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=Im Pavillon des Hochadels=
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Während die Werber sich einzeln vorstellten, war es die Junkerin von Herzogenfurt die von ihrem Platz aufstand und einige Schritte die Stufen hinab ging. Sie hielt Ausschau nach einer ganze bestimmten jungen Frau. Als ihre Blicke sich trafen, winkte sie Sina Artigas zu sich.<br>
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Sina war einerseits geschmeichelt, andererseits irritiert. Kannte sie die Adlige ? Wohl aus dem Hof des Herzogs, doch war ihr der Name entfalle. Lasst mich durch, man verlangt nach mir.“ Entschlossen und ohne eine weitere Reaktion des Ordnungspersonals abzuwarten, schritt sie elegant zu der Junkerin. Sie senkte artig den Blick. „Wohlgeboren, ihr habt mich gerufen?“<br>
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Die grimme Junkerin und Vögtin versuchte sich in einem Lächeln. “So ist es. Ich möchte euch sagen: ihr habt eine gute Vorstellung geleistet. Ich bin die Junkerin Alrike von Henjasburg, Vögtin von Schweinsfold. Habt ihr Lust an unseren Tisch zu sitzen? Ich möchte euch gerne kennen lernen.” Der Blick ihrer blauen Augen verbargen sich unter Schlupflidern und im Zusammenspiel mit ihrer leicht gebogenen Nase musste Sina an einen Raubvogel denken.<br>
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Artig, wie sie es vom Hof gewohnt war, nahm Sina bei der Vögtin Platz. “Es ist mir eine Ehre Euch kennenzulernen und an dieser Tafel Platz nehmen zu dürfen, Euer Wohlgeboren.” Kokett betrachtete sie, was sich alles auf dem Tisch befand. “Es ist und wird sicher ein schönes Fest. Ich war nur etwas irritiert, dass die Einteilung der Klassen so streng sein wird.”<br>
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Alrike setzte ein zynisches Lächeln auf. “Das ist eine reine praktische Veranlassung. So sieht man gleich, wer aus welchen Stand interessant sind. Ihr dürft nicht vergessen, das es hier meistens nicht um Liebeshochzeiten geht.” Sie winkte den jungen und gutaussehenden Diener Servusian heran, der auch gleich die Kelche mit Wein füllte. “Ich muss gestehen, ich bin auch nicht an einer Vermählung unserer Familien interessiert. Aber ihr habt Interesse aufgeworfen. Ihr stammt aus Almada. Was genau macht ihr zur Zeit in Elenvina?” <br>
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Sina überlegte kurz, das Thema an sich war ihr etwas peinlich. “Nun ja. Ich bin Hofdame in Elenvina am herzoglichen Hof. So des Herzogs Gemahlin anwesend ist, freut sie sich, jemanden aus Almada um sich zu haben. Ansonsten verrichte ich dort die üblichen Dinge. Ich diene unter Haushofmeister Praiolf von Quakenbrück.” Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: “Wie gesagt, hat meine Schwester einen guten Posten im Gestüt und ist dabei, aus dem Rossmarkt eine große Schau mit Leistungsprüfungen zu machen, um die Qualität der Pferdezucht zu sichern.”<br>
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Alrike nickte verständig. “Die Schwester also. Sagt was habt ihr vor eurer Zeit in Elenvina getan? Seit ihr auch in  der Pferdekunde bewandt oder auf was seit ihr bewandert? Ich hoffe es stört euch nicht, dass ich euch mit Fragen löchere. Ich möchte euch nur am besten einordnen können.”,sagte sie direkt heraus.<br>
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Sina trank genüsslich vom Wein. “Pferde hatten wir auch, aber die haben mich nie besonders interessiert. Ich war in Punin und habe bei dem berühmten Parcello Rabannero Mode und Stil gelernt. Immer häufiger berate ich die Angehörigen am Hof in Stilfragen, ihre Kleidung betreffend. Wohlgeboren, Ihr seid nicht hier, um für Eure Familie eine gute Partie zu suchen. Trotzdem würde es mich interessieren, wen von den bereits vorgestellten Männern Ihr für eine gute Wahl haltet. Die Familien der Nordmarken sind mir noch etwas fremd.”<br>
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“Interessant!” Die Vögtin wirkte jetzt wesentlich gelassener. “ Nun, das kommt darauf an, aus welchen Stand ihr kommt. Am interessantesten wären wohl die Kandidaten aus diesem Pavillion, wobei ihr euch hier den Blick sparen könnt.” Sie lachte kurz. “Soweit ich weiß, sucht hier keiner. Für euch wäre der Blick zum Pavillion der Niederadligen gut. Zum Beispiel der Junker von Liannon. Reiche Junkerei.” Nun wurde sie wieder ernster. “Könntet ihr euch vorstellen Elenvina zu verlassen und eine Stelle anzunehmen, der eurer Person und Fähigkeiten besser wertschätzt?”<br>
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„Da Habt Ihr Recht, Vögtin… dieser Pavillon scheint passend und interessant zu sein.“ Sina nippte erneut an dem Wein. „Ja, Wohlgeboren, wenn es passt, würde ich auch anderswo eine Stelle annehmen. Das wird aber schwer werden, da mein derzeitiger Platz sehr angesehen ist und finanziell keine Not herrscht. Hm… wahrscheinlich könnte mir der richtige Mann die Entscheidung erleichtern.“ Sie spielte noch etwas mit ihrem Becher, drehte ihn und roch an dem guten Wein. „Vorhin, als die Praiotin stürzte, kamen ihr zwei Männer zu Hilfe. Den einen, Linnart vom Traurigen Stein kenne ich bereits, wir werden bald durch eine Verbindung meiner Schwester mit seinem Onkel entfernt verschwägert sein. Den anderen kenne ich nur von seiner Vorstellung. Wisst ihr mehr über ihn? Ihr scheint jemand zu sein, der über Vieles Bescheid weiß …“<br>
