Tag der Ifirn

Feier zum Tag der Ifirn in Witzichenberg

Baronie Witzichenberg, Dorf Witzichenberg, 30. Firun 1045 BF

Wie in vielen anderen Orten, wurde auch in dem Dorf Witzichenberg, unterhalb der Burg Tannwirk gelegen, am 30. Firun der Tag der Ifirn gefeiert.

Die Dorfgemeinschaft brachte eine Vielzahl von Speisen zum Festplatz am Rande des Dorfes, welche nach dem Verbrennen des Winterunholds gereicht werden sollten. Die Schüsseln und Platten wurden in einem Zelt auf einem langen Tisch präsentiert und jeder würde sich selbst bedienen. Auf einem großen Feuer wurde ein Ochse gegrillt, welcher von der Baronin Melinde Eberwulf von Tannwirk zu Witzichenberg gestiftet worden war. Die Getränke wurden von den Wirtsleuten des Gasthauses Pilgersruh‘, Endilia und Kuno Folmin, an einer Bude ausgeschenkt. Es war eine Selbstverständlichkeit, dass die Familie von Tannwirk diesen Festtag gemeinsam mit allen Bewohnern des Dorfes und der Burg beging.

Das Fest begann zur abendlichen Firunsstunde. Die Familie von Tannwirk erschien mit Kutschen und Pferden auf dem mit Fackeln und Feuern beleuchteten Festplatz. Ebenfalls waren die beiden Peraine-Geweihten, Ihre Hochwürden Elfriede Gumbeltritt und Ihre Gnaden Helgolind Behrenfreit aus dem Tempel in Kreuzweiher, erschienen und aus dem Kefberger Praiostempel Seine Gnaden Praiodan Gumbeltritt.

Trondwig Schüttelbirn, der Dorfschulze, eröffnete die Feierlichkeiten und begrüßte die Familie von Tannwirk und die Geweihtenschaft. Im Anschluss hielt auch Ihre Hochgeboren Melinde eine kurze Ansprache. Deutlich konnte man inzwischen sehen, dass die edle Dame von Tsa gesegnet war und bis zur Niederkunft nur noch wenige Wochen vergehen würden. Herr Schüttelbirn reichte der Baronin den Arm und geleitete sie zu einer Gruppe von Lehnstühlen, die für Ihre Hochgeboren, ihren teuren Gemahl, Seine Hochgeboren Ingrawin, Seine Hochgeboren Alrik, den werten Altbaron, und Ihre Wohlgeboren Liliane, bereitgestellt und mit warmen Fellen bedeckt waren. Auch für die geweihten Herrschaften standen bequeme Stühle bereit, jedoch begannen diese nun mit einem kurzen Götterdienst. Alle Besucher des Festes nahmen eine fromme und demütige Haltung ein und folgten den Gebeten und Gesängen. Der letzte Teil des Götterdienstes bestand aus den Gebeten und Opfern an die schwanengleiche Herrin, mit dem Flehen, das Ende des Winters bald zu bringen.

Im Anschluss bat man Seine Hochgeboren Alrik, den Großvater Melindes, den großen Scheiterhaufen in der Mitte des Platzes, auf dem der „Winterunhold“, eine Strohpuppe, der Herrin Ifirn geopfert werden und so helfen sollte, den Winter auszutreiben, zu entzünden. Gerührt von diesem Zeichen des Respekts und der Anerkennung, nahm der gebrechliche alte Herr die Fackel und legte sie an das Holz, bis die Flammen langsam den ganzen Holzstapel entzündeten.

Seine Hochgeboren Ingrawin geleitete den Herrn zurück zu seinem Stuhl und setzte sich wieder neben seine Frau. Die Geweihten, immer noch stehend, stimmten einen Gesang zu Ehren der Tochter Firuns an, in den die Dörfler und die Familie von Tannwirk einfielen. Auch Melinde hatte gesungen und dabei in die zuckenden Flammen geschaut, als sich das Bild vor ihren Augen veränderte. Der brennende Winterunhold verschwand, der Scheiterhaufen verschwand, der Festplatz verschwand, und alles um sie herum war auch verschwunden.

Melinde fand sich auf einer verschneiten Waldlichtung wieder. Schneeflocken fielen auf ihr Haar und ihre Kleidung, es musste kalt sein, doch sie fror nicht. In einiger Entfernung vor ihr stand eine schöne junge Frau mit weißer Haut und weißem Haar. Sie war in weiße Felle gekleidet und ließ ihren Blick warmherzig auf Melinde ruhen. Vier weiße Schwäne, zwei zu jeder Seite, flankierten die Frau. Die Dame lächelte sie an, und plötzlich hielt sie ein Kind in ihren Armen, welches sie wiegte. Ohne dass die weiße Frau zu Melinde sprach, wusste Melinde, dass das Kind in den Armen der Frau ihr Kind war, welches sie unter dem Herzen trug. Und ebenso untrüglich wusste sie, dass ihr Kind ein Mädchen war. Plötzlich hörte sie ein einzelnes Wort, ja eigentlich spürte sie dieses Wort, nicht nur in ihrem Kopf, sondern in ihrem ganzen Körper schien es zu klingen:

Svanhild!

Svanhild - Schwanenkriegerin!

Die Lichtung verblasste und verschwand schließlich und mit ihr der Schnee, die Schwäne, das Kind und die junge Frau - Ifirn, die Tochter Firuns.

Melinde sah langsam wieder das Feuer, den Festplatz, ihren Gemahl an ihrer Seite, aber immer noch klang in ihrem Inneren der Name „Svanhild“ und sie war noch ganz gefangen in der Erinnerung an ihre Vision, als ein Tritt von ihrem ungeborenen Kind sie gänzlich in die Wirklichkeit zurückholte. Melinde sah noch die Schneeflocken auf ihrem Gewand und lächelte.

„Mein Liebling, Du bist ja voller Asche!“, bemerkte Ingrawin und klopfte die Schneeflocken von der Kleidung seiner Gattin.


(Autor: Windwanderer SGS)