ein wenig unsicher an.

Fulco prostete seinen Gastgebern und seinem Sohn zu, deutete den Blick seines Sohnes und sprach ihn an.
"Die Entscheidung liegt bei dir Vitald. Es kommt darauf an, wie wichtig dir die Gesellschaft deines Bruders zu Beginn deiner Pagenschaft ist. Hadelin beginnt seine Pagenschaft im Praios. Du kannst den Jahresübergang mit der Familie in Kranickteich begehen oder deine Pagenschaft im Rahja antreten und deinen Bruder dabei haben. Diese Entscheidung werde ich nicht für dich treffen, mein Junge."
Er lächelte seinen Sohn bei den Worten an, um dem Jungen die Anspannung zu nehmen.

Vitald hörte seinem Vater zu und dachte kurz nach. Dann nickt er seinem Vater kurz zu und wandte sich an Irminella.
"Habt Dank für Euer Angebot, mich schon im Rahja aufzunehmen und meinen Bruder an meiner Seite zu haben, Euer Wohlgeboren. Aber ich denke, es wäre nicht gerecht, wenn ich die Pagenschaft in seiner Gesellschaft beginnen würde und er die Gelegenheit dazu nicht hätte. Versteht mich nicht falsch, ich kann den Beginn der Pagenschaft kaum abwarten, aber ich möchte meinen Bruder nicht benachteiligen."

Fulco nickte bei den Worten seines Sohnes:
"Dann wollen wir es so machen. Ich denke, deine Mutter freut sich auch, wenn wir den Jahreswechsel als Familie begehen. Traisidin und Lioba werden auch bei uns weilen. Vielleicht können wir ja auch deine Onkel dazu bitten, dann wären alle zusammen."

Hier nickte der Junge freudig seinem Vater zu.

"Dann ist es beschlossen! Ich freue mich darauf, Euch im Praios auf Burg Bösalbentrutz willkommen zu heißen. Doch lasst uns nun das Essen und die Getränke ein wenig genießen. Danach zeige ich Euch alles, so Ihr dies wünscht."

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