Schießübungen auf Burg Tannwirk

Schießübungen auf Burg Tannwirk

13. Firun 1045 BF, Burg Tannwirk, Baronie Witzichenberg

Kurzbeschreibung der Geschichte
Die Baronin von Witzichenberg bespricht mit ihrer Hofmaga die Möglichkeiten, den Bergfried vor dem Angriff flugfähiger Wesen zu beschützen.

Die Protagonisten:
Circe ter Greven, Puniner Magierin, Hofmaga der Baronin von Tannwirk, Baronie Witzichenberg
Melinde Eberwulf von Tannwirk, Baronin von Witzichenberg

Der Ort des Geschehens: Burg Tannwirk

Die Besprechung
Ein Bote von Burg Tannwirk brachte einen Brief der Baronin Melinde für Frau Magistra ter Greven, Hofmagierin zu Witzichenberg, ins St.-Theria-Hospital. Es war ein trüber Tag und Efferds Segen nahm kein Ende. Nachdem sie alle im Hospital informiert hatte, warf sie sich den Mantel über und machte sich auf den Weg. Circe wurde erwartet und demzufolge auch vorgelassen. Der Page Falk von Tannwirk begrüßte Circe ehrerbietig und führte sie in Melindes Schreibstube.

Circe begrüßte Falk sehr höflich und, nachdem sie vor der Baronin stand, diese mit einem dezenten Knicks. Das Arbeitszimmer war ein ganz gemütlicher, kleinerer Raum mit vielen Regalen an den Wänden, in denen Aktenbündel, Pergamentrollen, Bücher, kleine Truhen und andere Dinge wohlgeordnet aufbewahrt wurden. Es gab einen kleineren runden Tisch mit 4 Stühlen und Melindes großen Schreibtisch, der mit kunstvollen Schnitzereien verziert war. Die Füße waren Löwenklauen. Dahinter stand ein bequemer Lehnstuhl, in dem Melinde auf Schafsfellen saß und Dokumente studierte. Auf dem Boden lagen einfache, ältere Teppiche gegen die Kälte. Ihre Füße hatte Melinde aber trotz der Teppiche auf ein Fußbänkchen gestellt. Im Kamin knisterte ein Feuer, das gemütliche Wärme verbreitete. Über dem Kamin hingen in Rahmen eine Karte der Baronie und eine kunstvolle Zeichnung von Burg Tannwirk, die Ingrawin angefertigt hatte. Auf dem Kaminsims stand eine hübsche kleine Schatulle aus dunklem Holz mit silbernen Intarsien. Unter dem Fenster stand eine große, sehr schwere Truhe mit einem von Zwergen gefertigten Schloss. Das Fenster war eines der wenigen auf der Burg, das eine Verglasung besaß. Viele andere Fensteröffnungen waren um diese Jahreszeit nur mit einem Fensterladen oder einer durchscheinenden Tierhaut, die auf einen Rahmen gespannt ist, verschlossen.

Melinde begrüßte die Maga: "Hesinde zum Gruße! Befindet Ihr Euch wohlauf?" Zur Begrüßung ihrer Hofmaga erhob sich Melinde und ging Circe entgegen. Circe entgegnete: "Hesinde zum Gruße. Ja, Hochgeboren, danke der Nachfrage." Melinde deutete auf einen bequemen Stuhl vor ihrem Schreibtisch: "Darf ich Euch etwas Warmes zu trinken anbieten? Einen Kräutertee? Oder lieber einen Glühwein oder einen heißen Apfelpunsch? Bitte nehmt Platz." Circe entgegnete: "Herzlichen Dank, was bereits angerichtet wurde."

Melinde reichte Circe einen Becher Kräutertee und brachte ihr Anliegen zur Sprache: "Mir bereitet eine Sache Sorge. Es geht um die Burg. Wir sind gegen konventionelle Angriffe sehr gut gesichert. Nur was ist im Falle von Angriffen aus der Luft? Meine Erlebnisse im Krieg haben mir gezeigt, was für Schrecken aus der Luft kommen können. Ich bitte Euch daher zu überlegen, welche Sicherungsmöglichkeiten man gegen Angriffe von Drachen oder unheiligem Gezücht aller Art ergreifen kann. Ich werde auch Seine Hochwürden von Siebenstein dazu konsultieren. Vielleicht besteht die Möglichkeit, den Bergfried nicht nur magisch, sondern auch mit kirchlichen Segnungen zu sichern. Oder schließt das eine das andere aus?"

