Haffax Feldzug Gallys Die Standarte

Die Standarte (12. ING)

Inhalt:

  • stellt ihre Zelte neben dem Lager der Nordmärker auf: auf der Fahne den Raulschen Fuchs und darunter das Abbild Targunitoths. Das sorgt nicht nur für Tumult, sondern auch für erhitzte Gemüter, denn das Banner trägt dazu noch den klingenden Namen 'Schädelplatte'.
  • Zur Konfrontation kommt es, als sich einige Hochadelige, u.a. FionaVonTandosch und Lucran von Rabenstein, sich der Sache annehmen und die Abnahme des Banners sowie eine Erklärung verlangen. So finden sich einige Streiter alsbald bei den Zelten des Banners ein, um mit Waffengewalt gegen die vermeintlichen Gegner vorzugehen. Dem herbeigeeilten Nordmark wird von der Hauptfrau des Banners ein Legitimationsschreiben vorgelegt.
  • Im Zelt der Hesindegeweihten: Baronin Biora Tagan erklärt sich bereit, die wahre Gesinnung des ungewöhnlichen Banners mittels einer Seelenprüfung herauszufinden. Mehrere Geweihte sollen an der Zeremonie teilnehmen. Darunter auch der Rondrianer Hagrian von Schellenberg, dem es sich nicht erschließt, dass jemand, der ein Dämonenwappen führt, nicht gleich gerichtet wird.
  • Während sich die Geweihten besprechen und sammeln, treffen vielerorts im Lager die Streiter eigene . So werden noch einmal Knappen geschult, Schwerter geschliffen und metallene Argumente bereitgelegt.
  • Sorgen eines Herolds: Nordmark erhält vom Kaiserlichen Herold derweil die Bestätigung, dass das Legitimationsschreiben des Banners echt ist und das Banner tatsächlich mit den Kaiserlichen auf einer Seite gegen den Reichsverräter kämpfen will. Er kann jedoch erwirken, dass ein kaiserliches Verbot erlassen wird, welches das Dämonensymbol verbietet und die Abnahme der Standarte fordert. Nordmark ist etwas erleichtert und hofft, dass seine Landsleute von einem Abschlachten des Banners ebenfalls absehe.
  • Mit viel Aufwand an Ritualgegenständen und Geweihten unterzieht sich die Hauptfrau des Banners stellvertretend für ihre Einheit der Seelenprüfung. Und besteht. Nebenbei kann Nordmark die Kunde in die Reihen der Nordmärker tragen, dass die Standarte nicht mehr gezeigt werden darf. Neben dem Herzog sind auch die anderen Grafen mit unter den Schaulustigen. Das Banner 'Schädelplatte' wird anerkannt und darf fortan unter dem Befehl der Baronie Rickenhausen in den Reihen der Nordmärker für das Gute streiten - und den Wunsch nach Abbitte und Seelenheil verwirklichen

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Eine ungewöhnliche Einheit

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An diesem Tag wurde das nordmärkische Zeltlager, im durch den Hofmarschall Salvin von Streitzig zugewiesenen Bereich, aufgebaut. Der Weg zum Tross, mit den dazugehörigen Essenswägen, Krämerständen und Lustzelten war bald allen bekannt. Die Albernier lagerten im Anschluss, genau wie die Freunde aus dem Kosch. Der Ruf der koscher Feldküchen war bald im ganzen Lager berühmt; viele nahmen für Essen und Bier daher weite Strecken auf sich. Erste Kämpfer kehrten aus der hoch über dem Lager gelegenen Stadt Gallys zurück. Sie berichteten von einer überfüllten und gereizten Stadt, deren Stimmung einem Fass mit Hylailer Feuer glich. Die Rondrianer stichelten gegen die Korkirche, die Preise für Korn waren astronomisch und die Weiße Gilde machte im Schwefelviertel Jagd auf Schwarzmagier und Hexen. Bald stündlich trafen weitere Truppenteile ein, und bald fanden zwischen einander bekannten Steitern aus allen Teilen des Reiches fröhliche Wiedersehen und Gespräche statt. Die pünktliche Ankunft der Nordmärker hatte für so manch verlorene Wette gesorgt - Die Quoten standen gegen Hagrobalds Truppen.

Bald konnte man aus dem nördlichen Lagerbereich der Nordmärker, noch über den allgegenwärtigen Lärm den tausende und abertausende von Menschen verursachten, Unmut und den Ruf nach Geweihten des Boron oder dem Hofmarschall vernehmen. Eine ungewöhnliche Einheit wollte ihre Zelte nahe denen des Rabensteiners aufschlagen......

Dessen letzter Besuch in Gallys war nahezu ein halbes Menschenleben her. Damals war noch Deggen von Baernfarn, der Vater seines ehemaligen Knappen Alrik Eckbert, der Herr der Stadt. Satinavs Nachen war seitdem ein gutes Stück weitergefahren – Alrik Eckbert war schon ein gutes Dutzend Götterläufe Waibel der Flussgarde, und in Gallys regierte ein neuer Herr. Und jenseits der Trollpforte hatte so mancher gestanden – begonnen von Borbarad, dem Spährenschänder.

Lucrann blickte angesichts des Getöses der Neuankömmlinge von der Pergamentrolle auf, die ausgebreitet auf dem Feldtisch in seinem Zelt stand, warf seinen Knappen einen kurzen Blick zu und wies mit dem Kopf nach draußen. Pflichtbewusst trollten sich die beiden, um in Erfahrung zu bringen, um was es sich bei der neuen Einheit handelte. [Tina(Lucrann)]

Die Knappen eilten aus dem Zelt, um den Befehl ihres Ritters nachzukommen. Draußen viel ihnen die Orientierung nicht schwer, war doch der ansteigende Lärm klar aus nördlicher Richtung auszumachen. Dort war wohl gerade eine Einheit dabei, ihre Zelte aufzuschlagen. Massive Rüstungen wurden abgeladen und auf Ständern verstaut, Zweihänder und anderes schweres Kriegswerkzeug fand seinen Aufbewahrungsort und Männer wie Frauen der Neuankömmlinge mühten sich, von so manchem erbosten und entsetzten Soldaten behindert, ihre Schlafstätten zu richten. „VERRÄTER, FREVLER, GELUMPE, PAKTIERERPACK“ wurde lauthals gebrüllt, während immer wieder der Ruf nach der Geweihtenschaft zu hören war. Zuerst konnten die Knappen keinen Grund für den Tumult erkennen. Dann jedoch, einige der größeren Kämpfer vor ihnen machten einen Schritt zur Seite, sahen sie ES. Die Standarte der Einheit. Oben hing, wie bei diesem Feldzug üblich, das Reichswappen der Kaiserin, der rote Greif auf goldener Scheibe vor blauem Grund. Darunter jedoch konnten die Knappen ein weiteres Abzeichen erkennen. Es ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren. Schnellstmöglich rannten sie zurück zu ihrem Herrn, schlugen die Zeltplane zurück und vielen beim Versuch, gleichzeitig zu Atem zu kommen und dem Herrn von Rabenstein zu berichten, beinahe über ihre eigenen Füße. Denn was sie ihm beschrieben, sah genau so aus:

<img width="100" alt="Quelle: wiki-aventurica.de" src="https://de.wiki-aventurica.de/de/images/thumb/4/48/Thargunitoth.svg/240px-Thargunitoth.svg.png" height="100" />Quelle: wiki-aventurica.de

Boronian von Schwertleihe beschrieb, nachdem er zu Atem gekommen war, seinem Herrn in kurzen Worten das Banner, welches er und die zweite Knappin erblickt hatten. In seinem Kopf gingen viele Gedanken umher, war er doch durch die Knappschaft bei dem Baron dem Gott Boron nahegekommen. Dies glich einem Frevel, und obgleich etwas in ihm aufschrie und diesen ahnden wollte, zügelte er sich. Hitziges Temperament war bei seinem Herrn nicht gerne gesehen. [Boronian v Schwertleihe (Mel) 20.03.2016].

Ein eisiger Blick traf die beiden Unglücksraben. „Was steht ihr herum? Geht zum Herold und bringt in Erfahrung, wer dieses Banner führt – und warum sie hier sind.“ Er schüttelte den Kopf, unerfreut über derlei knappisches Ungeschick. Und wandte sich an die Geweihte in seiner Begleitung. „Gibt es eine Passage im Kirchenrecht, über die wir sie stolpern lassen können? Die Frau blickte aus ihrer Lektüre auf, schob sich die Kapuze eine Handbreit aus dem Gesicht, überlegte – und schüttelte dann bedauernd den Kopf. Längst nicht genügend ausgeprägt waren die Schnittstellen zwischen Anstand, kirchen- und weltlichem Recht. Tina(Lucrann) 15.3.2016]

Aus dem Zelt des Barons von Rabenstein trat dessen zweiter Knappe, um seinem Herren zu dienen und seinen Auftrag zu erfüllen. Wer waren die Neuankömmlinge? Dies zu ergründen führten seine emsigen Schritte ihn in Richtung des Heroldes, wobei er nicht übersah, dass ich bereits eine Menschenmenge um die, welche unter solch lästerlichem Banner reisten, gebildet hatte. Er ließ dies nicht außer Acht, und einschreiten würde er, sollte es nötig sein, doch das Wort seines Herren und der Dienst hatten Vorrang. Der junge Mann war von athletischer Statur, ganze 95 Finger hoch, wobei sein - für einen Kämpfer typisches - breite Kreuz und der aufrechte, stolze Gang ihn noch bulliger wirken ließen. Die halblangen, mattschwarzen Haare hatte er zu einem einfachen, aber festen Pferdeschwanz gebunden und die grünen Augen blickten aufmerksam umher. Hier, im Lager, trug er bereits seine sorgfältig brünierte leichte Plattenrüstung über dem ebenso dunklen Kettenzeug, zu welcher Arm- und Beinschienen gehörten. Der Gambeson welchen man unter dem Stahl erkennen konnte, war ebenfalls schwarz. Zierrat sah man außer einer kleinen, silbernen Borte am Wappenrock, welcher das Wappen des Rabensteiners zeigte, keinen. Alles wirkte dem Stand entsprechend gut gepflegt und sauber. Bei sich trug er in diesem Moment einen Rabenschnabel, doch den Schild ließ er noch im Zelt zurück. Müsste man sein Alter schätzen, so würde man sich schwertun. Der Bartwuchs, welcher unnachgiebig war, sorgte dafür, dass sein Gesicht von einem schwarzen aber gut gestutzten Gesichtshaar eingerahmt wurde. Sich jeden Tag zu rasieren hatte er sich abgewöhnt - bereits am Abend sah er wieder aus, als hätte er eben dies einige Tage nicht getan. Zudem waren die Augen von leicht dunklen Ringen untersetzt als Zeichen das es wohl in den letzten Tagen mit dem Schlaf nicht zum Besten stand. Bezog man alles mit ein, so würde ein Menschenkenner ihn wohl auf Anfang 20 schätzen. Lucrann Boronian von Schwertleihe hieß der junge Mann mit vollem Namen, und wer ihn in den letzten Tagen beobachtet hatte dem war sicherlich aufgefallen, dass er nicht mehr sprach als es nötig war und er stets die aufgetragenen Dienste des Barons und Schwertvaters zur vollsten Zufriedenheit zu erfüllen suchte. In diesem Moment war er auf dem Weg, den Herold zu finden und ihn zu fragen, wer die neuen Gäste von nebenan waren und was dies Banner zu bedeuten hatte. [Boronian von Schwertleihe (Mel) 19.03.2016]

Auch wenn sich Fiona innerlich damit schwertat, war Gereon dennoch damit beschäftig, das Zelt angemessen herzurichten. Eigentlich reichte ihr ein halbwegs windgeschützter Fleck als Schlafstelle, doch ein Knappe musste lernen auf einem Kriegszug ein angemessenes Lager herzurichten. Bei der aufkommenden Unruhe holte Fiona eine Bootsmannpfeife aus der Tasche, eines der wenigen Dinge, die sie von ihrem efferdgefälligen Vater übernommen hatte. Die Pfeife war nicht laut, aber ihr Klang trug weit und durchdrang beinahe jeden Lärm. Außerdem war sie an Land annähernd unbekannt. Doch für Gereon war sie ein bekanntes Signal, und so erschien er sofort. Der Junge hatte gerade die letzten Zeltnägel in den Boden geschlagen als das ihm vertraute Zeichen ertönte. Zu Beginn seiner Knappschaft hatte er diese Pfeiferei schrecklich gefunden, doch mittlerweile wusste er es zu schätzen, bescherte sie ihm doch die Freiheit, sich nicht immerzu in Fionas unmittelbarer Nähe aufhalten zu müssen. Mit einem Kopfnicken deutete sie auf die Standarte. „Das kann lustig werden, bleib dicht bei mir.“ Durch die Anstrengung beim Hereintreiben der Verankerungsstifte in den harten Boden war Gereons blondes Haar struppig geworden und eine feine Staubschicht hatte sich über seine Züge gelegt. Nun strich er sich einige feuchte Strähnen aus dem Gesicht und blinzelte etliche Staubkörner weg, die seine Sicht behinderten, während er hinter der schwarzgekleideten drahtigen Adligen herlief. Als er das Zeichen erblickte, schaute er Fiona an, mit jugendlich-brüchiger Stimme fragte er leise: „Wat bedeutet dat Zeischn? Isses dat Zeischn von nem Däämonn?“

Wortlos schritt Fiona auf die fremde Standarte zu, bis sie auf halber Strecke stoppte. Hier waren noch keine Zelte aufgebaut und auch sonst kümmerte sich gerade niemand um sie, so dass sie unbelauscht waren. „DAS ist das Banner von Borons verderbter Gegenspielerin. Wer unter diesem Banner steht, ist unser Feind. Doch bevor wir uns deren Köpfe holen gibt es für dich ein paar Lektionen zu lernen. Ab jetzt trägst du immer deine Waffe bei dir und trägst deine Kette, sobald du das Zelt verlässt. Mich wirst du auch nicht mehr ohne Rüstung sehen, Harnisch polieren entfällt ab jetzt.“ Grinsend klopfte Fiona auf ihre Rüstung. „Und jetzt zu dem was gleich passiert. Es ist genau so wichtig den Freund an deiner Seite zu kennen wie den Feind. Darum halten wir uns erst einmal zurück und warten in der zweiten Reihe. Sobald sich das Paktiererpack aufbaut werden die Maulhelden laufen. Merk dir, wer läuft und wer stehen bleibt. Und dann warten wir unauffällig auf den Rabensteiner. Der wird das Banner gar nicht mögen. Wenn es rund geht gibst du seinen Knappen Rückendeckung.“ Sie löste den Rabenschnabel von ihrem Gürtel und drückte ihn Gereon in die Hand. „Und wenn sich etwas Widernatürliches nicht zerschlagen lässt, nimm den hier.“ Damit reichte sie ihrem Knappen eine weitere Waffe, diesmal einen schweren Dolch mit einem einfachen Griff in einer schlichten Scheide.

Der Junge drehte die beiden Waffen gekonnt in den Händen, testete ihr Gewicht, lotete den Schwerpunkt aus, machte ein paar kurze Bewegungen, um die Schwere und Führbarkeit zu erproben. Danach grinste er zufrieden und legte die Dolchscheide um. „Dankschöö,- ähm- isch meen, Habt Dank dafür.“ Setzte er abgehackt und nur wenig um seine Aussprache bemüht nach. Er hatte sich angewöhnt, lieber zu schweigen, als ständig für sein mangelndes sprachliches Feingefühl gerügt zu werden. Stumm und ohne jegliches Zittern hielt er nun die Waffe in seiner Hand, bereit sie jederzeit einzusetzen. Stumm konzentrierte sich Gereon. Die grimmige Vorfreude, die seine Mimik zeigte, hatte sich nun mit Eiseskälte auf das Banner gerichtet. (Gereon [Catrin] 16.3.16)

Gemeinsam durchschritten Ulinai Timerlain und ihr frisch gebackener Schwiegersohn Basin von Richtwald das im Aufbau befindliche Heerlager. Sie beide hatten keine Zweifel, dass ihre eigenen Lager nach besten Gewissen errichtet werden würden und hatten sich daran gemacht die Lage zu sondieren. Dabei sprach die Baronin den jungen Ritter nicht zum ersten Mal darauf an, was sie davon hielt das er selbst unter Freunden stets gerüstet ist. Dieser tat die Worte wie immer mit einem Lächeln ab und erwiderte schlicht. „Nun so bin ich stets vorbereitet …“ Und mit einem Fingerzeig auf den Tumult vor ihnen ergänzte er: „…Wohlgerüstet für jede Eventualität, wie das dort vorn.“ Unweigerlich musste sie Basin zustimmen, als sie die Standarte erblickte und sich ihre Miene deutlich verfinsterte. [Richtwald(Ulinai Timerlain / Basin von Richtwald)15.03.2016]

Dwarosch spieh aus und fluchte derb auf orkisch, so dass es selbst einen hart gesottenen Schwarzpelz die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte. Was hatte das zu bedeuten, was suchte dieses Banner hier im Heerlager? Er hatte den verfluchten Totenschädel schon an der Trollpforte im nach giftigen Grubengasen stinkenden Wind wehen sehen. Razzazor, der untote Kaiserdrache von Warunk, dessen Karfunkel nun auf Okdragosch bewahrt wurde war IHR Anhänger gewesen und konnte erst vor den Toren Gareth aufgehalten werden. Mit festem Schritt ging er in Richtung des Banners, holte seinen Lindwurmschläger aus dem Waffengurt und legte seine Linke auf den Drachenzahn. Er hatte sein Schild leider nicht auf dem Rücken, dachte er doch nicht daran das hier in Gallys Gefahr drohte, aber er hatte auch gelernt mit der Axt zu parieren und den Dolch zum Stoß zu verwenden. Wenigstens trug er bis auf seinen Helm seine volle Rüstung und den neuen Wappenrock, welcher ihm dem Garderegiment Ingerimms Hammer zugehörig auswies.

So bahnte er sich seinen Weg durch die Gaffenden. “Bei Angroschs zornigen Hammerschlägen, lasst mich durch!” (Stefan [Dwarosch] 16.03.2016)

Aus dem größten Zelt der neu angekommenen Einheit trat, als der Tumult lauter und lauter wurde, eine Frau. Der kahle Schädel war von einem starken Sonnenbrand gezeichnet. Darunter kniff sie die Augen zusammen, wohl eine Geste, die sie öfters machte, denn viele Falten zeigten sich auf Stirn und neben den Augen. Auffallend war das fehlende rechte Ohr, das ihr wohl vor langer Zeit schon ‚abhanden‘ gekommen war. Sie trug lediglich eine leichte, speckig-braune Lederrüstung, die sich eng an die breiten Schultern und schmale Hüfte legte. Ebenfalls lederne Beinkleider schlossen in schwere Stiefel ab. Muskulöse Arme zeigten, dass sie ihr Leben dem Kampf geweiht hatte. Von einem Waffenständer neben dem Zelt griff sie eine barbarisch aussehende Axt, auf die sie sich erstmal aufstützte und die Szenerie beobachtete.

Als Dwarosch durch die Reihen der Gaffer brach und freie Sicht auf das Banner und die kahlschädlige Frau hatte blieb er zwei Schritte vor der Reihe der Umstehenden stehen und taxierte die Kriegerin offen. Was zum Henker ging hier vor? Sein Griff um den Lindwurmschläger wurde fester. Die Ringe seiner Kettenhandschuhe bissen in das lederumwickelte Griffstück des Kernholzstieles der Axt. Er sah sich um, wie viele bewaffnete gehörten zu diesem verfluchtem Banner?

Er wollte die Ohrlose, ja so würde er sie im Spott nennen, schon anrufen, als Rufe nach dem Herold laut wurden. Mühsam unterdrückte er seine Wut, seinen Zorn. Viele seiner Kameraden waren den untoten Horden zum Opfer gefallen, als sie in geschlossener Formation gegen die Ogermauer anrannten. Einige von ihnen waren von den Dienern Borbarads zu unheiligem Leben erweckt worden und verbreiteten Angst und Schrecken unter den Göttertreuen. Auch er hatte einen alten Kameraden zerhacken müssen, um am Leben zu bleiben. Er dankte Angrosch das Zwerge nicht träumten, sondern schliefen wie der Stein, aus dem ihre Stammväter einst geschaffen worden waren. Manch ein tapferer, menschlicher Krieger war an all dem zerbrochen, wurde Nacht um Nacht von dem heimgesucht das er gesehen hatte. So bekam SIE, der auch die Alpträume zugesprochen wurden, viele dieser Männer und Frauen noch nach der Schlacht an der Trollpforte, denn nicht wenige nahmen sich das Leben. (Stefan [Dwarosch] 17.03.2016)

Endlich nahe genug um die Situation halbwegs zu überblicken, sah Basin wie sich Dwarosch aufbaute und bereitmachte. Scheinbar gelangweilt schlenderte er bis vor und kam neben dem erzürnten Zwerg zum Stehen. Gelassen als würde er über das Wetter plaudern sprach er ihn an: „An Eurer Stelle würde ich meine Esse ein wenig abkühlen Väterchen. Auch wenn mir nicht gefällt was ich hier sehe, so sollten wir doch Ruhe bewahren. Dwarosch, hättet Ihr den Schneid inmitten des Heerlagers Eures Feindes Quartier zu beziehen? Außerdem herrscht das Verbot von Kämpfen, lasst uns also auf Nordmark warten und sehen!“ Erst am Ende, als er gemahnte auf den Herold verlor sich der Plauderton in seiner Stimme. [Richtwald(Ulinai Timerlain / Basin von Richtwald)17.03.2016]

Erneut gab er kehlige, orkische Laute von sich, welche ohne Zweifel zu keiner Schmeichelei gehören konnten. Dann entspannter er sich, was man daran erkennen konnte, das sich seine massigen Nackenmuskeln senkten. „Ihr habt Recht und ich habe nicht vor gegen das Gebot des Heerlagerfriedens zu verstoßen, aber es steht nirgends geschrieben das man solch Gebahren“, er spieh erneut aus, „durch wegschauen stumm akzeptieren muss. Sie kann ruhig wissen was ich davon und von ihr halte und das drücke ich auf diese, meine Weise aus. Ich bin kein Ritter oder ehrbarer Krieger, ich war einst ein Söldner, ein Korknabe. Die haben vor wenig Respekt solltet ihr wissen.“ Er blickte zur Seite und sah Basin an. In seine finstere Miene stahl sich ein freches Grinsen. „Aber dass ihr Euch an meine Seite gestellt habt zeigt mir Eure Geisteshaltung und das danke ich Euch.“ (Stefan [Dwarosch] 17.03.2016)

Die Tandoscher Baroness Fiona trat ebenfalls hinzu, klopfte Dwarosch auf die Schulter, beugte sich hinab und flüsterte ihm auf Rogolan ins Ohr. „Krieger, das Banner ist ein Bruch des Lager-Friedens und wird fallen. Und wer es schützt, wird in seinem eigenen Blut baden.“ Dabei war ihre Aussprache nicht nur perfekt, auch schien der Zungenschlag direkt aus den xorloscher Stollen zu kommen. Lediglich der Klang der Stimme war für einen Zwerg zu hell.

Dwarosch sah die Frau neben sich verblüfft an, außer Stande etwas zu sagen. Wie konnte sie so sprechen, ohne seine Muttersprache auf menschliche Weise zu verschandeln und woher hatte sie diese wunderschöne Rüstung? Sie musste hoch in der Gunst eines bedeutenden Angroschim aus Xorlosch stehen, oder sehr bedeutend sein, das stand fest.

Dann schob sie sich an dem Zwerg und Basin vorbei, trat aus dem Kreis der sich um das Lager der Neuankömmlinge gebildet hatte und baute sich vor der dämonverfluchten Kämpferin auf. Fiona wusste, dass sie mit ihrem Tuzakmesser weitaus schneller war als die Kriegerin mit ihrer Axt. Sie würde den ersten Hieb landen können ehe die fremde Kriegerin ihre Axt, auf die sie gestützt war, auch nur zum Kampf hätte erheben können. „Dämonenliebchen, dein Weg führt jetzt direkt zur Inquisition. Such dir aus, ob dein Kopf dabei noch auf deinen Schultern sitzt oder nicht.“ [Max(Fiona von Tandosch)17.3.16]

Als er sich endlich gefangen hatte und ansetzten wollte sich vorzustellen, war die blonde Schönheit bereits an ihm vorbei getreten und rief die verfluchte Kriegern unter dem Banner der Herrin der Untoten und Alpträume an.

Unweigerlich zog Dwarosch eine Augenbraue hoch und sagte ohne den an seiner Seite stehenden Basin anzusehen, aber so das nur er es hören konnte: „Wenn ich es nicht besser wüsste… oh ja, die hat Eier, was für eine Frau bei Angrosch Hammer, ich glaube ich bin verliebt!” Dann lachte er, so dass sein Bass viele der Umstehenden erreichte und trat weiter vor, an die Seite der Frau mit dem maraskanischen Anderthalbhänder. “Ohne zu wissen wer Ihr seid werte Dame, vergebt mir den wohl unumgänglichen Bruch der Etikette. Aber wenn diese Schande für Angrosch Schöpfung von Angesicht der Welt getilgt ist und wir beide noch unter dem Lebenden verweilen würde ich gerne ein oder zwei starke Bier mit Euch trinken und einiges erfahren.” (Stefan [Dwarosch] 18.03.2016)

Nachdem durch einen schwergerüsteten Zwerg erst eine offenkundige, aber noch passive Bedrohung aufgebaut wurde, verschärfte Fiona mit ihrer Ansprache diese noch um ein Vielfaches. Fünf Soldaten aus der neu angekommenen Einheit bewegten sich, mit langsamen und bedächtigen Bewegungen, hinter ihre Anführerin. Zwei Armbrüste wurden gespannt, die Waffen aber noch nicht geladen und, noch, zielten sie auf niemand bestimmten. Die Nordmärker, welche das neue Feldlager um das frevlerische Banner herum begutachteten, konnten feststellen, dass diese mit mindestens Bannerstärke angetreten waren. Das ‘Dämonenliebchen’ zeigte sich währenddessen über die Aggressivität, die ihr und ihrer Einheit entgegengebracht wurde, verwundert. Sie zog erstaunt eine Augenbraue nach oben, rollte die Schultern um die Muskeln zu lockern, und wendete sich dann direkt an Fiona.

“Verzeiht bitte meine Unhöflichkeit. Ich habe mich nicht vorgestellt. Widharia Rubeneck heiß ich. Bin die Hauptfrau des Banners 'Schädelplatte'. Wer seid ihr? Habt Ihr einen Grund, mich in meiner Ehre zu beschneiden, indem ihr mich beleidigt? Ich glaube, ich muss Euch vor einem Feldkaplan der Rondrakirche anklagen, um meinen Ehrenverlust auszugleichen!“

Sie sprach langsam und wohl überlegt, den Blick ihrer kühlen Augen nicht von Fiona abwendend.

Gereon war nur kurz verwundert und ein leichtes Zucken im Mundwinkel verriet seine Belustigung. Ihm gefiel diese Auffassung von „Wir halten uns erstmal zurück und warten unauffällig auf den Rabensteiner.“ Er stand am Rand des Kreises der nun zu Schaulustigen Degradierten und beobachtete das Geschehen genau. Atemlos starrte er zunächst die Ohrlose an, achtete dann aber wie es ihm beigebracht worden war auf die Umgebung, auf Bewegungen und auf mögliche Unterstützer. Gereon straffte die Schultern - er war nun Fionas Rückendeckung. (Gereon [Catrin] 18.3.16)

Elko von Falkenswart wunderte sich über die Zusammenrottung am Zelt der Neuankömmlinge. Das Banner kam ihm zwar vage bekannt vor, aber er verlor keinen weiteren Gedanken daran. Beruhigend tätschelte er die Flanke seines Streitrosses. Er hatte beim Hufschmied ein neues Eisen anbringen lassen. Kurz vor Gallys hatte sein Ross schon wieder ein Hufeisen verloren.

„Das schauen wir uns mal an, was meinst Du?“, sprach er leise zu seinem Pferd. Das unruhige Ziehen am Halfter und der Schritt zur Seite waren eine eindeutige Antwort. „Nun komm schon, du bekommst gleich auch einen vollen Sack Hafer. Sei nicht so…“, murmelte Elko in das Ohr seines Hengstes. Die Ohren des Falben zuckten hin und her und er hob und senkte aufgeregt den Kopf.

„Na also.“, grinste der Falkenswarter. In flüssigem, aber doch recht akzentbehaftetem Rogolan grüßte Elko die nun vor ihm stehenden, die Baroness Fiona, den Zwergen Dwarosch, den Ritter Basin. „Wer sind die Gestalten?“ (Elko [Roland] 22.03.2016)

Dwarosch sah nur kurz zu dem Berittenem hinauf, nickte diesem kurz zu und wendete sein grimmiges Angesicht wieder dem fremden Banner und der glatzköpfigen Kriegerin zu. „Sie behauptet die Hauptfrau des Banners Schädelplatte zu sein.“

Das letzte Wort hatte er verächtlich gesprochen und spie danach vor sich auf den Boden. „Ihr Name lautet Widharia Rubeneck.“ Nachdem er dem Reiter Auskunft gegeben hatte wendete er sich wieder an die Frau die neben ihm stand. „Ich weiß nicht wie ihr es handhabt, aber einem solchen Gegner gestehe ich keinen rondragefälligen Kampf zu.“ (Stefan [Dwarosch] 22.03.2016)

Derweil beim Zelt des Herolds:

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Noch bevor unter dem lieblich im kühlen Wind auf und ab tanzenden Streitobjekts, der Standarte jener mit Hass begrüßten Einheit, die ersten spitzhackigen Worten fielen, rannten die Knappen des Rabensteiners durch das Zeltlager und suchten einen Herold. Den Herold. NORDMARK! Den kannten sie wenigstens, daher führte sie ihr Weg in die Nähe des großen Herzogenzelts, in der Mitte des nordmärkischen Zeltlagers gelegen….

Beide Knappen waren bereits, nach Atem ringend, bei dem Zelt des Heroldes eingetroffen, doch Lucrann Boronian von Schwertleihe hatte noch etwas Anderes im Sinn. Nach der Einholung bei diesem würde er noch zum Tumult gehen, um weitere Informationen einzuholen, so der Herold nicht alle Fragen, welche er hatte, beantworten konnte.

Im Zelt war vernehmlich jemand zugegen. Auch wenn der Zelteingang zugeschlagen war, drang das Rascheln von Blatt Papier und das Geräusch von Wasser, das in ein Gefäß geschüttet wurde, heraus, auch ein Husten war zu hören. Jedoch regte sich auf das Rufen der Knappen nichts.

Boronian seufzte leise in sich, als der Herold auf sich warten ließ. Das würde seinem Herrn gar nicht gefallen, er war sich der nächsten Anhörung zum Thema Schnelligkeit schon sicher. Also sah er zu Tsalind, dann wieder zu dem Zelt des guten Mannes und räusperte sich etwas und sprach mit tiefer, gut hörbarer Stimme: "Verzeihet uns unser gar störendes Anliegen, mich dünket Ihr habet gerade etwas weit Besseres zu tun, doch gibt es Tumulte im sich füllenden Lagerort und unser Obherr und Schwertvater, der geehrte Baron von Rabenstein, schickte uns Knappenvolk, um in Erfahrung bringen zu lassen, welch neues Banner der Kern dessen ist. Wir erbitten höflichst Einlass in Euer schmuckes Zelt, welches Eurem Stand wohlweislich entspricht, um dies Anliegen zu besprechen." Sein Knappbruder kannte es, wenn der junge Mann einmal wieder versuchte, möglichst höflich zu sprechen. Dies gelang nur leider nicht immer. Diesmal gab er sich jedoch alle Mühe. [Boronian von Schwertleihe (Mel) 22.03.2016]

Drinnen hob Rondrian von Berg-Berg zum Berg den Kopf und seufzte. Eigentlich wollte er sich hier häuslich eingerichtet haben, bevor er später zur Stabsbesprechung ging. Unter anderen Umständen hätte er die Bittsteller vor seinem Zelt daher höflich verjagt, denn für Tumulte fühlte er sich nicht zuständig. Allerdings hörten sich die Worte des Störenfrieds nicht so an, als würde dieser sich so einfach verscheuchen lassen. Auch war der Name des alten Sonderlings gefallen, was letztlich den Ausschlag dafür gab, dass der Herold sich von seiner Arbeit losriss und den Störenfried mit leicht genervter Stimme ins Zelt bat. „Na, dann kommt schon herein. Oder wollt ihr da draußen Wurzeln schlagen?“

Als die beiden jungen Männer im Zelt traten, fanden sie sich inmitten vieler teilweise offener, teilweise noch verschlossene Truhen voller Papierkram wieder. Neben dem Herold, der an seinem blau-grün geteilten Wappenrock mit dem silbernen Barsch darauf ohne Zweifel zu erkennen war, war noch ein hagerer Mann mit Hakennase anwesend, der ebenfalls das Nordmärker Herzogswappen auf dem Leib trug und just mit einem Krug hinter dem Herold hervorkam. Nordmark stand hinter einem Tisch mit allerlei mehr oder weniger ausgerollten Dokumenten und blickte die Knappen ungeduldig an.

„Nun, was will der Schwarze Baron, was so wichtig ist, dass es mich aufhält. Ich bin nicht gewillt, Zänkereien zu schlichten, dafür sollte er sich an den Marschall wenden oder an einen von dessen Stellvertretern.“

Zackigen Schrittes trat der junge Mann in das große, noch nicht gänzlich aufgebaute Zelt ein und verbeugte sich höflich, ehe er wieder Haltung annahm. Sein aufgeregter Blick huschte einen Moment neugierig über die vielen offenen Kisten, welche hier standen und Geheimnisse in sich bargen.

