Haffax Feldzug Gallys Hesindeschule

Hesindeschule

Inhalt:

  • Knappen und andere Jungvolk drückt während der Reise nach Tobrien die Schulbank. Auf dem Plan: ein Vortrag über Manöver und Kriegstaktik. Aber auch Thema: Liebeleien unter Knappen, zaghafte Empfindungen für das andere Geschlecht, Fremdschämen und Streiche, um Besserwissern eins auszuwischen.
  • Abends gehen einige der Halbstarken noch gemeinsam einen trinken. Im Suff geraten die jungen Knappen dann in Streit mit albernischen Rittern, worauf einer sich bei der Auseinandersetzung ein blutiges Ohr zuzieht, während Barden Lieder über die Begegnung singen.

Beteiligte Figuren und ihre Herkunft:

Mit Aufbruch der Nordmärker ins große Heerlager der Kaiserlichen nach Gallys hatte Ihre hochgeborene Hochwürden Baronin Biora Tagan von Rickenhausen verkünden lassen, dass trotz der waffenlastigen Vorbereitungen für den bevorstehenden Feldzug die Künste der Allwissenden dennoch nicht vernachlässigt sein sollten. So gedachte die Hochgeweihte doch in erster Linie den jungen Seelen, die noch so vieles zu lernen hatten und deren Allgemeinbildung nicht darunter leiden sollte, dass sie auf diesem Feldzug waren, wo es doch vorwiegend die raue Sprache des Stahls war, die den Heranwachsenden Weisheiten beibrachte. Die Baronin sah sich durchaus in der Pflicht, auch anderen "Künsten" Raum zu geben, die in den Jungen und Mädchen, die einst die Geschicke zuhause führen würden, Wurzeln schlagen sollten. Der Erwerb des Bosparano beispielsweise - war es doch unabdingbar für jeden jungen Adligen zumindest in groben Zügen in dieser Sprache Konversation treiben zu können, angefangen bei militärischen Schlagworten und endend bei minniglicher Prosa, wie sie die Tugenden des Ritterstands forderten. Von Dingen wie Lesen und Schreiben und einer breiten Allgemeinbildung ganz zu schweigen.

Und so lud die Hochgeweihte der Hesinde an einem jeden fünften Tag in der Woche, am sogenannten Rohalstag, Pagen und Knappen und andere adlige junge Menschen zu sich, um die Gebote der schnellen Klinge, wie sie durch Knappväter und Schwertmütter gelehrt wurden, um die der Allweisen zu ergänzen. Zwar rief der Unterricht Ihrer hochgeborenen Hochwürden immer geteilte Meinungen innerhalb der Schar junger Erwachsener hervor und so manch einer der Knappen sehnte sich sicherlich beim Konjugieren bosparanischer Vokabeln nach einer Übungseinheit an der Waffe. Auf etwaige Befindlichkeiten wollte die Baronin keine Rücksicht nehmen, konnte doch ihrer Meinung nach ein wacher, geschulter Geist auch in den kommenden Schlachten behilflich sein, und sei es nur, um im richtigen Moment das richtige Kommando geben oder verstehen oder die richtige Taktik erinnern zu können. Denn: Hesindes Gabe war so viel mehr als das bloße Erlernen von Dingen, die im ersten Augenblick völlig nutzlos erschienen. Das wollten sie ihren jungen Schülerinnen und Schülern nur zu gern vermitteln. Auch im Krieg. Dazu standen in der Nähe ihres Zelts ein paar Reihen einfach gezimmerte Holzbänke, um darauf die Schülerschaft zu versammeln.

Auf dem Weg zum Unterricht

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"Fulco, he Fulco. Hast du schon das Neueste gehört?" Der Knappe war noch ganz außer Atem, als er in das Zelt seines großen Bruders stürmte.

Dieser unterbrach das Schärfen des Familienschwertes und stand auf: "Brun verdammt, weiß die Baronin, dass Du hier rumspazierst? Du sollst deinen Pflichten nachkommen, Kleiner. Hier trink etwas, setz dich und erzähl mir was passiert ist."

Nach einem halben Becher Wasser und einigen Atemzügen hatte der jüngere der Beiden sich soweit beruhigt, dass er wieder reden konnte ohne sich die Zunge zu verknoten: "Die Kaiserin hat zu einem Panthertunier gerufen. Da musst du mitmachen Fulco, du bist der erste Ritter der Baronie, wem, wenn nicht dir gebührt die Ehre da mitzumachen!" [Brun (Sven)]

"Du redest wirsch kleiner Bruder, aber ich werde es mir zumindest ansehen. So ein Wettkampf ist immergut, um in Übung zu bleiben."

Glücklich blickte der "kleine" Kranickteicher zum Großen auf. Längst war Brun mit seinen 17 Sommern kein kleines Kind mehr. Doch selbst irgendwann als Ritter würde er immer der Jüngste unter seinen 3 Geschwistern bleiben und in den Augen Fulcos, des derzeitigen Oberhaupts der Familie Kranickteich, der "kleine Mann", der stets etwas Kindliches an sich haben würde.

Die beiden ungleich alten Brüder verloren ihre Zeit beim Fachsimpeln über Waffen und Rüstungen und welche sich am besten für das anstehende Turnier eignete, als von außerhalb des Zelts eine Mädchenstimme zu hören war.

"Brun, bist du noch hier?" Und als nur erstmal der Ritter von Kranickteich Antwort gab: "Talina von Bienenturm, Herr. Ich bin die Knappin des hohen Herrn von Wolfsstein-Schleiffenröchte zu Marderau und auf der Suche nach eurem Bruder, Wohlgeboren. Er ist nicht zufällig noch bei euch? Er sagte mir zumindest, dass er euch aufsuchen will. Ich... komme ihn holen. Zur Hesindeschule, Herr."

Durch den Vorhang des Vorzelts war eine junge Frau in ritterlicher Kleidung zu sehen. Das Wappen über ihrem naturfarbenen Leinenhemd wies zwei goldene Bienen auf schwarzem Grund und einen schwarzen Turm auf Gold auf. Das Allianzwappen mit einem roten Wolfskopf auf weißer Scheibe auf Schwarz machte sie als Knappin derer von Wolfsstein erkennbar, einer Edlenfamilie aus der gleichnamigen Baronie im Nordosten der Ingrakuppen.

Das drahtige Mädchen trug ihr dunkelbraunes halblanges Haar zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden, der es einigen kürzeren Strähnen erlaubte, auszubrechen und seitlich ihres Gesichts herab zu hängen. Selbiges war herzförmig, umrahmt von kantigen Wangenknochen und dominiert es von einer langen, dünnen, spitzen auslaufenden Nase über einem kleinen Mund mit voller Unterlippe. Durch die zurück gezurrten Haare kamen ihre abstehenden Ohren zur Geltung, was ihr ein eher außergewöhnliches Aussehen verlieh. Ihre Augen hingegen waren zwei dunkel, von schwarzen Wimpern umkränzte Kiesel, welche die Welt aus tiefen Augenhöhlen heraus betrachteten. Der jungen Frau fehlte es auf den ersten Blick an Schönheit - und Rundungen. Dass sie eine flinke Kämpferin mit einer Begabung fürs Fintieren war, hatte den jungen Vairninger Knappen nur das allererste Mal überrascht. [Talina (NSC/Tanja)]

"Laufen dir also schon die Mädchen nach, Brun?" lachte der Kranicker Ritter ohne eine Antwort zu erwarten, und gab der Knappin einen Wink, damit sie wusste, dass sie richtig und der Gesuchte bei ihm war. Anschließend richtete er das Wort an seinen Bruder: "Dass du mir nicht die Hesindeschule schwänzt! Nun geh! Wir sehen uns. Und richte deiner Schwertmutter meinen Gruß aus."

Fulco wuschelte seinem kleinen Bruder neckisch durchs Haar. Er wusste, dass Brun das gar nicht mehr ausstehen konnte, daher tat er es umso lieber.

Draußen wartete Talina auf Brun und hatte ein Lächeln im Gesicht, als sie sah, wie Brun sich schnell die Haare versuchte in Ordnung zu bringen. Ihr Blick sprach Bände, ihr schadenfrohes Schmunzeln auch. „Na, Zeit vergessen?“ sagte sie jedoch und warf dem Ritter, der ihnen nachsah, noch einen Gruß zum Abschied zu.

"Ja, ja. Ich habe halt nicht oft die Zeit mit Fulco zu reden, immerhin führt er die Ritter unserer Baronie an." Während Brun sich weiter hoffnungslos die Haare richtete war der Stolz aus seiner Stimme nicht zu überhören.

Als beide außer Hörweite und längst aus dem Lager der Kranicker Truppe heraus waren meinte die schwarzhaarige Talina: „Weißt du eigentlich, wie peinlich das ist, wenn man dich immer suchen muss? Auf Marderau haben wir kleine Jungen, die die Tiere hüten. Manchmal komm ich mir vor, als wär ich auch so einer.“ Sagte sie zum Spaß und knuffte Brun mit lachendem Protest in die Seite.

Dem Pieken in die kitzelige Seite folgte ein freches Grinsen. Verschwörerisch raunte Brun Talina zu: "Du willst doch nur, dass ich mich beim nächsten Mal mit Dir verstecke. … Vielleicht nach der Schule." Der Versuch, unschuldig zu gucken, scheiterte kläglich.

Noch einmal knuffte Talina ihrem Freund in die Seite, doch jetzt etwas stärker, so dass Brun tatsächlich für einen kurzen Moment aus dem Tritt kam. "Das hätte der feine Herr wohl gern."

„Aaaah, na wenn das nicht zwei der Gezeichneten sind.“ Hinter ihnen schälte sich die blonde Gestalt des Galebqueller Knappen Wunnemar von Galebfurten hinter einem Zelt hervor.

Talina rollte mit den Augen, denn nun würde es wieder losgehen. Das Gezanke der beiden Gockelhähne. Sie würden sich plustern und stolzieren. Und sie Talina, würde wie immer das Nachsehen haben.

Wunnemar drängte sich zwischen die beiden und legte einem jeden von ihnen einen Arm auf die Schulter. „Habe ich euch beiden Hübschen eigentlich schon gesagt, dass mein Herr mich zum Ritter schlägt, wenn das hier alles vorbei ist?“ [Wunnemar]

Talina seufzte. „Jaaa, mehrmals,“ gab sie wie gelangweilt von sich, während sie versuchte, den Arm abzuschütteln, was aber ein erfolgloses Unterfangen war, da der Galebfurtener sie fest an sich gedrückt hielt.

„Und habe ich euch schon erzählt, dass ich mir dann eine Frau nehme, wenn wir wieder zuhause in den Nordmarken sind?“

„Jaaa, auch mehrmals. Ich hab schon aufgehört zu zählen.“ Die Knappin deutete ein Gähnen an. Dieses Mal würde sie versuchen, Langeweile auszustrahlen, um die beiden Kontrahenten zu trennen. Die beiden ungleichen jungen Männer verband im Prinzip nur, dass sie beide mit ihr, Talina, befreundet sein wollten und sie bislang mit jedem von ihnen eine Freundschaft aufbaute, doch wann immer Wunnemar und Brun zur selben Zeit bei Talina auftauchten, gab es Ärger zwischen den Knappen. Talina war das leid. Doch sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie mochte beide und wollte ungern einen kränken. Also hielt sie den Zank aus und hoffte, dass beide nicht von ihr verlangten, den Besseren zu bestimmen.

Der junge Mann mit dem blonden Wehrheimer Topfschnitt runzelte die Stirn. „Talina, Talina, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass es dir egal ist, mit wem ich mich vermähle.“

„Ach weißt du, Wunnemar, …lass uns erst mal das hier alles überleben, und dann können wir uns immer noch Gedanken darüber machen, was sein wird. Meinst du nicht?“

Der Galebqueller blickte zu dem Kranickteicher. „Hm, ICH zumindest weiß, was sein wird: Baron werd ich mal sein! Dieser Titel wartet auf mich… Und, äh, was wartet noch gleich auf dich - Brun?“ Der Baronet vom Tälerort ließ keine Gelegenheit ungenutzt, hinzuweisen, dass er Erbe seiner Großmutter, der Baronin vom Tälerort, und damit auch Erbe einer Länderei in der Wildermark war. „Ach ja, du hast ja deine älteren Brüder,“ ließ Wunnemar mitleidig verlauten, was in seiner Sprache so viel hieß, wie: aus dir wird nie etwas.

"Mir quillt gleich die Galle, Wunnemar. Ich hoffe, Du findest eine Frau, die dich nicht nur wegen der Möglichkeit, Baroness zu werden, heiratet. Irgendwer findet doch mit Sicherheit Gefallen an deinen inneren Werten. Die müssen doch da drin sein."

Wunnemar stutze kurz und machte dann ein leicht beleidigtes Gesicht.

Seine Unachtsamkeit nahm Talina zum Anlass, sich seines Armes zu entledigen. Sie mochte es nicht, wenn einer von ihnen von ihr Besitz ergriff. Weder der eine, noch der andere.

Mit einem süffisanten Grinsen und leicht überspitzem Ton kam die Antwort. „Gut, an meiner Art euch, werte Dame, meine Aufwartung zu machen, werde ich wohl noch arbeiten müssen. Aber, überdenkt, wenn ich auch in der Minne so hervorstechend wäre, wie in allen anderen Belangen, dann hätte mein zukünftiges Weib doch gar nichts mehr an mir rumzumäkeln. Und, dass eine Frau so etwas braucht, wollt ihr doch nicht in Frage stellen, oder?” Er feixte und war sichtlich zufrieden mit sich und seiner Rede. (Stefan [Wunnemar] 20.04.16)

"Die Arme tut mir jetzt schon leid, wenn du auch bei ihr so geschwollen daherredest," entgegnete Talina ihm und beschleunigte ihren Schritt, so dass sie sich vor die beiden jungen Männer absetzte, wo sie sich dann umdrehte und eine Weile rückwärts vor ihnen herlief. Sie wollte eine Ablenkung herbeiführen. "Lasst uns doch wetten: Brun wird eher Baron von Kranick, als du, Wunnemar, eine findest, die nicht nur hübsch, sondern auch klug ist, aber nicht zu klug, dass sie dich nur wegen deines Erbes nimmt, sondern weil sie dich richtig gernhat. So richtig aufrichtig gern mein ich." Talina merkte erst, als sie die Worte gesprochen hatte, dass selbige verletzend gewesen waren. Aber da hatte sie sie schon gesprochen. Sie ärgerte sich. [Talina (Tanja) 19.4.]

„Und wer soll das deiner Meinung nach beurteilen? Dazu gehört ein gewisser Menschenverstand. Dass du, Talina, davon nicht viel besitzt, hast du ja nun grade mit deinen Äußerungen hinlänglich bewiesen!" gab Wunnemar ihr zurück und es klang durchaus verletzt.

Plötzlich weiteten sich Wunnemars Augen und er rief, mit einem Fingerzeig zu Boden: „ACHTUNG, eine Kuhle!“

Talina hüpfte dank der Warnung gerade noch über die Unebenheit hinweg, bevor sie rücklings hineingetreten und vielleicht gestolpert wäre.

Brun nutzte die Gelegenheit, seinerseits in die Kerbe zu schlagen: "So richtig gern? Oder nur so gerne wie die heiratsplanenden Väter? Wenn Du nicht immer so prahlen würdest, würde dich vielleicht auch mal eine wirklich mögen." [Brun (Sven)]

Bruns Bemerkung versetzte Talina nur noch einen Stoß und sie atmete einen Moment erschrocken ein – was aber nicht auffiel, denn ihr Plan, für Ablenkung zu sorgen, geriet in diesem Moment völlig schief:

„Ich für meinen Teil habe eine Strategie, wie ich die Herzen der Damen erweiche, auch wenn,“ er warf Talina trotz seines Ärgers sein bezauberndstes Lächeln zu, „es bei der Richtigen noch nicht funktioniert hat. Bei diiiir,“ er zog die Anrede gekünstelt in die Länge, „konnte ich noch keine Strategie erkennen."(Stefan [Wunnemar] 20.04.16)

Brun versuchte seinen bösesten Blick aufzusetzen: "Frag Talina doch mal nach meiner Strategie!"

Es dauerte einige Momente bis die Worte des jungen Kranickteichers Wunnemar erreichten. Erst blieb er abrupt stehen, dann verfinsterte sich seine Miene. Er fixierte erst Brun und dann ganz kurz auch Talina, die beide ebenfalls stehengeblieben waren. Kein Wort kam über seine Lippen, er beherrschte sich, dennoch rang er mit sich, das sahen die anderen beiden deutlich an seinen malmenden Wangenknochen. Sein Schwertvater hatte ihn Demut gelernt und Bescheidenheit. Einige behaupteten, dass er damit noch nicht viel Erfolg gehabt hatte, was die letzten Minuten zu bestätigen schienen. Worin er aber große Fortschritte mit seinem Schützling erzielt hatte, war die Vermittlung von Selbstbeherrschung. Er würde dereinst Baron sein, er musste Haltung bewahren, immer und überall. Eben dies rief er sich in Erinnerung und schluckte die bittere Wahrheit trocken hinunter. (Stefan [Wunnemar] 20.04.16)

Nein! Was hatte sie da nur angerichtet? Talina spürte, wie ihr alles aus den Händen glitt. Ihre unbedachte Bemerkung, oder besser noch ihr Versuch, nicht für Streit zu sorgen, machte nun die gute Stimmung, mit der sie alle anfänglich in den Tag gestartet waren, schlagartig zunichte. Sie brauchte dazu nur in Wunnemars Gesicht sehen. Sie wollte aber nicht, dass ihr Ausspruch nun für Streit sorgte. Der großgewachsene Blonde sollte ihr nicht böse sein, das wollte sie nicht, denn sie mochte ihn gut leiden. Also versuchte sie zu vermitteln, um den Schaden, den sie selbst angerichtet hatte, wieder gut zu machen: "Wenn ihr mich fragt: ihr seid beide Kindsköpfe! Und ich weiß gar nicht, warum ich mich eigentlich mit euch beiden abgebe. Wahrscheinlich sollte ich mir zwei neue Freunde suchen." Sie lachte dabei, fand aber selbst, dass es fad und trotz des Lachens immer noch recht hart klang, daher fügte sie schnell noch etwas hinterdrein und schob sich dabei eine verirrte Strähne hinter eines der Ohren: "Naja….Kaiser werdet ihr ja nämlich beide nicht. Wetten?" [Talina (Tanja) 20.4.]

Wunnemars Gesichtszüge entspannten sich und er zeigte Gleichgültigkeit und Arroganz. Aber der Schaden war schon angerichtet. „Meine Dame, mein Herr, ich wünsche einen schönen Tag.“ Mit diesen Worten ging er an ihnen vorbei und entfernte sich. (Stefan [Wunnemar] 20.04.16)

Talina blickte dem schnell entschwindenden Wunnemar hinterher und kratzte sich nervös am Ohr. "Was, ähm, war das denn jetzt?" Sie ärgerte sich über sich selbst und nahm nun Brun in den Fokus, um ihrem Ärger Luft zu machen. "Was denn eigentlich für eine Strategie??" Sie sah ihn streng an.

"Ach nix." antwortete Brun ihr und dachte bei sich 'Zeit das Thema zu wechseln'. "Hey, wenn ich wirklich mal Baron von Kranick werde, heiraten wir dann?"

In Talinas Gesicht war abzulesen, dass sie darüber nachdachte, ob das gerade sein Ernst war. Dementsprechend irritiert war ihr Blick, bevor sie nach einem kurzen Moment tief einatmete und zur Form zurückfand. „Mal ernsthaft: wie wahrscheinlich ist das?“ entgegnete sie ihm, nachdem sie sich ertappt hatte, doch tatsächlich einen Gedanken an eine dieser Optionen verloren zu haben. Ein verräterisches Rot färbte ihre Wangen. Sie wollte jedoch nicht, dass er solche Dinge sagte. Dass keiner von beiden solche Dinge in den Mund nahm, weder Brun noch Wunnemar. Sie waren Freunde, die hin und wieder über die Zukunft scherzten! Nichts weiter. Oder? Plötzlich war sich Talina da nicht mehr sicher. Auf der Suche nach etwas, das überspielte, dass sie den Vairninger Knappen tatsächlich sehr gern hatte, schubste sie Brun an der Schulter von sich fort. „Ach hör schon auf, Brun. Das passiert nicht! Die wissen von euren Streitereien dort oben in Kranick und du hast ja selbst gesagt, dass die entweder mal zum reinigenden Feuer werden, oder eine starke Hand brauchen. Außerdem … du willst doch nicht wirklich diesen unrühmlichen Kranichthron haben, oder?“ [Talina (Tanja) 21.4.]

"Und warum sollten wir beide nicht die reinigenden Feuer sein? Natürlich muss ich erst noch einen Drachen erschlagen und die Welt retten. Aber mit deiner Hilfe sollte ich das schaffen. Du bist doch dabei, oder?" Brun versuchte Talina wieder an sich heran zu ziehen, indem er den Arm um ihre Schulter legte, wie zuvor Wunnemar.

Die Verschwiegenheit teilte sie offenbar nicht, denn sie blieb steif. "Drachen erschlagen. Hm, naja, ich weiß nicht, ich hab ehrlich gesagt nicht vor, einem zu begegnen, wenn's nicht sein muss…"

"Oder Du bist der strahlende Ritter und ich mime das arme Burgfräulein, das du retten darfst. Meinst Du Kleider stehen mir?" Brun grinste bei diesem albernen Spruch feixend vor sich hin. Talinas Wangenrot war ihm aufgefallen: "Sag mal hast Du eigentlich Fieber?"

Sie wischte seine Hand, die ihre Temperatur prüfen wollte, fort, ehe diese ihre Wange berühren konnte, und errötete noch mehr. "Unsinn. Alles bestens." Nein, es war nicht alles bestens.

"Geht es Dir wirklich gut? Du glühst ja geradezu. Sollen wir zu einem Heiler?"

"Nein, ehrlich, mir geht's gut." Jetzt war da deutlich Ärgernis und eine ungewohnte Resolutheit in ihrer Stimme. Sie blickte sich kurzzeitig nervös um. Irgendetwas war ihr unangenehm. Sie wurde knöchern und hatte auf einmal keine Lust mehr auf die Berührung, schüttelte Bruns Arm ab, der über ihrer Schulter hing und wechselte das Thema erneut. Vielleicht war ja dieser Plan wenigstens von Erfolg gekrönt?

"Hast du dir eigentlich schon mal überlegt, dass unsere Pferde auch hätten tot sein können, wenn WIR an diesem Tag das Los für die Tränke gezogen hätten? Ich muss in letzter Zeit immer mal wieder dran denken. Hab heut Nacht auch davon geträumt. Albern, oder?"

Der Blick wurde ein wenig ernster und seine Augen suchten den Kontakt zu ihren: "Manchmal stelle ich mir die Frage, ob so etwas Glück, Zufall oder Schicksal ist? Gibt es einen Grund, dass wir nicht gelost wurden? Also einen tieferen Grund als Glück und Pech, meine ich?"

"Weiß nicht." Talina zuckte mit den Schultern, war aber froh, dass er auf den Themenwechsel einging. Über tote Pferde und mögliches Schicksal zu reden war ihr immer noch lieber, als dass er weiterhin ihre Stirn befühlen oder übers Heiraten sprechen wollte.

"Ich glaube, es war vielleicht Glück," antwortete sie nach einer kurzen Pause, in der sie nachdachte. An den Knappen des Rabensteiner Barons beispielsweise. Was würde Boronian auf diese Frage antworten? Sie wollte ihn irgendwann einmal darauf ansprechen. "Vielleicht aber auch nur Zufall. Weißt du noch, wie wir uns geärgert haben, weil wir den weiten Weg hoch in die Stadt laufen mussten und ich weiß noch, wie irgendwer gesagt hat, dass er sein Los für die Tränke abdrücken musste und total genervt war. Herrje, wer war das noch gleich?" Sie überlegte. "Ah! Einer von den Windhagern war das. Dieser Kerl mit den braunen Locken. Keine Ahnung wie der heißt. Ich fürchte jetzt ist er froh, dass er mit uns in der Stadt war." Sie setzte ein Lächeln auf, das von Brun erwidert wurde. Darüber war sie froh. Während er auf ihr Gespräch einging, galten Talinas Gedanken kurz dem entfleuchten Galebfurtener. Sie wollte mit Wunnemar später kurz sprechen, denn sie fand es unerträglich, nicht zu wissen, ob er ihr verzeihen würde. Sie wollte nicht, dass er die Freundschaft kündigte. Sie mochte ihn nämlich recht gern.

*

Unmotiviert trieb Gereon einen Kiesel vor sich her. Wie ihm diese Hesindeschule gegen den Strich ging, konnte er gar nicht sagen. Seiner Meinung nach sollte er lieber in der Zeit seinen Schwertarm trainieren. Stattdessen musste er ruhig dasitzen und dieses philosophische Gequatsche ertragen. Da hätte er ja auch direkt zuhause bleiben können um bei seiner Cousine in ihrer staubigen Schreibkammer in die Geheimnisse der Verwaltung unterwiesen zu werden. Wütend gab er dem Steinchen einen letzten Tritt, so dass es mehrere Schritte weit flog und mit einem „Ping“ gegen die Beinschienen eines Kriegers prallte.

„Hey, welcher Sohn einer blutpissenden Hafenhure war das!“ schrie der auf und versuchte den Steinetreter ausfindig zu machen.

Der Junge indes lief eilend weiter, nicht, dass er zu spät kam. Wenn er auch selbst diese Unterrichtsstunden nur schwerlich ertragen konnte, so waren sie erst recht nichts, an dem er scheitern wollte. Er überquerte das Lager der Rabensteiner in der Hoffnung, Boronian wäre noch da und sie könnten gemeinsam zum Zelt der Hesindegeweihten laufen. Da er diesen aber nirgends erblicken konnte, machte er sich alleine auf den Weg.

Trotzig schaute er auf den Boden als er zum Unterrichtsort stapfte. Er war im letzten halben Götterlauf ein ganzes Stück gewachsen, doch seine Glieder waren immer noch ein Stückchen zu lang für den Rest seines Körpers, so dass er stets ein wenig wie ein tapsiges Tier wirkte. Ein niedliches tapsiges Tier, wenn er dem Getuschel einiger Mädchen zuhause im Isenhag glauben wollte. Er wollte ALLES sein, aber mit Sicherheit NICHT niedlich. Aber das waren ja auch Mädchen, was wussten die schon! (Gereon (catrin) 20.3.2016).

Plötzlich legte sich eine große Männerhand auf seine Schulter und zwang ihn zum Anhalten.

„Wat zum Ogerdriss“ fuhr Gereon aufgeschreckt um und blickte in die blauen Augen seines Vetters. „HAGRIAN!“ Er grinste Hagrian an und vergaß einen Moment seine Bemühung NICHT niedlich auszusehen.

Hagrian sah seinen jüngeren Vetter an und ein Hauch Milde ließ sich auf seinen ernsten Zügen nieder. „Wie geht es dir heute, Kleiner?“ Seit dem Vorfall an der Tränke war der Rondrageweihte mehrmals täglich unter den absonderlichsten Vorwänden am tandoscher Lager vorbeigekommen und hatte mit Gereon gesprochen.

„Et jeht mer juut! Du musst misch nisch verfolge unn überwache!“ fuhr er den Verwandten an. Das Zucken von Hagrians Augenbraue bedeuteten ihm seine Worte zurücknehmen zu wollen: „Entschuldige, ich …“ Gereon seufzte: „Es tut mir leid.“

„Deine Schwertmutter sagte mir, du hättest dich langsam besser unter Kontrolle!“

“Ja, hab ich auch!“ Trotz regte sich in Gereon, was fiel nur allen ein in seiner Abwesenheit über ihn zu sprechen!

„Dann bemühe dich um MEHR!“ Strenge und Unnachgiebigkeit klangen in Hagrians Stimme mit: „Sei nicht wütend, wenn es Menschen gibt, die sich um dich sorgen! Sondern bete zu Travia, dass es so bleiben möge!“

„Wat weisst du n davon?“ stieß Gereon leise zischend hervor.

Für einen kurzen Moment blitzte Wehmut in den Zügen des Geweihten auf: „Oh ja, bemühe dich VIEL MEHR!“ Dann zog er einen Brief aus der Tasche. „Mein letzter Brief nach Hause. Wenn du eine Nachricht für deine Mutter beifügen möchtest, bring sie mir bis heute Abend vorbei.“

„Es tut mir leid! Isch wollte disch nisch..!“

„Mir scheint die Hesindeschule genau der richtige Ort für dich. Lerne deinen Kopf zu benutzen, bevor du sprichst, sonst wirst du ihn nicht lange behalten! Milde findest du nicht hier, wo wir sind, und erst recht nicht dort, wo wir hingehen!“

“Es ist aber mein Schwertarm, der meine Waffe führt und nicht mein Kopf!“ setzte er ein letztes Mal widerspenstig an.

Nun stieß Hagrians Finger dreimal mit Wucht gegen Gereons Schläfe: „Hast du jemals einen Arm ohne Kopf gesehen, der eine Waffe führen konnte?“ Dann drückte er dem Vetter fest die Schulter, verabschiedete sich und schritt schnellen Marsches fort.

Gereon blieb zurück, ein wenig erbost, wie ein Kind behandelt worden zu sein und gleichzeitig tief beschämt, weil er wusste, dass er sich nicht angemessen verhalten hatte. Seine Wut hatte sich gelegt, doch war sie nicht verschwunden. Vielmehr nährte sie seinen brennenden Zorn. Der schwelte seit Tagen in ihm und befeuerte den Drang, seine Klinge in jeden Dämonenanbeter von Gallys bis Mendena bohren zu wollen.

*

Ein leichtes Gähnen unterdrückte der junge Schwertleiher, als er mit großen Schritten über die ins Gras getrampelten Pfade ging, welche die Lager verbanden. Er war recht früh dran. Weder Sean noch Tsalind waren auf den Beinen, da er sie aber ungerne wecken wollte, zog er es vor, noch ein wenig durch die Zeltstadt zu streunen, nachdem die Pflichten am Morgen erfüllt waren. Er wollte sich von seinem Paten keinen strengen Blick zuwerfen lassen, weil er nachlässig wurde, nur da er Golgari getroffen hatte. Also zog es ihn zum nächsten Tross, von welchem es verführerisch duftete, um ein paar Backlinge zu erwerben. Zwei Äpfel hatte er bereits einstecken, doch frisches Brot oder etwas Süßes, das ließ das Herz des Riesen höherschlagen. Gewandet war er in schwarzer Hose, sauberen Reiterstiefeln, einer schwarzen Tunika mit dem Wappen der Baronie Rabenstein und einem ledernen Gambeson. Wie üblich trug er auch sein Schwert gegürtet, doch kein Schild. Bei sich trug er eine schmale, lederne Tasche mit eingebranntem Wappen der Schwertleiher, in welcher sich wohl Papierseiten und Feder wie Tinte aufhielten. So kam er wieder beim eigenen Lager an und fand glücklicherweise die beiden anderen wach vor.

"Na dann viel Vergnügen!" Tsalind winkte mit einem zufriedenen Grinsen Boronian hinterher. Der Jüngere war - zusammen mit Sean - zur Hesindeschule abkommandiert worden. Tsalind dagegen polierte mit Hingabe ihr Schwert und genoss es, die Ältere und von solcherlei Kinderpflichten ausgenommen zu sein.

Er schnappte sich Sean und machte sich mit ihm los, zur Schule. Doch vorher wollte er noch Ira abholen.

"Och menno." Sean stapfte neben Boronian her und verdrehte dem Hals, um zu seinem Idol aufzublicken. "Und sie darf den ganzen Tag ihre Rüstung putzen und sich um ihr neues Pferd kümmern, und wir?" Er verzog sein Gesicht und vergewisserte sich, dass er außer Hörweite des Zeltes seines Knappenherrn war. "Warum darf sie ihre Zeit in die Rüstungspflege stecken und muß uns nicht begleiten?"

„Nicht ganz Sean. Du willst doch nicht blindlings in die Reigen der gut vorbereiteten Gegner rennen, ohne ihre Befehle zu verstehen? Je klüger dein Geist, desto zielgerichteter wird auch dein Schwert sein – und wenn du findest, dass es noch nicht gerichtet genug geführt wird, trainieren wir beide am Nachmittag, wenn der Baron dies erlaubt.“ Er wuschelte dem Jungen durch die Haare und gab ihm etwas frisches, dampfendes Brot: „Lass es dir schmecken.“

*

So stand Boronian dann am Lager derer von Hluthars Wacht und ging wie selbstverständlich zu dem Zelt, in welchem Ira für gewöhnlich schlief und hoffentlich schon zurechtgemacht war: „Guten Morgen Ira, na, bereit etwas Bosparano zu lernen?“

Zurecht gemacht war sie, aber dass sie nicht gar so gute Laune hatte wie er, fiel sofort auf, als die Plötzbogenerin auf das Rufen hin mit einem mehr als verdrießlichen Gesichtsausdruck aus dem Zelt des Hlutharswachter Barons trat, die Stoffbahn, die den Eingang markierte, unachtsam hinter sich zufallen ließ und dann mit eiligen Schritten davon stapfte. „Linge anum meum, Boronian" begrüßte Ira den Hünen grimmig, was auch ein mittelmäßig Geübter, der die Worte lecken, Hinterteil und ein besitzanzeigendes Fürwort kannte, als Ausdruck mieser Laune übersetzen konnte.

"Du hast nicht zufällig was gegen Kopfschmerzen bei dir?" grummelte sie und ließ dabei ihren Kopf einmal stöhnend um den Nacken kreisen, ehe sie auch die Schultern versuchte zu lockern. [Ira (Tanja) 20.4.]

„Gegen direkte Kopfschmerzen nicht, aber gegen üble Morgenlaune.“ Er ging hinter seine Base und legte die Pranken sanfter als gedacht an ihren Nacken, um ihr bei der Arbeit, diese zu entspannen, behilflich zu sein: „Hast du denn schon gefrühstückt? Du weißt, das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages.“ [Boronian (Mel) 21.04.2016]

„Jaja, ich weiß,“ grummelte die, während sie sich nur schwer der wohltuenden Pflege hingeben konnte, „und die Nacht sollte eigentlich zum Schlafen da sein, wenn man schon tagsüber mit einer Übungseinheit nach der anderen geknechtet wird und dann auch noch alles auf Glanz polieren und Pferdescheiße forträumen und den hohen Herrn bedienen muss. Aber ich fürchte, das hat Seine Hochgeboren nicht so ganz begriffen.“ Ira machte ihrem Frust sogleich Luft, sodass Boronian nicht erst nachfragen musste. „4 Mal, Räblein, 4 Mal hat er diese Nacht zeigen müssen, wo das ‚Schwert des Heilige Hluthar‘ wirklich hängt.“ Krächzte Ira missmutig und rollte mit den Augen. „Tja und immer, wenn ich dachte, jetzt hat ihn diese ‚Cella‘, wie sich diese billige Trosshure nennt, endlich fertiggemacht, da hab ich sie wieder kichern hören und naja, kurz darauf… Aber neiiin, es ist ja nicht angebracht, den Vorhang beiseite zu räumen, um den guten Menschen bei ihrem Götterdienst zu sagen, dass man auch gerne mal schlafen würde. Ziemt sich, wie du weißt, nicht. – AU! Sag mal, willst du mir den Hals brechen, Schwertleiher?“ Keine Frage, so schnell würde Ira wohl ihre gute Laune nicht wiederfinden. [Ira (Tanja) 21.4.]

"Entschuldige, ich will dir wirklich nicht wehtun." er knetete ein wenig sanfter. Geduldig hatte der Rabensteiner Knappe sich angehört, was seiner Base auf dem Herzen lag. Eigentlich mochte er deren Schwertvater, er war jung und ein wenig unkonventionell, und in einer anderen Situation hätte er als Mann ihn sicherlich beglückwünscht, aber: "Trosshure? Bäh. Ehrlich mal, ich dachte, er hätte ein wenig Kultur mitbringen wollen aus dem Reich des Horas. Ich meine... eine Frau zu erobern, mit Worten und Taten, das ist Kunst. Nicht, den Geldbeutel aufzusperren." (Boronian(Mel)24.4.)

"Oh, sie kriegt zu essen und kann jede Nacht in weichen Fellen liegen, 's geht ihr jetzt nicht unbedingt schlecht." kam es daraufhin deutlich giftig aus Iras Mund und um ihrem Missfallen noch etwas mehr Ausdruck zu verleihen, spie sie den Namen der Hure noch einmal aus. "Cella… So kann sich auch nur eine nennen, die für mehr als ein 'Danke' die Beine breitmacht, oder?" [Ira (Tanja)]

Sean hatte mittlerweile sein zweites Frühstück beendet und leckte sich die Finger sauber. „Habt ihr euch jetzt fertiggestreichelt?“ Er wusste zwar, dass niemand das gerne hörte, aber Sean mochte die Bosparano-Stunden – ganz gleich, ob sie nun die Baronin abhielt oder die Dame von Rickenhausen, die er gleichfalls schon recht gut kannte – nicht zuletzt von einem gemeinsamen Ausflug nach Punin vor nicht ganz einem Götterlauf. „Oder braucht ihr noch eine Weile?“ Setzte er darum noch höflichkeitshalber hinzu – Boronian wollte er dann doch nicht ärgern, die Ereignisse neulich hatten ihn mehr erschreckt, als er dem Älteren gegenüber zugeben würde. [Sean (Tina) 21.4.16]

„Ach Sean, halt einfach die Klappe, ja!“ Ira lag noch der Nachsatz ‚wenn Erwachsene sich unterhalten‘ auf der Zunge, aber sie war eher damit beschäftigt, die Schmerzen auszuhalten, die Boronians durchaus liebgemeinten Berührungen eher vergrößerten als tilgten. Aber sie wollte ihn gewähren lassen, denn im Grunde tat es ja gut, die verhärteten Muskeln mal ordentlich geknetet zu bekommen. Was das anging sah der Baron in letzter Zeit immer nur die Knappin in der Pflicht. Ira erinnerte sich aber an Zeiten, als Seine Hochgeboren auch ihr mal die schmerzenden Arme oder Schultern weich geknetet hatte. Aber seit der Sache mit dem Tod von Elion an der Tränke herrschte zwischen Schwertvater und Schildmaid ein kühlerer Umgang, und Ira hatte nicht das Gefühl, dass dieser sich mit der Aufregung, die täglich wuchs, so schnell ändern würde. [Ira (Tanja) 21.4.]

"Vielleicht solltest du heute Nachmittag zu mir kommen, dann legst du dich hin und ich knete weiter. Das ist viel erfolgversprechender. Ich weiß, dass es zurzeit alles, nur kein gewisses Schicksal ist, in welches wir reiten - doch so hart wie deine Schultern sind, bezweifele ich, dass du dein Tier geschmeidig lenken kannst. Und ich würde dich anschließend auch gerne noch sehen." er lächelte, wobei er keine Hintergedanken zu haben schien. (Boronian (Mel) 24.4.)

"Auf das Aaaaah-ngebot würde ich wirklich gern zurückkommen," presste Ira stöhnend zwischen ihren Kiefern hervor. Ein bisschen ärgerte sie aber eines: "…ich weiß nur nicht, ob Hochgeboren es mir erlaubt. Ich hab doch 'Vergnügungsverbot', weißt du doch." Das seltsame Wort betonte sie äußerst unliebsam. "Wenn dann musst du zu uns ins Lager kommen, fürchte ich. Ernsthaft, über ein bisschen Abwechslung würde ich mich echt freuen." Sei versuchte ein Lächeln und Boronian merkte, wie augenblicklich, als der Missmut von ihr abfiel, auch etwas von der Spannung in ihren Nackenmuskeln wich. [Ira (Tanja) 26.4.]

Sean rollte angesichts dieser Süßholzraspelei die Augen. Wenn Boronian endlich mal zum Punkt kommen und zum Zelt der Hesindegeweihten weitergehen würde. Er zog einen Schmollmund und trippelte ungeduldig von einem Bein auf's andere. [Sean (Tina) 21.4.16]

Boronian schmunzelte und warf Sean einen Blick zu: "Ist ja gut, wir gehen ja schon" und hörte dann auch mit der kleinen Massageeinheit für Ira auf und machte sich gemütlich auf den Weg. Zu spät kommen wollte er nicht, glücklicherweise war auch noch ein wenig Zeit, also konnte er es für den Pagen etwas herauszögern: "Was meint ihr, womit wollen sie uns heute ärgern?"

Ira hätte ja den kleinen Presser einfach vorausgeschickt, aber es oblag Boronian seinen Schwertbruder zu unterweisen. Dass der mit dem jungen Albernier zu weich umging und sich sogar von dem Dreikäsehoch antreiben ließ, war ihr schon oftmals aufgefallen. Bislang hatte sie aber noch nie etwas gesagt. Auch jetzt war ein denkbar schlechter Zeitpunkt, Boronian auf ihre Beobachtung anzusprechen, da Sean nicht einfach davonlief.

"Hat Hochwürden neulich nicht irgendwas von wegen Kriegsführung angekündigt? Ich warte ja schon lange darauf, in wiefern sie uns da eigentlich etwas beibringen will. Wäre sie rondra- oder kor- oder meinetwegen auch nandusgeweiht, in Ordnung, aber Hesinde? Naja, vielleicht überrascht sie uns ja." Iras Worte machten deutlich, dass sie nicht viel von der hochgeweihten Dame von Rickenhausen hielt, was dieses Thema anging. [Ira (Tanja) 26.4.]

"Verbot, hm? Als ob du dich davon aufhalten lässt. Sage ihm doch einfach, es sei kein Vergnügen, wenn deine Muskeln entspannt würden, sondern Notwendigkeit. Er sollte dies verstehen, immerhin nimmt wenigstens er den Auftrag, für seine Knappen zu sorgen, sehr ernst." er lächelte seine Base an, den Seitenhieb wohl selbst nicht so direkt mitbekommend, und blickte zu dem ungeduldigen Sean: "Los, hüpf mal vor. Kannst uns ja sagen, wer schon da ist." In der Zwischenzeit fischte er einen Backling aus seiner Tasche und bot ihn Ira an, während er sich langsam und mit schweren Schritten mit ihr auf den Weg machte: "Iss was. Sonst wird deine Laune so trüb wie der gestrige Morgen." [Boronian (Melanie) 26.4.16)

„In Ordnung. Aber trödelt nicht so lange – sonst schimpft sie mit uns!“ Sean strahlte und sauste davon, dass seine Schritte den Staub des plattgetretenen Lagerplatzes aufwirbelten.

[Sean (Tina) 26.4.16]

Ira nahm die Teigware gerne und biss auch sogleich erfreut hinein. Sie sah Sean nach und deutete kauend mit dem Kinn in Richtung des Pagen. "Der hat ne ganf föne Klappe für fein Alter, diefer Knirpf," Sie sah danach zu Boronian auf: "Und du 'pringf ganf fön nach feiner Peipffe, wenn ich daff mal 'o hagen darf." Sie bemühte sich nicht wirklich um Etikette und sprach daher mit vollem Mund, denn sie war hungrig und der Backling göttlich lecker. [Ira (Tanja) 26.4.]

"Ach, Sean wird wie wir alle im Lager genug gedrillt. Und solange er sich nicht zu viele Frechheiten herausnimmt, ist's für mich in Ordnung. Ist ja nicht mein Knappe." er lachte versuchsweise leise, doch dröhnte der Bass noch einige Meter weit an den Platz, wo die anderen bereits warteten. Die durchdringende Stimme des Rabensteiner Knappen war mittlerweile schon bekannt, ebenso wie die Tatsache, dass er damit noch nicht perfekt umgehen konnte. An seine Base gewandt fügte er hinzu: "Ich bin gespannt, ob Tsalind diesmal ihren Ritterschlag erhält. Sie ist deutlich älter und immer noch Knappin. Und wann ich dann dran bin. Hat dein Schwertvater da schon was verlauten lassen?" [Boronian (Melanie) 27.4.16)

"Jofft?" prustete Ira und unter ihren zusammengezogenen Augenbrauen zeigte sich wieder etwas von ihrem Missfallen. "Nee." Sie schüttelte den Kopf, schluckte den Bissen hinunter, sammelte sich kurz und antwortete dann: "Ich mach mir dazu keine Gedanken. Solltest du auch nicht. Wir sind noch nicht alt genug. Tsalind schon. - Fühlst du dich denn schon bereit, Ritter zu sein? Ich meine, das ganze mit den Rechten und Pflichten und so, und die ganze Arbeit und die Verantwortung, die man dann an der Backe hat…. Darüber denk ich erst nach, öhm,… wenn es so weit ist!" In Iras Gesicht zeigte sich für einen kurzen Moment ein Boronian bekannter Anflug von Angst, der wohl eher daher rührte, dass die Bemerkung 'wenn es so weit ist' in diesen Tagen gleichzusetzen war mit 'wenn ich den Krieg überlebe'. Und wer mochte sich schon damit gerne beschäftigen. [Ira (Tanja) 27.4.]

Er lachte dröhnend: „Nein, Ira, ich bin nicht scharf darauf, so bald Ritter zu werden. Stell dir mal vor, dann müsste ich auch einen Knappen nehmen. Am Ende ist der so frech wie Sean“ er grinste unter dem dichten Bart und streckte sich weit: „Kriegsführung heute, hm? Das werden wir schon bald brauchen. Ich habe große Bedenken vor der Schlacht…“ er blickte in die Ferne, doch Ira konnte sehen, dass seine Gedanken an einem anderen Ort weilten. Wie oft in den letzten Tagen schien er kurz wieder in die ewige Ruhe abzudriften, welche er erfahren hatte. Er hatte keine Angst mehr um sich – doch schien er mehr als früher darauf zu achten, dass es seinen Freunden auch gut ging. Keinen würde er verlieren wollen und alles einsetzen, damit es auch so blieb. [Boronian (Mel) 27.04.2016]

Bedenken vor der Schlacht? Die hatte Ira auch, zuhauf, aber die ließ sie sich selbst nicht zu. Noch nicht. Sie sperrte sie weg und hoffte, dass sich damit die Angst etwas im Zaum halten ließ, auch wenn ihr Schwertvater der Meinung war, dass einen die Sorgen auffraßen, wenn man sich nicht mit ihnen beschäftigte. Im Falle der bevorstehenden Möglichkeiten ums Leben zu kommen wünschte Ira allerdings lieber guten Appetit. Boronian mochte auffallen, dass sie auffallend nicht auf seine letzten Worte einging. Stattdessen meinte sie:

"Ich glaube, ich will erst zwei-drei Jahre Heckenritter sein, bevor ich mich in den Dienst eines Herrn stelle. Mir auf Turnieren einen Namen machen, das, was meine Mutter nie geschafft hat, weißt du, und die Lande bereisen. Jost ist ja ganz begeistert vom Horasiat. Vielleicht verbringe ich erst mal eine Zeit dort, bevor mich das Kaisereich wiedersieht."

Ja, es fiel ihr leichter, jetzt doch noch über Dinge, die mit dem Ritterschlag zu tun hatten, nachzudenken, als über das Kommende, Unausweichliche zu sinnieren, das doch nur weitere Kopfschmerzen verursachte. [Ira (Tanja) 29.4.]

Gerade wollte er etwas erwidern, da wurde die Aufmerksamkeit von Boronian auf etwas anderes gelenkt: "Was macht DER denn hier?" er blickte ungläubig zu seinem Vater, der in der Nähe mit der Hesindegeweihten spazierte und sich ebenfalls dem Schulplatz näherte. Dann dämmerte es dem jungen Mann und er blieb kurz stehen: "Kriegsführung? Och nee. Mir schwant fürchterliches, Ira."

Ira hatte die beiden Erwachsenen ebenfalls entdeckt und tätschelte Boronian tröstlich die Brust, bevor sie sich bei ihm unterhakte und ihn sanft mitzerrte in Richtung der Bänke. Sie beneidete den Rabensteiner Knappen nicht, einen solchen Vater zu haben, mit dem ihn jeder vergleichen würde, zeitlebens. Aber da musste Boronian wohl durch, da hatte sie nicht viel Mitleid. "Der ist sicher in seiner Funktion als Flussgardeobrist hier und nicht wegen DIR - stell dich nicht an." versuchte sie aufzumuntern, dachte aber selbst 'Au wei, das kann ja lustig werden."

