Die Amtseinführung von Ringard von Falkenhaupt


Überblick

Inhalt

Am 05. Praios 1046 wird Ringard von Falkenhaupt als neue Hofkaplanin von Schnakensee eingeführt.

Teilnehmer

Die Einladung

Die Baronin lässt Mitte Rahja 1045 an Ihre Lehensleute von einem ihrer Gardisten als Botenreiter die Verlautbarung überbringen, dass die Junker, Ritter und Edlen der Baronie zur Amtseinführung der neuen Hofkaplanin zu Schnakensee, ihrer Gnaden Ringard von Falkenhaupt, am 05. Praios 1046 BF [Anm.: erster Praiostag des Mondes] auf Burg Schnakensee geladen sind.
Es gibt keinen Hinweis darauf, ob ein Erscheinen als Pflicht gesehen wird. Auch kann (oder will?) der Bote nicht berichten, welcher Gottheit sich die neue Hofkaplanin verschrieben hat.

Der Empfang

Einleitung


Die Baronie Schnakensee gehörte zu einer der ärmsten und dünn besiedelsten Gegenden in ganz Nordgratenfels. Am Rande eines sumpfigen Gebietes, welches durch Altarme der Ambla dominiert wurde (darunter auch der Namensgebende Schnakensee), lag der Hauptort der Baronie, das gleichnamige Schnakensee. Dieses Dörfchen beherbergte nicht einmal einhundert Einwohner, jedoch gab es hier einmal im Mond einen mehrtägigen Markt, zu dem die Ortschaft aus allen Nähten platzte. Zur Ambla selbst, die etwa eine Meile gen Firun träge dahin floss, führte ein Bohlenweg durch sumpfiges Gelände, bis hin zu einer, allerdings nur wenig genutzten, Anlegestelle.
Für Reisende aus dem Süden musste diese lose Ansammlung von Hütten, die teilweise auf Stelzen errichtet wurden, trostlos wirken. Ebenso wie die Burg der Baronin. Gelegen auf einer kleinen Anhöhe gut fünfzig Schritt süd-westlich des Dorfes, bestand die Burg aus einem viereckigen Bergfried sowie zwei Fachwerkgebäuden und einem großen Stall, die allesamt von einer gut drei Schritt hohen Steinmauer umgeben waren. Allerdings befanden sich die Außenmauern in einem bedauernswerten Zustand, waren hier und da in den morastigen Boden eingesunken, teilweise eingefallen und größtenteils ist auch der Wehrgang nicht mehr nutzbar gewesen. Nicht viel besser sahen die Wirtschaftsgebäude aus, so wurden die Stallungen von zusätzlich angebrachten, dicken Holzpfählen, die auf breiten Steinplatten im Boden ruhten, vor dem Einsturz bewahrt.
Um den Bergfried hatte man jedoch Gerüste aufgebaut und man sah eine Handvoll fleißiger Arbeiter, die versuchten, das Gebäude zu erhalten und zu sanieren.
Was im Hof, nahe des Bergfrieds an der nördlichen Außenmauer, hervorstach, war ein kleiner Firunschrein, welcher aus dunklem Tuffstein bestand und eine kleine Grotte darstellte. Links und rechts wuchs jeweils eine kleine Fichte empor und im Innern des Schreins konnte man zahlreiche Opfergaben erkennen: Geweihe, Hauer, Schenkelknochen, aber auch die ein oder andere Waffe.
Der Zugang zum Inneren des Bergfrieds, ein zweiflügliges Tor, befand sich in fünf Schritt Höhe und war nur durch eine breite, hölzerne Außentreppe zu erreichen, die offenkundig erst kürzlich (neu) errichtet wurde.
Direkt hinter dem Tor schloss ein kurzer Gang an, der im großen Rittersaal der Burg endete, wo sich die Lehensträger der Baronie versammelt hatten.