Viel würde er geben, unter anderem Umständen hier zu sein und den Mann ausschweifend nach Heldengeschichten und Epen vergangener Tage und Schlachten zu fragen. Denn er, in seiner Position, kannte sicherlich alle. Doch seine Gedanken kamen zurück zu dem, weswegen er vorstellig wurde: "Verzeihet die Störung, doch mein Obherr wünscht Auskunft zu einer neu angereisten Gruppe, welche ihr Banner und die Zelte in unserer Nähe aufschlug. Unbekannt ist uns dieses, denn es zeigt das Symbol der Widersacherin Borons. Ihr wisst sicherlich, welches Haus sich dahinter verbirgt, so dass unsere Schritte uns zuerst zu Euch führten." [Boronian (Mel) 23.03.2016]

Schaute der Ritter bislang noch eher missbilligend auf den Jungspund, trat er nun irritiert hinter dem Tisch hervor. „Das Symbol der Widersacherin des Schweigsamen? Bei selbigem! Ist das wahr?“ Nordmark musterte den Knappen streng, schüttelte aber dann den Kopf. „Mir ist kein Haus bekannt, welches das Zeichen Thargunitoths führt.“ antwortete er mit nach wie vor erhabener Miene. „Zumindest keines im Reich,“ fügte er rasch hinzu, die Augen zu nachdenklichen Schlitzen verengt, mit der er zu ergründen versuchte, was es mit den Worten des Knappen auf sich hatte. Mit einer Hand kratzte er sich über die Wange, bevor er eindringlich in Boronians Augen blickte. „Und du hast dich auch wirklich nicht geirrt, Bengel?“

Der Knappe schüttelte den Kopf und sprach, betont ruhig: "Meine Ausbildung erhalte ich von Seiner Hochgeboren Lucrann von Rabenstein, ich weiß, was für ein Symbol dieses Banner trägt. Denn würde ich mich irren, mein Obherr würde mich prügeln, bis ich vom Scheitel bis zum Zeh blau wäre."

„Die Sache erscheint mir höchst ungewöhnlich. Und seltsam. Zumal du sagtest, dass es eine Gruppe ist, die unter diesem Wappen das Lager bezieht. … Hm, wo genau, sagtest du, wurde das Banner gesichtet, Junge? In der Nähe des Zeltes deines Herrn, der bekannt ist für seine Affinität für den Schweigsamen?“

Rondrian von Berg-Berg zum Berg, allgemein bekannt als Nordmark, seufzte schwer. Falls dies ein Scherz war, fand er ihn nicht witzig. Der junge Mann schien allerdings zu aufgebracht für einen Scherz. Oder es mangelte dem Jüngling trotz seiner bereits fortgeschrittenen Knappschaft an wichtiger Einschätzungskraft, Dinge beurteilen und sie nach Wichtigkeiten und Nichtigkeiten unterteilen zu können. Boron… Thargunitoth… Dem Herold kam dieser Zufall fast schon zu gewollt vor! Aber: trotz einer inneren Belustigung, die dem als verschroben und kauzig geltenden leidenschaftlichen Anhänger Borons, dem Baron von Rabenstein, galt, blieb der Herold gewissenhaft und so war weder Spott noch Hohn an ihm zu erkennen. Außerdem war er neugierig genug, und wissbegierig auch, zu erfahren, was es mit diesem provokanten Aufreger auf sich hatte - und was den Rabensteiner dazu veranlasst hatte, sich herauszunehmen, etwas von des Nordmarks kostbaren Zeit zu stehlen, in dem er diesen enervierten Knappen aussandte, welcher jedoch offenbar nichts davon verstand, dass andere Personen hier im Lager auch einfach nur ihre Arbeit verrichten wollten. Und das in Ruhe.

Ruhe, Boron, Thargunitot… - ach!

Der Herold brummte etwas Unverständliches, seufzte noch einmal tief. „Nun gut…es scheint eurem Herrn ja sehr wichtig zu sein. So bringt mich denn hin. Aber lasst euch gesagt sein, wenn ihr mich auf den Arm nehmen wollt, Bengel, rate ich euch eine andere Zeit und einen anderen Ort an.“ Mit dieser Warnung deutete er dem Knappen den Weg hinaus aus dem Zelt.

Bei der Nennung des Namens der Erzdämonin zuckte der Rabensteiner Knappe merklich zusammen. Dieser Mann hier musste den Mut von vielen Löwen besitzen, ihn einfach so auszusprechen. Er selbst würde sich dies nie trauen. Erleichtert, dass der begnadete Herold sich doch die Zeit nahm mitzukommen, rannte Boronian fast schon aus dem Zelte heraus, wobei er wieder in die Verlegenheit kam, beinahe mit Tsalind zusammenzustoßen. Innerlich ärgerte er sich, wollte er doch versuchen, alles eleganter anzugehen und mit Stil. Nur das dieses Unterfangen meist in einer gehörigen Niederlage endete, war nicht nach seinem Plan. [Boronian (Mel) 23.03.2016]

Derweil im Lager

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„Rittmeister, Rittmeister! Schnell, die Herrin!“ Hektisch mit den Armen wedelnd kam Alrik Kupferkreuzer ins tandoscher Lager gerannt.

Rittmeister Bänkelsang verdrehte die Augen. Was hatte sich die Wahnsinnige nun schon wieder für Ärger eingehandelt? Er baute sich vor Alrik auf. „Ganz ruhig, tief durchatmen. Und dann leise bis Fünf zählen, das kannst du doch?“ Lächelnd strich er seinen Wappenrock glatt, der frappierende Ähnlichkeit mit dem der Flussgarde hatte. Diese Ähnlichkeit kam nicht von ungefähr, hatte Bänkelsang doch seinen Dienst in der Flussgarde absolviert. Im Albernia-Krieg war er zur Besetzung Traviarims abkommandiert worden die unter dem Kommando des tandoscher Barons erfolgte. Hier war er dann den Verlockungen Tandoschs, speziell denen einer jungen Piratin erlegen und hatte seinen Abschied genommen. In Tandosch konnte er dann für den Baron eine Reiterei-Einheit bauen und hatte diese Aufgabe so gut erfüllt, dass er nun als einer der Bottsmänner galt, wie der Baron seine Hauptleute zu bezeichnen pflegte, auch wenn Bänkelsang selbst die Bezeichnung Rittmeister vorzog. Und nun war er auf diesem Zug auch Fionas Stellvertreter.

Inzwischen war Alrik soweit zu Atem gekommen, dass er wieder sprechen konnte. „Rittmeister, da ist eine Einheit, die haben ein Dämonenbanner gehisst. Und ihr kennt die Herrin.“ Schnell schaute er sich um „Sie hat zwar keinen Schaum vor dem Mund …“ „Ogerkacke, das gibt Ärger.“

Bänkelsang stieß einen lauten Pfiff aus und als er die notwendige Aufmerksamkeit hatte brüllte seinen Marschbefehl. „Ein Dämenonenbanner hier im Lager, ihr wisst was das heißt. Abmarsch in Kampfformation.“ Zum ersten Mal seit dem Aufbruch in Tandosch machte sich die permanente Kampfbereitschaft bezahlt, die Fiona der Truppe abverlangte, selbst die Pferde hatten tagsüber fast durchgängig gesattelt zu sein. Doch wieder einmal stand die berüchtigte tandoscher Disziplin einem geordneten Abmarsch im Weg. Annähernd ein Drittel der Kämpfer trieb sich sonst wo rum, lediglich die zwergischen Sappeure waren vollständig anwesend und machten sich in Kettenhemden und mit Armbrust, Setzschild und Handaxt bewaffnet auf den Weg.

Bänkelsang schickte Kupferkreuzer los, die fehlenden Kämpfer zu suchen, dann schwang er sich in den Sattel und folgte mit den tandoscher Berittenen und dem Fußvolk den Zwergen.

*

Der Rabensteiner indes saß entspannt auf seinem Feldstuhl und beugte sich wieder über seine Papiere, während draußen die aufgeregten Stimmen der Menge wie ein Bienenstock vor dem Schwärmen summten und brummten. Er griff nach seinem Kelch und drehte diesen zwischen den Fingern. Die beiden Knappen glänzten durch Abwesenheit. Bedauerlich. Nicht, dass die neuen Nachbarn Gefahr liefen, innerhalb von Augenblicken wieder zu verschwinden – doch die Stimmung der Nordmärker draußen klang zunehmend gereizter. Es war wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis sich der erste junge Hitzkopf zu Dummheiten hinreißen ließ.

Lucrann griff nach seinem Wehrgehänge und schlang sich mit geübtem Griff den Gürtel, an dem Rapier und Linkhand hingen, um den Leib. Gerüstet war er lediglich mit einem brünierten Kettenhemd, über dem er seinen Wappenrock trug. Mit einem innerlichen Seufzer nahm er abermals Papier und Karten zur Hand. Ein paar Augenblicke Zeit mochten die Knappen sich noch nehmen – immerhin war es kurzweilig, abzuwarten, was eher geschehen würde – ihre Rückkehr oder der erste Krawall draußen.

*

Noch jemand hörte den Lärm von klappernden Rüstungen und das erboste Geschrei vieler Menschen. Auf ihn hatte dies jedoch einen anderen Effekt – er wachte auf. Jost Verian Sturmfels-Maurenbrecher von Hlûthars Wacht schlug genervt die Augen auf und blickte zum Zeltdach. Wartete. Ging der Tumult einfach vorbei? Nach einigen Momenten beschloss er, dass dem nicht so war, und er stand schwungvoll auf. Kurz musste er sich recken, die letzten Tage im Sattel waren sehr strapaziös gewesen. Immerhin im Gewaltritt von Flusswacht bis Gallys! Er zog sich seinen Wappenrock über, der einen gelben, aufrechten Ritter mit Heiligenschein und Schwert über einer weißen Burg auf einem schwarzen Berg zeigte. Rasch legte er seinen Schwertgurt um und rief währenddem nach seiner Knappin: „Ira, du nichtsnutziges Ding, wo steckst du schon wieder?“

Missmutig zog er seine Stiefel an und warf einen Blick in den Spiegel. Das Ergebnis ließ ihn aufseufzen. ‚So kann ich nicht vors Zelt, was sollen denn die Leute denken?‘ Er suchte nach einer Schüssel mit Zuckerwasser und richtete erst einmal seinen Scheitel. Als er mit dem Mann, der ihm entgegenblickte, zufrieden war, trat er vors Zelt und blickte sich um. Endlich sah er die gesuchte Knappin, wie sie im gemütlichen Schlenderschritt, die Hände im Gürtel eingehakt, zwischen den Zelten auftauchte. Sie schaute sich neugierig ihre künftigen Zeltnachbarn an und machte den Eindruck, alle Zeit der Welt zu haben. Jost Verian kannte dieses Gebaren seiner Knappin, der jungen Plötzbogenerin, nun nur zu gut. Wieder musste er seufzen und fragte sich, ob er aus diesem frechen Ding je eine Ritterin formen würde.

„IRA! Beweg deinen Hintern hierher, aber plötzlich! Und wo ist dieser verdammte Sigiswolf schon wieder?“ [Chris 24.03.16]

Die so Angesprochene riss den Blick vom Hintern eines sich gerade bückenden Soldaten los, seufzte ihrerseits noch einmal über die unschöne Art und Weise, wie ihr hitziger Schwertvater über den Platz brüllte, nahm sich vor, ihm das beizeiten mal zu sagen, und überbrückte den Weg zum Zelt des Hlutharswachters mit großen Schritten. Als sie dort ankam, warf sie dem jungen Baron ein freches „Na, haben Hochgeboren zu Ende geruht? Süße Träume gehabt?“ zu. In den drei Jahren, die sie nun seine Schildmaid sein durfte, hatte sie eines recht schnell gelernt: dass er ihre freche Klappe ab und zu ganz gerne hatte.

"Also meine Träume gehen dich gar nichts an," entgegnete Jost Verian der Knappin kurz und scharf und Ira erkannte am Tonfall, dass das halbe Stundenglas, das ihr Herr nach dem Aufstehen brauchte, um keine schlechte Laune mehr zu haben, noch nicht um war. "Hast du schon herausgefunden, was dieser Lärm zu bedeuten hat?"

"Irgendeine Ansammlung, Herr. Hab noch nicht geguckt."

"Dann geh und tu das!"

Ira stöhnte. Genau das hatte sie zwar nicht vorgehabt, aber es blieb ihr jetzt wohl nichts mehr Anderes übrig. Sie nickte, auch wenn er ihr den Widerwillen an der Nasenspitze ansah.

"Und wenn du zurück bist, Ira, dann stell Tisch und Stuhl vors Zelt, ich möchte mir das Spektakel bei einem Glas Wein anschauen. … Und verdammt, such mir Sigiswolf!"

Die 17-jährige nickte noch einmal und rannte dann in Richtung des Tumults davon.

Konfrontation

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Bei dem Menschenauflauf angekommen drängten die Sappeure des Tandoscher Heerhaufens laut scheppernd die Zuschauer beiseite und gingen hinter ihren Schilden in Position. Dahinter begann sich der Rest der Tandoscher zu formieren.

Der Knappe der tandoscher Ritterin hatte gespürt wie die Stimmung sich immer weiter aufheizte. Seine Nerven waren aufs äußerste gespannt, als er erleichtert die ihm wohlvertraute Einheit erblickte. Er drehte sich kurz zu ihnen um, damit sie ihn sahen und um zu sehen, ob ihm ein Zeichen oder ein Befehl gegeben würde. (Gereon [Catrin] 23.3.16)

Schon als das Scheppern der Sappeure und die gerufenen Kommandos, das Pferdegetrappel und die aufgeregten zustimmenden Rufe der Zuschauer zu hören waren, gab Widharia einen Wink mit der rechten, nach unten gestreckten Hand. Die ‚Schädelplatte‘ war eingespielt. Das konnten die Umstehenden sofort erkennen, denn binnen weniger Momente, noch als die Zwerge sich ihren Weg bahnten, eilten auf kurze Pfiffe hin mindestens 20 weitere Streiter dieser seltsamen Einheit zu ihrer Hauptfrau oder waren auf dem Weg zu ihr. In einem Halbkreis, mit dem größten Zelt im Rücken, formierten sich Pikenträger um das Banner und ihre Anführerin. Dahinter und dazwischen Langschwertkämpfer, die sich, unter gegenseitiger Deckung, Kettenhemden anzogen. In der letzten Reihe spannten nunmehr 5 Kämpfer ihre Armbrüste, diesmal mit eingelegten Bolzen. Und noch immer stand Widharia, wieder beide Hände auf dem Axtkopf, vor dem Banner und wartete. Wartete auf Antwort von der blonden, schwarzgekleideten Kämpferin.

Langsam erhob sich der Rabensteiner und prüfte den Sitz seiner Waffen. Bedauerlich, dass die Knappen noch nicht zurück waren. Vermutlich ließ sich Nordmark wieder einmal bitten – Seine Hochnäsigkeit sonnte sich wieder einmal in eigener Wichtigkeit. Nun denn – dann also auf in die Menge. Der alte Baron trat vor sein Zelt, löste den Führstrick seines angebundenen Pferdes, das im Schatten vor dem Zelt gedöst hatte und schwang sich in den Sattel. Auf einen Wink schwenkten zwei seiner Büttel hinter ihm ein. Bedächtig arbeitete sich die kleine Truppe durch die kampfbereit versammelten Kaiserlichen. [Lucrann (Tina) 24.03.2016]

Von weitem näherte sich der Herold der Nordmarken, Nordmark, mit den Knappen des Rabensteiners im Gepäck. Der jüngere davon, Boronian, sah sich, als sie auf dem Wege waren zum Lager, zu dem Herrn vom Berg um: "Dort hinten, sehr Ihr, dort lagern sie. Die Standarte steht, wo sich die vielen Menschen und Zwerge... sind das etwa schon Bewaffnete?" Die Augen des jungen Mannes wurden groß und ein leises: "Mistmistmist" stahl sich fast unhörbar über seine Lippen. [Boronian (Mel) 23.03.2016] "Ja, ich denke, das ist an dieser Stelle durchaus angebracht." Nordmark hatte ihn wohl gehört und am Gesicht des Ritters konnte der junge von Schwertleihe durchaus ähnliche Bedenken ablesen. Dennoch straffte sich Rondrian von Berg-Berg zum Berg die Schultern und ging weiter entschlossen auf die Ansammlung von Menschen, Zwergen, Pferden und Stahl zu. Eine allgemeine Nervosität lag spürbar in der Luft. Und angesichts dieses 'Dämonenmals' auf eben jenem Banner, in dem sichtbar ein kleines unschuldiges Lüftchen spielte, zog sich selbst dem älteren Kriegsmann, der um Erfahrung im Kampf mit den Dienern der göttlichen Widersacher nicht arm war, der Magen zusammen. Mit Unwohlsein, aber festem Schritt trat er in das Pulverfass hinein.

„Was geht hier vor?“ Der Rabensteiner hatte sein Pferd durchpariert. Nicht über Gebühr laut war seine Stimme, packte aber mühelos die Streithähne beider Seiten. Sein Blick fiel auf das Banner der Neuankömmlinge und er wurde still. Sehr still. Er fixierte die Anführerin der Bürgerlichen mit einem Blick, der Wasser hätte gefrieren lassen können. „Und Ihr nehmt dieses Dämonenzeichen ab. Jetzt.“ [Lucrann (Tina) 25.03.2016]

Dem Ritter vom Berg folgend, wurden die bereits kampfbereiten vor Ort in Gedanken aufgezählt, kannte man doch viele der Banner und Wappenröcke nur zu gut. Boronians grüne Augen flogen suchend über die anwesende Menge, über Ritter, Knappen, Pagen und einfache Soldaten, auch die der älteren Knappin Tsalind schauten sich an, was hier geschah. Der Blick blieb einen kurzen Moment auf der Standarte, welche Auslöser für die am heutigen Tage herrschende Unruhe war, haften, und der schwarzhaarige Jüngling zog die Luft nocheinmal scharf ein. Niemals hatte er sich vorstellen können, dass ein Wesen, welches unter dem Firmament weilte, so dumm war, dies Ding neben dem Zelte seines Herrn aufzustellen. Der Blick traf auf den der Knappin, und auch wenn beide in ruhigen Zeiten wie Hund und Katze sein mochten, jetzt, da ein handfester Kampf in der ohnehin dünnen Luft lag, zeigte sich die gute Ausbildung des Rabensteiners. Beide waren durch die vielen gemeinsamen Jahre des Trainings ein eingespieltes Team geworden und so arbeiteten sie sich langsam zu dem alten Baron vor, welchen sie schnell erblickt hatten. Immerhin kannten sie Ross und Reiter seit vielen Jahren, und auch wenn der Mann selbst eher klein und schmal war, seine Ausstrahlung machte dies mehr als wett. Mit dem Herold, welchen alle nur Nordmark nannten, kamen sie an ihren Herren und reihten sich bei ihm ein. Boronian war fast schon erleichtert, seine doch schwere und unhandliche Rüstung nicht ausgezogen und auch den dunklen Rabenschnabel dabei zu haben. Nur leider wartete das Schild verlassen im Zelt, angelehnt an den Waffenständer, das Putzzeug auf einem Tische nebenan. Ein Blick glitt zu dem Schwertvater, welcher Banner und Gruppe in Augenschein genommen hatte, und wie die Knappin wartete auch er auf Anweisungen. [Boronian (Mel) 25.03.2016]

Der alte Baron hielt seine Aufmerksamkeit auf die Söldnerin gerichtet. Mit einer knappen Handbewegung, ohne sich umzudrehen, bedeutete er den Knappen, hinter ihm zu bleiben. Es sprach für die lange Ausbildung der beiden, dass sie ohne ein weiteres Wort auf ihre zugewiesenen Positionen einschwenkten. Stille senkte sich für einen Atemzug über die Ansammlung, fühlbar und schwer wie ein bleiernes Tuch. Fast schien es, als läge ein Knistern in der Luft, ein Kribbeln, als sei der erste Blitz eines Unwetters nur eine Haaresbreite davor, sich zu entladen. [Lucrann (Tina) 25.03.2016]

Unterdes blieb der Ritter vom Berg in der Nähe des Berittenen, der im wahrsten Sinne des Wortes über den Dingen zu thronen schien, und hielt sich wie viele andere Zuschauer im Hintergrund. Schon oft selbst inmitten schwieriger Gespräche der Wortführer gewesen, überließ er es in diesem Falle der raumgreifenden Kompetenz des Rabensteiners die Sache zu lösen und sparte sich seine Neutralität auf. Denn jemand Unvoreingenommenes würde die Geschehnisse bezeugen müssen, wenn es zu einer Auseinandersetzung zwischen beiden Parteien kam. Irgendwie war er froh, dass ihn dieser Bengel hergeholt hatte. Und irgendwie auch nicht.

Ohne auf die bizarre Szenerie Einfluss zu nehmen, erkundigte Nordmark sich bei einer Ritterin, die neben ihm stand, nach dem genauen bisherigen Verlauf des Streitgesprächs.

Dies – der Kampf gegen die Schergen der Dunkelheit – war die Welt die Fiona kannte, die sie liebte, die sie geformt hatte, zu dem gemacht hatte, was sie war und weswegen sie vom nordmärker Adel nicht verstanden wurde. Ihr lächelndes Schweigen war die einzige Antwort, die die Dämonensöldnerin erhielt. Dabei wich sie leicht zur Seite, klar ersichtlich, dass sie so den Freiraum für ihren Tuzaker erhielt, den Dwarosch versehentlich eingeschränkt hatte. Gleichzeitig bot so die Söldnerin einen Schutz gegen ihre eigenen Armbrüster, die sich hinter ihr formiert hatten. Wieder erklang ihr glockenhelles Rogolan. „Kleiner, hinter ihr hockt sicher ihr Magier. Wenn es losgeht, brich durch und erleg ihn. Ich folge dir, sobald die Schlampe hier kaputt ist. Kann aber ‘nen Moment dauern, falls sie jetzt schon tot ist.“

Die Anzahl der Worte, die der alte, einäugige Rabe verschwendet hatte, erstaunte Fiona. Doch galt seine Ansage, gaben ihm doch Rang und Alter das Vorrecht.

Widharia wendete ihre Aufmerksamkeit dem alten, einäugigen Mann zu. In ihrem Gesicht konnte man Bestürzung und auch so etwas wie Traurigkeit entdecken. Sie schüttelte langsam den Kopf, blickte zu Boden und flüsterte etwas den hinter ihr stehenden Soldaten zu. Als sie den Kopf wieder hob, war ihr Blick trotzig und klar, und ihre Worte knallten wie Peitschenhiebe durch die Stille, die sich um den Rabensteiner herum wie eine dunkle Wolke aus Schweigen gelegt hatte. „Euer Marschall gab mir dies!“

Ihre linke Hand wanderte zu einer ihrer Taschen, aus der sie eine längliche Pergamentrolle hervorzog. „Hier steht, dass ich unser Banner an der Seite unserer neuen Kampfgefährten führen darf! An eurer Seite! Seit 15 Jahren schützt es uns nun, und nie wurden wir aufgerieben. Wir werden es nicht abnehmen!“

Seit fünfzehn Jahren unter dem Schutz eines Dämonenbanners? Viel fehlte nicht, dass sich eine Regung ob dieser dummdreisten Frechheit auf dem Gesicht des alten Barons abgezeichnet hätte. Er holte Atem. Und musterte das Weib. Weder schön noch klug. Noch nicht einmal schlau. Aber dafür mit einem Erzdämon im Namen.

„Nur, dass Banner ausschließlich des Herolds sind.“ Seine Stimme hatte sich nicht den Hauch eines Skrupels erhoben, und trug dennoch weit. Der Marschall, auch wenn er über die Truppen gebot, besaß so gänzlich kein Recht, auch nur ein Feldzeichen zu erlauben. Der interessante Punkt war jedoch ein anderer. In sehr aufgeräumten Ton fuhr er fort: „Ihr führt freiwillig ein Dämonenzeichen … Ist euch der Begriff 'Minderpakt' geläufig?“

Was das Mindeste war nach all dieser Zeit dankbarer Tändelei. Dummheit mochte eine Erklärung sein – doch nimmermehr eine Entschuldigung.

Bedauerlich die Unterstützung des Marschalls. Wenn sich das Dokument als echt erwies. Nach den Weidener Geschichten seinerzeit hatten viele gehofft, dass der neue Angroscho dieses Mal länger sein Amt versehe als sein Vorgänger. Offensichtlich vergebliches Wähnen.

Er wandte sich zu dem Herold um. „Lasst sie das Banner abnehmen und prüft das Dokument.“

Brave Knappen – diesmal waren sie einmal exakt zur rechten Zeit am rechten Ort eingetroffen. Mit der rechten Begleitung. Nordmark war justament die eine Person, in deren Amt und Zuständigkeit das Folgende fiel. Eine klare Befehlsstruktur hatte ihr Gutes – und hielt auch den Berg in der Pflicht. „Veranlasst einen Inquistionsprozess.“ Dieser würde Pakt oder pure Dummheit scheiden – und den Regimentsgeweihten fordern. Auch wenn das in der Folge wohl bedeutete, dass der alte Baron zum Kläger geriete. Nordmark würde es gewiss wieder verstehen, diesen Punkt zu delegieren. Nun denn – das war die Sache mehr als wert. Der Rabensteiner warf seinen Knappen einen knappen Blick zu. „Sucht die Rickenhausenerin und bittet sie, das Dokument zu prüfen. Magistra ter Greven desgleichen.“ Er fasste die Zügel seines Rosses kürzer, das den Kopf aufwarf und erbost schnaubte. „Tandosch, könnt ihr sie überwachen?“ Was zugleich, die Götter mochten es geben, verhindern würde, dass die junge Kriegerin sich selbst verlor. [Lucrann (Tina) 27.03.2016]

„Schon dabei!“ Kaum mehr als ein Flüstern war von Fiona zu vernehmen. Doch schwangen darin sowohl die Enttäuschung mit, dass sie die Paktiererin nicht auf der Stelle töten durfte, als auch die Erwartung, dass dies bald geschehen würde.

Gespannt hatten die Knappen des Rabensteiner Barones dessen Worten gelauscht. Ja, vielleicht war Boronian fast schon ein wenig enttäuscht, dass sein Obherr nicht gestrenger mit den neuen war, doch konnte er es aus taktischen Gründen verstehen, dass nicht gleich ein Angriff startete. Ja, nach einem Moment der Überlegung war es wirklich besser und er schalt sich innerlich für seine Gedanken. Der Krieg kam schon noch früh genug. Und eine solche Anklage - er hatte Geschichten von diesen 'Minderpakten' gelesen - so traurig und bestürzend der Grund auch sein mochte, sie war etwas neues. Und alleine die Neugier würde dafür sorgen, dass er versuchte, es sich anzusehen, auch um zu sehen, ob es wahr war. Doch erst einmal hatte Lucrann einen Auftrag gegeben, und das in erstaunlich vielen Worten. Vermutlich, damit sie nichts falsch machten. Noch immer war er nicht sicher, ob Tsalind und er Nordmark rechtzeitig geholt hatten. Vielleicht hätte der Baron vorher gerne mit ihm über diese Angelegenheit gesprochen. Also drehte er ohne ein weiteres Wort bei, um schnellen Schrittes, ja fast schon rennend, mit Tsalind weiter in das Lager hinein zu kommen und seine Gedanken machten Sprünge: 'Rickenhausenerin? Magistra ter Greven? Verflucht! Wo waren deren Lagerstätten?'. [Boronian (Mel) 27.03.2016]

Nordmarks Kiefer presste sich zusammen. Bei dem Gedanken, dass nun ER dieser Frau erklären sollte, dass sie ihr Banner gefälligst abzunehmen hatte, wurde ihm unwohl, so unwohl es jemandem werden konnte, der vom einfachen Beobachter zum Zünglein an der Waage berufen worden war. Dass Blicke auf ihm ruhten, war er ja gewohnt. Allerdings eine solche Situation war selbst für ihn neu, daher blickte er erst einmal zum Baron von Rabenstein, dann zu der Einohrigen, vergewisserte sich deren Aufmerksamkeit. Zu guter Letzt legte er den Kopf leicht schief und nickte bedächtig.

„Nun,“ begann er langsam und trat erhebend aus der Reihe Schaulustiger heraus. „bevor hier irgendwelche …Prozesse… ausgerufen werden, werte Damen und Herren Wohl- und Hochgeboren,“ und an dieser Stelle sah er bewusst auch in andere Gesichter, „würde ich doch erst einmal einen Blick auf das betreffende Dokument empfehlen und selbiges in meiner Position als ‚Nordmark‘, Mund des Herzogs, auch sogleich vornehmen, sofern es mir gestattet sei.“

Die Weisung des Barons dehnen, lautete das Manöver, welches der Herold bereit war zu führen, auch wenn er sich bewusst war, dass er von Seiten des Rabensteiners Missbilligung erfahren würde. Doch sah Rondrian von Berg-Berg zum Berg – wenn man ihn schon in diese Sache hineingezogen hatte – vor dem Hintergrund des Kaiserinfriedens in erster Linie diesen zu bewahren als seine Pflicht. Und nicht, hier ein Gemetzel zu tolerieren oder dieses sogar noch herbei- oder gar anzuführen, in dem er es propagandierte.

Widharia übergab Nordmark die Schriftrolle. Auf den ersten Blick sah sie aus, wie offizielle Dokumente aus der Kanzlei, nur, nicht aus den Nordmarken. Rondrian konnte erkennen, nachdem er das Schriftstück ausgerollt hatte, dass der Kompanie ‚Schädelplatte‘ tatsächlich das Führen dieses streitbaren Banners erlaubt wurde; und zwar durch den kaiserlichen Hofmarschall Salvin von Streitzig selbst. Nordmark erkannte Siegel, Unterschrift und doch,… er war sich nicht ganz sicher.

Man sah Nordmark vertieft in das, was in dem Schrieb stand, und dann am Ende kratzte er sich am Kinn. Vielleicht, weil er etwas nicht ganz verstand. Oder, weil er über die neuen Erkenntnisse nachdachte.

Derweil antwortete Widharia dem alten Einäugigen, auch wenn er nicht den Eindruck machte, auf eine Antwort auf seine knappen Worte zu warten. „Ihr, schwarzer Mann, wisst ihr, in Altzoll wurde die Schädelplatte nach unserem Überlaufen schon von Priestern des Praios befragt. Die haben bei keiner meiner Jungs und Mädels, und auch bei mir nicht, irgendwelche Paktiererschweinereien gefunden. Könnt euch Euren Ruf nach der Inquisition also in den schwarzen Arsch schieben. Wir sind übergelaufen, um endlich das Richtige zu tun, und als dann Altzoll befreit wurde, haben wir von Innen die Tore geöffnet. Verdammt, Mann, wir wollen auf eurer Seite kämpfen, nicht gegen euch. Und wenn Euch unser Banner nicht passt, habt wenigstens den Mut es selber zu fordern und versteckt euch nicht hinter so einem Schreiberling."

Bei dieser Beleidigung sah Nordmark kurz verärgert von seiner Lektüre auf. Er drehte den Kopf zu dem Rabensteiner, fixierte die Einohrige noch einmal scharf, dachte sich jeodhc seinen Teil und las das Schriftstück noch einmal. Es war durchaus verständlich, textlich einwandfrei formuliert, sogar das Wappen war das richtige, das Papier augenscheinlich auch eines, wie es für eben jene Erlässe benutzt werden konnte. Aber irgendwie… Rondrian von Berg-Berg zum Berg konnte noch nicht genau sagen, was es war, doch so ein Gefühl in ihm riet ihm, alles noch einmal zu prüfen und er versuchte, sich Schriftstücke des Hofmarschalls vor Augen zu rufen, um sie gedanklich zu vergleichen.

Mit sehr ruhiger Miene betrachtete der Alte währenddessen das dreiste Weibstück. „Getroffene Hunde kläffen. Du bist den Bruch des Lagerfriedens nicht wert, Weib.“

Weder war Widharia von Stand und damit satisfaktionsfähig noch hätte er eine entsprechende Einladung zur Waffenübung im Morgengrauen angesichts des Lagerfriedens – elendes Ding – vor so vielen Zeugen verteilt. Allein – ihre Überlebenswahrscheinlichkeit in der nächsten Schlacht sank mit jedem Atemzug. Bedauerlicherweise starb auch immer ein gewisser Bruchteil eigener Truppen durch freundlichen Beschuss, und die Anführerin der Schädelplatte hatte sich in dieser Aufstellung soeben einen bevorzugten Platz gesichert. Er gab seinem Ross etwas mehr Zügel, was der Hengst mit einem entspannten Senken des Kopfes quittierte, strich dem Tier mit einer behandschuhten Hand durch die Mähne.

"Nun," sammelte der Herold die Aufmerksamkeit der Umstehenden wieder ein, nachdem er seine Analyse beendet hatte. "Aus diesem mir vorliegenden Schreiben geht einwandfrei hervor, dass jene Kompanie, deren Name ‚Schädelplatte‘ lautet, tatsächlich das Führen dieses Banners erlaubt ist. Und zwar durch Seine Exzellenz Cancellarius Salvin von Streitzig, seines Zeichens Kaiserlicher Hofmarschall. Die werte… Dame… hat also auf den ersten Blick durch dieses Edictum das Recht, dieses Bildnis hier aufstellen zu dürfen." teilte der Herold der Nordmarken gut hörbar allen Umstehenden mit.

Seine Worte fanden bei einigen Anwesenden nur mäßig Gehör, wartete doch jeder auf einen Götterdiener, der die Expertise des weltlichen Herolds mit göttlicher Meinung bestätigte.

Es dauerte eine kleine Weile, aber dann war ein solcher Diener der Zwölf zur Stelle.

Der Rabensteiner wandte sich halb zu der eben eintreffenden Hesindegeweihten, der wortreichen Dame wortlos die Bühne bietend. [Lucrann (Tina) 28.03.2016]

"Ich wurde gerufen, um eben jenes Dokument zu prüfen," sprach Biora Tagan von Rickenhausen, Hohe Lehrmeisterin der Hesinde und Baronin von Rickenhausen, sich auf die letzten Worte des Herolds beziehend, welche sie gerade noch vernommen hatte, und trat aus dem Kreis der Schaulustigen vor zu Nordmark und dem Baron von Rabenstein, dem sie - mit einem prüfenden Blick - kurz zunickte. Dessen Knappe war es gewesen, der sie mit einer hastig gestammelten Geschichte von einem Dämonenbanner im Heerlager höchst dringlich aus ihrem Zelt und an diesen Ort gebeten hatte, worauf sie in Begleitung ihres Leibwächters Tar'anam sin Corsacca, welcher gleichzeitig Hauptmann des Rickenhausener Kontingents war, quer durch das ganze Lager gepflügt war, immer dem aufgeregten Knappen hinterher, dem das alles nicht schnell genug gehen konnte.