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“Wie ich schon vermutet habe, Sina, ihr seid eine interessante Frau. Ich frage so neugierig, da wir hier in Schweinsfold einen neuen Hof aufbauen. Es ist der Wunsch der neuen Baronin die Baronie wieder zu ihrer alten Stärke und politischen Wichtigkeit zurückzuführen. Meine Mutter die vorherige Baronin, Boron möge ihrer Seele gnädig sein, legte Wert auf starre Fronten. Ihr wäret eine Bereicherung für uns. Glaubt mir, wenn ich sage, dass der Tag bald kommen wird, an dem man wieder von unserem Hof berichten wird. “ Sie hob den Kelch und prostete der rotblonden, jungen Frau zu, die Baronin dieses Landes. Diese prostete auch interessiert zurück. “Und gute Partien haben wir in Schweinsfold auch, zum Beispiel der Ritter Dorcas von Paggenfeld.” Sie deutete auf den großen, blonden Mann mit den Rössern als Wappen. “Er ist nun Haus-Ritter der Baronin. Eine große Zukunft liegt vor ihm.” Sie nahm nochmals einen Schluck. “Vielleicht kann frau euch heute  noch überzeugen. Und ihr habt recht, ich kenne den ein oder anderen Adligen in den Nordmarken. Ihr redet von Rahjaman vom Traurigen Stein, den Winzer?”<br>
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“Ja genau, der Winzer..” Sina beäugte die Personen, auf die Alrike gewiesen hatte. “Dorcas habe ich schon gesehen, allerdings anderswo, im Bereich der Niederen. Er war mit einem Geweihten dort und schien von den dortigen Mägden recht angetan...” Sie lächelte zögerlich, aber nicht abgeneigt.  “Ich konnte noch kein Wort mit ihm wechseln, aber das lässt sich vielleicht ändern.”<br>
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“Ich ermutige euch sogar, dass zu ändern. Ihr werdet sehen, eine gute Partie.” Sie strich sich nachdenklich über ihre Braue. “Der baldige Junker, dank eurer Schwester, ist intelligent und voller Charme, so viel kann ich sagen. Wir sind dabei Geschäfte mit ihm zu machen. Schweinsfold ist eine wohlhabende Baronie, aber Weinhänge besitzen wir nicht. Die Traube der Traurigsteins sind hervorragend. Aber ich nehme an, ihr habt den Wein schon gekostet. Habt ihr interesse die Baronin Selinde kennenzulernen?<br>
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Sinas Blick war noch skeptisch auf Dorcas gerichtet, aber sie nickte. “Gerne würde ich mit der Baronin reden. Und den Wein kann ich wirklich empfehlen. Und ich bin schon gespannt, was heute noch auf dem Programm steht.”<br>
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“Soweit ich weiß, kommen als nächstes die ´Götterspiele´. So sollen sich die Gäste unter dem Segen der Götter besser kennenlernen.” Ihr Blickt schwenkte kurz rüber zu der greisen Traviageweihten am Ende der Tafel. “Sobald ich die Aufmerksamkeit der Baronin bekomme, werde ich euch gerne vorstellen. Sie ist erst seit einigen Monden im Amt und ebenfalls ledig. Meint ihr dass es hier jemanden geben könnte für ihre Hochgeboren?” Listig schaute sie Sina an.<br>
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Selinde zwinkerte ihrer Vögtin zu. “Versucht ihr schon wieder, mich zu verkuppeln? Wer ist es denn diesesmal?” In der Öffentlichkeit wahrte sie die Form - mehr oder minder. Manchmal, wenn ihr danach war.<br>
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“”Wer ist denn Eure reizende Begleitung?” Neugierig lachte sie die Fremde und  Alrike an. “Oder wollt ihr das Geheimnis für euch behalten?”<br>
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Alrike lachte kurz. Die Vertrautheit dieser zwei Frauen war für Sina offensichtlich. “ Darf ich vorstellen euer Hochgeboren: Sina Artigas vom Elenvina Hof. Ihre Schwester ist die Gestütsmeisterin dort und Junkerin. Ich habe gerade versucht, sie zu überzeugen, an euren Hof zu kommen. Und euren neuer Ritter Dorcas von Paggenfeld ihr schmackhaft zu machen.” Nun grinste sie.<br>
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Sina senkte brav das Haupt und ergriff das Wort. „Verzeiht meine Direktheit, Euer Angebot schmeichelt mir sehr, gerade, da es günstig für unsere Familien wäre. Rahjaman keltert die besten Weine, die ich kenne. Und das will etwas heißen, da ich Almadanerin bin.“ Dass Sina aus einem anderen Land kam, war alleine an ihrer Hautfarbe und den dunklen Augen schon leicht zu erkennen. Für eine Tulamidin aber war sie nicht sonderbar genug. „Dorcas sah ich bereits in unserem Pavillon ... er war leider zu … abgelenkt vom Personal … sonst hätte ich ihn angesprochen. Erzählt mir etwas über ihn. Neugier ist eines meiner Laster, wenn es um Männer geht. Wer will denn schon die Katze im Sack?“ Sina lachte ansteckend. „Das passt zwar gerade nicht, aber meine Schwester hat früher in unserer Heimat Cres einmal versucht, hübsche Katzen für Liebhaber zu züchten. Weiß mit rotem Schwanz. Leider musste sie aufgrund charakterlicher Probleme ihre Zucht einstellen. Mal sehen, was sie in Linnartstein so treiben wird.“<br>
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“Nun - sagt nichts gegen Katzen. Auch wenn ich euch zustimme, dass sie nicht in einen Sack gehören. Es freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen.” lachte die Baronin, offensichtlich angetan von der Lebendigkeit ihres Gastes.<br>
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“Alrike kann euch viel über unseren neuen Ritter erzählen - und so, wie ich ihn kenne, wird das meiste durchaus angenehm sein.” <br>
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Sie blickte Alrike an, wandte sich dann aber wieder der exotischen Südländerin zu. “Bei Katzen ist es wie bei Menschen - jede hat ihren eigenen Charakter. Eure Schwester hat einen durchaus eigenen Geschmack, was die Farbgebung anbelangt. Ich wünsche ihr, dass ihre Erfolge im Gestüt berechenbarer sind. Und Ihr, Sina? Was sind eure Steckenpferde?”<br>