Im Rittersaal


Der Rittersaal war eine große, rechteckige Halle, die durch schießschartenartige Fenster zur Linken nur spärlich erhellt wurde. Zur Rechten befand sich ein großer, gemauerter Kamin, in welchem zu dieser Jahreszeit allerdings keine Scheite glommen. An der Wand rings um den Kamin befanden sich jedoch einige Jagdtrophäen, darunter auch bemerkenswerte Hirsch- und Elchgeweihe.
Mitten im Raum stand eine große, hölzerne Tafel, die den Raum der Länge nach in zwei Hälften teilte. Insgesamt sieben Stühle standen zudem diesseits der Tafel bereit.
Auf der anderen Seite der Tafel, am Kopfende des Saals stand ein wuchtiger Holzsessel, vor dem eine großgewachsene, schlanke Frau mit breiten Schultern stand, die Baronin Adula von Schnakensee. Sie war in ein eng anliegendes, dunkelgrünes Kleid gewandet, dessen weite Ärmel nur bis zu den Ellenbogen reichten. Eine gute Wahl bei diesen hohen Temperaturen! Auf dem hochwertig wirkenden Stoff waren an den Bünden sowie dem knappen Kragen und dem Ausschnitt dunkelblaue Stickereien angebracht gewesen. Der weite Halsausschnitt betonte zudem ihre breiten Schultern. Ihr ovales Gesicht lief in einem spitzen Kinn aus und wurde von einer langen, schmalen Nase dominiert. Das lange, blonde Haar hatte sie zurückgekämmt und mit einem schmucklosen Reif gebändigt. Der Blick aus ihren blauen Augen wirkte distanziert, beinahe schon gelangweilt. An dem Sessel lehnte ein Langschwert in einer schlichten Scheide.
Rechts neben der Baronin stand, in einem guten Schritt Entfernung, die Baronin von Kranick. Iriane von Kranick hatte ihr blondes Haar am heutigen Tag hochgesteckt, gewandet war sie in ein leichtes blaues Kleid, sie trug unauffälligen Silberschmuck. Sie hatte Ringard und Luitwin kurz begrüßt, beide waren ihr bekannt - immerhin hatte sie Adula bei der Auswahl der neuen Hofkaplanin unterstützt. Aufgrund der warmen Temperaturen hatte sie das Cape, welches das Wappen ihres Hauses trug, über einen Stuhl geworfen. Ihre blauen Augen flogen Aufmerksam über die anwesenden Personen während sie an einen Wein nippte.
Zur Linken Adulas stand hingegen, vom Alter gebeugt, der Truchsess der Baronie, Jasper von Niedersprötzingen, und unterhielt sich angeregt mit einer imposanten Frau. Sie war ungewöhnlich groß und kräftig, fast muskulös gebaut. Ihre welligen braunen Haare, nur schwer von einem Pferdeschwanz gebändigt, lagen unter einer halbhohen Filzkappe. Ihr ovales Gesicht mit dem spitzen Kinn und dem breiten Mund lagen auf einem breiten muskulösen Hals. Die rotgoldene Robe über den weißen Gewand, sowie die zwei Sphärenkugeln am Gürtel wiesen die Frau als einfache Priesterin des Praios aus.
Etwas hinter diesen beiden standen zwei Geweihte der Peraine in ihrem typischen, schlichten grünen Ornat. Der ältere der beiden war den Anwesenden wohlbekannt. Es war Perainfried Selsenthaler, der Hochgeweihte des kleinen Tempels unten im Dorf, den hier alle nur “Frieder” nennen. Der ergraute Haarkranz passte ebenso zu seinem geselligen und ausgeglichenen Wesen, wie der kleine Bauch, den er zwischenzeitlich angesetzt hatte.
Der jüngere Geweihte neben ihm war den anwesenden Lehensleuten jedoch gänzlich unbekannt. Der dreiundzwanzig Winter zählende Geweihte maß 86 Finger und war von schlanker Gestalt. Das braune Haar war zu einer Tonsur geschnitten und das Gesicht glatt rasiert. Anstelle des obligatorischen Kopftuches trug er eine grüne Kalotte aus festem Leinen. Robe und Skapulier waren schlicht und ebenfalls aus Leinen, die Säume zierte ein eingesticktes Ährenmuster aus gelbem Garn. Ein einfacher Strick diente ihm als Gürtel. An den Füßen trug er Sandalen. Seine grünen Augen strahlten eine freundliche Güte aus. Unauffällig behielt er Jasper von Niedersprötzingen im Auge, um ihm zur Seite zu stehen, sollte der alte Truchsess ihn benötigen. “Sind das nun alle Adligen, Hochwürden?”, wandte er sich an Frieder.
Der ältere Geweihte zog eine Augenbraue nach oben und neigte seinen Kopf leicht in Richtung des jüngeren, ehe er mit leiser Stimme sprach: “Nein, nein. Die Wichtigen fehlen. Die alte Muggenloch ist nicht da, der junge Weidenthal nicht und der Richtwalder schickt seine Vögtin. Ist ja auch Baron von Vairningen, der hat Besseres zu tun.” Den Ausführungen folgte ein verstohlenes Schmunzeln.
“Mmmh. Schon ein wenig respektlos, findet Ihr nicht?”, flüsterte der Storchenfluger zurück. “Ein Schlag ins Gesicht der Baronin und der neuen Hofkaplanin.”
Frieder nickte unauffällig in Richtung von Zadrada von Richtwald und murmelte mit aufeinander gepressten Lippen zu Luitwin: “Die da…ist die Vögtin vom Richtwald. Wichtiger wird’s hier nicht. Die Muggenloch ist uralt, kann kaum noch laufen. Hat aber Augen und Ohren überall.” Perainfried ließ seinen Kopf einmal hin und her pendeln. “Der Weidenthaler hat immerhin seinen Vater am Hof. Glaube, er selbst sucht gerade seine Holde…” Bei den letzten Worten konnte der Geweihte ein Grinsen nur schwer unterdrücken.