Zwar war die Hochgeweihte nur 1,68 Schritt groß, zierlich und augenscheinlich auch nicht mehr die Jüngste, doch war ihr Auftreten geprägt von Bestimmtheit und Selbstbewusstsein. Sie trug das Ornat ihrer Kirche, dazu allerdings völlig untypisch ein Schwert an ihrer Seite. Ihr Leibwächter Tar'anam, welcher einen gelb-roten Rickenhausener Garde-Wappenrock über einem leichten Gambeson trug, folgte ihr wie ein Schatten in einem Schritt Abstand in den freien Kreis. Zwar trug der schon lange ergraute Krieger mit den kurzen grauen Haaren ein Tuzakmesser auf dem Rücken, doch noch hingen seine Arme entspannt neben seinem kräftigen Körper herab. Seine Augen allerdings waren in unablässiger Bewegung, kein noch so winziges Detail schien ihnen zu entgehen.

"Was also ist hier los?" sprach Biora sowohl Rondrian von Berg-Berg als auch den Rabensteiner an, wobei sie gleichzeitig das Banner, welche alle Leute hier in nicht geringen Aufruhr versetzte, als auch die Frau, welche offenbar die dazugehörige Einheit befehligte, mit unverhohlenem Interesse musterte. [Biora (Jürgen) 27.03.2016]

Als Widharia die Hochgeweihte der Hesindekirche aus den Reihen der Gaffer treten sah, ging eine Veränderung in ihr vor. Sie ließ die Streitaxt, die bisher vor ihr auf dem Boden stand, umfallen und machte zwei schnellen Schritte auf Biora zu. Aber nur, um mit dem letzten Schritt auf ein Knie zu gehen und ihre Hände, geöffnet mit nach oben gerichteten Handflächen, dieser entgegen zu strecken. Den sonnenverbrannten, kahlgeschorenen Kopf hatte sie demütig gesenkt, so dass ihre folgenden, leisen Worte kaum Hörbar waren: „Euer Eminenz, es ist gut Euch zu sehen. Sagt mir, liebt uns die Göttin, trotz allem, nach allem, wirklich? Bitte, erteilt uns euren Segen, nichts Dunkles führen wir mehr im Schilde.“

Biora blinzelte, sichtlich überrascht ob der Reaktion der Hauptfrau, während Tar'anam zwar noch immer die Waffe nicht zog, doch nun der Frau deutlich den größten Teil seiner misstrauischen Aufmerksamkeit angedeihen ließ.

Nach einer weiteren kurzen Pause, in der sie die vor ihr Kniende eindringlich musterte, erhob die Hesindegeweihte wieder ihre nicht sehr laute, aber dennoch tragende Stimme: "Der praiosgefälligen Ordnung halber: Hochwürden genügt." Wieder ein Augenblick des Schweigens, welchen Biora für einen kurzen Blick in die Runde, die ihr wie ein brodelnder Hexenkessel vorkam, nutzte, dann fuhr sie fort: "Was deine Frage angeht: meine Herrin Hesinde leitet die Menschen an, fordert sie, belohnt sie mit Erkenntnis und gewährt ihnen zuweilen ihren Schutz, doch vermag ich nicht zu beurteilen, ob sie sie liebt. Das mag jeder für sich mit der Göttin ausmachen. Eine der Tugenden, welche Hesinde aber im Menschen schätzt, ist die Klugheit!" Bioras Stimme hob sich deutlich, der Blick ihrer strahlend grünen Augen wurde zwingend. "Und mich deucht, es ist kein Akt übergroßer Klugheit, unter einem Dämonenbanner in dieses Heerlager einzureiten, wo viele der Streiter bereits einschlägige Erfahrungen mit den Schergen der Widersacherin Borons gemacht haben, welche durch dieses Symbol nur leidvoll wieder ins Gedächtnis gerufen werden, und wenn tausendmal ein kaiserliches Dokument bezeugt, dass euch das Führen dieses Banners erlaubt sei. Wenn du und die Deinen es ernst meinen mit ihrem Angebot, auf unserer Seite gegen Haffax zu kämpfen, dann wäre es ein Akt der Versöhnung, seine neue Verbündeten nicht weiter vor den Kopf zu stoßen und in Demut das Banner zu senken.

Biora machte eine kurze Pause, um der Stimmung der Anwesenden nachzufühlen, doch bevor ihr jemand ins Wort fallen konnte, setzte sie ihre Rede energisch fort: "Ganz unabhängig von dem, was du uns erzählt hast, wirst du uns einen Vertrauensbeweis erbringen müssen, denn wäre ich ein Spion, würde ich natürlich nichts Anderes behaupten als das, was du vorgebracht hast. Ein unumstößlicher Vertrauensbeweis wäre es, dich hier und jetzt einer Seelenprüfung zu unterziehen!" Wieder hielt die Geweihte einen Moment inne, um die Worte wirken zu lassen - sowohl auf die direkt Angesprochene als auch auf die Zuhörerschar. "Sollte diese Prüfung für dich erfolgreich verlaufen und solltest du vernünftige Einsicht zeigen bezüglich des Banners, dann, und nur dann! - werde ich dir und den Deinen meinen Segen erteilen - dann aber mit Freude!"

Nun wandte sich Biora mit einer weit ausholenden Armbewegung den Umstehenden zu. "Und ihr, die ihr dasteht, teils mit gezogenen Waffen und Blutdurst in den Augen: ihr habt alle recht, wenn ihr euch unbeugsam und voller Eifer jeglichen Dämonenknechten entgegenwerfen wollt. Durch ihr unbedachtes Auftreten mögen diese Söldner den Eindruck erweckt haben, solcherart Gesindel zu sein. Doch lasst uns dies erst beweisen - oder widerlegen, ganz im Sinne von Praios' Recht und Ordnung. Denn auch übereiltes Handeln gehört in den Augen meiner Herrin Hesinde nicht gerade zu den Aspekten der Weisheit. Ein unbedachtes Gemetzel schon vor dem Zusammentreffen mit unserem eigentlichen Gegner würde eben jenem nur in die Hände spielen!" [Biora (Jürgen) 28.03.2016]

Dwarosch hob eine Augenbraue, dann nickte er anerkennen und sagte für alle deutlich vernehmbar: „Wohl gesprochen Hochwürden!“ Mit weiterhin starren Augen und finsterem Blick gen Ohrloser hängte er seinen Lindwurmschläger zurück ins Gehänge am Gürtel und verschränkte seine Arme demonstrativ gelassen vor der breiten Brust. ‚Ein Götterurteil werde ich nicht anzweifeln oder dessen Sinn in Frage stellen, aber, fällt es negativ aus, dann werde ich deine Richtaxt sein!‘

An die Personen in seiner unmittelbaren Nähe gewandt fügte er noch hinzu: „Jetzt wird es spannend und wir haben die besten Plätze bei Angroschs Barte, alles was fehlt ist ein kühles Ferdoker, Orkendreck.“ Er ließ es sich aber nicht nehmen seine Pfeife aus einem kleinen Ledersaäckchen am Gürtel hervorzukramen und genüsslich zu stopfen. (Stefan [Dwarosch] 28.03.2016)

„Das Bier geht auf mich, wenn das hier vorbei ist.“ raunte Fiona dem Zwerg zu. „Hab noch keinen erlebt, der den Dämonenklauen entkommen ist, nachdem er sich einmal hineinbegeben hat.“ Mit einem Fingerzeig gab sie den Tandoschern zu verstehen, kampfbereit zu bleiben. Wieder wendete sie sich dem Zwerg zu. „Erst kämpfen sie auf der Seite der Verräter gegen die Sache der Götter. Und jetzt haben sie die Verräter verraten. Sicher nicht, weil es das richtige ist. Dreck nein, weil sie feige ihre Haut retten wollten. Wann kommt der nächste Verrat?“ (Max [Fiona] 28.03.16)

Erst nickte der Anrgoschim nur erneut bedächtig, dann stahl sich doch ein Grinsen in seine Miene. „Ich werde Euch beim Wort nehmen!“ Mit deutlich ernsterer, ja, lauernder Stimme fuhr er fort. „Wenn es in die Schlacht geht und wir Haffax die Stirn bieten wollen, können wir die Gefahr eines Verrates in den unsrigen Schlachtreihen nicht gutheißen, nein, nicht einmal so lange tolerieren. Wenn dieses Urteil zu Gunsten dieses Packs ausfällt, dann werde ich alles Notwendige tun das Ingerimms Hammer soweit wie möglich von denen steht, wenn es soweit ist. Ich will nicht noch mehr Zwerge sterben und durch unheilige Macht widererhoben sehen, gegen sie kämpfen müssen!“ Mit den Worten war seine Rage zurückgekehrt und die Körperhaltung des Angroschim zeigte erneut das er mit seiner Fassung rang. Erst als er sich darauf konzentrierte seine nun fertig gestopfte Pfeife zu entzünden entspannte er sich wieder und als er den ersten Zug nahm schloss er gar kurz die Augen und murmelte leise in seiner Muttersprache. „Kameraden, Angrosch möge es so gefügt haben das ihr trotz allem den Weg in die Hallen unserer Ahnen gefunden habt. Ohne diese Hoffnung würde ich nicht mehr hier stehen, sondern hätte mich längst zu Tode gesoffen. Glaubt mir, es wäre leichter mit Euch gegangen zu sein, doch der Mantikor hat scheinbar andere Pläne. Wir werden uns dereinst wiedersehen. Der Allvater möge über euch wachen.“ (Stefan [Dwarosch] 29.03.2016)

Widharia Rubeneck nickte zu den Worten Bioras. Nickte und erhob sich, worauf sie die Geweihte um einiges überragte. Dennoch ging von ihr keine Bedrohlichkeit aus, vielmehr Resignation und Ergebenheit. „Ich begebe mich in Eure Hände, Hochwürden. Ich bin auch bereit, meine Seele hier und jetzt vor euch offen zu legen, auch unter den Augen unserer tollen Verbündeten. Auch werden wir das Banner abnehmen, aber“ hier ging ein Murren durch die Reihen der ‚Schädelplatte‘, manche schienen damit nicht zufrieden zu sein. Widharia, welche den Unmut sogleich wahrnahm, reagierte schnell, bevor sich die Wogen des Sturms, die sich soeben glätteten, wieder erhoben. „aber“ fuhr sie lauter fort „ich bitte euch darum, Hochwürden, unter euren Farben und eurem Befehl in die Schlacht zu ziehen. Ihr erweist wahre Weisheit und sprecht mit der Stimme der wahren Götter, die uns so lange fern waren. Lasst uns unsere Treue und Götterfurcht dadurch beweisen, dass wir unser Blut in eurem Namen vergießen. Wir senken das Banner, das uns so lange Glück brachte, gebt uns ein Neues!“ Worauf hin sie sich wieder auf ein Knie herablies um sich in die Arme der Hochgeweihten Biora Tagan von Rickenhausen zu begeben.

Wer genau hinsah, konnte im Gesicht der Geweihten erneut einen Anflug von Überraschung wahrnehmen, doch schnell fing sich Biora wieder. „Ich danke dir für deine Einsicht und werde deine Bitte so dem Herzog vortragen – denn ihm bleibt das letzte Wort in dieser Angelegenheit. Wenn seine Hoheit die Zustimmung gibt, werde ich dich und deine Kompanie in meine wohlwollende Obhut nehmen.“ Und damit immer ein Auge auf euch haben, dachte sie für sich im Stillen.

„Nun aber zur Prüfung“, wandte Biora sich wieder an die Umstehenden. „Da man nicht alle Tage einer Seelenprüfung beiwohnt, sondern im Gegenteil eher selten in eine solche Lage kommt, lasst euch allen gesagt sein: normalerweise findet eine solche Prüfung auf dem geheiligten Boden eines Tempels im Kreise nur weniger Gottesdiener statt und erfordert intensive Meditation und lange Gebete aller Beteiligten. Nun bietet dieser Ort nur ganz wenige und dazu kleine Tempel, doch aufgrund des öffentlichen und offensichtlichen Interesses bin ich geneigt, die Seelenprüfung vor aller Augen stattfinden zu lassen, weswegen wir mit einem beliebigen, ausreichend großen Platz vorliebnehmen müssen. Um aber diesen Platz mit der Kraft der Götter vorzubereiten, auf dass er einem Tempelgrund nahekomme, bitte ich euch alle: geht und sucht so viele Diener der Götter auf, wie ihr finden könnt, schildert ihnen die Umstände, so sie diese noch nicht kennen, und bittet sie, mir bei diesem Ritual zu helfen. Sie sollen mitbringen, was immer sie an Ritualkerzen zu geben gewillt sind, gerne auch andere Ritualgegenstände ihrer jeweiligen Gottheiten, denn je besser der Platz im Sinne der Götter bereitet wird, desto inniger wird die Prüfung ausfallen. Und an euch alle, die ihr Zeuge dieses Rituals sein wollt: auch ihr sollt nicht nur sensationshungrige Zuschauer sein, sondern die Zeremonie mit uns Geweihten zusammen als großen Gottesdienst feiern! Stellt euch also ein auf einige Stunden innige Gebete und innere Einkehr, nicht das Schlechteste im Angesicht dessen, was wir alle vor uns haben! - Nun geht und tut, wie euch geheißen! Zwei Stunden sollten dafür ausreichend sein.“

Nun wandte Biora sich nochmals Widharia zu: „Ihr habt es gehört, zwei Stundengläser bleiben euch noch, um euch selbst auf die Prüfung vorzubereiten. Und nur euch selbst kann ich wirklich prüfen, doch erwarte ich, dass eure Leute der Zeremonie beiwohnen und genauso aktiver Teil des Gottesdienstes sein werden wie alle anderen Zuschauer. Ich werde euch persönlich in eurem Zelt abholen, wenn es soweit ist.“

Mit diesen letzten Worten drehte die Hochgeweihte sich um und lenkte ihre Schritte auf den Rand des Kreises der Umstehenden zu. Auch sie musste sich vorbereiten. Tar'anam folgte ihr wie immer schattengleich, nicht ohne einen letzten Blick zurück auf das Gesicht der Söldnerführerin geworfen zu haben, nachdem Biora sich bereits abgewandt hatte.[Biora (Jürgen) 29.03.2016]

Dwarosch nahm einen kräftigen Zug aus der Pfeife, drehte sich langsam um und wollte schon gehen, hielt aber inne und sah dann doch Fiona noch einmal an. „Ich werde Schild und Spieß holen gehen, letzteres ist mein Beitrag zu der Messe, denn er ist dem göttlichen Mantikor geweiht. Ich bin mir ziemlich sicher Euch später wieder hier zu treffen, oder irre ich?“ (Stefan [Dwarosch] 29.03.2016)

Stumm zog Fiona dem Dolch aus der Scheide, ein Dolch identisch mit jenem den sie ihrem Knappen überreicht hatte. Nur ein kleines Stück zog sie ihn heraus, gerade soweit, dass das Schmiedesiegel sichtbar wurde. Die Angrosch-Rune prangte darauf, wie sie nur in der heiligen Esse von Xorlosch verwendet wurde. Ruckartig schob sie den Dolch zurück und wendete sich vom Geschehen ab. Dabei raunte sie Dwarosch zu. „Wenn du willst komm vorbei, mit ein paar Waffenübungen den Geist für die Zeremonie zu reinigen.“

Dann signalisierte sie ihrem Rittemeister, dass die Tandoscher abrücken durften. Auf einigen Mienen zeigte sich dabei Erleichterung, nicht die Speerspitze beim Kampf gegen die Paktierer zu sein.

„Komm Gereon. Rüsten, Waffenübung und Gebet. Wenn du der Zeremonie beiwohnst, muss dein Geist gereinigt sein.“ Damit nahm sie wieder den Rabenschnabel an sich und stapfte zurück ins tandoscher Lager. (Max [Fiona], 29.03.2016)

Gereon ließ seinen Blick noch einmal über den sich langsam auflösenden Menschenauflauf schweifen. Ganz hatte er nicht begriffen, was passiert war. Aber wer war er die göttliche Ordnung anzuzweifeln? Also folgte er seiner Herrin ins Lager und lächelte erfreut als er das Wort Waffenübung vernahm. Diese Art des Gottesdienstes war ihm die liebste. [Catrin (Gereon) 29.03.16]

Dwaroschs rechte Augenbraue bezeugte seine Überraschung. „Oh, ich glaube jetzt sind wir über die anvisierten zwei Bier hinaus.“ Er lachte. Sein tiefer Bass lies viele der Umstehenden verwundert zu den beiden sehen. „Habt dank für Euer Angebot, es ist mir eine Ehre. Ich werde bei meinem Regiment Meldung machen und dann den Lagerplatz der Tandoscher aufsuchen.“ Er nickte entschlossen zum Abschied und wendete sich ab. (Stefan [Dwarosch] 29.03.2016)

Zu tun gab es hier nichts mehr. Lucrann wendete sein Roß, nickte der Tandoscherin kurz zu und brachte die wenigen Schritt zu seinem Zelt hinter sich. Seine Zweifel an der Echtheit des Dokuments behielt er für sich – hier würden Herold und Hesindegeweihte ihre Pflicht tun. Entweder hatte der Marschall es darauf angelegt, innerhalb seiner Truppen größtmöglichen Unfrieden zu stiften, oder das Dokument war eine geschickte Fälschung – vermutlich eine Umdeutung eines echten Befehls. Lucrann dachte an ein gewisses Banner Flussgarde zwischen Rabenstein und Bollharschen, dass seinerzeit seine Marschbefehle mehrfach verflucht hatte, bis der Landthauptfrau schließlich die Sache irgendwann auffiel und der Spuk endete – nicht unbedingt zum Segen des bis zum Hals darin involvierten Bollharschener Vogtes. Neu war diese Idee schon damals nicht gewesen – aber nach wie vor effektiv.

Nachdem die Rickenhausenerin so schnell zu finden war und sich - den Göttern sei Dank - auch umgehend auf dem Weg zum Geschehen gemacht hatte, waren die beiden nun daran, noch die Magistra zu finden und ihr wortreich und sicherlich mit einigen Wiederholungen ob der leichten Nervosität zu vermitteln, weshalb sie am besten gleich in Richtung der Menschenmenge gehen solle. Anschließend sahen sie sich um und bemerkten noch gerade rechtzeitig, wie der Baron auf seinem Pferd kehrt machte und wieder ins Lager ritt. Nun gut, Tsalind musste Boronian, nicht ohne Freude darüber, auf ebendies hinweisen. Denn dieser hatte in der Zwischenzeit laute Rufe vernommen, welche ankündigten, dass die Kaiserin persönlich erschienen war. Zu gerne würde er dorthin eilen um einen Blick auf sie zu erhaschen, doch seine ältere Mitknappin duldete dies nicht. Also ging es, nicht ohne leichtes Widerstreben, zurück zum eigenen Lager.

Nachdem Basin an die Seite des Zwerges getreten war, hatte er versucht durch seine bewusst entspannte Haltung die allgemeine Gereiztheit zu mindern, allerdings war dies nur eingeschränkt von Erfolg gekrönt. Mit bestürzen musste er das weitere Anstacheln des Rabensteiners beobachten, sah sich jedoch nicht in der Lage Baron oder Baroness ohne Bruch der Etikette einzubremsen. Umso größer war sein Erstaunen über das Geschehen rund um die Geweihte der Hesinde.

Nachdem Biora Tagan die Versammlung aufgelöst hatte, gesellte er sich wieder zu seine Schwiegermutter und ging mit ihr zurück zum eigenen Lager. Mit gesengter Stimme kommentierte die Baronin von Vairningen kurz und knapp das Handeln Basins, eh sie nachsetzte: „Gehe ich recht in der Annahme das du der Prüfung bewohnen wirst? Sei dann bitte so freundlich und nimm Ihre Ehrwürden vom Schwarzen Quell und Donnerschlag mit.“ [Richtwald(Ulinai Timerlain / Basin von Richtwald)29.03.2016]

*

Da seine Knappin auch nach einem viertel Stundenglas nicht zurückgekehrt war, winkte der designierte Baron von Hlûtharswacht genervt seinen Wachen, Tisch und Stühle vor dem Zelt aufzubauen. Er suchte dann selbst aus diversen Truhen eine gute Flasche Wein, zwei, nein doch besser drei Trinkpokale und ein paar Kerzen, um so den Ort seiner abendlichen Verlustigung herzurichten. Vorher schaute er noch bei seinen Schreinern vorbei, die das letzte Licht des Tages nutzen und die Werkzeuge, zum wahrscheinlich tausendsten Mal, zu überprüfen und zu schärfen. Auch das Bauholzlager war gut bewacht, mussten doch aus den Planken und vorgesägten Brettern schnell, Tod und Vernichtung bringende Belagerungswaffen, gezimmert werden können. Er war mit ‚seinen‘ Hlûtharswachtern zufrieden, auch wenn es sich für ihn noch befremdlich anfühlte, diese tapferen und fähigen Männer und Frauen jetzt als ‚seine‘ zu betrachten. So wurde er überall freundlich gegrüßt, aber Jost Verian wusste, dass viele seiner Wachen und Soldaten – vor allem diejenigen, die schon viele Jahre unter seinem Vater gedient hatten – gerne ihren Anführer getauscht hätten. Er nahm es ihnen nicht Übel. Auch er selbst wünschte sich, von Zeit zu Zeit, zurück in eine Weinstube von Albenhus, seinen Freund an seiner Seite und einfache, hübsche Mädels, die einem den Abend zu versüßen wussten. ‚Brautschau‘ hatte ihm Radulf angedroht, würde das nächste große Projekt nach deren Rückkehr sein. ‚Pah‘ dachte Jost. ‚Erst muss ich mich mit dem vorlauten Gör einer Knappin herumärgern und mir dann noch eine Frau heimholen? Rahja bewahre!‘

So saß er wenig später, der Tumult bei den Isenhagern hatte sich soeben gelegt, bei einem guten Glas Wein und genoss die Ruhe. Aus dem Krieg der Drachen, an dem er selbst noch als Knappe erlebt hatte, wusste er die Ruhe zwischen Schlachten zu schätzen.

Fast schon wollte er sich selbst zuprosten, als Grax, Sohn des Graxim zu seinem Zelt gelaufen kam. „Na, Meister Grax, hast Du deine Schmiede für heute geschlossen?“ sprach Jost Verian den altehrwürdigen Zwergen an. Das ‚du‘ konnte er sich leisten, kannte der alte Zwerg ihn doch seit dem Tag, als er das erste Mal seinen kleinen Fuß auf Hlûthars Stuhl gesetzt hatte. Sein erstes kleines Kettenhemd stammt von Meister Grax, genauso wie die legendäre Pferderüstung seines Schlachtrosses Elion. Grax begleitete den Feldzug mit einem seiner Gesellen und zwei Lehrlingen, auch der ‚Alrik‘ war dabei. Zuerst hatte sich Jost gewundert, dass Grax es nach über einem Jahrhundert tatsächlich seine Schmiede bei der Burg seines Vaters verlassen wollte. Während der Reise zwischen Gratenfels und Gallys hatte Jost aber dann erfahren, dass Grax schlicht Rache nehmen wollte für den Tod seiner Großgroßneffen, die in Schatodor von den dunklen Horden getötet wurden.

„Hat Dir wer ins Hirn geschissen, Baron? Der Alrik steht noch an der Esse und meine Enkel passen auf, dass er nichts falsch macht. Die Schmiede wird betrieben, solange es Soldaten gibt, die neue Rüstungen brauchen - also immer.“ Das Väterchen verrieb von der Kohle an seinen Händen etwas in seinen grauweißen Bart und zeigte dann mit dem Stiel seiner Pfeife auf die Weinflasche. „Sag mal, hast Du auch was Richtiges zu trinken da oder nur dieses rote gepanschte Zeugs?“

„Noch nicht, zumindest nichts für deine Ansprüche, Meister Grax.“ Jost musste schmunzeln, doch gleich darauf wanderten seine Augenbrauen verärgert nach oben, als er wieder bemerkte, wer immer noch nicht zurück war. „Sobald Ira wieder hier ist, schicke ich sie zu den Koschern und lass Dir vom Ferdoker war bringen, einverstanden? Solange kannst Du Dich setzen und mir Gesellschaft leisten…“

Als wäre es ihr Stichtwort, schälte sich die Gestalt der jungen Frau mit den rotbraunen Haaren hinter einer Gruppe Ritter hervor, die aus der Richtung kamen, aus der gerade viele kamen. Aus Richtung des Tumults, der nun vorerst keiner mehr war. Iras Wangen glühten rot und ihr Blick war vorfreudig, ja geradezu leuchtend. Sie grüßte den Angroschim und den Baron mit einem zwergischen "Baroschem!", was so viel hieß wie 'Prost', als sie sah, dass ihr Herr sich etwas von dem teuren Roten genehmigte, den sie im Gepäck hatten. "Ihr glaubt nicht, was da los war!"

"Erbgräfin Praiodara hat endlich verkündet, wer der Vater ihrer Tochter ist?" kam es sehr trocken über die Lippen des Barons, während er eine beschleunigende Handbewegung machte. Er wollte endlich einen Bericht hören. Es war an der Zeit.

Ira rollte kurz mit den Augen, ob des schlechten Witzes ihres Knappvaters, bevor sie zu einer bildhaft von Gesten untermalten Geschichte ansetzte, die die Ereignisse einfach zusammenfasste:

"Stellt euch ein Heerbanner vor, sagen wir, hm, der Trupp hat vielleicht Bannerstärker, unten der Raulsche Fuchs, oben das Symbol der Widersacherin des Schweigsamen, ja, das habt ihr schon richtig gehört. Und stellt euch weiter vor, dass es eine gnadenlose Baroness von Tandosch, ein Mordskerl von Zwerg - tschuldigung Meister! - eine ganze Horde bis aufs Äußerste erboste Ritter und ein alles andere als erfreuter Baron von Rabenstein nicht geschafft haben, diese schwarzfaulige Brut in den Boden zu treten, weil erst der Herold einen Erlass bestätigt hat, den die Bande vorlegen konnte und der sie befähigt unter dem Zeichen der Erzdämonin zu reiten, und zum Schluss war es dann Hochwürden von Rickenhausen, die eine Seelenprüfung der Anführerin anberaumte, die, ähm, ach ja, in zwei Stunden während eines großen Götterdienstes stattfinden soll. Ich nehme an, euer Hochgeboren möchten daran teilnehmen?" schloss sie die Aufzählung und schielte noch einmal nach der Flasche Wein, während sie dastand und auf Erlaubnis wartete für … für irgendwas. Wenn sie ehrlich war, hätte sie sich ja jetzt am liebsten früher denn später mit ihrem Vetter getroffen, den sie im Tumult erspäht hatte, an vorderster Front sogar, denn er war Knappe des Rabensteiner Barons und es war schon eine ganze Weile her, dass sie sich gesehen hatten. Sie hatte zwar gewusst, dass er auch hier sein würde, aber bislang ward noch kein Wort gewechselt aus Mangel an Gelegenheiten. Wahrscheinlich, so vermutete sie, hatte er Ira nicht einmal in der Menge wahrgenommen, selbst als er - ihm unbewusst - so nah an ihr vorbeigelaufen war, dass sie ihn bei seinem Spitznamen aus Kinderzeiten hätte nennen können: Räbchen. Wie passend fand Ira da, dass das 'Räbchen' von damals beim dem Raben nahen Rabensteiner seine Ausbildung machen durfte und sie, das freche 'Füchschen' - den Spitznamen hatte sie nicht nur wegen ihrer Haarfarbe bekommen - bei dem gewitzten jungen hitzköpfigen, aber durchaus sehr klugen Baronet Sturmfels-Maurenbrecher.

Eben jener sah sie ernst an und Ira fühlte sich statt zu einer Frage nach Entlassung zu einer Rechtfertigung veranlasst. Diesen Blick kannte sie nämlich. "Bei Praios, das ist die Wahrheit!"

"Eine merkwürdige Wahrheit, aber - bei Praios," zitierte er sie, "wenn es sich wirklich so zugetragen hat…" Jost Verian schaute zu seinem Meisterplättner hinüber, der vorhin etwas zu Trinken verlangt hatte. Etwas zwergisches.

"Ira, geh ins Lager der Koscher und besorge Bier für uns!"

"Was?"

"Was gibt es an diesen Worten nicht zu verstehen?"

"Doch, verstanden hab ich sie. Aber…"

"Nun, dann ist doch alles gut. Los, geh! Und nimm einen Wagen mit. Kauf gleich ein Fass!"

Er zückte nacheinander ein paar Münzen und warf sie ihr zu. Sie fing jede einzelne davon in der Luft auf. So war das gedacht gewesen, eine nette Übungseinheit für die Reflexe.

"Und Ira," Er vergewisserte sich, dass sie ihm zuhörte. Ganz. Daher legte er Nachdruck in seine Stimme. Und auch etwas Strenge - Götter, er war sowieso oft zu nachlässig mit ihr, fiel ihm wieder einmal auf. "Wir," dabei deutete er mit dem wackelnden Zeigefinger zwischen sich und ihr hin und her. "werden in zwei Stunden diesem Götterurteil beiwohnen. Davor heißt es noch Stiefel putzen, Eisen polieren und saubere Sachen ausbürsten - beten, um uns auf den Götterdienst ein zu stimmen werden wir dann gemeinsam. Ich pflege bis dahin noch etwas Gesellschaft. Also lege ich dir ans Herz, dich nicht allzu lange mit unwichtigen Dingen aufzuhalten, mein Freund hier hat Durst. Und nun spring schon - Füchschen."

Der Baron konnte kurz einen missmutigen Gesichtsausdruck im Gesicht seiner Knappin wahrnehmen, der aber dann durch ein artiges Nicken verflog. "Ja, Herr."

Im Weggehen ärgerte Ira sich, dem Baron in einem Anflug von Zuneigung von diesem Spitznamen erzählt zu haben. Witzig fand sie hingegen, dass er ihn gerade ausgerechnet jetzt benutzte, da sie erst just gerade daran gedacht hatte. Als könne er ihre Gedanken lesen. Ja, manchmal war ihr der junge Schwertvater ein Herr, ein Freund und sogar ab und zu beinahe wie ein älterer Bruder. Aber in diesem Augenblick war er ihr eher unheimlich. (Tanja, Chris)

Nach dem Tumult im Zelt der Hesindegeweihten

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Biora lenkte ihre Schritte in Richtung ihres Zeltes, doch legte sie dabei keine Eile an den Tag. Nachdenklich schweifte ihr Blick mal hierhin, mal dorthin, von Zeit zu Zeit murmelte sie etwas: „Seil. Viel Seil.“ - „Hm, einen guten Platz müssen wir finden, möglichst eben, vielleicht etwas erhöht zum Rand hin. Möglichst wenig Bewuchs, aber trocken.“ - „Jemand muss zum Tross, die haben doch da sicher irgendwo Eis. Wenn nicht, dann der Firuntempel.“ So ging es weiter, bis die Geweihte ihr Zelt inmitten des Rickenhausener Lagers schon fast erreicht hatte. Dort drehte sie sich zu Tar'anam um, der ihr schweigend und aufmerksam gefolgt war wie immer. „Du hast alles gehört?“ Er nickte. „Dann lege ich die Ausführung in deine Hände.“ Wieder nickte der ergraute Krieger, warf noch einen letzten Blick auf das Lager und das geschäftige Treiben, dann schritt er hinein, um zu holen, was und wen er brauchte, während Biora in ihrem Zelt verschwand. [Biora (Jürgen) 30.03.2016]

Kurze Zeit später trat ein golden gerüsteter Sonnenlegionär an das Zelt Biroas. Sein Schild hing auf dem Rücken, den Streitkolben hatte er an seinem Gürtel befestigt. Dennoch, oder gerade deswegen, strahlte er intensive Wachsamkeit und Anspannung aus. Er war im Dienst. Golden leuchtende Arm- und Beinschienen waren auf hochglanzpoliert, der weiße Mantel, ebenso der weiße Wappenrock über dem goldenen Kettenhemd fein geglättet und sauber. Unter dem linken Arm trug er sein Helm in der Beuge. Auf dem Wappenrock war das Wappen der Sonnenlegion zu sehen: Auf gespaltenem Schild von Gold und Rot hochgestellt in verwechselten Farben je ein nach innen gerichteter Greif. Sein Alter war schwer zu schätzen, der Kopf war, bis auf einige wenige rotblonde Stoppeln, kahl rasiert. Im ersten, scharfgeschnittenen Gesicht waren nur wenig Falten zu sehen, dennoch strahlte er eine Ruhe und Erfahrung aus, die nur viele Jahre im Dienst mit sich bringen. Hellblaue Augen blickten den Zeltwachen entgegen, als er sie laut und vernehmlich grüßte: „Praios zum Gruße. Ich muss mit Ihrer Hochwürden sprechen. Ehrwürden Hane Tankred von Ibenburg-Luring schickt mich mit einer Botschaft.“[Chris(Ludger)31.03.2016]

Eine der Wachen in den Rickenhausener Farben nickte nach einem erwiderten „Praios zum Gruße“ und verschwand im Zeltinneren, um einen Augenblick später wieder hervorzukommen und dem Sonnenlegionär einladend die Zeltklappe aufzuhalten. „Ihre hochgeborene Hochwürden empfängt Euch.“

Das Innere des Zeltes war recht spartanisch eingerichtet: ein Feldbett im Hintergrund, durch einen Vorhang vom Rest des Innenraumes abteilbar, rechts vom Eingang ein großer Klapptisch und ein Hocker, auf dem Tisch ein Sammelsurium verschiedener Dokumente, Bücher und Schreibutensilien, nicht gerade in praiosgefälliger Ordnung. Ein einfacher sandfarbener Teppich bedeckte den Boden, hinter dem Schreibtisch an der Zeltwand hing ein grünes Seidentuch, in welches kunstvoll eine goldene, sich windende Schlange eingestickt war. Eine große und einige kleinere Truhen reihten sich entlang der anderen Zeltwände.