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Sina lachte kurz. “Meine Katzen würde ich mit glattem, schwarzen Fell und grünen Augen züchten..doch liegt die tierliebe mehr bei meiner Schwester. Ich begeistere mit für Kleider, Schuhe und Schmuck. Frauen sollten das beste aus sich machen, so bequem wie möglich, ihre Vorteile betonen und Freude an ihrer Kleidung haben. Es gibt viele Möglichkeiten, je nach Geschmack, das Richtige zu finden. “ Sie legte den Kopf kokett schief. “Wer sagt, dass ein Hund oder eine Katze nicht ebenfalls passend zur Dame sein könnten ? Ich bin innovativ und nehme die Frauen ernst, anstatt sie in Kostüme zu zwängen, in denen sie wie Wuchtbrummen aussehen. Erzählt mir doch noch etwas von Dorcas.”<br>
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“Dorcas?” Selinde schmunzelte. “Ein Bild von einem Ritter, mit einem wahrlich prachtvollen Kaiser-Alrik-Bart. Jung und blond, hochgewachsen und breitschultrig - und er verehrt die Herrin Rahja als seine liebste Göttin. Ihr solltet ihn unbedingt einmal kennenlernen!” <br>
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Er würde ihr vermutlich gefallen - und sehr sicher auch umgekehrt. “Sagt, was ihr eure liebste Mode? Habt ihr einen eigenen Schneider?” Aufmerksam betrachtete sie ihren Gast. Schweinsfold war - leider - sehr abgelegen - sowohl von der Elenviner Hofmode als auch von den Einflüssen aus Almada oder gar dem Lieblichen Feld. Die biedere Kleidung der nahen Albernier jedenfalls entzückte Selinde wenig - und deren Vorliebe für grobe Stoffe teilte sie gleichfalls nicht.<br>
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Entzückt plapperte Sina. “Aber ja, ich liebe die Kollektionen von Rondrigo Cerutti, aber ich versuche mich auch selbst an eigenen Entwürfen.” Vorsichtig biss sie sich auf die Lippe … sie wusste ja nicht einmal genau, wo das Anwesen lag, von dem geredet wurde. “Sicher kann man auch einfachere und praktische Gewänder herstellen, aber mir sagt die Entwicklung der Kleidung doch aus ästhetischen Gründen zu. Äh... Wo genau liegt Euer Anwesen ? Und Dorcas, ich dachte, er würde zu uns an den Tisch kommen, wo ist er denn?”<br>
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“Hast Du ihn gesehen?” Wandte Selinde sich an ihre Vögtin. “Vorhin war er doch noch hier  - ich glaubte zumindest, ihn gesehen zu haben.” Sie schüttelte ihre Locken und musterte Sina mit schiefgelegtem Kopf und aufmerksamen Augen. “Cerutti? Das sagt mir etwas - ein Liebfelder oder ein Almadaner Schneider?” Sie stutzte.<br>
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“Mein Anwesen? Meine Burg meint ihr? Hier in Herzogenfurt - das ist die Hauptstadt meines Lehens.”<br>
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Sina errötete. Die Namen und Lehen in den Nordmarken hätten ihr längst ein Begriff sein sollen. Normalerweise plapperte sie nicht so unbedacht wie Verema daher. „Entschuldigt, das war mir entfallen … Cerutti ... ja, er klingt nach dem Horasreich, doch er ist Almadaner. Oft wirken die Kleider eher schlicht, der Reiz entsteht durch einen langen Schlitz auf einer Seite, der das Bein zur Geltung bringt, freie Schultern oder einen tiefen Rückenausschnitt.“<br>
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“Nicht so schlimm.” Selinde schmunzelte. “Ach, seine Kreationen würde ich zu gerne einmal tragen. Was meint ihr - würde er wohl einer Einladung nach Schweinsfold folgen? Ansonsten müsste ich wohl oder übel einmal eine Reise nach Almada ins Auge fassen.” Sie zwinkerte Alrike zu, wohl wissen, dass diese eher wenig von einer solchen Reise hielte - vor allem mit Ausblick auf Sicherheit und Finanzen.<br>
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Dorcas, der im Pavillion sein Blick über dessen Besucher schweifen ließ, entdeckte eine kleine Gruppe mit Belfionns Angebeteten, Sina. Er schritt, bewaffnet mit seinem Trinkpokal, auf diese zu. Auf ihrer Höhe ertönt seine tiefe Stimme:” Rahja zum Gruße! Rahja meint es wohl gut mit mir. So viele Schönheiten an einem Fleck.” Dorcas nahm ein Schluck aus seinem Pokal.<br>
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Sina erkannte den selbstbewussten Adligen von vorhin sofort. Der Alkohol schien ihn in wunderbare Stimmung zu versetzen … in ihrem Gedächtnis schwirrten Bilder von Mägden … „Hochgeboren, was für eine Ehre…“ sie deutete auf Selinde und Alrike. „Seht Euch diesen Recken an, er hat eure Schönheit nicht nur sofort erkannt, nein, er ist Manns genug, es auszusprechen.“ Sachte beugte sie sich etwas zur Seite und versuchte, einen Blick auf Belfionn zu erhaschen. Aus irgendeinem Grund sollte er doch auf Dorcas aufpassen..<br>
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“ Werte Damen, wenn ich mich vorstellen darf….Dorcas von Paggenfeld. Und der Recke hinter mir ist Belfionn vom Schlund, seines Zeichens Ingerimmgeweihter und mein Vetter. Ich hoffe die Damen amüsieren sich und haben vielleicht auch schon ein Favoriten ausgesucht.! Dorcas läßt ein verschmitztes Lächeln aufblitzen.<br>
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“Danke der Nachfrage, Wohlgeboren. Ich bin dabei, mir die Herren anzusehen, alles braucht Zeit.” Kurz nickte sie Belfionn zu. “Wie sieht es bei Euch aus, Dorcas ? Noch kann viel passieren.”<br>
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“ Da habt ihr recht, Werteste. Ich werde mich Rahjas Willen beugen und dann abwarten welche von Euch hübschen Wesen Rahja für mich ausgesucht hat.” Dorcas grinst verschmitzt den Damen zu. Belfionn hingegen hält sich im Hintergrund. Den Blick von Sina hat er bemerkt, aber versucht desinteressiert zu wirken, da er doch sehr gekränkt von Sinas Entscheidung war und anscheinend schon verlobt sei. Doch versucht er immer wieder sie anzuschauen, denn das gebrochene Herz hat noch Hoffnung.<br>
