NSP 2024 - Prolog auf Burg Steintrutz


Ort

Burg Steintrutz, Sitz des Vogtes der herzöglichen Vogtei Brüllenbösen

Zeit

Regenmond (Efferd) 1046 BF

Personen

Barox groscho Burgamon, herzöglichen Vogt von Brüllenbosen
Borindarax 'Borax', Sohn des Barbaxosch, gräflicher Vogt von Nilsitz in der Grafschaft Isenhag
Lubritta, Tochter der Lubaxa, Edle von Ingrafall
Xorgolosch groscho Fuldoram, Edler von Erzwacht



Eine Briefspielgeschichte von BorBar, RekkiThorkarson, Erzwacht und Ingrafall.

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Burg Steintrutz, Regenmond 1046

Es war kurz vor Mittag, Barox merkte es daran, dass seine Lust sich noch länger mit den Papieren, mit denen sein eichener, großer Schreibtisch übervoll beladen, zu beschäftigen von Atemzug zu Atemzug nachließ und sich zur gleichen Zeit der Hunger in seinem Bauch bemerkbar machte.
Also noch einen letzten Schluck aus dem Humpen, der immer in Griffweite stand, die Pfeife letztes Mal vor dem Essen gestopft und erst einmal zurück gelehnt.
Aber wieder einmal sollte er keine Ruhe finden, denn als er gerade seinen ersten tiefen Zug getan hatte und dem ersten Rauchkringel hinterher sah, den er genüsslich geformt hatte, klopfte es an die schwere Holztür seines Arbeitszimmers.

Nachdem ein einfaches „Herein“ erklungen war, öffnete Borindarax die Tür und trat in das Arbeitszimmer des Vogtes von Brüllenbösen. Der Urenkel des Rogmarog von Isnatosch kam in Begleitung zweier weiterer Angroschim, die nach ihm folgten.
Der Sohn des Barbaxosch trug an jenem Tag eine weite, dunkle Hose aus Wildleder, hohe Stiefel, deren Spitzen mit Metallkappen versehen waren und einen moosgrünen Gehrock mit dem goldenen steigenden Gebirgsbock- dem Wappen der Vogteien von Nilsitz. Borax hatte feuerrote Haare, die ihm glatt gekämmt über die Schultern vielen. Sein prächtiger Bart war zu acht Zöpfen geflochten, mit Bartperlen in verschiedenen, geometrischen Formen und sogar einer die Zöpfe verbindenen Kette geschmückt. Auffallend waren seine giftgrünen Augen, die im Kontrast zu dem Rot seiner Haare standen.
„Barox“, sprach der Angroscho bei Eintreten und lächelte erfreut. „Angrosch zum Gruße! Es ist viel zu lange her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben. Ich danke dir für die Einladung und freue mich auf den Austausch.“ Mit diesen Worten trat Borindarax ein Stück auf Seite, um auch den anderen Gästen Gelegenheit zu geben, den Brüllenbösener zu begrüßen.

„Ach ja!“ erinnerte sich der Angesprochene. „Es war ja heute, dass ihr vorbei kommen wolltet. Na dann, Garoschem!“
Barox, auch ein Mitglied der großen Familie des Isnatoscher Rogmarog, erhob sich nun von seinem Stuhl. Er war etwas kleiner als sein Verwandter aber dafür um die Hüften ein wenig gereifter. Mit etwas über 150 Götterläufen war er auch insgesamt gemütlicher und ruhiger. Der lange schwarze Bart hing glatt bis weit vor die Brust und durch den Rauch seiner Pfeife beobachtete er mit seinen blauen durchdringenden Augen die drei Ankömmlinge.
„Nun, kommt doch herein, setzt euch!“ forderte er sie auf und deutete dabei auf eine bequem aussehende Sitzecke, die einen Teil seines Arbeitszimmers ausfüllte.
Er klatsche zweimal in die Hände und Holdar, der eine Ziehsohn des Vogtes, steckte seinen Kopf durch die zweite Tür des Arbeitszimmer. „Ja, Meister?“
„Bitte bring unseren Gästen und mir ein paar Happen und etwas zu trinken!“