So richtig Lust hatte nämlich Ira auch nicht, von dem gestrengen Großonkel gedrillt zu werden. Vor allem, weil es das erste Mal war, dass sie den Anverwandten seit ihrer Ankunft in Gallys gegenüberstand. Ob der Baron sie denn überhaupt wiedererkannte? War Iras Verhältnis zu Vetter Boronian schon immer sehr eng gewesen, war selbiges zu dem fernen Verwandten, der eigentlich "nur" der kleine Bruder ihrer Großmutter Perdia war, recht undefiniert. Vor seiner einschüchternden Strenge hatte sie sich aber schon als Kind gefürchtet. [Ira (Tanja) 30.4.]

*

Firin schaute schnell zu Boden, als die blendenden Strahlen der morgendlichen Praiosscheibe hinter dem Zeltrand hervorkrochen und ihn daran erinnerten, dass er schon längst auf dem Weg zur Hesindeschule sein sollte. Fest kniff er seine Augen zusammen, um die hellen Flecken, die in seinem Blickfeld umher, zu verscheuchen. Als er blinzelnd wieder die Augen öffnete, sah er seinen Schwertvater Halmar von Schellenberg zu Ackerfelde aus dem Zelt treten. Trotz der immer noch tanzenden Punkte, bemerkte er den leicht missbilligenden Ausdruck im Gesicht des Edlen und wusste ihn – gleichwohl er sich irgendwie ertappt fühlte - zu deuten. Aber bevor Firin sich einen tadelnden Vortrag über faules Rumstehen, Maulaffen feilhalten und die ritterliche Tugend der Zuverlässigkeit einkassieren konnte, drehte er sich um und lief rasch in Richtung des Zelts der Hesindegeweihten. ‚Dabei habe ich doch nur kurz das Wappen derer von Schellenbergs studiert, quasi als Wiederholung der letzten Heraldik-Lektion. Hoffentlich bin ich nicht zu arg verspätet.‘ [Firin (Christian) 22.04.2016]

Als läge die Herausforderung des hinterhältigen Schicksals darin, ihn zu stählen, in dem es Firin immer wieder in die selben ungeschickten Situationen zu bringen gedachte, ergab es sich, dass der junge Landwachter in seiner Eile den Weg durch ein paar Zeltlager abkürzte statt die offiziellen Lagerwege zu benutzen. Dabei vergaß der eilende junge Mann die nötige Aufmerksamkeit und stolperte über eine der Schnüre, die hier und da zwischen den Zelten in den Boden gespannt waren. So fiel er beim Stolpern einer Frau in die Arme, die just aus einem Zelteingang schlüpfte. Die Dame gab einen empörten Schrei von sich, als sie von dem Brüllenbösener Knappen umgerannt wurde, auf ihr Hinterteil plumpste, und selbiger recht unsittlich auf sie fiel: Ihr üppiger Vorbau, eingezwängt in eine nur locker sitzende Korsage, federte Firins Gesicht ab. Auch der Rest des Knappen kam weich auf dem Boden auf, denn die dralle Dame fing seinen Körper mit dem ihren ab. Firin hüllte sofort der Duft von schwerem Parfüm, altem Schweiß und nächtlichem Treiben ein.

Firin merkte noch so eben wie sein linker Fuß an einer Zeltleine hängen blieb, ehe er strauchelte und noch bevor er wusste, wie ihm geschah, auf der drallen Frau zu liegen kam. Verdutzt hob Firin den Kopf leicht an, blickte auf das ausladende Dekolleté der Frau und ließ mit einem Seufzer den Kopf wieder sinken. Dabei murmelte er: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich nun in Phexens Gunst stehe oder nicht…“ Die Nase leicht rümpfend ergänzte er noch etwas leiser: „Warm und weich ist sie ja, aber dieser Geruch.“

"He! Hast du keine Augen im Kopf?!" fauchte die Dame und regte sich unter Firin, um ihn abzuschütteln. "Runter von mir, wenn du nicht zahlen kannst!"

Nach einem kurzen Augenblick erhob er sich umständlich, wobei sein Blick zwischen den Augen und dem Busen der Frau hin und herwechselte.

Die Dame besah sich unabhängig von Firins Blick bestürzt die Erdflecken in ihrem Fetzen, das sich wohl Kleid nannte. "Schau was du angerichtet hast, dummer Junge!" Ertappt räusperte er sich verlegen und erklärte dann mit leicht rotem Kopf: „Verzeih mir die Unachtsamkeit. Ich hoffe, Du hast Dir nichts getan. Ich bin spät dran und muss nun wirklich weiter, die Hesindeschule fängt gleich an.“ Entschuldigend hob Firin die Schultern, drehte sich um und ging los.

"Na, so was ist mir ja auch noch NIE passiert… unverschämter Bengel! HE!"

Nach zwei, drei Schritten hielt er inne, kehrte zurück und streckte der Dame die Hand helfend entgegen. [Firin (Christian) 29.04.2016]

" 'S ist ja auch das mindeste. Erst mich zu Boden ringen und dann unverrichteter Tatsachen gehen wollen." bedankte sie sich für ihre 'Rettung' mit einem leichten Anflug eines amüsierten Lächelns, während sie sich den Rock glatt streifte und beim nach unten sehen beinahe ihre ganze Pracht offenbarte, da ihr verrutschter Ausschnitt tief blicken ließ. Als sie beim Aufrichten seinen erneuten Blick auf ihre Brüste wahrnahm, grinste sie süffisant. "Komm heut abend zu mir ins Lager, Rotzlöffel, dann kannst du gern noch mehr sehen. Darfst deinen…" Sie musterte Firins Gestalt und ihr Blick suchte das aufgenähte Wappen, "… Herrn?... oder deine Freunde auch gern mitbringen." Sie zwinkerte dem jungen Mann neckisch zu, wie sie es wohl häufig tat, da es einstudiert aussah, allerdings sehr gekonnt wirkte und seine Wirkung nicht verfehlte.

„Ich, äh, also, ähm…“ Stotterte Firin, lief rot an und schaute sich schnell um, ob jemand sie beobachtete. Irgendwie war ihm die Situation unangenehm, obwohl er schon ein paar Mal das Lager mit einer Frau geteilt hatte. Fast schon schüchtern nickte er. [Firin (Christian) 01.05.2016]

Dann griff sie an ihre Taille, wo ein paar bunte Bänder angebracht waren – Zeichen ihres Berufsstands – sie riss eines davon ab und drückte es Firin schmunzelnd in die Hand. "Mein Name ist Oda. Merk ihn dir. Rotzlöffel du süßer," hauchte sie dabei, weil sie sich bei der Übergabe des Stofffetzens Firin noch einmal etwas entgegenstreckte, so dass er noch einmal das schwere Parfüm roch, das an ihr haftete. Auch der gelbe Streifen in Firins Hand roch danach.

Beflissentlich nickte Firin erneut. „Oda! Merk ich mir. Dein Name hat einen schönen Klang, finde ich. Woher stammt er?“ Beim Entgegennehmen legte sich das Parfüm schwer auf seine Brust und er hielt daraufhin die Luft an, damit es ihm nicht völlig den Atem und möglicherweise auch die Sinne nahm. Seine Faust schloss sich fest um das gelbe Bändchen. [Firin (Christian) 01.05.2016]

Sie schmunzelte nach wie vor und fuhr sich durch das leicht zausrige Haar. Ganz sicher hatte sie in dieser Nacht nicht nur regungslos neben dem Besitzer des Zelts gelegen, so viel stand allein fest, wenn man ihre Frisur sah. Die langen Haare waren behelfsmäßig zu einem erträglichen Etwas hochgesteckt, konnten aber nicht verbergen, das sie verwuschelt waren.

"Komm mich besuchen und ich erzähl dir woher ich komme. Einverstanden?"

"Mach ich! Aber nun muss ich wirklich los. Ihre Gnaden hat es nicht so gerne, wenn man zu spät zum Unterricht erscheint. Ich frage mich, was wir wohl heute durchnehmen." Gedankenverloren stiefelte Firin los. 'Woher sie wohl stammt? Oda... Klingt irgendwie nordisch. Vielleicht kommt sie ja aus Thorwal...' Abrupt hielt er inne und rief Oda über die Schulter her zu: "Wo finde ich Dich denn überhaupt?" [Firin (Christian) 01.05.2016]

"Bei den Schönen von Albenhus. Du findest mich dort, im Tross der Erbgräfin…" kam die Antwort.

Einmal mehr nickte Firin. „Dann, bis dann.“ Zum Abschied hob er grüßend die linke Hand mit der er das gelbe Band hielt, welches im leichten Wind flatterte. Dann machte er sich endgültig auf den Weg zur Hesindeschule. [Firin (Christian) 01.05.2016]

Der Unterricht

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Es waren mittlerweile nur noch wenige Schritte zu dem Zelt der Hesindegeweihten und er hoffte inständig, dass er der erste dort sein würde. Doch seine Hoffnung war vergebens – Glücklicherweise war aber wenigstens noch keines der Mädchen da. Nur Wunnemar saß in der Nähe von Bioras Zelt und war gänzlich auf seine Axt konzentriert, die er mit regelmäßigen Strichen schliff. „Hesinde zum Gruße“ rief Gereon zu ihm herüber während er näherkam. (Gereon (Catrin) 21.4.2016)

Der angerufene hob den Kopf und sah Gereon aus müden Augen an. Ebenso fiel seine Erwiderung aus. Da war nicht wie sonst Stolz, ja gar Arroganz in seiner Stimme, sie klang einfach kraftlos. „Die Allweise zum Gruß von Rickenbach.“ Ohne innezuhalten ließ er den kleinen Schleifstein weiter über die Schneide der Axt gleiten. Sie war gänzlich schmucklos, das einzige was an ihr auffällig war, war der Schwung ihres Griffstückes, leicht nach Außen, zur Schneide gekrümmt, wie bei einer thorwalschen Wurfaxt. (Stefan [Wunnemar] 21.04.16)

„Is alles klar?“ Irritiert war Gereon stehen geblieben. Nicht dass er sich beschweren wollte, wenn mal keine Gehässigkeit in der Stimme des kleinen Axtschwingers mitschwang... (Gereon (Catrin) 21.4.2016)

Es folgte ein kurzes, zaghaftes Zucken mit den Schultern. „Mein Schwertvater sagt, es gäbe Dinge, auf die man keinen Einfluss hat, also solle man sich wegen ihnen nicht grämen. Nun, wie du siehst gebe ich mein bestes.“ Ein dünnes Lächeln erschien auf seinem Gesicht und der sonst so arrogant-selbstbewusste Jungadlige erschien fast symphytisch. (Stefan [Wunnemar] 21.04.16)

Von hinter den Jungen schalmeite ein fröhliches „Hesinde mit euch!“ und die kleine Schülerin der Magistra Turi, der Gemahlin von Ehrwürden Hane von Ibenburg-Luring, schlurfte auf den kleinen Platz zwischen den Zelten.

Wunnemar drehte kurz den Kopf zu dem jungen Mädchen, als die vorüberging. „Die Allweise zum Gruße, Dame ni Varaldyn.” (Stefan [Wunnemar] 22.04.16)

"Dame? Oh, danke," kicherte die Kleine und knickste artig vor den beiden jungen Männern. Sie machte den Eindruck, als würde ihr diese Anrede durchaus gefallen. Wie immer trug sie eine leinenweiße Robe, und wie jedes Mal zum Unterricht hatte sie einen Schemel auf der einen, und ein dickes Buch und ihren gerade mal armlangen Scolarenstab auf der anderen Seite unter den Arm geklemmt, damit ihre Hände ein Bündel mit Verpflegung sowie einen anderen mit ihren Schreibutensilien tragen konnten. Maires strohblondes Haar fiel in sanften Locken über Schultern und Nacken, in ihrem Gesicht zeigte sich beim Anblick der Knappen ein verträumtes Lächeln. Jung war sie, jünger als alle anderen Mädchen hier, eigentlich noch ein Kind, trotz der beiden kleinen Hügelchen, die sich unter ihrer Robe schon abzeichneten. Trübe Tage schien die kleine Varaldyn nicht zu kennen, immer lachte aus ihr die güldene Sonne heraus. Ein sehr seltsames Bild bei einer, durch deren Adern die vielerorts lästerlich geltende Madakraft floss.

Maire baute ihr kleines Möbel an dem üblichen Platz auf, an dem sie dem Unterricht zu folgen gedachte. Es dauerte eine kleine Weile, bis der Schemel, den sie als Tischchen nutzte, perfekt stand und nicht mehr auf dem gewachsenen Untergrund wackelte. Dann entfaltete sie das Bündel mit ihren Schreibutensilien, legte alles fein säuberlich auf dem Boden und dort auf dem Stoff, aus dem das Bündel bestand, aus, ihren Scolarenstab daneben und setzte sich dann schon einmal brav hin, das Buch lernbereit auf den Schemel gelegt, und ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. [Maire (Tanja) 21.4.]

Gereon schluckte. Der kleine Sonnenschein war schon entzückend. Sein Blick folgte dem Blondschopf zu ihrem Platz. „Jo, et es wie et es, wat wellste maache? -- Komm mit rövver. Isch för meenen Deil willens net nevve denne Giggelhöhner sitze. Dann schon leever nevve der Kleen.“ Und er setze sich in Bewegung ohne die Antwort von Wunnemar abzuwarten. Sollte der mitkommen oder nicht. Auch wenn es ihm schlecht ging und Gereon freundlich sein wollte. Er war nicht sein Freund, dafür ließ der ihn allzu oft spüren, dass er sich selbst für etwas Besseres hielt.

Gereon nahm ein Stück neben Maire Platz, wobei er möglichst viel Abstand ließ, aber dennoch so wenig, dass kein anderer sich zwischen sie setzen konnte. Wie stets beobachtete er die junge Magierin dabei aus den Augenwinkeln und war in einer grotesken Ambivalenz gefangen. Einerseits fühlte er sich durch ihr einnehmendes Wesen angezogen, doch andererseits löste ihre Fähigkeit Kräfte zu nutzen, die er nicht sehen oder verstehen konnte, Unbehagen in ihm aus- mächtiges Unbehagen.

„Hesinde mit Dir, Kleene!“ waren die einzigen Worte die er nun an sie richtete und es waren die einzigen, die er je zu ihr gesprochen hatte. (Gereon (Catrin) 21.4.2016)

Wunnemar war heute nicht so motiviert wie die anderen, folgte aber tonlos Gereons Aufruf und folgte ihm, wenn auch träge. Er setzte sich dennoch in die erste Reihe, aus reiner Tradition immer ganz vorne dabei seien zu wollen. (Stefan [Wunnemar] 22.04.16)

Maire wandte den Kopf zu Gereon und blickte ihn einen Moment lang mit ihren strahlenden Augen an, in denen kindliche Unschuld funkelte, jedoch gepaart mit dem Wissen, anders zu sein – in vielen Dingen – und sich daher auch anders zu fühlen, sich selbst anders wahrzunehmen. Die Magistra vermittelte ihr das schließlich jeden Tag, daher kam es recht selbstbewusst aus ihr heraus: "Wieso nennst du mich noch Kleene und er spricht mich schon mit Dame an. Musst du das erst noch lernen?" Dabei verriet ihr Schmunzeln nicht, ob sie einen Witz machen oder den Rüffel, sofern man ihn denn als solchen ansah, einfach nur nett verpacken wollte. [Maire (Tanja) 22.4.]

Gereon runzelte kurz die Stirn. Einerseits empfand er es als unglaubliche Lächerlichkeit, wenn Knappen sich untereinander an diese fürchterlichen Etikette-Regeln hielten, die er sich partout nicht alle merken konnte. Andererseits war sie eine der wenigen Menschen in diesem Lager, die er sich nicht zur Feindin machen wollte – erst recht nicht durch etwas Dummes wie eine falsche Anrede. Denn er empfand ohnmächtiges Unbehagen in Gegenwart von Magiekundigen, doch dazu kam bei Maire noch etwas Anderes. Er mochte sie einfach, auch wenn er dies nicht zugeben würde und irgendetwas in ihm wollte auch, dass sie ihn mochte.

Die junge Scolarin konnte in seinem Blick den Wechsel der Gefühle in seinem Inneren ablesen wie in jedem ihrer Bücher: Unverständnis, Unwillen, Unbehagen und etwas das sie für Zuneigung halten könnte.

„Isch entschuldige misch vielmals, falls isch Eusch jekränkt hab. Isch verstehe natürlich, dass ihr Eusch von uns abjrenzen wollt und auf einer angemessenen Anrede besteht. Welsche Anrede wäre Eusch denn genehm?“

Spätestens jetzt wurde Maire klar, dass der Grund für den Spitznamen sein Wunsch war, sie nicht auszugrenzen. Die Knappen bildeten eine kleine Einheit, sie waren durch ihren Status und ihre Lebensart verbunden und würden irgendwann Seite an Seite in Schlachten ziehen, während sie schon unter den Jugendlichen durch ihre Stellung eine Außenseiterin war.

Sie war kurz versucht, gerade auf das mit dem Ausgrenzen etwas zu erwidern, aber dann fand sie es mal wieder so lustig, wie der ältere Junge redete, dass sie ein breites Grinsen auflegte und lieber weiter zuhörte. Der Frohsinn färbte ihre Apfelbäckchen rot.

„Nun, so Ihr die Güte hättet es mir mitzuteilen, so werde ich Euch nennen, wie es euch beliebt!“ Seine Stimme war erfüllt von absoluter Ernsthaftigkeit und ihr war klar, dass er sich von jetzt an strikt an die von ihr gewünschte Anrede halten würde. Doch seine Augen blickten sie offen, freundlich und mit gerade so viel Schalk an, dass klar war, er würde sie ebenso strikt 'mein kleines honigsüßes Steckenpferd' nennen, sofern sie dies nur wünschen würde. (Gereon (Catrin) 25.4.2016)

Der Galebfurtener hob eine Augenbraue und zeigte einen verwunderten Gesichtsausdruck. Mit einer solchen Rede Gereons hatte er nicht gerechnet. Was folgte war ein Schmunzeln, gepaart mit einem Kopfschütteln, mit der er sich abwandte und sich wieder seinen eigenen Gedanken widmete, welche um Talina kreisten. Zu einem anderen Moment hätte er den Rickenbacher veralbert, indem er seinen Dialekt auf seine Weise überspitzt interpretiert und nachgesprochen hätte, die diesem sicher nicht gefallen hätte, zu diesem Zeitpunkt jedoch war ihm nicht danach. Der Stich, den ihm Brun in Hinblick auf seinen heimlichen Schwarm versetzt hatte, saß tief. (Stefan [Wunnemar] 22.04.16)

Die kleine Nordgratenfelserin, die sich aber gerne selbst als Albernierin betrachtete – letzteres hatte Gereon zumindest schon mitbekommen – lachte erfrischend. "Nenn mich doch einfach Maire. So heiß ich ja."

„Juut, Maire!“ brummte der Angesprochene. „Du kannst misch Gereon nenne, denn dat is meener!“ Dann schwieg er, er könnte sich selber ohrfeigen, was quatschte er nur für einen Stuss! Sie kannte doch seinen Namen. ‚Zu den Niederhöllen mit all dem Weibsvolk.‘ (Gereon(Catrin) 26.04.)

"Das weiß ich doch," antwortete der Blondschopf und nahm Gereons brummelige Selbstjustiz mit einem Augenzwinkern wahr.

Vermutlich war es ihr jedoch nicht bewusst, dass das folgende nur noch etwas mehr Salz in Gereons Wunde streute. Sie meinte es sicherlich auch nicht böse, als sie noch einige Dinge zum Besten gab, die sie über ihn wusste: "Ich weiß auch, dass du auf einem Gestüt aufgewachsen bist, in, äh, der Baronie Eisenstein glaub ich war das, dass du jetzt aber bei Ihrer Hochgeboren der Baroness von Tandosch lebst," sie deutete dabei auf das Wappen, das Gereons Kleidung groß und frontal zierte, „dass du einen Vetter hast, der Diener der Donnernden ist und dass er auch hier ist, also ich meine Seine Gnaden Hagrian von Schellenberg, und dass du mit Firins Schwertvater, Seine Wohlgeboren Ritter Halmar von Schellenberg verwandt bist, und dass du ein Mädchen gerettet hast, das unter einem der vergifteten Pferde lag." Sie schien sehr stolz über ihr Wissen zu sein und ihn keinesfalls damit aufziehen zu wollen, daher transportierte ihr Besserwissen einiges von ihrer kindlichen Unschuld. [Maire (Tanja) 26.4.]

Er verzog wütend seine Augen und fixierte das junge Mädchen. Entweder tratschte man über ihn oder sie war mit einem ihrer Zaubertricks in seinen Verstand eingedrungen. Beides machte ihn wütend, und das eine ließ außerdem tief verwurzelte Ängste in seiner Brust erwachen. Er ballte die Fäuste während er ungehalten hervorstieß: „Unn von WEM bitte haste den janzen Kram, Maire?“ (Gereon(Catrin) 26.04.)

Dass sie sein Verhalten verunsicherte, war ihr im ersten Moment anzumerken, denn Maire zuckte bei Gereons Worten zusammen und sank in sich ein, wie, um sich vor dem Größeren zu ducken. Dann aber wechselte ihr Gesichtsausdruck von verängstigt zu ebenfalls verärgert und sie richtete sich wieder auf, wobei sie sich Mühe gab, in sein wütendes Gesicht zu blicken, ohne vor Wut selbst anzufangen zu weinen. "Erstens ist das kein 'Kram' und zweitens hab ich ihn nicht von 'irgendwem', sondern die Magistra Turi hat mir die Aufgabe gegeben, mich über euch zu erkundigen! Sie hat gesagt, ich muss ein bisschen was über euch alle wissen, damit ich mit euch reden kann und immer ein Thema hab! Sie hat gesagt, dass ihr vielleicht sonst an mir vorbei guckt, weil ich keine Knappin bin." Sie stand entschlossen auf und trat vor ihn hin. Ein zartes Persönchen in weißer Robe und den kleinen Fäustchen in der schmalen Seite. "Und jetzt sag ja nichts Schlechtes über meine Magistra! Sie macht nie etwas ohne Grund! Außerdem…." Maire suchte schnell nach einem weiteren Ansatzpunkt. Ihr Blick fand zu dem Wappen auf seiner Brust. "Außerdem weiß jeder, der dein Wappen kennt, wer du bist und wer deine Schwertmutter ist. Das ist nicht schwer. Dass du mit der Familie Schellenberg verwandt bist, war auch einfach rauszufinden, es ist ja auch kein Geheimnis, oder? Und das mit dem Mädchen und den Pferden… das… das hab ich zufällig beim Brotholen gehört." schloss sie die Erklärungen trotzig, stand dann aufgeregt vor dem Älteren und blickte in dessen Gesicht. Ihre Lehrmeisterin hatte ihr eingetrichtert, sich nicht verunsichern zu lassen und Stärke zu zeigen. Gerade vor Leuten, die ihre Köpfe nicht wirklich benutzten. Vor Gereon hatte Maire trotzdem ein wenig Angst. Er war so groß und so stark. Letzteres kam daher brüchig, da unsicher aus ihrem Mund, dennoch sagte sie: "Also, Gereon von Rickenbach, wo ist dein Problem?" [Maire (Tanja) 27.4.]

Schon im Moment, da die Worte seinen Mund verlassen hatten, hätte der sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Und jetzt da das kleine, giftspritzende Persönchen vor ihm stand, die aufkeimenden Knospen wie Mäuseschnäuzchen auf ihn gerichtet, war sein geringstes Problem, dass irgendein Bäcker über ihn tratschte. Vielmehr sollte sie sich schnell wieder auf ihren Platz setzen - möglichst ohne zu bemerken, wie sehr ihr frischer Duft nach aufkeimender Weiblichkeit seine Sinne vernebelte und andere Teile seines Körpers seiner Kontrolle entzogen.

„Selbstbeherrschung!“ presste er hervor, während er seinen Beutel fest in seinen Schoß presste. „Sacht zumindest meine Schwertmutter.“ (Gereon(Catrin) 27.04.)

Wunnemar schnaubte verächtlich, hielt den Blick aber fast gelangweilt nach vorn gerichtet, als beachte er sie gar nicht, würde nicht hören was gesagt wurde. Doch, so sehr er versuchte das alles zu ignorieren, ihre kindische Zankerei, er konnte es nicht.

„Ich wollte Maire gegenüber doch nur Höflich sein, deswegen habe ich sie mit Dame ni Varaldyn angesprochen. Was ist daran jetzt bitte so bedeutsam das ihr darüber ins Streiten gekommen seid? Bei Alverans Pforten, Gereon, hast du denn nicht hingehört? Die Art und Weise wie sie über dich berichtete. Maire versuchte neutral zu klingen, doch was in ihrer Stimme mitschwang war Anerkennung, vielleicht gar Bewunderung. Und du trampelst wie ein Tralloper Riese durch den Töpferladen. Ich bitte euch, versucht doch bitte euch wie erwachsene zu benehmen. Auch wenn euch das noch scheinbar fern ist. Wir sind die Zukunft adliger Häuser und viele gesalbte Häuser werden auf diesem Feldzug sterben, vielleicht auch wir. Aber die Möglichkeit besteht das ein jeder von uns schneller wird reifen müssen, als es uns lieb ist.“ Gereon schnaubte auf. Wunnemar zählte fast doppelt so viele Winter wie Maire und etliche mehr als er.

Wunnemar wusste, dass er Maires Rede fehlinterpretiert hatte, aber es war volle Absicht. Nun hätten sie erst einmal Futter zum Nachdenken und würden hoffentlich Ruhe geben. Er hatte keine Lust sich das noch länger anzuhören, nicht in seiner derzeitigen Stimmung.

In seiner Stimme war kein Spott gewesen, trotz gewissen Tadelns. Nein, da war gar ein kleiner Funken Wärme gewesen und er war überrascht wie gut er das hinbekommen hatte. Da er ihnen zu keinem Zeitpunkt den Kopf zugewendet hatte konnten sie sein süffisantes Grinsen nicht sehen. (Stefan [Wunnemar] 27.04.16)

In einer anderen Situation wäre er aufgesprungen und hätte dem selbstgerechten Galebfurtener seine Faust auf die Nase gesetzt. Doch da aufstehen momentan keine Option war, sagte er stattdessen laut zu Maire: „Nun isch hoff ma, mer krieje dat mit demm reifen schneller hin aals unser Baronet Wunderbar!“ Weil Wunnemar ihn ständig mit seinem Dialekt aufzog, hatte Gereon ihm diesen Spitznamen gegeben. Leise fügte er hinzu: „Entschuldige übrijens, wenn isch jemein war, isch, äh isch wollte disch sischer nisch kränke oder suwat.“ (Gereon(Catrin) 27.04.)

„Disch höff isch ooch wa.“ Kam knochentrocken und ohne weitere Gefühlsregung die Antwort, noch bevor die kleine Magierschülerin etwas daraufhin sagen konnte. „Jlöckwunsch: De erste Wäach is de Erkenntnis. Aber trüste disch: Wat nit es, dat kann noch wäde.“

„Wenn ich dich auch hier verbessern darf. Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. So heißt es."

„Wenn de dat so juut wesst, warum haldst de disch nit ma draan?“

„Gereon, bitte, erkennt ihr nicht das Wunderbar wohlwollend sprach, als er euch versuchte zu erklären, das Maire mit Bewunderung von euch sprach? Gut, er hat sich vielleicht nicht ganz unmissverständlich ausgedrückt und seine Worte waren nicht ohne jede Spitze, aber es hätte euch klar werden müssen, dass er es nicht böse mit euch meint. Warum also versucht ihr ihn euch krampfhaft zum Feind zu machen?“ (Stefan [Wunnemar] 27.04.16)

Gereon war fast zu verdutzt um zu antworten: „Seit wann ihrzen mer uns denn bittschön, eure Wunderbarigkeit? Unn seit wann schwätzte von dir selbst nisch als isch sondern er? Biste kurzfristisch zum Herzog uffjestiege?“ Er seufzte: „Unn isch suche keen Jezänk, vielmehr werd isch davon heimjesucht.“ Und mit Schalk in der Stimme und einem Blick zu Maire setzte er nach: „Aber isch nehme deine Entschuldigung an. Weil Gereon von Rickenbach heute großzügig ist.“ (Gereon(Catrin) 27.04.)

Wunnemar wünschte er würde an einem Tisch sitzen, einem stabilen, am besten aus Steineiche. Dann könnte er jetzt seinen Kopf auf die Tischplatte knallen lassen. Innerlich kapitulierte er vor so viel Ignoranz. Nein, Gereon hatte ihn nicht verstanden, aber wie sollte er es auch. Wunnemar wollte ihn verwirren, ihn endlich zum Schweigen bringen und die Wahl der dritte Person zielte darauf ab ihm zu verdeutlichen, dass er den Namen 'Wunderbar' nicht als seinen akzeptierte. Für ihn selbst war das mehr als deutlich, schlicht und einfach, aber Gereon war schließlich ein Kleingeist. Es war kein Wunder, dass er dies nicht begriff. In nun guter Hoffnung, dass die beiden sich zumindest nicht länger zanken würden, schwieg er und genoss zumindest diesen kleinen Fortschritt. (Stefan [Wunnemar] 27.04.16)

Endlich hielt der arrogante Fatzke seinen Mund. Er konnte gar nicht sagen, wie sehr ihm Baronet Wunderbar oftmals auf die Nerven ging. Aber wenigstens hatte über das kleine Geplänkel die Wirkung Maires nachgelassen. (Gereon(Catrin) 27.04.)

Maire, die sich das Wortgefecht zwangsweise mit anhören musste und die nicht mal gefragt worden war, ob sie der ganze Stuss, den die beiden da von sich gaben, interessierte, wandte sich jetzt von Gereon ab und ging wortlos zurück zu ihrem Platz, der ja kaum einen Schritt weit von dort, wo Gereon saß, entfernt war. Aber statt sich zu setzen, packte sie ihren Kram ein und zog um auf die andere Ecke der beiden Sitzbankreihen, welche im Halbkreis unweit des Zelts der Geweihten aufgestellt war. "Ihr seid BEIDE echt unverbesserlich!" kommentierte sie ihr Verhalten und machte deutlich, dass sie von den beiden Zankhähnen Abstand nehmen wollte, in dem sie diesen auch örtlich umsetzte. Dass sie dafür zwei Mal von hier nach dort gehen musste, um all ihre Sachen an den neuen Platz zu verfrachten, störte sie nicht. [Maire (Tanja) 27.4.]

Gereon schluckte und lachte dann auf: „Schau an, Wunnemar, Maire scheint zwar die jüngste und doch die klügste von uns dreien zu sein.“ Doch seine Augen blickten dem jungen Mädchen doch mit Enttäuschung hinterher. Er hoffte nur, sie wäre nicht allzu nachtragend. Lange hatte er aber keine Zeit sich weitere Gedanken zu machen, denn diese wurden von Sean unterbrochen. (Gereon(Catrin) 27.04.)

Der Galebfurtener legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und Atmete hörbar aus. „Ja, damit hast du wahrscheinlich sogar Recht.“ (Stefan [Wunnemar] 28.04.16)

Mit schnellen Schritten kam der kleine Page des Rabensteiners dahergeflitzt und blieb, etwas außer Atem vor dem Zelt stehen. „Hat sie schon angefangen?“ fragte er lauthals in die Runde. „Boronian kommt auch gleich!“. Die Spannung in der Luft schien er – vorerst – nicht zu bemerken. [Sean (Tina) 27.4.16]

„Nö! Keene Sorje.“ Gereon zeigte auf den Platz neben sich, wo eben noch Maire gesessen hatte. (Gereon(Catrin) 27.04.)

„Puh! Danke!” Aufatmend ließ sich Sean auf den Hocker plumpsen und holte seine Wachstafel samt Griffel hervor. „Fehlt noch jemand – außer Boronian und Ira?“ [Sean (Tina) 27.4.16]

Womit hatte er das verdient nur verdient? Hätte dieses quakende Etwas von einem Pagen nicht bei seiner Mutter bleiben können? (Stefan [Wunnemar] 28.04.16)

Gereon sah sich um. Mittlerweile waren noch andere Knappen eingetroffen und hatten sich auf den Bänken niedergelassen. Leise Gespräche und unterdrücktes Gekicher ließen den Unterrichtsplatz leicht vibrieren wie einen frühjährlichen Bienenstock. Auch Maire hatte Anschluss gefunden und unterhielt sich mit einem anderen Mädchen, in dem sie irgendetwas erklärte, was auf einer der Seiten in ihrem dicken Buch stand.

„Tsalind kommt nit, oder? Dann fehle nur noch Firin, Brun un Talina.“ antwortete Gereon dem jungen Pagen und wandte sich dann etwas widerstrebend nochmal dem galebfurtener Baronet zu: „Hey, Wunnemar, weste ob Brun un Talina noch komme?“ (Gereon(Catrin) 28.04.)

“Ja, die beiden Turteltauben kommen. Ich habe sie unterwegs getroffen, sie sind auf dem Weg hierher.“ Vergebens versuchte er seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen, doch jemand der genau auf den Klang seiner Stimme achtete, bemerkte den Schmerz in seinem Tonfall. (Stefan [Wunnemar] 28.04.16)

Mit einem Mal war es ruhiger geworden und einige – vor allem weibliche – Augen schienen auf Wunnemar zu ruhen.

„Wie jetz? Brun un Talina?“ Gereons Stimme krächzte erstaunt und etwas schrill auf. „Hab isch jar nit mitbekomme!“ Gut. Nicht, dass es ihn interessiert hätte. Aber, wer ließ sich denn mitten im Krieg auf ein Mädchen ein!? „Brucht wohl sin Kräft nit fürs Schlachtfeld!“ Murmelte er und einige der männlichen Knappen grinsten. (Gereon(Catrin) 28.04.)

Wunnemars Miene verfinsterte sich und seine Wangenknochen malmten. Er hätte am liebsten geschrien vor Wut und all diejenigen übers Knie gelegt, die so schändlich gelacht hatten, um ihren ihre dreckigen Hintern zu versohlen. Dennoch beherrschte er sich. Er rief sich die Predigt seines Schwertvaters darüber in den Sinn, wie wichtig es war Haltung zu bewahren, sich keine Blöße zu geben. Irgendwann würde er Baron sein und dann würde er sich auch keine Schwäche vor seinen Untergebenen leisten können. So ballte er nur die Fäuste und schluckte er alles weitere hinunter. (Wunnemar(Stefan)28.4)

„Nee. Tsalind kommt nicht.“ bestätigte Sean. „Und Boronian und Ira haben sich gestreichelt, als ich gegangen bin.“ Seine gesamte Haltung drückte unverhohlen Abscheu aus. Turteln mit Frauen? Bäh! Ihn schüttelte es merklich. [Sean (Tina) 28.4.16]

Seit der Sache an der Tränke hatten wohl alle den Verstand verloren? War er denn der einzige, der erkannte, dass das alles nur Ärger geben würde? Es war wie mit den Pferden: Hatten alle Reiter Hengste dabei, war die Sache geritzt. Doch irgendein Vollidiot brachte immer ne Stute mit. Und wurde die dann rossig, bissen sich die Hengste blutig. Er hatte einmal einen Fünfjährigen erlösen müssen, weil ein anderer Hengst ihm beim Auskeilen die Kniescheibe zertrümmerte - und alles nur wegen einer verdammten rossigen Stute. Seitdem wusste er: Weiber machten nur Ärger! Aber wieso kapierte das sonst keiner? Immerhin schien Sean ihnen noch nicht verfallen, also lächelte er ihn an und nickte: „Joo, dennen is wohl alln dat Häazz inne Buxx jerutsch!“ (Gereon(Catrin) 28.04.)

“Boronian," schaltete sich hinter Gereon und Sean da die Knappin der Baroness von Nablafurt ein, "ist das nicht der Sohn von DEM DA?"

Sie deutete in Richtung der Zelte. Tatsächlich kam dort der Baron von Schwertleihe mit der hochgeborenen Hochwürden Biora angelaufen. Beide waren in ein Gespräch vertieft und hatten, weil noch ein wenig Zeit bis zum Beginn des Unterrichts war, es nicht eilig.

Biora von Rickenhausen und Traviadan von Schwertleihe erreichten den normalerweise freien Platz vor Bioras Zelt, der am Rohalstag immer von einfachen Bänken umstanden war, auf denen sich allerlei Jungvolk tummelte, manche dem Pagenalter gerade erst entwachsen, manche schon kurz vor dem Ritterschlag.

Ira und Boronian waren noch rechtzeitig auf eine der hinteren Bänke niedergesunken, bevor die Geweihte mit dem Baron im Schlepptau den Platz erreichte.

Auch Brun und Talania hatten sich mittlerweile eingefunden.

Talania warf kurz einen fragenden Blick in Richtung von Wunnemar.

Doch dieser starrte nur stumm geradeaus und ignorierte das Getümmel um ihn. Wunnemar hoffte inständig der Unterricht würde bald beginnen und dieser Mummenschanz hätte endlich ein Ende. Niemand wollte hier auch nur versuchen erwachsen zu werden. (Wunnemar(Stefan) 01.05.16)

Nur von Firin fehlte noch jede Spur.

Die Geweihte schritt in die Mitte des groben Kreises, welchen die Bänke bildeten, während ihr Begleiter zunächst an dessen Rand, direkt neben dem Zelt, stehenblieb und die Versammlung mit grimmigem Gesicht musterte, so schien es zumindest denjenigen, die einen näheren Blick in dasselbe wagten.

Normalerweise wurde es gleich ruhig, wenn Biora durch Betreten des Kreises signalisierte, dass der Unterricht begann, doch dieses Mal dauerte es doch ein wenig länger, bis das Getuschel unter den jungen Leuten erstarb. Doch als es soweit war, führte die Geweihte ihre Hände zusammengelegt vor die Brust, um sie dann langsam in einer den ganzen Platz umfassenden Geste zu öffnen, während sie wie immer das einleitende Gebet sprach, welches durchaus nicht immer denselben Wortlaut aufwies:

„Herrin Hesinde, halte deine segnende Hand über uns, denn wir handeln in deinem Namen, da wir unser Wissen mehren durch eigene Anstrengung und Kraft. Wir öffnen unsere Augen, denn wer sieht, erkennt. Wer erkennt, versteht. Wer versteht, erweitert den Horizont, um wiederum mehr zu sehen, und so beginnt der Kreis erneut, gleich der Schlange, welche sich in ihren eigenen Schwanz beißt. Wir danken dir, Hesinde, dass du uns mit deinem Geist erfüllst.“

Biora hielt ihre Arme noch einen Moment ausgetreckt, dann nahm sie sie herunter und wies auf den Begleiter, welchen sie mitgebracht hatte: „Für diejenigen, welche ihn noch nicht von Angesicht kennen: dies ist Seine Hochgeboren Traviadan von Schwertleihe, er wird heute einen Exkurs in Kriegsführung halten, wie einige von euch vielleicht schon gehört haben. Doch zuvor dürft ihr mir erzählen, was ihr auf dem Weg hierher gesehen habt.“ Ihre grünen Augen blickten eindringlich in die Runde, doch als sich nicht sofort jemand freiwillig meldete, deutete sie auf Sean. „Du!“

„Ich? Aber…!“ Sean sprang dienstbeflissen auf, schluckte, und bedachte Biora mit einem Blick aus riesengroßen, entsetzten Augen. Wie ein Kaninchen vor der Schlange stand er da, schluckte, fing sich dann mit der Übung jahrelanger leidvoller Erfahrung und begann. „Hochwürden, wenig genug. Aber ich habe gesehen…“ ein Blick schoss zu Ira und Boronian „wie sich die beiden umarmt und gestreichelt haben – im Hlutharswachter Lager. Warum dürften die das und warum zieht ihnen der Baron dort nicht die Hasenlöffel lang?“

Biora warf einen kurzen Blick zu den 'Beschuldigten', und starrte geradewegs in die entsetzte Miene Iras, der es angesichts Seans Worte doch glatt die Sprache verschlagen hatte. Sie versuchte eben noch, zu prüfen, ob sie sich da vielleicht nicht gerade verhört hatte.

Boronian sah perplex zu dem kleinen Knappen. Was hatte Sean da gesagt? Gestreichelt? Er lief unwillkürlich rot an unter seinem Bart, und brauchte einen Moment, um zu verarbeiten, was hier gerade vor sich ging. [Boronian (Mel) 01.05.2016]

Die Geweihte fixierte sich dann aber wieder auf den jüngsten der anwesenden Knappen, ihre Miene dabei perfekt ausdruckslos haltend. „Und was hast du dabei erkannt?“

„Dass die das im Hlûtharswachter Lager machen dürfen. Aber warum?“ Voll verständnisloser Klage war sein Blick, der sich auf die Hesindegeweihte legte.

Die Geweihte konnte ein Hüsteln nun doch nicht unterdrücken. „Nun, dein Weg zur Erkenntnis ist offensichtlich noch nicht zu Ende gegangen. Du könntest natürlich einfach den Hlûtharswachter Baron fragen ...“

Schlagartig, als sei ein Vorhang gefallen, verschloss sich Seans Gesicht. Seine Lippen wurden schmal, als er sie zusammenpresste, und seine Gesichtsfarbe einen Ton heller wurde. Energisch schüttelte er den Kopf, so dass seine Haare flogen.

„... doch wäre das nicht der Weg der Allweisen, die uns lehrt, Wissen aus eigener Kraft zu erlangen,“ ließ sich Biora nicht von der heftigen Reaktion des Pagen beirren. Nur, wer sehr genau hinsah, konnte sehen, wie ein feines Lächeln ihre Lippen umspielte.

„Aber belassen wir es dabei. Vielleicht mögen die Angesprochenen ja ein wenig zum allgemeinen Wissensstand beisteuern?“ [Biora (Jürgen) 30. 04.]

Die Knappin des Hlutharswachter Baronets ließ tödliche Blitze in Seans Richtung fliegen und schwor sich, die kleine Pissenelke bei der nächsten Gelegenheit dezent zur Seite zu nehmen, um ihr eine gehörige Abreibung zu verpassen! So einen Unsinn konnte und wollte sie dem Fatzke nicht durchgehen lassen, albernischer Baronserbe hin oder her! Das machte die Sache nicht besser, sondern nur noch viel erforderlicher, fand sie.

Da sie nun aber gerade angesprochen und um Stellungnahme gebeten wurde, musste Ira erst einmal schlucken, öffnete die fassungslos gegeneinandergepressten Fäuste und wischte sich die feuchten Hände an der Hose ab. Eine Rechtfertigung? Das fehlte ihr ja gerade noch zum Glück des heutigen Morgens. Erst keine gescheite Nachtruhe, dann die Verspannung, die jetzt wieder da waren und dazu noch die Kopfschmerzen, selbige sogar stärker als noch vorhin. Sie tauschte mit Boronian einen kurzen Blick, der ihrer beider Hilflosigkeit einfing, und nach einem verständigenden Nicken standen beide auf.

Indem sie eine Hand auf Boronians Brust legte, machte sie deutlich, als erste sprechen zu wollen. Das tat sie dann auch. Vorher ein kurzes Räuspern und ein schneller Blick nach links und rechts. Alle Blicke waren auf sie gerichtet, auch die des Barons. Höchst unangenehm. Doch was blieb ihr übrig? Nur die Offensive.

"Hochgeboren Hochwürden, mit Verlaub, um den 'allgemeinen Wissenstand' um einen Irrtum ärmer und eine Wahrheit reicher zu machen: wir haben uns NICHT GESTREICHELT!" war es ihr wichtig zu betonen. Vielleicht konnte sie ja den Spieß umdrehen und hingegen Sean dumm ausschauen lassen, wenn sie ihn als Lügenbold entlarvte. "Der junge Herr von Schwertleihe legte seine Hände in meinen Nacken, um selbigen ein wenig zu MASSIEREN, weil ich…." Sie hielt kurz inne. Jetzt zu sagen, dass sie Boronian schwächlich geklagt hatte, unter Schmerzen zu leiden, fand sie nicht klug, daher sagte sie: "…Um den dortigen Verspannungen entgegen zu wirken. Das war, als er mich freundlicherweise zur Hesindeschule im Lager Seiner Hochgeboren Baronet Jost Verian von Sturmfels-Maurenbrecher abholte, das ist richtig. Doch haben wir uns NICHT GESTREICHELT! Der junge Herr Niamad mag den Unterschied noch nicht kennen, doch entspricht seine Aussage nicht der Wahrheit, euer Hochwürden."

Ira musste an sich halten, Sean nicht mit weiteren Blicken voller Missgunst zu bedenken. Sie hätte ihn in diesen Momenten nur all zu gerne mit dem Gesicht in einen Haufen Pferdeäpfel gedrückt. [Ira (Tanja) 30.4.]

Wunnemar, welcher den Kopf während der Rede Iras in den Nacken gelegt hatte, verzog angewidert das Gesicht. Was war das für eine schmierige Komödie? Sie waren doch hier nicht in Grangor. Irgendwie hatte er sich einen Feldzug anders vorgestellt. Naja, er hatte sich bisher auch wirklich nicht mit Ruhm bekleckert und mehr als einmal war sein Verhalten ziemlich dämlich gewesen, seines Standes unwürdig. Aber das war jetzt vorbei. Er würde sich Talina aus dem Kopf schlagen und ein anständiger Baronet sein, nein, er seufzte, eher werden. (Wunnemar(Stefan) 01.05.16)

Verspätet und außer Atem, hatte er doch den Großteil des restlichen Weges im Laufschritt zurückgelegt, erreichte Firin das Rund der Holzbänke vor dem Zelt der Hesindegweihten. Allerdings nicht zu spät, um noch die letzten zwei Sätze von Iras Erklärung mitzubekommen. ‚Nicht gestreichelt. Wer denn wen? Und warum ist das so wichtig, dass es die ganze Gruppe anbelangt?‘ Sein Blick huschte über die Bänke in der Hoffnung einen freien Platz in einer der hinteren Reihen zu entdecken und sich dort, während die Aufmerksamkeit noch bei Ira und Boronian weilte, unbemerkt von den Lehrern niederzulassen. [Firin (Christian) 01.05.2016]

Noch bevor die Geweihte etwas sagen konnte, schob der große Knappe die Hand von Ira recht sanft zur Seite. Er wollte diese ‚Erkenntnis‘ seines Schwertbruders nicht so stehen lassen. Mit einem Blick zu Sean wandte er sich ebenfalls zu Biora und seinen Vater, noch immer recht rot im Gesicht. Ja, sie war durchaus eine sehr schöne Frau und sicherlich würde sie mal eine gute Ritterin und Mutter… aber…: „Ira von Plötzbogen ist meine Base. Wir sind seid Kindesalter gut miteinander befreundet. Und da sie verspannt war, wollte ich ihr helfen. Wie ich es auch nach einem langen Trainingstag bei Sean oder Tsalind mache, damit auch am nächsten Tag das Schwert noch mit dem gleichen Schwung geführt werden kann.“ [Boronian (Mel) 01.05.2016]

Biora hatte sich Iras empörte Erklärung mit leicht schräggestelltem Kopf und einem feinen Lächeln auf den Lippen angehört und auch die wesentlich ruhiger vorgetragenen Worte Boronians, der sich nicht ganz sicher sein konnte, aber vermeinte, die Andeutung eines anerkennenden Nickens der Geweihten gesehen zu haben, dann bedeutete sie den beiden mit einer kurzen Handbewegung, sich wieder zu setzen, während ihr Blick kurz über Firin strich, dessen verspätete Ankunft ihr durchaus nicht entgangen war. Nicht alle Schwerteltern hielten es für nötig, ihren Zöglinge ein wenig hesindegefällige Weisheit angedeihen zu lassen, so dass die Menge, welche ihr an jedem Rohalstag für eine Stunde lauschte, leider doch recht überschaubar war.

Nun wandte sich die Geweihte wieder an Sean, der sogar aus dieser Entfernung sichtlich rot angelaufen war, aber auch an ihr Publikum als Ganzes. "Der Weg zur Weisheit ist mühsam und beginnt mit kleinen Schritten, aber wer verzagt und den ersten Schritt nie geht, wird auch niemals am Ziel ankommen. Mal abgesehen davon, dass ich es sehr bemerkenswert finde, dass der Austausch von Zärtlichkeiten - echten oder nur als solchen missverstandenen - eine solche Empörung hervorruft," ihr forschender, eindringlicher Blick nahm kurz den Iras gefangen, die buchstäblich noch immer nach Luft schnappte, "will ich dir, Sean, und auch allen anderen diese Lektion mit auf den Weg geben: der erste Eindruck einer Situation, ob selbst gesehen oder gar nur aus zweiter Hand berichtet, täuscht oft. Ein vorschnelles Urteil führt in diesem Fall zu Ärger und Peinlichkeiten, kann aber unter ernsteren Umständen durchaus zur Katastrophe führen. Deshalb hinterfragt, was ihr seht! Glaubt nicht unbesehen, was ihr hört! Überlegt im Namen der Allweisen, bevor ihr handelt! All diese Weisheiten hätte ich euch auch trocken aus einem Buch vorlesen können, doch bin ich sicher, dass dieser Vorfall hier und die damit verbundene Erkenntnis euch so noch lange, hoffentlich für immer, im Gedächtnis bleiben wird."