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“Verzeiht, hohe Dame della Yaborim” Die angenehme Stimme des Jüngling Servusian zog Melisandes Aufmerksamkeit auf sich. Der Diener trug sein rotbraunes Haar kinnlang, seine strahlenden grünen Augen hoben sich von seiner leicht gebräunten Haut ab und seine Lippen waren voll und sinnlich. Er trug knielange grüne Hosen und ein Leinenhemd mit weiten Ausschnitt, das einen Einblick auf seine athletische Brust gab. Ein wilder und angenehmer Duft kam von ihm aus. “Ich hätte etwas für die Baronin von Rickenhausen zu überbringen” Er hielt ein Tablet mit einem Kästchen mit blauen Samtüberzug in seinen Händen.<br>
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“Hab dank, ich werde es ihr geben”, antwortete Melisande leicht verwundert und nahm das Tablett entgegen. Ihr Blick umfasste kurz und durchaus interessiert die Gestalt des Jünglings, aber sie ließ sich nichts weiter anmerken. “Damit die Baronin dieses - Geschenk? - richtig zu würdigen weiß, wäre natürlich von Vorteil, wenn sie den Namen des Schenkenden kennte?”<br>
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Thalissa war in die Betrachtung der Heiratskandidaten vertieft und nippte gelegentlich an ihrem Weinkelch. Sie hatte noch nichts mitbekommen von diesem kleinen Austausch. <br>
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Mit einem Lächeln zeigte er seine rein weißen Zähne. “Ein Geschenk des hohen Herrn Milian von Altenberg, hohe Dame” Er verneigte sich und zog sich zurück.<br>
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Melisande nahm das Tablett entgegen, nickte dem Diener zu und trug es dann zu ihrer Herrin. “Verzeiht, aber eben wurde ein Geschenk des hohen Herrn Milian von Altenberg für Euch abgegeben”, wiederholte die Zofe wortgetreu und präsentierte das Tablett.<br>
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Thalissa schreckte aus ihren Gedanken und sah Melisande an, dann das Kästchen, das nicht ganz billig gewesen sein durfte. Sie zog eine Augenbraue nach oben und nahm es vom Tablett herunter, um es nachdenklich in der Hand zu wiegen. “Ein Geschenk, soso …” murmelte sie. Sie fragte nicht weiter nach, hätte es noch etwas zu sagen gegeben, hätte es Melisande von sich aus erwähnt. “Na, da bin ich aber gespannt.” Mit spitzen Fingern öffnete sie den Verschluss.<br>
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Das erste was sie erreichte war der Duft von Rose. Auf einem blauen und seidenen Kissen lag eine Brosche. Eine filigrane Rose aus reinsten Silber.<br>
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Diesmal hob Thalissa beide Brauen. Da machte sich offenbar jemand Hoffnungen … abseits der offiziellen Kandidatinnen, wie es aussah. Aber ein Geschenk war ein Geschenk, und dieses zeigte zumindest Hingabe. Sie winkte Melisande zu sich, dann flüsterte sie ihr ins Ohr: “Such’ diesen Herrn Milian von Altenberg und sage ihm meinen Dank. Zudem habe er sich einen Tanz und ein Gespräch verdient, wobei es an ihm sei, dies zu passender Gelegenheit am heutigen Tage einzufordern. Ach, und finde heraus, wer er genau ist.” Thalissa hatte sich zwar vor ihrer Abreise grundsätzlich über die Altenberger informiert, es aber mangels eigener Ambitionen nicht für nötig befunden, sich mit ihren vielen Mitglieder im einzelnen zu befassen. Nun, zumindest bei einem musste sie nun wohl eine Ausnahme machen. Sie gab Melisande einen Wink, um ihrer Zofe zu bedeuten, dass dies alles wäre. Diese knickste leicht und machte sich auf den Weg.<br>
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Zunächst hielt Melisande Ausschau nach dem gutaussehenden DIener, der das Geschenk überbracht hatte. Der wusste wohl am ehesten, wo der Herr Milian von Altenberg zu finden war, und konnte ihr vielleicht gleich etwas über ihn erzählen. Aufmerksam sah sie sich um.<br>
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Den suchenden Blick erfassend, kam Servusian sofort herbei. “Was kann ich für euch tun, hohe Dame?”, fragte er und es schien eine Einladung in seiner Stimme mitzuschwingen.<br>
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“Ah, gut”, zeigte sich Melisande erfreut über das schnelle Auftauchen des Dieners. “Sag, wo finde ich den Herrn Milian von Altenberg? Wie sieht er aus? Und wer ist er überhaupt genau?” kam sie sofort zum Punkt, ohne sich anmerken zu lassen, ob es neben ihrer Aufgabe irgend etwas gab, das sie interessieren könnte.<br>
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“Der hohe Herr Milian ist der Sohn der Rektorin der Rechtsschule in Gratenfels, der gutaussehende Edelmann dort drüben. Wenn ihr möchtet könnte ich euch rüber bringen und vorstellen.” Ein laszives Schmunzeln zog sich über seine sinnlichen Lippen.<br>
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Melisande neigte den Kopf ein wenig. “Gut, dann tu das bitte”, antwortete sie knapp. Ganz kurz zeigte sich eine steile Falte zwischen ihren Augenbrauen, die aber sofort wieder verschwand. Dieser Diener war sich seines Aussehens wohl bewusst, aber er setzte es ein wenig zu … offensiv ein, wie eine Frau, die zuviel Parfüm auftrug.<br>
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“Wenn ihr mir bitte folgen würdet, hohe Dame della Yaborim.” Der junge Diener verbeugte sich und ging dann voran zum Pavillion der Altenberger.<br>
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Version vom 29. Oktober 2022, 22:52 Uhr