Auf der anderen Seite der Tafel, in Richtung des großen Eingangsportals, standen die Lehensnehmer der Baronie Schnakensee und warteten auf die offizielle Begrüßung und damit den Beginn der Zeremonie.

Unter den Wartenden war Ulfried von Argenklamm, ein junger, schmächtiger Mann von wohl knapp zwanzig Götterläufen, dessen schulterlangen, dunklen Haare lockig herab fielen und sein Gesicht teilweise bedeckten.
Er trug dunkle, fast schwarze Wildlederhosen und darüber ein helles Leinenhemd, welches nur am Kragen geknöpft wurde und an diesem sowie an den Armbünden mit einer bestickten Borte verziert gewesen ist. Über dem Leinenhemd befand sich noch eine braune Wildlederweste, die an den Schultern mit jeweils drei Messing-Nieten in Form einer Sonne verziert war und vorne mit drei großen Knebelknöpfen aus Horn geschlossen wurde.
Der Edle von Kaltenklamm stütze sich auf einen hölzernen Gehstock, denn er humpelte beim Laufen merklich. Alles in allem wirkte sein Aufzug reichlich altbacken, selbst für hiesige Verhältnisse.
Obwohl es hier hinter den dicken Mauern etwas kühler war als draußen, schien der junge Mann die Temperaturen nicht gut zu vertragen. Sein Gesicht war hochrot angelaufen und Schweiß rann ihm über die Stirn, sodass er diesen regelmäßig mit einem Tuch abtupfen musste.

Nach sechs Dekaden, hatte Zadrada schon so einiges erlebt, gesehen und so manche Erfahrung gesammelt. Seit dem Tode ihres Vetters sammelte sie Erfahrungen als Vögtin des Junkertums Richtwald, das sie bis dahin nur in den Wintern besucht hatte. Die ihr übertragene Verantwortung, über den Stammsitz der Familie zu wachen, nahm sie dabei sehr ernst, während sie sich zugleich noch immer darüber wunderte, welchen Narren der Listenreiche am Sohn ihres Vetters gefressen hatte. Basin hatte die Familie förmlich aus dem Schatten der Unbedeutendheit gezerrt und Karriere gemacht, schnell hatte er an Macht und Einfluss gewonnen und war nun dabei, diese zu konsolidieren und für künftige Generationen zu festigen. Angetan war die Vögtin in hochwertigen Kleidern. Hohe Stiefel aus dunklem Leder, die äußerst bequem und weich aussahen. Eine Hose aus gefärbten und robusten Leinen, zusammen mit einem grünen Leinenhemd und einer passenden leichten Stoffweste. Alles in allem machte sie den Eindruck, als würde sie gleich zur höfischen Jagd ausreiten, wobei ihr gegürtetes Langschwert dieses Bild ein wenig aufhob. Zadrada war dabei nicht sonderlich groß gewachsen, ihre noch immer drahtige und muskulöse Statur zeugte dennoch von reichlich Erfahrung im Gefecht. Ihr langes, inzwischen ergrautes Haar fiel ihr als geflochtener Zopf über die Schulter.