Biora machte eine Pause, noch immer das feine Lächeln im Gesicht, um ihre Worte wirken zu lassen, dann winkte sie Traviadan von Schwertleihe nach vorne. "Und nun will ich Seiner Hochgeboren nicht noch mehr der wertvollen Unterrichtszeit stehlen." [Biora (Jürgen) 01. 05.]

‚Wat ne Fies-Möpp, Boronian vor seinem Vater so bloßzustellen.‘ dachte sich Gereon, der ungläubig die Szene beobachtet hatte. Er warf einen Blick zu dem anderen Knappen hinüber und versuchte ihm aufmunternd mit dem Kinn zuzunicken. ‚Oh, ja sie konnten sich ja soo glücklich schätzen, dass diese Hesindestunden sooo kurzweilig waren.‘ Er verdrehte die Augen, bevor er sich wieder Biora zuwandte. (Gereon(Catrin) 01.05.)

Ira grollte still vor sich hin und flüsterte Boronian ein düsteres "Das wird der Rotzlöffel büßen, wart nur!" [Ira (Tanja) 1.5.]

Noch während der Baron seinen Platz am Rande des Runds verließ, um Bioras Platz in der Mitte einzunehmen, erhob sich am rechten äußeren Ende der vorderen Bankreihe die Gestalt Maire ni Varaldyns, einen Arm mit dem ausgestreckten Zeigenfinger in die Luft erhoben und sich kurz und hell räuspernd, bevor sie mit zartem Stimmchen die Geweihte ansprach: "Wohlgelehrte Dame Hochwürden, bitte, einen Moment noch. Ihr sagtet doch gerade – und auch die Male vorher immer wieder – dass wir Mut haben sollen und hinterfragen sollen. Naja, ...ich hab noch ein paar Fragen!"

Biora, die sich eben halb zu Traviadan umgewandt hatte, hielt inne und nickte Maire auffordernd zu.

"Warum eigentlich soll Boronian Ira nicht streicheln dürfen? Ist das denn verboten? Weil sie verwandt sind? Oder warum? Liegt es vielleicht daran, dass wir uns hier auf andere Dinge konzentrieren sollen, wie die Magistra Turi immer sagt, auf den Krieg und das Lernen, wie wir uns verteidigen? Und warum soll es ausgerechnet im Hlutharswachter Lager nicht erlaubt sein, dass sich eine Frau und ein Mann berühren? Ist es, weil Seine Hochgeboren der Baronet noch unverheiratet ist?" Jetzt löste sich Maires Blick von der Hesindegeweihten und schwenkte hinüber zu Sean, aber ohne jeglichen Anflug von Anklage oder Hohn. "Oder wie kommst du darauf, Sean?"

In ihrem Gesicht stand kindliche Neugier. Das Sprechen vor allen schien ihr nichts ausgemacht zu haben. Ebensowenig die Peinlichkeit hinter einigen ihrer Fragen. Sie hatte beides souverän gemeistert. Die Worte waren frisch und frei über ihre Lippen geflogen und mit einer tiefgründigen Ernsthaftigkeit, die Biora bei der kleinen Scolarin schon des Öfteren aufgefallen war. [Maire (Tanja) 1.5.]

Der Kopf Wunnemars wendete sich langsam den jungen Schülerin zu. Anerkennend hob er eine Braue und hörte ihr aufmerksam zu. War sie wirklich noch so unbedarft, oder schauspielerte sie einfach schon so gut, dass man ihr die kleinen Spitzen wegen ihrer Naivität nicht übel nehmen konnte? Er nahm sich vor ihr niemals leichtfertig zu antworten. (Stefan [Wunnemar] 02.05.16)

Boronian sah zu der kleinen Maire und er war froh, sich wieder gesetzt zu haben. Er versuchte, nicht zu der kleinen Schülerin zu sehen, welche diese von ihm eigentlich mit keinen Hintergedanken bedachte Handlung noch einmal vertiefen musste. Und das, als sein Vater vorne stand und alles hörte. Ira hörte ihn nur etwas wie "…Endlich mit dem Unterricht beginnen..." in seinen Bart murmeln. (Boronian)

Oh wie Recht er damit hatte. Warum mussten sie sich mit so etwas beschäftigen, das brachte sie ganz sicher nicht weiter. Wunnemar drehte sich bei Boronians Gemurmel um und warf dem jungen von Schwertleihe aus der vordersten Reihe einen bestätigenden Blick zu. Auch verkniff er sich das Lächeln nicht. Warum mit Zustimmung geizen, man musste sich ja nicht jeden mutwillig zum Widersacher machen. (Stefan [Wunnemar] 02.05.16)

Gereon seufzte genervt auf. Konnten sie nicht endlich anfangen? Mussten sie dieses leidliche, uninteressante Thema bis ins kleinste sezieren? Er scharrte absichtslos mit seinem Fuß im Staub herum. Je früher sie anfingen, desto früher konnte er gehen und sich mit den WIRKLICH wichtigen Dingen beschäftigen. (Gereon(Catrin) 02.05.)

Bevor Sean antworten konnte, hob Biora beschwichtigend die Hand. „Das sind viele Fragen, Maire, welche ich dir gerne im Anschluss an den Vortrag des Barons von Schwertleihe ausführlicher beantworte. Die Höflichkeit erfordert, seine knapp bemessene Zeit nicht über Gebühr zu beanspruchen. Nur soviel sei jetzt zu deinen Fragen gesagt: Wenn zwei Menschen sich damit keiner Pflichtverletzung schuldig machen, dürfen sie sich natürlich berühren und streicheln."

In der hinteren Reihe schüttelte Ira ungläubig mit dem Kopf. "Pflichtver-? Ich glaub's ja nicht…" kommentierte sie die Bemerkung der Geweihten flüsternd, so dass es höchstens die Knappen, die unmittelbar neben ihr saßen, mitbekamen. Boronian ganz sicher, denn sie neigen sich ihm beim Sprechen erneut zu.

"Zudem befinden wir uns in einem Kriegseinsatz, bei dem nicht sicher ist, ob jeder unserer Kameraden, Freunde und Mitstreiter zurückkehren wird. Da ist es umso wichtiger, dass jeder die Gelegenheit nutzt und Freude findet, wo sich die spärliche Gelegenheit bietet. Ob der Baronet von Hlûtharswacht solcherart Umgang in seinem Lager verboten und eine solche Handlung damit tatsächlich zur Pflichtverletzung gemacht hat, ist mir nicht bekannt, dann hat es aber eher nichts damit zu tun, dass er unverheiratet ist. Aber, und damit beschließen wir das Thema, es gibt keinen Grund, den Aussagen von Boronian und Ira nicht zu glauben, und insofern stellt sich die Frage der 'Rechtmäßigkeit', wenn ich es einmal so nennen darf, nicht. Dennoch muss ich dich für deine Fragen loben, Maire, denn genau das ist der hesindianische Geist: nicht einfach glauben, sondern fragen, nicht hinnehmen, sondern aktiv nach Wissen streben. - Und nun, Baron von Schwertleihe, übergebe ich das Wort an Euch.“ [Biora (Jürgen) 02. 05.]

Zufrieden, vor den anderen so gelobt worden zu sein, setzte sich Maire wieder artig auf ihren Hintern. Dass ihr wegen dieser Unterbrechung der Unmut ihrer Mitschüler entgegenschlug, nahm sie entweder mit Fassung. Oder sie merkte es nicht mal. Sie griff routiniert nach Tintenfass und Feder, schlug dann eine neue Seite ihres Buches auf und wartete wissenshungrig. [Maire (Tanja) 3.5.]

Auch Wunnemar drehte sich wieder nach vorn und richtete seine volle Aufmerksamkeit auf den Baron. Endlich würden sie etwas lernen, er freute sich sichtbar auf dieses Thema. (Stefan [Wunnemar] 03.05.16)

"Ich freu mich ja schon soooo auf das Gespräch mit Jost," konnte Boronian seine Base flüstern hören, nachdem die Sache endlich vom Tisch war. Ihre Stimmung war wieder genauso schlecht wie vorhin, als er sie am Zelt des Baronets abgeholt hatte. [Ira (Tanja) 3.5.]

Boronian klopfte Ira aufmunternd auf die Schulter, bevor er sich daranmachte, Papier und Feder mit Tinte heraus zu stellen. Seine Papierbögen waren meistens über und über mit Gedankengängen gespickt, ordentlich ging es da nicht zu. Jede freie Ecke einer Seite wurde genutzt, sei es mit taktischen Zeichnungen, Mitschreibseln oder Vokabeln, oder eigenen Ideen, wie man eine Schlacht wenden könnte. Gerade der Fluss schien es dem jungen Mann angetan zu haben. Wie kam man über diesen, ohne gleich in Boote zu steigen? Gerade die Ritter würden ihre Pferde gerne dabeihaben. [Boronian (Mel) 03.05.2016]

Traviadan von Schwertleihe verschränkte die Arme hinter dem Rücken, als stände er im Stabszelt, trat in die Mitte des Runds und räusperte sich. Knappen! In einer gewaltigen Menge. Seine eigenen anzutreiben, das war eine Sache - aber über ein Dutzend auf ihn gerichteter Augenpaare, schwankend von Faszination bis Erstarrung (und einem heimlichen 'ohje, Vater'), das war etwas anderes. Er holte tief Luft. Laut donnerte sein Bass, der das gewaltige Organ seines Sohnes noch um jahrelange Erfahrung überstieg, in die Runde. "Krieg, sagen die Gelehrten, sei die Fortführung der Diplomatie mit anderen Mitteln. Geschwätz ist das! Krieg ist ein Handwerk, und wer es nicht beherrscht, der überlebt es nicht. Und wenn es euch Euer Baron nicht beibringt, dann kommt ihr von diesem Kriegszug nicht zurück. So einfach ist das."

Sein Blick streifte die Geweihte, die - ausnahmsweise - einmal still und abwartend neben ihm stand. "Was wisst ihr über Taktik?" Er blickte in die Runde und fand sein erstes Opfer. "Boronian!" [Traviadan (Tina) 3.5.16]

Der angesprochene Knappe zuckte kaum merklich zusammen. Seinem ersten Blick merkte man seine Gedanken, am liebsten an einem anderen Ort zu verweilen, direkt an. Es war klar, dass sein alter Herr ihn aufrufen würde. Er stand auf, sah seinen Vater direkt an: „Taktik ist das Handwerk, mit welchem ein Einzelner oder Gruppenführer verschiedene Gruppen von Kämpfern in eine Schlachtordnung bringt und koordiniert.“ [Boronian (Mel) 03.05.2016]

Als Boronian aufgerufen wurde und der Blick des Barons auch sie streifte - natürlich, sie saß ja auch neben dem jungen Schwertleiher! - hatte sie die Luft angehalten. Es bestand durchaus Gefahr, dass sie die nächste war, die ihr Großonkel fragen würde. Daher ging sie im Kopf schon mal eine mögliche Antwort durch. [Ira (Tanja) 3.5.]

„Für eine gute Taktik braucht es Manöver, für die ihr Eure Truppen drillt.“ Er schritt einige Schritte, fixierte seinen Sohn. „Soweit ausreichend. Boronian, setz’ Dich!“

Zwei Schritte, Kehrwende, Fixierung der Knappen. „Welche Manöver kennt ihr? Ich will von jedem etwas hören! Du da, anfangen!“ Langsam fand er sich in seine Rolle, und sein Bass polterte über die Anwesenden hinweg, dass sie dessen schiere Lautstärke bei der Stange gehalten hätte. [Traviadan (Tina) 3.5.16]

Wunnemar setzte sich noch ein wenig aufrechter hin, als es ohnehin schon der Fall war seit der Baron sprach. “Ein Ausfall ist ein Manöver, welches Einheiten, wie zumeist leichtes oder schweres Fußvolk ermöglicht, sich in eine Burg oder einer anderen Wehranlage zurückziehen. Zu diesem Zweck werden frische Truppen aus der Verteidigungsanlage entsandt, um den Vormarsch des Gegners im Rücken der eigenen Truppen zeitweise zum Erliegen zu bringen, um sie zu schützen. Hierzu wird oft Reiterei verwendet. (Stefan [Wunnemar] 04.05.16)

„Steh’ gefälligst auf, wenn Du sprichst! Und das gilt auch für alle anderen!“ Eine steile Falte hatte sich zwischen Traviadans Brauen gegraben, als er über den Platz donnerte. Traurig – denn die Antwort war eine gute gewesen.

Der Gescholtene riss die Augen auf, war im ersten Moment aber zu perplex um aufzuspringen. Als er im Begriff war dies zu tun sah der Baron schon wieder in die Runde. (Stefan [Wunnemar] 04.05.16)

Brun berechnete seine Optionen. Der Blick nach unten auf die Schuhe schien bei dem Kerl nicht zu funktionieren. Es schien, als müsste er wirklich was bringen. `Denk nach Brun, los´, dachte er bei sich. Grade rechtzeitig als der zornige Blick des Barons auf ihm fiel, hatte er den hoffentlich rettenden Einfall. Er tat zuerst wie geheißen und stand auf: "Kann man die verweigerte Flanke auch als Manöver zählen, Herr?" Sein Beitrag war mehr Frage als Antwort. Nervös hoffte der junge Kranickteicher darauf, dass seine Antwort den Baron zufriedenstellen und der bittere Kelch weiter wandern würde. [Brun (Sven) 4.5.]

Das Zufriedenstellen klappte wohl. Wenn auch nur im ersten Ansatz. Denn der Baron musterte Brun einen Moment lang skeptisch – wobei es durchaus auch anerkennend sein konnte, so genau wusste man das nicht – und meinte dann: "Verweigerte Flanke? So so. Natürlich ist sie ein Manöver. Erklär uns, was darunter zu verstehen ist!"

Brun atmete angestrengt ein. Er musste also noch einen Schluck aus dem Kelch nehmen. Gut, wenn es denn dabeiblieb, wollte er das gerne tun und antworten. "Bei der 'verweigerten Flanke' geht darum, die Elitetruppe auf der einen Flanke zu platzieren und das Zentrum und die andere Flanke zurückzuhalten, um die gegnerische Schlachtlinie von einer Seite aus aufzurollen. "[Brun (Sven) 4.5.]

Der Baron nickte. "Ganz genau. Und jetzt..." Er suchte sein nächstes Opfer. "Du, Knirps!“

Sean sprang auf, sicherheitshalber die Hände sichtbar an den Seiten. „Ein Hinterhalt, Herr! Eine Engstelle einer Straße, in einer Schlucht oder auf einer Brücke wird durch verborgen liegende Einheiten oder Sicherungsmaßnahmen für den Feind zur Falle. Ein Hinterhalt bindet die gegnerischen Truppen, so dass sie von den Verteidigern aufgerieben werden können.“ Er atmete tief durch und fügte fast ebenso laut hinzu. „Allerdings ist es nicht rondragefällig.“

Tief schnaufte er und hatte vor Aufregung rote Flecken auf den Wagen. [Sean (Tina) 4.5.16]

Ira zog bei der Erwähnung des Begriffs 'nicht rondragefällig' die Augenbrauen zusammen. 'Wie engstirnig' dachte sie bei sich. Ihr Schwertvater lehrte sie, sich nicht von dieser Grenze einengen zu lassen. Zumindest nicht, wenn es um etwas wie das Gewinnen eines Kriegs ging. Klar, Rondras Gebote waren nicht umsonst auf diesem Dererund und der Göttin mochte es gefallen, wenn man nach ihnen lebte. Doch waren sie, wie Jost es immer so schön predigte: Optionen, aber auch Einschränkungen. [Ira (Tanja) 4.5.]

„Gut, setzen. Nächster!“

Gereon, der neben Sean saß und nun vom Baron angesprochen wurde, stand auf und sah den Baron an: „Dürfte isch eine Frage stellen?“ (Gereon(Catrin) 02.05.)

"Natürlich. Sprich!"

„Isch bin ein wenig verwerrt. Denn, mein Vatter würde sagen, ein Hinterhalt ist eine Taktik. Mein Vetter und die Schwester meiner Schwertmutter nennen es Strategie. Meine Cousine Strategem und ihr nun Manöver. Könnt ihr erklärn, wie man diese Begriffe rischtisch benutzt?“ (Gereon(Catrin) 02.05.)

Traviadan von Schwertleihe nickte. Dann ein Blick nach rechts und links. In einigen Gesichtern standen durchaus die selben Fragenzeichen. Daraufhin wandte er den Blick wieder Gereon zu. "Dein Name, Junge?"

"Gereon von Rickenbach, Herr."

Noch einmal nickte der Baron. Ob er aus dieser Information eine Meinung gewann, überließ er der Vorstellungskraft der jungen Leute. Gereon war zumindest so, dass der Baron einen Lidschlag lang eine Erkenntnis hatte. Er konnte sich aber auch täuschen. Dann setzte der Obrist der Flussgarde sich wieder in Bewegung. Eine Hand auf den unteren Rücken gelegt, den Rücken aufrecht, stapfte er vor der Bankreihen auf und ab, die andere verdeutlichte seine Worte, als er zu einer Erklärung ansetzte:

"Eine Strategie ist eine langfristige Ausrichtung, ein Weg den man betritt und dessen Ziel eine Zeitlang erst einmal nicht erreicht wird. Taktiken wiederum sind die Mittel, die eingesetzt werden, um die strategischen Ziele zu erreichen."

Er überprüfte mit einem schnellen Blick, ob die Schüler ihm aufmerksam genug lauschten. "Nehmen wir mal die Analogie mit einem Maurer. In diesem Falle sind Ziegelsteine die Taktiken, die er verwendet, um das große Ziel nach harter Arbeit und Planung zu erreichen. Nach eine Weile stehen die Mauern, und wenn das Haus steht, ist das strategische Ziel erreicht. … Was eure werte Frau Schwester meint, Rickenbach, ist eine List, in unserem Falle eine Kriegslist, ein – man könnte sagen – Trick oder eine andere manipulative Aktion. Auf dem Feld sind Strategema nicht sinnvoll, zielen sie doch zumeist auf einzelne ab und sind darüber hinaus eher das Handwerkszeug des Herrn Phex!" Wer jetzt eine Abneigung erwartet hätte, wurde enttäuscht, denn die letzten Worte kamen ohne Wertung über die Lippen des Barons.

Die kleine Magierin indes war fleißig am Schreiben. Ihre Feder wanderte kratzend über das Papier, immer wieder schielte sie über die Schreibarbeit nach vorn, ihre Worte lauschten dem Strategen interessiert. Maire freute sich, später der Magistra zu erzählen, was sie heute alles gelernt hatte: den Unterschied zwischen Taktik und Strategie, das seltsame Wort Stragetema, wie man eine Flanke verweigerte, was ein Ausfall war,… Sie war gespannt, was noch alles folgen würde. [Maire (Tanja) 5.5.]

Gereon, den der Baron nun wieder ansah, wie um zu überprüfen, ob seine Erklärung verstanden worden war, schaute noch immer fragend. All das Gerede, all der Zwang, ihm die schönen bosparanischen Worte beizubringen, und dann benutzte sie doch jeder anders? „Verzeiht, Herr. Diese… Alogie. Die Strategie wär demnach, welche Art Gebäude man errichten möchte. Eine Taktik wär dann die Entscheidung, welche Stein un Möttel man benutzt, also welche Einheiten man wie einsetzt – Mauern wären so etwas wie taktische Einheiten, also wieviele Banner un Schwadrone un so man in einer Schlachtenreihe aufstellt und wie sie stehen? Un wenn ich euch dann rischtisch versteh, muss dat Manöver dann die Entscheidung sein, wie genau die Mauer ausgestaltet wed. Vielleischt in welscher Farb isch sie anmale? Un dabei könnt isch einzelne Steinsche anmale, so wie jeder einzelne Soldat in seinem Kampf Einzelmanöver mache kann, wie ne Finte beispielsweise. Oder isch könnt die ganze Wand anmale, dann wär dat wie der Ausfall den – Wunnemar von Galebfurten eben beschriebn hat. – Aber, wenn der Hinterhalt ein Manöver is, dann muss dat Haus ja der Krieg sein, un nur der Krieg hätt ne Strategie. Aber -- es reden immer all auch von der Strategie der Schlacht. Dat ginge dann ja nur wenn die Schlacht ein Haus wär un der Krieg sachen wir mal dat Dorf. Dann wär aber doch der Hinterhalt eine Taktik und kein Manöver? --- Oder kann etwas gleichzeitig ein Manöver des Krieges und eine Taktik der Schlacht sein?“

Gereon schaute den Vater von Boronian interessiert, aber etwas zurückhaltend an. „Verzeiht, falls isch zuviel gesagt hab, aber isch habs noch nit ganz verstanden.“

Wunnemar, der inzwischen ein kleines, aber dickes Notizbuch, welches vorne mit Schnüren verbunden gewesen war, vor sich liegen hatte, gab sich ebenfalls Mühe alles Wichtige auf Papier festzuhalten. Aber er tat es nicht dem Wortlaut entsprechend, sondern sinngemäß in einer schwungvollen, leicht schräg stehenden Handschrift. Außerdem hatte er die Angewohnheit die Großbuchstaben zu Beginn eines neuen Absatzes besonders prächtig und verschnörkelt darzustellen, wie er es in alten Folianten gesehen hatte. Alte, dicke Bücher und ihr enthaltenes Wissen hatten ihn immer in einen tiefen Bann gezogen, wann immer er sie studieren durfte. Deswegen war er auch sehr froh darüber das sein Schwertvater der Allweisen so verbunden war. Aus seiner ledernen Umhängetasche, welches das Buch und die Schreibutensilien beherbergt hatte, holte er in einer kurzen Schreibpause eine alte, total abgegriffene al’anfanische Dublone heraus und beschwerte damit die umgeblätterte, beschriebene Seite, damit diese wegen der dicke des Einbandes nicht zurückklappte. (Stefan [Wunnemar] 05.05.16)

Etwas hilflos blickte Maire von ihrer eigenen Kritzelei auf und in Gereons Richtung. Sie biss sich geistesabwesend in die Unterlippe, während sie versuchte, die verwirrenden Worte des Knappen zu verstehen. [Maire (Tanja) 10.5.]

"Fast!" Zufrieden darüber, dass wenigstens einer mitdachte, polterte der Schwertleiher drauflos. "Kann's ihm einer erklären?"

,mh-mh' machten viele Gesichter, im Fall des Knirpses sogar von einem immerhin ehrlichen Kopfschütteln unterlegt.

"Also," ergriff der Baron wieder das Wort. "Die Strategie, das ist die Art von Haus - und wie lange es steht. Strategien sind immer langfristig. Sagte ich bereits! Taktik: baue ich das Erdgschoss aus Bruchstein, Ziegeln oder Lehm. Ein kleiner Baustein, kurzfristig. Manöver: Teil der Taktik, der Maurer, der die Ziegel aufschichtet oder der Zimmermann, der die Balken zuschneidet. Beil oder Säge. Verstanden?" Er holte tief Luft und sah in die Runde. "Schreibt das auf! – Los!" donnerte seine Stimme über den Platz, offenkundig ärgerlich, dass einige der Knappen ihn nach wie vor wie versteinert anstarrten. Als alle ins Schreiben verfielen, hob er erst zufrieden das Kinn und sah dann einen Moment lag auf seine Stiefel, brummte missmutig, als ihm das Leder nicht gefiel, weil es hätte sauberer gewachst sein können, und blickte dann wieder auf. "Genug jetzt von Häusern und Handwerkern! Ich will noch ein paar Manöver oder Taktiken hören. … Iradora!"

"Äh, was?" Die angesprochene sah bei der Nennung ihres Namens auf, als habe man sie aus dem Schlaf geschreckt. In Wirklichkeit lugte sie gerade in Boronians Unterlagen, weil sie von ihm abschrieb, wo sie eben nicht folgen konnte. Das mit Haus und Säge und Bausteinen. Ihr Schwertvater benutzte immer irgendwie verständlichere Erklärungen.

Ihr schoss Röte ins Gesicht, als sie bemerkte, wem sie gerade so unachtsam stotternd geantwortet hatte. Und sie wünschte sich, dass es nicht passiert wäre.

Irgendwer zischte ihr ein leises "Sag ´n Manöver!" zu.

"Ein äh, dings, ja." Vorsorglich stand sie auf, aber die vorhin wohlweislich zurechtgelegten Worte waren jetzt irgendwie …weg. Der Blick ihres Großonkels sprach Bände, als sie nach vorn sah und sich sein wütender Blick atemlähmend über sie ergoss wie ein Eimer voll eiskaltem Wasser. [Ira (Tanja) 10.5.]

Der Baron verschränkte die Arme vor der massigen Brust. "Zweimal unangenehm auffallen. Gerade aus Hlutharswacht habe ich anderes erwartet." ertönte die dunkle Stimme des Oberst und hinterließ bei keinem der Knappen einen Zweifel, dass er die junge Plötzbogenerin so einfach gehen ließ. In der Tat. "Erstens heißt es: Wie bitte! Und zweitens: Manöver! Jetzt. Du!"

"Ein Manöver, ähm, naja… also…." Ihr Kopf ratterte. Herrje, ihr wollte nichts einfallen, es war furchtbar.

"WER ZÖGERT, VERLIERT SEIN LEBEN!" brüllte da der Baron über den Platz, dass sich seine Stimme weit durch das Lager trug. Die meisten der anwesenden Knappen zogen die Köpfe ein. Keiner wollte gerne vor diesem Mann in Ungnade fallen.

Auch Ira zuckte einen Moment lang zusammen, da er sie weiterhin mit düsterem, durchbohrenden Blick fixierte und sie einfach nur froh war, dass er nicht verlangte, jetzt gegen ihn zu fechten.

"HÖREN WIR JETZT ETWAS VON DIR ODER STIEHLST DU UNS NOCH MEHR ZEIT, DIE WIR FÜR DEN UNTERRICHT VERWENDEN KÖNNTEN, WENN WIR NICHT DEINER INFANTILEN STOTTEREI LAUSCHEN MÜSSTEN? - ZÖGERST DU IM KAMPF, BIST DU TOT! UND WER WEISS, WER DIR WEGEN DEINER LAHMHEIT FOLGEN MUSS. ALSO NENN UNS MANÖVER ODER TAKTIKEN, WIE WIR SIE IM KRIEG EINSETZEN - ODER ICH VERWEISE DICH AUS DEM UNTERRICHT!"

Ira schluckte. Ihr Gesicht war blutleer. Diesen Einlauf hatte sie nicht erwartet. Sie musste sich räuspern, weil ihr Mund trocken war und ihre Zunge wie ein alter Lederfetzen an ihrem Gaumen klebte. Sie spürte neben aller Blicke Scham, aber auch Wut in sich. Und das vertrieb die Nebel des unerwarteten Angriffs. Sie konnte und wollte das nicht so stehen lassen, zeigen, dass zu unrecht so hart über sie geurteilt wurde.

"Es geht doch immer um die Frage…" Sie räusperte sich noch einmal, ehe sie fortfuhr: "…die Frage: wie erreicht man das Ziel durch Einsatz aller verfügbaren Ressourcen." Sie hielt kurz inne, prüfte, ob das, was sie da in der Bedrängnis von sich gab, nach dem Geschmack des Barons war.

Dieser brummte und sein Blick war erwartungsvoll.

So fügte sie noch etwas an: "…egal, ob magisch, göttlich, herkömmlich. Von allem das Beste ist gefragt. Der einzelne Soldat ist Teil des Ganzen, aber das Ganze kann nur Dinge schaffen, wenn jeder der Einzelnen wiederum sein Bestes gibt. Manöver, Taktik oder Strategie sind also immer nur so gut, wie die Qualität der Kräfte, die dabei wirken." gab Ira als Antwort und dabei kam die Farbe in ihre Wangen zurück. Und auch ein wenig der Stolz.

Gerade Boronian, der sie von allen hier am besten kannte, konnte die Veränderung an ihr sehen.

Für den Moment sagte keiner etwas. Auch der Baron nicht. Er wechselte nur die Handhaltung, entknotete die Arme, damit eine Hand durch seinen dunklen Bart fahren konnte, die andere stützte den Ellbogen der streichelnden. Er fixierte Ira nach wie vor unter seiner zerfurchten Stirn und den buschigen, zur Strenge verengten Augenbrauen heraus. Es dauerte einen Augenblick, bis er überhaupt eine Regung von sich gab. Dann aber war es der Anflug eines Lächelns.

Ira war im ersten Augenblick erleichtert. Immerhin brüllte er sie nicht wieder an. Im zweiten wusste sie nicht, was das Lächeln eigentlich zu bedeuten hatte. Es passte nicht zu den harten Worten von eben.

Der Blick des Barons glitt von Ira ab und kam einen Augenblick lang auf Gereon zum Liegen. Dann streifte er wieder hinüber zu der jungen Anverwandten, während er ein abwertendes Grunzen von sich gab. "Zwei solche Klugscheißer! ... Und einer ambitionierter als der andere. Um kein Wort verlegen, nicht mal rot im Gesicht." murmelte er vor sich hin, aber deutlich hörbar für alle. Er wandte sich endgültig von Ira ab, die ob der Worte des Barons erst fragend, dann verärgert dreinblickte.

Auch Gereon runzelte verärgert die Stirn: Klugscheißer? Er? Klugscheißer Nummer eins war vor wenigen Augenblicken noch wegen ihres ACH SO herausragenden hesindegefälligen Geistes gelobt worden. „Nicht glauben, sondern fragen, nicht hinnehmen, sondern aktiv nach Wissen streben!“ Ha. Dass er nicht laut lachte war alles!

Der Blick des Barons hingegen fiel derweil auf Firin. "Du da! Hat sie recht?“

Noch immer eingeschüchtert durch das Gebrüll des Barons schnellte Firin hoch, um ja nicht den Unmut auf sich zu ziehen. Allerdings fiel ihm nichts Rechtes zu der Sache ein und so schaute er nur etwas hilflos und verloren drein. (Firin [Christian] 19.05.2016)

Und anschließend auf die unweit von ihm sitzende schwarzhaarige Talina. „Und du! Deine Meinung!"

Wunnemar blieb ruhig und ließ sich durch das Geschrei nicht mehr nervös machen, schließlich hatte er heute sein Fett schon wegbekommen. Er fand eine derartig aggressive Lehrmethodik auch ein wenig suspekt, entschloss sich aber dennoch das Wissenswerte aufzuschreiben und den Rest, das ganze Drumherum zu ignorieren und einfach Mal den Mund zu halten. Er hatte heute genug angerichtet mit leichthin gesagtem Stuss. Manchmal war der Weg des geringsten Widerstandes der beste. Sein Schwertvater vermittelte Wissen auf eine andere Art, eine die dem hesidianischen Geist eher entsprach. Wenn er dennoch einmal laut wurde, dann nur für eine gerechtfertigte Zurechtweisung. Auch war er nicht nachtragend, wenn man einmal etwas falsch gesagt oder getan hatte. Naja, zumindest bei den kleineren Dingen. Das wichtigste aber war, er bellte nie aus Gewohnheit. Und da war er sich bei dem Exemplar vor ihm weniger sicher.

So verfolgte er sichtlich gelassen alle verbalen Ausbrüche des Barons und schrieb fleißig mit. (Stefan [Wunnemar] 11.05.16)

Um ihre Meinung gebeten und daraufhin von Brun neckisch in die Seite geknufft, stand die junge Bienenturm ein wenig zögerlich auf. Sie warf Firin, der vom Baron ebenfalls angesprochen worden war, einen Blick zu und dann auch der immer noch stehenden Ira.

Letztere harrte der Dinge. Ihr reichte der Anschiss von eben, also blieb sie auf den Beinen, bis sie etwas anderes hörte.

Talina hatte aus den jüngsten Ereignissen gelernt, dass es besser war, den Mann, der vor ihnen stand, nicht noch mehr zu verärgern. Sie wollte keineswegs Iras Schicksal teilen, daher versuchte sie, nicht allzu aufgeregt zu sein, als sie brav und fast sittsam antwortete: „Die junge Dame von Plötzbogen hat in einem Punkt Recht, euer Hochgeboren: es kommt im Krieg auf jeden einzelnen an, das stimmt.“ [Talina (Tanja) 14.5.]

„Teilst du ihre Meinung, man solle sich dazu jeglicher Mittel bedienen?“ wollte der Baron wissen, welcher durchaus registriert hatte, dass auch der Knappe aufgestanden und bereit war, sich seinem strengen Urteil zu stellen.

Talina schüttelte etwas unsicher den Kopf und sah dann hilfesuchend zu Ira hinüber. „Ich… weiß nicht, was sie damit genau meint.“

„Fragen wir sie!“ erklärt der Baron. Seine Anspannung schwand ein wenig, was erkennbar daran war, dass er den Stand lockerte und beide Daumen in seinem Schwertgürtel einhakte. Auch seine Stimme bebte nicht mehr so wie in den Momenten, als er gebrüllt hatte wie ein Löwe. „Iradora?“

„Das Beste von allem. Alle Mittel ausreizen, um effektiv zu sein, Hochgeboren.“ Sie scheute sich nicht, das, was ihr Schwertvater sie lehrte, genauso wiederzugeben. Trotzdem war Ira so, als würde sie erneut etwas Falsches gesagt haben, denn da war schon wieder etwas im Gesicht ihres Großonkels, was sie an Skepsis erinnerte.

Seine Antwort war kurz. „Erkläre!“

Ira warf Talina einen danke-dass-du-mich-schon-wieder-in-die-Scheiße-reinreitest-Blick zu, während sie wie gewünscht zu einer Erklärung ansetzte. „Vorhandene Mittel bestmöglich einsetzen. Einschränkungen aufheben, damit das maximale Ergebnis und die höchste Effizienz erreicht werden kann.“

„Beispiel!“

„Ähm…“ Ira zögerte nun doch. Ja, sie hatte ein Beispiel. Eines, was im Prinzip jeder der Anwesenden hier kannte, nämlich der rondrianische Vergleich, dennoch war sie sich nicht sicher, wie es in diesem Zusammenhang aufgenommen werden würde. Da sie jedoch ein zweites Donnerwetter unbedingt vermeiden wollte, fasste sie etwas höher. „Wenn es der Sache dienlich ist, dann arbeiten der Praiosgeweihte und der Magier zusammen, um die Kampftruppe mit beiderlei Mitteln zu stärken, magischer wie auch göttlich-gegebener. Auch wenn sich beide Parteien, in dem Falle die Kirche des Herre Praios und die Weiße Gilde, grundsätzlich eher meinungsverschieden gegenüberstehen. Damit das Ziel – der Sieg! – erreicht werden kann, braucht es aber das Beste von beidem, was natürlich heißt, dass Praiot und Zauberkundiger Seite an Seite stehen.“

„Ein ungewöhnlicher, aber …interessanter… Ansatz.“ Mehr sagte der Baron nicht dazu. Er drehte ab und ging ein paar Schritte. Offenkundig musste er erst einmal selbst über das Gehörte nachsinnen. Er suchte das Gesicht Bioras, aber weniger, um sie unterstützend hinzu zu holen, sondern ihr viel mehr Raum zu geben, einen eigenen Kommentar in dieser Sache abzugeben.

Biora, welche dem Unterricht des Schwertleihers bisher aus dem Hintergrund still gefolgt war, ohne eine Miene zu verziehen, nahm den Wink auf und trat nach vorne.

"Was du da beschreibst, Ira, das ist der ideale Fall. So sollte es sein, ein jeder setze seine Kräfte nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle aller und für den Sieg der eigenen Seite ein - doch hier ist das Problem: das Gewissen! Was ist das, das ominöse Gewissen? Es ist die Summe der Lehren und Erfahrungen eines Menschen, aus welchen er gelernt hat, zwischen Falsch und Richtig zu entscheiden. Entscheidet er sich richtig, fühlt sich das gut an - doch entscheidet er falsch, ob aufgrund mangelnder Übersicht, fehlender Information oder widriger Umstände, oder einfach aus dem hohlen Bauch heraus, dann meldet sich das Gewissen nagend und bohrend und verschafft uns Schuldgefühle, was dazu führt, dass wir in der Regel sehr genau abwägen, ob wir etwas tun, was unserem Gewissen zuwiderläuft. Und selbst in der lebensbedrohlichen Situation einer Schlacht lässt sich dieses Gewissen nicht so einfach unterdrücken, so dass der Geweihte des Herrn Praios die Kräfte des Magiers an seiner Seite immer noch als Gotteslästerung empfindet, der Geweihte der Rondra niemals Untergebenen befehlen würde, Armbrüste gegen anstürmende Feinde einzusetzen, ein jahrzehntelang im ehrenhaften Kampf geschulter Ritter niemals den Befehl geben würde, einen gegnerischen Kommandaten aus dem Hinterhalt zu ermorden. So wird es also niemals ein ideales Zusammenspiel aller Kräfte geben, doch genau hier ist der Punkt, wo ein jeder, der den Befehl über eigene Truppen hat, ins Spiel kommt. Denn die erste Pflicht eines Befehlshabers ist es, seine Untergebenen zu kennen, ihre Stärken und Schwächen, ihre Freundschaften und Animositäten, ihren Willen, Charakter, einfach alles, was in einer Schlacht entscheidend sein könnte. Denn die große Kunst liegt darin, seine Kräfte ihren Stärken und Schwächen entsprechend richtig und gezielt einsetzen zu können, um das Ideal zwar nicht zu erreichen, doch um ihm so nahe zu kommen wie nur irgend möglich. Der Magier und der Praiosgeweihte sind sich spinnefeind? Dann sollten sie nicht in Sichtweite zueinander kämpfen. Rondra ist der Einsatz von Armbrüsten abhold, doch wie gut, dass ich weiß, dass jener Geweihte der Kriegsgöttin in meinen Reihen hin und wieder ein Auge zudrückt.
Doch bei all dem sollten wir nicht vergessen: das gerne zitierte Sprichwort 'der Zweck heiligt die Mittel' führt im schlimmsten Fall in den ersten Kreis der Verdammnis! Niemals sollten wir mit Dämonen paktieren, um unsere Kriegsziele zu erreichen, niemals der Zwölfgötter Gebote leichtfertig in den Wind schreiben, um einen schnellen Sieg zu erringen, niemals die Würde von Menschen mit Füßen treten, um anderen Menschen beizustehen. Denn dann wird jeder Sieg schal schmecken und im Geiste der Sieger werden Breschen geschlagen sein in die Wälle, welche uns vor Versuchungen und Einflüsterungen bewahren sollen.

Doch genug davon, denkt über diese meine Worte in Ruhe nach oder kommt nach dem Unterricht zu mir, wenn es dazu noch Fragen gibt. Ich übergebe nun wieder an den Herrn Baron, welcher nach der Abfrage des Wissensstands der anwesenden Schüler sicher noch die ein oder andere Strategie oder Taktik, welche nicht genannt wurde, anhand seines reichen Erfahrungsschatzes erläutern wird." [Biora (Jürgen) 17.5.]

Wunnemar blickte auf und man sah seinem Gesicht an das es in seinem Kopf arbeitete. Seine Schreibfeder stand seit langem das erste Mal still. Die Worte ihrer Hochwürden hatten ihn scheinbar nachdenklich gemacht. In der Tat versuchte der junge Galebfurtener die Worte der Dame von Rickenhausen einzuordnen und mit den Lehren seines Schwertvaters in Einklang zu bringen. Tatsächlich fanden sich viele Parallelen in dem Monolog der hochgeborenen Geweihten zu dem was er daheim vernommen hatte. Wie um das Gehörte zu bestätigen nickte er geistesabwesend, beugte sich dann wieder über sein Buch und widmete sich wieder den Aufzeichnungen. (Stefan [Wunnemar] 18.05.16)

Traviadan von Schwertleihe bedankte sich bei seiner Amtskollegin mit einem ehrvollen Nicken. Er hatte während der ganzen Zeit über die Schüler Ihrer Hochwürden im Auge behalten und sah nun mit zusammengekniffenen Augen in die Reihen junger Leute, von denen nicht alle mit ganzen Ohren bei der Sache waren, wie er aus ihren Gesichter lesen konnte. Doch wollte er die Rednerin, die er sehr schätzte, keinesfalls unterbrechen.

Gereon war eher gelangweilt dem weiteren Geplänkel gefolgt. Er fragte sich nicht zum ersten Mal, was diese Verschwendung seiner Zeit eigentlich sollte. Sollte Wissen ihm nicht helfen Entscheidungen zu treffen? Aber das einzige, was er jemals im Unterricht gelernt hatte, war, dass jeder Mensch offenkundig zu allem eine eigene Meinung hatte und darüber hinaus die Meinung aller anderen abtat. Nein, vielmehr war es sogar so, dass er nach jedem Unterricht weniger wusste, was nun richtig oder falsch war und weniger wusste, welche Entscheidungen er treffen sollte. (Gereon (Catrin)15/5/16)

Die hitzige Diskussion hatte der Schwertleiher bewusst an sich vorbeigehen lassen. Viel zu schnell hätte sein alter Herr auf die Idee kommen können, ihn nach der Meinung zu fragen. Also machte sich der Riese recht klein und kritzelte ein wenig auf seinem Papier herum. Neben einer recht groben Zeichnung der Schlaufe, welche vor ihnen lag, hatte er verschiedene Ideen gesammelt, wie man eventuell über dieses Hindernis kommen könnte. Für den jungen Mann war scheinbar eine klappbare Brücke, ähnlich eines Buches, welches man öffnete und dessen Deckel dann über eine kurze Entfernung reichen konnte, die wohl einfachste Lösung. Er hatte daneben in umständlicher und nicht gerade sauberer Schrift aufgeführt, dass man in diesem Falle ja die Pferde einfacher mitnehmen konnte und einem Hinterhalt nicht auf eine beunruhigende Weise auf dem Wasser ausgeliefert war. Daneben waren Fragen notiert, in etwa, ob die zwergischen Handwerker so etwas bauen und wie man es transportieren könnte. [Boronian (Mel) 16.05.2016]

Nachdem die fast schon verhörartige Befragung von Talina und Ira, der Firin – Phex sei Dank! entgangen war – beendet war und die Hesindegeweihte zu ihren Ausführungen angesetzt hatte, lächelte Firin seiner „Retterin“ Talina dankbar und vielleicht auch eine Spur verlegen zu. Nach einem schnellen Blick auf den Baron, um sicherzustellen, dass er sie gerade nicht beobachtete, schien ihm der Moment geeignet und er beugte sich leicht zu ihr rüber. Flüsternd wandte er sich an sie: „Kannst du mir wohl Papier und Feder borgen? Es wird Zeit, dass ich mir ein paar Notizen mache. Aber ich fürchte, ich habe meine Schreibsachen am Zelt liegen lassen.“ ‚Hoffentlich sind sie auch bei mir am Zelt und ich habe sie nicht über den Zusammenstoß mit Oda liegen lassen…‘ (Firin [Christian] 19.05.2016)

Ira wusste nicht so recht, ob das Urteil der Baronin von Rickenhausen nun gut oder eher schlecht für sie ausgegangen war. Sie kam aber nicht dazu, sich weiter Gedanken zu machen, denn der Baron von Schwertleihe gab ihr und Talina mit einem Wink zu verstehen, dass sie sich setzen durften. Der Einladung folgten beide jungen Frauen sehr gerne. Firin, der ebenfalls noch stand, erhielt hingegen einen wartenden Zeigefinger - denn der Schwertleiher trat mit schnellen, entschlossenen Schritten über die Distanz an Ira heran. Sein Ziel saß jedoch neben ihr: Noch ehe sich Boronian versah, hatte ihm der Baron seine Malunterlage vom Schoß gerissen. "Ausgerechnet MEIN EIGENER SOHN hält es NICHT FÜR NÖTIG, den Worten Ihrer Hochwürden die nötige AUFMERKSAMKEIT zu schenken! – Zeig her! Was ist das?"

Jeglichen aufkeimenden Protest ließ der glatzköpfige Berg von Mann an sich abprallen und warf einen argwöhnischen, strengen Blick auf die Kritzelei, die sich jetzt in seiner Hand befand. Er ging ein paar Schritte in Richtung Mitte, während er sich anschaute, an was sein Sprössling gearbeitet hatte. Selbst wenn er wirklich erkannte, was Boronian dort aufzumalen versuchte, so ließ er sich das zumindest nicht anmerken, sondern fand zur alten Fassung zurück. "Was soll das bitte sein, Boronian?!" Er ließ seine dröhnende Stimme erneut erschallen, fuhr verärgert herum und fixierte den Knappen mit durchbohrendem Blick. Da segelte ein Zettel aus Boronians Unterlagen zu Boden und der Baron stutzte einen Moment, bevor er diesen von der Erde aufhob und ansah. Belustigung stand in seinem Gesicht, als er ansetzte, das, was auf dem Papier stand, vorzutragen...

Sichtlich überfordert und eingeschüchtert vom eigenen Vater, welcher doch noch ein wenig größer war und mehr Stärke besaß, sank der Rabensteiner Knappe ein wenig in sich zusammen. Er hatte doch zugehört, was die Geweihte gesprochen hatte. Aber gleichzeitig kam doch auch eine Idee, welche er zu Papier bringen wollte. Und er persönlich fand diese nicht einmal schlecht, auch wenn er nicht wusste, wie genau man so etwas umsetzen könnte. Er versuchte noch, sich zu räuspern und eine Erklärung abzugeben, als dieser blöde, verdammte, idiotische Zettel aus der Mappe fiel. Alles wäre ihm lieber gewesen, ja, selbst die nächsten Tage zusätzlich die Pferde seines Vaters zu versorgen, als das ausgerechnet er diesen Wisch fand. Und dann las er ihn auch noch vor. Am liebsten wäre der Riese im Boden versunken, murmelte nur etwas von ‚hesindianischen Künsten‘ und wartete, bis es endlich vorbei war. [Boronian (Mel) 18.5.]

Der Baron verlas folgendes:

"Herr Praios, leuchte mir den Weg durch das Dunkel

Frau Rondra, lass mich nicht mutlos sein

Herr Efferd, gib mir die Fähigkeit, mich Veränderungen gleich anzupassen

Frau Travia, halt mir stets vor Augen für wen ich es tue

Herr Boron, schenke mir innere Ruhe, meine Klinge wohl führen zu können

Frau Hesinde, lass mich weise handeln

Herr Firun, mit dir überwinde ich mich selbst

Frau Tsa, mit meiner Kraft erschaffe ich Neues

Herr Phex, lass mich schlauer sein als die Heimtücke

Frau Peraine, lindere meine Schmerzen und schenk mir Heilung

Herr Ingerimm, stähle meinen Körper und meinen Geist

Frau Rahja, lass mich mit Leidenschaft und einem warmen Herzen streiten

Herr Kor, bring mir den Sieg

Frau Marbo, lass, wenn ich doch sterbe, meinen Tod schnell und gnädig sein.

Rheton, wiege mich anhand dem, was ich tat und nicht dem, was ich war."