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Im Pavillon des Hochadels

Während die Werber sich einzeln vorstellten, war es die Junkerin von Herzogenfurt die von ihrem Platz aufstand und einige Schritte die Stufen hinab ging. Sie hielt Ausschau nach einer ganze bestimmten jungen Frau. Als ihre Blicke sich trafen, winkte sie Sina Artigas zu sich.

Sina war einerseits geschmeichelt, andererseits irritiert. Kannte sie die Adlige ? Wohl aus dem Hof des Herzogs, doch war ihr der Name entfalle. Lasst mich durch, man verlangt nach mir.“ Entschlossen und ohne eine weitere Reaktion des Ordnungspersonals abzuwarten, schritt sie elegant zu der Junkerin. Sie senkte artig den Blick. „Wohlgeboren, ihr habt mich gerufen?“

Die grimme Junkerin und Vögtin versuchte sich in einem Lächeln. “So ist es. Ich möchte euch sagen: ihr habt eine gute Vorstellung geleistet. Ich bin die Junkerin Alrike von Henjasburg, Vögtin von Schweinsfold. Habt ihr Lust an unseren Tisch zu sitzen? Ich möchte euch gerne kennen lernen.” Der Blick ihrer blauen Augen verbargen sich unter Schlupflidern und im Zusammenspiel mit ihrer leicht gebogenen Nase musste Sina an einen Raubvogel denken.

Artig, wie sie es vom Hof gewohnt war, nahm Sina bei der Vögtin Platz. “Es ist mir eine Ehre Euch kennenzulernen und an dieser Tafel Platz nehmen zu dürfen, Euer Wohlgeboren.” Kokett betrachtete sie, was sich alles auf dem Tisch befand. “Es ist und wird sicher ein schönes Fest. Ich war nur etwas irritiert, dass die Einteilung der Klassen so streng sein wird.”

Alrike setzte ein zynisches Lächeln auf. “Das ist eine reine praktische Veranlassung. So sieht man gleich, wer aus welchen Stand interessant sind. Ihr dürft nicht vergessen, das es hier meistens nicht um Liebeshochzeiten geht.” Sie winkte den jungen und gutaussehenden Diener Servusian heran, der auch gleich die Kelche mit Wein füllte. “Ich muss gestehen, ich bin auch nicht an einer Vermählung unserer Familien interessiert. Aber ihr habt Interesse aufgeworfen. Ihr stammt aus Almada. Was genau macht ihr zur Zeit in Elenvina?”

Sina überlegte kurz, das Thema an sich war ihr etwas peinlich. “Nun ja. Ich bin Hofdame in Elenvina am herzoglichen Hof. So des Herzogs Gemahlin anwesend ist, freut sie sich, jemanden aus Almada um sich zu haben. Ansonsten verrichte ich dort die üblichen Dinge. Ich diene unter Haushofmeister Praiolf von Quakenbrück.” Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: “Wie gesagt, hat meine Schwester einen guten Posten im Gestüt und ist dabei, aus dem Rossmarkt eine große Schau mit Leistungsprüfungen zu machen, um die Qualität der Pferdezucht zu sichern.”

Alrike nickte verständig. “Die Schwester also. Sagt was habt ihr vor eurer Zeit in Elenvina getan? Seit ihr auch in der Pferdekunde bewandt oder auf was seit ihr bewandert? Ich hoffe es stört euch nicht, dass ich euch mit Fragen löchere. Ich möchte euch nur am besten einordnen können.”,sagte sie direkt heraus.

Sina trank genüsslich vom Wein. “Pferde hatten wir auch, aber die haben mich nie besonders interessiert. Ich war in Punin und habe bei dem berühmten Parcello Rabannero Mode und Stil gelernt. Immer häufiger berate ich die Angehörigen am Hof in Stilfragen, ihre Kleidung betreffend. Wohlgeboren, Ihr seid nicht hier, um für Eure Familie eine gute Partie zu suchen. Trotzdem würde es mich interessieren, wen von den bereits vorgestellten Männern Ihr für eine gute Wahl haltet. Die Familien der Nordmarken sind mir noch etwas fremd.”

“Interessant!” Die Vögtin wirkte jetzt wesentlich gelassener. “ Nun, das kommt darauf an, aus welchen Stand ihr kommt. Am interessantesten wären wohl die Kandidaten aus diesem Pavillion, wobei ihr euch hier den Blick sparen könnt.” Sie lachte kurz. “Soweit ich weiß, sucht hier keiner. Für euch wäre der Blick zum Pavillion der Niederadligen gut. Zum Beispiel der Junker von Liannon. Reiche Junkerei.” Nun wurde sie wieder ernster. “Könntet ihr euch vorstellen Elenvina zu verlassen und eine Stelle anzunehmen, der eurer Person und Fähigkeiten besser wertschätzt?”

„Da Habt Ihr Recht, Vögtin… dieser Pavillon scheint passend und interessant zu sein.“ Sina nippte erneut an dem Wein. „Ja, Wohlgeboren, wenn es passt, würde ich auch anderswo eine Stelle annehmen. Das wird aber schwer werden, da mein derzeitiger Platz sehr angesehen ist und finanziell keine Not herrscht. Hm… wahrscheinlich könnte mir der richtige Mann die Entscheidung erleichtern.“ Sie spielte noch etwas mit ihrem Becher, drehte ihn und roch an dem guten Wein. „Vorhin, als die Praiotin stürzte, kamen ihr zwei Männer zu Hilfe. Den einen, Linnart vom Traurigen Stein kenne ich bereits, wir werden bald durch eine Verbindung meiner Schwester mit seinem Onkel entfernt verschwägert sein. Den anderen kenne ich nur von seiner Vorstellung. Wisst ihr mehr über ihn? Ihr scheint jemand zu sein, der über Vieles Bescheid weiß …“