Auch der junge Edle von Eisbühl war anwesend, hielt sich jedoch im Hintergrund.

Lux Triumphat!


Als sich die Baronin laut räusperte, verstummte das Gespräch, welches der Truchsess mit der Praiosgeweihten führte. Jasper von Niedersprötzingen kniff die Augen zusammen und nickte der Baronin wissend zu. Dann räusperte auch er sich, trat einen Schritt nach vorne und wartete einen Moment, bis die Geräusche im Rittersaal verstummten.
“Na, da haben wir ja fast alle beisammen, näch?”, sprach er mit seiner krächzenden Stimme in die Runde.
“Der Ritter von Weidenthal lässt sich entschuldigen. Durch seinen Vadder. Den…ähm…Burgmarschall.” Der Truchsess nickte sich selbst zu, ehe er weiterspach: “Ist in Rittersachen unterwegs. Also der Edle, nicht der Marschall, ehehe…”. Jasper lachte kurz und heißer, ehe das Lachen direkt in Husten überging und er einen Moment benötigte, bis der Husten erstarb und er sich wieder gesammelt hatte.
Dann schien ihm noch etwas einzufallen, denn er riss seine Augen weit auf und wedelte mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand in der Luft herum: “Ah! Und die Junkerin vom Grützbrühl hat sich auch entschuldigen lassen. Wir wissen, wir wissen, näch?”, machte er eine kryptische Andeutung. Und jedem der Anwesenden war bewusst, dass die steinalte Junkerin von Grützenbrühl, Zaberga von Muggenloch, aufgrund ihres Alters kaum noch in der Lage sein dürfte, bei diesen Temperaturen Reisestrapazen auf sich zu nehmen, selbst wenn sie sicher die kürzeste Anreise von allen geladenen Gästen hätte.
Nach einer kurzen, rhetorischen Pause fuhr der Truchsess mit nun betont feierlichen Ton fort: “Ihre Hochgeboren Adula von Schnakensee begrüßt die anwesenden wohlgeborenen Gäste zur feierlichen Verkündung der…ähm…Neuvergabe eines heiligen Amtes! Praios vult!” Jasper von Niedersprötzingen machte einen zufriedenen Gesichtsausdruck und trat einen Schritt zurück. Dies war wohl das Zeichen für die Baronin, ihrerseits das Wort zu übernehmen. Mit einer überraschend tiefen Stimme, jedoch in einem nahezu emotionslosen Ton sprach sie zu den Versammelten:
“Ihre Gnaden Ringard von Falkenhaupt wurde von mir zur Vertreterin der Zwölfe am Hofe der Baronie ernannt. Ihr Wort soll uns leiten und den rechten Weg weisen. Auf das die Götter mit Wohlwollen auf Schnakensee blicken. Praios vult!”
Dann nahm sie ohne weiteres auf dem breiten Holzsessel hinter ihr Platz und sah erwartungsvoll zu Ringard.
Die Richtwalderin machte einen aufmerksamen Eindruck, auch wenn sie sich vor allem ihren Teil dachte. Die Vasallen ließen sich entschuldigen und erschienen nicht, war dies der Respekt, den sich die Baronin erhoffte oder erwartete? Das die Alte von Muggenloch sich noch immer an ihren Thron klammerte, war ebenfalls etwas für sich. Längst sollte sie ihren Nachfolger einspannen und bei Gelegenheiten wie diesen in der Gesellschaft Kontakte knüpfen lassen.
Bei der Geweihten hingegen blieb sie gänzlich unberührt, eine Hofgeweihte verweilte in der Regel am Hofe. Womit auch weiterhin wohl kein Götterdiener regelmäßig nach Goldeich oder auf den Richtwald kommen würde.