Biora hatte offensichtlich gerade am Schreibtisch gesessen, sich aber bereits erhoben, als der Sonnenlegionär eintrat. „Hesinde zum Gruße, … ?“ Die Stimme der Geweihten klang deutlich fragend, hatte der Legionär zwar sein Anliegen vorgetragen, sich aber selbst nicht vorgestellt. [Biora (Jürgen) 31.03.2016]

Der Sonnenlegionär neigte sein Haupt zum Gruße, bevor er sein Versäumnis nachholte: „Praios zum Gruße, Hochwürden. Ich darf mich vorstellen, Ludger Benthelen, Tempelwache der Wehrhalle zu Elenvina, abgeordnet in den Dienst für Seine Ehrwürden Hane Tankred von Ibenburg-Luring. Dieser schickte mich mit einer Nachricht für euch. Er lässt fragen, ob ihr bereits einen Ort ausgewählt habt, der für die Seelenprüfung geeignet ist, da er die liturgischen Gegenstände vorbereiten muss. Ferner lässt er euch wissen, dass die Praioskirche gedenkt, die Eröffnung der Zeremonie bei Sonnenuntergang in aller Praiosgefälligkeit zu halten, um euch den Boden zu bereiten. Drittens bietet seine Ehrwürden euch alle weitere Hilfe an, die Ihr vielleicht benötigen möget.“

Ludger schwieg darauf hin, um demütig die Antworten Ihrer Hochwürden abzuwarten. [Chris(Ludger)31.03.2016]

Die Hesindegeweihte überlegte einen Moment, dann erwiderte sie: „In der Tat, Legionär Benthelen, es hat sich ein Platz gefunden, gar nicht weit weg von dem Ort, wo besagte Söldner ihr Lager aufgeschlagen haben. Nicht perfekt, aber in der Kürze der Zeit nicht anders machbar. Eine Handvoll Zelte müssen zeitweilig abgebrochen werden, doch ist das ein geringer Preis.“ Biora gab dem Sonnenlegionär noch einige genauere Anweisungen, dann ging sie weiter auf sein Anliegen ein: „Ich begrüße den Vorschlag seiner Ehrwürden, die Zeremonie in Praios' Namen von einem seiner Diener eröffnen zu lassen. Sowieso sollten alle Geweihten, die sich zu selbiger bereit finden, wenn möglich ein halbes Stundenglas vorher am Ort des Geschehens einfinden, damit wir und absprechen und auf den genauen Ablauf einigen können. Als Initiatorin der Prüfung werde ich den Rahmen bereiten, zu dem ich schon einige konkrete Vorstellungen habe, doch bin ich natürlich für jede Hilfe dankbar, welche ich bekommen kann. Noch kann ich auch überhaupt nicht sagen, wie viele und welche Geweihten sich einfinden werden, doch nehme ich an, das Geschehen um die, sagen wir 'ungewöhnliche', Standarte hat sich weithin herumgesprochen und Interesse geweckt, insofern rechne ich durchaus mit reger Beteiligung und habe auch schon selbst meine Leute ausgeschickt, um die Kunde von der öffentlichen Seelenprüfung in alle Ecken des Lagers zu tragen.“ Biora hielt inne und musterte den Legionär kurz nachdenklich, fuhr dann aber fort. „So sagt Seiner Ehrwürden von Ibenburg-Luring meinen Dank, ich gehe davon aus, ihn alsbald am Ort der Prüfung persönlich zu treffen.“ Sie nickte dem Herrn Benthelen noch einmal zu und setzte sich, um sich wieder einem Dokument zu widmen, auf welchem der Legionär einen Kreis erkennen konnte, welcher durch Linien in verschiedene Felder unterteilt war. Offenbar hatte die Geweihte vor seinem Eintreten gerade daran gearbeitet. [Biora (Jürgen) 31.03.2016]

Lange sollte sie sich nicht auf ihre Arbeit konzentrieren können, denn sie hörte bereits, dass ein nächster Besucher Einlass in ihr Zelt verlangte.

„Hagrian von Schellenberg! Ich wünsche eure Herrin zu sprechen.“ Mit donnerndem Bass begehrte ein Mann mit blankem Kettenhemd Einlass. Sein Gesicht zeigte keine Regung, und man konnte sein Alter schwer einschätzen, doch mochten sicherlich dreißig Winter oder noch mehr hinter ihm liegen. Er maß mindestens gute 9 ½ Spann, sauber polierte Schienen bedeckten seine Schenkel und Arme. Seine Schultern waren breit und unter dem weißen Wappenrock, der in blutroten Stichen rondragefällige Symbole zeigte, zeichneten sich die breiten Muskelstränge seiner Beine ab. Ein glänzender Rondrakamm schaute unter seinem weißen Mantel hervor, der von einer gekreuzten Schwerterfibel gehalten wurde. (Catrin (Hagrian) 18.03.16)

Auch diesen Gast, der kaum durch den Zelteingang gepasst hatte, zumal in Rüstung, empfing Biora hinter dem Schreibtisch stehend geduldig und freundlich. Zwar wurde die Zeit für die nötigen Vorbereitungen langsam knapp, aber im Grunde hatte sie nichts anderes erwartet.

„Hesinde mit Euch, Euer Ehrwürden. Ich nehme an, auch Ihr kommt wegen der Seelenprüfung?“ Die Dienerin der Hesinde blickte dem Rondrianer forschend in die Augen, wobei sie den Kopf ob der Enge des Zeltes, die der massigen Gestalt kaum genug Platz bot, deutlich in den Nacken legen musste. [Biora (Jürgen) 01.04.2016]

„Hesinde mit euch und Rondra zum Gruße, Ihr nehmt richtig an!“ er schaute zu ihr herab, und seine blauen trafen ihre grünen Augen. Seine Gesichtszüge schienen in eisiger Ernsthaftigkeit gefroren zu sein. Kein Muskel in seinem Gesicht bewegte sich als mit klarer und deutlicher Stimme sein tiefer Bass ertönte: „Hochwürden, einige der Eisensteiner Soldaten berichteten mir von dem Dämonenbanner und einer Seelenprüfung. Und auch wenn ich Euch und die Mutter der Weisheit über alle Maßen schätze, verstehe ich nicht, was Ihr damit bezweckt. Sicherlich- ein positives Urteil würde uns Sicherheit geben, eine wahre Paktiererin vor uns zu haben. Doch was sagt ein negatives aus? Ihr wisst doch sicher um die Möglichkeiten, die gewisse Subjekte fatalerweise zur Hand haben, eine solche Prüfung zu manipulieren? Ich hoffe ihr habt diese Frevlerin zumindest bereits auf fehlende Körperteile geprüft?“ (Catrin (Hagrian) 02.04.16)

Bioras Augen verengten sich kaum merklich, auch wich sie keine Handbreit vor der körperlichen Präsenz des Rondrianers. Ihre Stimme klang bestimmt und sicher, als sie antwortete: "Natürlich besteht eine gewisse Gefahr, dass der Gegner uns überlisten und uns eine Laus in den Pelz setzen will. Doch ich schätze diese Gefahr als verhältnismäßig gering ein, erlegen wir dieser Söldnerführerin doch keine gewöhnliche Seelenprüfung auf, sondern werden wir sie sozusagen durch ein Fegefeuer möglichst vieler Zwölfgötter schicken, und da muss ihr Schutz, so er denn vorhanden ist, doch von einer nicht unerheblichen Macht sein, wollte er dem widerstehen. Außerdem: wenn wir unserem eigenen Mittel, die Götterfürchtigkeit einer Person zu überprüfen, nicht mehr trauen, dann hat der Feind doch ganz ohne Waffen schon wieder eine Sieg davongetragen! Und wenn wir jedem Mann und jeder Frau mit Misstrauen begegnen, welcher unter der Knute und möglicherweise gar im Dienste der Schwarzen Lande lebte, was soll dann mit all denen geschehen, welche wir gedenken, von eben jener Knute zu befreien?" [Biora (Jürgen) 02.04.2016]

Hagrians Gesichtsausdruck blieb steinern, als er erwiderte: „Findet ihr nicht, die Frage nach der Götterfürchtigkeit einer Person, die ihr Wappen mit dem Symbol eines Dämons schmückt, hat sich von selbst beantwortet?“ (Catrin (Hagrian) 02.04.16)

„Welche Moralvorstellungen erwartet Ihr von jemandem, der den größten Teil seines Lebens in den Schwarzen Landen lebte und nie etwas von den guten Göttern erfahren durfte, möglicherweise außer der Warnung, dass deren Anbetung bei Todesstrafe verboten sei? Und ist es dann nicht unsere Pflicht, ihnen den rechten Weg zu weisen – wenn sie es denn ehrlich meinen, was ihre Reue und Einsicht angeht? Und genau letzteres werden wir heute Abend ergründen.“ Innerlich entrang sich Biora ein Seufzer. Geweihte der Rondra. Selbst Worte benutzten sie – oder zumindest dieser hier – wie Schwerter, doch bei diesem Gefecht fühlte sich die Dienerin der Göttlichen Schlange nicht im Nachteil, im Gegenteil. [Biora (Jürgen) 03.04.2016] Der Rondrageweihte sah ihr beständig in die Augen, nicht ein einziges Zwinkern unterbrach diesen Blick: „Ihr sprecht von Philosophie, Hochwürden. Ich spreche von Lebenswahrheit. Ihr seid in der Lage, solche Zusammenhänge zu sehen. Ich mag in der Lage, wenn nicht unbedingt auch willens zu sein eurem Standpunkt zu folgen. Doch dies trifft mitnichten auf die Fußsoldaten zu. Sollte die Seelenprüfung bestanden werden, wird es Kraft kosten, ihnen euren Standpunkt zu vermitteln. Kraft, die wir an anderer Stelle weit besser brauchen könnten!“ er ließ seinen Bass für einen Moment milder klingen: „Also ist die Frage nicht, ob es unsere Pflicht ist, ihnen den rechten Weg zu weisen, sondern ob dies der rechte Ort und die rechte Zeit dafür ist.“ (Catrin (Hagrian) 03.04.16)

Ein leichtes, anerkennendes Lächeln umspielte die Züge der Hesindegeweihten. Zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort hätte sie nichts lieber getan, als diesen Disput in aller Tiefe auszuloten. Doch waren die Umstände leider andere. "Wie Ihr mir zu folgen vermögt, Ehrwürden, kann ich ebenso Euren Standpunkt verstehen. Ich habe die Folgen meines Handelns sehr wohl in Betracht gezogen und halte eine Seelenprüfung, welche gleichzeitig zu einem erhebenden Gottesdienst für alle beiwohnenden Gläubigen sein wird, noch immer für die bessere Option, denn die Alternative wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein sofortiges Gemetzel an womöglich Unschuldigen gewesen. Zudem: Ihr führt das Argument der Vernunft und Logik ins Felde, in dem Sinne, was aus kriegstaktischen Gründen am sinnvollsten wäre. Doch weicht nicht auch die Kirche der Rondra oft genug von diesen Grundsätzen ab? Wäre der Einsatz von Armbrüsten gegen anstürmende Gegner, rein aus kriegstaktischen Gründen, nicht oft sinnvoller als die direkte Konfrontation mit dem Schwert in der Hand? So ähnlich geht es mir, wenn Ihr sagt, es sei nicht die rechte Gelegenheit, einigen Seelen, welche sonst nahezu bestimmt in die Irre gehen würden, den rechten Weg zu weisen."

Biora straffte sich und fixierte ihr Gegenüber nochmals durchdringend. "Und nun lasst uns unsere Kraft gemeinsam in die vor uns liegende Zeremonie stecken. Ich freue mich auf jeden Fall über Eure Mitwirkung und bin anschließend gerne bereit, mit Euch je nach Ausgang der Prüfung die taktischen Folgen zu erörtern." [Biora (Jürgen) 03.04.2016]

Mit unbewegter Miene hatte Hagrian Biora zugehört, lediglich als sie den Einsatz von Armbrüsten erwähnte, zuckte seine rechte Augenbraue für einen kurzen Augenblick einen Halbfinger nach oben: „Ihr habt recht, unsere Senne hat sich in der letzten Zeit vermehrt den weniger traditionsreichen Ideen unserer Kirche zugewandt. Doch der Feind, gegen den wir marschieren, dient eindrücklich als Beispiel, dass dieser Pfad, den wir damit beschreiten, viele Gefahren birgt. Er ist schmal und steinig und man kann leicht stürzen – und zwar tief. Wir sollten ihn also nicht allzu breit austreten. Und so zieht auch meine Kirche Grenzen- nicht allein zwischen Kampf und Strategie, auch zwischen Schuld und Unschuld. Nur tun wir es mit dem Schwert und ihr mit der Feder.“

Seine Augen, die sie weiterhin fixierten, strahlten sie in hellem, funkelndem Blau an und seine Stimme schien ihr zum Abschluss seiner Erwiderung eine Nuance milder zu sein: „Aber versteht dies nicht falsch, ich ehre Hesinde genauso wie ihre Geschwister, und- auch wenn ihr es mir vielleicht nicht zutrauen werdet- ich halte viel von Euch und schätze und vertraue eurem Urteil. - Mir war lediglich wichtig, euch daran zu erinnern, nicht zu unterschätzen, wie unsere einfachen Soldaten und auch sicherlich einige unserer Ritter zu dieser Einheit stehen. Vergesst nicht, in einem anderen Krieg stand ihr Banner vermutlich auf Seiten der Mörder unserer gefallenen Freunde und Verwandten. Bedenkt also gut eure Taktik, für den Fall, dass das Urteil zu deren Gunsten ausfallen sollte.“

Hagrian machte eine kurze Pause: „Nun werde ich meine Vorbereitungen für die Messe treffen und auch euch den euren überlassen. Ich entschuldige mich für die Unterbrechung, die ich euch aufzwang und hoffe, dass eure Strategie über meine Befürchtungen siegen wird.“ (Catrin (Hagrian) 03.04.16)

„Glaubt mir, auch ich hege Befürchtungen, doch sehe ich auch Hoffnung und Möglichkeiten. Aber belassen wir es dabei.“ Die Geweihte nickte Hagrian zu, nicht unfreundlich, wie ihm schien.

Dann verließ der große Geweihte Bioras Zelt, obgleich seine körperliche Präsenz in dem kleinen Zelt noch eine Weile nachzuhallen schien. (Catrin (Hagrian) 03.04.16)

Biora sah dem Rondrianer noch einen Moment sinnend nach, dann machte sie einen Schritt auf den Ausgang zu, streckte ihren Kopf hinaus und wies die Wachen an, weitere Geweihte höflich aber bestimmt zum Platz der Zeremonie zu weisen, denn sonst wurde das nichts mehr mit ihren eigenen Vorbereitungen.

Die erste davon war, einen kurzen Brief mit einer Dringlichkeitsnote an Marschall Turam zu schicken. Der sollte diskret dafür sorgen, dass im Falle eines negativen Ausgangs der Seelenprüfung das Söldnerbanner schnell dingfest gemacht wurde, bevor es zu Chaos und allgemeinem Gemetzel kam. Natürlich war auch Biora sich bewusst, dass der Ausgang der Prüfung ungewiss war. [Biora (Jürgen) 04.04.2016]

Nur kurz nachdem der Rondrageweihte das Zelt verlassen hatte, bat erneut jemand Einlass in das Zelt der Hesindehochgeweihten. Biora unterdrückte einen Seufzer, hatte sie doch mit zahlreichen Vorsprachen gerechnet. Es war eine Dienerin der Ähre in einfacher grüner Kutte und mit dunklem Haar. „Hesinde zum Gruße, Euer Hochwürden.“ Begrüßte sie die Hohe Lehrmeisterin mit einer demütigen Verbeugung. Biora erwiderte höflich diesen Gruß. „Ich bin Elfgyva Selbling, Dienerin der Ähre und wurde von Ihrer Hochwürden Ivetta von Leihenhof entsandt.“ Sie hob wieder den Blick und sah die Geweihte der Allwissenden direkt und offen an. „Ihre Hochwürden wurde über die Seelenprüfung informiert und versichert Euch, dass sie als Hochgeweihte der Peraine teilnehmen wird. Sie wird auch andere anwesende Priester der Gütigen Mutter Peraine bitten, daran teilzunehmen. Sie bittet Euch darum, mir nötige weitere Einzelheiten mitzuteilen. Sie vertraut sich voll und ganz Eurer Führung und der Führung der klugen Hesinde an.“ (Nils [Ivetta/ Elfgyva] 06.04.2016)

Vorbereitungen auf das Kommende

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Im Lager des Rabensteiner Barons hatte Ihre Gnaden Marbolieb auf einem schwarzen Samttuch diverse Gegenstände ausgebreitet und inspizierte sie kritisch. Der Baron trat leise hinter die Priesterin. Eine Schale, ein Dolch, ein fünfarmiger Kerzenleuchter, eine Feder, ein Fläschchen mit Salböl sowie ein verschlossener Tiegel, der vermutlich Räucherkräuter enthielt. Eine deutliche Antwort auf die unausgesprochene Frage, ob sie die Ankündigung der Rickenhausenerin mitgehört hatte. Leicht legte er seine Hand auf ihre Schulter. Die Blicke der beiden trafen sich und verharrten einen Lidschlag lang.

Nachdem die beiden Knappen feststellten, dass der Herr im dunklen Zelte der Borongeweihten verschwunden war, gingen sie zu diesem und standen davor, unschlüssig. Wollte er alleine sein oder durfte man eintreten? Boronian streckte sich ein wenig, um vielleicht einige Worte zu erhaschen. Worte. Im Zelt einer Borongeweihten und dem Baron. Er verdrehte die Augen leicht. Dies konnte er genausogut lassen, also stellte er sich stramm davor. Wenigstens machte er so eine gute Figur.

Jäh wandte Lucrann sich um. „Boronian, Tsalind – Waffenübung. Dann Gebet. Auf!“

Mit seinen beiden Knappen stapfte er nach draußen – schenken würde er dem Jungvolk keinen Fingerbreit Land. (Tina[Lucrann]29.3.2016)

Doch seine phexischen Gedanken, die beiden ein wenig ob seiner Neugier zu belauschen, wurden ihm sogleich wieder vergolten. Die Stimme seines Knappenvaters war nicht laut, doch würde er sie unter einem ganzen Heer an schreienden Rittern heraushören, dessen war er sich sicher. Waffenübung? Ein Blick glitt kurz zu Tsalind. Der Baron war gerade noch ziemlich... nun... für seine Verhältnisse erregt über das, was er sehen musste. Fast unhörbar seufzte der Bursche und ging seinem Herren nach, nur um nocheinmal abzubiegen und mit schnellen Handgriffen Langschwert und Schild zu holen. Sicher war sicher. Doch auch so war er sich blauer Flecke gewiss, denn er war noch lange nicht in der Lage, es mit ihm aufzunehmen. Auch nicht mit Tsalind an seiner Seite. [Boronian (Mel) 29.03.2016]

Auf dem Fechtplatz scheuchte der Rabensteiner seine beiden Knappen durch die Zwölf Schläge, die Konterhiebe – und die dazugehörenden Entwaffnungen. Die beiden machten dabei eine ziemlich gute Figur, befand Odewin, einer der beiden Rabensteiner Ritter, der es sich an der Umfriedung des Fechtplatzes gemütlich gemacht hatte und sowohl seinen Lehnsherrn als auch dessen beide Zöglinge betrachtete und dabei gemütlich auf einem Grashalm kaute. „Ha noi, groß ischer g’worre, d’r Kloine.” Sinnierte er in breiter Mundart mit einem Blick auf Boronian, der vom Gewicht von Schwert und Schild scheinbar nichts spürte. Der Bursche hatte eine ungeheuerliche Kraft und Reichweite – was die einen Kopf kleinere Tsalind durch höhere Geschwindigkeit auszugleichen wußte. Beiden merkte man an, dass sie oft zusammen übten und die Eigenheiten des jeweils anderen bestens kannten.

An diesem Tage war auch Boronian in Hochform. Auch wenn der Aufruf zum Waffentraining doch überraschend kam, so war er froh, im Training die Gedanken der letzten Tage einmal beiseite schieben zu können. Wer würde kommen, wer würde mit ihnen kämpfen – und wer Sterben? Diese Fragen quälten ihn in freien Minuten, so war dies angenehm, denn er musste nur Gedanken daran verlieren, wie er mit Tsalind die Verteidigung des Barons durchbrechen konnte. Odewin konnte sehen, ebenso wie Lucrann, dass der kräftige Bursche mit seinem Schild auch Tsalind zu schützen suchte, dass diese einen besseren Angriff starten konnte. Auch auf die Gefahr hin, einmal einen Hieb einstecken zu müssen.

„Das reicht.“ Lucrann musterte die beiden jungen Leute, die sich erst einmal gut warm gerbeitet hatten. „Ihr beiden gegen mich – ohne Schild.“

„Autsch.“ Befand Odewin im Plauderton. Die am erfolgversprechendste Möglichkeit der beiden Knappen war es, sich hinter dem Schild zu vermauern. Das aber überlebte längst nicht jede Schlacht – insofern war es immens wichtig, in der Lage zu sein, sich allein mit dem Schwert zu verteidigen.

Ohne Schild? Gegen Lucrann? Fast entglitten ihm die angespannten Züge unter dem schwarzen Bart, war dies doch sein Trumpf gegen den Schwertvater. Doch mit einem leisen Seufzer schnallte er ebenjenen hilfreichen Kameraden ab, der ihm in der Schlacht zumindest eine gute Weile helfen sollte, und sah zu Tsalind, welche ebenfalls Bedenken in den Augen hatte. Aber es nutzte nichts, er würde keine Widerworte dulden. Er wog das Schwert in der Hand – vielleicht würde er seinen Paten irgendwann einmal bitten, vielleicht ein schwereres für ihn anzufragen. Wenn er sich traute.

Lucrann zog seine Waffen und hieß seine beiden Knappen mit einer Bewegung anzugreifen – ein inzwischen wohlgeübtes Ritual. Lediglich der folgende Kampf war ein jedes Mal Tagesform. Interessiert verschob Odewin seinen Grashalm von einem Mundwinkel in den anderen und betrachtete sich das entspinnende Gemetzel – wohlweislich trugen alle drei der Kämpfer Kettenzeug, Arm- und Beinschienen. (Tina[Lucrann]29.3.2016)

Also sah er zu Tsalind und ein schelmisches Funkeln war in seinen Augen zu erkennen, welches sie sogleich zu interpretieren wusste. Er war der stärkere, sie flink und gewandt. Das musste man nutzen. Also hatten die beiden heimlich versucht, sich eine Taktik zu überlegen um den Schwertvater zu überraschen. Aber ob es klappte – das würden sie gleich sehen. Zuerst griffen beide wie gewohnt an, so, wie der Baron es kannte. Doch als sie, wie üblich, die Seiten wechseln wollten nach einem Angriff, versuchte sich der Knappe an einem Ausfall. Oft hatte er ihn gesehen, und heimlich geübt. Sicher, er gelang wohl nicht perfekt, aber er versuchte es verbissen. Er wollte unbedingt zeigen, dass er gut war. In der Zeit konnte Tsalind zusehen, dass sie den Herrn von der anderen Seite angriff. [Boronian (Mel) 29.03.2016]

Der Ausfall kam wuchtig, geübt und - für Boronians Verhältnisse - überraschend schnell. Lucrann wich mit einem Seitschritt aus und lenkte das Schwert seines Zöglings mit seiner Hauptwaffe ab, wich mit einer halben Drehung Tsalinds Hieb aus, der an seinem Linkhand abglitt und verschaffte sich mit einem weiteren Schritt den Platz, den er für seinen Angriff seinerseits benötigte. Klirrend fuhren abermals die Waffen aneinander, Boronians Deckung kam nicht den Bruchteil eines Lidschlags zu spät, während Tsalind elegant zur Seite tänzelte, sich aus der gegnerischen Reichweite brachte und dann auf der blinden Seite des Barons einen Angriff startete, jeden Vorteil, den sie finden konnte, nutzend. Der reagierte, indem er die Geschwindigkeit deutlich erhöhte und die Knappin mit einigen rasch aufeinanderfolgenden Hieben eindeckte. (Tina[Lucrann]29.3.2016)

Der Knappe war selbst vermutlich am Meisten überrascht, wie gut der Ausfall dann doch gelang. Innerlich freute er sich ein wenig, doch er merkte, dass er noch lange nicht gut genug in dieser Fertigkeit war, um seinen Obherren zu besiegen. Als er sah, wie dieser dann Tsalind traktierte, weckte das umgehend seinen Beschützerinstinkt, den er für sie hegte, auch wenn sie die Ältere von ihnen beiden war. Boronian wusste, dass er selbst blaue Flecken oder Schürfwunden ein ganz klein wenig besser wegsteckte als sie, also machte er einen gewagten Schritt in den Angriff hinein, um ihr mehr Freiheit zu geben. Das würde schmerzhaft werden, aber er dachte nicht an die Konsequenzen. [Boronian (Mel) 29.03.2016]

Der kommentierte den Fehler seines Knappen mit zwei harten Hieben mit der flachen Klinge auf Oberarm und Brust, tauchte unter Tsalinds Schlag hinweg und drang abermals auf die beiden ein. Einige Hiebe später aber büßte Tsalind ihre Waffe ein. Ihr Gesicht, als sie ihrem entschwindenden Schwert nachsah, war eine Mischung aus Wut und Entsetzen. Der alte Baron hielt seine Waffen in Paradeposition. „Genug für jetzt.“ Er musterte die zweie. „Den Ausfall üben wir noch.“ Was vermutlich bedeutete, dass der Einfall gar nicht so schlecht gewesen war. „In einer halben Stunde ist Andacht.“ Damit ließ der alte Baron seine beiden Knappen mit ihren Aufgaben zurück. Tsalind wartete, bis er auch sicher außer Hörweite war. „Na super. Auf, leg’ die Ohren an – wenn wir das noch einigermaßen schaffen wollen und nicht versifft wie zwei Stallknechte da antanzen wollen, dann haben wir keine Zeit mehr.“ Damit begann sie, ihre Waffen und den Schild aufzusammeln, um sie im Lager vor dem Zelt zu säubern und zu pflegen.(Tina[Lucrann] 30.3.2016)

Ein wenig war er enttäuscht, dass er einen Fehler gemacht hatte. Anders machen würde er es trotzdem nur minimal – indem er versuchte, von Anfang an besser auf Tsalind zu achten und sie besser zu unterstützen. Doch das der Ausfall im Ansatz geklappt hatte, brachte ihm gute Laune. Boronian seufzte theatralisch, dass er sich jetzt, nachdem er so geschwitzt war, noch beeilen musste. Aber er tat sein Bestes, Schild und Waffe abzuwischen und sich selbst mit einem Eimer kaltem Wasser wieder zu richten. Die Rüstung bedurfte einiges mehr an Zuwendung, weshalb sich der Bursche sehr beeilen musste. Gerade noch rechtzeitig, aber wohl einen Augenblick später als Tsalind, war er dann fertig und konnte vor das Zelt treten, diesmal mit Schild und Schwert. Noch im gehen richtete er seinen Bart ein wenig mit frischem Wasser, blickte sich dann um, ob sie zu Fuß gingen oder zu Pferde. [Boronian (Mel) 30.03.2016]

Von dem Reiter, der offenbar in etwa fünfzig Schritt Entfernung an ihnen vorbei in Richtung auf das Lager zusprengen wollte, hatten sie zunächst keine besondere Notiz genommen, da ständig Späher, Kundschafter und Boten kommen und gingen, die es naturgemäß sehr eilig hatten. Dieser jedoch änderte seine Richtung, ritt geradewegs auf sie zu und hielt an, als er sie erreicht hatte. Sein Erscheinungsbild glich mit seiner drahtigen, athletischen Gestalt und seinem wettergegärbtem Gesicht am ehesten dem eines Waldläufers, wobei Umhang und Kopfbedeckung nicht dazu passen wollten. Seinem Teint nach zu urteilen war er kein Mittelländer. Auch die Bewaffnung war für einen Waldläufer zu schwer und das Pferd eindeutig zu wertvoll.

"Meldung an den Marschall: Einheit, etwa dreimal neun Klingen, bewegt sich auf das Lager zu aus Richtung Südsüdost. Herkunft unbekannt, Entfernung etwa neun Meilen, normale Marschgeschwindigkeit. Einheit führt dieses Zeichen." sagte er akzentfrei und militärisch knapp. Mit dem letzten Satz hatte er eine Skizze unter seinem Umhang hervorgeholt, welche erstaunlich detailliert ein Feldzeichen zeigte und auf der außerdem die Aussagen in Kurzform niedergeschrieben waren, und hielt sie Tsalind unter die Nase.

Als keine sofortige Reaktion erfolgte, griff der Mann wieder unter seinen Umhang, holte Abzeichen hervor, die ihn als Hauptmann auswiesen, und fügte hinzu: "Hauptmann al Keft von den Nablafurter Kundschaftern". Nachdem er die Abzeichen wieder wegesteckt hatte, machte er eine schaufelnde Handbewegung und deutete auf die Mitte des Lagers. "Zwei Mann in Beobachtungsposition, kehre ebenfalls zurück", fügte er hinzu.

Sichtlich verdutzt blickte der Jüngling zu dem Mann auf dem Pferd. Schnell fasste er sich wieder, warf einen Blick auf das Schreiben und das Feldzeichen, versuchte, es einzuordnen, während der Fremde es gerade Tsalind hinhielt. „Wartet einen Moment! Wieso macht Ihr diese Meldung uns? Der Marschall ist dort“ er zeiget in die Richtung des Zeltes: „Und wir müssen gleich zu einer Andacht.“ Er wirkte unentschlossen, denn er war Lucrann zu Treue verpflichtet. Seine Anweisungen war eindeutig. Übung und Andacht. Und dann der Prozess. Aber auf der anderen Seite… unentschlossen wechselte er von einem Bein auf das andere. [Boronian (Mel) 01.04.2016]

"Die Bewegung ist schon gar nicht schlecht, jetzt nur noch ein Bein vor das andere setzen und in Richtung Marschall laufen, Sohn der Unentschlossenheit. Der wird seinem Zorn freie Bahn lassen, wenn er die Nachricht verspätet bekommt oder dieser Haufen nicht ausreichend beobachtet wird." [Jahman al Keft (Klaus) 04. 04. 2016]

Boronian seufzte leise und sah zu Tsalind, welche ebenfalls noch ein wenig unsicher wirkte. Dann sah er entschlossen zu dem Reiter: „Wir beeilen uns, Hauptmann al Keft“ und schwang sich auf Thalloro, um schnell den Marschall zu finden und Bericht zu erstatten. [Boronian (Mel) 04.04.2016]

Der Novadi riss sein Shadif herum und sprengte davon, ohne sich noch einmal umzusehen.

*

Zelt des Marschalls angekommen, nahm eine ältere Weibelin der Wache das Papier wahr, welches Boronian in Händen hielt. "Vom Südländer, nicht wahr?" Sie machte sich die Überraschung von Tsalind und Boronian zunutze und fuhr in fürsorglich-mütterlichem Ton fort: "Ihr müßt wissen: Der macht als einziger Meldungen schriftlich und reitet sofort zurück, um ja nichts Verdächtiges einen Augenblick länger als unbedingt nötig unbeobachtet zu lassen." Der neben der Weibelin stehende Sergeant fügte sichtlich erheitert hinzu: "Und in seinen Augen Unverdächtiges müßte erst noch erfunden und Unverdächtige erst noch geboren werden." Der Korporal, der ebenfalls zur Wache gehörte, stimmte in den Reigen ein: "Der war nämlich mal Palastwächter bei Fürst Ras Kasan". Lachend frug nun wieder die Weibelin: "Na, was hat er euch denn für ein Bildchen in die Hand gedrückt? Gib her, wir kümmern uns drum." Als sie die Skizze erblickte, erstarb ihr Lachen. Sie nahm das Papier an sich und rannte sofort in das Zelt des Marschalls. Ohne sich umzudrehen, aber zweifelsfrei Tsalind und Boronian meinend, rief sie noch: "Ihr habt alles richtig gemacht. Geht nun wieder an eure Arbeit". [Jahman al Keft (Klaus) 05.04.2016]

Von den Knappen war wie üblich nichts zu sehen – Lucrann vermerkte die Bummelei innerlich, und winkte seine Ritter und den Weibel seiner Armbruster zu sich in sein Zelt.

Sich ihrer ungeteilten Aufmerksamkeit sicher musterte er die Gruppe. „Die Knappen und Sean begleiten mich zur Seelenprüfung. Ihr kümmert euch um das Lager. Vier Leute zur Wache – zwei und zwei - und ein Knecht draußen. Lasst es normal aussehen. Den Medicus, alle Armbruster und die überzähligen Waffenknechte holt unauffällig in die Zelte – die Hälfte hier, die Hälfte im Troßzelt bei den Vorräten. Ausgang für alle ist gestrichen. Waffen bereit. Bei Schwierigkeiten erst schießen und dann fragen.“

Die Ritter und Büttel nickten. Ähnliche Anweisungen waren sie durchaus gewohnt.

Der Baron strich sich über den Bart und befand das Arrangement für gut. Welche bessere Ablenkung gab es als eine öffentliche Seelenprüfung, bei der alle Priester, Kriegsleute und Schaulustigen zusammenliefen, um ungestört Unfug im Lager zu treiben? Er für seinen Teil war nicht geneigt, diesem Unfug Vorschub zu leisten. Und sollte – wie meist – nichts geschehen, so war das immerhin eine gute Übung. [Lucrann (Tina) 08.04.2016]

*

Im Tandoscher Lager wartete Fiona, bis ihr Knappe seine Kette angelegt hatte, dann rief sie den Rittmeister zu sich. Gereon durfte dieses Gespräch mitverfolgen, einer der Wege ihn zu unterweisen. Der Rittmeister erhielt die Anweisung, die Kampfbereitschaft aufrecht zu erhalten und die Tandoscher unter Waffen zur Prüfung zu führen. Sollte diese Prüfung negativ ausfallen, galt es das Dämonenpack unverzüglich auszuräuchern. Doch um den Frieden der Zeremonie nicht zu stören sollten sich die Tandoscher – diesmal tatsächlich – im Hintergrund halten.