“Wie ich schon vermutet habe, Sina, ihr seid eine interessante Frau. Ich frage so neugierig, da wir hier in Schweinsfold einen neuen Hof aufbauen. Es ist der Wunsch der neuen Baronin die Baronie wieder zu ihrer alten Stärke und politischen Wichtigkeit zurückzuführen. Meine Mutter die vorherige Baronin, Boron möge ihrer Seele gnädig sein, legte Wert auf starre Fronten. Ihr wäret eine Bereicherung für uns. Glaubt mir, wenn ich sage, dass der Tag bald kommen wird, an dem man wieder von unserem Hof berichten wird. “ Sie hob den Kelch und prostete der rotblonden, jungen Frau zu, die Baronin dieses Landes. Diese prostete auch interessiert zurück. “Und gute Partien haben wir in Schweinsfold auch, zum Beispiel der Ritter Dorcas von Paggenfeld.” Sie deutete auf den großen, blonden Mann mit den Rössern als Wappen. “Er ist nun Haus-Ritter der Baronin. Eine große Zukunft liegt vor ihm.” Sie nahm nochmals einen Schluck. “Vielleicht kann frau euch heute noch überzeugen. Und ihr habt recht, ich kenne den ein oder anderen Adligen in den Nordmarken. Ihr redet von Rahjaman vom Traurigen Stein, den Winzer?”

“Ja genau, der Winzer..” Sina beäugte die Personen, auf die Alrike gewiesen hatte. “Dorcas habe ich schon gesehen, allerdings anderswo, im Bereich der Niederen. Er war mit einem Geweihten dort und schien von den dortigen Mägden recht angetan...” Sie lächelte zögerlich, aber nicht abgeneigt. “Ich konnte noch kein Wort mit ihm wechseln, aber das lässt sich vielleicht ändern.”

“Ich ermutige euch sogar, dass zu ändern. Ihr werdet sehen, eine gute Partie.” Sie strich sich nachdenklich über ihre Braue. “Der baldige Junker, dank eurer Schwester, ist intelligent und voller Charme, so viel kann ich sagen. Wir sind dabei Geschäfte mit ihm zu machen. Schweinsfold ist eine wohlhabende Baronie, aber Weinhänge besitzen wir nicht. Die Traube der Traurigsteins sind hervorragend. Aber ich nehme an, ihr habt den Wein schon gekostet. Habt ihr interesse die Baronin Selinde kennenzulernen?

Sinas Blick war noch skeptisch auf Dorcas gerichtet, aber sie nickte. “Gerne würde ich mit der Baronin reden. Und den Wein kann ich wirklich empfehlen. Und ich bin schon gespannt, was heute noch auf dem Programm steht.”

“Soweit ich weiß, kommen als nächstes die ´Götterspiele´. So sollen sich die Gäste unter dem Segen der Götter besser kennenlernen.” Ihr Blickt schwenkte kurz rüber zu der greisen Traviageweihten am Ende der Tafel. “Sobald ich die Aufmerksamkeit der Baronin bekomme, werde ich euch gerne vorstellen. Sie ist erst seit einigen Monden im Amt und ebenfalls ledig. Meint ihr dass es hier jemanden geben könnte für ihre Hochgeboren?” Listig schaute sie Sina an.

Selinde zwinkerte ihrer Vögtin zu. “Versucht ihr schon wieder, mich zu verkuppeln? Wer ist es denn diesesmal?” In der Öffentlichkeit wahrte sie die Form - mehr oder minder. Manchmal, wenn ihr danach war.

“”Wer ist denn Eure reizende Begleitung?” Neugierig lachte sie die Fremde und Alrike an. “Oder wollt ihr das Geheimnis für euch behalten?”

Alrike lachte kurz. Die Vertrautheit dieser zwei Frauen war für Sina offensichtlich. “ Darf ich vorstellen euer Hochgeboren: Sina Artigas vom Elenvina Hof. Ihre Schwester ist die Gestütsmeisterin dort und Junkerin. Ich habe gerade versucht, sie zu überzeugen, an euren Hof zu kommen. Und euren neuer Ritter Dorcas von Paggenfeld ihr schmackhaft zu machen.” Nun grinste sie.

Sina senkte brav das Haupt und ergriff das Wort. „Verzeiht meine Direktheit, Euer Angebot schmeichelt mir sehr, gerade, da es günstig für unsere Familien wäre. Rahjaman keltert die besten Weine, die ich kenne. Und das will etwas heißen, da ich Almadanerin bin.“ Dass Sina aus einem anderen Land kam, war alleine an ihrer Hautfarbe und den dunklen Augen schon leicht zu erkennen. Für eine Tulamidin aber war sie nicht sonderbar genug. „Dorcas sah ich bereits in unserem Pavillon ... er war leider zu … abgelenkt vom Personal … sonst hätte ich ihn angesprochen. Erzählt mir etwas über ihn. Neugier ist eines meiner Laster, wenn es um Männer geht. Wer will denn schon die Katze im Sack?“ Sina lachte ansteckend. „Das passt zwar gerade nicht, aber meine Schwester hat früher in unserer Heimat Cres einmal versucht, hübsche Katzen für Liebhaber zu züchten. Weiß mit rotem Schwanz. Leider musste sie aufgrund charakterlicher Probleme ihre Zucht einstellen. Mal sehen, was sie in Linnartstein so treiben wird.“

“Nun - sagt nichts gegen Katzen. Auch wenn ich euch zustimme, dass sie nicht in einen Sack gehören. Es freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen.” lachte die Baronin, offensichtlich angetan von der Lebendigkeit ihres Gastes.

“Alrike kann euch viel über unseren neuen Ritter erzählen - und so, wie ich ihn kenne, wird das meiste durchaus angenehm sein.”

Sie blickte Alrike an, wandte sich dann aber wieder der exotischen Südländerin zu. “Bei Katzen ist es wie bei Menschen - jede hat ihren eigenen Charakter. Eure Schwester hat einen durchaus eigenen Geschmack, was die Farbgebung anbelangt. Ich wünsche ihr, dass ihre Erfolge im Gestüt berechenbarer sind. Und Ihr, Sina? Was sind eure Steckenpferde?”