Ringard nickte der Baronin kurz zu und wandte sich dann an die Anwesenden. Ihr Blick ruhte dabei fest auf einen Punkt im Hintergrund. “Praios vult und der Segen des Götterfürsten sei über all die Edlen, Freien und zu Behütenden dieser Länder.", sprach sie würdevoll und schlug eine Sonnenscheiben. “Ich danke euch Hochgeboren für das in mich gesetzt Vertrauen, dieses würdevolle Amt ausfüllen zu dürfen." Sie räusperte sich kurz und blickte nun in die Runde. “Mir ist die Besonderheit dieses Amtes in diesen alten Landen mit noch älteren Sitten und Glauben bewusst. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die praiosgewollte Ordnung nur erhalten können, wenn alle, die in der Ordnung und im Licht wandeln, gemeinsam dafür einstehen. Meine Tür steht allen die im Licht wandeln offen und ich hoffe bald auch die verschiedenen Winkel der Baronie aufzusuchen zu können, um mir ein Bild von dem Leben hier in Nordgratenfels machen zu können.” Sie nickte abschließend der Baronin zu, die ungerührt auf ihrem Sessel thronte und Ringard als Antwort ebenfalls knapp zunickte. Jasper von Niedersprötzingen war jedoch sichtlich erfreut, grinste breit und rieb seine Hände aneinander.
Es war schließlich der junge Edle von Kaltenklamm, der nach Ringards Ansprache als erster das Wort ergriff. Er hatte noch immer einen hochroten Kopf und seine Stimme zitterte, als er laut ausrief: “Lux triumphat!”, und dann etwas leiser ergänzte: “Es wäre uns eine Freude, euer Gnaden in Kaltenklamm begrüßen zu dürfen!” Er deutete eine tiefe Verbeugung an und stützte sich dabei auf seinen Gehstock.
Iriane hob ihren Kelch und prostete der Geweihten zu “Lux triumphat. Möge der Götterfürst euch die nötige Kraft und Weisheit für Amt geben und eure Schritte auch weiterhin in Schnakensee lenken. Ich bin mir sicher, dass ihr ihrer Hochgeboren eine gute Ratgeberin sein werdet.” sie lächelte in die Runde.
Der junge Edle von Kaltenklamm schien erleichtert, dass jemand in seinen Ruf einstimmte. Ein zufriedenes Lächeln zeigte sich auf seinen Zügen, als er kurz in Irianes Richtung blickte.
Adula von Schnakensee selbst nickte ihrer Standesgenossin als Erwiderung knapp zu.
Kurz vor ihrer Abreise, hatte Zadrada noch einen Bericht ihrer Base Aurea erhalten. Besorgniserregende Dinge, die sich scheinbar in den Landen von Schnakensee ereigneten. Rotpelze die sich in der Region ein wenig zu wohl fühlten. Würde die Geweihte auch hier mit dem Beistand des Götterfürsten Ordnung schaffen?
Auch Luitwin erhob seinen Kelch: “Lux triumphat! Möget Ihr im Glanz des Sommers wachsen und gedeihen.”

Ringard rang sich ein Lächeln ab. “Habt dank für das warme Willkommen.” Sie blickte in Richtung Ulfrieds. “Habt dank für die Einladung, ich hoffe ihr bald nachkommen zu können.”
Der junge Edle, der wirkte, als wäre er kaum volljährig, strahlte daraufhin freudig über das ganze Gesicht.

Ein ungezwungener Plausch


Nachdem der offizielle Teil der Vorstellung der neuen Hofkaplanin abgehakt war, ließ die Baronin mit Gänseleber gefülltes Mürbegebäck auftischen, ein “Geschenk aus Grützenbrühl für den heutigen Anlass”, wie der Truchsess anmerkte. Dazu gab es eine Karaffe mit rotem Wein sowie Dünnbier.
Während einige Hände bereits zu dem Gebäck und den Gläsern griffen, wandte sich Perainfried flüsternd an seinen Glaubensbruder: “Soll ich dich jemandem vorstellen?”
“Ich denke, ich sollte wohl mit der Vögtin anfangen”, meinte er vorsichtig, da sah er jemanden auf sich zukommen.

Iriane ließ sich vom Wein etwas nachschenken, löste sich von ihrem Platz und schlenderte zu Perainfried und Luitwin hinüber. Sie nickte die beiden Geweihten lächelnd an. ”Ich grüße euch Hochwürden.” Dann wandte sie sich an Luitwin. “Wie ich sehe, ist es euch seit unserer Begegnung in Gratenfels gut ergangen und ihr seid dem Angebot ihrer Hochgeboren nachgekommen, euer Gnaden. Ich freue mich, euch wiederzusehen!"

Perainfried verbeugte sich vor der Baronin knapp und zog sich dann dezent zurück, sodass sie ungestört mit Luitwin sprechen konnte.
“Vielen Dank, Hochgeboren, ich hoffe doch, dass auch Ihr eine gute Zeit hattet.”