Als er geendet hatte, faltete der Baron den Zettel fein säuberlich drei Mal und steckte ihn sich in die Tasche. Erst dann sah er auf und zu Boronian hinüber. Einem kurzen, aber durchaus anerkennenden "Sehr schön. Wusste gar nicht, dass ein Priester in dir steckt." folgte die Rückkehr zum Unterrichtsthema: "Gut, genug der Gebete. Widmen wir uns anderen wichtigen Dingen. Es steht noch eine Antwort aus und sicher wird auch sie erkenntnisreich sein, da bin ich mir sicher. Ich glaube, wir waren vorhin stehengeblieben bei der Frage…"

Als der Blick des Lehrers sich auf Firin richtete, antwortete dieser geflissentlich: „Bei der Frage, ob jedes Manöver oder jede Taktik oder jede Strategie nur wirklich gut funktioniert, wenn jeder sein Bestes gibt.“ Firin machte einen Atemzug Pause und rief sich ins Gedächtnis, was er während der Lehrstunden mit seinem Schwertvater diskutiert und gelernt hatte, bevor er zu einer Antwort ansetzte. „Also, es heißt ja, jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Dementsprechend würde ich Ihrer Wohlgeboren zustimmen. Aber manchmal kommt es vielleicht eher darauf an, das Richtige,…, nein eher, das Angemessene zu tun. Das aber muss wiederum nicht zwangsweise zum Besten ausgeführt sein. Denn wenn jeder zum Beispiel Hellebardiere in einer Formation beim Marschieren oder einer Drehung oder einem Manöver wie die doppelte Flanke ihr persönliches Bestes geben, dann würde so eine Formation schnell unordentlich, weil ja einer dem anderen in die Hacken tritt. Da kommt es dann eher auf das Angemessene an.“ (Firin [Christian] 19.05.2016)

Es dauerte tatsächlich noch eine ganze Weile nachdem der Unterricht beendet worden war, bis der junge Galebfurtener seine Schreibfeder niederlegte und das Buch schloss. Für ihn war die letzte Diskussion über ‚das Beste‘ zwar interessant gewesen, aber er Maß ihm keine große, praktische Bedeutung bei. Sein Schwertvater vertrat einen ähnlichen Standpunkt wie ihre Hochwürden, sagte aber auch das die Philosophie, denn um nichts handelte es sich bei solchen Gedanken, einer der ersten Toten sei auf dem Schlachtfeld. (Stefan [Wunnemar] 19.05.16)

Nachdem er seinen Exkurs über Kriegsführung beendet hatte und in den Gesichtern der Knappen deutlich erkennen konnte, dass ihnen nun die Köpfe rauchten, allen!, übergab der Baron zufrieden das Wort an die hochgelehrte Dame Hochwürden zurück, welche die Stunde mit eigenen Weisheiten schloss, ehe sie die Schülerinnen und Schüler in ihre Dienste und den Rest des Tages entließ. Dem Wissen ward Genüge getan. Und der Kriegskunst auch.

Wie fast zu erwarten gewesen war, winkte der Baron, als sich die Schülerschaft in alle Richtungen verteilte, zwei der Schüler noch einmal zu sich. "Boronian, Iradora, mal herkommen!"

Gereon atmete erleichtert auf. Endlich war's vorbei – zumindest für ihn. Nun konnte er endlich wieder etwas schulen, das ihm Spaß machte: seinen Körper. Er packte rasch seine Sachen, bevor noch jemandem einfiele, ihn hinzuzurufen, um zum angenehmeren Teil des Tages überzugehen- Waffentraining. (Gereon 19.5.)

Ihr Onkel war noch immer im Besitz der Unterlagen von Boronian. Aber was wollte er denn nun von IHR? Irgendwie hatte Ira mal so gar keine Lust, jetzt noch einmal zu einem Gespräch mit dem strengen Anverwandten geladen zu werden. Sie hatte die dunkle Befürchtung, dass er sie und den jungen Schwertleiher zu sich zitierte, um dieses unrühmliche Streichel-Geschichte aufzuwärmen. Oder noch schlimmer: ihnen erneut einen Einlauf zu verpassen, wegen… hach ja, Gründe gab es ja irgendwie gerade genug - wie sich Ira leidlich bewusstwurde, während sie an Boronians Seite zu dessen Vater ging, der beide mit seinem typischen harten Gesichtsausdruck entgegensah, der alles beinhalten konnte: Ärger, Missmut, Enttäuschung, Strafe. [Ira (Tanja) 18.5.]

Als Ira ihn ansah, blickte auch er zurück. Viele Gedanken gingen im Kopf des jungen Mannes umher, denn wenn er jetzt zu seinem Vater gerufen wurde mit Ira… er schüttelte kaum merklich den Kopf und machte sich mit seiner Base auf den Weg. Das konnte ja heiter werden. [Boronian (Mel) 23.5.]

Der Baron wartete mit dem Schreibbuch seines Sohnes in der Hand und musterte die beiden Knappen beim Näherkommen streng. Seine Stirn lag in Falten, der Blick unter den buschigen Augenbrauen heraus war hart und das Praioslicht ließ seinen geschorenen Schädel glänzen. Als sie dann vor ihm standen, kam er, wie es seine Art war, gleich zum Punkt: „Hier, Boronian deine Unterlagen zurück. Hübsche Idee, das mit der ‚Brücke‘. Nun, vielleicht kommen wir darauf zurück.“ Er gab das Schreibheft an seinen Besitzer, aber bevor er es gänzlich aus der Hand gab, zog er mit einem „Ach ja, Moment,“ das gefaltete Stück Papier aus der Hosentasche und legte es zwischen Einband und erste Seite. „Nettes …Gebet.“ Sowohl Boronian wie auch der Baron wussten, dass es kein Gebet war, was da auf diesem Zetteln gekritzelt stand. Aber offenbar sollte es ein Geheimnis zwischen Vater und Sohn bleiben.

Erleichterung machte sich auf dem Gesicht des großen Jungen breit, was Ira sofort sehen konnte. Denn er war zwar gut im Kampfe und auch zu Pferde, doch war seine Mimik ein offenes Buch für jeden, welcher ihn ein- oder zweimal gesehen hatte. Irgendwie schien an dem Zettel, welcher sein Vater hatte, mehr zu sein, als das verlesene Gebet. Er atmete tief durch und dankte den Göttern, ihn diesmal verschont zu haben. [Boronian (Mel) 23.5.]

Anschließend wandte der Baron sich Ira zu. „Und was das mit den Praioten und den Magiern angeht, Iradora: Es ist lobenswert, diese Möglichkeit ins Auge zu fassen, aber es bedarf in der Praxis zum einen einer größeren Toleranz zwischen den verschiedenen Gattungen, als dies derzeit möglich sein dürfte, zum anderen in der heutigen Zeit einen Feldherrn, der seine Truppen so gut kennt, dass er ihnen diese Neuerung zutraut. Auch wenn die Vorteile auf den ersten Blick auf der Hand zu liegen scheinen.“

Da war Ira jetzt war überrascht. Worte der Anerkennung hätte sie nicht erwartet. Was sie erwartet hatte waren harte Worte wegen dieser Streichel-Sache. Aber es sah alles danach aus, dass der Baron überhaupt gar kein Ansinnen besaß, erneut darauf einzugehen. Ihr war das natürlich nur recht. Der Baron wollte stattdessen nur wissen, ob sie denn mit den Schriften der Goldenen Legion vertraut war, aber als sie sagte, dass ihr Schwertvater, der junge Hlutharswachter Baronet, in Knappschaft bei einem hohen Offizier des horasischen Heers gewesen war, entließ er sie freundlich: „Wenn du uns jetzt entschuldigst! Ich habe mit meinem Sohn noch eine Kleinigkeit zu besprechen.“

"Natürlich, werter Oheim." entgegnete Ira mit einem Nicken und warf Boronian einen kurzen Seitenblick zu, als sie an ihm vorbeiging, um den Platz vor dem Zelt der Hesindegeweihten zu verlassen.

Ein wenig hilfesuchend sah Boronian seinerseits zu Ira, als diese gerade von seinem Vater weggeschickt wurde. Er würde viel darum geben, jetzt nicht mit ihm alleine zu sein. Immerhin war der Schwertleiher nicht dafür bekannt, besonders sanftmütig zu sein, wenn ihm etwas nicht gefiel. „Ira… ähm… ich… komme dann heute Abend nochmal zu dir? Wir könnten nochmal losgehen? Vielleicht mit Tsalind?“ sagte er zu ihr, als sie noch in Rufweite war. Oh, hoffentlich dachte der Vater jetzt nichts Unschickliches. Doch es war zu spät, die Worte waren ausgesprochen. Dabei wollte er ihr doch nur helfen, sich ein wenig zu amüsieren. Ungh. Das klang auch nicht besser. Also seufzte er leise und bereitete sich auf eine Standpauke von seinem Vater vor. [Boronian (Mel) 23.5.]

Die Plötzbogenerin lächelte zustimmend und machte sich wie geheißen aus dem Staub. Sie glaubte zwar nicht, dass ihr Schwertvater ihr freigeben würde, aber vielleicht ließ der Hhlutharswachter sich ja mal ausnahmsweise von Boronian umstimmen.

Der Baron nutzte den kleinen Wortwechsel, um sich ein paar Mal über den Kopf und durch den Bart zu fahren. War er eben im Gespräch mit Ira in einen, für seine Verhältnisse fast lockeren Plauderton verfallen, verdunkelte sich die Miene des Barons von Schwertleihe nun, als er und der Knappe allein waren. Er legte eine Hand auf die Schulter des jungen Mannes vor ihm, der ihm so ähnlich war, dass es ihn als Vater in manchen Momenten grausam verhöhnend vorkam, wenn er den werdenden Ritter ansah und meinte, in ein jüngeres Spiegelbild seines Selbst zu blicken. Boronian spürte die Kraft der Pranke deutlich auf seiner Schulter, denn der Baron hielt ihn entschlossen fest, während er den Jüngeren streng fixierte.

„Und nun zu einer anderen Sache, mein Junge. Hör zu! Was in diesem Heerlager passiert, bleibt in diesem Heerlager. Mir ist es egal, mit wem du das Lager teilst, so lange du die Zahl der Bastarde so klein wie möglich hältst und so lange du mir später, zuhause in den Nordmarken, nicht mit irgendwelchen Heiratsversprechen oder sonstigen Verpflichtungen ankommst, die hier ihren Anfang genommen haben. Wir sind im Krieg. Und das Lager ist ein Dorf. Ich gebe nichts auf den Tratsch von Waschweibern, er lässt sich ja eh nicht vermeiden. Gegen was ich etwas habe ist, wenn nach dem Krieg der Name Schwertleihe in unrühmlichem Zusammenhang fällt. – Haben wir uns verstanden?“

Fast schon trotzig sah der 19-Jährige Knappe des Rabensteiners seinen Vater an, die grünen Augen funkelten leicht, als hätte dieser ihn gerade schwerst beleidigt. Immerhin war auch er ein Bastard, und diesen Umstand hatte ausgerechnet sein alter Herr heraufbeschworen: „Keine Angst, Vater, ich hatte nicht vor, auf diesem Feldzug einer Frau den Hof zu machen. Wer weiß denn schon, wer dieses Gemetzel überlebt und wer stirbt. Zudem bin ich im Gegensatz zu anderen Rittern und Knappen nicht darauf aus, viele Damen zu erobern. Es geht mir nicht um Liebeleien, sondern einzig um angenehme und sinnige Gespräche.“ Jetzt bereits heiraten oder Vater werden? Nein, dann würde man sich ja viele Freiheiten verbieten. Und wer wollte das schon, vor allem, wenn man noch nicht Ritter war? Etwas leiser setzte er noch dazu: „Es muss ja nicht jeder Knappe oder Ritter dem Schwertvater meiner Base nacheifern.“ [Boronian (Mel) 23.5.]

"Schweig!" brummte da der dunkle Bass seines Vaters und in dem einen Wort lag allein jede Menge Missgunst, während die Augen des Barons zornig funkelten. Die Hand auf Boronians Schulter drückte nun schmerzhaft zu. "Du bist Knappe des Herrn Rabenstein. Deines Paten! Es kann dir also egal sein, wie der Baronet zu Hlutharswacht seine Zeit verbringt. Es steht dir nicht zu, über ihn zu urteilen. Und jetzt, glaube ich, wartet der Dienst auf dich."

Der Baron ließ los und suchte noch einen kurzen Moment in den Augen des jungen Wilden nach einem Funken Einsicht. Wahrlich, um dem frechen Mundwerk seines Sohnes eine Lektion zu erteilen war er nicht der Richtige, das musste Lucrann tun. Der Baron nahm sich vor, bei Gelegenheit mal ein ernstes Wort mit dem alten Freund zu sprechen. Offenbar gab es gewisse Defizite in Boronians Ausbildung hinsichtlich Etikette und Anstand. Lag nicht das Rabensteiner Lager nahe der Hlutharswachter? Dort wollte er sowieso vorbeigehen, ein Umweg bot sich also an.

*

Angesäuert stapfte Boronian nach dieser Unterredung mit seinem Herrn Vater von dannen. Es war schon im Grunde genommen frech, was sein alter Herr sich da herausnahm. Ausgerechnet ER wollte ihn zurechtweisen, was Bastarde anging? Boronian verstand das immer noch nicht so recht.

Er hatte das Lager der Baronin von Rickenhausen, und damit den Platz des Unterrichts, verlassen und machte sich just auf den Weg ins „Viertel“ der südlich gelegenen Baronien, als ihn von der Seite ein „Pssst!“ traf und Ira hinter einer Zeltwand hervorsprang. Sie warf kurz einen Blick zurück. Ihnen folgte niemand. Das war gut.

„He, was hat er von dir gewollt?“ wollte sie wissen, bevor sie eine weitere Frage stellte, wegen der sie wohl auf ihn gewartet hatte. „Und erzähl mir nicht, dass dieses Gebet da wirklich auf dem Zettel stand.“ Sie deutete grinsend auf die Mappe mit Boronians Unterlagen, die jenen Notizzettel beherbergte. „Zeig ihn doch mal her!“ RATSCH, schon hatte Ira ihm die Mappe unterm Arm herausgezogen und öffnete sie neugierig.

Boronian, tatsächlich ein wenig mehr angesäuert als es den Anschein machte bei diesem durchaus großen, jungen Mann, sah seine Base an und war kurz davor, ein wenig Frust an ihr auszulassen. Und dann - schwupps - hatte sie sich auch nicht diesen Zettel geschnappt! Natürlich stand KEIN Gebet darauf. Auch wenn es gut war. Und vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt hätte er seinen Herren gefragt, wie er diese Worte zustande gebracht hatte, aber jetzt: "Hey... gib den wieder her, das geht dich nichts an!" kamen die schweren Worte, doch Phex war ihm nicht hold.

Und da Ira ein wenig schneller im Lesen war als er es ihr hätte abnehmen können, ließ er die Schultern hängen und seufzte leise: "Lach wenigstens nicht."

Der Tag hatte mit dem Gebäck so gut angefangen. Wenn das heute so weiterging, dann würde er eine extra Trainingseinheit einlegen. Mit dieser Laune schlafen gehen - lieber nicht.

Er hatte mit Hohn und Schmähung gerechnet, doch er wurde enttäuscht, da Ira weder lachte, noch sich lustig machte. Im Gegenteil. Sie nickte anerkennend. „Wirklich schön. Vielleicht solltest du es Feldkaplan von Ibenburg-Luring zeigen. Ich finde, es ist nämlich doch irgendwie ein Gebet. An den Sonnenfürst mein ich. Hör doch mal:“

Und sie las vor, warum sie dieser Meinung war:

„Sanfter Morgen, von lichtem Nebel umfangen,

zaghaft tastet sich das erste Licht voran,

über dünne Schleier den Sieg zu erlangen,

zieht der stille Kampf mich in seinen Bann.

Die Sonne teilt des Himmels dunkles Band,

einem Schwerte gleich fahren die Strahlen hernieder,

gütiges Rot setzt die lichten Wolken in Brand,

schon dichten die Vögel dem Tag neue Lieder. …

… Morgenlicht, niederfahrende Strahlen… na, wenn du da nicht ohne es zu merken einen Lobpreis verfasst hast! Aber zugegeben, es ist schon etwas hm, kitschig. Naja.“ Sie schmunzelte ein wenig. Mit diesen Worten faltete sie das Papier wieder zusammen und legte es zurück in die Mappe, die sie ihm anschließend wiedergab.

„Wenn du Mädchen auch so Gedichte schreibst, dann fliegen dir die Herzen sicher nur so zu. – Tun sie doch, oder?“ Ihre Frage war sicherlich in keinster Weise von Eifersucht geprägt, sondern aus reiner freundschaftlicher Neugier. Trotzdem war Boronian einen Moment so, als schlich sich ein Anflug von Neid in Iras Stimme. Der Moment dauerte allerdings zu kurz für eine genaue Analyse, denn sie fuhr rasch fort und schnaubte verärgert dabei: „Wie dem auch sei. Die glauben jetzt wahrscheinlich eh alle, dass wir beide was miteinander haben. Wirst schon sehen, wie schnell sich das rumspricht – Sean! Dieses kleine Drecksmaul! Ich hab ja nichts gegen Albernier, aber…“

Bevor sie ins Detail ging, kam ihr ein Gedanke zuvor, der sie letztlich davon abhielt, sich in Gemeinheiten über die Nachbarn an der Küste zu verlieren: „Ähm, du hast mir noch nicht gesagt, was dein Vater da eben noch von dir wollte. Im Ankacken ist er ja wirklich gut, dein alter Herr.“

Der Schwertleiher grummelte ein wenig, als Ira das Papier vorlas: "Jaja. Lach du nur. Aber es ist eine ritterliche Tugend, also übe ich mich darin. Doch so wie du es vorliest, sollte ich es vielleicht... ach, was. Das kommt in meine Mappe und gut damit. Sonst lacht sich der Rest noch scheckig." und sah sich ein wenig um, das mit dem Vater war ihm wohl auch ein wenig unangenehm: "Ach, mein Vater..." er trat einen kleinen Stein vom Weg und ließ die Schultern etwas hängen: "Sagt ich soll bloß keine Bastarde in die Welt setzen'.“

„Im Ernst?“ Ira sah ungläubig zu Boronian hinüber.

„Gerade er muss das sagen! Als ob ich mir einfach so eine Frau suchen würde. Ich will ein Mädchen erobern, das Herz in Flammen setzen und sie beeindrucken, nicht zwei Bier ausgeben und sie mitnehmen! Doch das versteht er nicht. In seinen Augen sind wohl alle Röcke in diesem Lager unsicher" es schien ihm tatsächlich gut zu tun, den Frust von der Seele zu bekommen: "Was denkt er sich eigentlich? Ich bin doch kein Weiberheld….“

„Du? Hm…“ murmelte Ira nebendran, während der Schwertleiher weiter seinem Ärger nachhing. Ira fand, dass ihr Gegenüber zwar ganz passabel aussah und auch was hermachte, so als Mann, aber Boronian ein Weiberheld? Dafür war der Schwertleiher ihrer Meinung nach zu schüchtern.

"Und ob mir die Herzen zufliegen? Ira, das weiß ich nicht. Ich stell mich doch nicht auf den Lagerplatz und rezitiere Verse. Wenn ich ein Mädchen sehe, das mir gefällt, dann versuche ich es zu umgarnen. Aber meist endet das in einem saftigen Korb." und dann musste er doch wieder schmunzeln, wohl, als er an das letzte Mal dachte, da er versuchte einem Mädchen den Hof zu machen.

"Ja, Sean bekommt sein Fett noch weg, dass sag ich dir! Aber eigentlich sollte doch jeder wissen, wie wir zueinanderstehen, oder?" sein Blick suchte ihren, ein wenig unsicher. Der große Junge schien, was das betraf, tatsächlich nicht so ein Menschenkenner zu sein, wie er gerne wäre.

„Also jetzt hör mal, was ist denn das für eine Frage?“ entgegnete Ira ihm und wirkte fast ein wenig verletzt, dass er überhaupt auf die Idee kam, irgendetwas, was sie beide betraf, in Frage zu stellen. Und sei es auch nur durch Einfluss von anderen.

„Genaugenommen entstammen wir dem selben Haus, und überleg mal, wie lang wir uns schon kennen! Ich würde dich als eine Art, öhm, Bruder bezeichnen… und mit so jemandem… also nee… äh, du weißt, was ich meine?“

Ira schüttelte sich, als hätte man einen Eimer eiskaltes Wasser über sie entleert. Was sie sagte schien ihr voller Ernst zu sein – und über die Möglichkeit, dass er es eventuell mittlerweile, wenn auch im Stillen, anders sehen könnte, erhob sie sich dabei völlig.

"Aber..." Boronian wurde ein bisschen bleich auf Iras Worte: "Was, nein. So hab ich das doch gar nicht gemeint!" und sah seine Base entschuldigend an: "Ich weiß doch, dass wir wie Geschwister sind. Aber die anderen eben nicht. Sonst würden sie sowas doch nicht sagen oder denken." Er seufzte leise: "Egal was ich sage, es wird mich weiter reinreiten, oder?" und schüttelte den Kopf. Er und Ira. Im Kampf, ja, bitte. Aber sonst? Wer kam schon auf eine solche Idee?

"Ich werde mal mit Sean reden. Der soll die Pferde in den nächsten Tagen alleine machen. Alles nur wegen diesem kleinen Dummbatz!"

"Lass mich mitkommen und wir stopfen ihm einen Rossbollen in sein Lästermaul."

knurrte Ira und fasste sich in den Nacken, der immer noch schmerzte und sie in ihren Bewegungen behinderte. "Ach war für'n Dreck!" fluchte sie dabei, als sie den Kopf kreisen ließ und das Gesicht schmerzvoll verzerrte. "Ich hoffe nur, dass Jost mir nicht auch noch mit irgendwelchen dämlichen Sachen auf die Nerven geht. Der Tag ist so oder so schon kacke genug - Aber he, dein Vater, der glaubt ja wohl hoffentlich diesen ganzen Blödsinn nicht, oder?" musste Ira leider noch einmal auf dieses sensible Thema zu sprechen kommen.

Dieses Gerücht von sich abzuwaschen würde eine gute Menge Arbeit werden, da war sie sich sicher. Und so verlockend doch der abstruse Gedanke war, ungeniert genau das tun zu können, was eh jeder schon dachte, so seltsam waren die Male, die jener abstruse Gedanke sie streifte – hinterließ die Summe der Möglichkeiten doch in ihr ein sehr verstörendes Gefühl aus Ekel und Neugier gleichermaßen, für das sie sich wahrlich schämte. [Ira (Tanja)

Lust, Frust und Schmähgedichte

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Es war ein heißer Tag gewesen. Die morgendliche Hesindeschule hatte zu anfangs unerwartet für vorzeitige ‚Abkühlung‘ gesorgt. Denn der heutige Gastlehrer, Baron Traviadan von Schwertleihe, hatte seinem Ruf – ein ebenso strenger Lehrmeister des Krieges wie Vater zu sein – alle Ehre gemacht und den Schülern Ihrer hochgeborenen Hochwürden Biora Tagan von Rickenhausen einiges abverlangt. Manchen mehr, manchen weniger. So waren Wunnemar und die anderen Knappen mit einigen Erkenntnissen über Taktiken und Manöver mehr oder einigen persönlichen Geheimnissen weniger in den restlichen Tag gegangen.

Nun senkte sich Praios Antlitz langsam dem Horizont entgegen, zeigte nur noch einen vor dem blauen Himmel flirrenden, glutfarbenen Halbkreis. Das Feldlager kam langsam zur Ruhe. Die ersten Feuer wurden entzündet und man machte sich daran das Essen zu bereiten. Der Fluss, wo kurz zuvor noch rege Betriebsamkeit geherrscht hatte und viele Angehörige des Feldzuges gewaschen oder gebadet hatten, lag nun friedlich und verlassen da.

Nur ein junger Mann war zu sehen, welcher, beständig vor sich hin grummelnd, immer wieder eine geschwungene, schmucklose Handaxt aus guten fünf Schritt Entfernung in die Rinde eines einzelnstehenden, verkrüppelten Baum warf, welcher in unmittelbarer Nähe des kleinen Stromes stand. Der Galebfurtener war übellaunig und wollte offensichtlich allein sein. Dieser Tag war nicht der seine gewesen. Schlechte Nachrichten, unbedachte, hitzige Entscheidungen, falsche Worte, dazu unverzeihliche Unachtsamkeiten, all das legte er sich selbst zur Last. Er schüttelte den Kopf, während er gerade wieder die Axt aus dem Holz der Esche riss. Ihr Griffstück glich eher dem eines großen Schneidezahns, der traditionellen Wurfaxt der Thorwaler, und Wunnemar trug sie als Seitenwaffe seitdem er Knappe war. Er hatte sie erwählt, weil sie offenkundig nicht nur praktisch war für einen Jungen, der sich immer noch gern in der Wildnis herumtrieb, sondern eben auch, weil man mit ihr einem Gegner schon aus der Distanz behacken konnte. Auf das ganze rondrianische Gefasel von wegen unehrenhafter Kampf gab er nichts und sein Schwertvater noch viel weniger. Roklan von Leihenhof war ein weltoffener Mann. Der Baron von Galebquell maß dem Erwerben von Wissen und einem klugen Menschenverstand mehr Bedeutung bei, als auf Ehre und all die anderen Tugenden, die die Kirche der Rondra so vehement predigten. Wunnemar war stolz, dessen zweiter Knappe zu sein. Doch war er in diesem Moment ebenso froh, dass Roklan ihn heute nicht gesehen hatte. Die eigenen Ansprüche, die Erwartungen an sich selbst so enttäuscht zu haben wurmten den Halbstarken sehr. Wie ein kleiner, dummer Bengel hatte er sich aufgeführt. “Ogerkacke.” Und wieder flog die Axt, welcher er während der Übungsstunden im beidhändigem Kampf, auf die sein Schwertvater großen Wert legte, in der linken Hand führte, in sauberer Rotation und einem flachen Bogen, um sich zum unzähligen Male in den breiten Stamm des großen Baumes zu bohren, als ein Geräusch ihn herumfahren ließ. (Stefan [Wunnemar] 13.05.16)

Gereon hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht, während er am Bach entlanglief. Seine Stiefel trug er in den Händen und er genoss die Kühle des Wassers an seinen Füßen. Eigentlich sollte er heute Abend die Pferdeplätze säubern und morgen Vormittag Wasser holen- Beides hätte ihn Stunden gekostet. Doch er hatte erst gegen den Aal Winrich und dann auch noch gegen die zahnlose Schwarzmüllerin bei Löwe und Falke gewonnen und war so beider Dienste quitt geworden. Jetzt vertrieb er sich die Zeit außerhalb des tandoscher Lagers, damit niemand auf die Idee kam, seine gewonnene Zeit mit anderen Aufgaben zu füllen. Still lag die einbrechende Nacht vor ihm, durchdrungen nur durch die leiser werdenden Stimmen im Heerlager und einem merkwürdigen metallischen Geräusch, dem er entgegen zu laufen schien. Neugierig, aber auch vorsichtig schlich sich der Knappe an die Quelle des Klangs an. Dort war jemand. Wer würde denn nachts hierherkommen und Waffenübungen machen? Dann hörte er eine ihm bekannte Stimme und verdrehte die Augen und ihm entfuhr ein genervtes „Na wunderbar!“ (Gereon (Catrin)15/5/16)

Wunnemar seufzte schwer als er seines Besuches ansichtig wurde. “Du hast mich zu meinem Glück noch gefehlt!” Resignierend schüttelte er dann jedoch den Kopf, machte einen riesen Satz über seinen Schatten und fiel mit der Tür ins Haus. “Ich hege keinen Gräuel gegen dich Gereon, das wiederhole ich auch gern noch einmal. Ich hatte nur einen hundsmieserablen Tag. Brun und Talina sind ein Paar... und ich… nun ja,... ich mag sie eben sehr.” Wunnemar sprach ruhig und in einem Ton, dem sein Gegenüber entnehmen konnte, dass ihm seine Worte nicht leichtfielen, er aber scheinbar das Bedürfnis hatte, sie loszuwerden. “Mein Schwertvater sagt, man muss aus seinen Niederlagen lernen, solange man es vermag, denn eine Niederlage wird irgendwann die letzte sein. Ich bin hierhergekommen, um dies zu versuchen, auch wenn mir noch nichts dazu einfällt, außer dass ich ihr gegenüber manchmal ein Hornochse war.” Er wandte sich, ging langsam zum Baum und ruckelte die Schneide der Axt erneut aus dessen Rinde. “Wenn ich dich heute gekränkt oder beleidigt haben sollte, so tut es mir leid.” Erneut seufzte Wunnemar und blickte dann wieder herüber zum Lager. “Nun aber, auch wenn ich nicht unhöflich sein will Gereon, würde ich gerne alleine sein, denn eben diese Niederlage ist keine leichte.” (Stefan [Wunnemar] 15.05.16)

Gereon zog die Augenbrauen hoch. Wunnemar war verliebt? In Talina? Einen Moment blieb er stehen und dachte wirklich darüber nach zu gehen. Doch zu seinem eigenen Entsetzen hielt ihn etwas hier: Mitgefühl mit Baronet Wunderbar. Verdammter Mist. „Nö, du hast misch nit beleidigt!“ seufzte Gereon, während er sich auf das Gras setzte. „Aber isch bin nit sischer, dat dein Schwertvatter meinte, du sollst disch alleen vor nen Baum hocke und deine kleene Axt drupp werfe -- bis dir wat gescheites einfällt! Denn - reschne mer ma - bleibste bei der Strategie und sache mer mal du beanspruchst für jede Niederlage eenen Baum - was meinste wielange wirste brauchen bisde die ganzen Nordmarken entwaldet hest? Mir scheint das jedenfalls nicht sehr durchdacht!“ Und zu Wunnemars Ungemach ließ der Junge lachend einen Furz. „Mädche nerve einfach! Vergiss dat Weibsvolk! Dat is den ganzen Ärger nit wäät! Dat is mein erster Rat! Und der zweite is der: Alleinsein is Ogerdriss! Und wenns dir schlescht geht, Dann isses dazu noch Orkenscheiss und Goblindreck! Und deshalb bleib isch hier!“ damit verschränkte er die Arme hinter dem Kopf, ließ sich auf den Rücken gleiten und sah schweigend hinauf in den dunkler werdenden Himmel. (Gereon (Catrin)16/5/16)

Wunnemar lachte herzhaft, befreit für diesen Moment. “Gereon, ich glaube kaum, dass meine begrenzten Kräfte es vermögen nur mit meiner Wurfaxt einen solchen Baum zu fällen und es gibt viele große, tiefe Wälder in den Nordmarken, vor allem im Isenhag habe ich gehört.” Ein Lächeln blieb als er den Stil der Wurfaxt durch einen Metallring am Gürtel führte und zusätzlich das Blatt geschickt mit einer Lederschlaufe daran festband. Offenkundig war es ein Knoten der sich sofort lösen würde, wenn man an einem der losen Enden ziehen würde. Der Galebfurtener schritt langsam und in seiner ganzen Haltung deutlich entspannter zu dem am Boden sitzenden herüber und ließ sich dann auch auf den Boden nieder, in einen Schneidersitz. “Danke Gereon, auch wenn du sicher nicht beabsichtigt hattest mir auf humorvolle Weise beizustehen, so hast du es doch getan.”

Er nestelte erneut an seinem Gürtel und löste eine kleine, lederne Geldkatze daran. Ohne den Rickenbacher anzusehen fuhr er fort.

“Magst du eigentlich Bier? Ich habe gehört die Koscher nebenan haben das Beste im ganzen Feldlager. Angeblich haben die Ferdoker Zwerge das gebraut. Daheim höre ich die anderen immer davon schwärmen, selbst gekostet habe ich es nie. Aber ich würde sehr gern weißt du?” Wunnemar hatte zwischenzeitlich die Schnüre des Beutels gelockert und griff hinein. Es klimperte vernehmlich und sein Grinsen wurde noch breiter. “Ja, für das ein oder andere Zwergenbier wird es schon reichen. Hast du Lust mich zu begleiten, ich würde dir auch einen ausgeben?” (Stefan [Wunnemar] 16.05.16)

Der Angesprochene sah eine Weile in den Nachthimmel und verdrehte innerlich die Augen. Konnte der Eierkopp wirklich glauben, er habe ernsthaft gemeint, jemand würde auch nur einen Baum mit dieser kleinen, lustigen Winzlings-Axt fällen können? Dann glitt er geschmeidig in einen Schneidersitz und boxte Wunnemar an die Schulter. „Du bis een Trottel!“ Dann stand er auf, reichte Wunnemar aber sogleich eine Hand: „Aber een Trottel mit Münzen. Also seh isch ma drübber wesch!“ (Gereon (Catrin)17/5/16)

Nachdem er seine Pflichten ausgeübt hatte und sich sicher war, dass der Baron ihn für diesen Abend nicht mehr benötigte, nahm sich Boronian sein Handgeld, welches er aufbewahrt hatte, und machte sich auf zum Lager der Hlutharswachter, denn er wollte ja wie angekündigt seine Base ein bisschen aufmuntern. Die hatte gerade keine gute Zeit und er fand, ein kleines Krügchen und ein Spaziergang würden ihr guttun. Doch er hatte die Rechnung leider ohne Iras Schwertvater, den Baronet, gemacht, welcher das Ansinnen des jungen Schwertleihes zwar lobte, ihn jedoch höflich wieder bat zu gehen. Auch, als Boronian ihm versicherte, dass er Ira persönlich und in jedem Falle nach einem einzigen Krug Bier wieder zurück ins Lager bringen würde, hatte das die Unerbittlichkeit von Josts 'Nein' nicht aufgebrochen. Er konnte verstehen, warum seine Base gerade nicht wirklich gut auf ihren Schwertvater zu sprechen war. Der Kerl ging ja strenger mit ihr um, als der Rabensteiner!

Ihr zu helfen hatte er versucht. Und so war er schließlich doch allein aufgebrochen ins Lager der Koscher Angroschim. Das Bier, welches er letztens mit seinem Vater in dessen Lager getrunken hatte, war nicht schlecht gewesen und er wollte zu gerne einmal probieren, wie das Getränk bei den Zwergen schmeckte. Immerhin schwärmten einige andere davon, gerade auch Knappen, und es war ihm seltsam unangenehm, dass sein eigener Herr den Gerstensaft nicht tolerierte. Nun gut, Wein dafür, aber wer wollte den ganzen Tag nur Wein trinken? Also war er auf dem Wege und sah bereits von weitem Gereon und Wunnemar, welche scheinbar auch etwas Freizeit hatten: "He da, wohin des Weges?" vernahmen sie seinen Ruf bereits einige Meter bevor er bei ihnen war. [Boronian (Mel) 16.05.2016]

Die beiden jungen Männer warteten kurz bis Boronian zu ihnen aufgeschlossen hatte: „Wollten mal Ferdoker probieren! Du etwa auch?“ (Gereon (Catrin)17/5/16)

„Kommst du mit uns?” Wunnemar strahlte innerlich. Er wäre nur ungern allein gegangen, bot das Feldlager des Nachts doch allerlei Gefahren, deren ein Knappe allein kaum gewachsen war. Ihm kam ein weiterer Gefährte gelegen, auch wenn er eigentlich mit beiden nicht befreundet war, zumindest noch nicht. (Stefan [Wunnemar] 17.05.16)

Boronian war froh, dem Genuss nicht alleine frönen zu müssen, und beschleunigte die Schritte zu den anderen beiden Knappen. Gereon hatte er schon ein paar Mal gesehen, aber Wunnemar war ihm nur von der Hesindeschule bekannt:

„Ferdoker klingt gut. Bei uns gibt es fast nur Wein…“ er brummte fröhlich und strich sich über seinen schwarzen Lederwams, welchen er über dem hellen Hemd trug. Dazu eine schwarze Hose und sein Langschwert, mehr hatte er nicht bei sich. Gut, wenn man von ein paar Taschen an seinem Gürtel einmal absah, die aber fast alle leer waren. [Boronian (Mel) 17.05.2016]

Der Weg führte die drei schließlich nah an einer Gruppe Dirnen vorbei, die sich gewinnbringend auf dem letzten Stück des Wegs vor dem Ausschank positioniert hatten. Eine von ihnen, schon etwas älter, mit langen, fettigen, offensichtlich rot gefärbten Haaren und einer schwarzen Warze auf der gebogenen Nase kam ein Stück auf die drei zu: „Hey, Süßer.“

Gereon bemerkte die Hand, die ihn am Hemd zu sich zog, zu spät, und noch ehe er reagieren konnte, spürte er den Mund der Rothaarigen an seinem Zeigefinger und erstarrte. Ihre Lippen legten sich um seine Fingerspitze und rollten sich langsam und feucht bis zu seinem untersten Fingerknöchel hinab nur um den Finger einen Moment später mit einem wenig zaghaften Saugen wieder freizugeben.

Wie gelähmt und völlig stumm verharrte Gereon, unfähig einen einzigen Schritt zu tun – dafür mit immer schneller schlagendem Herzen.

„Wusst ich doch, dass de alt genug bist, zu wissen, wo mein Mund das noch viel lieber tät!“ flüsterte sie ihm ins Ohr, als sie ihm beherzt über den Bauch strich und ihre Hand zwischen seine Beine gleiten ließ.

Er atmete scharf ein und ein Schatten legte sich über seine Augen – Sein Blut pumpte nun so schnell durch seine Adern, dass er meinte, seine Brust würde jeden Augenblick bersten. Und nur die Bruchteile eines Augenblicks später spürte der Junge erst seinen Geist und dann seinen Unterleib wie ein Katapultgeschoss in sein Innerstes krachen und er schnappte überwältigt mehrmals kurz nach Luft.

Enttäuscht zog die Ältere ihre Hand zurück und gackerte halb verärgert: „Hab mich vertan! Wohl doch noch nicht alt genug, Bruder Schnellschuss!“ Die anderen Huren wandten sich schadenfroh quiekend von den dreien ab und auch die Rothaarige schenkte ihnen nur noch ein bedauerndes Lächeln und legte ihren Arm stattdessen um einen angetrunkenen graumelierten Ritter, der heimtorkelnd an ihr vorbeilief und nun in seiner Geldkatze kramte.

Ein Blick auf Gereon zeigte den anderen, dass dieser keinerlei Anstalten machte irgendeine seiner Körperfunktionen wiederaufzunehmen, sondern völlig paralysiert und mit hochrotem Kopf der Rothaarigen nachstierte. (Gereon (Catrin)17/5/16)

Wunnemar starrte Gereon verdattert an, die Augen weit aufgerissen. “Was war das denn, geht es dir gut, hat sie dir wehgetan?” Er ging hinüber zu dem erstarrten Knappen und legte ihm freundschaftlich den Arm um die Schulter. “Wir sollten besser aufpassen, damit wir nicht noch einmal so… äh… überfallen werden. Komm, du brauchst jetzt wirklich ein starkes Bier! Ungefähr so stelle ich mir eine Harpyie vor, naja, halt nur mit Flügeln, aber Krallen hatte die rothaarige Hexe auch. Sei bloß froh, dass sie dich nicht in ihr Nest verschleppt hat. Wer weiß, was sie dann mit dir angestellt hätte.” Wunnemar klopfte Gereon auf die Schulter. “Immerhin hat die Hure dich erwählt und keinen von uns.” (Stefan [Wunnemar] 17.05.16)

Als er die Dirnen sah, verzog er kaum merklich das Gesicht und musste an seine Unterhaltung mit Ira denken. Wenn man sie nur ansah, konnte man bereits erahnen, wie viele da schon… nun… drinnen gewesen waren. Kein schöner Gedanke, weshalb er auch froh war, dass dieses Weibsvolk sich dem überforderten Gereon zuwandte. Was sie dann jedoch tat, diese vor Fett triefende Frau mit den roten Haaren, ließ ihn sprachlos zurück und schüttelte ihn vor Ekel einmal durch. Das war eine Anmaßung und eine Frechheit zugleich. Sollte er einmal Ritter sein, so etwas würde es bei ihm nicht geben. Wie Wunnemar ging er zu dem Kameraden, klopfte ihm sachte auf die Schulter und sah zu dem Baronet: „Wir sollten ihn langsam und vorsichtig zum Bier bugsieren, oder?“ Was er dann auch mit sanfter Gewalt zu tun gedachte. [Boronian (Mel) 17.05.2016]

Wunnemar blickte zu Boronian und zwinkerte diesem zu, während er Gereon noch etwas mit auf den Weg geben wollte. “Die Weibsbilder scheinen dich zu mögen.”

Gereon blickte die beiden anderen an und grinste ihnen dankbar aber ungewohnt scheu zu. Bei Wunnemars letztem Satz zog er aber entgeistert die Augenbrauen hoch: „Nää. Upp solche wie die? Kann isch juut drupp verzischte! Weibspack, hab ischs dir nit vorhin noch jesacht!?“

Doch als Boronian zum Ausschank trabte, um drei Krüge Bier zu erstehen, beugte sich Gereon vor und raunte Wunnemar zu: „Machen die dat immer su? Isch meen de Weiber! Wenn … ja, wenn…du weest schon, wenn sie nach Rahjas Diensten verlangen?“ Seine ohnehin ständig brüchige Stimme wirkte noch unsicherer, da er den beiden Älteren gegenüber seine nun derart offengelegte Unerfahrenheit eingestehen musste.

„Ja ich weiß Gereon, ich wollte dich nur aufmuntern, wie du es bei mir getan hast. Mir kann das Weiberpack auch erstmal gestohlen bleiben!“ Er machte eine kleine Pause und blickte zum Feuer herüber, was in der Mitte der vielen Tische und Bänke stand, an dem es den Bierausschank gab. Dann richtete er etwas leiser das Wort wieder an den anderen Knappen. „Ich weiß nicht wie sie es üblich tun, auch wenn ich älter bin als du. Ich… naja…“ Er druckste rum als wenn er nicht wüsste, ob und was er sagen solle. Ein prüfender Blick verriet, dass Boronian wohl noch ein Weilchen brauchte, es herrschte Andrang am Ausschank.

„Ach was soll's… Ich erzähl es dir. Wir jagten Wilderer, eine ganze Horde. Mein Schwertvater hatte einen Ritter samt Gefolge aus der Nachbarbaronie gerufen, sie ritten an unserer Seite. Naja das Pack machte wohl auch deren Lehen unsicher glaube ich. Frag mich heute nicht mehr nach ihren Namen, es ist fast drei Götterläufe her und ich habe sie nie wiedergesehen. Jedenfalls, nachdem wir die Wilderer in der Abenddämmerung gestellt und sie niedergemacht hatten gab es ein kleines Fest mitten im Wald, im Nirgendwo. Einige waren verletzt, aber keine auf unserer Seite war gestorben. Ich war damals wenige Tage Knappe und musste mich zurückhalten, leider.“ Das Feuer seiner Jugend blitzte kurz durch als sein Gesicht darüber Bedauern zeigte. „Jedenfalls waren alle recht schnell betrunken, wir hatten ja auch kaum etwas gegessen an dem Tag. Ich wollte nur kurz Pissen gehen in der Dunkelheit, als mich eine von den Bognerinnen des fremden Ritters von hinten packte und auf den Waldboden warf. Sie war eine große Frau, sehnig, mit langem kastanienfarbigem Haar, grünen Augen, eine Andergasterin glaube ich, und sie war sicher doppelt so alt wie ich. Jedenfalls habe ich nur kurz versucht mich zu wehren. Schnell merkte ich, dass es keinen Sinn machte und als ich endlich begriff, was sie vorhatte, saß sie auch schon auf mir drauf. Es dauerte nicht lang, aber es war… schön. Sie hat kein Wort gesagt als sie aufgestanden und wieder ans Feuer gegangen ist. Keiner der anderen hat etwas gemerkt. Uff. Ich habe sehr gut geschlafen diese Nacht und sie hat mir bei der Verabschiedung am nächsten Morgen frech zugenickt.“ Gedankenverloren grinste Wunnemar. „Das war es auch schon, mehr Erfahrung habe ich nicht.“ Seine Schultern zuckten nach oben. Das stimmte zwar nicht so ganz, auch hier hatte er sich schon ein Mädchen gekauft, aber er wollte angesichts der zarten Freundschaftsbande zwischen ihm und dem Rickenbacher nicht prahlerisch wirken. (Stefan [Wunnemar] 18.05.16)

Als der große Junge mit den Bieren wieder bei Wunnemar und Gereon ankam, hatte er ein fröhliches Liedchen auf den Lippen, in welchem es wohl um eine lange Reise ging, und musterte sie Leute, welche sich bereits hier eingefunden hatten. Ein buntes Völkchen, es würde sicherlich ein angenehmer Abend werden. Er bekam gerade noch die letzten Ausführungen des Baronets mit, stellte die Bier ab und legte Gereon freundschaftlich eine Hand auf den Rücken: „Weiber sind seltsam, egal ob Ritterin oder Schmiedin. Außer solchen Dirnen wollen sie alle den Hof gemacht bekommen, umworben werden und hören, dass du nur sie alleine möchtest. Anstrengend sag ich dir, lass dir damit lieber noch Zeit. “ Er selbst schien bereits ein klein wenig mehr Erfahrung zu haben – zumindest, wenn es um das Werben selbst ging. [Boronian (Mel) 18.05.2016]

„Dann solltemer oppasse, datt mer nit zuviel saufe. Isch hab jehört man wird damit schnell wie eine ausm Weibsvolk: Man schwafelt Dummzeusch und kann nimmer reite! – Baroschem!“ prostete der tandoscher Knappe den anderen beiden zu und setzte zu einem großen Schluck an. Von Mädchen verstand er nichts- dafür von Bier noch weniger! Aber dieses hier schmeckte ihm. Als er gerade zu seinemn zweiten Schluck ansetzen wollte, sah er Firin auf sich zukommen.

Eigentlich war Firin unterwegs zum Tross der Erbgräfin gewesen, um bei den Schönen von Albenhus Oda ausfindig zu machen. Wie die Lage aussah, hatte er wohl tatsächlich seine Schreibutensilien dort liegen lassen, wo er mit dem Mädchen zusammengestoßen war, und hoffte nun, dass er sie wiederbekommen würde. Zum anderen war er natürlich auf die Geschichte ihres Namens gespannt.

Sein Weg dorthin führte ihn jedoch ins Koscher Lagers, denn dort gab es süffige Unterhaltung - wie er von einigen Landsleuten erfuhr, die eben dorthin unterwegs waren. Also hatte er sich überlegt, dass Oda ihm schon nicht weglaufen würde, aber er nicht wusste, wann er wieder einen ganzen Abend dienstfrei bekam. Also hatte er abgewogen und sich am Ende doch für ein Bier entschieden. Denn dieses gab es bei den Nachbarn im Kosch gutes und auch reichlich, wie man sich erzählte. Er wollte das gerne selbst herausfinden.

Die Lieder über Bier, Heldentaten und Heldentaten am Bier eines Lautenspielers hatten ihn durstig gemacht und zum Träumen angeregt. So hatte er kurzerhand ein Ferdoker erstanden, sich in die Nähe gesetzt, um dem Sänger zu lauschen, und sein eigentliches Vorhaben darüber völlig vergessen.

Als Firin sich einen zweiten Humpen holen wollte traf er am Bierausschank auf Boronian, der berichtete, dass er eben mit Gereon und Wunnemar angekommen war. Zu ihnen mit an den Tisch gekommen nickte Firin den Mitknappen zur Begrüßung zu und blickte prüfend in seinen Geldbeutel: „Die nächste Runde geht auf mich. Und hei, dort drüben weiß einer recht wohl die Laute zu spielen und zu singen. Über Bier und Heldentaten.“ Bei dem letzten Wort leuchteten seine Augen auf. „Was sagt ihr? Kommt ihr mit?“ (Firin [Christian] 19.05.2016)

Gereon stieß aus den Tiefen seiner Kehle einen tiefen und nach Ferdoker duftenden Rülpser aus: „Der kam von janz unnen.“ polterte er nun wieder vergnügt, während er auf Firin zukam „Bin dabäi.“

Wunnemar verschluckte sich fast bei dem mächtigen Bäuerchen seines Trinkkumpanen und lachte, als er ebenfalls zustimmte. „Klar, wir kommen mit!“ (Stefan [Wunnemar] 19.05.16) „Wisst ihr och, warum die Rülpser von denne Weibern niemals so laut sein könne? Weil man von hier" und er klopfte sich mit Faust auf seinen Bauch "Drock opbaue muss. Und doför muss man erstma ne Weile sen Schnüzz haale.“ Zutiefst zufrieden mit seiner Erklärung nahm Gereon erneut einen Schluck aus seinem ersten Krug und ließ sich auf eine der freien Bänke plumpsen, auf denen sich die vier „Schulfreunde“ nun niederließen. (Gereon (Catrin) 21.5.16)

*

Anderswo im Lager huschte die Hlutharswachter Knappin mit bebendem Herzen durch die Schatten. Mal wieder raus, etwas erleben. Im Moment ein Ding der Unmöglichkeit für Ira, denn Jost hatte ihr nach der furchtbaren Sache mit den Pferden an der Tränke verboten, sich mit anderen zu treffen. Nicht, weil sie das Unglück nicht verhindert hatte – wie hätte sie das auch tun sollen? – sondern, weil nicht sie es gewesen war, die dem geliebten Ross des Baronets die Gnade eines schnellen Tods geschenkt hatte, sondern irgendwer. Gereon, der Baron von Rabenstein, oder die stumme Windhagerin. Und eben, weil Elions Augen im Sterben einen Fremden ansehen mussten, und nicht sie, die er kannte, und weil hingegen Ira nicht verstand, was es für einen Unterschied gemacht hätte, wer das Tier von den niederhöllischen Qualen erlöste, solange man es doch nur erlöste, hatte ihr der Schwertvater alles verboten was auch nur im Ansatz Spaß machte: Freizeit, Genüsse, Ausgang. Ira fand das nach wie vor ungerecht, hatte das Urteil anfangs demütig akzeptiert und dem selbstherrlichen Gaul in Nachhinein noch einen gedanklichen Tritt verpasst, denn Elion und sie waren noch nie Freunde gewesen. Jost hingegen hatte den eingebildeten Hengst geliebt. Sie verstand ja, warum ihr Schwertvater sich so aufregte, aber nicht, warum er sie so hart abstrafte. Für eine flapsige Bemerkung hatte ihr der Baronet zuletzt eine saftige Ohrfeige verpasst, an die Ira sich wohl ihr weiteres Leben lang erinnern würde. Weil sie blanken Zorn in Josts Augen gesehen hatte, von der sie seither ausgegangen war, dass er dieses dunkle Gefühl nicht besitzen würde, er, der ihr zu Beginn ihrer Ausbildung versprochen hatte, nie die Hand gegen sie zu erheben, weil er diese Methode selbst furchtbar fand. Seither verband die Knappin und ihren Schwertvater nur mehr der nüchterne Dienst, das Waffentraining und Schweigen. Dass er sie aus ihrer Sicht mit Verachtung strafte, in dem er keine Rücksicht auf ihren Schlaf nahm, trug nicht unbedingt dazu bei, dass beide sich wieder annäherten.