Danach führte sie Gereon auf den provisorischen Fechtplatz, der zwischen den Zelten aufgebaut war. Einen Moment sammelte sie sich, es sollte nicht ihr Knappe der Blitzableiter für den Zorn werden, der sich in ihr aufgestaut hatte. Dann griff sie zu Rabenschnabel und Schild, trat zwei Schritte vor und erwartete Gereons erste Attacke. Von Übungswaffen hielt sich nichts, nur so hatte ihr Knappe schnell gelernt wie wichtig eine gute Parade war. „Angesicht dessen, was vor uns liegt. Heilige zwölf Hiebe gefolgt von ebensolchen Paraden. Lass uns sehen wie lange du durchhältst. Bis zu deinem Ritterschlag musst du dies zwölf Mal in Folge absolvieren.“ (Max [Fiona], 29.03.2016)

Das Vorhaben der wehrhaften Tandoscherin blieb nicht unbemerkt und zog manchen Blick auf sich, noch bevor der erste Schlag erfolgt war.

Ihr Knappe machte sich bereit. Noch brauchte er vor einem ersten Schlag einen Moment der innerlichen Vorbereitung, freilich einen, der ihm später sein Leben kosten könnte. Also mühte er sich diesen Augenblick immer weiter zu verkürzen: Er atmete ein, blickte Fiona an, fokussierte seine Gegnerin, ihre Beinhaltung, wie die Muskeln ihrer Schenkel gespannt waren, atmete aus, in welchem Winkel ihr Rumpf gebogen war, welche Falten ihr Gewand schlug, er atmete ein, wie hatte sie die Schultern gedreht, wie den Griff der Waffe gefasst, atmete aus. In diesen wenigen Herzschlägen hatte er schließlich alles andere ausgeblendet und nahm nur noch seine Gegnerin wahr. Jedes Kratzen, Jede Bewegung ihrer Ketten hallte laut in seinen Ohren. ‚Herrin der Kühnheit, verleih mir ein festes Herz‘ war stets sein letzter Gedanke, seine letzte Einstimmung auf jeden Kampf. Danach verdunkelten sich seine Augen und er holte zum ersten Schlag aus. [(Catrin) Gereon 30.3.2016]

„Hört hört! Wie mir scheint, habt Ihr die letzten zwei Götterläufe nicht ungenutzt verstreichen lassen, nur ein Mann an Eurer Seite fehlt noch zum Glück!“, erklang eine Fiona entfernt bekannt Stimme mit spöttischen, aber dennoch wohlmeinenden Unterton.

Wer bei allen Dämonen der Niederhölle wagte es, so mit ihr zu sprechen? Ohne Gereon aus den Augen zu lassen riskierte sie einen Blick auf den Sprecher und erstarrte. Der Knappe war vergessen und lächelnd wendete sie sich dem Neuankömmling zu. „Ach, schau an. Willkommen.“ (Max [Fiona], 29.03.2016)

Kurz hob Arnbrecht die Hand zur Begrüßung stieß dann ein, „Vorsicht“, hervor.

Gereons erster Hieb kam mit aller Kraft und aller Konzentration, die ein Fünfzehnjähriger aufbringen konnte, und zwar zielgenau auf die Stelle, die ihm bis eben noch am geeignetsten erschienen war. Als er jedoch registrierte, dass Fionas Körperspannung jäh abbrach, versuchte er seinen Schlag noch abzubremsen und an ihr vorbei zu führen. [(Catrin) Gereon 30.3.2016]

Laut scheppernd, aber weitestgehend wirkungslos traf Gereon Fiona, dann glitt die Waffe an Fionas Rüstung zu Boden. „Nein Nein Nein!“, fluchte sie vor sich hin, wie hatte diese dämliche albernische Stutzer ihr die Aufmerksamkeit rauben können? Der einzige Weg den Wahnsinn Deres zu überleben.

Gereon starrte erst sie und dann den Mann, der sie so aus dem Konzept gebracht hatte an. ‚Wer iss er?‘ fragte sich der Junge lahm [(Catrin) Gereon 30.3.2016] e rinnerte sich dann allerdings seiner Lektionen und so manchem Banner, dass über den geschundenen Städten und Dörfern dieses Landstrichs wehte: Auf dem gelben Wappenrock des Ritters zeigte sich der rote Auerochsenkopf der Rommilyser Mark. Doch wurde er rasch durch die anhaltenden, aber leiser werdenden, Flüche seiner Schwert-mutter aus den kurzen heraldischen Überlegungen gerissen:

Grummelnd wendete sich Fiona wieder ihrem Knappen zu und signalisierte schweigend, dass er fortfahren sollte. Gereon konnte einen weiteren Treffer landen. Dann war sie an der Reihe und untermalte jede Attacke mit einer Lektion. „Wir fahren nicht nach Elenvina.“ Der Schild war zur Seite geschlagen. „Kein Turnier, wo Ehre und Anstand zählt.“ Ein Zornhau ließ Gereons Waffe samt Hand nach hinten fliegen und wischte den letzten Anflug seiner Deckung beiseite.

„Willst du das überleben, musst du jede Chance zum Sieg nutzen“ Treffer.

„Hier sind Anstand und Ehre tödlich.“ Treffer.

„Verliere nie die Aufmerksamkeit, so wie ich eben.“ Treffer.

„So hast du gerade deinen ersten Sieg gegen mich verschenkt.“ Treffer.

Weitere Treffer und Lektionen prasselten auf Gereon ein, und auch wenn jeder Treffer deutlich zu spüren war, war keiner wirklich schmerzhaft. (Max [Fiona], 30.03.2016)

Als Gereon bei ihr als Knappe begonnen hatte, war seine Verteidigung hundsmiserabel gewesen. Doch er hatte gelernt, wie man parierte. Nein, er hatte gelernt, wie man RICHTIG GUT parierte. Und auch heute wurde mit jedem ihrer Schläge seine Deckung besser, fokussierter, härter. Hatte er sich etwa nicht rondragefällig benommen?

Über das helle Blau seiner Augen hatte sich ein Schatten gelegt, seine Mimik war eingefroren und er konzentrierte sich nur noch darauf seine Paraden richtig zu setzen und beobachtete seine Schwertmutter aufmerksam. Hatte einen abgelenkten Gegner geschont? Er suchte nach Fehlern. Nach Mängeln in ihrer Deckung. Seine Attacken wurden kraftvoller, seine Angriffe unnachgiebiger. Dieses war der erste Kampf mit seiner Herrin, in dem er nicht fürchtete, sie mit einem guten Schlag zu verletzen. Galt die Leuin ihnen nichts mehr, nur, weil sie den Reichsverrätern, Paktierern und dem ganzen Gesindel nichts galt? Nein, dieses war das erste Mal, dass er sich genau das wünschte. [(Catrin) Gereon 30.3.2016]

Der Ritter der Mark trat in das Geviert, wartete bis sie ihren Rabenschnabel in den Waffengurt geschoben hatte und begrüßte dann Fiona indem er ihren Unterarm ergriff: „Ich freue mich Eure düstere Gestalt hier zu sehen – nie hätte ich mir träumen lassen, dass Ihr einen Knappen annehmt und einen anderen Menschen als Eure Schwester, so dicht an Euch heranlasst. Fasst ihr nun doch Vertrauen zu den Menschen, Baroness?“

„Versuche zu überraschen - wie es so schön heißt.“ Fiona schmunzelte kühl, aber ihre Worte hatten noch den selben Tonfall wie eben bei der Lektion mit den jungen Rickenbacher. Womöglich war es gar eine, denn sie warf ihrem Zögling einen raschen Blick zu. „Räum hier auf und komm dann nach.“

Gereon nickte.

*

Als Dwarosch den Gefechtsübungsplatz der Tandoscher betrat war er voll gerüstet. Dies hieß in seinem Falle Vollkettenrüstung, bestehend aus südländischem Ringelpanzer mit Plattenteilen, einer Kettenhose, sowie passender -Haube, -Kragen, sowie -Handschuhen und einem Barburiner Hut mit Rosshaar- Kamm, bei dem der Ketten- Gesichtsschutz jedoch nicht eingehängt war und somit freie Sicht auf seine Mimik lies. Er trug einen großen Rundschild am linken Arm der einem ausgewachsenem Thorwaler hätte neidisch werden lassen. Er war fast zu groß für einen Angroschim. Allein ein starker, ausdauernder Kämpfer konnte einen solchen Schild dauerhaft im Kampf führen. Er war wie eine Rüstung mit Platten- Teilen beschlagen und hatte an der Unterseite eine Schneide, sowie zwei längliche Sporen zwischen denen wohl kein Hals Platz finden würde, so das klar wurde wofür sie benutzt wurden. In seiner Rechten führte er einen langen Spieß, mit einer sicher fünfundzwanzig Finger langen Spitze aus einer rötlich schimmernden Metalllegierung. An den hinteren Seiten der Klinge befanden sich Sicheln, welche in und gegen die Stoßrichtung geformt waren, die Rundungen somit aneinander lagen und somit nicht nur zum verletzten eines Gegners gedacht waren, sondern auch um diesen aus der Balance, oder gar zu Fall zu bringen.

Der stiernackige Angroschim nickte fast andächtig, als er den Kämpfern bei deren Übungen zusah. Man sah ihm an das dies es war, was er verehrte, den Klang der Waffen, der Schilde und Rüstungen, nicht den der Worte. (Stefan [Dwarosch] 29.03.2016

Gereons Bewegungen wurden langsam, das Training würde er noch ein paar Tage spüren. Fiona ließ die Waffen sinken und nickte ihm zu. „Das reicht, gut gemacht. Waffen reinigen und dann Beten zur Sturmherrin.“

Gereons Augen funkelten noch ein letztes Mal auf, denn senkte er seinen Kopf vor ihr und trollte sich erschöpft vom Kampfplatz. [(Catrin) Gereon 30.3.2016]

Nachdem der Knappe den Kampfplatz verlassen hatte, wendete sich Fiona dem Zwerg zu. „Willkommen in meinem bescheidenen Lager. Erweist mir bitte die Ehre der Neun Hiebe und Wehren.“ Schild und Rabenschnabel flogen aus der Kampffläche, zog das Tuzakmesser und nahm eine offensive Kampfposition ein. (Max [Fiona], 29.03.2016)

Er lächelte und eine myriade kleinen Falten zeigte sich um seine Augen. Dwarosch war noch keine einhundertfünfzig Jahre alt, aber er hatte gelebt und das sah man ihm an. Er sann über ihre Worte nach. Diese Frau wusste um die rituellen neun Streiche, Kor war ihr also nicht fremd. Ein weiteres Mal hatte sie ihn verblüfft. Das wurde langsam zur Gewohnheit. Dwarosch nickte ihr zu um ihr seine Zustimmung zu deuten.

“Wiederum ist es mir eine Ehre diesen Tanz mit Euch zu begehen!” Das Lächeln wurde breiter. Er nahm seinen Schild auf und trat mit dem Spieß auf den Kampfplatz. “Verratet mir woher ihr um die rituellen neun Streiche wisst, wie gut kennt ihr den spirituellen Teil des Kunchomer Kodex? Oder besser, sagt es mir hinterher.” Er ließ den plattenbewährten Schaft des Spießes zwei Mal gegen den Schild schlagen. Es machte plong plong, dann senkte er die Stoßspitze in ihre Richtung und hob den Schild zur Wehr.

Er kannte die Art Schwert das sie trug. Es war schnell, da es für seine Größe relativ leicht war und die gebogene Form ermöglichte einen speziellen Kampfstil. Ihre Reichweite mit dieser Waffe war beachtlich, aber lag noch leicht unter dem seines Spießes, dieser jedoch war langsamer. Es galt also sie mit dem Schild zu parieren und mit dem Spieß aus der Balance, außer Tritt zu bringen. Er war ein kühler, berechnender Kämpfer, konnte scheinbar ewig warten den Stil seines Kontrahenten zu studieren, nur um auf diesen einen Fehler zu warten, welcher den Unterschied ausmachte. Nun, dies würde seiner Meinung nach viel länger brauchen als betreffende neun Streiche, aber es ging hier ja auch nicht um den Sieg gegen einen Gegner, es ging um ein ganz spezielles Gebet. (Stefan [Dwarosch] 30.03.2016)

Eine interessante Waffenwahl, die ihr Tanzpartner gewählt hatte. Genau betrachtete sie die Bewegungen des Zwerges, wie hielt den Speer, was war seine Mensur, wenn es sie voll ausspielte. Dann griff sie in ihr Haar, löste das Haarband das ihre Mähne zu einem Zopf bändigte und schüttelte den Kopf. Wallend ergossen sich ihre blonden Locken über die Schultern. Diesen Moment nutzte sie, da Dwarosch ihr Haar betrachtete und eröffnete den Tanz. Drei wuchtige Hiebe gegen den Speer mit denen sie den Gefahrenbereich unterwandern konnte. Die vierte Attacke galt dem Schild, doch nicht das Schwert, sie selbst war die Waffe und warf sich mit aller Kraft dagegen. Dann brachte sie sich wieder außer Reichweite des Speeres. (Max [Fiona], 30.03.2016)

Dwarosch schnaubte bei dem unerwarteten Aufprall auf seinen Schild und ja, er musste zwei Schritte rückwärts tun, Ausfallschritte. Wäre er größer gewesen, sein Schwerpunkt höher, sie hätte ihn aus der Balance gebracht. Angrosch sein Dank kannte er keinen massigeren Zwergen wie sich selbst. So zog er leicht gereizt und mit scheinbar brennendem Blut in seinen pulsierenden Adern einen Halbkreis mit dem Spieß auf Höhe ihrer Oberschenkel, doch sie wusste was kommen würde, als sie nach Ihrer Angriffsserie zurückwich. Nun war es an ihm die Initiative zu ergreifen. Er machte einen großen Satz vorwärts, drang aggressiv in den Raum zwischen ihnen. Laut gellten seine Worte über den Platz als er vorzählt. “6”, der Spieß ruckte vor, zielte auf ihre rechte Schulter. Fiona rotierte behände den Oberkörper zur Seite, wich aus, zog ihre Klinge in einer fließenden Bewegung zwischen sich und den Spieß, ließ so dessen Haken in der Rückwärtsbewegung am Tuzakmesser abgleiten. “7”, das identische Manöver auf ihre andere Schulter gerichtet. Die Tandoscherin jedoch, bereits wieder beiden Schultern in Opposition zu Dwarosch gerichtet, bog sich nach hinten, ging weit ins Hohlkreuz und ließ so die Attacke wiederum ins Leere stoßen. Nur einen leichten Luftstoß spürte sie auf der linken Wange, als die Waffe zurückgerissen wurde. Ein erneuter Vorstoß mit deutlichem Bodengewinn folgte. Er war nun nahe bei ihr, in einfacher Reichweite seiner Stangenwaffe, ohne den Waffenarm ausstrecken zu müssen. “8”, ein kurzer Viertelkreis, ohne viel Körperbewegung, ohne viel Schwung, mit wenig Kraft, aber zu schnell weil quasi aus dem Unterarm geboren, unvorhersehbar um auszuweichen. Im letzten Moment jedoch brachte sie das Tuzakmesser zwischen sich und die scharfe Schneide der Infanteriewaffe des Zwergenkriegers. Eine schwerfälligere Waffe hätte hier eine böse Wunde bedeutet. Noch im Moment da die Klingen einander banden kam das unerwartete. “9”, das Schild, von den meisten Kämpfern nur zur Verteidigung genutzt, schien ihr fast entgegenzufliegen, zielte mit Schneide und Sporen auf ihre Brust. Normal würde dieses Manöver wohl auf den Hals gerichtet sein und oftmals das Ende des Kampfes und den Tod des Kontrahenten bedeuten. Nur ihren schnellen Instinkten folgenend drehte sie sich um die beiden sich langsam lösenden Waffen und sah Dwarosch seinem Schildarm folgend an ihr vorbei stürmen. Da sie aber selbst zu viel Schwung durch die schnelle Rotationsbewegung aufgenommen hatte wäre ihr eine Attacke auf seine ungedeckte Seite nicht möglich gewesen, wären sie nicht eh am Ende ihres Gefechtes angekommen.

Dwarosch trabte kurz aus, senkte den Kopf, rammte Spieß und Schild in den Boden und kniete nieder, ihr immer noch den Rücken zugewandt. Zunächst war sie irritiert ob seiner Handlung, dann jedoch konnte sie nicht anders als darin ein stilles Einvernehmen über das Ende dieser, ihrer Zeremonie zu sehen, dennoch war es ein Vertrauensbeweis. Er nahm gemächlich den Helm ab, legte ihn vor sich auf den Boden und betete für alle vernehmbar. “Herr der neun Streiche, Karfunkelherziger, der du donnernden über das Firmament ziehst, blutiger Mantikor, der du lachend über das Schlachtfeld schreitest. Siehe, eine wahrhaftige und tapfere Kriegerin und ein einstiger Korknabe haben soeben zu dir gesprochen, auf das es dir ein Wohlgefallen sei.” Er zog einen Kettenhandschuh aus, den der Linken, zog ein altertümlich anmutendes Kurzschwert aus einer Scheide am hohen, schweren Stiefel und schloss die Hand um die Schneide. “Ich, Dwarosch, Sohn des Dwarlin, der dir mehr als fünf Jahrzehnten diente, dann jedoch den Glauben an alle Ordnung und auch dich verlor im Angesicht des Schreckens am Todeswall. Höhere meine Bitte, lass mich dein Werk tun, führe meine Klingen, für den guten Kampf und den Schutz der Wehrlosen, den auch das befiehlst du. Und schenke den hier Anwesenden Mut im Angesicht des Feindes, des Schreckens und lass sich nicht brechen wie einst mich.” Langsam, mit sichtbarem Schmerz, aber durch Gram bescherte Tränen zog er den Gladius, denn so hieß diese alte, längst ungebräuchliche Waffe, durch die Hand. “So nimm mein bescheidenes Opfer und vergib mir das ich mich von dir abgewandt hatte. Ich habe deine Zeichen verstanden und folge deinem Ruf.” Er öffnete die Hand und zeichnete sich mit seinem Blut das Schwertkreuz des Kor über Augen, Nase und Mund. (Stefan [Dwarosch] 31.03.2016

*

Der Ruf nach geweihter Unterstützung bei einer Seelenprüfung erreichte auch Ehrwürden Hane Tankred von Ibenburg-Luring bei seiner Jurte. Vor dem Zelt hatte er einen Pavillon aus weißem Stoff errichten lassen, der mit goldenen Borten gesäumt war. Darinnen fand sich Platz für 4 Stühle und einen großen Tisch, zwei Bücherregale und einige Truhen mit liturgischen Gerätschaften. Auch ein kleiner, transportabler Schrein des Götterfürsten und eine golden glänzende Statue des Hohen Drachen Branibor fand sich in dem kleinen, luftigen Praiostempel. Begleitet und im Kampf auch beschirmt wurde Hane durch 4 Sonnenlegionäre, welche er seinem Bruder in Elenvina noch hatte geradezu abschwatzen müssen. Wieder ein Punkt mehr, über den er sich bei seinem älteren Bruder aufregen konnte.

Er ging gerade mit Seiner Gnaden Praiosind von Schleiffenröchte die Abendandacht durch, als ein Bote von der Aufforderung Ihrer Hochwürden, Biora von Rickenhausen, in zwei Stunden eine improvisierte große Seelenprüfung zu unterstützen, berichtete. Hane staunte nicht schlecht, als er von den Geschehnissen um ein Dämonenbanner hörte und fing an zu überlegen, welche Kerzen und Bernsteinvorräte er dafür bereitstellen könnte.

„Euer Gnaden Praiosind, was meint ihr. In zwei Stunden soll das Ritual beginnen, der Zeitpunkt ist geradezu vorgegeben, um mit der Andacht zum Sonnenuntergang einzuleiten. Auch erhält so der Götterfürst die ihm gebührende Ehre, diese Seelenprüfung zu eröffnen. Und solange Illuminatus Arrius von Wulfen mit Ihrer Kaiserlichen Majestät nicht eingetroffen ist, werden wir die Kirche unseres Herrn Praios in dieser Angelegenheit vertreten.“ Hanes Gesicht zeigte einen Praiosind schon bekannten Ausdruck von kurzer Abwesenheit, den der ältere Geweihte oft hatte, wenn er einen neuen Gedankengang nachging. Und so war es auch diesmal, denn nach einigen stillen Momenten fuhr er fort, so als ob keine Unterbrechung stattgefunden hätte: „Wir könnten mittels eines geweihten Zitrins die letzten Strahlen des Praiosmahls fächerartig verteilen und diese so ausrichten, dass jeder Ritualführer der anderen Kirchen in des Praios heiligem Licht badet. Dabei fällt mir ein, habt ihr schon einen Priester der Jungen Göttin gesehen?“ [Chris(Hane)29.03.2016]

Auch Praiosind war ausgesprochen erstaunt, als er von den Vorkommnissen um dieses ominöse Banner erfuhr. ‚So dreist und so dumm muss man erstmal sein, um mitten in einem Heerlager, das sich sammelt, um gegen ein Dämonenheer zu ziehen, das Banner einer Erz-dämonin zu hissen… Immerhin waren sie offenbar vernünftig genug sich der Autorität einer Geweihten zu unterwerfen.‘

„Ich bin ganz Eurer Meinung, Ehrwürden. Es fügt sich vortrefflich“, antwortete er dem älteren Geweihten. Und als dieser in jenes nachdenkliche Schweigen verfiel, beobachtete Praiosind ihn abwartend. Das hatte sich in solchen Momenten als die beste Taktik erwiesen und so war seine Geduld auch dieses Mal lohnend: Hanes Vorschlag war fast poetisch zu nennen. Praiosind hob anerkennend eine Augenbraue und konnte sich eines Lächelns nicht erwehren. „Eine unserem Herrn sehr wohlgefällige Idee, möchte ich meinen.“ Dann runzelte er jedoch leicht die Stirn. „Ist denn von allen zwölf Kirchen ein Vertreter unter uns? Einen Priester Tsas habe ich bisher nicht gesehen. Und auch keinen des Phex – wobei das natürlich nichts heißen muss…“ Unwillkürlich hatte sich bei diesem letzten Satzteil leise Missbilligung in Praiosinds Stimme geschlichen. Diese war jedoch wieder verschwunden, als er Hane fragte: „Soll ich diesbezüglich Erkundigungen einholen?“ (Maren [Praiosind], 30.03.2016)

„Nein, dies wäre verschwendete Zeit. Sollte ein Diener des Heimlichen Gottes diesen Feldzug begleiten, wird er wissen, dass er sich offenbaren, oder zumindest teilnehmen sollte. Zudem habt Ihr auch nicht mehr so viel Zeit, bis ihr die Predigt haltet, nicht wahr?“ Ein feines schmunzeln schlich sich auf Hanes Gesicht, während er Praiosind wohlwollend betrachtete. „Ich trage die Kerzen, den Bernstein, den Weihrauch und den Zitrin zusammen, Ihr konzentriert euch auf nachher.“ Nachdem dies geklärt war, stand Hane auf, streckte sich kurz und trat dann an den wachhabenden Sonnenlegionär heran. „Ludger, sei so gut und gehe zu Ihrer Hochwürden von Rickenhausen und frage sie, wo sie die Andacht zu halten gedenkt. Teile ihr ferner mit, dass die Kirche des Herrn Praios gedenkt, die Zeremonie zu eröffnen um dann an sie überzuleiten. Sollte sie weiter Hilfe benötigen, stehe ich Ihr gerne zur Verfügung. Es Sei!“ [Chris(Hane)31.03.16]

Praiosind nickte. Er selbst hatte sich zwar eher auf die Frage nach einem Tsageweihten bezogen, aber er war mit der Antwort so oder so durchaus einverstanden, also ließ er es dabei bewenden. Zudem hatte er tatsächlich Wichtigeres, auf das er sich konzentrieren sollte. Vor einer so großen Anzahl an Menschen – noch dazu in dieser besonderen Situation – hatte er noch nie zuvor gepredigt. Er sollte sich wirklich vorbereiten. Also nickte er Hane noch einmal ernst und durchaus mit einem dankbaren Ausdruck zu, bevor er sich bis auf weiteres in sein eigenes, kleines Zelt zurückzog, das in unmittelbarer Nähe stand. Er wollte in sich gehen. (Maren [Praiosind], 31.03.2016)

Sorgen eines Herolds

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Warum erlaubte der Kaiserliche Hofmarschall die Führung eines ungöttlichen Banners? Und vor allem, warum eigentlich der Hofmarschall? Wo das doch mal so gar nicht in dessen Zuständigkeit fiel….

Rondrian von Berg-Berg zum Berg war nicht zufrieden. Mit sich, mit seiner Analyse des Schreibens jener Dame Widharia, mit der ganzen Situation. Denn er verstand sie nicht. Kopfschüttelnd hatte er seinem Amtsdiener berichtet, was sich im Lager unter der Standarte der thargunitoth'schen Einheit ereignet hatte, besser gesagt fast ereignet hätte, und nun brütete der Herold über dieser Sache mit Kopfschmerzen, denn entgegen seiner Verkündigung, das Schreiben als rechtens zu proklamieren, sagte ihm sein Gefühl doch nach wie vor etwas anderes. Und so ward die 'Stimme des Herzogtums' alsbald in der Stadt gesehen, um sich an eben jener Stelle zu informieren, die für diese Misere Verantwortung trug: bei dem Verfasser des Schreibens höchstpersönlich. Wer, wenn nicht er, konnte in dieser Sache Licht ins verwirrende Dunkel bringen.

Natürlich konfrontierte der Ritter vom Berg den Gleichaltrigen mit den unangenehmen Nebenwirkungen. Das Wort 'Amtsübergriff' nahm er dabei nicht in den Mund, obgleich es ihm auf den Lippen lag, als er mit Seiner Exzellenz Salvin von Streitzig darüber sprach, dass dessen gut gemeintes Schreiben fast ein Gemetzel angerichtet hätte.

Der Hofmarschall indes wirkte, von einer beherrschenden Geschäftigkeit abgesehen, sehr entspannt und wenig beeindruckt über die Beschwerde, was den nordmärker Herold recht wunderte.

(…)

"Wir dachten allein an das gute Beispiel und das Zeichen, welches mit Unserer Erlaubnis einhergehen sollte. Wir konnten ja nicht ahnen, dass die Ritter des Herzogtums unseres überaus verehrten Seneschalls, Seine Hoheit Hagrobald Guntwin, dieses Zeichen missverstehen."

"Wenn euer sogenanntes 'Zeichen' beinhalten sollte, dass es Missgunst und aufrührerische Stimmung in die Reihen jener Ritter trägt, Exzellenz, so hättet ihr gutgetan, diese Angelegenheit erst an den herzoglichen Stab – respektive an meine Wenigkeit als die für dergleichen zuständige Person – heran zu tragen, ehe ihr diesem Banner erlaubtet, neben dem Nordmärker Lager zu hausen."

"Ihr übt barsche Kritik, von Berg."

"Nun, Exzellenz, nur das Eingreifen von Dienern der Zwölf bewirkte, dass kein Blut im Lager der Kaiserlichen vergossen wurde. Und auch eine Bestätigung Eures Schreibens meinerseits mochte wohl den schon mit glänzenden Klingen und gespannten Armbrüsten gegenüberstehenden Parteien vorerst den Wind aus den Segeln genommen haben, wie man so schön sagt."

"Wir verstehe Eure Besorgnis sehr wohl, jedoch ist Uns fremd, auf was ihr hinauswollt. Wenn es euch auf der Seele brennt, dass Wir in Unserer Position als Hofmarschall amtsfremd gehandelt haben, dann solltet ihr eure Beschwerde an anderer Stelle vortragen."

"Ihr missversteht mich, Exzellenz. Es geht nicht darum. Zumindest nicht nur. Ich weiß sehr wohl um die Umstände, warum Ihr es wart, der mit diesem Fall und jener Erlaubnis betraut wurde. Und ihr könnt mir glauben, Exzellenz, dass ich euch es euch nicht nachtrage. Nur wäre vorzeitige Information günstig gewesen. Wie dem auch sei… mich interessiert viel eher, wie ihr dazu kommt, ein solches Banner gutzuheißen - ob es in eurer Kompetenz lag oder nicht sei dahingestellt. Immerhin muss euch doch bewusst gewesen sein, dass ihr das Tragen einer Standarte erlaubt, die in direktem Zusammenhang mit der Widersacherin des Herre Borons steht und damit verbunden mit der Verehrung niederhöllischer Finstermächte. Um es deutlicher zu machen: eine Einheit, die mit dem Symbol der Erzdämonin Thargunitoth für das Raul'sche Reich zu Felde zieht… An dieser Stelle möchte ich lieber nicht darauf eingehen, welchen Schaden es nach außen hin haben kann, wenn ein Dämonenmal mit dem kaiserlichen Reichswappentier --"

"Dann geht auch nicht drauf ein!"

"Wie ihr wünscht, Eure Exzellenz."

"Es reicht, dass ihr Uns Unsere kostbare Zeit stehlt, von Berg! Wir müssen uns nicht belehren lassen, denn wir sind uns eures Anliegens bewusst und werden diese Erlaubnis hiermit als 'Fehler' anerkennen. Schreiber! Notiere er einen Widerruf. Wir werden ihn sogleich siegeln, damit der Hohe Herr vom Berg wieder etwas… Ruhe… in seine Nordmärker bringen kann. Auf, auf, meine Zeit ist bemessen. Andere Aufgaben bedürfen der dringlicheren Bearbeitung…. So sei notiert: Wir, Name, Titel, Anrede, dann das Übliche, dann die Erlaubnis aufheben, folgende Worte: das Subjekt des Streits wird im Namen Ihrer Kaiserlichen Majestät, Name, Rang, verboten und muss abgenommen werden und darf nimmerdar mehr Anwendung finden. Darunter noch etwas wie: Wir entschuldigen das Missverständnis. Grußformel. Reichssiegel, Amtssiegel. … So sollte das alles wieder seine praiosgefällige Ordnung haben. Nicht wahr?"

"Danke, Exzellenz."

"Von Berg, ihr braucht Uns nicht danken. Nachdem Wir euch in diesen Schlamassel gebracht haben, sehen wir es als Unsere Pflicht an, euch von diesem Schlamassel wieder zu befreien. So könnt ihr denn die Kunde in die eurigen Reihen tragen - und ich mich wieder den Vorbereitungen für die Ankunft Ihrer Kaiserlichen Majestät widmen. Gehabt euch denn wohl!"

(…)

Nachdem Nordmark das neue Papier übergeben bekommen und mit ihm in der Tasche aufs Pferd gestiegen und in Richtung Lager losgeritten war, hatte sich das seltsame Gefühl in ihm etwas beruhigt. Nun wusste er einen reichsamtlichen Widerruf sein Eigen, was sicherlich die Frage geklärt hätte, ob es ein Missverständnis gewesen war, oder nicht. Man könnte sagen, dass in der Tat der Bestand eines solchen vorlag, der Hofmarschall hatte das ja auch genauso gesagt… dennoch waren die Empfindungen des Herolds der Nordmarken recht unterschiedlicher Art: Während er auf der einen Seite froh darüber war, das sich alles gefügt hatte, mahnte ihn zur Vorsicht, dass niemand wissen konnte, was die Aufhebung der Erlaubnis im Banner der einohrigen Dame Widharia auslösen würde. Zumindest befreite die bezeugte Unterredung mit dem Cancellarius den Ritter von Berg von dem Vorwurf der Faulheit oder noch schlimmer, der Unterlassung von Amtsaufgaben. Ein fader Beigeschmack allerdings blieb. Und er mochte nicht sagen, woher dieser kam.

Grade rechtzeitig vor dem Götterdienst war er im Nordmärker Lager zurück. [Nordmark (Tanja) 16.4.]

Die Seelenprüfung

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Eine Stunde vor Sonnenuntergang trafen die beiden Diener des Herrn Praios, Hane und Praiosind, nebst zwei Sonnenlegionären sowie Hanes Frau Turi und deren Schülerin Maire beim Platz der Seelenprüfung ein. Auf einem Karren brachten sie unterschiedlichste liturgische Materialien und Gegenstände mit: Kerzen in verschiedensten Größen, Spiegel, Weihrauchschwenker, goldene Kerzenständer, Bernsteinbröckchen, Brandschalen und eine gut verschlossene, schwere Kiste. Praiosind und die Sonnenlegionäre entluden den Karren, während Hane eben jene Kiste sorgfältig aufschloss. Aus dieser holte er, mit vorsichtigen, langsamen Bewegungen einen vielfach geschliffenen Edelstein heraus. Er prüfte mit dem Stein den Stand der Sonne und fing einige Strahlen der Praiosscheibe ein, die sich, als sie auf den Stein in den Hände des Geweihten trafen, exakt zwölffach teilten und wie ein Stern aus Sonnenlicht ausgehend von der Hand den Platz in goldenes Licht tauchten.

Als er mit dem Ergebnis zufrieden war, bat er Turi und Maire von seinem Standpunkt aus einen exakten Kreis zu ermitteln und mittels Kreidefarbe zu markieren. Dieser maß 12 Schritt im Radius und sollte genug Platz für möglichst viele Götterdiener und mitbetende Zuschauer bieten. So wurde, von seinem Platz im Praios des Kreises aus, für jeden weitern Geweihten ein Punkt markiert, der genau der Schnittlinie im Zwölferkreis entsprach.

Als der Karren leer war, holten die Legionäre aus Hanes Zelttempel seinen kleinen Altar. Dieser war 120 Finger hoch und wurde von Praiosind zur Predigt hergerichtet.