Die Angroschna, die Borax als letzte gefolgt war, blickte sich langsam im Raum um. Die gletscherblauen Augen, die eine Kälte ausstrahlten, jene nur die Bergleute erfahren, die tief in das Gestein der Berge vorgedrungen sind, nahmen jedes kleinste Detail auf, die Anwesenden schienen zunächst uninteressant. Das Gesicht kantig und der breite Mund stets zu abfälligem Missmut verzogen. Die gräuliche Haut komplettierte den unheimlichen Eindruck, dass diese Angroschna aus Stein selbst gehauen sei, wenn dort nicht die auffälligen und hässlichen Verbrennungen wären, die die Haut des Oberkörpers bis hoch zum linken Augen zu pinken Narben verschmolzen hätte. Ihre Familie, die eine traditionsreiche und stolze Rüstungsschmiede in Xorlosch betrieben, behaupteten, dass ihre Tochter von Väterchen Angrosch selbst geküsst wurde. Die schneeweißen Haare wurden zu zwei dicken, geflochtenen Spiralen an den Kopfseiten hochgesteckt. Als sie merkte, dass sich die anderen Angroschim vor ihr weiterbewegten, setzte auch sie sich wieder in Bewegung. Die schweren Schritte ihrer mit Metall beschlagenen Stiefel hallten in dem Raum wider, und das lange, aufwendig geknüpfte Kettenkleid mit den zwei auffälligen stählernen Kuppeln, jene über ihrer Oberweite befestigt wurden, und den züngelnden Flammen am Saum, welche aus goldenen Ringen bestanden, schwangen rasselnd mit. Ein kurzes Nicken gen den Gastgebers, ehe sie sich sofort setzte, nachdem sie ihren langen, blutroten Umhang, der an den Schultern befestigt war, drapiert hatte.

„Garoschem!“ mit diesem Ausspruch trat auch Xorgolosch nach vorne und verbeugte sich tief in Richtung des Vogtes. Im tiefsten Punkt der Beuge angekommen folgte ein einäugiges Zwinkern mit einem schelmischen Lächeln durch seinen dichten schwarzen Bart in Richtung Barox. Im nächsten Moment schnellte er wieder hoch und breitete seine Arme in einer wärmenden Geste aus, die die Freundschaft der Beiden auch für Außenstehende offensichtlich werden ließ. „Angrosch zum Gruße! Wie immer rieche ich bei Euch nur den feinsten Tabak in eurer Stube. Das wärmt mein Herz nach dieser Reise.“ sagte Xorgolosch als er seine Hände wieder nach unten nahm und sich in Richtung seiner beiden Vorgänger bewegte. Der Angroscho, im mittleren Alter bereits angekommen, trug neben seinen dunkel gegerbten Stiefeln und Hosen eine helles graues Wams aus Leder, dass man schon fast als Gehrock bezeichnen konnte. Es wäre fast als typische Bekleidung eines Bergmanns durchgegangen, wäre da nicht die Doppelreihe feinster Messingknöpfen mit Silberziselierungen gewesen, die ihn als jemand von Stellung kennzeichneten. Die Knöpfe wurden im Bereich der Brust von seinem stattlichen Bart überdeckt, der an zwei kleinen Zöpfen links und rechts mit Schmuckringen aus Silber perfekt in Szene gesetzt wurde. Nachdem er sich hingesetzt hatte nestelte Xorgolosch in seinen Wamstaschen - wohl weil es im Sitzen unbequem drücken würde - und zog ein kleines Beutelchen und eine Pfeife heraus und legte diese neben sich auf der Armlehne ab.

Kaum hatten es sich die vier auf den gut gepolsterten Stühlen gemütlich gemacht, da brachten die Ziehsöhne Barox‘ auch schon eine große Platte mit kleinen Imbissen und einige große Krüge des frisch gebrauten Bieres aus der hauseigenen Brauerei.
„Als ich gehört habe, dass ihr beide etwas mit mir besprechen wolltet, habe ich den Termin so gelegt, dass ihr gleichzeitig bei mir vorsprecht“, begann der Vogt seine beiden Edlen anzureden. „Und dann hatte sich heute auch noch mein Vetter aus dem schönen Senalosch angemeldet.“
Er nickte Borax zu. Dieser erwiderte mit einem freundlichen Lächeln, bevor der Vogt weitersprach.
„Aber bevor ihr mir von euren Anliegen berichtet, nehmt doch etwas von den Kleinigkeiten, nicht dass sie noch schlecht werden. Und dann bei einem Humpen und einem Pfeifchen lässt sich viel besser reden.“
Er deutete einladend auf die Platte mit Brot, Wurst und Käse.