Ja, der Tag war scheiße gewesen, kein Zweifel! Er hatte bescheuert angefangen, mit Kopf- und Gliederschmerzen und einer teilweise durchwachten Nacht wegen der verdammten gierigen Hure in Josts Bett, er war dann in der Hesindeschule gerade so weitergegangen, als man ihr einer lächerlichen Affäre mit Boronian anhängen wollte und später hatte sie sich von ihrem Großonkel, dem Baron von Schwertleihe, anbrüllen und belehren lassen müssen. Dann war irgendwann später am Tag eben selbiger noch einmal zu einer Unterredung aufgetaucht, die Ira nicht mithören hatte dürfen, das neue Reittier ihres Herrn war ihr auf den Fuß gestanden und sie hatte Sean, diesen denunzierenden kleinen Pisser, beim Vorbeigehen aus der Deckung heraus mit einem Pferdeapfel beworfen, aber zu allem Ärger nicht getroffen. Abends hatte sie sich beim Einschenken von Wein nicht mit Ruhm, dafür das herrschaftliche Abendgewand ihres Herrn bekleckert und als dann noch Boronian ins Lager gekommen war mit der ehrhaften Absicht, sie für nichts weiter als ein Glas Bier zu entführen, und Jost dies natürlich abgelehnte, während er selbst mit Busenkumpel Sigiswolf gutem alten Borsparaner zusprach, hatte Ira sich geschworen, sich über das dämliche "Vergnügungverbot" hinweg zu setzen.

Was war schon ein kleiner 'Ausbruch'? In einer Stunde würde sie doch wieder in ihrem Bett liegen und Jost würde nicht einmal gemerkt haben, dass sie fort gewesen war. Der war ja selbst mit dem Flusswachter Ritter und drei Flaschen Wein in Richtung des Lagers der Erbgräfin aufgebrochen, um nachbarschaftliche 'Kontakte' zu pflegen, wie Jost es nannte, und hatte die Knappin im Hlutharswacher Lager zurückgelassen sowie zu Bett befohlen. [Ira (Tanja)]

Zwei Seenländer

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Es hatten auch einige Recken aus dem Fürstentum Albernia ihren Weg ins Lager der Ferdoker Bierbrauer gefunden. Die beiden, die sich nicht nur den Namen eines großen Königs, sondern auch die Liebe einer jungen Edeldame teilten, hatten ebenfalls beschlossen, dem zwergischen Gerstensaft ihre Aufwartung zu machen:

"Ich habe einen Schlauch dabei, das Zeugs ist so stark, dass wir es eh nicht zu zweit leeren sollten." Die Wogen des Krieges hatten es bisher noch nicht vermocht dem jungen Ritter Cuanu von Nebelfels, dessen Heimat nah dem Meer der sieben Winde lag, das aufrichtige Lächeln zu nehmen. Seine baldige Base, die Ritterin Cuana ni Beornsfaire, mochte ernster sein als er und von weniger froher Natur, aber das Leben hatte ihr auch schlimmer mitgespielt als ihm. Sie war dennoch ein wenig wie 'Familie' im Lager und die gelegentlichen Gespräche taten ihm gut. [Cuanu von Nebelfels (Sven)]

Die Ritterin Beornsfaire hatte anfangs etwas irritiert geschaut, aber dann gelacht, als sie und der Ritter von Nebelfels ins Lager der Streiter des Koschs gekommen waren, wo beide Albernier das vielgerühmte süffige Nass einmal aus der Nähe betrachten wollten.

"Du hast wirklich allen Ernstes einen Brand dabei, obwohl es hier das beste Bier auf Dere geben soll, Cuanu?“ Die braunhaarige Albernierin mit den kantigen Wangenknochen lachte, während sie sich nach einem Plätzchen umsah. [Cuana ni Beornsfaire (Tanja)]

Hier, am Ausschank des beliebten Hellen Ferdokers, hatte sich ein buntes Völkchen eingefunden. Teilweise standen die Leute, andere saßen an Tischen, oder nur auf einfachen Baumstämmen, die um einige große Holzfeuer platziert waren und zum Verweilen einluden. Es herrschte gesellige Heiterkeit. Dirnen frohlockten und machten Stimmung für eine andere Art von feucht-fröhlichem Abend, irgendwer klimperte auf einer Laute, während immer irgendwoher Gelächter zu hören war. Die ersten Genießer lallten schon. Unermüdlich schoben sich gut gefüllte Holzkrüge über die improvisierte Theke, die eigentlich nur aus einem langen Brett bestand, das an beiden Enden auf Fässern ruhte. Dahinter schöpften fleißige Angroschim würzigen Gerstensaft aus Bottichen und gaben selbigen an die nimmerdurstige Meute aus, die aus dem ganzen Heerlager hierherkam. So fanden sich Nordmärker wie Greifenfurter und Albernier hier ein, sogar ein paar Almadani genossen Koscher Gastfreundschaft bei Wurst und Käse, aber vor allem bei bitterem, dennoch recht süffigem Bier! Ferdoker galt als das beste Bier des Kontinents. Und wenn es nach der Meinung einiger Freunde des Ferdokers ging, war diese Aussage noch untertrieben.

"Sag, sollen wir uns an das Feuer dort gesellen? Ich kann zwar anhand der Wappen niemanden wiedererkennen, aber von der Lage her sollten es doch Koscher sein, oder? Wollen wir?"

Cuana hatte nicht vor zu stehen, daher peilte sie einen einfachen Baumstamm an, der in der Nähe eines Tisches stand, an dem eine Gruppe aus vier jungen Männern [= Boronian, Firin, Gereon und Wunnemar] die Krüge hob. Zwei Bier waren schnell beschafft. Und ein Gespräch auch. Immerhin gab es etwas Erfreuliches. „So. Du und Ceit, ihr wollt also heiraten, ja?“ [Cuana ni Beornsfaire (Tanja)]

"Das Schockierende daran ist, dass ich Ceit nicht einmal entführen musste, damit sie ‚Ja‘ sagt. Du schmunzelst, aber ich habe es ihr angeboten. Naja ist auch eine armselige Entführung, wenn man die Frau seines Herzens vorher fragt, oder? Wenn ich heimkehre, werde ich zuallererst nach Kendra aufbrechen und deinen Vater, eurer Familienoberhaupt, um Erlaubnis fragen. Mein eigener Vater war sofort begeistert. Der alte Mann mag Ceit, seit sie beim Treffen der Besten vor unserem Zelt stand. " Cuanu wurde still und sein Blick wandte sich in die Ferne. Wieder wurde ihm bewusst, wie sehr er doch seine Verlobte vermisste.

Begeisterung wünschte sie dem jungen Glück auch von anderer Seite. Denn Cuana kannte ihren Vater, den alten Junker über Kendras Klippe, und auch seine Einstellung, bei der Wahl der Kandidaten für einen Traviabund im Hause Beornsfaire mitreden zu wollen. Der resolute alte Junker, den ihr junger Freund würde um Erlaubnis fragen müssen, weil er als Familienoberhaupt über die elternlose Ceit gebot, war kein leichter Umgang. Die Ritterin erinnerte sich schmerzvoll an ihr eigenes gescheitertes Bemühen, ihrem Vater ein ‚Ja‘ für den Mann ihrer Wahl abzuringen. So hatte sie Hjalbin – den Zweitgeborenen einer unbedeutenden Familie aus den Seenlanden, der noch dazu den ‚Makel‘ besessen hatte, ein unstandesgemäßer Barde zu sein – am Ende der Streitereien ohne Segen des zornigen Patriarchen geehelicht. Aber sich auch darüber mit ihrem Vater verworfen. Ein Umstand, der Cuana auch nach all den Jahren wieder wie ein Messer in die Brust fuhr. Dem Jüngeren wollte sie seinen beispiellosen Enthusiasmus jedoch nicht schmälern. Sie wusste ja, dass einem die Aussicht an etwas sehr Schönes, Erstrebenswertes eine Rüstung verlieh, die bei all dem kommenden Grauen sogar vor dem Tod bewahren konnte.

Dennoch. Etwas musste sie dem ungestümen Wildfang mit auf den Weg geben, denn sie mochte Cuanu gut leiden und dass ihre Base Ceit einen so netten jungen Mann erwählen wollte, freute Cuana. Sind fand nämlich, dass die beiden jungen Leute gut zusammenpassten: sie, ein wenig weltfremd, und er derjenige, der sie wieder erden würde, dabei beide herrlich frisch verliebt und die jugendhaften Köpfe gleichermaßen voller Flausen. So musste das sein.

„Ich hoffe sehr, der alte Griesgram weiß zu schätzen, dass du persönlich zu ihm kommst, um dich seinem strengen Urteil zu unterziehen. Wenn ich dir einen Rat geben darf, Cuanu: Mein Vater wird sicherlich erst einmal Nein sagen, denn wer weiß, ob er im stillen Kämmerlein nicht selbst Pläne für Ceit hat.“ Sie verdrehte die Augen. „Lass dich davon aber nicht entmutigen! Bleib einfach du selbst, verstell dich nicht, um ihm zu gefallen, im Gegenteil, zeig, wer du bist, sei selbstbewusst und bleib ruhig, auch wenn er dich herausfordert, denn das wird er tun. Du bist aber nicht irgendwer, sondern Ritter und Erbe deines Blutes, du hattest einen guten Lehrherrn, du bist mit der Verantwortung für Lehen, Land und Leute aufgewachsen, du hast gegen die Renegaten gekämpft … Zeig ihm all das! Immerhin wirst du eines Tages selbst Junker sein. Das ist zumindest mehr, als mein lieber Hjalbin je gewesen ist.“ Ein Gedanke, der sie unweigerlich streifte: ‚Zumindest bist du kein armer Spielmann‘

„Mach ihm ehrlich klar, dass Ceit es gut bei euch auf Ceocarraig haben wird, mach ihm deine Nähe zu Baronin Linai und dem Haus Sanin bewusst, dass du neben all deiner Hitzköpfigkeit dennoch Verantwortungsbewusstsein und Ernsthaftigkeit besitzt, und dass du gut für Ceit und später eure Kinder sorgen kannst. Wenn er es erübrigen kann, dann nimm sogar deinen Vater zu deinem Bittgesuch mit! Du musst meinen alten Herrn von Taten und Stand überzeugen, ohne unangenehm prahlerisch zu sein! - So dumm das vielleicht in deinen Ohren klingen mag, doch kann ich dir keinen besseren Ratschlag mit auf den Weg geben, mein Freund.“ Und von einem tiefen Schmerz durchdrungen fügte sie noch hinzu: „Ich weiß ja… von was ich spreche“. Sie seufzte. ‚Leider‘.

Nein, sie hatte den Bruch mit Kendra – mit ihrem Vater und der alten Heimat – nie ganz überwunden. Er war wie ein eingewachsener Dorn, der sich nicht entfernen ließ und der sich von Zeit zu Zeit tiefer in die Eingeweide schob. Nach diesen Worten stürzte sie den Krug in einem Zug hinunter. Der Inhalt schmeckte so bitter wie die Erinnerung.

„Weißt Du, wenn ich meinen alten Griesgram mitnehme, können sie sich gegenseitig ihre Heldengeschichten erzählen. Ich brenne dann einfach mit Ceit durch. Bei Travia, ich vermisse sie sehr." Aus Solidarität kippte er das noch fast halbvolle Bier hinunter und schüttelte sich.

"Nun, magst Du noch einen Krug oder muss ich dir wirklich diesen ekligen selbstgebrannten Torfrübensaft andrehen?" Das typische Lachen überzog sein Gesicht, "Ich meine natürlich diese köstliche Spezialität meiner Heimat."

Cuana sah den Heißsporn streng an, während sie sich mit dem Handrücken über den Mund wischte. Sie schob ihm den leeren Krug hin und sah weiter mit trüben Gedanken in Vergangenheit und Zukunft. Sie hatte das Gefühl, dass der jungen Nebelfelser ihren Ratschlag nicht ganz ernst nahm. Daher griff sie nach seinem Arm. „Cuanu! Nimm meinen Vater nicht auf die leichte Schulter. Und, bei Travia, die du eben schon so flehentlich angerufen hast: verkack’s nicht! Glaub mir, du willst deinen Kindern nicht erzählen wollen, warum ihre Mutter und ihr Vater nie mehr einen Fuß auf Kendra setzen können.“ Sie seufzte tief, bevor sie leiser fortfuhr: „Es ist schön da. Windig, rau, karg und feucht, aber schön. Denk dran, sie werden zu einem Teil immer Beornsfaires sein und das wohlmöglich lieben, egal, wo sie aufwachsen. Das liegt uns irgendwie im Blut.“

Dann ließ sie seinen Arm wieder los und ging endlich auf seine Frage ein:

„Wenn du die nächste Runde ausgibst, probiere ich mal was von deiner Spezialität. So schlimm kann der doch nicht sein, oder? Immerhin hast du den Schlauch den ganzen Weg über hierhergeschleppt. Also trinken wir jetzt auch etwas davon!“

Mit einem PLÖPP löste sich der Stopfen und ein bitterer Geruch ging dem Getränk voraus. Dann reichte er Cuana die Flasche und wartete bis sie einen Schluck genommen hatte...
Cuanu nahm nun ebenfalls einen Schluck und erst dann antwortete er mit einem tiefen Ausatmen. "Ich merke schon, mit einem Lachen und einem Scherz komme ich nicht weit. Ich gebe Dir einen tieferen Einblick: Ich habe keine Angst. Angst habe ich vor dem, was uns vor Mendena erwartet. Aber ich habe sehr viel Respekt. Respekt vor deinem Vater und vor der Situation. Wenn ich meinen Vater einen alten Griesgram nenne, dann spreche ich von einem konservativen Albernier vom alten Schlag, der seine Knochen fürs Vaterland hingehalten hat und in seinem Leben viel verloren hat, einen Herrn über ein karges Land, der selber so ernst wie das Land ist. Ich kenne deinen Vater nicht, aber ich denke, ich habe eine grobe Vorahnung was mich erwartet."

Cuana sah mild lächelnd auf ihn herab. Nein, das hast du nicht, entgegnete sie ihm in Gedanken, aber beließ es bei einem „Ach, ich würde es euch beiden ja so wünschen… Meinen Segen habt ihr zumindest. Auch wenn ich nicht weiß, was die Taladan sagt, wenn du ihr Ceit entreißt. … Nun, du willst sie doch schon nach Westpforte holen, oder wie habt ihr euch das vorgestellt?“

"Ich würde Ceit gerne gen hause nach Westpforte holen, ja. Und damit sieht es derzeit auch ganz gut aus. Es bringt sie auch näher an ihre Heimat. Ceócarraig ähnelt den Klippen dann doch wesentlich mehr als die Wälder des Farindels – Wenn es wirklich so ist, wie du sagst, und alle Mitglieder eurer Familie den Hang zur See haben. … Zu allererst möchten wir aber ein wenig reisen. Wir sind beide noch jung und können uns, wenn Phex und Rahja uns hold sind, vielleicht für ein paar Wochen aufmachen und das Reich erkunden." Sein Blick schweifte ab und er fing an davon zu träumen, wie er mit seiner Geliebten durch Garetien und Almada, durch Nostria und den Windhag zog.

Dass Cuana immer noch hinsichtlich Ceits Verpflichtungen als Zofe einer Baronsgemahlin Bedenken hatte, ließ sie dieses Mal unerwähnt. Stattdessen sah sie den verträumten Blick ihres Gegenübers und verharrte mitleidig. Den beiden verspielten Vögelchen würden schon noch die Augen geöffnet werden. Cuanu war ja, was skeptische Nachfragen zu diesem Thema anging, wie es schien resistent.

"Ich dachte eher, dass du vielleicht noch ein paar Jahre Heckenzeit anhängst, bevor dich die Pflicht ins Seenland bindet. Du bist doch jung, Cuanu, du solltest deinen Namen noch ein wenig in die Welt hineintragen, so lang das geht. Wenn du erst einmal Frau und Kind zuhause weißt, bist du nicht mehr so unbeschwert... aber ich kann natürlich verstehen, dass ihr eurer Liebe so bald wie möglich einen Rahmen geben wollt. Das ist ja auch ein erstrebenswertes Ziel. Nur sag mal, mit welchem Geld wollt ihr eure Reisen machen? Wird dein Vater euch das finanzieren??"

"Ich hatte das große Glück, dass wir keine großen Kosten für neue Ausrüstung für den Feldzug hatten. Dazu kommt, dass wir ein paar Einnahme beiseitelegen konnten, als wir die Renegatenbande vertrieben haben. Meine Schwester wird in Kürze ihr Noviziat am Efferdtempel in Lyngwyn antreten. Das führt zwar auch zu einigen Ausgaben, aber es ist unterm Strich wesentlich günstiger, als wenn sie heiraten würde. Darf ich dich fragen wie es mit dir steht? Hast du deinen Namen auch in die Welt hineingetragen?"

"Nun, das kommt darauf an, wie man es sieht. Viel rumgekommen bin ich in der Welt noch nicht, das muss ich zugeben. Und ob mein Name es aus dem Schatten geschafft hat, den mein Onkel Aiden, der Kronritter, wirft, kann ich schwer sagen. Ich glaube aber, dass ich mich ganz gut gehalten habe." Sie lachte. "Zumindest bin ich nicht auf er faulen Haut gelegen - das ist wohl das einzige, was mir mein Vater nicht vorwerfen kann!" Es war durchaus Ärgernis und Resignation hinter ihren Worten erkennbar, aber sie ließ sich davon nicht entmutigen und fuhr fort: "Ich habe meine Heckenzeit abgebrochen, um gegen die Orks zu kämpfen. Als dann die Kämpfe um unsere Unabhängigkeit anfingen, war klar, dass ich mein Schwert für Königin Invher und ein freies Albernia gebe. Ich habe in meiner Familie gegen meinen Vater gekämpft und in der Wildermark gegen Dämonenbündler und Usurpatorengesindel. Und am Treffen der Besten erstritt ich mir einen Platz im vorderen Drittel. ... Ich denke, dass das Haus Helman meinen Sohn nicht angenommen hätte, würde ich einen schlechten Leumund haben, oder?" Ihre letzte Frage war nicht belehrend gemeint, denn sie untermalte sie mit einem Lächeln. Nebenher streichelte sie den Rand ihres Trinkgefäßes mit ihrem Daumen. [Cuana]

"Sag, ist es nicht komisch für dich wenn du nun an der Seite derer in den Kampf ziehst, gegen die du früher gekämpft hast? Ich kann mir vorstellen, wenn ich dabei gewesen wäre, hätte ich meine Vorbehalte nicht verdrängen können. Meinem Vater wurde in der Schlacht auf Crumholds Auen das Bein zerschmettert und er hat die Flucht nur überlebt, weil er sich mehrere Monate bei meinem Onkel versteckt hat, wo seine Schwester in gesund pflegte. Das Bein ist allerdings steif geblieben und meines Vaters Hass auf alles nordmärkische hat nur noch zugenommen.“

„Es ist schon seltsam, da hast du recht. Und ich mag sie nicht, diese Leute, daraus mache ich keinen Hehl – Hör mal, wenn mir einer von denen blöd kommt, dann...“ Cuana ließ offen, was dann passierte. Cuanu konnte sich aber schon denken, dass sie dann weniger Zurückhaltung an den Tag legen würde. Ihr hasserfüllter Blick, als sie seine Frage beantwortete, sprach davon, wie es im Innern der abgeklärten Ritterin aussah. „Aber um ehrlich zu sein: ich sehe mir ihre Gesichter und ihre Wappen nicht an. Ich will nicht demjenigen gegenüberstehen, der mich damals fast zu Boron geschickt hätte, denn ich würde mich wahrscheinlich dann über den Heerfrieden hinwegsetzen.“

Ihr Blick schweifte ab Richtung Feuer und ihre Stirn legte sich noch einmal etwas mehr in Falten, denn sie gedachte auch ihrer Begegnung mit Barras ui Cerwyn, bei der sie sich fast schon an diesem Punkt gesehen hatte - denn das beleidigende Großmaul hatte es förmlich darauf angelegt, sich mit ihr zu duellieren.

Als sie den Kopf wieder Cuanu zudrehte, entwich ihrer Kehle ein trotziges Brummen. „Ich bin, wenn ich es mir recht überlege, sogar froh darüber, dass etwas Zeit vergangen ist. Es ist zwischenzeitlich vieles andere passiert, weswegen ich dem verlorenen Krieg nicht mehr nachtrauere.“ Sie tat es doch. Sie wollte nur dem Jüngeren nicht das Gefühl geben, eine verbitterte Veteranin zu sein.

„Nachdem du von den Erlebnissen deines Vaters geprägt bist… Was denkst DU über unser gemeinsames Bestreben? Über gar Freundschaften mit ihnen?“

Cuanu nahm sich einen Moment drüber nachzudenken ehe er antwortete. "Also… Nun ich bin ehrlich gesagt zwiegespalten. Ich kann verstehen, dass die Teilnehmer des Bürgerkrieges sich schwer tun innerlich Frieden zu schließen und glaube, wenn ich mehr von den Gräueln erlebt hätte, als ich erlebt habe könnte ich es auch nicht. Die Zeiten waren auch bei meinem Onkel nicht leicht aber ich kann nicht ermessen wie es gewesen sein muss gegen die vermeintlichen Freunde zu kämpfen."

Ein schweigsamer Moment....

"Ich denke aber auch, dass es an meiner Generation ist die Gräben zuzuschütten. Ich meine, wir können die Vergangenheit nicht ändern, aber vielleicht können wir verhindern, dass es in Zukunft wieder zu einer solchen Situation kommt. Ich glaube es ist die Aufgabe derer, die die Gräuel jenes Krieges nicht erlebt haben für eine bessere Zukunft zu Sorgen. Ich muss mich nicht mit ihnen anfreunden aber ich will sicher sein, dass ich mich im Kampf auf sie verlassen kann. Dabei ist es aber egal ob der Ritter an meiner Seite aus den Nordmarken, Garetien oder gar Almada kommt.“

Die Ritterin Beornsfaire stimmte wortlos nickend zu und warf einen oberflächlichen Blick über die anderen Gäste. So unterschiedliche Geschmäcker und Ansichten auf einem Fleck. Ironischerweise war Krieg etwas, das mal entzweite und mal verband. In diesem Krieg, in dem alle denselben Feind hatten, heischte ein jeder nach Kameradschaft. Das fand Cuana furchtbar. Weil vieles dann so aufgesetzt war und sie das plötzliche Zusammengehörigkeitsgefühl als falsch empfand. Gut, alle gehörten unter dieselbe Krone, aber das alles kam ihr erzwungen vor. Ja, freie Westlande, die nicht an das Diktat aus Gareth – oder Elenvina! – gebunden waren, zog sie einem bitteren Schulterschluss unter Schmerzen vor. Weil sie von ihrer eigenen Vergangenheit gehemmt war, bewunderte sie Cuanus Einstellung zwar, fühlte selbst aber anders.

„Ich will nicht, dass wir vergessen was passiert ist. Ich will, dass wir versuchen für die Zukunft zu lernen. Ich denke aber auch, dass die Nordmärker mehr zu lernen haben als wir."

Cuana musste schmunzeln. „Das ist eine lobenswerte Einstellung, mein Freund.“ Oh ja, sie würden lernen müssen, dass sich stolze Albernier nie ganz beugten. „Darauf sollten wir trinken!“ Sie prostete dem jungen Ritter zu, während sie in Gedanken seinen Worten nachhing. Aus seiner Sicht hatte er wahrscheinlich Recht, und wahrscheinlich auch darüber hinaus. Sie fand es für sich selbst jedoch besser, in Ignoranz zu versinken. Das Thema machte sie sonst nur wütend.

"Siehst Du, sobald man genug von dem plörrigen Gesöff getrunken hat, schmeckt der Schnaps fast schon genießbar." Cuanu nahm einen tiefen Zug, der dazu führte, dass sich sein Gesicht zu einer lustigen Grimasse verzehrte," Nein das Zeugs ist widerlich, egal wie sehr ich versuche, es mir schön zu reden. Ich glaube, es ist besser um Wunden zu reinigen, als um es zu trinken. Die Halbstarken bei uns im Dorf machen manchmal Mutproben, bei denen es darum geht, wer am meisten davon trinkt. Am Ende verlieren sie immer alle."

„Das glaube ich dir aufs Wort. Ist wohl so, dass das Zeug nicht des Geschmacks wegen gebrannt wird, sondern weil man’s schlicht brauen kann, oder? Gib schon nochmal her!“

Sie winkte den Schlauch zu sich und setzte ohne zu zögern an. Der Nebelfelser besaß Recht. Das Zeug wurde nicht besser, auch wenn man es sich versuchte schönzutrinken. Missmutig wie sie war hätte sie das wahrscheinlich sogar versucht. Es hielt sie aber dann die Tatsache ab, sich nicht gehen lassen zu wollen. Das hier war schließlich nicht der beste Ort dafür.

„Ich werde morgen oder übermorgen mal zu meinen Jungs schreiben. Sicherstellen, dass Kinnon schön auf den alten Helman hört. Und in Erfahrung bringen, ob Morgheas und Larric Westerfeld nicht niederbrennen, während unserer Abwesenheit.“ Mit ‚uns‘ meinte sie sich und ihren Dienstherrn, den Junker von Westerfeld. „Hab die letzten Tage über schon daran gedacht, das zu tun. – Hast du vor Ceit zu schreiben? Wenn ja, sag ihr einen Gruß von mir: sie soll ja nicht glauben, dass sie mit einer kleinen Feier davonkommt. Ich will natürlich zu eurer Hochzeit eingeladen werden.“

"Tatsächlich habe ich ihr schon einen Brief geschickt. Ich hoffe das Schreiben kommt an, das Gut, das Ceit verwaltet ist ja noch viel abgelegener als Ceocaraíg. Allerdings muss ich noch einen Brief an meinen Vater schreiben und meine Tante wird mich auch rügen, wenn sie nichts von mir liest." In diesem Moment war alles so weit weg. Die Familie, die heimatlichen Moore, der Beleman und vor allem Ceit. "Weißt Du, wenn ich hier so sitze und an zu Hause denke, verstehe ich warum wir Albernier so heimatverbunden sind. Was die Hochzeit angeht, so hoffe ich doch auf deinen Besuch. Ich glaube, Du wirst dich gut mit meinem alten Herrn verstehen und ich würde Dir zu gerne den Rest der Familie vorstellen. Unsere Lehensherrin kennst Du ja und die Baronin freut sich mit Sicherheit auch dich dort zu treffen.

Cuana sah skeptisch über die kurze Distanz. „Ich hoffe doch, dass du Linai ebenfalls um Erlaubnis für diese Hochzeit gefragt hast. – Ich weiß, ich bin nicht unbedingt ein Vorbild, was dies angeht, doch war mein Lehnsherr und mein Vater zu damaligen Zeit ein und dieselbe Person. Bei dir ist das anders, Cuanu. Ich glaube nicht, dass sie etwas dagegen hat, doch rein des Anstands wegen solltest du es tun. Immerhin wirst du den nächsten Junker stellen.“

Sie meinte es eigentlich nur freundlich, trotzdem klangen ihre Worte erneut ein wenig belehrend. Wobei sie zuletzt ihr Gesicht verzog, weil damit einherging, dass Cuanu noch jemandem ganz anderen von seinen Heiratsplänen unterrichten musste. Vermutlich würde dieser sich um ein kleines Junkerlein aus der Provinz nicht kümmern. Aber wer konnte das schon genau sagen? „Den Graf! Ihm musst du auch eine Nachricht zukommen lassen. Am besten persönlich.“ Cuana hoffte ja irgendwie, der Nordmärker Herzog würde in der kommenden Schlacht fallen und sein Grafentitel wieder in albernische Hände gelangen.

[Cuanu von Nebelfels (Sven) + Cuana ni Beornsfaire (Tanja)]

Immer Ärger mit den Nordmärkern

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An einem Feuer unweit der Fässer, aus denen das süffige Nass ausgeschenkt wurde, saß Emmeran von Plötzbogen und ließ den würzigen Inhalt seines Krugs die Kehle hinab rinnen. Eben erst war der 39-jährige ungewollt einer Dirne habhaft geworden, die sich des stattlichen Kriegers ungefragt bedienen wollte. Nach einem kurzen Gedanken an seine zuhause gebliebene Verlobte in den Nordmarken, hatte der Plötzbogener allerdings das, zugegeben, recht ansehnliche Mädel entschlossen bei der Hüfte gepackt und von seinem Schoß gehoben, ihr den Po getätschelt und noch einen schönen Abend gewünscht. Emmeran hatte geseufzt, als sie sich verärgert von ihm abwandte, dem nächstbesten zu, wobei sie ja hier am Ausschank nicht lange suchen musste. Nur Augenblicke hatte sie auf den Knien eines breitschultrigen Weideners Platz genommen und legte sich nun ins Zeug, doch noch etwas zu verdienen. Der blonde Krieger sah den beiden mit Bedauern, aber Amüsement zu. Würde er nicht um Godugifas Vertrauen wissen, läge die Sache anders, und er hätte das liebliche Ding nicht fortgejagt. Und zu anderen Zeiten, als er jünger war, auch nicht. Aber jetzt wusste er um ein Versprechen, ihr Versprechen, und es war ihm, bei Travia, sehr ernst mit dieser Sache. [Emmeran von Plötzbogen (Tanja)]

Neben ihm ließ sich die von der Latrine zurückgekehrte Gestalt Ado von Zweigensangs auf die grob gezimmerte Holzbank gleiten und rülpste. Der ältere Ritter, welcher nach dem Krieg sein Schwiegervater sein würde, fasste sich an den runden Bauch, blies schwer die Backen und beugte sich dann nach vorn, damit hinten ein lauter stinkender Furz entweichen konnte, gefolgt von einem erleichterten Aufatmen Ados. Dieser griff anschließend wieder nach seinem Krug, nur um festzustellen, dass sich nicht mehr viel darin befand. "Verdammter Scheiß, schon wieder fast leer. Das Ding muss ein Loch haben!"

"Ja, oben." antworte Emmeran dem älteren scherzhaft und riss dabei seinen Blick von der kleinen Dirne los, die gerade herzhaft quiekte, weil ihr junger Spielgefährte versuchte, ihr Bier aus der Ritze zwischen den Brüsten heraus zu schlabbern.

Auch dem Isenhager Ritter war das schlüpfrige Gehabe der beiden aufgefallen und er schien sich mehr daran zu stören als Emmeran, denn er erhob die Stimme und warf letztlich den leeren Krug in Richtung der beiden Turtelnden. "He! Macht eure Sauereien woanders! Wir wollen unser Bier genießen."

"Lass sie doch. Spart dir schon Geld." Emmeran legte beschwichtigend die Hand auf Ados Arm und tätschelte diesen leicht, ehe er ihm seinen eigenen Krug reichte, in dem sich noch Bier befand. Er lachte auf. Erst neulich hatte der Vater seiner Verlobten ihm überschwänglich von all den wilden Jugendsünden erzählt, und von den Geschichten, an denen die Schöne Göttin ihre wahre Freude besessen hatte. Und nun störte ihn das Kichern einer kleinen Hure? Emmeran schmunzelte in sich hinein, als der Ritter es mit seinen nächsten Worten auf den Punkt brachte: "Wir wären damals gleich ins Zelt, hätten nicht lang gefackelt. Macht man das heutzutage so, ja? Junge, ich glaub ich werd alt."

Der Plötzbogener stand lachend auf. "Zu alt für ein neues Bier?"

Der Ritter grunzte. "Sohnemann, ich mag zwar alt und verklemmt sein auf meine trüben Tage, aber auch durstig! Also ja, verdammt nochmal, her damit! Das Gesabber da drüben ist ja sonst nicht zu ertragen." grummelte Ado missmutig und brummte noch etwas Unverständliches in seinen grauen Bart, während sich der Plötzbogener erneut zum Ausschank begab und noch zwei Krüge des Gebräus orderte.

Nicht weit entfernt, ebenfalls in Hörweite zur kichernden Dirne hatte Erpho von Richtwald Platz genommen. Bis vor kurzem hatte er noch die Saiten seiner Knicklaute angeschlagen und dabei Lieder über Bier, Heldentaten und Heldentaten am Bier gesungen. Warm und wohltönend gab er sein Können zum Besten, während er zugleich seine Stimmbänder mit kühlem Ferdoker ölte.

Während einer kurzen Pause ließ er die feucht-fröhlichen Eindrücke auf sich wirken und sinnierte ein wenig vor sich hin. Schon immer war ihm der Kontakt zu Huren suspekt, nicht, weil er etwas dagegen hatte Rahja zu opfern, nein es war eher die Art wie dieser Opfer entstand an der er sich störte. Er mochte Frauen, ohne Frage, doch hatte er seine Prinzipien. Er hatte schon mit vielen Frauen der schönen Göttin gehuldigt, auch wenn er sich eingestand die Kontakt nie für mehr als eine oder mehrere Nächte gesucht zu haben. Etwas Dauerhaftes war nie entstanden und so konnte er durchaus verstehen wieso ihn sein Vetter gemahnte sich endlich zu binden. Insgeheim schwor er sich diesem drängen nach seiner Heimkehr zumindest Versuchsweise nachzukommen. Im hier und jetzt jedoch nahm er einen kräftigen Zug von seinem Bier und stimmte das nächste Lied an. Schnell flogen seine Finger über die Saiten, während sein Gesang einem Sturmritt gleich erscholl:

„Droht einer holden Maid ein Leid

Eilt er herbei, egal wie weit

So zog er aus, der rote Ritter

Stürmte vor, wie ein Gewitter

Ficht in der schönen Göttin Namen

Trutzt unzähligen Gefahren

Mit donnernd Huf, im Sauseschritt

Bezwingt er Feind – Schnitt, für Schnitt

Schwert singt und Lanze bricht

Doch verzagen tut er nicht

Egal ob Schurke, Oger, Drachgezücht – er schlägt sie alle

Werden eine Kerbe mehr in seines Gürtels Schnalle

Der rote Ritter rettet Maiden aus höchster Not

So sagt es ihm der wehrhaften RONdra und lieblichen RAHja Gebot

Der Holden Gunst, sei sein Lohn

Alles andre, wär der schönen Göttin Hohn“ [Richtwald(Erpho von Richtwald)18.05.2016]

Mittlerweile hatten die Knappen an einem der grob gezimmerten Holztische in Hörweite von Erphos Gesängen ihr zweites Bier geleert. Die Stimmung war lustig und ausgelassen, der Zwist des Tages und der Ärger des Unterrichtes waren vergessen.

An einem anderen Feuer hatte sich der Skalde und Baron des albernischen Jannendoch, Kjaskar Knallfaust, niedergelassen und übte mit zwei Gefährten an einem Lied in Anlehnung an den Bänkelsänger Jann Bospermann. Den Wortfetzen nach, die der Wind herüber wehte, handelte es sich offenbar um ein Schmähgedicht und die drei stritten sich just darüber, ob man so etwas singen durfte:

„Sackdoof, feig und von Verdruss,

war Jast Gehorsam vom Großen Fluss.

Albernier treten, Windhager hauen

und dabei Levthan nachschauen.“

Kjaskar verteidigte seine neueste Strophe, doch einer der Gefährten unterbrach ihn: “Das darf man nicht machen. Da landet man schnell am Pranger, wenn nicht Schlimmeres.” [Kjaskar (Olaf) 14.5]

Wunnemar lief eben mit den abermals gefüllten Krügen zurück zu der bereits leicht angeheiterten Gruppe, stutzte, als er den Namen des alten Nordmärker Herzogs vernahm und versuchte angestrengt, die Worte des Spielmannes zu verstehen. Er meinte etwas Abfälliges über den verstorbenen Landesvater gehört zu haben, doch das konnte ja nicht sein. Er schüttelte über sich selbst belustigt den Kopf und hätte dabei fast etwas von dem kostbaren Gerstensaft verschüttet. (Stefan [Wunnemar] 21.05.16)

Der tandoscher Knappe hingegen hatte alles verstanden, was Knallfaust vorgetragen hatte und runzelte die Stirn. „Dat soll nu Kunst sin? Pff.“ Sagte er während Wunnemar ihnen ihren dritten Bierkrug reichte und sich wieder zu den anderen setzte. (Gereon (Catrin) 21.5.16)

„Hast du verstanden was der Spielmann gesungen hat?“ Fragte der junge Galebfurtener, als er sich wieder an den Tisch setzte. (Stefan [Wunnemar] 22.05.16)

„Joa. Du net?“ und Gereon nahm einen große Schluck Bier, bevor er weitersprach: „Er hätt jesacht, der aale Jast hät Spass dron jehabbt, Nachbern zo haue und hätt op Levthan jestonn! Ävver isch jläuv nit, datter dat ähnz meint, sonnern dattes Spass iss. --- Hätt sisch nämlisch jeräimt“ (Gereon (Catrin) 22.5.16)

Wunnemars Wangenknochen traten leicht hervor. Seine ganze Miene drückte aus, dass er nicht erfreut über das war, was Gereon da von sich gab. Er warf dem Spielmann einen finsteren Blick zu, besann sich dann aber, schaute wieder in seinen Krug und tat einen tiefen Schluck. (Stefan [Wunnemar] 22.05.16)

Während einer kleinen Trinkpause drangen die Schmähworte auch bis zu Erpho vor. Er grollte den Bewohner des benachbarten Fürstentums nicht, doch führte der belustigende Einfluss des Gerstensafts zu einer – wie er fand – äußerst amüsanten Idee. Bewaffnet mit Bier und Knicklaute wechselte er auf einen Platz, von dem aus er die Bemühungen der albernischen Dichter besser verfolgen konnte. Sich einrichtend verging mindestens ein weiterer der bisher kaum bemerkten Dichtversuche, eh er sich endlich in das Minnewerk einbringen konnte. Treffsicher schlug er die Saiten an, Takt und Melodie harmonierten eindrucksvoll mit dem vorgegebenen Werk der Albernier und doch ließen seine Worte keinen Zweifel an seiner nordmärkischen Abstammung:

„Treulos, tumb und ohn Benimm,

das ist Invher ni Bennain.

Bühne betreten, nach Zweikampf schauen

und dabei dann feig abhauen.“ [Richtwald(Erpho von Richtwald)21.05.2016]

Der Lautstärkepegel um das Feuer hatte sich gelegt und es schien als hielten alle Anwesenden den Atem an, selbst die geschäftigen Dirnen hielten einen Moment unbewegt auf den Schößen ihrer aktuellen Errungenschaften inne. Und so hallten nun die Worte Erphos auch gut hörbar über die Köpfer der sich bei Zwergenbier Verlustierenden.

Gereons Griff um sein neues Bier wurde fester und er zog zornig die Augenbrauen zusammen. „Wat soll datn wärn?“ (Gereon (Catrin) 21.5.16)

Wunnemar hämmerte seinen Krug wie zur Bestätigung des soeben gehörten auf den Tisch. „Na was wohl, er singt, was die meisten Nordmärker von den Alberniern halten.“ (Stefan [Wunnemar] 22.05.16)

„Dat jibbt doch nur Ärjer!“ murmelte Gereon in seinen Krug. (Gereon (Catrin) 22.5.16)

„Dann hoffen wir mal, dass er ja auch nur Spaß gemacht hat. Hat sich ja schließlich auch gereimt.“ (Christian [Firin] 22.05.0216)

„Warum sollte es Ärger geben? Gleiches muss mit gleichem vergolten werden. Wenn die sich einen Spaß daraus machen unseren alten Herzog auf den Arm zu nehmen, dann dürfen wir das doch wohl auch!“ (Stefan [Wunnemar] 22.05.16)

Mit einem großen Humpen von dem süffigen Nass saß Boronian an einem gemütlichen Platz in der zweiten Reihe, hinter Wunnemar, Firin und Gereon, von wo aus er immer noch alles überblicken konnte. Die Lieder, fand er, waren nicht gerade eine hohe Kunst. Zudem wurde das verstorbene Oberhaupt eindeutig beleidigt. Er überlegte einen Moment, doch noch schien es sich nicht zu lohnen, etwas zu unternehmen: „Sagt einmal, Männer, ich fände, der Kerl sollte sich überlegen was er im Koscher Lager so singt. Mich kribbelt es schon unartig in der Faust.“ Der heutige Tag, vor allem das Gespräch mit seinem Vater, hatten wohl auch dazu geführt, dass der sonst so sanfte Riese ein wenig aufgewühlter schien. [Boronian (Mel) 23.05.]

Inzwischen hatte Kjaskar offensichtlich bemerkt, dass seine Zuhörerschaft gewachsen war und ihm mit Erpho nun sogar einen Gegenspieler im Sängerwettstreit entgegentrat. Offensichtlich angestrengt zerbrach er sich den Kopf, um mit einer zweiten Strophe nachzulegen:

„Und selbst abends heißt‘s statt schlafen,

Rahjaspiel mit hundert Schafen.“

Doch schon nach dem ersten Reim wurde er wieder unterbrochen: Es solle doch ein Lied über den Jast aus den Nordmarken werden – bei diesem Reim aber könnte man fast denken, es seien die Tobrier gemeint. Und das seien doch die Brüder, die man befreien wolle! [Kjaskar (Olaf) 23.5]

Während sich Boronian noch über fehlendes Geschick in den Tugenden des Herrn Phex Gedanken machte, hatte sich anderenorts die drahtige Gestalt der jungen Plötzbogen recht phexgefällig aus dem Zelt geschlichen und war durch das Lager der Nordmärker gehuscht, um einer Einladung nachzukommen. Vielleicht würde sie auch irgendwo auf Aedin stoßen?

Nun war die eigentlich Schlafende alles andere als schläfrig am Rande des Koscher Bierausschanks erschienen und hatte die bekannten Gesichter ihrer nordmärkischen Mitknappen schnell ausgemacht. Ha, auf euch ist Verlass! Ira grinste in sich hinein, während sie von hinten an die Gruppe Knappen näherte, die am Rand der Tische Platz gefunden hatte. Sie trug einen leichten Umhang über die Schultern geworfen, das rote Haar zur Tarnung am Hinterkopf zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden. Sie ähnelte in dieser Aufmachung ein wenig Talina, nur mit dem Unterschied, dass Iras Ohren nicht so furchtbar abstanden wie die der jungen Bienenturm. Und die Haarfarbe war auch anders.

Geduckt pirschte sie sich an Boronian heran und hielt ihm von hinten die Augen zu.

"Es kribbelt dich unartig, so so?" gab sie sich schmunzelnd zu erkennen. Sie wusste nicht, um was es ging, denn sie hatte nur die letzten Worte aufgeschnappt. [Ira (Tanja) 23.05]

Boronian war verblüfft, als sich plötzlich Hände von hinten um seine Augen legten. Gut, er saß, dass erklärte einiges. Im Stehen wäre das vermutlich nicht gegangen. Warme Hände, weich... zum Glück sprach die Base ihn an, da hatte er keine Zeit, sich Gedanken zu machen, welche Frau sich wohl an ihn herangeschlichen hatte. Seine Base? Verblüfft drehte er den Kopf, griff dabei nach ihren Händen, und sah sie mit einem sehr fragenden Blick an: "Was machst du denn hier?" leise, aber wohl doch ein wenig lauter als beabsichtigt. "Natürlich kribbelt es unartig. Der da, der Albernier, am Feuer, der singt ziemlich lästerliche Lieder." und nickte bekräftigend Ira zu und machte Platz auf der Bank. Dann schlich sich ein schelmisches Grinsen in sein Gesicht, weil er wusste, dass sie sich weggeschlichen haben musste: "Setz sich, bleib bei mir. Ich bin groß genug, um dich zu verdecken. Magst du was trinken?" Seine Miene hellte sich ein wenig auf. (Boronian (Mel) 04.06)

Gereon glotzte die Hlutherswachter Knappin entsetzt an, er hatte sich gerade mit den drei Jungs so wohl gefühlt und da kam wieder ein Mädchen an: „Nä, Ira -- eijentlich hammer jrad heut von Weibern jenuch!“

„Na, da hast du aber verdammtes Glück, dass ich kein so’n Weib bin.“ Erwiderte Ira dem Jüngeren etwas verärgert und ließ sich nun erst recht demonstrativ bei den Knappen nieder. [Ira (Tanja) 3.6.]

„Juut… wenne scho da biss, setz disch und säi schtill! Es jibbt nämlisch jrad Ärjer!“ Gereon deutete zu Erpho herüber und da er Iras große Klappe kannte und keine Lust hatte, mit ihr zu streiten, wo es doch gerade spannend wurde, schob er ihr seinen fast leeren Krug herüber. „Probber leever maa, dat Ferdoker. Escht lecker!“

Ira dankte und fand die Tatsache ganz charmant, dass sie für die ersten Schlucke nicht einmal etwas zahlen musste. [Ira (Tanja)]

Auch der Galebfurtener grummelte nur kurz etwas Unverständliches in Iras Richtung. Sie erinnerte ihn tatsächlich ein wenig an Talina und das kam einem Schatten auf seiner doch gerade wieder guten Laune gleich. (Stefan [Wunnemar] 24.05.16)

Kaum hatte Gereon ihr den Humpen gereicht, war es wieder leiser um die Feuer geworden, weil alle die Worte des Albernier vernehmen wollten.

Entsetzt blickte der Knappe die anderen an, nachdem der Skalde geendet hatte: „Iss dat nun ooch noch Kunst, isch mein et räimt sisch noch, avver der kann doch nit son fies Kram schwätze?“ (Gereon (Catrin) 23.5.16)

„Wer ist der Kerl?“ wollte Ira wissen und schleckte sich den Schaum von der Oberlippe. Das Bier war gar nicht mal schlecht. Es schmeckte anders als Rohalssteiger Hils, wie es von dem Eichsteiner gebraut wurde und weniger süß als das, was sie aus Hlutharswacht kannte. Irgendwie bitterer, aber auch süffiger. [Ira (Tanja)]

Gereon zuckte mit den Schultern.

Spontan konterte der Richtwalder dem albernischen Barden mit etwas in der Art:

„Selbst abends heißt‘s statt zu ruhen,

um fremder Röcke buhl‘n.“

Er hatte aber an und für sich etwas mehr aus dem anderen Lager erwartet. Diese neuerliche Leistung oder vielmehr die Fehlleistung, enttäuschte ihn sehr. Selbst sein befreundeter Mitdichter hatte sehr gut erkannt, dass der erdachte Reim beim besten Willen nicht passte. Gar derart unpassend war, dass Erpho ihn nicht als Grundlage für seine Erwiderung nutzen wollte. Folglich hatte er ebenfalls das Problem, sich etwas ausdenken zu müssen, jedoch kam ihm bereits nach kurzer Überlegung der passende Einfall. Mit einem abschließenden gedanklichen: ‚Wieso eigentlich nicht!‘ schlug er erneut in die Saiten und sang volltönig, dass es gut hörbar über die Köpfe hinweg schallte:

„Treulos, tumb und ohn Benimm,

das ist Invher ni Bennain.