Sina lachte kurz. “Meine Katzen würde ich mit glattem, schwarzen Fell und grünen Augen züchten..doch liegt die tierliebe mehr bei meiner Schwester. Ich begeistere mit für Kleider, Schuhe und Schmuck. Frauen sollten das beste aus sich machen, so bequem wie möglich, ihre Vorteile betonen und Freude an ihrer Kleidung haben. Es gibt viele Möglichkeiten, je nach Geschmack, das Richtige zu finden. “ Sie legte den Kopf kokett schief. “Wer sagt, dass ein Hund oder eine Katze nicht ebenfalls passend zur Dame sein könnten ? Ich bin innovativ und nehme die Frauen ernst, anstatt sie in Kostüme zu zwängen, in denen sie wie Wuchtbrummen aussehen. Erzählt mir doch noch etwas von Dorcas.”

“Dorcas?” Selinde schmunzelte. “Ein Bild von einem Ritter, mit einem wahrlich prachtvollen Kaiser-Alrik-Bart. Jung und blond, hochgewachsen und breitschultrig - und er verehrt die Herrin Rahja als seine liebste Göttin. Ihr solltet ihn unbedingt einmal kennenlernen!”

Er würde ihr vermutlich gefallen - und sehr sicher auch umgekehrt. “Sagt, was ihr eure liebste Mode? Habt ihr einen eigenen Schneider?” Aufmerksam betrachtete sie ihren Gast. Schweinsfold war - leider - sehr abgelegen - sowohl von der Elenviner Hofmode als auch von den Einflüssen aus Almada oder gar dem Lieblichen Feld. Die biedere Kleidung der nahen Albernier jedenfalls entzückte Selinde wenig - und deren Vorliebe für grobe Stoffe teilte sie gleichfalls nicht.

Entzückt plapperte Sina. “Aber ja, ich liebe die Kollektionen von Rondrigo Cerutti, aber ich versuche mich auch selbst an eigenen Entwürfen.” Vorsichtig biss sie sich auf die Lippe … sie wusste ja nicht einmal genau, wo das Anwesen lag, von dem geredet wurde. “Sicher kann man auch einfachere und praktische Gewänder herstellen, aber mir sagt die Entwicklung der Kleidung doch aus ästhetischen Gründen zu. Äh... Wo genau liegt Euer Anwesen ? Und Dorcas, ich dachte, er würde zu uns an den Tisch kommen, wo ist er denn?”

“Hast Du ihn gesehen?” Wandte Selinde sich an ihre Vögtin. “Vorhin war er doch noch hier - ich glaubte zumindest, ihn gesehen zu haben.” Sie schüttelte ihre Locken und musterte Sina mit schiefgelegtem Kopf und aufmerksamen Augen. “Cerutti? Das sagt mir etwas - ein Liebfelder oder ein Almadaner Schneider?” Sie stutzte.

“Mein Anwesen? Meine Burg meint ihr? Hier in Herzogenfurt - das ist die Hauptstadt meines Lehens.”

Sina errötete. Die Namen und Lehen in den Nordmarken hätten ihr längst ein Begriff sein sollen. Normalerweise plapperte sie nicht so unbedacht wie Verema daher. „Entschuldigt, das war mir entfallen … Cerutti ... ja, er klingt nach dem Horasreich, doch er ist Almadaner. Oft wirken die Kleider eher schlicht, der Reiz entsteht durch einen langen Schlitz auf einer Seite, der das Bein zur Geltung bringt, freie Schultern oder einen tiefen Rückenausschnitt.“

“Nicht so schlimm.” Selinde schmunzelte. “Ach, seine Kreationen würde ich zu gerne einmal tragen. Was meint ihr - würde er wohl einer Einladung nach Schweinsfold folgen? Ansonsten müsste ich wohl oder übel einmal eine Reise nach Almada ins Auge fassen.” Sie zwinkerte Alrike zu, wohl wissen, dass diese eher wenig von einer solchen Reise hielte - vor allem mit Ausblick auf Sicherheit und Finanzen.

Dorcas, der im Pavillion sein Blick über dessen Besucher schweifen ließ, entdeckte eine kleine Gruppe mit Belfionns Angebeteten, Sina. Er schritt, bewaffnet mit seinem Trinkpokal, auf diese zu. Auf ihrer Höhe ertönt seine tiefe Stimme:” Rahja zum Gruße! Rahja meint es wohl gut mit mir. So viele Schönheiten an einem Fleck.” Dorcas nahm ein Schluck aus seinem Pokal.

Sina erkannte den selbstbewussten Adligen von vorhin sofort. Der Alkohol schien ihn in wunderbare Stimmung zu versetzen … in ihrem Gedächtnis schwirrten Bilder von Mägden … „Hochgeboren, was für eine Ehre…“ sie deutete auf Selinde und Alrike. „Seht Euch diesen Recken an, er hat eure Schönheit nicht nur sofort erkannt, nein, er ist Manns genug, es auszusprechen.“ Sachte beugte sie sich etwas zur Seite und versuchte, einen Blick auf Belfionn zu erhaschen. Aus irgendeinem Grund sollte er doch auf Dorcas aufpassen..

“ Werte Damen, wenn ich mich vorstellen darf….Dorcas von Paggenfeld. Und der Recke hinter mir ist Belfionn vom Schlund, seines Zeichens Ingerimmgeweihter und mein Vetter. Ich hoffe die Damen amüsieren sich und haben vielleicht auch schon ein Favoriten ausgesucht.! Dorcas läßt ein verschmitztes Lächeln aufblitzen.

“Danke der Nachfrage, Wohlgeboren. Ich bin dabei, mir die Herren anzusehen, alles braucht Zeit.” Kurz nickte sie Belfionn zu. “Wie sieht es bei Euch aus, Dorcas ? Noch kann viel passieren.”