Der jüngere Geweihte verwandte recht viel Zeit darauf, die Kerzenständer, Brandschalen und weitere mitgebrachte Liturgiegegenstände auf dem Altar zu arrangieren. Denn obwohl er heute Abend nun wirklich nicht seine erste Predigt halten würde, waren die Umstände doch in mehr als einer Hinsicht besondere. Ordnung zu schaffen – wenn auch nur im kleinen Rahmen – half ihm dabei, die Ordnung in sich selbst zu finden und Ruhe zu bewahren. Immer wieder blickte er jedoch auch zu Hane und jenem eindrucksvollen Konstrukt aus Licht, das er gerade dabei war zu erschaffen. Dieser Anblick entlockte Praiosind sogar ein Lächeln, mit dem er gemeinhin sparsam umzugehen pflegte. (Praiosind [Maren] 06.04.2016)

Zwischendurch dachte Hane immer öfter, wie sinnig es wäre, wenn er doch einen Novizen annehmen würde. Dann müsste er, nicht so wie jetzt, auf die Hilfe der Legionäre zurückgreifen. Zwar hatte er keine Probleme damit, eine Gildenmagierin und deren Schülerin mit nicht geweihten Gegenständen arbeiten zu lassen, er wusste aber, dass dies viele seiner nordmärker Brüder und Schwestern anders sahen. Auch die Blicke Praiosinds waren ihm aufgefallen, bisher hatte er jedoch über die kurzen missbilligenden Blitze aus seinen Augen geschwiegen. Und die Sonnenlegionäre waren eigentlich nicht für liturgische Handreichungen vorgesehen, auch wenn sie immerhin wussten, was zu tun war. [Hane (Chris) 5.4.16]

Dass ausgerechnet zwei Magier sie bei den Vorbereitungen unterstützten, fand Praiosind tatsächlich nicht eben angemessen. Doch er äußerte sich dazu selbstverständlich nicht – er würde die Vorkehrungen, die Hane traf, nicht infrage stellen. Auch entging ihm nicht, dass der ältere Geweihte die Aufgaben, die er Turi und Maire anvertraute, durchaus mit Bedacht wählte. ‚Ich sollte es Ihnen anrechnen‘, versuchte er sich zu sagen, ‚dass sie uns unterstützen. Bei diesem Götterdienst und in diesem Kampf überhaupt…‘ Doch er merkte sehr wohl, wie schwer es ihm fiel, über seine Vorbehalte gegenüber Magiebegabten hinwegzusehen. Deshalb verdrängte er die Gedanken daran. Sie hatten jetzt wichtigeres zu tun – anderes, worauf sie sich konzentrieren mussten… (Praiosind [Maren] 06.04.2016)

Nach und nach trafen auf dem Platz der Seelenprüfung weitere geweihte Brüder und Schwestern im Glauben ein:

Hochwürden Bodia von Leuenfels mit Ihrer Gnaden Raduvera von Berg für die Kirche der Donnernden. Die beiden Gratenfelser Geweihten wurde von weiteren Götterdienern der Rondra begleitet, während Novizen Opferwidder vor sich hertrieben und stellten bei Weitem die größte Gruppe dar.

Ihre Eminenz Quelina von Salmfang, hatte sich dem Feldzug des Herzogs erst recht spät, und eher einer spontanen Eingebung folgend angeschlossen. Als Metropolitin der Efferdkirche wollte sie ihren Teil dazu beitragen, um die 'schwarzen' Flüsse des geschundenen Ostreiches zu heilen. Dafür hatte sie weitere Geweihte und Laiendiener des Launischen Gottes an ihrer Seite.

Auch Geweihte der Travia, des Firun, des Ingerimm und der Rahja trafen nach und nach ein und begannen mit ihren Vorbereitungen. Ob ein Diener des Listigen anwesend sein würde, musste wohl leider die Zeit zeigen. Die Junge Göttin hatte wohl keine Geweihten entsandt, zumindest nicht im Nordmärkischen Teil des Feldzuges und so wurde man auf die Schnelle keinem Tsageweihten habhaft - was aber zumindest die Diener der 'großen' Götter, deren Anrufung auf einem Heerzug eher der Tradition entsprach, nicht wirklich störte.

Die beiden Ritter der Göttin im Zuge der Vairninger hatten sich, gleich nachdem sie sich entsprechend frisch gemacht und angekleidet hatte, auf den Weg begeben. In strahlend weißen Wappenröcken mit der roten Leuin durchquerten sie das Heerlager auf der Suche nach dem für die Seelenprüfung gewählten Ort. Von Basin zum ursprünglichen Ort des Geschehens geführt, fiel es den Dreien leicht diesen auszumachen. Dabei schadete dem heroischen Bild weniger, dass die beiden Geweihten nahezu fünfzig Götterläufe zählten, sondern vielmehr das sich das rotbraune Haar Veriyas vom Schwarzen Quell sich fürchterlich mit dem Rot ihres Umhangs biss.

Während sich der Richtwalder unter die restlichen Zuschauer begab, sorgen Eberwulf und seine Gattin dafür dass die eh bereits gut vertretene Gruppe der Rondra-Diener noch weiter anwuchs. Dabei grüßten sie die bereits anwesenden Brüder und Schwester im Glauben, auch wenn sie sie während des morgendlichen Rondradienstes gesehen hatten und auch am nächsten Morgen sehen würden. Bei Raduvera und Bodia erkundigten sie sich zusätzlich was man gedachte beizutragen. [Richtwald(Basin, Veriya, Eberwulf) 06.04.2016]

Auch Hagrian grüßte die ankommenden Diener der Leuin - mit der üblichen ernsten Miene, die er stets an den Tag zu legen schien. (Catrin (Hagrian) 06.04.16)

Nachdem sie kurz einige Worte mit den ranghöchsten Anwesenden ihres Kultes gewechselten hatten führten Veriya vom Schwarzen Quell und ihr Gatte eine kurze, aber energische Unterhaltung.

„Müssen wir tatsächlich für eine einzelne Frau ein derartiges Spektakel veranstalten? Wenn wir das für jeden tun den wir von hier bis Mendena antreffen, der behauptet auf unserer Seite zu stehen …“ Alles was sie sonst noch hatte womöglich sagen wollen, hielt sie bewusst zurück – kannte Eberwulf doch ihre Ansicht.

„Womöglich ist es ein wenig viel, doch geben uns die Zwölfgötter hier und jetzt die Gelegenheit den Soldaten zu zeigen wieso wir hier sind.“

Da erblickte Veriya den ihnen zunickenden Hagrian, wandte sich, das Gespräch beendet diesem zu und begrüßte ihn mit dem Kriegerhandschlag. „Rondra mit Euch Hagrian, ich hätte nicht erwartet Euch hier anzutreffen.“ [Richtwald(Veriya, Eberwulf) 09.04.2016]

„Tante, schön Euch zu sehen!“ Seine Mundwinkel zuckten ein wenig, was das äußerste an Zuneigungsbekundung war, das er anderen zugestand. „Wie recht Ihr habt. Das Nutzen eines Dämonenbanners ist ein Frevel an den Göttern, den ich lieber sofort gesühnt sähe. Doch, wenn eine solche Veranstaltung stattfinden muss, dann wäre es eine grobe Pflichtverletzung meinerseits fernzubleiben.“ Leiser fuhr er fort: „Ich misstraue dem Pfad, den zu bestreiten wir uns entschieden haben. Dennoch haben wir uns entschieden. Und dies bindet auch mich.“ (Catrin (Hagrian) 10.04.16)

Ein seichtes Schmunzeln umspielte Veriyas Lippen bei diesen Worten. „Wie mein Gatte sagen würde. Es ist unsere Pflicht die praiosgewollte Ordnung und Leib, Leben und Seelen der Gläubigen zu schützen!“ Wobei nicht zu erkennen war, ob sie in dieser rondragewollten Pflicht eine ausreichende Begründung für dieses Aufgebot sah. [Richtwald(Veriya) 10.04.2016]

Hagrian nickte ernst: „Ihr sprecht wahr!“ Er brauchte keine weiteren Erklärungen abzugeben, war seine Einstellung den Anwesenden, besonders seiner Tante doch hinreichend bekannt. (Catrin (Hagrian) 10.04.16)

*

Während sie ihre Akoluthin zu Biora entsandt hatte, war Ivetta nicht untätig geblieben. Die Hochgeweihte der Peraine und Äbtissin des Therbûniten-Klosters zu Storchengarten wenige Meilen südlich von Elenvina hatte ihr Wissen und ihre Erfahrungen zusammengetragen. Sie hatte schon früher selbst Seelenprüfungen zelebriert, gar auch die Aura verschiedener Orte untersucht. Ihre Diener der Ähre ließ sie so die verschiedenen Ingredienzen und Reliquien zusammentragen – Knoblauch, fruchtbare Erde, Lauch, Apfelsamen, klares Wasser und vieles mehr.

Sie selbst war in das Lager der Windhager aufgebrochen, demütig allein und zu Fuß. Dort hatte sie ihre Schwester im Glauben aufgesucht – Richild von Waldbachtal.

„Schwester Richild…“ hatte sie die jüngere Priesterin angesprochen. „Hast du von dem Ritual zu Ehren der Götter gehört, welches die Hohepriesterin der Hesinde, Biora von Rickenhausen, durchführen möchte?“

Doch Richild hatte die letzten Stunden die unterschiedlichsten Tätigkeiten verrichtet, aber nur Gerüchte aufgeschnappt. Nachdem Ivetta knapp die Geschehnisse zusammengefasst hatte, nickte die jüngere Geweihte und Ivetta fuhr fort: „Ich werde mein Wissen und meine Seelenkraft aufbieten, um die Einigkeit der Zwölfe zu beweisen. Ich würde mich freuen, wenn wir zwei gemeinsam Peraines Willen repräsentieren könnten.“ (Nils [Ivetta] 06.04.2016).

„Gerne werde ich Euch im Dienst der Alten Mutter unterstützen...“, doch Ivetta konnte erkennen, dass etwas in Richild arbeitete. „..sagt, warum ist es notwendig, so viele Diener der Zwölfe zusammenzuführen, um nur eine Seele von dem Joch der Seelenschänder zu befreien? Die Alte Mutter schätzt es nicht, wenn ihre Gaben verschwendet werden, an den Hochmut einzelner.“

Ivetta schwieg für einige Momente. Ihre Augen waren halb geschlossen. „Hm…“ Sie sah die jüngere Schwester an. „Zu den richtigen Zeitpunkten aber heißt es, Zeichen zu setzen. Auch Zeichen der Einigkeit. Dies scheint das Ansinnen unserer Schwester in Hesinde.“ Nachdenklich nahm sie kurz die Hand vor Ihren Mund. „Wir ziehen in einen Krieg, Schwester Richild. Nicht gegen irgendeinen politischen Gegner, sondern gegen einen Erzfeind der Schöpfung. Wir als Priester und Kirchen der Zwölfe und ihrer Kinder sollten einig dem Feind entgegentreten. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es diese Gedanken waren, die Ihre Hochwürden Biora von Rickenhausen dazu bewogen, die Seelenprüfung einer einstigen Gefolgsfrau Haffax‘ einer zwölfeinigen Seelenprüfung zu unterziehen.“ Einige Momente sah sie die Geweihte aus dem Windhag ernst an. Dann stahl sich ein Lächeln in ihre Augen. „Außerdem hätte die Praioskirche nicht zugelassen, dass sie als Hesindegeweihte allein im Sonnenlicht steht und dann hätte bestimmt auch gerne die Rondrakirche ihren Anteil beigetragen, während die Borongeweihten es sich auch nicht hätten nehmen lassen, die Seelenprüfung einer Frau, die das Banner der Feindin Borons führt, zu leiten. Und diesem ganzen Gezanke wollte Ihre Hochwürden bestimmt zuvorkommen.“ (Nils [Ivetta] 12.04.2016)

Richild nickte langsam und blickte dennoch die Ältere zweifelnd an: „Ich verstehe nach dem langen gemeinsamen Weg hierher, was dich bewegt Schwester. Doch deine Worte können nicht meine Zweifel zerstreuen: die Alte Mutter gebietet mir, denjenigen aufopferungsvoll zur Seite zu stehen, die Hilfe benötigen. Gleichzeitig lehrt sie uns Bescheidenheit als IHRE besondere Tugend. Doch weder das eine noch das andere ist hier der Fall – weder benötigt die Söldnerin unmittelbar von mir Hilfe, die ihr nicht auch andere hätten geben müßten, noch heißt die Älteste Hochmut und Verschwendungssucht gut. Einigkeit mag ein wichtiges Band der Zwölfe sein, doch sollte sie nicht aus den falschen Gründen zustande kommen: aus der Selbstsucht nicht hinter anderen zurückstehen zu wollen. Wenn die Prüfung dieser Seele so wichtig gewesen wäre, warum hat dies nicht in kurzem Gebet stattgefunden? Gleich vor Ort zur richtigen Zeit, so wie es angemessen ist“, in Richilds warmer Stimme schwang nunmehr ein kälterer und unverständiger Unterton.

Unerbittlich fuhr sie fort: „Wie können wir nur glauben, dem Dunklen was dort jenseits der Berge herrscht...,“ sie deutete in Richtung der Trollpforte zwischen Schwarzer Sichel und den Trollzacken, „...Einhalt zu gebieten, wenn wir das Böse in unsere Mitte entlassen? Zeugt dies nicht ebenfalls von Hochmut? Bei einem Feind, der – wenn ich meinem Bruder Glauben schenken mag - so verschlagen sein soll, dass es meine Vorstellung übersteigt. Keine Zeit war zu verlieren gewesen die Prüfung vorzunehmen. Das mag ich als mein Scheitern sehen, dass ich bislang vertraut habe, das Schwestern und Brüder im zwölfgöttlichen Glauben das Richtige tun und das ich nicht bereits zu ihr gegangen bin, um sie zu prüfen.“

„Nun wird unser aller Kraft für die Prüfung von nur einer Seele eingesetzt. Das will mir wie Verschwendung vorkommen – und nein. Wenn ich auf mein Herz höre, dann spüre ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich diese Worte sage: gerne helfe ich dir also bei den Vorbereitungen, aber für ein Zeichen von Einigkeit reicht im Kreis der Zwölf eine Dienerin aus.“

Ivetta lauschte aufmerksam den Worten der Schwester aus dem Windhag. Sie lauschte nicht nur mit den Ohren, sondern auch mit dem Herzen und der Seele. Als Richild geendet hatte, und die Worte waren ihr offenbar aus dem eigenen Herzen und der eigenen Seele geflossen, schwieg Ivetta einige Augenblicke lang.

Dann… ruhig, ernst, griff die Priesterin den Faden, den grünen Faden der Mutter wieder auf: „Ich glaube…“ in diesem Wort, betont durch die sanfte Stimme Ivettas, schwang viel mit. „…nicht, dass es dein Scheitern ist. Nein, meine Schwester. Du magst recht haben, dass es unsere Demut, unsere Bescheidenheit ist, die der Gemeinschaft der Störche die Kraft verleiht, mit unermüdlichem Tatendrang voranzuschreiten. Vielleicht lassen sich nur so Bequemlichkeit und Müßiggang durch verlockende Dekadenz ignorieren, damit wir ganz im Sinne unserer Gütigen Mutter den leidenden Körpern und verletzten Seelen mit unserem Wissen und unserer Seelenkraft beistehen können.“ Sie hielt einen Moment inne, sah sich um, betrachtete sich die Zelte und das Lager, derjenigen Soldatinnen und Soldaten, die bereit waren, ihr Leben in der Schlacht gegen den Erzfeind des Reiches und einen Feind der Schöpfung zu geben. Dann wandte sie sich wieder an Richild. „Mein Einwand, diese Einigkeit würde möglicherweise eher aus einer Haltung der Zurschaustellung resultieren, denn aus wirklicher Stärke, war ein möglicherweise unangebrachter Scherz. Ich persönlich halte die Einigkeit der Kirchen der Zwölfe für sehr wichtig, für sehr bedeutsam in dieser Zeit. Und ich glaube auch nicht, dass Ihre Hochwürden Biora von Rickenhausen aus Selbstsucht gehandelt hat. Ihre Beweggründe mag zuerst Hesinde verstehen, ich habe aber meine zu hinterfragen.“ Ivetta lächelte leicht. „Eine Seelenprüfung ist ein heiliger Akt. Hier und jetzt können wir herausfinden, ob die Söldnerin, die scheinbar mehr ist als nur eine einfache Anführerin einer Bande von Mietlingen, sich auf die Seite der Schöpfung stellt oder gegen sie. Ob eine Seelenprüfung in diesem Umfang angemessen ist?“ Sie wiegte ihren Kopf einmal hin einmal her. „Hätte man mich befragt, hätte ich denselben Rat gegeben, wie du. Sofort. Zurückgezogen. Privat. Intim. Nur der Prüfling, der Priester und der Gott oder die Göttin. Doch weder du noch ich wurden befragt und im Laufe meines Lebens habe ich gelernt, die Tatsachen zu akzeptieren, wie sie sind. Und nun stelle ich mein Wissen und meine Gaben in den Dienst der Zwölfe, indem ich für mich entschieden habe, diesem Ereignis beizuwohnen und es zu unterstützen. Weil es jetzt und so wie es ist, angemessen ist, zu handeln.“

Richild schüttelte unwillig den Kopf: „Einem falschen Pfad zu folgen, macht die eigene Entscheidung nicht richtiger: Jeder Pfad, der sich öffnet, scheint den dunklen Kräften in die Hände zu spielen. Nehme ich nicht teil, handle ich nach meinem Gewissen und der Stimme der Uralten, aber stelle mich nicht in den Dienst des Zwölferkreises. Und wenn ich teilnehme, handle ich gegen Glauben und Überzeugung - dann diene ich mich dem Schauspiel an.“

Ivetta nahm die Hände der jüngeren Geweihten in die eigenen. „Ich kann dir nicht befehlen, teilzunehmen. Noch will ich es. Ich möchte dich auch nicht überzeugen, etwas zu tun, was du nicht willst. Du hast gefragt und ich habe mit einer Schilderung meiner Sicht auf die Ereignisse geantwortet.“ (Nils [Ivetta] 16.04.2016)

Richild nickte. ‚Oh, Säerin, bitte gib‘ mir einen Fingerzeig deines Willens...‘, die Windhagerin schloss die Augen und versenkte sich betend in ihre eigene Dunkelheit. Tröstlich stieg ihr leichter Honigduft unterlegt mit einer würzigen Note in die Nase, dass sie unwillkürlich in der Tasche ihres Kittels tastete bis sich ihre Finger um eine Handvoll Blüten von Traumkraut schlossen, dass sie morgens auf den Wiesen der Baernfarnebene gesammelt hatte. Als sie die Blüten zum Gesicht hob, stiegen Erinnerungen aus dem Tal in ihr auf und das Versprechen einer Rückkehr, das er ihr gegeben und erfüllt hatte.

Trost und Vertrauen sollten ihren Weg bestimmen, erkannte sie und blickte dann Ivetta wieder an: „Habt Dank für Eure Worte, Hüterin. Doch werde ich Vertrauen in den Kreis der Zwölf haben und nicht an der Prüfung teilnehmen.“<a name="__DdeLink__3208_287816071"></a> [...]

*

Gemeinsam mit ihren beiden Dienerinnen der Ähre, Elfgyva Selbling und der – immer noch geschwächten – Tesse Uhl war Ivetta aus ihrem eigenen Lager aufgebrochen.

Die drei Geweihten waren gerade auf dem Weg, als eine junge Köchin in ihren Weg trat. In den Händen trug sie ein kleines, wohl versilbertes Tablett, und knickste artig: „Den Göttern zum Gruße, Euer Hochwürden. Mein Name ist Berylla Ingrima von Hartsteig. Bitte verzeiht, dass ich euch aufhalte bei einer sicherlich wahrlich wichtigen Aufgabe, doch es ist der Küchenleitung des Herzoglichen Trosses ein Bedürfnis, Euch dies zu überreichen.“

Sie hob das Tablett ein wenig in die Höhe, um es der Geweihten anzubieten. Darauf befand sich ein Gebäckstück, ein perfektes Zwölfeck, so gebacken, dass man es in zwölf gleiche Teile brechen konnte. Bestäubt war diese handwerkliche Höchstleistung mit silbrigem Puderzucker, welcher sämtliche Symbole der Zwölfgötter darstellte, eines auf jedem kleinen Stückchen, welche noch verbunden waren: „Bitte nehmt dies an, es wäre uns eine Freude, Euch zu unterstützen. Die Zutaten sind sorgfältig gewählt und mit Liebe wurde es gebacken.“. Ein hoffender Blick lag in den sanft blickenden, unergründlich grünen Augen der Köchin. [Berylla (Mel) 10.04.2016]

Die Hüterin der Saat und Äbtissin des Therbûniten-Klosters war schlicht gewandet, eine robuste Kutte in apfelgrün, darüber ein dunkelgrüner Überwurf mit einer goldenen Ähre bestickt, war ihre einzige Tracht. Selbst auf das Kopftuch hatte sie verzichtet, offen spielte der sanfte Wind mit ihren dunkelbraunen, langen Haaren. Die beiden Dienerinnen der Ähre trugen jede einen Korb mit verschiedenen peraineheiligen Ritualzutaten. Mit einem einfachen Kopfnicken begrüßte Ivetta die bereits anwesenden Geweihten und suchte dann nach einem ihr bekannten Gesicht. War Richild schon anwesend? (Nils [Ivetta] 06.04.2016)

Sie wandte ihr Gesicht dann der Unterbrechung zu. Sie musterte erst die Köchin, dann ihre Gaben. „Oh, wie wunderbar! Travias Segen mit dir, diese Kuchen sehen wirklich sehr köstlich aus.“ Schwärmte die Perainegeweihte. „Bevor sie eines der Gebäckstücke nahm, strich sich die Geweihte das offene Haar zurück. Und blickte dann der Köchin in diese grünen Augen, die so endlos wirkten wie das nächtliche Gras in der Steppe des Nordens. „Von Hartsteig? Bist du die Tochter eines Edlenhauses?“ (Nils [Ivetta] 12.04.2016)

„Ja, Herrin, ich entstamme einem Edlenhaus. Doch geht meine Berufung nicht einher mit Waffengang und Kriegsdienst, sondern vielmehr drängt es mich in die gute Küche.“ Sie wurde auf der hellen Haut leicht rot im hübschen Gesicht ob der offensichtlichen Begeisterung der Geweihten für das von ihr gefertigte Gebäckstück: „Ich will Euch auch nicht weiter aufhalten, eine wichtige Aufgabe liegt vor Euch“. Und wartete, wer das Geschenk nehmen würde. Sie sah selig aus, glücklich, dass sie ihren Teil beitragen konnte. [Berylla (Mel) 12.04.2016]

„Ich danke dir, mein Kind.“ Erwiderte die Hochgeweihte und nahm sich ein Gebäckstück aus dem Korb. (Nils [Ivetta] 16.04.2016)

*

Die ersten Soldaten und Trossangehörige zeigten sich und standen, noch mit respektablem Abstand zu den Geweihten, in einem lockeren Kreis um den Platz. Blutrot begann das Praiosmahl dem Horizont entgegen zu sinken und färbte das Heerlager in einen beunruhigendes rötlichen Licht

Auch Dwarosch gesellte sich zu den Zuschauern. Er war diesmal voll gerüstet, trug dazu sein großes Rundschild in der Linken und seinen Spieß in der Rechten. Dass was den umstehenden jedoch mehr als dieser Umstand ins Auge fiel war das mit Blut gezeichnete Schwertkreuz Kors in seinem Gesicht, welches man durch den nicht eingehängten Gesichtsschutz aus Kettengliedern sehen konnte. So ging er gemächlich, aber zielstrebig durch die Zuschauer und hielt erst inne, als er in der ersten Reihe der Umstehenden angelangt war. (Stefan [Dwarosch] 06.04.2016)

Bald würden die Strahlen der Sonne für den heutigen Tage hinter dem Horizont verschwinden und den Landstrich mit dunkler Kühle überziehen. Und doch stand zu dieser wichtigen Zeit eine Frau nicht an dem Platz, wo sie eigentlich erwartet würde: In der Trossküche. Das baldige Ereignis der Seelenprüfung hatte dafür gesorgt, dass auch gegen strikte Befehle der jungen Köchin ihre fleißigen Helfer sich entschuldigen ließen, um hier herumzustehen. So wartete die junge Frau mit den schwarzen, langen Haaren und den stechend grünen Augen darauf, einen dieser Herumtreiber zwischen die Finger zu bekommen. Da sie nur knappe 162 Finger maß, hatte sie sich in die erste Reihe, unweit der jetzt beleuchteten Spiegel gestellt. In der einen Hand hielt sie – klassisch – einen Kochlöffel, die andere rieb immer einmal wieder über die mit Mehl bestäubte Schürze, in welcher sich einige kleine Taschen für wichtige (und teure) Gewürze befanden. Auf dem noch recht weißen Arbeitsschutz prangte kunstvoll eingestickt das Wappen der Familie von Hartsteig und wies die Dame als von Stand aus. Sie war, wie Ritter und manche Geweihte wohl erkannten, die Küchenchefin des herzoglichen Trosses und schaffte es mit harter Hand, das Niveau der Speisen dort sehr hoch zu halten. Umso ärgerlicher war es, dass diese Nichtsnutze von Gehilfen sich nicht einfanden. Unweigerlich würden nach diesem heiligen Akt alle zum Essen strömen – welches dann noch nicht vollendet wäre. Auch fühlte sich die junge Adelige nicht gerade wohl inmitten solch vieler herausgeputzter Gestalten, war sie sich doch bewusst, nicht gerade mit formidablem Aussehen zu glänzen in diesem Moment. Oh, es war ein schweres Los. Sie seufzte theatralisch, wie für sich selbst, und fuhr sich durch das leicht lockige Haar. Selbstredend war sie hübsch, und das wusste sie. Doch man durfte sich ruhig einmal selbst bemitleiden. (Berylla (Mel) 06.04.2016)

Zu dieser Stunde war selbst seine Hoheit, Hagrobald Guntwin vom Großen Fluss, Herzog der Nordmarken, am Platz der Seelenprüfung eingetroffen. Er erblickte seine Köchin, nickte dieser kurz zu und wendete sich wieder Erbgräfin Praiodara von Hardenfels zu, welche ihn begleitete und führte sein Gespräch mit ihr fort. Seine Leibgarde der Flusswache zeigte höchste Aufmerksamkeit, da rund um den Kreis, welchen seine Ehrwürden Hane Tankred von Ibenburg-Luring gezogen hatte, sich mittlerweile mehrere hunderte Zuschauer versammelt hatten.

Der Herzog betrachtete seine Getreuen, nickte einigen davon wohlwollend zu, bedachte auch den einen oder anderen mit einem Stirnrunzeln. Er wandte sich zu der Landthauptfrau, Iseweine von Weiseprein, die zu seiner Linken schritt. Die wiederholte das Stirnrunzeln des Herzogs, wandte sich zu den begleitenden Flussgardisten und scheuchte die mit einem Befehl einen halben Schritt auseinander. Offensichtlich war dieses Arrangement nicht zur Zufriedenheit der untersetzten Frau, in deren stoppelkurzes dunkles Haar sich großzügig die ersten grauen Strähnen mischten. Sie entschuldigte sich bei ihrem Herzog und trat einen Schritt zu ihren Flussgardisten, die, die Hand am Schwert, die Umgebung mit größter Wachsamkeit musterten.

Frankwart vom Großen Fluss, der Onkel des Herzogs, grinste und warf ein lose Bemerkung in Richtung der Albenhuser Erbgräfin, die mit merklicher Abwehr antwortete. „Ach was – Frankwart, ich halte mit!“ dröhnte der laute Bass des Herzogs über den Plan. (Tina[Hagrobald]16.4.16]

Seine ersten Schritte nach seiner Rückkehr aus der Stadt führten den Herold der Nordmarken direkt zum Platz der Seelenprüfung, wo sich schon einiges Volk versammelt hatte und die zusammengekommene Geweihtenschaft die ersten Rituale vollzog. Da Nordmark auf Diplomatie statt auf Konfrontation setzte, wollte er erst einmal abwarten, wie jene Prüfung der Dame Widharia verlief, bevor er das Schreiben des Hofmarschalls zückte. Dazu würde sicherlich noch Gelegenheit sein. So gesellte er sich an die Seite seines Neffen, des Herzogs, um die Zeremonie zu verfolgen, von der er sich, ehrlich gesagt, nicht viel erhoffte. Er war zwar ein praiosfürchtiger Mensch, aber dem wilden Gebaren mancher Götterdiener konnte er nichts abhaben. Er vertraute mehr auf das Papier und das geschriebene Wort, da diese klar nachvollziehbar und eindeutig waren, und weniger auf den Versuch, den Willen von zwölf unterschiedlichen Gottheiten auslegen und interpretieren zu müssen. Dass in den hohen Kreisen allerdings Wetten abgeschlossen wurden, ließ selbst ihn an der Ernsthaftigkeit mancher Anwesenden zweifeln. Dennoch, für Belehrungen war er nicht hier und außerdem der Falsche. So gesellte er sich zu der Landthauptfrau und dem Herzog. [Nordmark (Tanja) 16.4.]

„Na, Nordmark, was gibt es?“ Hagrobald hatte seine Stimme gedämpft – was bedeutete, dass ihn nur noch die nächsten drei oder vier Umstehenden deutlich verstehen konnten. „Wart Ihr erfolgreich?“ [Tina(Hagrobald)17.4.16]

"Natürlich, Euer Hoheit. Die Sache mit dem Banner ist - geklärt," berichtete der Herold pflichtbewusst und ließ das eine Ende des Schreibens aus seinem Wams hervorblitzen. Damit gedachte er, seinem Neffen alle übrigen Informationen zu liefern, ohne in diesen Kreisen allzu viel sagen zu müssen. Dann wurde er doch etwas deutlicher, als die Geste offenbar doch nicht reichte, wie er an dem Gesicht Hagrobalds erkannte. "Nun, auch der Marschall Ihrer Kaiserlichen Majestät macht Fehler." Aus Nordmarks Mund klang das fast etwas belustigt. "Eure Sorge, ein solches Zeichen zöge mit unserem Heer in die Schlacht ist vom Tisch. Egal, wie diese Prüfung hier ausgeht." [Nordmark (Tanja) 17.4.]

*

Nach seiner Ankunft hatte Basin von Richtwald einige Momente überlegt von wo aus er dem Geschehen beiwohnen wollte. Praios ward in seiner Familie, wie in den Nordmarken häufig, sehr hoch gehalten, jedoch bot sich ihm beim Herrn Firun die Möglichkeit in erster Reihe Position zu beziehen. Ein Umstand, durch den der herzogliche Jagdmeister bereitwillig weiteren Überlegungen entsagte. [Richtwald(Basin von Richtwald)17.04.2016]

Auch der Baronet aus Hlûthars Wacht, Jost Verian von Sturmfels-Maurenbrecher war mit seiner Knappin Ira und seinem Bannerträger und ersten Ritter, Sigiswolf von und zu Flusswacht, bei dem Spektakel erschienen. Da es sich seinem Verständnis nach um einen Götterdienst handelte, hatte er auf massive Rüstung verzichtet und trug lediglich seinen Wappenrock, darunter ein hesindigoblaues Rüschenhemd und eine dunkelbraune, aus feinem Wildleder gefertigte Schnürhose. Stulpenstiefel, ein breitkrempiger Hut mit einer roten Feder und ein Gürtel mit Rapier und Parierdolch rundeten das Bild des Baronets ab. [Chris(Jost Verian)14.04.2016]

*

Tar'anam hatte die Aufgabe übernommen, im Firun-Tempel Eis zu besorgen. Doch noch im Lager war ihm eingefallen, dass es doch hier genügend Magier geben müsste, welche ganz in Hesindes Sinne möglicherweise ebenso in der Lage sein dürften, mittels ihrer besonderen Kräfte den im Hochsommer recht flüchtigen Stoff herbeizaubern zu können? Kurz entschlossen fragte er sich durch und wurde schnell an Turi Eslebon verwiesen, welche seltsamerweise die Gattin eines Praiosgeweihten sein sollte. Nun, das war nicht seine Sache, und so lenkte der Krieger seine Schritte in die gewiesene Richtung, wo er die betreffende Magierin alsbald vorfand.

Tar'anam trug ihr sein Anliegen vor, doch Turi lachte nur, ein wenig schelmisch, wie ihm schien. "Nein, 'Eis herzaubern' kann ich leider nicht. Doch ich habe einen anderen Vorschlag: vertraut mir, und ich bringe Euch in die Nähe des Firun-Tempels, da wolltet Ihr doch sowieso hin." Erwartungsvoll schaute sie ihn an.

Der Edle überlegte kurz, wobei sein Blick gewohnheitsmäßig umherschweifte und auf ein blondes Mädchen fiel, das scheinbar unbeteiligt ein paar Schritt entfernt saß und in einem Buch las, doch seinem geschulten Blick entging nicht, dass die junge Dame sehr genau jedem Wort der Unterhaltung lauschte. Er schmunzelte innerlich, zumal er nichts zu verbergen trachtete, dann antwortete er Turi: "Wollt Ihr mich zum Zelt Biora Tagans begleiten, Magistra? Es ist besser, wenn sie in magischen Dingen entscheidet."

Hesinde sei dank kam Turi ohne viel Federlesens mit, und so konnte sie schon bald selbst der Hesindegeweihten ihren Vorschlag unterbreiten: sie direkt auf den Sokramur-Platz teleportieren, in dessen Nähe das "Haus der Berge", der Gallyser Firun-Tempel, lag. Angesichts der knappen Zeit ließ sich das Biora, welche geneigt war, diese Fügung als von der Herrin Hesinde gegeben zu sehen, nicht zweimal sagen. Vermutlich war es auch besser so, von Geweihter zu Geweihter sprach es sich möglicherweise leichter. Obwohl, Geweihte des Firun neigten dazu, eine wenig ... speziell zu sein. Vielleicht wäre ein Krieger wie Tar'anam doch nicht der schlechteste Bote gewesen.