Bühne betreten, nach Zweikampf schauen

und dabei feig abhauen.

Als wär‘ dem nicht genug,

bestiehlt sie auch des Reich‘s Volke um sein Gut.“

Bewusst fing er dabei von vorn an, sollte der Fremde doch ein wenig Zeit bekommen etwas Besseres, ja etwas Passenderes, zu ersinnen. [Richtwald(Erpho von Richtwald)24.05.2016]

Erneut klopfte Wunnemar zum Beifall mit seinem inzwischen wieder leeren Krug auf den Tisch und machte nun seinerseits ein herzhaftes Bäuerchen. „So ist’s recht!“ (Stefan [Wunnemar] 24.05.16)

Gereon schaute zum Bierausschank, der gerade im Moment nicht so überlaufen war, da sich allgemeine Aufmerksamkeit den beiden Dichtern zugewandt hatte. Also schnappte er sich die leeren Krüge und marschierte nicht mehr unbedingt in gerader Linie zum erstbesten Schankknecht und verschwand kurz aus dem Blickfeld der anderen, während dieser geschäftig die Humpen füllte. Als er schließlich fünf neue Krüge Bier auf den Tisch gestellt hatte, ließ er etwas aus seinem eingeschlagenen Hemd auf den Tisch fallen – es waren einige bereits ältere, matschige Pflaumen, schimmelige Kartoffeln, angefaulte Äpfel und etwas, das aussah als wäre es einmal ein Stück Kohl gewesen - vielleicht.

„Hann isch jefunnen. Fürn Fall datter andre widder fies Sprüsch kloohopt.“ (Gereon (Catrin) 24.5.16)

Ira rümpfte die Nase, als die Fundstücke aus Gereons Hemd purzelten. „Oach, du bist einfach ekelhaft.“ Angewidert rollte sie mit dem Boden des Humpens die mit schwarzen Punkten und hier und da etwas Pelzigem überzogene Kartoffel, die sich zu ihr verirrt hatte, zurück in Gereons Richtung. Leute mit faulem Gemüse zu bewerfen, war nicht Iras Art. Und in eine Schlägerei wollte sie auch nicht geraten, weil sie ja eigentlich im Grunde genommen gar nicht hier war. Es reichte ihr schon, dass Gereon die Aufmerksamkeit auf den Tisch lenkte, an dem sie mit den jungen Männern saß. [Ira (Tanja) 3.6.]

Als Kjaskar sah, dass sich da ein paar der Zuhörer bewaffneten, bewaffnete er sich ebenfalls mit einer angefaulten Zwiebel, erwiderte aber zunächst lachend: „Willste einen Eintopf kochen, Junge? Wenn Du angefaulte Matschsuppe bevorzugst, dann hab ich hier noch eine Zwiebel für dich.“ [Kjaskar (Olaf) 1.6]

Der tandoscher Knappe schob seine „Fernkampfwaffen“ in die Mitte des Tisches und stupste Wunnemar an. „Dat is besser als deen kleen Axt!“

„Nee, das ist doch jetzt echt nicht euer Ernst, Jungs, oder?“ stellte Ira in den Raum und sah ihren netten Abend gerade in einem mords Anschiss ihres Schwertvaters gipfeln sowie mit jeder Menge Strafarbeiten enden. [Ira (Tanja) 3.6.]

Gereon wunderte sich indessen, dass Kjaskar ihn und seinen Plan bemerkt hatte, womöglich hatte er sich doch nicht katzengleich an den Tisch geschlichen, wie er beabsichtigt hatte. Also hob er seine Stimme und brüllte zu dem Albernier rüber:

„Probeerste nochema n paa Zeilsche, dann krisste jezeischt, welschn Eendopp mer Nodmäkker der serviere künne! Los, lass ma höre!“ Und er nahm die patschigste Pflaume in die Hand, die er auf dem Tisch finden konnte. (Gereon (Catrin) 2.6.16)

„Gereon“, flüsterte auch Wunnemar seinem Kameraden mit zwei hochgezogenen Augenbrauen zu, „das kann ins Auge gehen. Weißt du wie viele von den albernischen Hurensöhnen sich hier rumtreiben bei den Koschern?“ Er sah ein wenig besorgt aus. „Wenn es hier zu einer Keilerei kommt werden wir Ärger kriegen, einmal abgesehen von den Schlägen, die wir werden kassieren müssen! Lass die beiden einfach singen und pflichte dem Richtwalder bei, meinetwegen klopfe auf den Tisch, aber fang hier nicht an mit Sachen zu werfen.“ (Stefan [Wunnemar] 02.06.16)

Gereon starrte die anderen an. Mit was für Feiglingen war er denn bitte hier gelandet? An Wunnemar gewandt und heftig mit dem Kopf schüttelnd sagte er irritiert: „Dohässt Muffesause vor denne Albernier? Vor Schläjen?“ Er lachte laut und hysterisch auf und fast fiel er von der Bank, weil er sich dabei zu weit zurücklehnte. „Jung, mer sinn im Kriesch. Unn dohässt Bammel vor Schläjen? Unn aaußerdeeem, waaat maacheschosunpa tratschische Äädäppelsche.“ Gereon schien das alles nur als großen Spaß anzusehen. „Bange wien paar Bellrämmelscher! Seider Noddmäkker oder Höppelepöppel?“ (04.06. Gereon (Catrin))

Wunnemar schaute den jüngeren mitleidig an und schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe keine Angst vor Schlägen, aber vor der Schlacht. Genau weil wir im Krieg sind und wir gesunde Knochen brauchen um überhaupt eine Chance zu haben das uns bevorstehende zu überleben will ich keine Schlägerei anzetteln du Hornochse.“ (Stefan [Wunnemar] 04.07.16)

Der funkelte ihn wütend an: „Isch bin leever en Hornochse als n Hässche, eure Höppelpöppelischkeit!“ (05.07. Gereon (Catrin))

Der Galebfurtener verzog angestrengt das Gesicht, nur um schließlich doch nicht an sich halten zu können. Er prustete lauthals los. Zwischen dem weit vernehmbaren Lachen und mit tränenden Augen verstand Gereon nur: „Das… lustig… HÖPPELPÖPPELISCHKEIT!“

<a name="_Immer_Ärger_mit" title="_Immer_Ärger_mit"></a>Während Gereons Bauch vor Lachen zu schmerzen begann, weil er alles so lustig fand, selbst Wunnemars Gestammel, kam gegenüber dem Platz, in dessen Mitte das Feuer prasselte, Bewegung in die Meute.

„JA, LASSSS HÖRN!“ dröhnte da der dumpfe Bass eines untersetzten Älteren mit speckig glänzenden Geheimratsecken und einem ebenso speckigen Wams, der mit einem schneidigen Kerl an einem der Nachbartische saß und jetzt, angestachelt von Gereons Tirade aufstand und mit einem Krug in der Hand in Kjaskars Richtung gestikulierte. „Erfreu unsss, Spielmann! Los!“

Ein paar Anwesende klopften zustimmend mit den Krügen auf die Tische.

Ira überlegte sich schon, ob sie nicht einfach wieder gehen sollte… als ihr Blick dem Ruf des Graubärtigen folgte und auf ein ihr bekanntes Gesicht fiel. Sofort ließ sie sich in Boronians Schatten fallen, drehte den Kopf zur Seite und schirmte das Gesicht mit der Hand ab.

Als der sich fragend zu ihr umdrehte, wisperte sie ihm zu: „Da drüben sitzt Onkel Emmeran. Du weißt schon, einer von den vier Brüdern meiner Mutter. Genau da, neben dem dicken Alten. Besser, er sieht mich nicht. Los, dreh dich wieder um, bitte, ich bin gar nicht da.“ Sie zwang Boronian, sich wieder dem Geschehen am Tisch zuzuwenden, in dem sie ihn an den Schultern zurückdrehte und anschließend noch etwas kleiner wurde. Schnell trank sie ihr Bier aus, bevor sich vielleicht keine Gelegenheit mehr dazu bot. Ira ging zwar nicht davon aus, dass ihr Onkel sie bei ihrem Schwertvater verpfeifen würde, aber ganz sicher würde bei irgendeiner Familienfeier mal auf den Tisch fallen, dass sie mit ungezogenen Bengel verkehrte. Und weil sie ihre Großmutter Perdia kannte und wusste, dass die alte Dame das gleiche Gemüt wie ihr Bruder, der Baron von Schwertleihe - Boronians Vater - besaß, wollte Ira sich nicht ausmalen, was sie sich von ihr anhören können würde. [Ira (Tanja) 3.6.]

Unweit vom Tisch der Knappen kam die Ritterin Beornsfaire gerade von den Latrinen zurück. Sofort bemerkte sie: die Stimmung war eine andere wie noch vorhin, als sie sich bei ihrem Begleiter entschuldigt und aufgemacht hatte, ihre ersten beiden Krüge Ferdoker in die Grube zu gießen.

„Beim Beleman, was hab ich verpasst?“ wollte sie von ihrem Begleiter wissen, der bei den Feuern auf sie gewartet und die Schmähreden mitverfolgt hatte. Ihrer Frage hing Ärger an, der jedoch daher rührte, dass sie sich zum Donnerbalken erst hatte mühsam durchfragen müssen und dann hatte sie sich auf dem Rückweg von dort auch noch verlaufen. Da die beiden Albernier in der Nähe der Knappen saßen, konnte man, wenn man wollte, dort die Frage der hochgewachsenen Kriegerin in dem schwarz-gelben Wappenrock gut verstehen. [Cuana ni Beornsfaire (Tanja) 1.7.]

"Die halbstarken Nordmärker haben sich auf ein spöttisches Gesangsduell mit einem unserer Barden eingelassen. Du hast Dir genau den richtigen Moment ausgesucht, um wieder zu kommen. Ich bin sicher, dass die Sache bald eskalieren wird. Ich glaube die halbstarken Nordmärker da drüben haben mehr getrunken, als gut für sie ist." Dabei zeigte Cuanu ganz ungeniert auf die Knappen aus der Nachbarsprovinz. [Cuanu von Nebelfels (Sven)]

Cuana warf einen Blick auf den lachenden Gereon und dessen Gefährten, erkannte keine wirkliche ‚Gefahr‘ in den Jungspunden und wandte sich dann wieder ihrem eigenen Bierkrug zu. Aus ihrem verächtlich zusammengekniffenen Mund kam etwas wie „Arrr, Nordmärker…. Solange sie nur saufen…“ Es folgte ein verschlucktes Schimpfwort, welches auf „…-Bande.“ endete. Dann nahm Cuana das Gespräch wieder auf und scherte sich nicht mehr um die Peinlichkeiten, die um sie herum stattfanden. Sollten diese Kerle sich ruhig tottrinken. In wenigen Wochen würden sie vielleicht einen weniger schönen Tod sterben. [Cuana ni Beornsfaire (Tanja)]

Kjaskar reagierte auf die Aufforderung des älteren Mannes und kam zu seinem Tisch. Endlich wer, der noch ein kleines Lied vor der Schlacht zu schätzen wusste!

„JA, komm un‘ sSSing für unsss, du Hansel! – Aber G‘scheite Sachen wollMEr hörn!“ kommentierte der Alte herausfordernd und wiegte sich im großen Kreis Erfreuter, von denen er sich stolz – da schon angetrunken – als Held feiern ließ, der den frechen Barden hergeholt hatte, damit man ihm eins aufs Maul geben konnte, wenn er wieder schmähvolle Unwahrheiten von sich gab.

Kjaskar nahm sich einen frischen Humpen Bier, den er von dem Recken an der Seite des Alten zugeschoben bekam, stimmte eine Saite seiner Laute nach, und begann eine der gefürchteten Sagas, in diesem Fall über die Hetfrau Jandra aus den thorwalschen Legenden:

„Jandra Havallasdottir war ihr Name.

Jandra das Sturmkind ward sie genannt.

Lauschet nun ihrer Geschichte:

Havalla Torbensdottir, die Ungestüme, war ihre Mutter.

Ihr Vater war Tjaron der Kleine. Und gesegnet von Travia war ihr Bund.

Das Ruder hielt sie und lachte der See entgegen.

Sturm und Wogen, Wind und Gischt.

Nur Spott hatte sie übrig für jene vier Gesellen.“

Nach der zweiten Strophe machte Kjaskar eine kleine Pause und schaute sich um. Anscheinend waren die ehrwürdigen Sagas aus dem fernen Thorwal für das hiesige Publikum eher schwer zu verdauen. War da etwa ein Gähnen zu sehen? Auch der dicke Mann, der ihn an den Tisch gerufen hatte, schien nicht begeistert, zumindest war das Kjaskars Eindruck. Hatten Sie auf anderes Liedgut gehofft? </a>[Kjaskar Knallfaust (Olaf) 3.7].

„Lieder über dumme Weiber kemmer selber g‘nug,“ kam von dem alten Ritter prompt der Protest. Er donnerte seinen Bierkrug auf den Tisch. „Was wollmer mit so was?“ Anschließend rülpste er laut und respektlos.

Auch Gereon schaute enttäuscht zu Knallfaust hinüber. Selbst Beleidigungen vermasselten die Thorwaler. Dieses unfähige Brandstifter Pack! „Rahja hatüsch jehört, feijes Jesindel!“ lamentierte er in Richtung der anderen Knappen. Dann riss er seinen Krug in die Luft und lallte laut in Richtung Kjaskar: „Nix kannse juut, die Thorwala-Brut!“

Dann musste er über seinen eigenen, überaus schlechten Reim so heftig lachen, dass er unabsichtlich die Hälfte seines Bier über den Köpfen seiner Freunde verteilte. (04.07. Gereon (Catrin))

Der Galebfurtener sah Gereon angewidert an und raufte sich die nassen Haare. „Tiefer können wir gar nicht sinken, bravo. Was für barbarische Manieren. DU benimmst dich wie ein Thorwaler!“ (Stefan [Wunnemar] 04.07.16)

„Iiih, bäh, Gereon du alte Sau.“ Ira wischte sich eilig den Gerstensaft aus dem Gesicht. Sie hatte vorgehabt, nicht mit einem Zeugnis ihrer Tat zurück zu kommen, aber nun hatte sie den Geruch von Bier an sich. Dafür hätte sie Gereon am Liebsten geohrfeigt, denn das bedeutete später zusätzlichen Aufwand, weil sie sich jetzt auch noch waschen musste. [Ira (Tanja) 5.7.]

Gerade stellte sich Gereon vor, wir gut die halb verschimmelten Traube neben seiner Hand in Baron Wunderbars Nase passen würde, da setzte Kjaskar aufs Neue an. (04.07. Gereon (Catrin))

Dem war Gereons Enttäuschung nämlich nicht entgangen. So wechselte er zu einem beliebten Immanlied, um die Stimmung wieder zu heben und band nun auch die Knappen in die Vorstellung mit ein, indem er sie ganz einfach ansang.

„Schickt mich noch nicht nach Hause,

bitte schickt mich noch nicht nach Hause,

ich will noch nicht zurück.

Ich will hierbleiben und alles Bier trinken,

bitte schickt mich noch nicht nach Haus.“

Woraufhin er sich erst einmal einen Krug Bier nachschüttete. [Kjaskar Knallfaust (Olaf) 4.7].

Laut sang Gereon mit. Es stimmte. DAS jedenfalls hatten die Thorwaler richtiggemacht. Sie hatten ihnen allen den Imman geschenkt. Und Gereon war ein großer Anhänger dieses Sports, hatte oft Spiele der Elenviner Hengste besucht. Und als Kjaskar nun sein Lied endete, stand der Tandoscher Knappe mehr wankend als standfest auf der Bank und grölte schon das nächste Imman-Lied.

„Wir laufen durch den Wind,

Wir laufen durch den Regen

Folgen unserem Traum zu siegen

Lauft zu, Lauf zu,

mit Hoffnung im Herzen

und du wirst nie alleine laufen,

Du wirst NIEEE alleine laufen!“ (Gereon (Catrin) 05.07)

Viele der Anwesenden stimmten mit ein, denn das bekannte Ballspiel vereinigte eben die Völker. So verlagerte sich der Mittelpunkt des Bardenwettstreits um die kunstvollste Posse auf einen betrunkenen Halbwüchsigen, der der Schönen Göttin huldigte, in dem er seine Liebe zum Ferdoker genauso offenkundig machte, wie seine Liebe zum Sport. Sehr zum Leidwesen einer Einzelnen, die sich den Abend ganz anders vorgestellt hatte:

„Bitte. Hol jemand den Rickenbach da runter, bevor noch was passiert.“ flehte Ira die jungen Männer neben sich genervt an, während sie einen verstohlenen Blick in die Runde warf. Passieren konnte ja vieles. Auch Dinge, die sie sich nicht wünschte. [Ira (Tanja] 5.7.]

Erpho von Richtwald nahm mit großer Unzufriedenheit den akuten Verlust an dargebotener Sangeskunst wahr. Das lag zum einen daran das er den Sagas der Thorwaler bisher nicht viel abgewinnen konnte, aber vor allem am trunken, gelallten Gegröle, welches dieser Knappe angestimmt hatte. Als jemand, der etwas auf seine eigene Kunst hielt, zog sich der fahrende Ritter vorerst aus diesem – jetzt nicht mehr – Wettstreit zurück und beobachtete wie sich das Ganze entwickelte. [Richtwald(Erpho von Richtwald) 05.07.2016]

Ebenfalls zutiefst unzufrieden – allerdings mit dem Füllstand seines Kruges – wollte Gereon ohnehin von der Bank herunter, um Abhilfe zu schaffen. Zu seinem Unglück und Erpho zur Genugtuung stolperte er dabei allerdings, mit den Armen rudernd noch versuchend den Fall zu bremsen. Das gelang ihm nur insofern, als dass er verhinderte, nach hinten die Bank herunter zu kippen. Stattdessen landete er äußerst weich mit dem Kopf vorweg in seinen eigenen Wurfgeschossen.

Alles was ihm nicht im Gesicht kleben blieb, spritzte zu Mus zerquetscht in die nähere Umgebung. (08.07. Gereon (Catrin))

Große Spritzer davon fanden den Weg auf die Kleidung der Ritterin, welche nur ein paar Schritt weiter saß.

Eben noch hatte sie mit ihrem Gegenüber darüber gesprochen, wie angenehm sie es doch fand, dass der Nordmärker Herzog, der als Graf Herr über albernische Ländereien war, ihre Heimat, die Baronie Nordhag, zurück an das Fürstenhaus verschenkt hatte und Cuana hatte zugegeben, dass es sie freute, nun wieder etwas mehr fürstlich, als weniger herzoglich zu sein. Weil dies „vieles vereinfache“, wie sie sagte. Hintergrund war der: die Ritterin mochte den Grafen nicht. Sie sagte dies zwar nicht offen, aber Cuanu, der nach dieser Zeit die Base seiner Verlobten schon etwas besser kannte, konnte es aus ihren Worten vernehmen. Denn die gestandene Kriegsmaid mochte eigentlich nichts, was mit den Nachbarn jenseits der Ostgrenze zu tun hatte. Hier in Gallys da hielt man sich aus, da hielt sie diese Leute aus. Und in Mendena würde sie natürlich Seite an Seite mit ihnen kämpfen, so war das gewünscht, so war das auch sinnvoll. Aber zuhause in Albernia hatten diese Nordmärker ihrer Meinung nach nichts zu suchen. Noch nie. Und auch nicht mehr. Cuana wollte im Grunde nichts mehr, als ihre Ruhe vor diesen Leuten. Daher blendete sie die Knappen am Nachbartisch auch aus, so gut es ging, und war dann umso entrüsteter, als das Missgeschick des Jungen ihr Gespräch mit Cuanu auf ekelhafte Weise unterbrach. [Cuana ni Beornsfaire (Tanja) 10.7.]

Eine einzige faulige Kartoffel hatte Gereons Fall überstanden. Wütend nahm er sie in die Hand. Er hätte das Gemüse sehr viel lieber einem Albernier ins Gesicht gefeuert, als selber hinein zu fallen und jetzt regten sich die Langweiler, mit denen er hier war auch noch auf, dabei war es sein Gesicht, das über und über verdreckt war mit diesem stinkenden Matsch. Zornig schleuderte er die Kartoffel von sich, bevor er sich notdürftig mit dem Hemd den Glibber aus dem Gesicht rieb. (08.07. Gereon (Catrin))

Schnell hatte die Ritterin Beornsfaire die Quelle der Unruhe ausgemacht. So warf sie ihre bisherige Ignoranz ab wie ein Mantel, als sie sich zu der nordmärker Knappenschar drehte: „Ihr könnt immer nur Ärger machen, Nordmärker.“ Kamen die Worte schneidend und despektierlich aus ihrem Mund, als die Ritterin ihren missbilligenden Blick in den Tandoscher Knappen bohrte. An ihrem Zungenschlag war erkennbar, welcher Provinz sie entstammte. [Cuana ni Beornsfaire (Tanja) 10.7.]

„Jenau!“ Lallte der ihr zornig entgegen, die letzten Reste des Fruchtmatsches aus seinem Gesicht wischend. „Wir machen Ärjer. Denn deswejen simmer do. In Mendena wern se sehn WAT mer Nordmäkker för Ärjer mache künne!!“ Er ballte die Fäuste, doch dann grinste er die Ritterin an: „Schade, dat ihr damitt sun Problem habt. Aber mer Nordmäkker machen dem Paktiererpack Ärjer fürzwej, also künne merdat usgliche!“ Mit einem provokanten Grinsen schnippte er die Reste einer vergammelten Traube, die er aus einer seiner Haarsträhnen zog, der Ritterin entgegen. (11.07. Gereon (Catrin))

„Ärger für zwei. Ach wirklich, du Hosenscheißer?“ Cuana lachte amüsiert auf und sah mit Genugtuung, wie die Traube vor ihr zu Boden fiel, ohne sie überhaupt gestreift zu haben. Trauriger Wicht. Das Bürschchen war’s nicht wert, dass sie sich aufregte. Nicht lange her und man hatte den Kleinen erst noch gewindelt, so jung, wie der Kerl schien. Der hatte ja noch nicht mal einen Bartansatz! [Cuana ni Beornsfaire (Tanja)]

Mit einem widerwilligen Grollen, welches seiner Kehle entsprang, stand Wunnemar auf, leerte seinen Krug und stellte ihn betont gelassen auf den Tisch. Ihm war bewusst, dass die Gefahr nun rapide angestiegen war, dass das Ganze nun entgleiste und es tatsächlich zu einer wilden Keilerei kam. Beschwichtigend und langsam legte er Gereon die Rechte auf die Schulter, nahm aber gleichzeitig bewusst Stellung schräg hinter ihm ein und blickte zu den Alberniern herüber, um den Umstehenden zu verdeutlichen auf welcher Seite er stand. (Stefan [Wunnemar] 12.07.16)

Nun stand auch Cuanu auf. Langsam brodelte in ihm die Wut ob der Kommentare der Halbstarken. "Klar zeigt ihr es in Mendena.“ griff er die Worte des Halbstarken auf. „Wo waren denn eure Väter als das restliche Reich sein Blut an der Trollpforte vergossen hat? Vermutlich haben sie sich gegenseitig mit Obst beworfen. Zu mehr taugt ihr ja nicht!" Auch ihm hörte man seine albernische Herkunft an. (Cuanu (Sven) 12/7/16)

Der Tandoscher Knappe fixierte Cuanu mit zusammengekniffenen Augen. „Interessant, dat jrade en ALBERNIER mäint nem Nordmäkker sajen zu müsse, wann et fürs Reich einzustehe jilt.“

Sie wollte Cuanu sagen, dass er es doch einfach gut sein zu lassen sollte, weil die Hälfte von diesen Hosenscheißern Mendena sowieso nicht überleben würde. Doch Gereons Worte bewirkten, dass sie es sich doch anders überlegte.

Der blaffte den Schönling laut an und lachte dann hämisch auf: „Und Übrijens: Met Jemös bewerfe mer nur Schwachköppe, daher nämme wir ja eusch daförr. Aber wennde dir zu fäin bis, dann nähm isch uch jern meine Faust!“ Und er schüttelte die Schultern, um sich Wunnemars Griff zu entziehen. (12.07. Gereon (Catrin))

"Ich geb Dir ein paar Jahre, bis deine knubbeligen Fäustlinge als Faust durchgehen, dann klären wir das gerne wie Männer, sobald Du auch einer bist. Jielleicht jannst Du biss dahin ja ooch Jaretie," Cuanu äffte den Akzent des Knappen nach. (13/07/16 Cuanu/Sven)

Wunnemar schluckte seine Wut herunter. Er wusste, dass kühle, berechnende Worte härter treffen konnten als Beleidigungen, mit denen man quasi eingestand, dass man selbst hatte einstecken müssen. Drum wollte er mit seiner durch den Gerstensaft losen Zunge in eben dem besten und klarsten Garethi ansetzen, welches er noch zustande brachte.

War es doch eine bodenlose Frechheit, dass ein Albernier einen Nordmärker der Illoyalität bezichtigt, wo es doch keine andere Provinz des Reiches gibt, welche in der Geschichte so untreu war wie Albernia. Doch kam er nicht dazu, denn die wütende Begleiterin des jungen Alberniers mischte sich ein, bevor er den Mund zu einer Erwiderung öffnen konnte. (Stefan [Wunnemar] 13.07.16)

Wie war das - Schwachköpfe? Cuana hatte nun endgültig genug von dem Geschwätz. Dieser ungezogene Jast’sche Bengel nannte niemanden aus dem Haus Beornsfaire einen Schwachkopf! Aus einer Dummheit im Rausch ihr das Wams besudeln war eine Sache – beleidigen eine andere. Sie fand, Cuanu hatte ganz recht. Es war nun wirklich genug.

Mit einer flinken Bewegung hatte sie sich daher erhoben, rasch einen Schritt auf Gereon zu gemacht und nach dessen Ohr gegriffen. „So, du Hosenscheißer, hör genau zu: ich hab 3 von deiner Sorte zuhause und von denen wagt es KEINER mich zu beleidigen! Dein Schwertvater hätte dir lieber Respekt vor Erwachsenen im Allgemeinen und Rittern im Speziellen beibringen sollen, als das Saufen. Aber das kann ich gern übernehmen, wenn er dazu nicht im Stande ist.“ Und sie zog noch etwas stärker an Gereons Ohr. Der Griff der Ritterin, die man auf Mitte 30 schätzen konnte, schien tatsächlich geübt und war auf jeden Fall unnachgiebig und schmerzhaft. Während sich ihre breiten Kieferknochen aufeinanderpressten, sie sich noch etwas mehr vor Gereon aufrichtete und ihre zornigen Augenbrauen die Stirn unter Falten vergrub, loderte in ihren Augen entfesselter Hass auf.

Wunnemar war sich sicher, dass sie ihn trotzdem im Auge behielt. Genauso, wie die anderen am Tisch. [Cuana ni Beornsfaire (Tanja) 13.7.]

Zunehmend schneller sah Erpho von Richtwald einen schönen Abend in weite Ferne rücken. Er hatte seinen Spaß an den gegenseitigen Sticheleien gehabt, gehörte dies ja auch irgendwie dazu. Immer wieder hielt man sich die gleichen alten Kamellen vor, sich selbst in seinen altbackenen Ansichten bestärkend – durchaus amüsant, sofern man dem mit genügend Gleichmut und Abstand begegnete. Eigenschaften an denen es den angetrunkenen Jungspunden jedoch offenkundig mangelte. Allerdings sah sich der Ritter, der bereits gegen die aufständischen Albernier gekämpft hatte, nicht in der Pflicht den nordmärker Knappen die anstehende Lektion vorzuenthalten. Wer sich derart Vorlaut gebar, sollte damit rechnen tatkräftig zurecht gewiesen zu werden. Ein, zwei kräftige Hiebe könnten ihnen Erfahrungen bescheren die den meisten ein Leben lang ausreichten, dann jedoch würde er wohl oder übel einschreiten müssen. Bis es soweit war hatte er sich jedoch eine andere Beschäftigung überlegt. Kaum hatte die direkte Konfrontation begonnen, griff er erneut in die Saiten und begann das Geschehen musikalisch zu unterlegen. [Richtwald(Erpho von Richtwald) 14.07.16]

Dem Tandoscher Knappen war das Zerren an seinem Ohr nicht unbedingt angenehm. Aber seine eigene Mutter hatte sich bereits vergeblich abgemüht, ihm den Starrsinn auszutreiben und auch sämtliche Strafen seines Vaters waren unfruchtbar gewesen, wenn der versucht hatte seinen Willen zu brechen. Da brauchte eine dahergelaufene Albernierin nicht zu meinen, sie könne Erziehungsarbeit leisten.

Also versuchte er sich aus ihrem Griff zu befreien – Und sollte doch sein Ohr abreißen, das war ihm in diesem Moment egal. Er war wütend, dass diese fremde Ritterin ihm am Ohr zerrte, er fühlte sich ungerecht behandelt, denn immerhin hatten DIE mit den Beleidigungen angefangen und Gereon war außerdem so betrunken, dass er Schmerz nur marginal spürte.

Also zerrte er wie wild geworden unter wilden Beschimpfungen mit dem Kopf, bis er sich mit einem lauten Ausruf des Schmerzes aus ihrer Umklammerung befreit hatte. Er presste seine Hand kurz an sein Ohr, an dem Blut hinab rann. Er wich der Ritterin aus, in dem er sich leicht hinter Wunnemar stellte und war dem anderen dankbar, dass er für ihn Stellung bezog. (13.07. Gereon (Catrin))

Die Albernierin nahm ihre Hand, die den Knappen trotz dessen heftigem Gebaren bis eben noch erbarmungslos am Ohr festgehalten hatte, zurück und verfolgte mit Befriedigung, wie der Knabe mit der großen Klappe kleinlaut hinter seinem Freund Schutz suchte. Reue kam bei ihr nicht auf, auch nicht, als sie das Blut sah, denn ihrer Meinung nach war der Halbstarke selbst schuld. Er musste sich ja unbedingt losreißen, dieser dumme Kerl. Sie musste zugeben: ein kleines bisschen imponierte ihr ja so viel Leidensfähigkeit und Mut zur Selbstverstümmelung. Hm, vielleicht war dieser Rotzbengel ja doch einer von denen, die diesen Krieg überleben konnten. An ihre eigene Schwertmagd, die Defizite in fast allen nötigen Bereichen aufwies, nicht nur, was Leidensfähigkeit und Mut anging, dachte die Ritterin Beornsfaire im Moment ihres Zorns, der von einem unerwarteten Respekt für solcherlei Dinge gerade überrumpelt wurde, eher nicht. Allerdings war Cuanas Nachgiebigkeit auf dünnes Eis gebaut. Sehr dünnes. Denn die Ehrverletzung stand immer noch im Raum.

„Ihr Rotzlöffel habt keine Manieren und ganz offensichtlich fehlt‘s euch an Anstand! Hagelt’s eine Entschuldigung, vergessen wir das Ganze. Hagelt’s aber keine, hagelt’s etwas anders. Verstanden?“ merkte die Ritterin mit maßvollerem Ton als noch eben an. Dass sie es aber zweifellos ernst meinte mit dieser Drohung, war unübersehbar, denn sie spannte ihre Hand schlagfertig vor die Brust wie eine Waffe, die geladen war. [Cuana ni Beornsfaire (Tanja) 14.7.]

Gereon stockte kurz als sein Blick auf das Wappen der Ritterin fiel. Es kam ihm erstaunlich bekannt vor. Doch mochte ihm nicht einfallen warum. Wütend funkelte er sie an: „Euer Fründ hat anjefangen uns zu beleidijen! Mer habe unsnur jewehrt!“. (13.07. Gereon (Catrin))

Die Ritterin Beornsfaire drehte den Kopf zu ihrem jungen Begleiter und lachte erneut amüsiert auf. „Cuanu, was sagt man dazu? Nicht nur rotzfrech, großmäulig, blasiert und selbst überschätzend, auch noch widerspenstig diese…“ Ihr Blick fiel zurück auf die Knappen, Gereon vor alledem. „…Nordmärker!“ An diesem Wort allein hing Abscheu und Hass, der sich in Cuana über all die Jahre angesammelt hatte, seit sie erst ihren geliebten Großvater durch Gefolgsmänner der Schlampe Isora, und später viele Freunde durch deren nordmärkischem Freund, diesem Jast Grausam, hatte sterben sehen.

Wunnemar blieb ausdrücklich ruhig und gelassen, mit Gewalt würde man diese verzwickte Lage nicht lösen können. Da drohte eher ein Fiasko in Form einer gehörigen Tracht Prügel, die Wunnemar ja ohnehin schon seit geraumer Zeit am dunklen Horizont aufziehen sah. Nein da machte sich der Galebfurtener nichts vor, es brauchte Diplomatie. Nur leider war er selbst dafür viel zu aufgebracht über das Verhalten der albernischen Hurensöhne. Aber zumindest hatte er sich soweit im Griff, dass er die bereits zuvor zurechtgelegten Worte in einen einiger Maßen kausalen Zusammenhang brachte. Nur waren sie nicht ohne jede Spitze, das musste er sich selbst bei seinem Monolog eingestehen.

„Ich muss schon sehr bitte meine Herren! Eine körperliche Züchtigung ist nicht die angebrachte Art diese Auseinandersetzung auszutragen. Oder macht man das bei euch zuhause so? Wer gibt euch das Recht einen Knappen eines anderen Ritters so anzugehen? Ihr könnt gerne bei seinem Schwertvater vorsprechen und ihm seine Worte und Taten zur Last legen. Dann werde ich die euren schildern und es kann gemeinsam über eine angemessene Reaktion beziehungsweise Strafe gesprochen werden, wie unter zivilisierten Menschen.

Euer Verhalten, die Ausübung von Gewalt gegenüber einem körperlich deutlich unterlegenem verdeutlicht mir jedoch wessen geistig Kind ihr seid und dass ihr an einer solchen, zivilisierten Lösung keinerlei Interesse habt. Denn Gewalt ist Ausdruck davon, dass ihr längst im Geiste die Waffen des ernsthaften Disputes gestreckt habt. Es ist vielmehr ein Anzeichen von Verrohung, dem viele in diesen Zeiten unterliegen.

Ihr könnt mich nun natürlich auch schlagen, oder was immer ihr so in Albernia tut, wenn man versucht ein kultiviertes Gespräch mit euch zu führen, das steht euch frei. Aber und das gebe ich zu Bedenken, alle Anwesenden werden dann für sich entscheiden können, wer ein angemessenes Handeln an den Tag legt und wer nicht.“

Wunnemar sprach mit nur sehr kurzen, rhetorischen Pausen, die keinem anderen die Möglichkeit gab ihm zu unterbrechen, da ihm klar war, dass er den Bogen weit spannen musste, so dass sie auch wirken konnten. Wenn es dann doch versucht wurde, fuhr er eine Spur lauter fort und fuhr seinem Gegenüber in die Parade. (Stefan [Wunnemar] 14.07.16)

Die Ritterin hatte artig gewartet, bis Wunnemar seine Rede beendete. Aus ihrer Sicht halfen all die schönen Worte dem Jungen keineswegs, sondern sein Klugscheißen machte sie nur noch wütender. Am Ende nickte sie nun unerwartet anerkennend und es sah auch einen Moment danach aus, dass die Ritterin tatsächlich über das Gesprochene nachdachte. Dann aber schnellte ihr gespannter Arm vor und verlieh dem Galebfurtener eine Ohrfeige mit dem Handrücken, die sich gewaschen hatte. Sie trat dabei rasch einen Schritt näher an Wunnemar heran, der nun in der ersten Reihe stand, und faste den jungen Mann ruppig am Kragen.

„Knappe! Dass du es wagst, mir, einer Ritterin, Vorschriften machen zu wollen. Wer mir das Recht gibt? Das Recht gibt mir das Recht! Und ja, ich bin an einer ‚zivilisierten Lösung‘ nicht interessiert. Und nein, nicht ich bin es, die hier ‚Anzeichen von Verrohung‘ zur Schau stellt, sondern du bist es, der hier allen zeigt, wie schön ihr Nordmärker vielleicht reden könnt, aber vom Leben versteht ihr nichts. Also hüte jetzt deine Zunge, oder ich zeige dir wirklich, wie man ‚bei uns zuhause‘ mit betrunkenen, liederlichen Bengeln wie euch umgeht. Nur damit du weißt, wer dich geohrfeigt hat, Knappe: Eine Ritterin des Nordhag, Streiterin Seiner Hochgeboren Baron Radeks aus dem Hause Galyn, und Erbin Kendras, Cuana ni Beornsfaire von Kendras Klippe, war es!“ Und sie beugte sich noch ein wenig vor in Richtung Wunnemars Ohr, um das folgende etwas leiser zu sagen. Nebenstehende Knappen konnten es allerdings noch gut hören: „Hör genau her, Junge! Ich habe nicht gegen Orks gekämpft und für das Haus Bennain geblutet, mein Schwert für die Befriedung der Wildermark gegeben, drei Söhne geboren, einen Mann zu Grabe getragen und alles Geld, was ich hatte, für diesen Heerzug unserer aller Kaiserin aufgebracht, um mir jetzt von dir heute und hier Belehrungen anhören zu müssen. Du weißt offenbar nicht, wo dein Platz ist – Knappe! Jedenfalls nicht auf Augenhöhe mit mir!! Vergiss. Das. Nicht. Und sei götterfroh, dass ich es jetzt dabei belasse, damit wir alle noch einen Schluck von diesem leckeren Bier trinken können!“

Und mit diesen Worten ließ sie Wunnemar los und trat zurück. Cuanas Atem ging schnell und sie zügelte sich merklich. Sie trat sogar noch ein paar Schritte von den jungen Leuten fort, weil sie sich wieder an ihren Platz am Feuer setzen wollte. Sie warf ihrem albernischen Kameraden einen Blick zu, der sagte ‚Ziehn wir uns zurück‘ und war im Begriff, sich zu setzen, ohne sich weiter um die jungen Leute zu kümmern. Sie brauchte jetzt einen Schluck Bier. Oder von Cuanus furchtbaren Schnaps.

Wunnemar nahm die Ohrfeige fast reglos hin, ließ seine Arme am Körper hängen, auch wenn es ihm sichtlich Selbstbeherrschung kostete und er sich verkrampfte. Sein Gesicht verzog sich vom Schmerz gezeichnet, es hatte wehgetan und seine Wange brannte.

Langsam drehte er sich auf Seite, wandte sich Gereon und den anderen Knappen zu. „Ich für meinen Teil werden jetzt zurück in unser Lager. Ich hätte nichts gegen Begleitung einzuwenden.“ Der Versuch eine beherrschte Stimme zu präsentieren gelang nicht zur Gänze, aber er war der Meinung das es der Situation angemessen war. Der Galebfurtener gab denjenigen, die ihn begleiten wollten, Zeit, sich zu erheben und wandte sich noch einmal der Ritterin zu und fügte zum Erstaunen einiger Umherstehender mit ehrlich dankbarer Stimme an: „Habt dank für die Befreiung meiner Heimat.“ (Stefan [Wunnemar] 14.07.16)

Die Ritterin Beornsfaire drehte sogar noch einmal den Kopf zu ihm. Machte dann aber deutlich, dass sie mit ihm durch war, in dem sie sich wegdrehte, ohne auf seinen Ausspruch in irgendeiner anderen Weise zu reagieren, als mit einem distanzierten Blick aus kühlen Augen heraus.

Danach machte der Knappe Anstalten sich zu entfernen.

Eine große Hand legte sich jedoch auf Wunnemars Schulter und ließ ihn stoppen. „Dat wars jetzt? So willste jehn? Dann ham de jewonnen! Die gläuven eh ihr Blut sei was Bessres als unsres. Als hätten unsre Familien nit uch fürs Reich jeblutet. Ist dat nixwert?“

Wunnemar hielt nochmal inne, drehte sich jedoch nur halbherzig zu Gereon um. Sein Blick glitt an ihm vorbei, er schaute, ob wenigstens ein Teil der anderem gedachte, das Feld mit ihm zu räumen. Auch wenn er die Ohrfeige natürlich einkalkuliert hatte und obgleich sein Plan, die streitenden Gruppen zu trennen, indem er als einfacher Knappe die Sache nüchtern und präzise darlegte, aufgegangen war, hatte er die Lust auf Bier und Gesellschaft schlicht verloren. Seine linke Gesichtshälfte pochte noch immer und der Schmerz hatte ihn schlagartig nüchtern gemacht. [Wunnemar]

„Willst du wirklich schon ins Lager zurück?“ wollte Ira wissen. Sie machte dabei ein Gesicht, das sowohl Verständnis als auch Bedauern ausdrückte.

Dieser warf ihr nur einen kurzen Blick zu, und dieser unterstrich seine Absicht. Sein Entschluss stand fest und er würde von ihm nicht abrücken, das wurde Ira nur zu deutlich.

Diejenigen unter den Anwesenden, die bei der Streiterei aufmerksam und neugierig dem Tisch der Knappen zugewandt waren, drehten nun langsam wieder die Köpfe fort. Der Knappe war zurechtgewiesen, es war nicht eskaliert – und somit nicht weiter interessant. Außerdem stimmte der Junge mit den Schlachtengesängen keine neuen Lieder mehr an. So verlor sich das Interesse und die Gespräche setzten wieder ein. Nur Augenblicke später scherte sich keiner mehr um den Tisch mit den aufmüpfigen jungen Nordmärkern.

Gereon war allerdings immer noch voller Eifer. Während Wunnemar sich für weitere Auseinandersetzungen zu müde fühlte, trieb Gereon diese Sache erst an. Er hatte plötzlich eine neue großartige Idee und tat sie ohne Umschweife kund: „För de Aale isses schon zu spät. Aber schau doch der jung Ritter - der kann noch dat schlauste tun, wat n Albernier tun kann: er kann ne Nordmäkerin heirate. Und lurdoch Ira“ – und als wüsste Wunnemar nicht, wer das ist, deutete Gereon mit ausgestrecktem Finger auf die Plötzbogenerin. „Isch weiss scho, die is dat krabitzischste Weibstück wat isch kenn, aber se is doch och echt hübsch - die könnt doch mit dem anbändele. Isch mein och n Albernier verdinnt doch ne Chance sich kluch zu verhalte!“ (14.07. Gereon (Catrin))

„Ey! Ich glaub dir hätt’ die Wohlgeboren auch gleich eine verpassen sollen!“ Machte Ira mit Worten und einer obszönen Geste mit den Fingern klar, dass sie nicht vorhatte, sich an einen Albernier verkaufen zu lassen. Schon gar nicht von einem vorlauten Hüpfer wie Gereon. Ohne dass sie aufstand und ihre Deckung verließ, reichte ihr Arm nur nicht über den Tisch, also wandte sie sich an ihren Vetter: „Räblein, gibt dem Arsch von mir mal kräftig eine, bitte!“ [Ira]

Auf Iras Geheiß gab der Rabensteiner Gereon daraufhin eine harte Kopfnuss.

Der Jüngere versuchte noch dem Schlag auszuweichen, aber er hatte durch die Ferdoker doch einiges an Gewandtheit eingebüsst. „Ehja!“ Rief er aus: „Ich hab jesaacht, dat se hübsch is, oder? Und dat es kluch is se zu heiraten! Also warum wird isch jetzt jeschlaachen.“ Er rieb sich den Schädel, während er ein lautes „Pff“ in Iras Richtung ausstoß.(17.07. Gereon (Catrin))

Der Galebfurtener seufzte, konnte sich jedoch ein Grinsen nicht verkneifen. Woher nahm Gereon nur diese abstrusen Ideen? Dennoch bewegte ihn irgendetwas in ihm noch einmal auf dem eigentlichen Konflikt einzugehen und etwas klarzustellen, seine Sichtweise.

“Gereon. Es geht hier nicht darum, wer gewonnen oder verloren hat. Wir haben unseren Standpunkt klargemacht und vor allem gezeigt, was wir davon halten, uns als untreu dem Reich gegenüber bezichtigen zu lassen, noch dazu von denen.“

„Jetzt setz dich doch noch mal, Wunnemar!“ maulte Firin und wich etwas beiseite.

Wunnemar rutschte dann doch noch einmal auf die Bank, behielt aber sein Vorhaben bei, demnächst von hier zu verschwinden. Er wollte jedoch zuvor noch ein paar Dinge sagen:

„Um das klarzustellen, die Ohrfeige habe ich hingenommen, weil es keine andere Möglichkeit gab von dir, Gereon, abzulenken, ohne die Ritterin wirklich zu beleidigen. So habe ich sie nur gereizt, habe aber nichts gesagt, was man gegen mich verwenden kann. Naja, eine Strafe werde ich vermutlich bekommen, wenn sie zu Roklan geht, aber sie wird sich nicht die Blöße geben zugegen zu sein, wenn ich meinem Schwertvater zitiere, was ich gerade angeführt habe, um sie zu beschwichtigen. Nein, daran glaube ich nicht. Und bevor du fragst, nein, die Ohrfeige hat mich nicht in meiner Ehre verletzt, weil Ehre – wie es weitläufig begründet wird – ein wirres Konstrukt ist, an das ich nicht glaube. Nein, ich sage, wenn es notwendig ist, andere vor ungerechtfertigtem Unheil zu bewahren, dann stellt man sich vor sie und erträgt was kommt, wenn man das Maß der provozierten Reaktion kalkulieren kann und ja, das konnte ich.“

Ira nickte anerkennend und sah von ihrem leeren Krug zu dem älteren Mitknappen auf. „Das klingt sehr … ähm… vernünftig. Ich meine das mit dem sich vor andere stellen. – Gereon, du könntest echt ruhig mal danke sagen!“ Sie warf dem tandoscher Knappen einen auffordernden Blick zu. [Ira (Tanja) 15.7.]

„Willste dat ischemenbützje jeev?“ blaffte er zurück, bevor Wunnemar mit seiner ausführlichen Erklärung fortfuhr.

„Ich habe heute sicher keinen Freund in den Reihen der Albernier gewonnen, aber vermutlich werde ich keinen der ihren je wiedersehen. Die Rabenmark ist weit weg von der Westküste. Also, was soll‘s. Dafür habe ich einem Freund einen Dienst erwiesen, so hoffe ich.“ Kurz schnitt er in Iras Kerbe und blickte in Gereos Augen, der mit gespitzten Lippen einen Kuss in die Luft warf, ehe er Ira ein freches Grinsen zuwarf, welche von dieser mit einer ausgestreckten Zunge erwidert wurde.

Trotz seines angetrunkenen und heiteren Zustands konnte der tandoscher Knappe erkennen, dass es aufrichtige Worte waren, auch wenn der Galebfurtener in diesem Moment sehr müde aussah, seine Augen aber dennoch davon sprachen, dass er noch mehr loswerden musste.

„Darüber hinaus kenne ich keinen der anwesenden Albernier und weiß nicht, in wie weit sie auch einfach nur schlichte Befehlsempfänger sind wie wir, Gereon. Wir sind nur Bauern, die für politische Ziele geopfert werden, wenn es sein muss. Ich jedenfalls bin nicht bereit aus freien Stücken meine Gesundheit zu riskieren, nur, weil sich ein paar Hochadlige verschiedener Provinzen nicht leiden können und beschließen Krieg zu führen. Was können einfache Männer dazu? Nichts. Es reicht schon, dass wir hier und jetzt im Krieg sind für eine Sache, für die es sich lohnt, zu sterben. Der Eid eines jeden Adligen des Reiches gegenüber der Kaiserin ist das Einzige, weswegen wir bereit sein sollten unsere Versehrtheit in die Waagschale zu werfen. Das ist meine Überzeugung. Also bitte lass es gut sein.

Und Gereon, wenn ich mich nicht irre, hat die Albernierin gerade zum Rückzug geblasen und das als erste.“ Ein schelmisches Grinsen zeigte sich auf Wunnemars Miene. „Also zeigen wir wahre Größe und belassen es dabei. Schon bald werden wir Seite an Seite bluten und wen interessieren dann noch alte Kamellen? Wir werden einfach froh sein, dass sie da sind und kämpfen.”