Langsam drehte Lubritta ihren Kopf herum um die genannten Edlen zu erkennen. Es dauerte eine Weile, in der sie von den Speisen abgelenkt wurde, die in ihr Blickfeld gelangten. Mit der grob behandschuhten Hand ergriff sie beinah automatisiert den Griff eines Humpens. Warum sie hier war, ist ihr nicht wirklich bekannt, aber statt lange zu grübeln, öffnete sie ihren Mund und die grollende Stimme, wie ein Felssturz, donnerte durch den Raum, aus schierer Unfähigkeit die Lautstärke zu regulieren: „Ich weiß nicht, warum ich hier bin. Aber mir wurde gesagt, dass was zu erledigen ist, und deswegen bin ich hier. Also: Was gibt‘s?“

Xorgolosch griff während dessen herzhaft nach vorne in Richtung des Tisches und stapelte ein kleines Paket aus Wurst und Käse. Anstatt einfach abzubeißen, drehte er es aber zunächst mehrfach zwischen den Fingern und verfolgte das Essen mit seinen Augen. Schließlich hob auch er seine Stimme an. „Nun denn lieber Barox, vielleicht spreche ich es lieber gleich an. Du kennst mich, ich spreche gern früh frei heraus. Ich habe eine Einladung bekommen. Eine Einladung von Liafwin von Fadersberg, dem Baron zu Kyndoch höchstselbst. Wie du dir denken kannst, bin ich etwas irritiert.“ Schließlich biss der Zwerg nun doch herzhaft von seinem Wurst-Käse-Paket ab und blickte zu seinem Vogt auf. Der Gesichtsausdruck war nun ganz und gar nicht mehr schelmisch. „Auf die Jagd! Um Firun zu frönen lädt er mich ein - mich - einen Bergmann.“

„Nun“, sprach Borindarax langgezogen und im ruhigen Ton, nachdem er einen großen Schluck aus seinem Humpen genommen hatte und die Häppchen interessiert musterte. Sein Bauch brummte vernehmlich.
„Vielleicht möchte der Baron die Jagd auch zur Rassenverständigung nutzen, so wie wir es mit der Nilsitzer Jagd tun“, schätzte Borax. Der Verhüttungsmeister aus Senalosch blickte auf und zu Xorgolosch hinüber. „Es waren einige Großlinge dabei, die von der Idee recht angetan waren gemischte Jagdgruppen zu bilden. So mancher hat eine lustige Geschichte zu erzählen. Vorurteile wurden überwunden, Freundschaften geschlossen. Ich würde euch nahelegen ernsthaft zu erwägen nach Kyndoch zu reisen, um an der Jagd teilzunehmen.“

„Natürlich werde ich gehen - sofern mich mein Vogt lässt“ , erwiderte Xorgolosch und blickte dabei kurz zu seinem Lehensherrn.
„Ich gehe leider einfach immer davon aus, dass meine mittlerweile erworbene Menschenkenntnis doch auch bei den Großlingen für ein gewisses Verständnis von uns Angroschim gesorgt haben müsste. Kyndoch liegt aber wohl zu weit von unseren Kernlanden entfernt, als dass dort viele von unseren Sippen zugegen sind. Gerne trage ich zur Völkerverständigung bei - am besten mit einem Bierfässchen mit Xorgoloscher Donnerbock und einem Säckchen besten Tabak!“, Xorgolosch lachte dabei lauthals hinaus und setzte schließlich nach: „Die Jagd auf das Federwild wird dadurch bestimmt viel interessanter!“
Xorgolosch blickte in die Gesichter von Barox und Lubritta und sprach wieder in ruhiger Tonlage, „Oder was meint ihr? Kann eurer Meinung nach auch mehr dahinter stecken als pure Freundlichkeit und Verständigung zwischen unseren Rassen. Habt ihr etwas mitbekommen?“

„Warum, mein Freund, sollte ich Dich“, er blickte nach Lubritta, „oder sollte ich sagen euch, nicht ziehen lassen?
Ich kann meinem Vetter nur zustimmen, wir sollten die Möglichkeiten suchen, sich mit den Kurzlebigen zu treffen. Ihr müsst ja nur die Rodasch abwärts reisen, so weit ist das ja nicht.
Was hälst Du davon, Meisterin?“ fragt er die Edle, die ihr Lehen nach dem Tod Gorthaks, noch nicht so lange übernommen hatte.