Egal, Biora hatte sich entschieden, und wann wurde man schon einmal teleportiert? So versetzte sie sich geschwind in einen respektablen Zustand und reichte der Magierin die Hand. Diese machte ihre Gesten, sprach ihre Worte, allzeit wachsam beobachtet von Tar'anam, welcher allerdings schon den nächsten Auftrag seiner Herrin und alten Freundin bekommen hatte. Dann wechselte die Umgebung, vor dem Blinzeln sah Biora noch das Innere ihres Zeltes, danach geschäftiges Treiben auf einem mäßig großen Platz unter freiem Himmel. "Habt vielen Dank, Magistra, und Hesinde mit Euch!" verabschiedete sie sich von Turi, dann orientierte sie sich kurz. Dabei wurde sie gewahr, wie am anderen Ende des Platzes so etwas wie ein großer Stand aufgebaut wurde, und zwar hauptsächlich von Leuten in orangefarbenen Roben. Das musste sie sich näher ansehen, aber eins nach dem anderen, also lenkte sie ihre Schritte zunächst geschwind in Richtung des großen Gebäudes, in welchem sie den hiesigen Tempel des Firun erkannt hatte.

Soweit Biora informiert war, hingen die Gallyser einer etwas seltsamen Form der Firun-Verehrung an, was man ja schon an der Benennung des "Sokramur-Platzes" erkennen konnte, doch lies die Hochgeweihte sich nicht beirren und schaffte es nach kurzer Verhandlung, der jungen und zunächst sehr kühlen und abweisenden nivesischen Tempelvorsteherin Tiinana sowohl einen kleinen Metallbehälter, welcher eine winzige Menge Eis enthielt, aus dem Kreuz zu leiern (zumindest kam es ihr so vor), als diese auch tatsächlich davon zu überzeugen, dass auch Firun oder gar Sokramur keine dämonische Präsenz in ihrer Nähe dulden würden und deshalb Tiinana in eigener Person an der Seelenprüfung teilnehmen würde - entweder, um die Anwesenheit von Dämonengezücht auszuschließen oder um es zu jagen bis auf den letzten Tropfen ihrer niederhöllischen Essenz.

In Begleitung der Tempelvorsteherin schritt Biora bald wieder hinaus in das blendende Sonnenlicht, um sich nun den Stand oder was immer es sein mochte näher anzusehen, der ihr vorher aufgefallen war. Und siehe da, die Wunder nahmen kein Ende an diesem Tag! Das Heilige Paar der Travia, Traviata und Trautmann Fjoldrijn von Rabenmund höchstselbst hatte sich in Gallys eingefunden, um die Truppen zu segnen und zu speisen mit eigenen Händen. Sogleich nutzte Biora diesen erneuten Fingerzeig ihrer Göttin und machte den beiden ihre Aufwartung, um sie von den Geschehnissen um das Banner und der bevorstehenden Seelenprüfung in Kenntnis zu setzen. Zwar lehnte Traviata mit den Worten "Pah, Seelenprüfung hin, Dämonenbanner her, die Leute müssen essen in Travias Namen, auf dass sie an Körper und Seele gestärkt in die kommenden Schlachten ziehen können!" eine Teilnahme an der Prüfung ab, doch nicht so ihr Ehegatte, der sich als durchaus aufgeschlossen und neugierig erwies. "Ein paar Stunden wirst du sicher ohne mich auskommen, liebe Traviata, offenbar gilt es Travias Gastfreundschaft auch an anderer Stelle zu beweisen - oder deren Missbrauch zu bestrafen, so oder so!" verabschiedete er sich von seiner Frau und begleitete Biora und die Nivesin anschließend zurück zum Heerlager, wobei er diesen Pferde aus seinem Gefolge zur Verfügung stellte, denn sonst wäre es wahrlich knapp geworden mit der Zeit.

So beeilten sie sich und kamen gerade rechtzeitig auf den Platz der Seelenprüfung, um mit den Geweihten der anderen Götter, welche wahrhaft zahlreich erschienen waren, nach Vorstellung von Tiinana und Trautmann von Rabenmund den Ablauf von Andacht und Prüfung kurz zu besprechen, wobei die Teilnahme vor allem Trautmanns nicht unerhebliche, durchaus freudige oder zumindest wohlwollende, Aufmerksamkeit erregte. Tar'anam hatte bereits mit einigen Rickenhausener Gardisten die Materialien herbeigeschafft, welche Biora für die Zeremonie brauchen würde, so konnte die Hesindegeweihte sich auf das Wesentliche konzentrieren. Die Geweihten des Praios hatten bereits einen großen Kreis gezeichnet, an dessen praioswärtigem Ende sie gerade einen kleinen Altar vorbereiteten. Nun, dies traf sich gut mit ihren eigenen Vorstellungen. Sie trat zu Hane von Ibenburg-Luring, um sich kurz mit diesem abzustimmen, dann richtete sie das Wort an die anwesende Geweihtenschaft: "Schwestern und Brüder im Glauben! Es freut und ehrt mich, dass ihr alle so zahlreich erschienen seid, auf dass Dunkelsinn, Boshaftigkeit und Heimtücke keinen Platz unter uns und unseren Getreuen finden werden! Die Geweihten des Herrn Praios haben den Platz der Prüfung bereits bereitet, wir werden ihn nun in zwölf gleiche Teile teilen mit dem Seil, welches ich mitbringen ließ. Ich bitte euch, einen der Euren zu erküren, welcher in jedes dieser zwölf Teile, die in Richtung des Praios beginnen und danach efferdwärts in der Reihenfolge der Götter aufeinanderfolgen sollen, das Symbol eures Gottes ebenfalls mit Seil zu legen und es mit einem Gebet in Hinblick auf die bevorstehende Prüfung zu segnen. Seil in passender Länge habe ich vorbereiten lassen. Die Geweihten des Herrn Praios mögen beginnen, danach folgen die der Rondra und so weiter. Das Zeichen von Göttern, welche nicht anwesend sind, lege ich selbst, es sei denn, einer von euch fühlt sich berufen, dies zu übernehmen." Biora hielt kurz inne, um ihren Blick über die Versammelten schweifen zu lassen und ihnen Gelegenheit zu geben, Fragen zu stellen, sollte dies notwendig sein.

Dann fuhr die Hohe Lehrmeisterin mit ihrer nicht lauten, aber tragenden Stimme fort: "Wenn der Platz dergestalt bereitet ist, werde ich den inneren Teil mit den sechs Elementen umgeben und das Zentrum mit einem Bildnis der Herrin Hesinde bedecken. Danach hole ich die Söldnerführerin Widharia und ihre Leute ab und bringe sie her. Widharia wird sich in die Mitte des Kreises knieen, ihre Leute werden um den Kreis herum unter die Zuschauer gut verteilt, auf dass sie keine geschlossene Gruppe bilden können. Ich rechne nicht mit dem Schlimmsten, aber ich schließe es auch nicht aus!" Ihr Blick suchte Hagrian von Schellenberg, dessen mächtige Gestalt nicht zu übersehen war. "Dann ist es an der Zeit, die Andacht im Namen Praios' zu vollziehen. Im Anschluss an diese soll jeder Geweihte Widharia selbst einem Segen unterwerfen - ja, unterwerfen! als erstem Teil der Prüfung, am besten in Kombination mit einer materiellen Komponente, welche dem entsprechenden Gott wohlgefällig ist. Anschließend an diese Segnungen der zu Prüfenden wird die Seelenprüfung durch mich selbst beginnen!" Wieder verstummte die Geweihte und schaute sich um im Rund der vielen Götterdiener.

Nun erhob Biora erneut, aber vorläufig zum letzten Mal ihre geübte Stimme, laut schallend verkündend "Lasst uns beginnen, in Hesindes und ihrer elf Geschwister Namen!"

Angestrengt hatte Eberwulf darüber nachgedacht wie er mit den Begleitumständen verfahren sollte. Dies war nicht ihre Messe und somit sah er auch nicht ein, dass dieses stolze Tier sein Leben lassen musste. Doch hatte er einen Plan, einen Plan der nicht jedem schmecken mochte. Noch einmal fuhr er sich mit beiden Händen durch das kurze, krause, blonde Haar. Dann trat er, geleitet von zwei Novizen vor – einer mit einer silbernen Schale und einer mit dem für ihn schwer zu verwertende Widder.

Wortlos rang der kräftige Geweihte den Bock nieder und als wüsste dieser was das über ihn gebeugte Raubtier plante, blieb er regungslos liegen. Mit einem Knie das Tier niederdrückend zog Eberwulf seinen silbernen Dolch und setzte ihn an. Nur ein kurzer Schnitt – mit fließender Bewegung ausgeführt – und das Blut des Tieres lief in die dafür vorgesehene Schale. Bereitgehalten von der zweiten Novizin, die diese an die ihr gewiesene Stelle hielt und scheinbar für diese zuständig war. Ein leichter Schnitt, der sich bereits nach kurzer Zeit von selbst verschloss. Kurz strich er das Blut von seiner Klinge, eh er die Schale übernahm, sich erhob und zur Glutschale begab. Das Gefäß über die heiße Glut haltend erhob er erstmals das Wort.

„Unsere Heimat hat geblutet. Verwundet, nicht Tod! Wie dieser stolze Widder.“ Mit diesen Worten vergoss er das aufgefangene Blut in die Glut, während sich der Bock soeben aufrappelte und anschließend zurückgeführt wurde. Die Silberschale wieder abgegeben, streckte er den Arm erneut über die Glut und fügte sich selbst einen Schnitt mit seinem Dolch zu, sodass auch sein Blut in diese tropfte. „Seine Bevölkerung vergoss Blut, so wie ich es jetzt tue! Doch wie diese Wunde des Fleisches heilt, muss auch unser Verstand heilen. An Misstrauen und Missgunst sind wir erkrankt!“

Mit einem Nicken nahm er das ihm gereichte Seil entgegen und legte mit diesem ein Schwert in den Zwölfkreis. Als er die Arbeit abgeschlossen hatte, kniete er sich davor nieder und sprach laut und klar. „Herrin Rondra! Niemals ermüdende Wächterin auf Alverans Zinnen! Schwache Menschen sind wir, doch im Glauben an dich und deine zwölfgöttlichen Geschwister wachsen wir über uns hinaus. So bitten wir dich, Oh Donnernde, sei mit uns. Schenke uns Mut wo wir zu verzagen drohen, Schenke uns Kraft wo die unsere zu versagen droht. Um unsere Grenzen zu Überwinden und dein himmlisches Werk auf Dere zu vollbringen.“ Nachdem er sich erhoben hatte, begab sich Eberwulf zum Rand des Kreises, zog seinen Rondrakamm aus dem Wehrgehänge. Stolz, erhobenen Hauptes bezog er nach innen Gerichtet, seine Waffe senkrecht stehend und zum Boden weisend an die Brust drückend seine Wacht. [Richtwald(Eberwulf) 11.04.2016]

Marbolieb trat an die fünfte Stelle in diesem improvisierten Zwölfkreis und legte das Seil in Form des gebrochenen Rades aus. Sie verzichtete auf laute Worte. Statt dessen zeichnete sie das Zeichen des Schweigsamen mit grauer Asche nach und hob die Arme in einer segnenden Geste über all die Anwesenden. Nach einigen Augenblicken Schweigen warf sie den Rest der Asche ihrer Hand in die Luft und sah ihm hinterher, wie der Wind ihn in dünnen Schleiern davontrug. Was waren die Menschen hier schon mehr als ein Staubkorn, das der Wind davontrieb? Gut tat ein jeder der Anwesenden daran, sich der Flüchtigkeit eines Augenblicks, seines ganzen Lebens, eingedenk zu sein. (Tina [Marbolieb] 9.4.2016)

Mit ernster Miene ließ sich Biora das Seil von Tar'anam reichen, wie er es auch den Geweihten vor ihr gereicht hatte. Dann schritt sie gemessen zu dem Kreissektor, welcher für Hesinde vorgesehen war, und begann, das Seil in Form der göttlichen Schlange auszulegen, wobei sie folgende Worte mit tragender, sich immer weiter steigernder Stimme intonierte: "Hesinde, Herrin der Weisheit, lenke heute deinen Blick herab auf diesen Ort und schenke uns Einsicht in das Verborgene und das Offenbare, welches doch so schwer zu erkennen ist. Canyzeth, schenke uns Erleuchtung in dieser Stunde der Wahrheit, auf dass wir Falsch von Wahr, List und Täuschung von Aufrichtigkeit und Reue unterscheiden können. Argelion, leihe uns deinen schützenden Mantel, sollten wir seiner bedürfen im Angesicht der Not. Naclador, wache über uns wie über die Wahrheit du seit Äonen wachst und verbrenne mit deinem feurigen Atem jene, welche der Wahrheit zuwiderhandeln! Es sei!" Biora riss mit dieser letzten, fast einem Schrei gleichenden Formel die Arme gen Alveran und verharrte so, bis ihre Worte, welche seltsam anhaltend über der Versammlung hallten, verklungen waren, dann verließ sie den Kreis, wieder mit gemessenen Schritten, um der Dienerin des Firun, Tiinana, Platz zu machen. [Biora (Jürgen) 08.04.2016]

Dem Vorbild Bioras und Tiinanas folgend, schlossen sich weitere Götterdiener an und formten mit dem Stück Seil ihre Symbole.

Trautman von Rabenmund, als Vater der Traviakirche durch eine glückliche Fügung anwesend, segnete die geformte Gans vor ihm, und der Duft frisch gebackenen Brotes wehte über den Platz und ein jeder fühlte sich wie von seiner liebsten Familie umgeben, geborgen und gebettet von liebevoller Hand.

Wasser vom Großen Fluss vergoss Quelina von Salmfang, Metropolitin der Efferdkirche aus Albenhus, um ihren Platz zu segnen.

Die Nivesin, die trotz der sommerlichen Temperaturen ein buntes, langärmeliges Wams mit Pelzkragen und eine lange, pelzbesetzte Hose trug, aber dennoch nicht zu schwitzen schien, legte mit eckigen Bewegungen Pfeil und Bogen aus Seilstücken in den ihr zugedachten Platz. Dann erhob sie sich, erhob den Speer, welchen sie mitgebracht hatte, gen Firun in den Himmel und rief, ja brüllte mit heiserer Stimme „Firun! Sokuramur! Jagt mit mir!“ und rammte den Speer mitten in das Symbol ihres Gottes auf dem Boden, wo er vibrierend steckenblieb. [Tiinana (Jürgen) 13.04.2016]

Aus Hlûthars Ruh stammte der stämmige Ingerimmgeweihte Tjalvin Eisenfaust, der sein Seil in langsam brennendes Öl tauchte und somit das feurige Zeichen des Schmiedegottes in den Boden schrieb.

Rosenblüten flogen über den Platz, als ein wunderbar anmutiger Rhajakavalier den Segen seiner heiteren Herrin über ihr Zeichen und den Platz herabrief. Sein Säbeltanz, den er dafür zeigte, war an Grazie und Eleganz nicht zu übertreffen, so dass nicht nur manchen Frauen der Mund offen stehen blieb.

Während die Zuschauer und auch Geweihten gebannt dem Tanz des Rahjakavaliers folgten, musste etwas am Platz für die Phexkirche geschehen sein. Ohne dass jemand etwas mitbekommen hatte, lag der göttliche Fuchs, aus silbrig glänzendem Seil geformt, auf seinem Platz und funkelte mit den ersten Sternen am Himmel um die Wette.

Leider blieb der Platz der Tsakirche leer. Es war keine Dienerin oder Geweihter der heiteren Göttin erschienen, so dass Biora selbst das Zeichen der Tsa legen und segnen musste.

Ivetta stand nun allein ihrem Zwölfteil des großen Kreises. Ihre Dienerinnen der Ähre hatten ihr die benötigten Utensilien gegeben. Viel war es nicht. Während der ganzen Wartezeit bis zum Beginn des Rituales hatte sie die Umgebung beobachtet. Hochgeweihte, Erzpriester, sogar eine Erhabenheit. Das Gesicht Richilds stand ihr vor Augen. Dann atmete sie kurz durch. „Gütige Peraine, was auch immer geschehen mag, JETZT gilt es zu handeln und nicht zu zweifeln.“ Murmelte sie leise zu sich selbst.

Als das Ritual begann, stellte sie sich an den Rand, in der einen Hand das Seil, in der anderen einen kleine Bronzesichel, die sie für die Arbeit im Kräutergarten des Klosters Storchengarten verwandte. Rhig trat sie vor. „Herrin Peraine, Gütige Mutter, lass uns dein heilendes Werkzeug sein.“ Sie kniete sich auf den Boden, die Erde, die hier lange Zeit nicht mehr fruchtbar und ertragreich sein würde, nur mit viel Arbeit und Vertrauen in die Göttin. Doch Geduld war die Gabe Peraines. Langsam, aber andauernd war IHR Wirken. Und geduldig legte die Geweihte das Seil in Gestalt eines Storches aus, die Umrisse eines fliegenden Adebars. Mit der bronzenen Sichel schlug sie dann in die Erde eine Ähre hinein. Heute, hier und jetzt, war es nicht an der Zeit kostbares Saatgut als Symbol für die Göttin zu verschwenden. Das Korn, die Gerste, der Roggen, war in diesen Tagen zu wertvoll, als Nahrung an die Soldaten, an die Bedürftigen, um es jetzt und hier einzusetzen. Ein Opfer war immer eine Entbehrung, ja, aber nicht jetzt. Das Opfer musste geteilt werden, mit jenen, die seiner dringend bedurften. Verschwendung – Ivetta erinnerte sich der Worte Richilds – Verschwendung war Peraines nicht.

Die Geweihte stand wieder auf, breitete sanft, leicht geschwungen die Arme aus und einem Storchenflügelschlag gleich, legte sie sie mit ihren Worten wieder zusammen: „Peraine, Gebende Göttin, sei gepriesen und leite unseren Weg.“ (Nils [Ivetta] 16.04.2016)

Hane nahm ehrfürchtig das ihm zugedachte Stück Seil entgegen, trat gemessenen Schrittes zum Altar, wo Praiosind gerade die Kerzen entzündete, und formte das allsehende Auge des Herrn Praios mit dem Seil auf dem Boden. Er erhob sich danach wieder, glättete seine Robe, rückte die Tiara mit dem Kopftuch zurecht, die seine blonden Haare bedeckte, und warf einen prüfenden Blick in die Runde der Geweihten Brüder und Schwestern. Dann sah er seine Frau Turi mit Maire, deren Schülerin, in den Reihen der Zuschauer stehen und lächelte beiden kurz zu. Es tat so gut sie bei sich zu wissen, an seiner Seite, wie stets. Gut konnte er die Diener der Travia verstehen, die ihre Erfüllung erst durch einen Ehepartner im Traviabund fanden. Die Liebe zu ihr machte das Licht in seinem Innern erst vollständig und warm. Nicht nur gleißend und hell, wie es in so manchen jungen Geweihten seines Herrn strahlte. Nein, warm und sanft, wie das Praiosmahl an einem Nachmittag im Frühsommer, wenn die Sonnenstrahlen kitzelten und endgültig die Kühle des Frühlings vertrieben hatten. Ein wohliges seufzen entsprang seiner Brust, als er sich auf seine Aufgabe besann. Er holte aus der verschlossenen Truhe den geschliffenen Zitrin hervor, sah nach dem Stand der Sonne und stellte sich vor den Altar seines Herrn. Dort schlug er die ‚Sengende Sonnenscheibe‘, einen Kreis, mit Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand gezeichnet, in die Luft. Hernach schritt er einen jeden der weiteren elf Punkte ab, auf denen der Segen der zwölf Götter Alverans liegen möge, und schlug über jedem der Götterdiener erneut den Kreis der sengenden Sonnenscheibe. Als er das Rund vollendete und wieder am Altar praioswärts angekommen war, stellte er sich erneut vor diesen und sprach mit lauter, weittragender Stimme: „Herre Praios! In deinem Namen, nach deinem Willen, in deinem Licht sei dieser Ort gesegnet, auf das dein Recht ihn erfülle und deine Wahrheit hier herrsche! Herre Praios! Wir bitten dich: Blicke auf diesen Ort der Prüfung und schenke uns allen die Weisheit, deinen Willen zu erkennen! Wer aber an diesem Ort deinen heiligen Gesetzen zuwiderhandelt, den treffe dein göttlicher Zorn! Es sei!“ Und mit den letzten Worten riss auch er, wie Biora und Marbolieb schon vor ihm, die Arme in die Höhe. Mit beiden Händen hielt er den faustgroßen Stein in einen der letzten Sonnenstrahlen des Herrn Praios, der den Zitrin in ein gleißendes Abbild des Praiosmahls am Himmel verwandelte. Es strahlte und leuchtete bis weit in die Reihen der Zuschauer, und alle Schatten und Finsternis musste weichen vor dem Licht des Herrn. Hane hatte das Licht aber nicht nur für sich herabgerufen, sondern der geschliffene und geweihte Zitrin warf die Strahlen zwölffach in den Kreis und trafen auf jedes der Zwölfgöttersymbole, auch auf das seines Herrn hinter sich. Und ein jeder der Geweihten, die bei ihren heiligen Symbolen standen, waren in das Licht des Herrn getaucht, davon berührt, umhüllt und gesegnet.

Als der Platz entsprechend den Vorgaben Bioras vorbereitet und die Symbole der unteilbaren Zwölf eingesegnet waren, begab sich die Hesindegeweihte in die Mitte des großen Kreises, um diesen mit den 6 Elementen zu versehen, die seiner Herrin wohlgefällig waren.

Um das Zentrum des großen Kreises hatte Biora schon vor dem Beginn der Zeremonie ebenfalls mit Seil einen Ring vom einem Schritt Breite legen lassen, der in sechs gleiche Felder unterteilt war, eines für jedes Element. Nun ließ sie sich von Tar'anam nacheinander sechs Schalen bringen, welche sie in der Mitte jedes der Felder platzierte: zuerst gen Firun eine Schale, welche den kleinen Metallbehälter mit dem Eis aus Tiinanas Tempel enthielt, gegenüber eine Schale voller frischer, schwarzer Erde. Rechts davon eine Schale mit brennenden Kohlen, eben frisch entzündet, gegenüber eine Schale mit klarem Quellwasser. Daneben eine Schale, in welche ein einfaches Hufeisen aus einer der Schmieden gelegt ward, schließlich gegenüber eine offenbar leere Schale. Biora stellte sich in die Mitte des Kreises, legte die Handflächen vor ihrer Brust aneinander, drehte sich einmal langsam rundherum, während sie die Handflächen langsam öffnete, und sprach dabei: „Allweise Hesinde, Göttin der Wandelbarkeit, wie du Eis in Humus, Feuer in Wasser und Erz in Luft verwandeln kannst, kannst Du auch Unwissenheit in Wissen, Lethargie in Neugier und Dunkelsinn in Rechtschaffenheit verwandeln.“ Dann entrollte sie ein grünes Seidentuch von etwa einem Rechtschritt Größe, in welches kunstvoll eine goldene, sich windende Schlange eingestickt war, und breitet es über den Boden im Zentrum des Kreises. Dann wandte sie sich den versammelten Geweihten und Zuschauern zu und erhob ihre Stimme nochmals: „Ich werde nun die zu Prüfende holen.“ Untypischerweise ohne weitere Worte schritt sie davon in Richtung der Zelte der besagten Söldner, Tar'anam schloss sich ihr ebenso wortlos an, schattengleich, wachsam, unerschütterlich. [Biora (Jürgen) 13.04.2016]

*

Beim Lager der ‚Schädelplatte‘ konnte Biora erkennen, dass Widharias Einheit geschlossen auf die Abholung ihrer Hauptfrau gewartet hatte. Sie waren zwar nicht gerüstet, trugen aber leichte Seitenwaffen, wie Schwerter oder Einhandäxte bei sich. Im Vergleich zum Nachmittag, als Biora diese Truppe voll gerüstet erblicken konnte, schienen die Männer und Frauen Widharias sich für einen Praiostagsspaziergang vorbereitet zu haben. Sie waren ordentlich gekämmt, die Kleider überwiegend sauber und so mancher schien sich noch rasch im Zuber gewaschen zu haben. Das unsägliche Banner hing jedoch noch immer dort oben, in der anbrechenden Dämmerung schwer zu erkennen. Zwei, diesmal schwer gerüstete und bewaffnete Kämpfer sicherten das Banner und diese waren es auch, die Biora die Zeltklappe öffneten.

Die Geweihte warf einen missbilligenden Blick auf das Banner, doch erinnerte sie sich noch gut an das Gespräch mit Widharia am Nachmittag. Diese hat wohl versprochen, das Banner abzunehmen, doch nicht, wann. Biora beschloss, jetzt nicht darauf einzugehen, um die Sache nicht noch komplizierter zu machen, als sie sowieso schon war. [Biora (Jürgen) 14.04.2016]

Drinnen sah sie, von spärlichem Öllicht erhellt, Widharia im Schneidersitz auf dem Boden sitzen. Sie trug lediglich eine dunkelgraue Robe aus kratziger und grober Wolle und hatte den kahlgeschorenen Schädel zu Boden gesenkt. Als Biora eintrat, blickte sie zu der Hochgeweihten auf und fragte mit brüchiger Stimme, so als ob sie die letzten zwei Stunden nicht gesprochen hatte: „Ist es soweit?“

„Ja.“ Biora ließ einen Moment verstreichen, bevor sie mit fester Stimme fortfuhr: „Folge mir nun. Mit deinen Leuten. Diese sollen sich auf dem Platz rund um den dort gelegten Kreis verteilen und unter die Zuschauer mischen. Deine Einheit soll keinen geschlossenen Block bilden. Soviel Misstrauen muss ich euch noch zumuten, bis die Seelenprüfung erfolgt ist.“ Die Geweihte sah keinen Sinn darin, der Söldnerin etwas vorzumachen. Abwartend sah sie auf Widharia herunter, nicht völlig ohne Anspannung, doch hatte sie sich ganz in Hesindes Hand begeben, zumal sie Tar'anam trotz seines protestierenden Blickes vor dem Zelt gelassen hatte. [Biora (Jürgen) 14.04.2016]

In einer langsamen, aber fließenden Bewegung erhob sich Widharia. Obwohl sie körperlich größer und massiger als Biora war, strahle diese Frau keine Bedrohung aus. Demut und Hoffnung umgaben sie, die Hoffnung auf einen Neubeginn. So trat sie aus ihrem Zelt, wobei die Wachen davor Haltung annahmen. Widharia lächelte beide kurz an, und gab dann den Befehl an ihre Truppe, sie zum Platz der Prüfung zu begleiten, sich jedoch, ganz so wie Biora es angeordnet hatte, in der Menge zu verteilen.

*

In Stille und Andächtig ging folgte die versammelte Schädelplatte und ihre Anführerin als dann Biora. Jahrelanger Drill ließen sich nicht in zwei Stunden unterdrücken, so dass das Banner in militärischer Formation und im Gleichschritt lief.

Erst am Platz verteilten sich die Kämpferinnen und Kämpfer Widharias in der Menge, wohingegen sie einen Blick in das Zentrum des Kreises und dann zu Biora warf.

Die Hauptfrau lies ihren Blick kurz über die anwesenden Geweihten schweifen, bevor sie sich in der Mitte des Kreises demütig auf beide Knie begab.

Als Biora ihren Platz eingenommen hatte, begann Hane von Ibenburg-Luring, nach einem Nicken Bioras, mit der Abendandacht: „Brüder und Schwestern im Glauben, Ihr Kinder der Zwölf, Ihr Töchter und Söhne der Nordmarken! Seht, die Sonne versinkt in Dunkelheit und ihre letzten Strahlen hat Praios uns just geschenkt. So wollen wir dem Herrn des Lichts für diesen Tag danken und uns daran erinnern, dass seine Gebote und Gerechtigkeit auch dann für uns alle gelten, wenn wir in Dunkelheit wandeln. Sei es in der Nacht, wenn das allsehende Auge des Fürsten der Götter fern ist, sei es in den finsteren Landen, die wir in wenigen Tagen betreten werden. Seid stets eingedenk des Lichtes in euren Herzen und tragt es in die Dunkelheit der Nacht und in die Finsternis der Schattenlande. Nur so können wir die Nacht und die Pfade, die vor uns liegen, unbeschadet überlegen.“

Während der Predigt schritt Praiosind von Schleiffenröchte den Kreis der Besucher ab. Er begann im Osten und verteilte Kerzen an die Zuschauer, die, den Ritus aus dem Praiosdienst zum Abend her kennend, die Kerzen entzündeten. Danach begab er sich, dem Lauf der Sonne folgend, in den Süden und dann den Westen, um auch dort Kerzen an die Menschen zu geben. Das Licht folgte ihm, so wie sich die Kerzen eine nach der anderen entzündeten. Hane von Ibenburg-Luring fuhr währenddessen in seiner Andacht fort: „Nun betet mit mir gemeinsam den Abendgruß!“ Vielen Tempelgängern war das Gebet des Geweihten bekannt, so dass sie mit einstimmen konnten:

„Herre Praios, der du uns durch dein Recht und deinen Willen durch den Tag geleitest hast!

Herre Praios, dessen Wahrheit uns vor Zweifel und Lügen beschützt!

Herre Praios, der du mit deinem Licht die Schatten zerreißt und die Finsternis zerschmetterst!

Wir danken dir für dein Wort und dein Werk, für den Tag, den du uns schenkest und für die Wacht, die du über uns hältst.

Gib uns die Kraft, der Dunkelheit zu widerstehen,

gib uns die Erkenntnis, deinem Willen zu folgen,

und lass uns durch dein Gesetz dem Chaos trotzen,

heute und für alle Zeit.

Es sei!“

Während dieser Worte waren die letzten Kerzen an der Nordseite des Kreises verteilt und entzündet worden, so dass der gesamte Platz der Seelenprüfung in einem weiteren, großen Kreis aus warm leuchtenden Kerzen gehüllt war. Als Praiosind von Schleiffenröchte wieder bei Hane am Altar angekommen war, fuhr dieser fort: „Hier ist eine unter uns, der mit Misstrauen und Furcht begegnet wurde. Sie wurde bedroht und beleidigt, statt gefragt. Ist einer von euch dieser Frau mit Verständnis begegnet? Hat sich in Ruhe mit ihr unterhalten, um ihre Motive und Sehnsüchte zu erfahren? NEIN! Das habt ihr nicht! Sicher, ich kann euch verstehen. Sie kämpfte früher gegen unsere Brüder und Schwestern, hat mit Sicherheit gemordet und im Namen falscher Götzen gekämpft, marschierte unter einem Dämonenbanner. Habt ihr sie gefragt, ob sie das wollte? Ob sie anders gekonnt hätte? Nein, auch das habt ihr nicht. Hinter ihrem Rücken nennt ihr sie Verräter, obwohl sie jetzt das Richtige tun? Die Männer und Frauen der Schädelplatte haben erkannt, dass ihr Handeln falsch, ihre Götzen nur dunkle, Macht verheißende Schatten waren, und sie SIND ZURÜCKGEKEHRT INS LICHT! Hier stehen sie, um mit uns zu kämpfen und zu sterben, ja, sie haben sogar darum gebeten, unter dem Banner Ihrer Hochwürden von Rickenhausen marschieren zu dürfen. Erkennt ihr nicht den Mut, den es sie gekostet haben muss, hier zu erscheinen? Seht ihr nicht die Chance, ihre Seelen Heim zu führen in den Schoß der Zwölfgöttlichen Familie! Wir müssen um jede einzelne Seele kämpfen, sie ins Licht führen und der Finsternis entreißen. Was nützt es, das Land zurück zu erobern, wenn wir die Menschen nicht lehren, das Licht in ihren Herzen erneut zu entzünden? Nichts, sage ich euch!“ Er machte eine kurze Pause, um das gesagte verhallen zu lassen, ehe er, mit einer Härte und Strenge in der Stimme, die man so bisher nicht von Hane gekannt hat, fortzufahren: „Was Recht ist, muss Recht bleiben. Sie sind hier angetreten mit der schriftlichen Erlaubnis, ihr altes Banner führen zu dürfen. Es war nicht klug, das zu tun und hätte, wäre Hochwürden von Rickenhausen nicht eingeschritten, in einem blutigen Gemetzel geendet. Widharia hat zugesagt, das Banner einzuholen und sich unter ein Neues zu begeben, um keinen Kampf in unser Lager zu tragen, wo wir noch nicht einmal die Grenze überschritten haben. Sie hat zugesagt, sich einer Seelenprüfung zu unterziehen, hier, vor Euch allen, die Ihr ihr mit Verachtung und Hass begegnet seid. Ich für meinen Teil habe Achtung vor ihr, und heiße sie aus ganzem Herzen bei uns willkommen!“ Er begab sich in die Mitte des Kreises, deutete Widharia sich zu erheben, und umarmte sie. „Sei willkommen zurück, Schwester, im Schoß der Kirche. Deine Tat zeugt von Mut und der Sehnsucht danach, das Richtige zu tun.“ Danach schritt er wieder zum Altar, wo er von Praiosind eine einfache Holzschale gereicht bekam. Diese empfing er mit ausgestreckten Händen und ging erneut zu Widharia in den Kreis. Er deutete ihr mit einem Nicken, sich wieder auf die Knie zu begeben. Mit einem Finger tauchte er in die Flüssigkeit die in der Schale enthalten war, und zeichnete Praios allsehendes Auge auf Widharias Stirn. Der Duft von Praiosblumenöl verteilte sich über den Platz. Dabei betete er:“ Herr Praios, dein Licht enthüllt jede Sünde, durchdringt jeden Schleier, entblößt jeden Makel. Lass uns die Wahrheit schauen, schenke uns die Einsicht, Licht von Dunkelheit zu scheiden und lass uns das Urteil erkennen, das jener Seele bereitet ist.“

Nun möge die Kirche der Rondra ihren Segen auf Widharia sprechen, um sie bereit zu machen für die Offenbarung ihrer Seele vor den Göttern und deren Diener. Dergestalt fahrt fort im Zwölfgötterkreis. Danach möge Hochwürden Biora von Rickenhausen offenbar sein, was ist. Es sei!“ [Chris(Hane)15.04.2016]

Ungerührt verharrte Eberwulf an seiner Position, das Schwert weiterhin vor seiner kräftigen Brust haltend und seinen Blick starr auf das Zentrum des Kreises gerichtet. „Die himmlische Leuin schätzt den Mut und die Ehrenhaftigkeit. Mut habt ihr bewiesen. Mögen die Götter auch Ehre in euch finden und euch den Mut verleihen unter ihrem Blick zu bestehen.“ Als seine Worte verhallten setzte er die Spitze seines Rondrakamms auf dem Boden ab. zugleich Zeichen, dass er geendet hatte, aber auch für seine Wacht. [Richtwald(Eberwulf)17.04.2016]

„Herr des Schlafes, Herr der Träume. Herr des Todes.“ Marbolieb hob die Arme, dass die langen Ärmel ihrer Kutte sich wie ein dunkler Mantel bauschten. „Richte deinen Blick auf diese Eine und wäge ihre Seele.“ Mit schwarzer Asche zeichnete sie ein Boronsrad auf die Stirn der Frau. Einen Augenblick lang verharrten ihre Fingerspitzen auf den Schläfen der Söldnerin. „Asche ist Dein Leib. Gewichtig Deine Taten.“

Wiegen sie schwer genug, wenn Uthar sie wiegt? Sie verharrte, die jähe Stille schwer wie Stein. Ein Haar, zum zerreißen gespannt und vibrierend vor Spannung – ein dumpfer Druck die Erwartung der vielen Menschen ringsum und den Duft kalter Räucherasche und trockener Erde in der Luft.