Wunnemar merkte gar nicht, wie er fast wie im Fieber all das loswurde, was ihm auf der Seele lag. Die sie ständig begleitende Angst, dass das Leben auf dem Feldzug schnellenden konnte, die vielen schrecklichen, verstörenden Eindrücke von dahingerafften, verstümmelten und zerstückelten Leibern, die Schreie der Sterbenden und Versehrten, aber auch Bilder aus seiner Kindheit, dem Schrecken der Wildermark suchten ihn in diesen Momenten heim. All das ließ die inneren Konflikte, all das, was Wunnemar beschäftigte, was ihm aufstieß, aus ihm heraussprudeln wie Wasser aus einer Quelle.

Und dennoch war er hinterher fast froh, nicht doch alles gesagt zu haben, was ihm dazu hätte einfallen können. Er hätte sich vielleicht um Kopf und Kragen geredet. Schnell schüttelte er den Kopf, als wenn es alles Unsinn gewesen wäre, was er von sich gegeben hatte, stand seufzend auf, und machte zwei, drei beherzte Schritte weg vom Platz in Richtung des Nordmärker Feldlagers. Schon mit einigen Schritten abstand rief er: „Viel Glück bei den Damen!“ (Stefan [Wunnemar] 15.07.16)

„Boah….,“ Ira fuhr sich mit der Hand über den Kopf und kratzte sich den Schädel. „Ich sag’s ja ungern, aber ihr wisst genauso wie ich, dass Baron Wunderbar Recht hat – oder?“ Sie sah in die verkleinerte Runde, über die nun wie ein Gewitter eine trübe, ja, trübselige Stimmung hereingebrochen war. Doch eines stimmte: Wunnemars Worte hatten Ira tief beeindruckt! Sie hatte den Galebfurtener bisher auch eher als Sonderling betrachtet, weil er einfach eine andere Art hatte und sie sich an dieser Art – wie so viele andere auch – gerieben hatte, offenkundig oder aber auch nur im Stillen. Aber das, was er gerade über den Krieg, Vernunft und wahre Größe von sich gegeben hatte, ließen aus dem Außenseiter, den sie selbst immer wieder belächelt hatte, plötzlich einen jungen Mann machen, der weitaus reifer war, als andere Knappen im gleichen Alter. Ihr Blick fiel auf Gereon – nein, den meinte sie dabei keinesfalls. Dieser Rotzlöffel würde noch lange nicht reif genug sein, dass er jenen Respekt verdiente, den sie gegenüber Wunnemar in diesem Moment empfand. Ohne nachzudenken, ob ihr Onkel an einem der Nachbartische sie vielleicht erkennen würde, wenn sie jetzt aufstand, tat sie es einfach. „Scheiße verdammt, ja, und wie er Recht hat. Und wir sitzen hier nur dumm rum…“ Sie sah noch mal kurz in die Runde, bevor sie Wunnemar nacheilte. [Ira (Tanja) 15.7.]

---> weiter bei"Der Knappe der aufstand"

Gereon schaute Ira nach, ohne Anstalten zu machen, ihr zu folgen.

Auch Boronian und Firin glotzten der Plötzbogenerin irritiert hinterher.

Es war eine Weile still geworden um Kjaskar Knallfaust, dem zuletzt kaum Beachtung geschenkt worden war. Die Worte Wunnemars hatten aber auch ihn bewegt und schnell dichtete er daraus eine ganze Heldensaga:

„Was hier in Gallys geschah,

kommt einer Schlacht am Boronswall nah.

Da schwirrten faule Äpfel und Birnen,

durchs Heer wie die Dirnen.

Da sah man Pflaumen, Zwetschgen

An blassen Wangen sich zerquetschen.

Das Eigelb überzog die Leiber,

Ein Fischkorb platzte zwischen Weiber.

Dem Krautkopf folgten Kürbisschüsse.

Dann donnerten die Haselnüsse.

Doch da stand ein einfacher Knappe auf und sprach:

Wenn ihr meint, ihr kämpft hier um Eure Ehre

spart Euch Eure Kräfte lieber für des Haffax Heere.“ [Kjaskar Knallfaust (Olaf) 17.7]

Seinen mittlerweile leeren Krug stieß Gereon in die Luft, bevor er ihn mehrmals auf den Tisch krachen ließ um dem zustimmenden Applaus für den Skalden beizustimmen.

Dann wandte er sich aber ernst an die beiden Übriggebliebenen, deren aufkeimendes Gespräch über bekannte Immanspieler für Abwechslung sorgten: „Aber sachtema, ihr gläuvtdo nit wekklischd aat de Hornisse besser sin alsde Hengste?“ [Gereon (Catrin)] … und die drei übrig gebliebenen nordmärker Knappen vertieften sich in Diskussionen zu den nordmärker Immanmannschaften und ihren bevorzugten Spielzügen.

Sicherlich war manch einer der Anwesenden enttäuscht, dass die sich anbahnende Keilerei ausblieb und dabei fiel selbst eine vernünftige Abreibung für den vorlauten Burschen aus. Es war normal, dass sich in einem Heerlager, mit all den verschiedenen Gemütern und Ansichten, eine gewisse Spannung aufbaute und danach trachtete sich zu entladen – vor allem, wenn Alkohol im Spiel war. Erpho hingegen war mit dem Ausgange recht glücklich, so konnte er noch ein wenig länger der Minne frönen. Auf neutrales Liedgut zurückgreifend schlug er erneut die Saiten seiner Laute an, stimmte wieder Lieder an und ermutigte sogar beiläufig Kjaskar mit einzusteigen. [Richtwald(Erpho von Richtwald) 26.07.16]

So kühlte sich die erhitzte Stimmung schnell ab und schon bald interessierte sich keiner mehr für die halbwüchsigen Bengel aus den Nordmarken, die sich mit gestandenen Rittern hatten messen wollen. Die Barden gaben sich ihrer Kunst hin, die Zuhörer dem Alkohol und so herrschte nach einer ausgerufenen Freibierrunde des Braumeisters festliche Heiterkeit, welche das eine oder andere Beinpaar zu einem verwegenen Torkeltänzchen ermutigte. Oder unvorsichtige Genießer von der Bank fegte, denn nicht jeder vertrug ohne Weiteres die tückische Wirkung des herben Malzgetränks, welche hinterlistig einsetzte, kaum, dass man sich eben noch völlig nüchtern wähnte.

Boronian und Firin hatten selbst einige Mühen, sich und Gereon, der sich gerade so auf den Beinen halten konnte, unfallfrei heimzubringen. Und der Rabensteiner Knappe musste dem Jüngeren öfters mal eine verpassen oder ihm die große Hand vor den Mund schlagen, wenn der wieder auf die Idee kam mitten im schlafenden Lager wilde Imman-Anfeuerungsgesänge anstimmen zu wollen. Nachdem die beiden den Betrunkenen schließlich so unauffällig wie möglich in sein Zelt bugsiert und sich erst noch von der Baroness von Tandosch eine kleine Standpauke angehört hatten, die aber ohne weitere Konsequenzen blieb, nickten sie sich zufrieden zu und marschierten selbst noch ausreichend angeheitert in ihre eigenen Lager zurück, um dort selbst in einen tiefen borongefälligen Schlaf zu fallen.

Der Knappe der aufstand

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„Wunnemar, warte mal!“ rief Ira, aber sie hatte den Knappen schnell eingeholt. [Ira (Tanja)]

Er blieb stehen, warf aber nur einen Blick über die Schulter und wartete, bis sie zu ihm aufgeschlossen hatte. In Wunnemars Gesicht, das nur schwach vom flackernden Licht eines Lagerfeuers erleuchtet wurde, stand erdrückende Müdigkeit wie zuvor. Aber da war auch noch etwas Anderes, etwas das sie nicht in Worte fassen konnte. Der ihr bisher so verschroben erschienene junge Mann, welcher scheinbar eine viel komplexe Persönlichkeit verbarg, als er zur Schau stellte, schenkte ihr aber dennoch ein Lächeln. „Wenigstens eine, die ich mit meinen Worten erreicht habe.“ Kein Gram lag in seinen Worten, er freute sich, dass sie ihn zurückbegleiten würde.

„Erreicht? Naja, du hast einfach mal die deine Meinung gesagt, und damit ja nur die Wahrheit. Das hat bestimmten Leuten, hm, sagen wir’s so, nicht so ganz gefallen, aber hey, ehrlich, was juckt dich schon so n Knirps wie der Gereon. Der wird seine Sachen schon noch lernen. …Hoffen wir’s einfach mal.“ Ira stapfte neben Wunnemar her und seufzte, als die Rede von dem Rickenbacher war. „DEM hätt sie eigentlich als erstes eine verpassen sollen, diese Cuana ni was-auch-immer. Ich kenn die übrigens. Ich glaub ihre Gäule sind auch an der Tränke mit verreckt. Ja! Klar! Zu ihr gehört die blöde Heulsuse, diese dämliche Kuh.“ Ira rollte mit den Augen.

Wunnemar zuckte nur kurz mit den Schultern. "Mag sein, mir sagten die Namen nichts und es ist mir eigentlich auch egal wie sie heißen." Mehr kam nicht von ihm zu diesem Thema, das er scheinbar schon abgehakt hatte. Dennoch konnte Ira nicht umhin zu bemerken das ihn etwas beschäftigte.

Es dauerte etwas, sie hatten schon einem guten Teil des Weges zurückgelegt, als der Galebfurtener, der bis Dato ganz offensichtlich gegrübelt hatte, erneut Ansetzte. "Welchen Eindruck habe ich bisher auf dich gemacht Ira?" [Wunnemar (Stefan)]

„Hm. Willst du eine ehrliche Antwort? Oder eine, die sich gut anhört?“ Kam die schnelle Gegenfrage. Ira war zwar jünger als er, sie durfte so in etwa Talinas Alter haben, doch sie schien nicht nur eine große Klappe zu haben, sondern wirklich etwas auf dem Kasten, was sie auf der einen Seite nervig albern, auf der anderen Seite aber schon sehr erwachsen machte.

"Natürlich will ich das du ehrlich zu mir bist! Die Frage hat nichts mit Eitelkeit zu tun. Ich weiß das ich bisweilen kein gutes Bild abgegeben habe die letzten Monde. Aber nur, wenn man seine Schwächen vorgehalten bekommt, kann man sich auch zum besseren wandeln. So ist es doch oder?

Das Reich hat so viele Despoten erst durch deren speichelleckenden Adlige ermöglicht und damit auch mit erschaffen, da diese nicht das Rückgrat hatten das Kind auch Mal beim Namen zu nennen."

Ja, das war Wunnemar, wie sie ihn kannte. Im Grunde war er wie alle anderen – er drückte sich immer nur etwas anders aus. Er konnte selten nur Ja oder Nein sagen, wie er gerade wieder unter Beweis stellte. Das ließ Ira innerlich schmunzeln.

„Keine Sorge, ich bin weder speichelleckend, noch ein Despot,“ versuchte Ira einen Witz, um Wunnemar etwas aufzuheitern. Weil sie merkte, dass er aber ernst blieb, ließ sie weitere Witze sein.

„Die Wahrheit willst du. Naja, wie soll ich das sagen, du bist schon, hm,…etwas seltsam. Du bist ernster als andere. Oft sehr…man könnte sagen: Steif. Unspaßig trifft es auch. – hei, ich meine damit, dass du in Ordnung bist, so wie du bist, aber du bist eben….“ Sie suchte nach Worten, und unterstrich ihre Worte gestenreich. „Du bist eben Baron Wunderbar! Das ist ja nicht böse gemeint, ich hoffe, das weißt du? Du drückst dich eben meistens sehr geschwollen aus wie es die Leute aus dem Hochadel tun. Ich weiß, ich weiß, du erbst mal eine Baronie.“ Ira rollte mit den Augen. „Mittlerweile weiß das jeder und es nervt einfach nur noch, wenn du deswegen den Überlegenen raushängen lässt. Und das, was aus deinem Mund kommt, ist, äh, wie soll ich das sagen… so ernst, trocken… erwachsen. Ja! Das trifft es sehr gut: du wirkst recht erwachsen, also, das liegt vielleicht auch dran, dass du ein paar Jahre älter bist als wir anderen, aber was ich sagen will ist: dadurch wirkst du leider oft, als hättest du nen Stock im Arsch, oder wie so ein höfischer arroganter Schnösel – Wunnemar, ich glaube, dass du so ja gar nicht so bist, so schrecklich langweilig und furztrocken und unlustig. Aber,“ sie sah ihn abermals vorsichtig an. „du wirkst eben so.“

Anschließend pustete Ira laut Luft aus ihrem Mund und fasste sich an die Stirn, während sie dem Knappen neben sich einen Blick zuwarf. „Naja, du wolltest die Wahrheit. – warum eigentlich??“

Wunnemar machte nur ganz kurz ein angewidertes Gesicht und nickte dann bestätigend. Es war ihr so als musste er bei letzterer Geste sogar schief grinsen. Dabei wendete er sich Ira jedoch in keinster Weise zu, sondern setzte stur einen Fuß vor den anderen. Wiederum verstrich einige Zeit bis er sich erklärte.

"Ich bin in der Wildermark aufgewachsen, mit allgegenwärtiger Gewalt, Willkür, Gesetzeslosigkeit und ich habe meine Heimat verloren, wir wurden vertrieben. Es gibt nichts wonach ich mich mehr sehne als dorthin zurückzukehren und ein gerechter Baron zu sein für ein Volk das zu viel gelitten und geblutet hat. Das sich aufgab und in sein Schicksal ergab.

Und Ira, keine Angst in mir ist größer als die, so zu werden wie die die ich zu verachte gelernt habe. Ja, ich bin ein Sonderling und sicher nicht der einfachste Mensch, aber es gibt einen Grund dafür."

Iras Hand legte sich zustimmend auf den seinen. „Nein wirst ein guter Herr, das weiß ich. Du hast nämlich das Herz am rechten Fleck, wie das immer so schön heißt.“ Sie lachte kurz, bevor sie erleichtert seufzend fortfuhr: „Götter bin ich froh, dass mir dieses Schicksal nicht auf den Schultern liegt. He, du wirst ein toller Baron sein. Aber ehrlich, für mich wär das nichts. Ich bin ganz froh darüber, nicht die Erbin irgendeines Titels zu sein. Das macht doch irgendwie etwas freier. – Ähm, ich meine, nicht, dass du nicht auch frei wärst, nee das wollte ich nicht damit ausdrücken. Ich wollte eher sagen, dass ich einfach nicht für so ne große Verantwortung, wie man sie als Baron hat, gemacht bin.“

Wieder ein schwaches Nicken. “Ja, da hast du recht, es ist eine große Bürde. Dennoch will ich sie tragen, weil ich davon überzeugt bin das diejenigen die über eine entsprechende Bildung verfügen und gewillt sind sich für das einfache Volk einzusetzen Herrschen sollten, weil sie es somit verdienen. Weil dieses Land und vor allem die Menschen viel zu lange geschröpft wurden.

Klar, du kannst jetzt sagen das das Arrogant ist, weil ich mich dadurch erwählt sehe und vielleicht ist es das auch, aber ich glaube nicht an eine von Praios bestimmte Ordnung, nach der man nur durch Geburtsrecht in den Adel berufen wird, ohne je einen Finger gerührt, ohne sich durch besonderes ausgezeichnet zu haben.”

Als das Wort Praiosordnung fiel, blieb Ira kurz stehen, sah sich für den Moment um und nahm aber dann den Weg wieder auf. Deutlich stand jedoch Sorge in ihrem Blick, als sie die Stimme ein wenig senkte. „Scheiße, Wunnemar, lass das mal keinen Praioten hören. Unabhängig davon, ob du es gut oder schlecht findest, aber altes Recht ist gutes Recht, das weißt du doch. Oh Mann, pass ja auf, dass du dich mit solchen Aussagen nicht das Genick brichst!“

Wunnemar zuckte wie aus den Gedanken gerissen zusammen und blickte sich kurz zu allen Seiten um. Als er sicher war das sie alleine, in der Dunkelheit zwischen den beiden Lichtflecken der Lager Waren, fuhr er deutlich leiser und auch zurückhaltender fort.

“Du hast recht, ich muss vorsichtiger sein. Verzeih, meine Nerven sind dieser Tage nicht die besten. Ich bin in Darpatien geboren, wir halten es eher mit Travia als mit eurem Götterfürsten.”

„Mach dir nicht ins Hemd, ich behalt’s für mich. Ich wollt dich nur drauf hinweisen.“ Entgegnete ihm Ira mit einem Handwedeln, bevor sie selbst ein Zugeständnis machte: „Ich weiß ja eigentlich, was du meinst.“ Dann brummte sie und sah ihn schräg von der Seite an. „Sag mal, wieso ist es dir denn so wichtig, zu wissen, wie du auf andere wirkst? Hast du die Befürchtung, dass deine Selbstwahrnehmung eine andere sein könnte?“

Er grinste. "Nun ja, zugegeben, Selbstreflektion gehört nicht zu meinen Stärken, aber hey, ich weiß zumindest was das Wort an sich bedeutet." Schwang da Selbstironie oder gar Sarkasmus mit in seiner Stimme? Ira war versucht zu sagen das dem so war.

"Nein, mir ist es wichtig das ich lerne eine gewisse Autorität auszustrahlen, Selbstvertrauen und Stärke. Dies sind die Dinge die neben einer entsprechenden Allgemeinbildung meiner Meinung nach wichtig sind für meine Zukunft. Ich will nicht durch einen Titel herrschen, sondern weil die Menschen vertrauen in mich setzen, das sie wissen das ich Dinge auch in ihrem Interesse entscheide.

Ja, und da du zu denjenigen gehörst deren Meinung mir diesbezüglich durchaus wichtig ist wollte ich sie hören."

Ira fasste sich an die Brust und neigte den Kopf. „Oh zu viel der Ehre, Euer Hochgeboren.“ erwiderte sie einen Scherz auf dieses Kompliment. „Nein, im Ernst. Wenn ich dir mal wieder helfen kann, dann sag es nur. Mach ich gern. - Um ehrlich zu sein, fand ich dich anfangs sehr merkwürdig. Naja, wie ich schon sagte, du bist eben etwas, hm, anders als so manch anderer. Aber mittlerweile glaube ich, könnten sich einige von dir etwas abschneiden. Bist `n netter Kerl, Wunnemar, auch wenn du deine Eigenheiten hast. Aber, du, wer hat dicht. Ich klammer mich da nicht aus – oh Götter bewahre.“ Und mit einem Blick aus blitzenden Augen, den Kopf dabei leicht schiefgelegt, ein Schmunzeln im Gesicht: „Iiiich weiß zufällig, dass Talina dich mehr als nur nett findet.“

Ohne Vorwarnung blieb er stehen und wendete sich Ira vollends zu. Er sah überrascht aus. Sie sah aber auch, dass er sich im selben Moment noch für diese Reaktion schollt und die Lippen schützte. Der Galebfurtener Knappe seufzte und verdrehte die Augen. "Offener als in diesem Moment kann man in keinem Buche lesen oder? Ich wusste nicht das ihr beiden so vertraut seid das ihr über solch persönliche Dinge sprecht. So sag schon, was hat sie dir erzählt?"

Die Plötzbogenerin musste lachen. „Nein, wir sind nicht so vertraut. Sie verkehrt eher mit denen aus Nordgratenfels. Aber ich hab schließlich Augen im Kopf. – Sag bloß, du hast davon noch nichts gemerkt?“ Jetzt sah auch Ira überrascht drein. Sie machte kleine schnelle Gesten mit ihren Händen vor der Brust. „Dieses hin und her und auf und ab mit Brun. Mal lässt sie ihn an sich ran, dann trittst du auf den Plan und sie wird zu Eis. In einem Moment ist sie albern wie ein kleines Kind, kaum kommst du um die Ecke wird sie stocksteif… Wirklich noch gar nicht aufgefallen? Echt nicht?“ Sie wartete keine Reaktion ab und fuhr ohne Umschweife fort, aber mit einem amüsanten Lächeln. „O-oh, dann hab ich mich wohl gerade, hm, verplappert. Hups.“ Sagte Ira zwar, aber anhand ihrer Reaktion war deutlich, dass sie das weder peinlich noch schlimm fand. Im Gegenteil.

"Ich weiß das sie mich mag, auch wenn mir die Details, die du anführtest bisher verborgen geblieben sind. Sie hat sich bisher aber nicht festgelegt. Das muss sie auch nicht, ich will sie zu nichts drängen. Sie weiß das ich auf ihre Entscheidung warten werde bis nach dem Feldzug. Aber wenn ich alleine in den Osten, meine Heimat ziehen sollte, wird es zu spät sein, da mache ich mir keine Illusionen. Die Distanz ist zu groß und es ist eine andere Welt nach dem Krieg, Ira. Ich hoffe trotz allem, dass sie mich begleiten wird, um meine Frau zu werden."

„Ähm… versteh mich jetzt nicht falsch, Wunnemar. Aber ist das nicht etwas…hm…voreilig? Wollt ihr nicht erst ein bisschen, naja, du weißt schon. Du bist vielleicht schon alt genug, um an Heirat zu denken. Ich wär das noch nicht. Und ich glaube, Talina hat auch erst mal andere Dinge im Kopf. Wir sind doch gerade mal 17, Schwertmaiden mitten in der Ausbildung. Also, du verstehst mich schon richtig, oder? Hör mal, ich fänd es schön, wenn das mit euch etwas wird, weil ich nämlich glaube, dass ihr sogar zusammenpassen würdet, aber….“ Sie schüttelte mit einem gequälten Stöhnen den Kopf und sah den jungen Mann an. Ihr Gesicht lag im Nachtdunkel, aber ihre Stimme klang mitleidig: „…mal ganz ehrlich, Wunnemar, unter uns: diese Rede von Traviabund und Osten und so, das kann einen als junge Frau, die erst mal daran denkt, Ritterin zu werden, echt erschrecken.“

Innerlich dachte sie: ‚Oh Kerl, warum machst du immer gleich alles anders. Warum kann nicht mal was normal bei dir laufen?‘

Sie merkte wohl, was ihre Worte anrichteten und dass sie sich etwas zu weit hinausgewagt hatte. Daher ließ sie los und klopfte stattdessen vorsichtig gegen seine Brust. Ira wollte ihm wenigstens einen Ausweg aufzeigen. "Minne, Wunnemar. Minne. Nicht gleich mit der Tür ins Haus. Minne gefällt auch potenziellen Schwiegervätern und -müttern besser, als wenn du sie gleich mit Wünschen oder sogar mit Tatsachen konfrontierst. Glaub mir das. Übe dich in Minne. Talina wird das gefallen."

Wunnemar setzte seinen Weg fort, langsamer jedoch als vorher und er wartete bis Ira auf seiner Höhe war, bevor er frei heraus schritt.

"Ich weiß das ich das Glück herausvordere, aber welche Alternativen gibt es für sie und mich? Nach dem Feldzug kehren wir getrennt, jeder für sich mit unseren Schwertvätern auf deren Güter in Nordmarken zurück und können uns, wenn wir Glück haben und man es duldet, noch Briefe schreiben. Wenn ich Nachricht von meiner Großmutter bekomme und nach Tälerort ziehe, werden Briefe mehrere Wochen unterwegs sein. An so eine Liebe glaube ich nicht. Tust du es?

Ira, wenn Talina dazu nicht bereit ist, ist es in Ordnung. Ich werde ihr deswegen nicht Grollen. Das Leben ist zu kurz, um sich lange an Träume zu klammern. Das mag hart klingen, aber ich sehe es so."

Sie wollte etwas darauf erwidern, einen Einwand, doch schien der Ältere zu euphorisch und seine Entscheidung bereits so felsenfest, dass sie nicht diskutieren wollte. Sie war zwar anderer Meinung, akzeptierte aber die seine. Eines wollte sie ihm jedoch noch mit auf den Weg geben, weil sie glaubte, dass er es vielleicht brauchen konnte: „Ich glaube, dass die Liebe viel mitmacht und dass sie für jeden von uns etwas bereithält. Wer weiß, vielleicht laufe ich ja meiner gleich morgen schon über den Weg? Oder erst in 20 Jahren?“ Ira lachte. „Aber in Ordnung. Du machst das schon. Liebe ist eine Herzangelegenheit. Und wenn dein Herz dir das SO sagt…“ Ihre Hand tätschelte im Gehen freundschaftlich aufmunternd seinen Arm.

Vor ihnen kamen die ersten nordmärker Zelte in Sicht und Wunnemar spürte deutlich, dass sich Iras Lockerheit verlor, kaum, dass sie das Lager betraten. Sie zweigten auf ihre Bitte hin sogleich vom Hauptweg ab und schlugen sich über die kleinen Schleichwege, die zwischen den einzelnen kleineren Lagerdörfern, wie sie die in sich geschlossenen Zeltplätze der Barone und Ritter bildeten, wie Adern verliefen. Inmitten aller ‚Dörfchen‘ brannte irgendwo ein Feuer. Ira bemühte sich, in den Schatten zu bleiben.

Wunnemar war irritiert, auch wenn er ihr Spiel mitging. Nach einer Weile wurmten ihn die dunklen Stolperwege aber doch, als er widerholt fast auf der Nase gelandet wäre, weil wieder etwas unerwartet auf dem Boden lag. „Sag Mal, müssen diese Umwege sein? Warum verstecken wir uns?“

"Weil ich eigentlich nicht unterwegs sein dürfte. Hab ‚Vergnügungsverbot‘.“ Gab sie kurz und knackig zur Antwort, während sie weiter die Führung auf ihrem Stolperfallen gesäumten Weg übernahm, bedacht, weder Lärm noch Aufsehen zu erregen. Hin und wieder zischte sie Wumnemar ein „Schhhht“ zu.

Dieser zog bei dem Wort Vergnügungsverbot nur eine Augenbraue hoch, sehr hoch und grinste unverhohlen. "Ahja, das ist ja Mal interessant. Ich für meinen Teil fände Donnerbalkenverbot fast noch... wie würde ich sagen... durchschlagender." Sichtlich mit sich zufrieden über diese Analogie trottete er erheitert hinter Ira hinterher.

„Glaub mir, das ist nicht so witzig, wie es sich anhört,“ grummelte diese und ging auch von sich aus nicht näher auf dieses Thema drauf ein.

Erst als sie an einer Stelle anhielten, wo Ira in Richtung der Hlutharswachter Zelte weiterschleichen würde, nahm sie den Faden noch einmal auf. „Danke für die Begl- achso, ich hab ja dich begleitet.“ Sie schmunzelt, wurde dann aber wieder ernst. „Hör mal, ich war weder bei euch im Koscher Lager, noch habe ich dich zurückbegleitet. Ja? Ich hab das Zelt des Barons in Wahrheit nie verlassen.“ fing sie an, Wunnemar zu impfen, als ihr jedoch ein Gedanke dabei kam, wegen dem sie sich sichtlich ärgerte. „Ach Hexengalle-Orkendreck, ich hab vergessen, den anderen das gleiche zu sagen.“ Sie trat näher an ihren Begleiter heran und fasste ihm in einem Anflug an leiser Panik an die muskulöse Brust. „Wunnemar! Darf ich dich um einen Gefallen bitte? Kannst du den Jungs bitte sagen, dass sie bitte bitte nichts zu niemandem sagen sollen, dass ich mit euch dort war?“

„Sobald ich ihnen morgen ansichtig werde, werde ich sie dementsprechend instruieren oh holde Dame“, feixte er in ihre Richtung.

Die Erleichterung ließ ihren Schalk wieder aufblühen: „Hab Dank, edler Recke. - Und? Gehst du vielleicht noch, naja, wo anders vorbei?“ Dass ihre letzte Frage auf eine ganz bestimmte Person abzielte, war klar.

„Nein Ira, das gehört sich nicht. Nicht so spät und ohne Ankündigung.“ Sein nüchterner, trockener Ton zeigte der Knappin, dass er es ebenso meinte, wie es ihm über die Lippen kam.

Sie schmunzelte bedächtig. Ein wenig neidete sie Talina ja diesen Kerl - Wunnemar war zwar oft anstrengend, aber er war auf der anderen Seite trotz oder vielleicht wegen seiner Ernsthaftigkeit nahezu perfekt.

So verabschiedeten sie sich und jeder von ihnen ging zurück zum eigenen Lagerdorf. Als sie schließlich in ihr Bett geschlichen war und erfreut festgestellt hatte, dass das Lager noch herrenlos, musste Ira noch eine Weile nachdenken. Über Wunnemar, Talina und Wunnemar, die Albernier, die Ohrfeige, den verrückten Gereons, alte Feindschaften und neue Erkenntnisse. Ihr schwirrte noch ein wenig das Bier durch den Körper, das ließ sie jetzt, da sie zur Ruhe fand, schwer in die Unterlage sinken. Ein Gedanke noch, bevor sie Boron anheimfiel: Emmeran! Hatte ihr Onkel sie gesehen? Dann noch ein anderer, der eher eine Sehnsucht verkörperte: würde sie im Leben auch irgendwann einmal einen Mann finden, der so großartig war wie Baron Wunderbar?

Wunnemar brachte die letzten paar hundert Meter zum Lager des Barons von Galebquell grübelnd hinter sich. Tat er das Richtige? War es richtig, dass er Talina den Hof machte? War sie zu jung? Hatte er sich vor den anderen lächerlich gemacht, als die Ohrfeige der albernischen Ritterin einfach ungerührt hingenommen hatte? Erkannte die anderen überhaupt seine Absicht dahinter? Wussten sie, warum er das getan hatte, begriffen sie es? Er fluchte.

Aber was machte letzteres schon für einen Unterschied? Gar keinen verdammt. Er war Darpatier und sie waren Nordmärker. Er würde irgendwann in seine Heimat zurückkehren, was scherte ihn also was sie über ihn dachten. Scheiße, es bedeute ihm etwas und das wurmte ihn nur noch mehr. Es waren seine Freunde, jedenfalls empfand er es so. Und nach all der Zeit bei seinem Schwertvater war er dort, in den Nordmarken, fast heimisch, hatte Land und Leute schätzen und auf gewisse Weise auch lieben gelernt.

Logik war einfach, doch sein Herz war in diesem Moment schwer. Innerlich hoffte er, dass seine Heimkehr noch etwas auf sich warten lassen würde. Sollte sich seine Großmutter viel Zeit dabei lassen Tälerort zu befrieden. Bewusst eingestehen würde er sich diesen inneren Zwiespalt niemals, schon gar nicht vor anderen.

In dieser Nacht würde Wunnemar kaum Schlaf finden. Doch es war nicht die Angst vor der Schlacht, die ihn beschäftigte und so viele andere keine Ruhe finden ließ. Es waren Gedanken um die ungewisse Zukunft, die ihn nicht losließen. [Wunnemar (Stefan)]

Gereons Bußgänge

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Als Gereon am Morgen vom Durst erwachte, dröhnte sein Schädel, sein Ohr pochte und sein Rachen brannte wie Feuer. Er schaffte es noch bis zur Latrine, wo er sich der Reste seines Mageninhaltes entledigte. Es war noch früh und er hatte noch einige Stunden Zeit bis er sich zum Übungskampf mit seiner Schwertmutter zeigen musste, von dem er im Moment nicht wusste, wie er ihn überstehen sollte. Und mit dem Nachdenken über den Abend, kam das Schamgefühl. Er erinnerte sich an die stinkende Hure, an die Ferdoker und die Musik. Dann waren da nur noch – Bruchstücke, die ihm aber schon reichten um die Schamesröte im Gesicht zu spüren.

Also stillte er zunächst das brennende Verlangen in seiner Kehle und reinigte seine Kleidung von Gemüseresten und Schlamm, bevor er sich ins Rabensteiner Lager aufmachte. Er erinnerte sich noch, dass Boronian und Firin mit ihm von den Koschern aufgebrochen waren, also würde er bei ihnen anfangen.

Der Rabensteiner schien auch eher belustigt als verärgert zu sein, als Gereon ihn nach dem letzten Abend fragte und er ihn insbesondere an Wunnemar verwies. Denn Boronian selbst hatte die Streitigkeiten nur am Rande mitbekommen. Gereon war froh, dass der andere ihm nichts nachzutragen schien und eine erste Erleichterung durchdrang sein Schamgefühl. Doch graute es ihm ein wenig vor dem Gespräch mit Wunnemar, also beschloss er erst noch mit Firin zu reden.

Im Ackerfelder Lager angekommen, sah sich Gereon nach dem Jungen um. Er hoffte, dass der sich genau wie Boronian wenig verärgert zeigen würde.

Gereon sah Firin über einen Wassereimer gebückt. Wenig elegant, dafür umso mehr prustend und schnaubend schöpfte der Knappe mit der hohlen Hand Wasser, um es sich ins Gesicht zu spritzen. Dann rieb er sich selbiges mit dem Ärmel seines Gewandes trocken, erhob sich und erblickte Gereon. "Rondra zum Gruße, Gereon. So früh schon auf den Beinen?! Dröhnt dir nicht der Schädel, als würde der Herr Ingerimm selbst in deinem Kopfe mit mächtigen Schlägen eine prächtige Rüstung schmieden? Hunger? Ich wollte gerade schauen, was sich zu beißen findet."

Der leicht grünliche Schimmer auf den Wangen des anderen war Firin Antwort genug und kopfschüttelnd erwiderte Gereon: "Nä, danke." Eine schamhafte Pause später kam er zu seinem Punkt: "Ähm, Boronian .. wusst nit räscht, wat jestern passiert is. Ähm... Ihr habt euch ähm över Imman unterhalte und daher nit sovill mitjekriescht. Isch werd zu Wunnemar jehn, Boronian meint, dat der mehr wüsst. Aber.. aber .. isch wollt dir och tschuldigung saachen. Isch wollt euch nit den Aavend verderbe." Schuldbewusst schaute Gereon zu Boden.

*

Dann atmete Gereon tief durch und wappnete sich für das Treffen mit Wunnemar und machte sich auf ins Galebqueller Lager. Dort erblickte er den Baronet von Tälerort beim Säubern seiner Rüstung und der Pflege seiner Wurfäxte. Er zögerte ein wenig, die Scham hielt ihn zurück und das überaus ungute Gefühl nicht zu wissen für was er sich schämen musste. Mittlerweile waren die Erinnerungen an ein Zerren am Ohr, nicht zuletzt da er inzwischen dort einen deutlichen Schmerz spürte, und einer Ohrfeige zurück, von der er das deutliche Gefühl hatte, dass sie eigentlich ihm gegolten hätte. Noch bevor er seinen Mut sammeln konnte, blickte Wunnemar auf und sah dem Jüngeren in die Augen:

Der Galebfurtener hing seinen Gedanken nach. Gereon wusste nicht ob Wunnemar durch ihn durchsah, oder ob der nichtssagende Blick bedeutete, dass er sauer war. Doch tatsächlich war es so, dass Wunnemar einfach eine Weile brauchte, bis er den anderen Knappen bewusst wahrnahm. Dann jedoch erhellten sich seine Gesichtszüge und ein schelmisches Grinsen stahl sich in seine Miene. „Hei, bist du tatsächlich so früh bereits wieder unter den Lebenden? Respekt, ihr Nordmärker könnt was vertragen, auch wenn es gestern nicht so ausgesehen hat.“ Er lachte schallend. „Naja, aber wie heißt es so schön, wer saufen kann, kann auch arbeiten.“ (Stefan [Wunnemar] 25.07.16)

Die Erleichterung war dem anderen Knappen anzusehen. „Jo. Da haste räsch.“ Dann schaute er aber betreten drein: „Biste … biste sauer? Es tut mir leid dat isch dir den Avend versaut hab. Isch… han nit su die Erfahrung mit … dem Trinken.“

„Vergiss es, das habe ich auch schon getan. Jeder von uns wird in seinem hoffentlich weiteren, langen Leben öfters Mal einen über den Durst trinken und,“ er musste erneut grinsen, „Dinge tun, welche nicht unbedingt sinnvoll sind.“ Mit etwas ernsterer Miene ergänzte er noch, „wichtig ist nur, dass jemand da ist der `nen ruhigen Kopf behält. Wenn wir Mendena überleben kannst du dich revanchieren, denn dann wird es einige Feste geben.“

„Boronian sachte, isch soll am allerbäste disch frajen, wat med den Alberniern vorjefallen is. Isch – isch kann misch nur noch sun bissche erinnere. Da war ne Kriejerin un mer han irjendwie jestritte. Se hat mer am Ohr jezoje.“ Wunnemar sah zum Ohr des anderen. Es war knallrot und geronnes Blut verklebte es mit dem Haaransatz des anderen.

Der Galebfurtener fasste die Geschehnisse um die albernischen Ritter kurz zusammen, wobei er bei der Wiedergabe seiner Rede mehrfach innehalten musste, um mit dem Kopf zu schütteln. Gereon erkannte eine große Portion unterschwellige Selbstironie in seiner Ausführung, mehr noch jedoch in seiner Miene. Er konnte scheinbar selbst nicht glauben was er sich gegenüber den Rittern als Knappe verbal herausgenommen und erdreistet hatte. „Ja, so war das. Ich habe beim Rote und Weiße Kamele Spielen alles auf eine Karawane gesetzt und bin mit Glück durchgekommen.“

Gereon war während der Erzählung erneut etwas übel geworden – allerdings vor Scham. Noch mehr Leute, bei denen er sich entschuldigen musste - Und auch noch Albernier! Ohne Wunnemar hätte es womöglich eine richtige Prügelei gegeben und, die Götter wussten, was DAS für Ärger bedeutet hätte. „Naja, juut, datte suu … ne Keilerei verhindern konntst.“

Er wollte Wunnemar gerne noch sagen, dass er mit manchem von dem Gesagten … bei den falschen Leuten … RICHTIG Ärger kriegen konnte. Aber er fühlte sich gerade nicht in der Position dafür. Vielleicht ergab es sich irgendwann einmal. „Isch bin froh datte da warst. Äh. Danke.“ Nach einer kurzen Pause, setzte er nach: „Un – wie jehts dir heut so? Isch meine wejen … wejen der Weiber?“ Das schlechte Gewissen dem anderen gestern, als es ihm wegen Talina nicht gut ging, durch seine Entgleisung den Abend verdorben zu haben, nagte an Gereon.

Wunnemar seufzte und nahm somit den Wechsel ihres Gesprächsthemas bereitwillig an. Die Ereignisse von gestern schien er ohnehin bereits abgehakt zu haben. „Weißt du, ich versteh sie einfach nicht. Einerseits wollen sie immer so viel Aufmerksamkeit wie sie nur irgendwie kriegen können, andererseits brauchen sie Zeit, es soll jaaa nicht zu schnell gehen.“ Er schnaubte verächtlich. „Wir sind im Krieg, Gereon, und ich habe realisiert, dass jeder Tag der letzte sein kann, für jeden von uns. Darum bin ich vielleicht eher geneigt eine Entscheidung zu treffen, der ich sonst etwas mehr Spielraum gegeben hätte sich zu entwickeln. Aber bei der Allweisen, das ändert nichts am Ergebnis. Ich bin ein Darpatier und wenn wir uns für jemanden entschieden haben, dann soll es so sein – bei den heiligen Gänsen! Was ist, wenn ich in Mendena falle? Dann soll sie ihr Leben in der Gewissheit führen, dass ich das meine mit ihr verbringen wollte. Und umgekehrt, wenn sie stirbt, dann will ich mir nicht ein Leben lang vorwerfen müssen ihr das nicht gesagt zu haben. Das war auch der Rat meines Schwertvaters.“ (Stefan [Wunnemar] 27.07.16)

Gereon nickte langsam: „Dat heißt du sachst ihr, dass de se liebst.“ stellt er fest, aber dann verstand er erst wirklich, was Wunnemar gesagt hatte: „Warte ma… oder willste ihr jar nen Antrach mache?? …Isch mäin, von wejen dem ‚Lääve verbringe‘, mein isch.“ Ungläubig sah er den Freund an.

Wiederum grinste Wunnemar. „Nicht so schnell mit den jungen Pferden, die gehen dir ja durch. Ich mag Talina sehr, ja das stimmt. So sehr, wie ein junger Mann eine junge Frau mögen kann.“ Er versuchte es dem Kleinen so behutsam wie möglich zu erklären. „Und nein, es drückt nur meine Absicht aus, mit ihr gerne den Traviabund eingehen zu wollen, um ihr damit zu sagen, wie ernst mir meine Gefühle für sie sind. Es ist noch kein Antrag. Für einen Antrag werde ich dann selbstverständlich erst mit ihren Eltern sprechen und ihren Vater um seinen Segen bitten. Ich gebe nicht viel auf alte Traditionen und ich würde Talina auch zur Frau nehmen, wenn ihre und meine Eltern dagegen wären, aber ich will es auf die herkömmliche Weise versuchen, um niemanden willentlich vor den Kopf zu stoßen. Aber Gereon, das ist doch noch alles nicht in Stein gemeißelt. Talina ist jung und in dem Alter sind Frauen, hm,… wankelmütig, ich will es mal so nennen. Niemand, schon gar nicht sie, sagt, dass es alles so kommt, wie ich es mir vorstelle. Und noch unsicherer ist unser Überleben. Wer weiß schon wen, oder besser was uns in Mendena erwartet. Bei all dem Ungeheuerlichem, was man über den Fürstenkomtur und seine Art, Krieg zu führen, so hört, mag ich mir kaum vorstellen, was noch kommen wird. (Stefan [Wunnemar] 01.08.16)

„Hm..“ Gereon konnte zwar in keiner Weise nachvollziehen, warum man freiwillig den Traviabund eingehen sollte, aber Wunnemar war schließlich um einiges älter als er und daher sprach er dem Älteren zu, genug Gründe dafür zu kennen. „Naja, isch find ja, ihr zu saache, dat man die Absicht hätt, mit ihr den Traviabund einzujehen, klingt seehr nach nem Antraach…. Aber juut. Wenn dat deine Art iss ihr zu saache, datt duuse magst…“ Dann überlegte er kurz: „Willste dat escht? Isch mein, vielleischt…. überstürzte da wat… wejen dem Kriesch? Un zuhaus sieht es anners aus?“ Er wollte nichts mehr sagen, aber Wunnemar konnte doch sicher noch eine Bessere finden als Talina, die sich zwei junge Männer am langestreckten Arm hielt, um sich nicht entscheiden zu müssen.

„Mach dir keine Sorgen Gereon, es ist mein Wunsch, ja. Der Krieg und der Feldzug mögen mich zuweilen etwas antreiben, es so offensiv anzugehen, aber er ändert nichts an meinen eh vorhandenen, grundsätzlichen Absichten. Ira hat mich dies übrigens ebenfalls gefragt.“ Er schmunzelte. „Versucht ihr mir das auszureden? Weißt du, wir Darpatier sind in vielen Dingen, nun ja, einfach anders.“ Er musste lachen. „Das gerade ich das sage, wo mir das ja eh alle andichten. Gereon, Menschen sind verschieden, das macht es ja so reizvoll, neue Leute kennenzulernen. Sieh es so, ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, indem eine große Familie, der Traviabund und die daraus erwachsenen Kinder der Mittelpunkt allen Strebens waren und ich hoffe, dass sie es wieder sein werden, wenn meine Heimat wieder das ist, was es einst war.“ Sehnsucht stand in seinen Augen und klang auch unterschwellig in seinen Worten mit. (Stefan [Wunnemar] 01.08.16)

„In minger Familisch is Rahja beliebter als Travia – Vielleischt kann isch dat deswejen nit verstonn.“ Gereon zuckte mit den Achseln. Er verstand vor allem nicht, wieso Wunnemar gleichzeitig davon sprach, wie reizvoll das Kennenlernen neuer Menschen war und wie erstrebenswert der Traviabund sei. Das passte seiner Meinung nach irgendwie nicht zusammen. Aber sein Kopf fühlte sich zu aufgebläht an – als würde Luft zwischen seinem Geist und seinem Knochen hin und her wabern. „Isch gläuv, isch mach mich zu Ira auf. Mer spreche mal wannanners über Darpatien. Isch … Isch kenn misch nit so juut damit aus, aber es scheint schön da zu sein.“ Er lächelte Wunnemar zum Abschied an. „Ganz wunderbar!“ Und er grinste den Freund nochmal an, bevor er sich in Richtung des Hutherswachter Lagers wandte.

Auch der Galebfurtener grinste Breit bei dessen Scherz und klopfte Gereon noch einmal aufmunternd auf die Schulter. „Auf, auf, der Drache wartet! Lass dich ja nicht von ihr fressen.“

*

Er wusste nicht recht, ob ihn das Gespräch mit Wunnemar beruhigt hatte. Immerhin war der Tälerorter ihm nicht gram. Aber dass er Ira vorgeschlagen hatte einen Albernier zu heiraten…. Er schüttelte den Kopf. Und DIE würde sicher nicht so einfach über seinen Ausfall hinwegsehen. Die würde ihn rund machen. Er streckte die Schultern und marschierte schnell und ohne weiteres Nachsinnen zu den Hlutherswachtern. Da Wunnemar ihn aber gewarnt hatte, dass Ira „offiziell“ gar nicht bei ihnen gewesen war, hielt er sich etwas abseits, um nicht Iras grimmigem Schwertvater zu begegnen, in der Hoffnung, sie käme zu ihm, wenn sie ihn sähe.

Tatsächlich dauerte es eine kleine Weile, bis ihre Pflichten es erlaubten, dass sie Gereon –der ihr irgendwelche Zeichen gab, die sich aber nicht so richtig einordnen konnte – am Rand des Hlutharswachter Lagers abfing. Sie hatte zwei Eimer dabei und war auf dem Weg Wasser zu holen.

„Scheiße, Gereon, du siehst ja furchtbar aus.“ machte Ira ihm als erstes ein Kompliment, das eigentlich keines war. Sie sah sich kurz in Richtung der Zelte um, aber es war recht unwahrscheinlich, dass ihr Schwertvater von dem Gespräch etwas mitbekam. Trotzdem ging Ira lieber auf Nummer Sicher, bevor sie die folgende Frage stellte: „War ihr gestern noch lange?“ Dass er sie am gestrigen Abend mit dem jungen Begleiter der Albernierin verkuppeln wollte, kam bislang nicht zur Sprache.

Gereon schüttelte den Kopf: „Isch gläuv nit.“ Dann machte er eine kurze Pause, schaute Ira an und seufzte: „Et tut mir übrijens leid. Dat… Dat… isch …. Isch mein, wenn isch … irjenwie… blöd jewesen bin zu dir? Isch gläuv isch hann… vielleischt….ziemlich…dumme…äh…Sachen jesagt. Isch mein, dat mit der Hochzeit und su…. Isch mein… du finnest sischer wat besseres als n Albernier… isch wollt gar nicht saajen, dat du nit jut jenuch fürn Nordmäker bis…. Escht…. Alsu… isch mein nit misch selbst natürlich… Nit dat isch disch nit escht hübsch find.. aber… du verstehst schon... aber, du bis… nit so mein Typ.. weisste... aber du finnest sischer eenen, der … öber dein… isch mein… weil du doch..“ Verflucht, diese Entschuldigerei war nicht so einfach und die Hlutharswachter Knappin machte es mit einem strengen Blick, der sicherlich auch Wasser zu Eis gefrieren lassen konnte, nicht einfacher.

„Es jibt sischer juute Nordmäker Männer, die ne hübsche un -äh- redelustiche…“ Oh ja, das war endlich ein gutes Wort für ihr großes Mundwerk und er seufzte erleichtert auf: „…junge Frau wie disch wolle, un die könne all jlücklisch sin! Also, jedenfalls, et tut mir leid!“ Er blickte Ira zögerlich an. Er hoffte er hatte sonst nichts gesagt, für das er sich schämen musste.

Ira hörte sich an, was der Tandoscher Knappe vorzubringen hatte. Am Ende aber musste sie lachen. Sie lachte lauthals und wischte sich Lachtränen aus den Augenwinkeln. „Mal ganz ehrlich, Gereon.“ Sie streckte einen Arm nach ihm aus und wuschelte ihm frech durch das blonde Haar, das auch schon ohne ihr Zutun nach allen Seiten abstand. „Ist ja echt süß, dass du zu mir kommst, aber wenn dich dein Gewissen soooo plagt: warum gehste dann nicht zu Wohlgeboren Dingens zu Nordhag, Schwert von Irgendwas, hä?“

Gereon wurde rot und für einen kurzen Moment färbte sich sein Gesicht in der Farbe seines Ohres: „Jo. Da muss isch och noch hin! Un… dat jefällt mer nit!“

„Soso, es gefällt dir nicht. Was genau? Dass du vor ihr in den Staub kriechen musst? Dass du dir dein Ohr selbst verstümmelt hast, als du dich losreißen musstest? Oder dass du hoffen musst, dass sie vergessen hat, was für selten dämliche Gemeinheiten du ihr an den Kopf geworfen hast?“ Sie lachte noch einmal laut und undamenhaft, diesmal vor allem ein wenig aus Schadenfreude. „Ich will ehrlich gesagt nicht in deiner Haut stecken, Gereon.“ und untermalte ihr breites Grinsen mit leichtem Kopfschütteln. „Die sah mir jetzt nicht danach aus, dass sie dein Freund sein will. Gestern schon nicht. Heute wahrscheinlich auch nicht. Und vermutlich auch nicht morgen. – Was sagt übrigens deine Baroness zu allem und deinem neuen …Ohr? – He, du hast deiner Schwertmutter hoffentlich als erstes gebeichtet, oder?“ Sie sah ihn eindringlich an. Aber viel Mitleid ging nicht von ihr aus.