“ Da habt ihr recht, Werteste. Ich werde mich Rahjas Willen beugen und dann abwarten welche von Euch hübschen Wesen Rahja für mich ausgesucht hat.” Dorcas grinst verschmitzt den Damen zu. Belfionn hingegen hält sich im Hintergrund. Den Blick von Sina hat er bemerkt, aber versucht desinteressiert zu wirken, da er doch sehr gekränkt von Sinas Entscheidung war und anscheinend schon verlobt sei. Doch versucht er immer wieder sie anzuschauen, denn das gebrochene Herz hat noch Hoffnung.


***

“Verzeiht, hohe Dame della Yaborim” Die angenehme Stimme des Jüngling Servusian zog Melisandes Aufmerksamkeit auf sich. Der Diener trug sein rotbraunes Haar kinnlang, seine strahlenden grünen Augen hoben sich von seiner leicht gebräunten Haut ab und seine Lippen waren voll und sinnlich. Er trug knielange grüne Hosen und ein Leinenhemd mit weiten Ausschnitt, das einen Einblick auf seine athletische Brust gab. Ein wilder und angenehmer Duft kam von ihm aus. “Ich hätte etwas für die Baronin von Rickenhausen zu überbringen” Er hielt ein Tablet mit einem Kästchen mit blauen Samtüberzug in seinen Händen.

“Hab dank, ich werde es ihr geben”, antwortete Melisande leicht verwundert und nahm das Tablett entgegen. Ihr Blick umfasste kurz und durchaus interessiert die Gestalt des Jünglings, aber sie ließ sich nichts weiter anmerken. “Damit die Baronin dieses - Geschenk? - richtig zu würdigen weiß, wäre natürlich von Vorteil, wenn sie den Namen des Schenkenden kennte?”

Thalissa war in die Betrachtung der Heiratskandidaten vertieft und nippte gelegentlich an ihrem Weinkelch. Sie hatte noch nichts mitbekommen von diesem kleinen Austausch.

Mit einem Lächeln zeigte er seine rein weißen Zähne. “Ein Geschenk des hohen Herrn Milian von Altenberg, hohe Dame” Er verneigte sich und zog sich zurück.

Melisande nahm das Tablett entgegen, nickte dem Diener zu und trug es dann zu ihrer Herrin. “Verzeiht, aber eben wurde ein Geschenk des hohen Herrn Milian von Altenberg für Euch abgegeben”, wiederholte die Zofe wortgetreu und präsentierte das Tablett.

Thalissa schreckte aus ihren Gedanken und sah Melisande an, dann das Kästchen, das nicht ganz billig gewesen sein durfte. Sie zog eine Augenbraue nach oben und nahm es vom Tablett herunter, um es nachdenklich in der Hand zu wiegen. “Ein Geschenk, soso …” murmelte sie. Sie fragte nicht weiter nach, hätte es noch etwas zu sagen gegeben, hätte es Melisande von sich aus erwähnt. “Na, da bin ich aber gespannt.” Mit spitzen Fingern öffnete sie den Verschluss.

Das erste was sie erreichte war der Duft von Rose. Auf einem blauen und seidenen Kissen lag eine Brosche. Eine filigrane Rose aus reinsten Silber.

Diesmal hob Thalissa beide Brauen. Da machte sich offenbar jemand Hoffnungen … abseits der offiziellen Kandidatinnen, wie es aussah. Aber ein Geschenk war ein Geschenk, und dieses zeigte zumindest Hingabe. Sie winkte Melisande zu sich, dann flüsterte sie ihr ins Ohr: “Such’ diesen Herrn Milian von Altenberg und sage ihm meinen Dank. Zudem habe er sich einen Tanz und ein Gespräch verdient, wobei es an ihm sei, dies zu passender Gelegenheit am heutigen Tage einzufordern. Ach, und finde heraus, wer er genau ist.” Thalissa hatte sich zwar vor ihrer Abreise grundsätzlich über die Altenberger informiert, es aber mangels eigener Ambitionen nicht für nötig befunden, sich mit ihren vielen Mitglieder im einzelnen zu befassen. Nun, zumindest bei einem musste sie nun wohl eine Ausnahme machen. Sie gab Melisande einen Wink, um ihrer Zofe zu bedeuten, dass dies alles wäre. Diese knickste leicht und machte sich auf den Weg.


Zunächst hielt Melisande Ausschau nach dem gutaussehenden DIener, der das Geschenk überbracht hatte. Der wusste wohl am ehesten, wo der Herr Milian von Altenberg zu finden war, und konnte ihr vielleicht gleich etwas über ihn erzählen. Aufmerksam sah sie sich um.

Den suchenden Blick erfassend, kam Servusian sofort herbei. “Was kann ich für euch tun, hohe Dame?”, fragte er und es schien eine Einladung in seiner Stimme mitzuschwingen.

“Ah, gut”, zeigte sich Melisande erfreut über das schnelle Auftauchen des Dieners. “Sag, wo finde ich den Herrn Milian von Altenberg? Wie sieht er aus? Und wer ist er überhaupt genau?” kam sie sofort zum Punkt, ohne sich anmerken zu lassen, ob es neben ihrer Aufgabe irgend etwas gab, das sie interessieren könnte.

“Der hohe Herr Milian ist der Sohn der Rektorin der Rechtsschule in Gratenfels, der gutaussehende Edelmann dort drüben. Wenn ihr möchtet könnte ich euch rüber bringen und vorstellen.” Ein laszives Schmunzeln zog sich über seine sinnlichen Lippen.

Melisande neigte den Kopf ein wenig. “Gut, dann tu das bitte”, antwortete sie knapp. Ganz kurz zeigte sich eine steile Falte zwischen ihren Augenbrauen, die aber sofort wieder verschwand. Dieser Diener war sich seines Aussehens wohl bewusst, aber er setzte es ein wenig zu … offensiv ein, wie eine Frau, die zuviel Parfüm auftrug.

“Wenn ihr mir bitte folgen würdet, hohe Dame della Yaborim.” Der junge Diener verbeugte sich und ging dann voran zum Pavillion der Altenberger.