Eine Frage – offen und auf die Reise geschickt auf nachtschwarzen Schwingen.

„Es sei.“ (Tina [Marbolieb] 29.4.16)

Biora, welche die Segnungen der anderen Geweihten in ihrem Kreis-Zwölftel abgewartet und mit stillem Gebet begleitet hatte, trat nun wieder ins Zentrum zu Widharia. Sie griff an ihren Gürtel und zog ein zusammengerolltes Pergament darunter hervor, dann erhob sie wieder ihre eindringliche Stimme: „Wenn du unerschütterlich und unbeirrbar diesem Pfad folgst, welcher dich zurück in die Gemeinschaft der Zwölfgöttergläubigen führt, dann “ - Biora entrollte das Pergament über Widharias Kopf, die Nahestehenden konnten trotz des langsam schwindenden Lichts erkennen, dass es völlig leer war - „sei die Liste deiner schlechten Taten von nun an gelöscht vor Hesinde, und in Hesindes Namen magst du nun eine neue Liste beginnen mit Taten in ihrem und ihrer elf Geschwister Sinn!“ Die Geweihte rollte das Pergament wieder zusammen und drückte es in die Hände der Söldnerin, dann zeichnete sie über derebn Kopf das Zeichen der Schlange in die Luft, bevor sie sich wieder in ihr Zwölftel zurückzog. [Biora (Jürgen) 19.04.2016]

Nun war die Hochgeweihte des Firun an der Reihe. Tiinana trat zu der Söldnerin, in der Rechten einen kurzen, leicht gekrümmten Dolch, welchen sie hoch in die Luft riss und dabei rief „Blut der Erde! Blut des Jägers!“ Nach kurzem Verharren, ihr Blick suchte den Widharias, ließ sie den Dolch herabzucken, mitten auf den kahlen Schädel der knienden Frau, doch im letzten Moment schoss ihre linke Handfläche nach vorne, so dass die Spitze des Dolches nicht in den Schädel, sondern in diese fuhr, einen Fingerbreit nur, so genau hatte die Geweihte ihre Bewegungen unter Kontrolle. Ein rotes Rinnsal entsprang der Wunde, Tiinana schloss die Hand zur Faust und ließ sieben Tropfen auf den Schädel der Söldnerin fallen, bevor sie mit einem „Erweise dich ihr und ihm als würdig!“ zurücktrat. [Tiinana (Jürgen) 19.04.2016]

Bei dem Gebrüll der Firun-Hochgeweihten zuckten die Zuschauer regelrecht zusammen, war doch die Segnung durch Marbolieb ganz im Sinne des Herrn des Schlafes, nämlich leise und ruhig abgelaufen. Nur wenige Augenblicke später flog etwas kleines, silbrig Glänzendes aus dem nordöstlichen Bereich des Kreises und landete vor Widharia. Diese hob es verwundet auf und staunte nicht schlecht, als sie einen Silbertaler hochhielt. Er leuchtete wie Phexens Schätze am Firmament und kurz, ganz kurz, meinten die Kämpfer der Nordmarken einen neblig-durchscheinenden Fuchs um Widharia herumtollen zu sehen.

So folgen die Segnungen der noch fehlenden Kirchen und bald war der Zeitpunkt gekommen, an dem Biora von Rickenhausen die Seelenprüfung vornehmen wollte.

*

Der Baron von Rabenstein hatte sich mit seinem Gefolge einen Platz in der ersten Reihe der Zuschauer eingenommen – wenig verwunderlich direkt bei dem Symbol des gebrochenen Rades, das seine Geweihte Marbolieb eingesegnet hatte. Ohne Rüstung, dafür aber mit Rapier und Linkhand war der alte Baron erschienen – mehr als genug Waffenträger waren hier, um die Gruppe Widharias aufzuhalten, sollte das nötig sein. Ein kurzer Blick in Richtung der Flussgardisten um den Herzog bestätigte deren Wachsamkeit – und ihre gespannten Armbrüste. Mit einer Geste wies der Baron Knappen und Pagen an, seitlich hinter ihm ihren Platz zu suchen. Lucrann vermied ein Zusammenkneifen seiner Augen, als ihn der Lichtstrahl des Citrins blendete, und betrachtete die Predigt Hanes mit ruhiger Miene, sein Hauptaugenmerk auf die Sölderin und ihre Schläger gerichtet, die sich aber – noch – ruhig verhielten. Ein kurzer Rundblick zeigte ihm, wer seitlich seiner kleinen Gruppe dem Götterdienst folgte. (Tina[Lucrann]16.4.16]

Boronian bezog rechts hinter seinem etwas kleineren und doch um einiges schlankeren Paten Stellung, gerüstet in die brünnierte und gerade erst gesäuberte Vollplatte, mit Schwert und Schild bei ihm. Dennoch wirkte er eher, als würde er sich im Notfall auf den Waffenarm und die Befehle seines Barones verlassen, als auf eigene Stärke. Zu oft hatte er gesehen, was Lucrann auch ohne Rüstzeug und nur mit diesen kleinen Waffen zu vollbringen vermochte. Er hatte sie schwarzen, langen Haare gekämmt und den Pferdeschwanz ordentlich gebunden, selbst der Bart wirkte zurechtgemacht und die Fingernägel erstaunlich sauber. Die grünen Augen blickten über die Menge und die sich darin verteilenden Söldner. [Melanie(Boronian)16.04.2016]

Es begann mit einem Zucken im rechten Augen. Die Worte dieses Pfaffen waren der Hohn für jeden tapferen Mann, der im Kampf gegen die Dämonenplagen des Ostens sein Leben gegen, oder schlimmer seine Seele verloren hatte. Was wusste er davon, war er dabei gewesen als die Trollmauer, der Todeswall, oder wie auch immer sie dieses groteske, dämonenverfluchte Bauwerk nannten, gestürmt wurde? Hatte er den Schrecken gesehen der aller Logik, jedem Verstand, ja gar der Schöpfung widersprach? Hatte er gegen seine eigenen, toten und wiedererhobenen Kameraden kämpfen müssen? Nein, ganz sicher nicht. Was erdreistete sich dieser Mann solche Dinge so leichtfertig zu sagen. Und ob er das Recht hatte sie so zu behandeln, sie zu verachten und zu bedrohen, er hatte noch mehr in seinen Augen. Wenn sie auf dem richtigen Pfad waren wie sie behaupteten, warum führten sie dann dieses götterverfluchte Banner hierher, in ein freies Land? Dwarosch schloss die Augen, doch so sehr er sich bemühte, seine Wut war zu präsent, sein Hass zu allgegenwärtig. Ein tiefes, dunkles Knurren entfuhr seiner rauen Kehle. Es war nicht laut, aber diejenigen die in seiner unmittelbaren Nähe standen vernahmen es. Und dann waren sie plötzlich wieder da, die Bilder der Vergangenheit. Sie überrollten ihn, er hatte keine Chance ihnen auszuweichen. Er sah das Schlachtfeld, den aufgeworfenen Boden, die Feuer überall, roch Schwefel, Verwesung, diesen bestialischen Gestank, schmeckte Eisen, Blut und sah sie, die Horden von Untoten, welche ohne jede Regung in ihren aufgedunsenen, ausdruckslosen Gesichtern ihm entgegen marschierten, ihn durch ihre schiere Masse erdrücken wollten, um ihn ihren Reihen aufzunehmen. Es gab kein Entkommen, sie waren überall, vorne, hinten und auf den Flanken. Er war einfach zu langsam, seine Beine viel zu kurz. Er war verletzt, erschöpft, alle Muskeln brannten vor Überlastung, ihm rann Blut und Schweiß in die brennenden Augen. Der Moment da er die Erkenntnis das es keinen Sinn mehr ergab weiterzukämpfen an sich heran ließ und sich in einem Anflug von Trotz in seinen eigenen, geweihten Spieß warf, um wenigstens die Hallen seiner Väter zu erreichen kam unausweichlich. Und diese Unausweichlichkeit war der eigentliche Schrecken des Traumes. Eben in diesem Moment, da er den Schmerz körperlich spürte, endete der Traum, wie er es immer getan hatte, seit jenem verfluchten Tag der dritten Dämonenschlacht. Jahre lang hatte er sich mit Kraut und Gebranntem betäubt, hatte geglaubt dem entronnen zu sein, doch das war er nicht. Dwarosch riss die Augen auf, seine Beine gaben nach, er knickte ein und landete hart auf den Knien. Seine Pupillen waren geweitet, die Iris raste hin und her, panisch suchte er das diesseits, realisiert nur langsam was geschehen war und erbrach sich unter Krämpfen, mit der Rechten den Spieß umklammernd, welcher im Boden steckte, ihm halt gebend, mit der Linken den Schild umklammernd, welcher mit der unten Kante ebenfalls im Morast des Platzes gerammt war. (Stefan [Dwarosch] 16.04.16)

Der Rabensteiner hatte sich dem Anlass angemessen gekleidet. Dies bedeutete auf Hochglanz polierte schwarze Stulpenstiefel, eine schwarze Tuchhose, ein gleichfalls schwarzes Bauschhemd, darüber sein Wappenrock und ein schwarzer Umhang, schwarze Handschuhe, ein weißes, hochgeschlossenes Halstuch und ein breitkrempiger, gleichfalls schwarzer Almadanerhut mit schwarzen Hutfedern.

Erfrischend kurz war die Ansprache des Rondrianers, auch wenn sich Lucrann nicht erschloss, was es zu preisen gab an einem Weib, dass unter dem Banner der Seelenfängerin seiner Wege ging.

Im Gegensatz dazu war die Predigt des Praioten von einer Eindeutigkeit, die seinem Gott in einem anderen Kontext gewiß zur Ehre gereicht hätte. Immerhin war damit ausreichend geklärt, warum der kleine Bruder des Illuminaten das Heer auf diesem Feldzug begleitete. Die Hoffnung, hernach in Elenvina die Ränge der Kirche des Götterfürsten bereinigt zu sehen, war eine starke Triebfeder. Bedauernswerter Godefroy – doch Familienmitglieder ließen sich nicht aussuchen.

Keuchend und würgend erbrach sich der Angroscho direkt neben ihm. Eisig zischte der Rabensteiner auf den Unglücksraben an. „Haltet an Euch, Mann!“

Ein zuviel an Gebranntem bei einem Angroscho war unwahrscheinlich – die soffen wie die Löcher. Gift? Doch die meisten Gifte wirkten auf Angroschim nur mangelhaft. Mit zusammengezogenen Augenbrauen betrachtete der Rabensteiner seine einstmals sauberen Stiefel, ehe er mit kaltem Blick beobachtete, wie der Zwerg sich weiter besudelte. (Tina[Lucrann]16.4.16]

Ein letztes Mal krümmte sich der Angroschim, seine Halsschlagader schwoll an und sein Gesicht bekam diesen gefährlichen roten Ton, wie bei einem waalwütigen Thorwaler. Doch diesmal war es nur noch beißend riechende Flüssigkeit, die er erbrach, gefolgt von Husten und einem scheinbar derben Fluch in seiner Muttersprache. Dann lehnte er sich träge, weiterhin auf den Knien sitzend zurück, wischte sich mit der behandschuhten Rechten über den Mund und blickte fassungslos gen Himmel. Schwere Tränen rannen aus seinen Augen und alsbald schloss er sie. (Stefan [Dwarosch] 17.04.16)

Der eiskalte Blick des Schwarzgekleideten strich über den gebeutelten Krieger, doch Mitleid fand sich nicht darin. „Benötigt Ihr einen Heiler?“ Leise war seine Stimme, doch sie erinnerte an das Schleifen des Firunsatems über einen erstarrten Totenwald.(Tina[Lucrann]18.4.16)

Erneut schüttelte ein Hustenanfall den stämmigen Angroschim. Erst danach setzte er, ohne die Augen zu öffnen zu einer Antwort an. Seine Stimme war rau, klang gequält und seine Worte kamen fast unsicher über seine Lippen. „Nur wenn dieser Heiler mir einige Tage Erinnerung nehmen kann.“ (Stefan [Dwarosch] 18.04.16)

Der Rabensteiner hob eine Augenbraue auf diese Entgegnung. Eine rotzige Bemerkung des Zwergenkriegers hatte er vielleicht erwartet – aber nicht dieses gequälte Elend. Sein Bart zuckte, als er ein sehr ungewohntes Konzept bedachte. Barmherzigkeit. Ein Kämpfer, der zu Unzeiten seine Selbstbeherrschung verlor ... wie nur sollte so ein Trupp gegen einen Helme Haffax bestehen? Mit einem gedanklichen Seufzer beschied er den Zwergen. „Ich schicke Sie zu Euch.“ Zu gegebener Zeit. Ob – und was – sie allerdings in dieser Sache als richtig erachtete, war nicht mehr sein Belang. Er wandte sich wieder dem Schauspiel auf dem Platz zu, das sich, einem alten Tanz gleich, vor ihm entfaltete. (Tina[Lucrann]19.4.16)

Der Angesprochene öffnete die Augen, blinzelte und sah verwirrt in den Himmel. Es brauchte etwas um sich zu finden, denn die Worte des in schwarz gekleideten Mannes hatten ihn wohl erreicht, allein den Sinn darin zu fassen dauerte seine Zeit. Schließlich sah er aber unsicher zu ihm herüber. „Werter Herr, wäret ihr so freundlich mir eure Worte zu erklären?“ (Stefan [Dwarosch] 19.04.16)

Der jedoch bemerkte nur trocken 'Wartet es ab." und betrachtete dann weiter die Mühen der Priester bei der Segnung der Frau mit dem Dämonenbanner. Welch Verschwendung. [Lucrann (Tina) 21.4.16]

Dwarosch hielt noch eine Weile inne und sah hinüber zu dem Mann der ihn angesprochen hatte, bis er sich kopfschüttelnd wieder dem Geschehen auf dem Platz zuwandte. Dieser Kerl würde nicht weiter mit ihm reden und sich erklären. Wahrscheinlich war es ein feiner Herr, ein von und zu, welcher ihn nur als Minderen betrachtete. Sollte er doch, er hatte grade andere Sorgen. Drum gab er nichts auf dessen Worte und tat sie als Floskel ab. (Stefan [Dwarosch] 21.04.16)

Für Maire war alles so aufregend. Als Schülerin der Magistra Turi, der Gemahlin Feldkaplan Hanes, durfte sie helfen, die Zeremonie vorzubereiten. Ihr waren zwar die Blicke der anderen Helfenden, vor allem die des anderen Praiosgeweihten, aufgefallen, aber die Magistra hatte sie ermutigt, darüber hinweg zu sehen. Tu deine Arbeit und tu sie gut, dann werden die Blicke schwinden oder sich in Anerkennung wandeln hatte Turi gesagt. Nun war die Arbeit getan und Maire stand mit der Magistra am Rand des Kreises und verfolgte mit großen Augen, wie ein göttliches Zeichen nach dem anderen entstand. Dass das Zeichen des Fuchses auf geradezu zauberhafte Weise entstanden war und in der versammelten Menge großes Erstaunen hervorgerufen hatte, hatte Maire, die von ihrer Lehrmeisterin stets aufgefordert wurde mit ihrem Können selbstbewusst umzugehen, zu einem kurzen Kichern veranlasst, bevor Turi ihr in die Seite stupfte, um diese Regung zu unterbinden.

Als Maire ihre Mutter Loriann unter den Anwesenden wahrnahm, empfand die junge Scolarin Stolz. Noch immer schwebte zwar der böse Streit zwischen ihrer Mutter mit der Lehrmeisterin über jedem Tag, der seitdem vergangen war, weil die beiden sich bislang nicht ausgesprochen hatten, aber Maire hoffte, dass ihre Mutter dennoch sah, was ihr die Magistra hier ermöglichte. Nie im Leben hätte sie sonst an dieser wichtigen Zeremonie behilflich sein dürfen. [Maire (Tanja) 17.4.]

Loriann sah das in der Tat. Doch für mehr als Blicke aus der Distanz reichte es Mutter und Tochter nicht. Momentan nicht. Es war nicht unbedingt der längst vergangene Streit mit der Magistra, der Loriann davon abhielt, Maire zu besuchen, sondern viel eher die Sehnsucht nach einem Kind, das es nicht mehr gab und um das Loriann nicht jedes Mal erneut trauern wollte. Maire war gewachsen und das nicht nur körperlich. Loriann war durchaus aufgefallen, mit welcher Selbstsicherheit ihr Töchterlein, das vor gut zwei Jahren noch weltfremd die Wandteppiche auf Gevelsberg bestaunt und kindlich mit Holzpferdchen gespielt hatte, nun ihr Leben beschritt. Sie ging wie selbstverständlich im Kreis der Geweihtenschaft umher, ihrem Ziehvater Hane zur Hand und ihrer Ziehmutter, der Magistra, an der Seite. Auch schien dem wachen Blick des Mädchens nichts zu entgehen, so deutet es die Reussensteinerin jedenfalls, und an Maires Körperhaltung war schon jetzt etwas von der Größe erkennbar, die das Mädchen irgendwann einmal erreichen würde: als Magierin. Nicht als Heimlichzauberer aus der Provinz, sondern als eine rechtmäßig in Gildenmagie ausgebildete stolze Elenvinerin, die in den hohen Kreisen von Kirche und Politik verkehrte und die mit Sicherheit vieles anders machen würde, als ihre Mutter es ihr anriet, aber die ihren Weg gehen würde, auch ohne die Ratschläge ihrer Mutter. Die Junkerin vom Reussenstein verfolgte die Segnungen und das rituelle Gebaren der Götterdiener nur am Rande, denn fast die gesamte Dauer der Prüfung war sie mit ihrer Aufmerksamkeit bei der kleinen Scolarin auf der anderen Seite des Götterkreises und ihr Herz stets wankend zwischen Angst, Erhabenheit und Wehmut. [Loriann (Tanja) 22.4.]

*

Nachdem der letzte Geweihte die Söldnerin gesegnet hatte, trat Biora wieder zu ihr in den innersten Kreis, und kniete sich ihr gegenüber in Meditationshaltung nieder, wobei sie Widharias Augen suchte, fand und band. Die letzten Strahlen der Praiosscheibe verloren sich zunehmend in der Dunkelheit, die ersten Schätze aus Phexens Hort begannen am Himmel zu leuchten, allerdings würde Mada sich nicht mehr zeigen, denn heute war sie tot. Es versprach also eine recht finstere Nacht zu werden, nur erhellt von der Schale mit den brennenden Kohlen im Kreis der Elemente und von einigen Fackeln in den Reihen der Zuschauer.

Biora erhob noch ein letztes Mal ihre Stimme, sowohl, um Widharia zu verdeutlichen, was nun folgte, als auch den in diesen Dingen sicherlich größtenteils unerfahrenen Zuschauern zur Kenntnis zu bringen, dass sie sich nun ein wenig in Geduld würden üben müssen. "Der Platz ist bereitet, du bist gesegnet, die Götter, Hesinde vor, schauen herab auf diesen Ort in dieser Zeit, so es ihnen gefällt. Öffne deinen Geist, öffne auch die tiefsten und dunkelsten Kammern darin, dann werden ich sie betreten mit der Götter Hilfe, werde sie sichten und bewerten und ihre Geheimnisse ergründen, so dort noch welche schlummern. Wenn es dir ernst ist mit deiner Reue, so kann es auch geschehen, dass die eine oder andere Last im Laufe der Prüfung von deiner Seele genommen wird. So entspanne dich nun und empfange den zwölfgöttlichen Hauch!" Biora verstummte und zeichnete nochmals das Zeichen der Schlange vor das Gesicht Widharias in die Luft. "Und ihr anderen," wandte sie sich mit leicht erhobener Stimme an die Zuschauer, ohne die Augen der Söldnerin aus ihrem Bann zu lassen, "ihr mögt uns unterstützen mit stillem Gebet, aber ansonsten in borongefälligem Schweigen, denn diese heilige Zeremonie darf nicht gestört werden, bis sie an ihrem Ende angelangt ist. Dies kann schnell gehen, aber auch mehrere Stunden dauern - doch solange ihr euch mit Herz und Seele, Geist und Verstand, Willen und Wissen einbringt, werdet auch ihr den zwölfgöttlichen Hauch verspüren, und dieser wird einen Samen in eurem Innersten pflanzen, welcher in den kommenden Schlachten aufgehen mag und euch helfen wird, den niederhöllischen Gefahren und Versuchungen zu trotzen, welchen ihr euch zweifelsohne gegenübersehen werdet. Es sei!"

Wie ein Peitschenschlag eilten die letzten, nur mit mäßiger Lautstärke gesprochenen, aber um so eindringlicheren Worte weit über den Platz hinaus und signalisierten so auch dem letzten Zuschauer in den hintersten Reihen, dass nun die eigentliche Prüfung begonnen hatte - mit welchem Ausgang, dies würde sich zeigen, so Hesinde und ihre elf Geschwister Biora tatsächlich ihre leitende Hand reichten. [Biora (Jürgen) 22.04.2016]

Die Zuschauer mit den schärfsten Augen sahen, wie Biora ihre grünen Augen schloss und ihre Haltung sich langsam entspannte, während sie leise oder lautlos, das war aus der Ferne nicht auszumachen, vor sich hin murmelte, Gebete zur Allweisen Hesinde, wie man annehmen konnte.

Widharia hingegen hielt die Augen weit offen, doch wagte sie nicht, den Blick vom Gesicht der Hohen Lehrmeisterin zu nehmen, jegliche Regung in deren Gesicht belauernd, angespannt, bereit, was – ja was? - auch immer zu tun, sollte sich ein Ausdruck darin deuten lassen. Wer genau hinsah, konnte das Arbeiten ihrer Muskeln überall an ihrem Körper erahnen; das würde keine angenehme Abendbeschäftigung für die Söldnerin werden.

Eine eigentümliche Spannung legte sich über den Platz und auch die Umstehenden, wer auch immer gekommen war, um der Zeremonie – oder dem „Schauspiel“, wie manche sich sicher gedacht hatten – beizuwohnen, fühlte sich, auch manchmal gegen seinen oder ihren Willen, innerlich berührt, als sei es nicht nur Widharia, die hier und jetzt, an diesem Platz, zu dieser Zeit, in der Dunkelheit unter Phexens Sternenhimmel, geprüft wurde. Nicht wenige meinten, in einen Spiegel ihrer Seele zu blicken, zunächst glatt wie ein dunkler See bei Windstille, doch je länger sie hineinsahen, desto mehr Dinge schlugen zunächst leichte Wellen und schoben sich schließlich daraus hervor ins bleiche Licht eines finsteren Madamals: jede Verfehlung, jede Versuchung, der sie jemals nachgegeben hatten, jedes böse Wort, ja jeder böse Gedanke, den sie jemals gedacht hatten, winkte ihnen zu, mit einem boshaften Grinsen im Gesicht oder nur mit einem hinterhältigen Lächeln; und ebenso jede gute Tat, jede aufrichtige Hilfe, jede selbstlose Verrichtung im Dienste der zwölfgöttlichen Gemeinschaft, und wie die warmen Strahlen von Praois' Antlitz im Morgengrauen die Düsternis eine nebelverhangenen Nacht vertrieben, so vertrieb der Glanz von Güte, Aufrichtigkeit, Opferbereitschaft und göttlicher Hingabe die bösen Geister der dunkleren Seite, welche jeder Seele innewohnte, denn dies war die Gnade der Zwölfgötter; und diese wurde jedem zuteil, der sein Leben unter ihren Schutz stellte, der in ihrem Namen lebte und stritt, und auch jenen, die auf dunklen Pfaden gewandelt waren, aber welche ein Lichtstreif an ihrem eigenen, finsteren Horizont wieder zurückgeführt hatte in die Helligkeit der Hoffnung, der Vergebung und Geborgenheit, welche nur die Zwölfgötter einer Seele schenken konnten.

Und genau diesen Weg hatte auch Widharia beschritten, verzweifelt, verführt durch falsche Versprechungen, genötigt durch die schlimmste Bedrohung, doch im Innersten hatte sie die Hoffnung bewahrt, auf dass sie dem ersten Lichtstreif folgen möge, welcher ihr einen Weg hinfort von den Pfaden der Verdammnis wies, und genau dies hatte sie getan, bei erster Gelegenheit, und nun war sie hier, umgeben von einer Unzahl Anhänger der guten Götter, entschlossen, das Böse ein für alle Mal in seine Schranken zu weisen und unter Praios' Licht und Hesindes Erleuchtung die Bewohner der Schwarzen Lande zu erretten aus Pein und Not und seelenloser Existenz.

Niemand hatte mehr ein Gefühl für die Zeit, so er sich auf die Zeremonie einließ, und nur die Verbohrtesten unter den Zuschauern – oder Schlimmeres – vermochten es, dem heiligen Hauch, welcher über den Platz wehte, zu widerstehen, so dass sie alle ganz erstaunt dem ersten Licht des Morgens entgegenstarrten, welches sich von Rahja ganz langsam über den Platz ergoss und sie mit seiner samtenen Wärme aus ihrer Erstarrung erlöste. Jeder von ihnen hatte das Gefühl, selbst eine lange Reise unternommen zu haben – an Widharias Seite, welche sie herausgeführt hatte aus der Verderbtheit der Dämonenpaktierer zurück in den Schoß der zwölfgöttlichen Gemeinschaft. [Biora (Jürgen) 27.04.2016]

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Stille. Und Frieden. Seltene Gäste – und doch so hoch willkommen in diesen betriebsamen Tagen.

Lucrann kniete, die Augen geschlossen, seine Atemzüge tief und gleichförmig. Tiefe Ruhe erfüllte ihn, Einklang mit sich und dem Segen, den die Priesterin schenkte.

Vertraut war ihm ihre Stimme, vertrauter noch ihre ganz eigene Art, ihrer Göttin Kraft zu wirken – ihr ganz eigener Fingerabdruck in Gebeten und Ritualen. Viele Schritte waren sie schon gemeinsam gegangen, durch gute Erlebnisse und viel mehr noch durch Angelegenheiten, über die für immer der Mantel des Schweigens liegen würde, und deren Narben er dennoch wie Mahnmale aus Messern fühlte. Ein langer Weg.

Wenn es in diesem Lager jemanden gäbe, dem er seine Deckung in einem Kampf – und, obgleich er sich dies schwerlich selbst eingestanden hätte, sein Seelenheil - anvertraut hätte, so wäre dies wohl die Rickenhausenerin. Auch wenn sie es liebte, Worte zu machen. Überviele Worte. Auch wenn es für Biora Tagan von Rickenhausen in einer Verhandlung immer nur einen Platz gab: ganz vorn. Dort, wo diskutiert wurde. Dort, wo die Entscheidungen getroffen wurden.

Es war mitunter mühselig, sie wieder in die Richtung zu drehen, in die sie zu gehen hatte, wenn sie sich so voller Schwung in eine Sache verrannte. Denn Temperament besaß die feuerhaarige Dame. Übergenug. Und Mut, der ihrer Neugier ebenbürtig war. Eine explosive Mischung.

Und doch – von sonnenüberfluteten Sand der Inseln im Siebenwindigen Meer zu dem gischtüberschäumten Strand bei Perricum hatten sie ihre Wege nun schon gemeinsam geführt, und kaum einen der Tempel unterwegs hatten sie ausgelassen. Und wenige Paläste und Burgen. Viele Jahre. Viele Geschichten.

Er spürte ihren Triumph. Ihr unbedingtes Vertrauen in die Herrin der Schlangen. Sicherheit. Felsenfest in dieser einen Sache. Und ihre Zuversicht, die nichts zu trüben verstand. Wie sehr sie doch aufging in ihrer Göttin, eins war mit ihren Prinzipien. Angenommen. Vertrauend. Wissend.

Beneidenswert. [Tina (Lucrann) 29.4.2016]

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Seine Hoheit, Herzog Hagrobald vom Großen Fluss, verweilte die Nacht über mit vielen andern am Rand des Platzes. Im Morgengrauen trat der großgewachsene, breitschultrige Mann gemessenen Schrittes in die Mitte des Zwölferkreises. Er strahlte Ruhe und eine gewisse Zufriedenheit, gar Gelassenheit aus, die im Gegensatz zu seinem oft angespannten und verärgerten Gemüt der letzten Tage stand. Bei der Hochgeweihten Biora von Rickenhausen angelangt, zog er seinen Federhut vom Haupt und verneigte sich in göttergefälliger Demut. „Euer hochgeborene Hochwürden, Unseren tiefsten Dank für die Reise, auf welche Ihr Uns in dieser Nacht geleitet habt. Sagt, gehen Wir recht in der Annahme, dass Eure Prüfung ein positives Ergebnis für diese Hauptfrau ergeben hat?“

Biora hatte sich ebenfalls erhoben und verneigte sich ihrerseits vor ihrem Herzog. „Dankt nicht nur mir, sondern vor allem der Göttin Hesinde, denn die Allweise hat mir Einsicht gewährt in das Wesen jener Söldnerin dort.“ Sie wies mit der Rechten auf die immer noch kniende Widharia. „Wohl kann ich erkennen, dass sie große Schuld auf sich geladen hat und nicht ohne Makel ist, doch ebenso, dass ihre Seele kein Dämonenmal trägt und ihre Reue aufrichtig ist. Ihre Entschlossenheit, auf unserer Seite gegen die verderbten Haffax-Schergen zu kämpfen, steht der unserer Nordmärker in nichts nach. So ist es nun an Euch, über ihren Wunsch zu befinden, fortan unter dem Rickenhausener Banner zu streiten, oder über einen anderen Zweck für sie und die 'Schädelplatte' zu befinden, Euer Hoheit.“ [Biora (Jürgen) 30.04.2016]

„Dann möge es so sein.“ Zufrieden nickte er der Geweihten der Kirche der Allweisen zu und wendete seinen Blick danach Widharia zu, die immer noch auf Ihren Knien abwartete. Müde sah sie aus, Ihr Gesicht erschöpft und grau. Viele Erlebnisse hatte sie in dieser Nacht erneut durchlebt. Erlebnisse, die sie nur zu gerne unter der schwarzen Decke des Vergessens dort lassen würde, wo sie geschahen, im Osten. Aber durch Bioras gelangte alles wieder an die Oberfläche, nur das sie diesmal das Gefühl hatte, ihr würde verziehen. Und so hatte auch, vor allem sie sich in dieser Nacht auf eine Reise in ihre Vergangenheit begeben und kehrte geläutert zurück. Hoffnungsvoll blickte sie daher den Herzog der Nordmarken an und harrte seiner Entscheidung. Unter ihrem Banner war Bewegung und auch ein gewisses Maß an Anspannung zu sehen, wussten sie doch, dass jetzt eine Entscheidung fallen würde, die für jeden einzelnen von ihnen wichtig war.

„Nordmark“ rief seine Hoheit, ohne dabei den Blick von Widharia zu nehmen. Notiere er, dass fürderhin und ab heute das Banner mit dem Namen ‚Schädelplatte‘ unter dem Wappen Rieckenhausens als reguläre Einheit geführt wird, mit allen dazugehörenden Rechte und Pflichten. Hauptfrau ist Widharia Rubeneck.“ Er deutete ihr, sich zu erheben. Als sie aufrecht stand, was ihr nach der langen Nacht sichtbare Probleme bereitete, fuhr Herzog Hagrobald fort: „Hauptfrau, grüßt eure neue Herrin und bereitet uns keine Schande. Danach tauscht ihr unverzüglich euer Wappen. Das alte Zeichen wird, wenn Ihre Wohlgeboren Hochwürden damit einverstanden ist, an die Hesindekirche zur Entsorgung übergeben.“ Widharia wendete sich daraufhin Biora zu, und schlug ihre rechte Faust auf die linke Brust, genau über das Herz. „Für euch leben und sterben wir. Euer Feind sei unser Feind. Wir gehen wohin ihr uns befehlt.“ Sie sank vor Biora erneut auf ein Knie, und ihr taten es in diesem Moment alle Kämpferinnen und Kämpfer ihres Banners gleich. Egal wo sie standen, 50 Kämpfer beugten ihr Haupt vor ihrer neuen Herrin.

"So sei mir willkommen in Hesindes Namen, Widharia Rubeneck, du und deine Söldner der Schädelplatte. Mein erster Befehl an euch lautet: Bringt mir euer altes Banner und ruht euch dann aus, die Nacht war anstrengend, und schwierige Ausgaben harren unser. Ich dagegen werde sofort ein neues Banner in den Rickenhausener Farben für euch in Auftrag geben, auf das ihr bald unter demselben streiten könnt. Es sei!" [Biora (Jürgen) 02.05.2016]

Und im Licht des neuen Morgens verteilten sich die Zuschauer, die Geweihten gingen zu ihren Kapellen, Schreinen oder Schlafzelten und das Banner „Schädelplatte“, das soeben einen neuen Dienstherrn gefunden hatte, zog geschlossen zu ihrem Lagerplatz.

Das alte Banner wurde verbrannt, und seitdem wehte stolz unter dem roten Greifen des Reiches das edle Banner mit den Rickenhausener Farben über Widharias Kämpfern. Sie hatten ein neues Zuhause gefunden und seit langem wieder Hoffnung, Hoffnung auf eine bessere Zeit und das Heil ihrer Seelen.

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Kategorie: Briefspielgeschichte