Iriane lächelte den Geweihten freundlich an: ”Danke. Wie gefällt euch das neue Aufgabenfeld? Konntet ihr euch schon etwas eingewöhnen?”

X-X-X-X-X

Ulfried von Argenklamm humpelte währenddessen zu der Vögtin von Richtwald - die sich gerade entspannt zurücklehnte und beobachtete - und deutete eine Verbeugung an. “Euer Wohlgeboren,” begann er lächelnd zu sprechen, “wir hatten bislang noch nicht die Gelegenheit, einander vorzustellen.” Er hob seine Brauen, als wäre ihm gerade etwas wichtiges eingefallen. “Äh…ich meine, richtig vorzustellen, also…ähm…ein richtiges Gespräch zu führen!” Sogleich zeigte sich wieder eine Röte in seinem Gesicht.
“Zadrada Praiagund von Richtwald, Ritterin und Vögtin zu Richtwald, wobei Hohe Dame vollkommen ausreicht, auch wenn Seine Hochgeborene Exzellenz es nur selten in die Heimat schafft.” Überspielte die erfahrene Ritterin beiläufig die Unsicherheit ihres Gegenübers.
“Ja, haha, den habe ich auch nur einmal gesehen, da waren wir aber noch Kinder…also…ähm…ich zumindest…ähm.”, der junge Mann schüttelte kurz seinen Kopf, so als wolle er sich selbst an etwas erinnern, ehe er lächelnd weiter sprach: "Barnhelm, der Müller der Fronmühle, hat mir erzählt, dass die Ernte reichhaltig war dieses Jahr. Das freut mich!”
Der abrupte Themenwechsel überraschte Zadrada, doch versuchte sie, sich das nicht weiter anmerken zu lassen. “Mich erreichten ähnliche Berichte, wobei ich vor allem zuversichtlich bin, ob der zahlreichen Eicheln und Kastanien. Dieser Umstand verspricht eine gute Mast."
Wobei sie sich fragte, bei welcher Gelegenheit Ulfried mit Basin zusammengetroffen war. Immerhin hatte dieser seit seiner Knappschaft beim Altbaron nur sehr wenig Zeit in Schnackensee verbracht.
Der junge Edle strahlte freudig: “Ja, ganz richtig! Das wird vor allem den Bentgamer freuen, ha!” Von einem auf den anderen Augenblick wurde die Miene des Mannes jedoch wieder ernster und er kratzte sich am Hinterkopf. “Also…ähm…ich wollte euch fragen, ob seine hochgeborene Exzellenz, vielleicht…ähm…”, noch ehe er aussprechen konnte, was sein Anliegen war, schien ihn wieder ein kurzer Schreck zu durchfahren und er beeilte sich, aufgeregt hinzuzufügen: “...ja oder ihr. Als Vögtin!”. Ulfried bestätigte seine Worte mit einem Nicken. “Wenn ich nächstes Jahr meine Vermählung feiere, da sind auch meine Nachbarn herzlich eingeladen. Natürlich!”. Nachdem er den Satz beendet hatte, schien eine kleine Last von ihm abzufallen und sein Körper entspannte sich etwas.
Die Unentschlossenheit oder der ihn verlassende Mut des Edlen, machte es der Vögtin nicht leichter, ihm zu folgen. So vergingen einige Augenblicke bis diese Antwortete: “Ich kann nur für mich sprechen, doch wird das Haus Richtwald selbstverständlich seinen Nachbarn bei seinem derart freudigen Erlebnis die Aufwartung machen.”
Schließlich waren derlei Gelegenheiten eine gute, doch recht seltene Gelegenheit, um die Band mit den Nachbarn aufzufrischen.
“Wundervoll, das freut mich!”, erwiderte der junge Mann sichtlich erfreut, “Ich lasse euch selbstverständlich beizeiten noch eine offizielle Einladung zukommen!” Dann wies er mit dem Daumen über seine Schulter und senkte seine Stimme: “Der Herr von Wildklamm möchte ebenfalls kommen.” Ulfried deutete eine Verbeugung an und sprach: “Habt dank für eure Aufmerksamkeit, ich möchte nun noch mit dem Truchsess einige Worte wechseln.”
“Selbstverständlich”, erwiderte Zadrada und ließ den Edlen weiterziehen.