Noch immer hat Lubritta nicht verstanden, warum sie eigentlich hier ist und wieso sie als Edle betitelt wurde. All dieses Geschwurbel hat sie sonst nur dem Menschenvolk zugeordnet und es nie verstanden. Aber sie erinnerte sich an eine ihr unnötig verkomplizierte Zeremonie, oder wie man es auch immer nannte. Was deren wirklicher Inhalt war, daran erinnerte sie sich nicht mehr. Nur, dass irgendwelche dringende Aufgaben erledigen sollten und wer wäre dafür besser geeignet als sie? So schwer konnte das ja nicht sein. „Ich versteh‘ nich‘ wieso wir Federvieh jagen sollten. Unsere Kämmer sind voll. Lasst uns lieber drum kümmern grosses Geflügel zu erledigen. Meine zwei Tatzelwurmtrophäen könnten eine dritte im Bunde vertragen. Lasst uns denen zeigen was wirklich wichtich is‘ und was wir können!“ Mit einem langen Zug leerte sie ihren Humpen und ließ ihn dann lautstark auf der Tischplatte nierkrachen.

"Nun“, meinte der Vogt mit leichtem Grinsen zu Lubritta. „Da hast sicherlicht recht, aber vielleicht ist das ja der wirkliche Grund, der hinter der Einladung steht. Oder was habt ihr für eine Idee, warum er ein paar gestandene Angroschim zu dieser Jagd einlädt?“

Xorgolosch kramte wieder in seiner Seitentasche und zog einen Kienspan heraus. Er entzündete ihn an der Kerze vor sich auf dem Tisch und führte das Flämmchen zu der Pfeife, die er bereits in den Mund gesteckt hatte. Bei Barox‘ Ausführungen musste er direkt schmunzeln. Beim Anpfaffen seines Pfeifchens erwiderte er - sprachlich etwas undeutlich wegen der Pfeife im Mund - zu Barox gewandt:
„Vielleicht hast du recht …“
Paff paff.
„… oder besser, lieber Barox, ich hoffe du hast recht!“
Paff paff. Er nah nun eine kräftige Menge Rauch in den Mund, machte den Kienspan am Kerzenteller aus und wand sich zu Lubritta:
„Wir nehmen einfach zwei große Fässer unserer besten Biere mit!“
Laut schallend lachend stieß er den aromatischen Rauch aus, der sich sofort tief im Raum verteilte.

„Ich kann euch zwei Fässer mitgeben“, lachte Barox. „Mit vielen Grüßen für den Fadersberger.“

„Da würde ich auch gerne etwas beisteuern. Ich erhöhe um zwei weitere Fässer“, kommentierte Borindarax gut gelaunt. „Ehrbare Unterfangen sollte man schließlich unterstützen. Allerdings“, der Vogt von Nilsitz hielt inne und tat einen Schluck Bier, bevor er weitersprach. „Allerdings frage ich mich, ob ich gekränkt sein sollte, dass ich keine Einladung erhalten habe?“ Er feixte und strafte seine Worte damit lügen.

„Vermutlich hat er Angst, dass Du ihm am Ende seine Baronie streitig machen würdest, wenn es da wirklich einen Drachen gäbe“, ulkte Barox zurück. Dann wandte er sich wieder an seine beiden Edlen: „Aber die vier Fässer sind nicht als Reiseproviant gedacht!“

Xorgolosch nahm schnell seine Pfeife aus dem Mund bevor er wieder schallend das Lachen anfing. Er wandte sich zu Lubritta und sagte: „Wir brauchen nun doch einen Karren. Packpferde reichen bei vier Fässern bei Weitem nicht mehr aus!“

Nachdem Lubritta den Humpen in einem Zug leerte, nickt sie und knurrte: „Dann werden wir den Langen mal zeigen wo der Hammer hängt.“

Und so ziehen dann die beiden Edlen mit einem Karren mit vier Bierfässern los, um pünktlich zu ihrer Einladung zu erscheinen.

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