„Sie iss heut früh zu ner Besprechung.“ Gereon schaute Ira trotzig an. Er wollte das bereinigen, sich entschuldigen, bevor seine Schwertmutter etwas mitbekam. Sie hatte ihn gegen den Willen seiner Familie aufgenommen. Sein Lebenstraum lag in ihren Händen, er wollte ihr Wohlwollen nicht verlieren wegen fünf koscher Bieren. Nein – er wollte ihr zeigen, dass er für seine Fehler einzustehen wusste.

„Dann hast du ihr ja später einiges zu erzählen. Denn: sagen musst du’s ihr. Bevor’s ein anderer tut.“

Er seufzte: „Isch weiß.“ Dann sah er Ira traurig an: „Denkste, sie.. sie schickt mich wieder nach Hause … dass sie mich rauswirft und ich nicht mehr ihr Knappe sein darf?“ Das erste Mal war es Ira, als hörte sie echte, tiefe Angst aus der Stimme des anderen.

„Puh.“ Die Plötzbogenerin blies Luft aus, während sie sich in Gereons Worten gerade selbst wiedererkannte. Noch vor wenigen Tagen hatte sie nämlich ähnliche Gedanken gehabt. Aber ihre waren eher in eine andere Richtung gegangen, und zwar in die, an den kommenden Kämpfen nicht mitkämpfen zu dürfen. Es war zu ihrem Entsetzen tatsächlich im Gespräch gewesen. Daher konnte sie gerade sehr gut nachfühlen, wie es dem Tandoscher Knappen ging. Ihre Strafe war ja dann aber eine andere geworden. Zugegeben, eine, für die sie ihren Schwertvater nicht minder hasste. So zuckte sie nur mit Schultern. „Keine Ahnung. Du hast, wenn ich ehrlich bin, ihre Erziehung schon sehr lasch erscheinen lassen durch dein Benehmen. Und ich kenn ja die Baroness nicht. Beantworte dir die Frage am besten mal selbst. Wie schnell ist die eingeschnappt oder angepisst, wenn’s um ihre Ehre geht? Wie waren ihre bisherigen Strafen so? … Oder glaubt sie auch, dass sie weiterkommt, wenn sie dir eine Strafe gibt, für die du sie aber am liebsten in die Wüste Khom schicken würdest!?“ Iras Stimme war jeglicher Humor entflogen und anscheinend sprach sie zuletzt nicht von der Tandoscherin.

Der andere zuckte mit den Achseln: Körperliche Strafen hatten ihn noch nie sonderlich tangiert – was sein Vater nie begriffen hatte. Aber seine Schwertmutter hatte es erstaunlich schnell verstanden. Daher mochten andere durchaus eine lasche Erziehung in ihrem Strafenkatalog sehen, aber ihn strafte eben tiefe Enttäuschung in ihrem Blick und ihren Worten mehr als jede Weidenrute es vermocht hätte.

Er zuckte nochmal mit den Achseln und seufzte. Die düstere Ahnung einer Strafe verfinsterte seinen Blick, denn es blitzte die Erinnerung an ein Gespräch auf, das seine Herrin vor einigen Monden mit ihrer Schwester über ihn geführt hatte. „Es wird fochtbar! Ejal wie et ussjhet!“ Dann straffte er die Schultern: „Aber et is allet ejal, solang isch ihr Knappe bleiben darf. Un daförr werd isch allet tun. Allet. Man muss bereit sein bis zum bitteren Ende für das zu kämpfen, für das man leben will.“ Und obwohl seine Erscheinung heute Morgen fast jämmerlich wirkte, trat ein Leuchten in seine Augen, das Ira fast glauben machte, er könne die kommenden Schlachten allein mittels seines Willen überstehen. Ira hoffte nur, dass der Junge, der ihr irgendwie ans Herz gewachsen war, nicht daran scheitern möge, dass die Welt – und damit alle Schwerteltern – manche Fehler eben nie verzieh. Jost würde ihr zumindest den ihren noch bis zu seinem Tod vorhalten, da war sie sich sicher.

*

Mit Ira war es besser gelaufen als er gehofft hatte. Aber nun stand ihm das Schlimmste bevor. Man hatte ihm von Klein auf beigebracht, Probleme besser sofort anzugehen als sie gären zu lassen. „Sonst erschlagen sie dich von hinten!“ hatte sein Vater ihm immer wieder gepredigt und für was für einen herzlosen Geizknochen er seinen Vater auch halte mochte- Er war schon ein schlauer Fuchs. Und er wusste, dass er sich erst besser fühlen würde, wenn er sich bei wirklich ALLEN entschuldigt hatte. Und er hatte noch genügend Zeit bis er wieder zurück sein musste. Also stapfte er – ohne nochmals darüber nachzusinnen- los: Ins Lager der Albernier.

Der Fußmarsch tat ihm gut, allmählich beruhigte sich sein Magen und der Trinkschlauch, den er vorsorglich mitgenommen hatte, beruhigte seine trockene Kehle. Nur ein dumpfes Pochen hinter den Schläfen erinnerte ihn unablässig daran, dass er nie mehr wieder so viel von dem verfluchten Ferdoker trinken wollte.

Im Lager der anderen dauerte es etwas, bis er bei den richtigen Zelten angekommen war. Auch hier herrschte rege Betriebsamkeit. Allerorts wurden letzte Vorbereitungen für den anstehenden Ritt gen Mendena getroffen, wurden Waffen geschärft und Leder gefettet, Kettenhemden geölt und Rüstungen poliert. Während seiner Suche hatte er sich wie ein Fremdkörper gefühlt. Hasserfüllte Blicke hatten seinen Rücken durchbohrt, denn zumindest in seiner Vorstellung hätten ihm die meisten der Albernier am liebsten ein Messer zwischen die Rippen gestoßen. In Wirklichkeit hatte sich niemand für den unbekannten Jungen interessiert, nicht einmal der Ritter, den Gereon mit der Frage genervt hatte, wo er die Ritterin Beornsfaire oder das Lager der Nordhager finden konnte.

Unter einem der Banner mit einer goldenen Mauer auf Rot – das Wappen des Barons von Nordhag, wie er gelernt hatte – war er nun auf seiner Suche nach der Ritterin stehengeblieben. Mehrere weitere Wappen flatterten über den Nordhager Zelten. Unter anderem eines mit einem hässlichen goldenen Vogel auf blauem Schildfuß, unter dem der gelbe Turm auf weißem Fels vor nachtschwarzem Grund hing. Das Wappen der Ritterin. Er erkannte es wieder.

Scheu suchte er nach selbiger und erblickte schließlich ein bekanntes Gesicht. Er straffte die Schultern und eilte auf dieses zu.

Die blonde Heulsuse – wie sie von Ira genannt wurde – bugsierte gerade einen schweren Sattel aus einem Zelt. Wie, als handele es sich um eine komödiantische Bühnendarbietung, stolperte sie, als sie sich einen Augenblick auf den heraneilenden nordmärker Knappen konzentrierte, der Sattel rutschte ihr vom Arm, sie folgte ihm zu Boden. Schnell rappelte die Knappin sich auf. Gereon hatte sie unter dem Namen Invher kennengelernt. Sie war bereits wieder auf den Beinen, als er bei ihr ankam. Nachdem er sein Anliegen kundgetan hatte, ließ Invher ihn kurz alleine. Was Gereon sehr schade fand. Er hätte sich gerne noch einen Moment mit ihr unterhalten, um das Unvermeidbare hinauszuzögern. Die Knappin kam aber schon wenige Augenblicke später mit ihrer Schwertmutter zurück. [Invher]

Die hatte sie aus einem Zelt geholt, auf dessen Stoff der seltsame goldene Vogel groß aufgenäht war. Und mit ihr kam auch ein älterer Ritter mit Kinn- und Schnauzbart und schütterem Haupthaar heraus. Beide trugen Wappenröcke. Er, mit dem Emblem des Vogels, sie, eben jenen Vogel und als Allianzwappen den gelben Turm. Der ältere Recke hielt sich im Hintergrund, während die Ritterin Beornsfaire vor Gereon trat, sich vor ihm aufbaute, dabei die Daumen in ihren Schwertgürtel schob und ihn mit ihrem harten Blick aufspießte. „Nordmärker, warum stielst du mir meine Zeit? - Schon gut, Invher hat mir erzählt, was du willst. Also lass hören!“ Ihre Worte klangen angestrengt und machten keinen Hehl aus der fehlenden Sympathie der Albernierin für den jungen Nachbarn. Sie hatte ihn und dessen Kumpane vom gestrigen Abend noch gut im Gedächtnis. Alle Futter für Haffax Schwerter. [Cuana]

Kurz schmeckte der Junge erneut saure Säfte in seinem Mund. Doch der Ritterin vor Scham vor die Füße zu kübeln war vermutlich eine sehr unkluge Sache. Der Mann war womöglich ihr Lehnsherr, was die Sache noch unangenehmer machte und Gereons Unwohlsein noch verstärkte. Doch er schluckte seine Übelkeit hinunter, straffte die Schultern und sah ihr in die Augen: „Mein Name ist …Gereon von Rickenbach. Ich bin hier, um mich für mein gestriges Benehmen… zu entschuldigen. Es … es gibt nichts wat –äh- was es entschuldigen würde. Ich weiß, dass mer -äh- wir gemeinsam gegen den Reichverräter kämpfen müssen und …. kindische… Beleidigungen… fehl am Platze sind. Ich möchte mich… in aller Form bei Euch entschuldigen… Es steht euch aber natürlich auch zu … zu meiner Schwertmutter zu gehen, … und eine Bestrafung zu fordern… Meine Schwertmutter ist Baroness Fiona von Tandosch, ihr findet sie im Lager der Grafschaft Isenhag.“

Reumütig senkte der Junge den Kopf. Seiner Gesichtsfarbe nach zu urteilen kämpfte er mit der typischen Übelkeit des ungeübten Trinkers. Mit gesenktem Kopf kam sein krebsrotes Ohr mit dem verkrusteten Blut besonders gut zur Geltung, stellte Cuana befriedigend fest und musste zugeben, dass ihr die Situation gefiel. Es erfüllte sie mit Genugtuung, einen Nordmärker vor sich am Boden kriechen zu sehen. Der Kerl war zwar noch ein Junge, ein Hosenscheißer genauer gesagt, doch wollte sie deswegen nicht nachlässig mit diesem Pack sein. Einen Augenblick genoss sie daher die Überlegenheit, bevor sie die Hände aus dem Gürtel löste, einen bequemen Stand einnahm und in aller Ruhe aufzählte: „Lass mich mal rekapitulieren, du Wurm: du hast mein Gewand beschmutzt. Mir mit frechem Mundwerk geantwortet. Mich und meine Landsleute als Schwachköppe bezeichnet – oja der Begriff hat sich mir eingebrannt. Du hast mir deine Faust angedroht. Dich mit Beschimpfungen, die ich hier vor meiner Knappin und dem Hohen Herrn Direach nicht widergeben möchte, meiner Bestrafung entzogen.“ Die ersten fünf Finger waren abgezählt, sie fuhr daher an der anderen Hand fort. „Du hast dich gestern weder entschuldigt, obwohl ich es dir geraten habe. Noch hattest du die Größe, zuzugeben, dass du dich danebenbenimmst – Knappe. Im Gegenteil, du hast mir und meinem Freund die Schuld gegeben und dich aus allem herausgeredet. Erinnerst du dich?“

Die Ritterin Beornsfaire blickte auf ihre gespreizten Finger. Nur zwei davon, der kleine und der Ringfinger ihrer rechten Hand hatten noch keine Verwendung gefunden. Einen Moment lang schien es so, also ob die Beornsfaire diesen Zustand bedauerte. Dann blickte die Ritterin über ihre Hände hinweg auf Gereon hinab, den es immer mehr würgte. „Wehe, du kotzt mir vor die Füße, Bengel!“

Im anderen Augenblick beugte sie sich doch hinab zu dem Jungen und zog Gereon an eben jenem Ohr, das sie gestern schon in den Fingern gehalten hatte, auf die Beine. Dabei riss die frische Wunde auf. Sogleich blutete Gereons Lebenssaft auf ihre Finger. Aber das war Cuana ganz recht. Diesem ungehobelten Kerl musste es wehtun, ansonsten lernte der nichts dazu. „Liefere mir noch einen einzigen Grund, Gereon von Rickenbach, und ich lass mir mein Schwert bringen! --- Invher, dein Messer! Und du, halt ja still, wenn du nicht willst, dass ich dich aus Versehen in den Hals schneide.“ Sie konnte nicht umhin, dabei gemein zu grinsen.

Der Junge schaute reichlich irritiert drein. Sie wollte ihn doch nicht etwa …. entleiben? Wegen dieser Nichtigkeiten? Auch erinnerte er sich gänzlich anders an den Abend und ihre Aufzählung klang in seinen Ohren… verzerrt. Zwar konnte er sich nur noch in Bruchstücken an den Abend erinnern, wunderte sich aber, denn er war normalerweise nicht respektlos gegenüber Rittern und er war mit Sicherheit niemand, der nicht zu seinen Fehlern stand. Immerhin war er deswegen hier. Sie konnte doch unmöglich ernst meinen, was sich da andeutete?

Die blonde Schildmaid tat wie geheißen. Rasch hatte sie einen kleinen Dolch gezückt, ihn ihrer Ritterin gereicht. Falls Gereon in Invhers Gesicht sah, erkannt er darin Schrecken und Angst. Aber auch Gehorsam.

Von hinten drang die mahnende Stimme des Mannes, die Gereon wie die ersehnte Rettung vorkam: „Cuana, lass es sein!“

„Halt dich da raus, Ronwian. Er weiß warum, und du weißt, dass ich noch gnädig bin.“ entgegnete die Ritterin Beornsfaire dem alten Kämpen und ließ sich auch nicht davon beirren, dass ihr ehemaliger Schwertvater nun seinen Platz am Zelteingang aufgab und zügig zu ihnen ausschritt.

Als würde sie so etwas jeden Tag mehrmals machen, setzte Cuana den Dolch ohne Zögern am Ohr des Jungen an und schnitt mit einer einzigen schnellen Bewegung dem Nordmärker Knappen das unnütze Läppchen, welches Gereon am Abend zuvor schon aus eigener Kraft ein Stückweit selbst vom Körper abgetrennt hatte, vollends ab.

Fast regungslos hatte Gereon die Amputation über sich ergehen lassen. Zum einen hatte er bis zum Ende an eine Einschüchterung geglaubt. Zum anderen war seine Reaktionsgeschwindigkeit immer noch vermindert. Sofort ergoss sich Blut auf seine Schulter. Der Schnitt brannte, als Luft an das verletzte Fleisch drang, von dem nun an einem Ohr Gereons ein kleines Stück fehlte. Die Übelkeit kam als neue Welle über ihn, aber gerade jetzt wollte er sich keine Blöße geben. Er biss die Zähne zusammen und stand blutend und still vor der Ritterin. Sein Blick schwankte zwischen Überraschung, Wut, Resignation und aufkeimendem Hass, als er Invhers Schwertmutter in die Augen sah. Er wartete. Kein Ton kam über seine Lippen, während unaufhörlich Blut an seinem Hals abwärts auf sein Hemd floss.

Dunkle Begierde loderte in Cuanas Augen auf, die süße Befriedigung, die sättigende Genugtuung war erreicht. Zufrieden gab sie ihrer Knappin das Messer zurück. Dieser Kerl würde sich sein Leben lang noch an sie erinnern und hoffentlich etwas fürs Leben gelernt zu haben. Ihr gefiel der Gedanke, dass es eine Albernierin brauchte, um einen Nordmärker in die Schranken zu weisen.

Noch immer hielt sie den blutigen Fetzen Fleisch, der einst Gereons Ohrläppchen gewesen war, zwischen Daumen und Zeigefinger.

In der Zwischenzeit war Ronwian neben ihr aufgetaucht und schob sie sanft beiseite. Sie ließ ihn gewähren, denn sie war mit diesem Hosenscheißer und den Nordmärkern fertig. So verlor sich ihr Blick aus Gereons Augen.

„Ich denke, der verlorenen Ehre ist Genüge getan. Und deiner Bestrafung auch. Sag deiner Schwertmutter, die Ritterin Beornsfaire akzeptiert deine Entschuldigung.“ Sprach der Mann Gereon mit einer Stimme an, wie sie auch ein Großvater haben konnte, der seinen Enkeln eine Lebensweisheit mit auf den Weg gab. „Nicht wahr… Cuana?“ Sein harter Blick auf die Ritterin und etwas in seinem Tonfall ließ das Bild des freundlichen Alten im Nu zerplatzen. Zweifelsohne besaß er eine Autorität, die ihn ungefragt zum Richter machte und zu jemandem, dem man besser genauso wenig widersprechen sollte, wie der Ritterin. Auch wenn man die Ritterin selbst war.

Die stieß laut Luft aus, bevor sie gequält mit dem Kopf nickte und zu einer abgewandelten Floskel ansetzte, mit der bei Fehden im Allgemeinen die Übereinkunft besiegelt wurde: „Die Entschuldigung nehme ich in aller Form an. Ich sehe darüber hinaus von meinem Recht auf Bestrafung des jungen Wohlgeboren durch Hochgeboren Baroness von Tandosch ab.“ Dass sie das Ganze höchst ungern von sich gab machte allein deutlich, wie verbittert sie diese Worte aus sich herauspresste.

Der ältere Ritter jedoch zeigte sich zufrieden. „Ach ja!“ Er drehte sich noch einmal zu der Ritterin um. „Meine Liebe, du hast noch etwas, was ihm gehört. Würdest du bitte.“ ordnete der Mann die Herausgabe des blutigen Ohrläppchens an, welches die Ritterin noch immer wie eine Trophäe festhielt.

Nachdem auch dies zu seiner Zufriedenheit erledigt war und das kleine Stück Ohr in Gereons Hand lag, leicht, fast nicht spürbar, wandte der Albernier sich noch einmal an den Nordmärker Knappen und deutete dabei auf Invher. „Invher wird dein Ohr versorgen. Sie ist bewandert in Feldscherei – Das heißt, wenn du das möchtest.“

Wie aufs Stichwort zuckte die Knappin und stand wie angewurzelt stramm.

Der Junge starrte Invher an. Er hatte sich schon gefragt, wie meschugge jemand sein musste, der die zartbesaitete blonde Albernierin zur Knappin nahm. Nun ja, jetzt wusste er es. „Du kennst dich mit Wundversorgung aus?“ Das irritierte ihn doch sehr. Invher schien niemand zu sein, die den Anblick von Blut gut ertrug.

Augenblicke später saß Gereon auf einem alten Schemel vor irgendeinem Zelt, nur das seltsame Mädchen an seiner Seite, die gedankenversunken in aller Ruhe – oder konzentriert? – aus einer Tasche ein paar Utensilien kramte und sie auf einem leinenweißen Tuch ausbreitete, während der Schnitt am Ohr des Knappen blutete und blutete. Die Ritterin Beornsfaire und der alte Kempe beäugten das Gebaren aus der Entfernung bei einer Erfrischung und ließen die ‚Heulsuse‘ – wie Ira sie genannt hatte – an dem fremden Jungen zu Gange sein. Gereon aber hatte das dumpfe Gefühl, dass er die wachenden Blicke der Ritterin noch bis hierher spüren konnte.

Invher hatte sich einen Fetzen Stoff über die Knie gelegt, ein Fläschchen geöffnet, aus dem es nach starkem Alkohol roch und mit dessen Inhalt ein Tuch getränkt. „Das... äh... brennt jetzt wahrscheinlich …ähm... ein bisschen.“

Sie schien mit diesen Dingen vertraut zu hantieren und bis auf das, dass sie wieder nur stotternd einen Satz sprechen konnte, ging sie sehr sicher mit diesen Dingen um. Vertraut und sicher war auch der Schmerz, der Gereons immer noch leicht betäubtes Bewusstsein flutete, als die Knappin das getränkte Tuch auf seine frische Wunde drückte, um es zu reinigen. „Bitte…halt still… das muss, ähm, ein bisschen drauf bleiben.“ Der Schnitt war nicht breiter als eine Goldmünze lang war, trotzdem war er deutlich zu spüren.

Dem Jungen ging es – anders als Invher vermutete – dabei nicht so sehr um das leichte Ziehen in seinem Ohr. Schmerzen hatte er schon immer gut einstecken können. Was vielleicht ein Grund war, warum mit eben solchen seiner wilden Art nie beizukommen gewesen war. Die Berührungen des Mädchens waren sein Problem! Deshalb drehte er sich so weit von ihr weg, dass niemand das Blut sehen konnte, das sich plötzlich ganz woanders sammelte. Ihre Hände waren sanft und zart und sie roch irgendwie frisch und … weiblich. Sie war schon… irgendwie… anziehend... Aber was ihre verrückte Schwertmutter ihm abschneiden würde, wenn sie DIESES neuerliche Benehmen entdeckte, wollte er sich gar nicht ausmalen.

Einige Augenblicke hatte sie stumm mitgezählt und dabei ganz konzentriert auf die wild pulsierende Halsader des Jüngeren geblickt. Invher fand den Anblick irgendwie …erbaulich. Sie wusste von Seiner Hochgeboren Baron Seamus, dass ein kleiner Schnitt durch die auf und ab hüpfende Haut dort ausreichte, damit rhythmisch Blut herausspritzte. Bei jedem Herzschlag wieder und wieder. Wie auch an den anderen Stellen, wo dicke Adern flossen, zum Beispiel an den Beinen, in der Leiste. Und sie wusste auch, dass ein größerer Schnitt dazu führen konnte, dass jemand schnell verblutete. Es würde wie Einschlafen sein, hatte der Baron gesagt und irgendwie hatten sich diese Worte von ihm in Invhers Gedächtnis eingebrannt. Ein Schnitt ins Ohr blutete zwar auch, aber vor allem deshalb, wusste sie, weil dort das Fleisch weich und gut durchblutet war. Doch verbluten würde man bei dieser Verletzung nicht. Es sah nur einfach übel aus, weil alles den Hals herunterrann. Ihr Blick folgte dem kleinen Rinnsal zu Gereons Halsbeuge und seinem versifften Kragen. Dann nahm sie das Tuch vom Ohr und warf es in eine kleine erzene Schüssel, die sie ebenfalls aus der Tasche hervorgeholt hatte. Innen war die kleine Schüssel rußgeschwärzt. Den Fetzen würde sie später verbrennen.

Nachdem das Tuch fort war, hörte zumindest schon einmal der Schmerz auf.

„Ich… ähm… kann das nähen. Oder willst du es… naja… ausgebrannt haben? Also… Geht beides. Nur: Nähen tut nicht so weh.“ Invher schenkte Gereon ein zartes aufmunterndes Lächeln, während sie nach einer rundgebogenen kleinen Nadel und einer Spule mit feinem Garn griff, die auf dem weißen Tuch bereitlagen. Und nach einem Beißholz. Einen Moment lang war sie sich nicht sicher, am Ende bot sie es Gereon doch an. „Ähm, brauchst du --?“

Er nahm ihr das Hölzchen ab. Seine Zähne wollte er sich nämlich möglichst lange erhalten. Als seine Hände ihre Fingerspitzen berührten zuckte er kurz zurück und brummte sie an: „Mach halt wat schneller jeht!“ Obwohl er das sagte, wünschte sich ein Teil von ihm – und er spürte deutlich welcher – dass ihre sanften Berührungen nicht so bald enden würden.

Für jemanden, der so unsicher im Umgang mit seinen Mitmenschen war, hatte Invher eine erstaunlich ruhige Hand. Die Herrin Beornsfaire hatte schon oft ihre filigrane Stickkunst gelobt. Und nichts Anderes war es nun, was sie am Ohr des Knappen tat. Sie setzte Stickstiche an die Ränder der Wunde und zog sie geschickt über Kreuz zusammen. Dabei berührten ihre zarten Hände Gereons Gesicht und Hals. Eine Notwendigkeit, an die sie sich erst beide gewöhnen mussten. Doch ohne ging es nicht. Sie musste diesem Jungen nahekommen, um gute Arbeit zu leisten, denn sie wollte die hohen Herrschaften nicht enttäuschen. Sie wünschte sich, Faolyn auch irgendwann einmal so nahe sein zu können und wusste im selben Moment, wie unsinnig ihr Verlangen nach dem jungen Niamrod war, hatte sich dessen Herz doch schon für die Drausteinerin Ruada entschieden. Nur ganz still in sich drin, in einer Kammer tief unter all den guten Tugenden und Sittsamkeiten, wo es düster und gruselig war, wünschte die junge Cullairn sich leise und beschämt, dieser Krieg würde eine Wendung bringen.

Bei jedem Stich wünschte sich der tandoscher Knappe es möge der letzte sein. Denn die Nähe ihres Körpers und ihrer Brust konnte er schwerlich länger als nötig ertragen. Eine Ablenkung musste her:

„Hat se disch schlimm bestraft? … Nach der Sache mit den Pferdchern?“

„Hä was? – Au!“ Prompt riss er sie mit seiner Frage aus der Konzentration und sie stach sich in den Finger, den sie sogleich in den Mund nahm, um den Tropfen Blut abzusaugen, der aus ihrer Fingerkuppe schoss.

Gereon beobachtete das mit wachsender Ernüchterung. „Du darfst disch nit so schnell ablenke lasse.“ tadelte er sie, doch seine Stimme klang fast sanft. „Also… wat hatse dir jetan.. nachdem die Pferdche.. jestorbe sinn?“ Leise fuhr er fort: „Weiß sie, dass isch es war, der ihre Tierchen erlöst hat?“ Ihm graute ein wenig davor, was wäre, wenn die Ritterin das je herausfinden würde.

„Die Pferde - ach ja.“ Ihre Augen, die bisher müde aussahen, bekamen einen Ausdruck von Traurigkeit und Invher fiel in sich zusammen. Dabei glitten ihre Hände auf ihren Schoß, das spannte den Faden, bis sie es bemerkte und lockerließ. „Mir tut es so leid, was passiert ist. Es war einfach …furchtbar. Und ich --!“ Ihr versagte die Stimme und für den Moment starrte Invher niedergeschlagen zu Boden.

Sie hob ihren Blick nur einen Augenblick später wieder auf, blickte kurz verstohlen zu den Herrschaften hinüber, bemerkte, dass sich ein weiterer Mann dazugesellt hatte, welcher sie und den Nordmärker nun ebenfalls beobachtete. Das straffte ihr die Schultern merklich. Gereon merkte, wie ein Wandel in ihr vorging und sie die Weinerlichkeit abstreifte, wie Rotz von der Nase. Sie fuhr eilig mit ihrer Arbeit an seinem Ohr fort.

„Wir hätten nichts tun können, sagt meine Schwertmutter. Sie zu erlösen war richtig. …Und wir sollen dankbar sein, dass niemandem von uns etwas passiert ist, sagt sie. Äh, warum, naja,… ähm,… hm,… warum fragst du? Hast DU Ärger bekommen?“ Konzentriert setzte sie währenddessen die letzten Stiche und schnitt den Faden nach kurzem Verknoten ab.

Der Junge schüttelte den Kopf. „Ne, nur die üblische Predischt, dat es im Kriesch keine Ehre jibt und so.“ Als sie schließlich von ihm wegrückte und er ihrer angenehmen Nähe beraubt wurde, durchfuhr in eine neuerliche Welle der Übelkeit. „Latrine?“ presste er noch hervor ehe er sich die Hände vor den Mund schlug und in die Richtung ihrer ausgestreckten Hand rannte.

Mit deutlich gesünderer Gesichtsfarbe kehrte er nach kurzer Zeit zurück zu Invher, die mittlerweile ihre Utensilien schon aufgeräumt hatte.

„Dankschö übrijens…“ er deutete auf sein Ohr und leiser fügte er nach einigen Schlucken aus seinem Wasserschlauch an: „Weiss sie also nit, dat isch ihre Pferdcher jetötet hab?“

Invher schüttelte rasch mit dem Kopf.

Furchtsam blickte er zu der Ritterin Beornsfaire hinüber, als stünde zu befürchten, dass die Albernierin – würde sie es je erfahren – nachts an sein Bett käme, um sein anderes Ohr auch noch zu beschneiden. „Ist der andere….ist das dein Vater?“

„Jap.“ gab Invher kurz und knapp von sich und schnitt ein anderes Thema an, denn sie wollte nicht über ihren alten Herrn sprechen: „Hör zu, du, ähm, musst das jetzt unbedingt ein paar Tage sauber halten! Damit es zusammenwachsen kann. - Und ich… äh… muss mich jetzt wieder um den Sattel kümmern. Tut mir jedenfalls leid wegen deinem Ohr. … Hm… Geh ihr jetzt bloß besser aus dem Weg! Sie mag euch Nordmärker nicht.“ beendete die Knappin daher das Gespräch, bevor sie Gereon zu den Erwachsenen begleitete.

„Ach, watte nit sachst.“ murmelte er, sah dann zu Invher hinüber und raunte ihr zu: „Wenn de willst, zeisch isch dir jern mal n paar Tricks mit den Pferdchern…. Zum Dank.“

Invher schenkte ihm daraufhin ein eher verkrampftes Lächeln und nickte zwar dankend, doch überfiel ihn eine Ahnung, dass sie dieses Angebot wahrscheinlich nie annehmen würde.

Bei den drei Rittern angekommen blieb er stehen. Er wusste nicht recht, ob er einfach gehen konnte oder noch etwas sagen musste. Also räusperte er sich kurz: „Ähm, vielen Dank, dass Ihr Invher gestattet habt, misch zu versorjen… Sie ist sehr begabt… Es ist sischer jut, jemanden wie sie in seinem Tross zu habe.“ Immer noch unsicher, ob er einfach gehen konnte, blickte er die Ritterin an.

Das Gespräch der Ritter, die sich vor dem Zelt des Alten versammelt hatten, war bei der Ankunft der Knappen verstummt. Mittlerweile hatte sich ein weiterer Albernier dazugesellt. Er musste auch Ritter sein, denn er trug selbstbewusst einen Wappenrock, auf dessen rotem Wappen eine goldene Mauer zu sehen war. Über dem Wappen liegend ein Schwert – Zeichen dafür, dass er zur Leibgarde einer hohen Herrschaft, eines Vogts, Barons oder Grafen gehörte. Sein blondes Haar zierten Zöpfe. Er machte von allen Anwesenden den entspanntesten Eindruck und lächelte sogar, als Gereon das mit dem Tross erwähnte. Selbstredend lief Invher rot an, als Gereon sie so lobte.

Der Mann, der zweifelsohne Invhers Vater war, da eine gewisse Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen war, rümpfte missmutig die Nase und trat an Gereon heran. Wenn alles an der Ritterin Beornsfaire nach Hass auf die Nordmarken stank, so hing Invhers Vater im gleichen Maße Verachtung für die eigene Tochter an, oder zumindest für das, was sie an Gereon getan hatte, wenngleich sein Blick, mit dem er Gereon beim Näherkommen überzog, auch deutlich machte, dass er die Nordmarken ebenfalls nicht mochte. „Für `nen Nordmärker reicht’s allemal,“ grunzte er abfällig, nachdem er einen kurzen Blick auf Gereons vernähtes Ohr und dann einen auf Invher geworfen hatte. Er hatte sich sogleich aber wieder umgedreht, um der Sache keine weitere Bedeutung zu verleihen. „Bringst du ihr eigentlich auch etwas Nützliches bei, Cuana?“ spie er fast schon zornig aus. Wohl eher aus Zorn über sich selbst. Denn wer Rigan ni Cullairn kannte, wusste, dass er sich für seinen Fehler – die Tochter zur Pagenschaft an den perainegefälligen, sich der Heilkunst verschriebenen jungen, politisch unerfahrenen Baron von Ylvidoch zu geben – immer noch die Schelte gab.

Gereon tat es direkt ein wenig leid, das Mädchen in eine so unangenehme Situation zu bringen. Er hatte angenommen, sie habe ähnliche Probleme mit ihrem Vater wie er mit seinem und ihr mit dem Kompliment ein wenig helfen wollen. Jetzt aber hörte er neben sich Invher stöhnen und irgendetwas murmeln, als ihr Vater kein Lob, sondern nur Beschwerde übrighatte. Er meinte, die Worte „dämlicher Esel“ vernommen zu haben. Ihre Enttäuschung fraß sie jedoch ansonsten in sich hinein – wie wohl auch so vieles andere – denn ihr Gesichtsausdruck blieb nichtssagend teilnahmslos.

„Rigan, willst du, dass sie dem Bengel zeigt, was sie kann? – Invher, los, hol zwei Übungsschwerter!“ konterte die Ritterin Beornsfaire. Sie fühlte sich gezwungen, wieder einmal den Beweis erbringen zu müssen, dass sie eine gute Schwertmutter war.

Doch es war erneut der ältere Recke, der sich einmischte: „Schluss jetzt,“ gab dieser mit einem Ausdruck von väterlicher Strenge zu verstehen, dass er das Spektakel nicht unnötig in die Länge ziehen wollte. „Schick den Jungen heim, Mädchen, du hast ihn genug leiden lassen.“ sprach er zu der Ritterin, bevor er über den ausgestreckten Zeigefinger hinweg jeden der Anwesenden musterte. „Ihr solltet euch schämen. Es wird nicht noch mehr Nordmarken-Blut in meinem Lager vergossen. Und auch nicht in dem des Barons. Nirgendwo auf Nordhager Boden. Haben wir uns verstanden?“

Gereon schaute Invher nach und hustete abrupt, um nicht laut aufzulachen. Denn er war sich ziemlich sicher, es wäre kein nordmärkisches Blut gewesen, was geflossen wäre. Aber die Fehleinschätzung der verrückten Ohrenschlitzerin zeigte ihm nur erneut, wie geistesgestört diese Albernierin war.

Cuana kniff bissig die Augenbrauen zusammen, drückte aber ein „Na schön. Hau ab, du Lümmel.“ aus sich heraus, während sie den Jungen mit hartem Blick abstrafte.

Der blonde Ritter mit den Zöpfen lachte amüsiert auf, wohl aber weniger über die Worte des Älteren, sondern eher darüber, dass Invher tatsächlich sofort davongespurtet war, dann aber verwirrt innehielt, als der alte Ritter den Befehl widerrief, den ihr die Herrin gegeben hatte, und sie nun ein paar Schritt von Gereon stand und dümmlich wie ein Frosch unter den Beinen des Storchs zwischen den Rittern und dem Knappen hin und her blickte.

„Und ihr, Crannan…“ Der Alte beließ es bei einer Andeutung. Vielleicht, weil ihm nichts Greifbares auf die Schnelle einfiel, wie er den Leibritter des Barons von Nordhag verweisen sollte. Also winkte er ihm nur ein paar Mal mit dem drohenden Zeigefinger zu.

Der Angesprochene klopfte daraufhin seiner Schwägerin, der Dame Beornsfaire, auf die Schultern, nickte dann Invhers Vater zu und zu guter Letzt dem alten Direach und verabschiedete sich schmunzelnd. Nach wenigen Schritten dreht er sich zu Gereon um und winkte ihm freundlich zu: „Los Bursche, komm!“

Gereon trottete wie geheißen hinter dem Ritter her, froh aus dem Lager der Bekloppten zu entkommen. Dann wandte er sich mit geradem Rücken an den Mann: „Ich find allein zurück, Ihr müsst misch nit begleite.“ Er bemühte sich um einen ausgeglichenen und demütigen Ton, denn für diesen Tag hatte er genug von Ärger mit den Nachbarn.

„Oh, das werde ich nur bis zu den ersten eurer Zelte tun. Danach bist du mich los, Junge.“ entgegnete der Ritter ihm, während sie zusammen das albernische Lager durchquerten. „Es erscheint mir allerdings ratsam, wenn ich dich ein Stück begleite. Nicht, dass du noch einmal unter ein Messer gerätst. Du hast die Herrin Cuana ganz schön geärgert.“ Wieder schmunzelte er. „Hast Glück gehabt, dass der alte Herr Ronwian anwesend war. Naja. Hoffentlich hast du etwas gelernt. Das hast du doch, oder?“ wollte der Ritter von Gereon wissen, während er mit dem Knappen plauderte, als sei es das Normalste der Welt.

Der Knappe runzelte die Stirn. Was hatte er gelernt? Bier war Gift aus den Niederhöllen und aus Albernien kamen nicht nur nette Menschen, sondern auch Verrückte – was er dem Ritter an seiner Seite sicher nicht auf die Nase binden würde, wer wusste schon, zu welcher der beiden Gruppen der gehörte.

„Ähm. Jedenfalls werd isch nitmer trinke. Isch mein - scho natürlisch Wasser un su, aver keen Bier mer!“ Er seufzte und nuschelte mehr zu sich selbst: „unn nit alle Albernier sinn so nett wie meine Jroß!“

"Du kennst also noch andere Albernierinnen außer die Herrin Cuana und ihre Knappin?" Es war mehr eine anerkennende Feststellung denn eine Frage und so wie sie formuliert war und wie der Ritter dabei grinste, schien ihn diese Tatsache nicht wirklich großartig zu überraschen. "Du bist ein Draufgänger, wie?" lachte er.

Verkniffen schaute der Junge zu Crannan herüber. „Jo, isch .. hab da Vewandschaf ... Meine Jroßmutter… kam von da...“ Leiser fügte er an: „Die hat och immer jesacht, dat isch n Dropjänger bin.“

„Na, `s muss was dran sein, wenn die das auch schon sagt. Soso, ein Nordmärker, der albernische Wurzeln hat.“ So wie der Mann das sagte, klang das weder überheblich, noch argwöhnisch. Viel eher interessiert. Von Interesse rührte auch die anschließende Frage – obwohl es nicht selten war, dass sich die Blutlinie beider Provinzen mischten: „Welchem Haus entstammt deine Großmutter denn? Einem der größeren Häuser?“

"Äh... einem der … mittleren Häuser." Das Thema schien dem Jungen nicht sonderlich zu behagen.
„Weißt du nicht, wie es heißt?“

"Natürlich. Ähm. Se stammt von nem Seitenzweig.... der Bennain... Aver nem WEIT entfernten Zweig!... Sie war die Urenkelin von eurer Fürstin Skanjer." Gereon war nicht sehr zufrieden mit dem Verlauf des Gesprächs. Nachher käme diese unschöne Geschichte seinem Großcousin, dem Baron von Hohelucht, zu Ohren und gelangte so bis zu seinem Vater.

An dieser Stelle war der Ritter stehengeblieben. Einer Regung in seinem Gesicht nach zu urteilen überlegte er einen kurzen Moment, wog einige Dinge ab und musterte den jungen Nordmärker erneut. Nachdem er zu dem Ergebnis kam, dass er den Jungen für zu wenig verschlagen hielt, um eine solche Lüge aufzutischen, und das Stammeln eher der Vertuschung dienen sollte, als der Prahlerei, brach er in Lachen aus. „Und dann lässt du dir von der Frau meines Bruders das Ohr abschneiden?“ Mit einer Hand fasste er Gereons Schulter und hielt ihn mit dem ausgestreckten Schwertarm fest. Nicht sehr stark, aber spürbar. Seinen ersten Worten konnte Gereon eine Art von Respekt entnehmen. „Na, du hast Schneid, Bursche! – Wenn das stimmt, dann ist das eine hübsche Geschichte für abends am Feuer. Ein kleiner Drachenkopf, dem eine Beornsfaire ans Leder geht. Nein so was.“ Er freute sich. Schüttelte dann jedoch den Kopf. „Junge, ich mag meine Schwägerin wirklich sehr, und ich kenne ihre Loyalität den Bennains gegenüber. Es wäre daher besser, wenn wir dein so schön vernähtes nicht mehr vorhandenes Ohrläppchen und die Tatsachen, die zu eurer beidem Zerwürfnis führten, daher lieber unter den Tisch fallen lassen und du deiner Wege gehst. Ich meine es gut mit dir, Junge. Du hast irgendwas an dir, was ich mag. Ich möchte aber auch nicht, dass man über ein Familienmitglied tratscht. Das verstehst du sicher."

Ein Hauch von Zorn wischte über die Züge des Jungen: "Natürlisch stimmt dat. Gläuvt ihr etwa, sowat würd isch mir freiwillisch ausdenke? Und- Isch bin keen Drachenkopp, weder n kleener noch sonst eener. Isch bin ne Adlerkralle aus den Nordmarken. Und isch brauch nit mein albernische Blut bemühe, nur um misch vor ner Entschuldijung zu drücke!" Störrisch reckte er dem Ritter sein Kinn entgegen. "Un erst räscht, kann isch dropp verzischte irjendeene Jeschichte an irjendenem Lajerfeuer zu wärn, also keene Angst. ISCH jedenfalls wärd nit der Grund sinn, warum man eure Familie tratscht." Dann schaute Gereon schnell zu seinen Füßen. Er hatte sich doch zurückhalten wollen. Keinen Ärger mehr machen. Davon hatte er schon genug an der Backe.

"Äh, isch mäin, isch wär eusch ooch sehr.. ähm..verbunden, wenn dat nit breitjetreten wöord." schob er daher nach einem kurzen Zögern nach.

Des Ritters strafender Blick sank Gereons Schultern nach zu Boden. Einen Augenblick beherrschten die Geräusche des Lagers das Gespräch, bevor Sidhric ui Crannan wieder das Wort an sich riss. „Junge, du wirst noch viel lernen müssen. Es gibt Momente, in denen man die Klappe aufreißen kann, und welche, in denen man sich als junger Edelmann, und schon gleich zweimal als Knappe!, zurückhalten sollte. Sonst gerätst du immer wieder in Situationen, die dich vielleicht mal mehr kosten als so ein dummes Ohrläppchen.“ Der Ritter deutete auf die Stelle, wo eben jenes nun fehlte. Er strahlte Gleichmut aus und seinen Worten fehlte es bewusst an Schärfe. Sidhric wusste nun aber zu gut aus einer Ahnung heraus, wie es zu den Beleidigungen gekommen war und konnte auf der einen Seite Cuana verstehen, dennoch auch diesen Jungen – von dem er hoffte, dass er sich vielleicht nett gemeinte Worte eher zu Herzen nahm als Worte strengen Tadels. Denn genau damit schien der kleine Bennainspross so seine Probleme zu haben. Sidhric stellte dabei erleichtert fest, dass das aber nicht seine Probleme waren, sondern die von dessen nordmärker Schwertvaters. Sollte der sich drum kümmern, dem Jungen Respekt und Weisheit einzubläuen.

„Los, bringen wir dich zu den Deinigen zurück.“ sagte er mit einem Schmunzeln und setzte ihren Weg fort.

Gereon trottete still neben dem Ritter her und fragte sich, wie die Verrückte einen so freundlichen Verwandten haben konnte. Erst als sie die letzten albernischen Zelt passiert hatten, drehte er sich erneut zu Sidhric um, leicht verlegen, da er wusste, dass der fremde Mann mit seinem Tadel den Nagel auf den Kopf getroffen hatte: "Ähm, vielen Dank für die Begleitung?" Mehr fragend blickte er den Albernier an. Er hoffte, der war nun nicht auf die Idee gekommen ihn WIRKLICH GANZ bis zu den Tandoschern zu eskortieren. Darauf konnte er an diesem vermaledeiten Tag wirklich verzichten.

Irgendeine Macht schien Gereon an diesem Morgen doch noch hold zu sein, denn fremde Ritter entließ den Knappen ereignislos, kaum, dass sie am Rand des albernischen Lagers angekommen waren. Als Gereon sich zwischen den ersten nordmärker Zelten noch einmal umsah, war der Mann schon verschwunden.

*

Am Abend einer der nächsten Tage stand Gereon etwas unschlüssig am Rand des Lazaretts. Er war erst vor einigen Tagen schon von seiner Schwertmutter hierhergeschickt worden, weil seine Hände voller Holzspäne gewesen waren. Doch da war zumindest die Situation nicht seine Schuld gewesen. Jetzt würde man ihn sicher fragen, was mit seinem Ohr passiert war und ... wie sollte er das erklären? Doch das Pochen in seinem Ohr hatte nach Invhers Versorgung nur kurzfristig aufgehört und jetzt war die Wunde entlang der Naht erneut feuerrot, es brannte und die Übelkeit, die sich anfänglich gelegt hatte, beherrschte erneut seine Innereien.

Blass, mit einer ins gelbliche gehenden Gesichtsfarbe erkannte er den Heiler, der aus einem der Zelte trat. Der musterte ihn und erkannte auf den ersten Blick die beginnende Entzündung am Ohr des Knaben, welches ihm merklich verstümmelt herrlich rot entgegen leuchtete. Es war zwar augenscheinlich genäht, aber entweder nicht gut, oder die Naht war nicht saubergehalten worden, ehe sie zusammenwachsen konnte.

Der Heiler, ein Mann mit langem Pferdezopf, schüttelte nur ungläubig den Kopf, als er Gereon auf einen Schemel platzierte. „Junge, wie hast du das denn geschafft? Wir sind noch nicht einmal im Feindesland, und Du bist schon zum zweiten Mal in meinem Zelt?“

Sorgsam richtete er ein scharfes Messer, eine Pinzette sowie Nadel und Faden her. „Das Fleisch scheint versorgt worden, aber nun doch entzündet zu sein. Bist du mit der Naht nicht reinlich umgegangen?“ fragte er währenddessen und fuhr fort, noch ohne eine Antwort. Vielleicht erwartete er auch keine. „Ich schneide die Stelle großzügig auf und reinige sie. Das kann ich Dir aber versichern: wird schmerzhafter als die Holzspäne neulich.“ Er reichte ihm ein Stück Leder, gezeichnet von den Bissspuren vormaliger Patienten. „Brauchst du das?“

Der nahm ohne Widerrede das Leder und klemmte es zwischen seine Zähne. Das zweite Mal in einem Götterlauf, dass ihm jemand etwas zwischen die Beißer schob, während er an sich herumschnibbeln ließ. Doch einerseits legte er Wert darauf, seine bislang halbwegs gesunden Zähne noch eine Weile zu erhalten, andererseits konnte er keine unangenehmen Fragen beantworten, wenn er etwas im Mund hatte. Er war wirklich nicht sorgsam mit seiner Wunde umgegangen, hatte sich bei den Schwertübungen über den Boden gewälzt, geschwitzt wie ein Tier, war einmal sogar in Pferdedung gelandet. Und er hatte nicht auf die Naht an seinem Ohr geachtet, weil er sich von ihr nicht beeindrucken oder einschränken und schon gar nicht klein kriegen lassen wollte.

Als Gereon so weit war, schnitt der Aconit Egtor von Vinsalt mit einem sauberen und raschen Schnitt tief in das entzündete Fleisch. Wellen aus Schmerz durchfuhren den Knappen. Schnell tupfte der Heiler den herausquellenden Eiter auf und suchte dann nach dem Entzündungsherd. Dafür bohrte er mit der Pinzette im empfindlichen Fleisch herum, bis er dachte, alles entfernt zu haben, was eine Wunde verunreinigen und zum Pochen bringen konnte. Erneut reinigte er die offene Wunde mit Alkohol – noch einmal verlangte es von dem Jungen alles an Selbstbeherrschung ab – und legte dann mit sicheren Händen einen sauberen Verband an.

„So. Fertig. Und lasst euch hier nicht mehr blicken. Zweimal reicht. Gebt künftig mehr acht auf euch, oder ihr werdet den Feldzug nicht überleben, mein Junge.“

Hunger, Durst und der Schmerz hatten in dem Jungen erneut Übelkeit hervorgerufen. Er bemühte sich, kaum auf die Worte des Heilers achtend, diesem nicht seine Magensäfte vor die Füße zu spucken. Also presste Gereon die Lippen so fest aufeinander wie er konnte, nickte und machte sich rasch von dannen, ehe ihm doch noch Fragen gestellt würden, die er nicht beantworten wollte.