Circe nahm den Tee dankend entgegen und ergänzte dann süffisant: "Nun, Ihr solltet davon absehen, magische Waffen oder Sicherungen von der Societas Lucis segnen zu lassen. Segnungen der anderen Elf beeinflussen die arkane Kunst nicht. Dennoch empfehle ich, geweihte und magische Abwehrmaßnahmen nebeneinander zu installieren. Erlaubt Ihr, daß ich mir die Örtlichkeiten genau ansehe, dann kommen mir zu den anderen Fragen vielleicht einige Ideen. Spontan habe ich nämlich keine. Eure Kriegserlebnisse und -erfahrungen sind weitaus jünger als meine."

Melinde begleitete Circe zum Bergfried. Kalt und unangenehm fällt der Regen und läuft den beiden Damen in den Kragen und in die Ärmel. Nach der Ortsbesichtigung begaben sich die beiden Damen schnell zurück ins Arbeitszimmer, wo Falk ihnen Handtücher bereit gelegt hatte und nun heiße Getränke brachte. Circe resümierte: "Für den Bergfried sehe ich nur die Möglichkeit, Skorpione oder Aale aufzustellen, die man nach oben schwenken ergo mit denen man Ziele in der Luft bekämpfen kann. Bei einem nicht überdachten Bergfried wäre das noch einfacher. Da dauerhaft geweihte Geschosse noch schwieriger zu beschaffen sind als magische, sollte ein Geweihter, der die Geschosse segnet, im Angriffsfalle auf der Burg sein." Melinde entgegnete: "Eine magische Lösung fällt Euch spontan nicht ein? So ein Angriff kann unerwartet erfolgen. Unsere Hofgeweihten residieren nicht auf der Burg und eine Segnung von Geschossen dauert ja auch ein Momentchen." Circe überlegte: "Das müsste ja dann dauerhaft verfügbar sein – und würde wahrscheinlich nicht benötigt werden. Hm … wie wäre es mit einem flexibel einsetzbaren Abwehrmittel? Geweihte Geschosse könnten nur gegen anfliegende Ziele eingesetzt werden, Waffenbalsam dagegen auch, wenn die Dämonen ‘zu Fuß’ angreifen. Es dürfte allerdings ein wenig aufwendig sein, Schuppen eines Höhlendrachen und Greifenfedern zu beschaffen. Habt Ihr so etwas vorrätig?"

“Mh, lasst mich nachdenken… Drachenschuppen… Greifenfedern…” Melinde begann verschmitzt zu lächeln. “Nein, ich denke nicht, dass wir derlei zur Hand haben!” Sie schenkte für Circe und sich selbst zwei Becher heißen Apfelpunsch ein und reichte ihrer Hofmaga einen Becher. “Vorsicht! Der Punsch ist noch sehr heiß!” Dann nahm sie wieder hinter ihrem Schreibtisch Platz. Nach einem Moment des Überlegens hub die Baronin an: “Wäre es möglich, das Dach direkt magisch zu sichern? Falls nicht, müsste man mit den Geweihten klären, ob das Dach und der Bergfried einen Segen erhalten könnten und ob das zur Abwehr reicht. Fällt Euch nicht doch noch was ein?” Erwartungsvoll blickte sie zu der älteren Frau, in deren Wissen und Lebenserfahrung sie große Hoffnungen setzte.

Circe konkretisierte ihre Überlegungen: "Ich bleibe beim guten alten Waffenbalsam, der gegen Sphärenwesen die allerbeste Qualität haben müsste. Nähern sich Karakilim, könnt Ihr die Substanz auf die Geschosse applizieren und diese Wesenheiten noch in der Luft bekämpfen. Versuchen Zantim über die Burgmauer zu hüpfen, ist eine Application auf die Klingenwaffen der Gardisten empfehlenswert. Eine dauerhafte magische Sicherung vermag ich nicht anzubringen, und ich kenne auch keine Collega, die das vermag. Waffenbalsam verliert meines Wissens seine Wirkung nicht, so dass Ihr dieses Abwehrmittel auch in zwanzig Jahren noch habt. Ein Beschuss sollte natürlich geübt werden. Hierzu könnte ich anbieten, Trugbilder in der Luft erscheinen zu lassen, die die Richtschützin dann anvisieren kann." “Die Idee mit dem Waffenbalsam erscheint mir sehr gut! Wenn seine Haltbarkeit wirklich so gut ist, dann ist der Aufwand im Vergleich zum Nutzen angebracht. Vielleicht kann man Dach und Burgmauern von unseren Geweihten segnen oder weihen lassen, als zusätzliche Maßnahme. Und Eure Idee, Übungen mit Trugbildern zu veranstalten, ist grandios! Ich habe nichts anderes von Euch erwartet!” Melinde erhob sich aus ihrem Sessel und reichte Circe die Hand! “Wie aufwendig und teuer ist die Herstellung des Waffenbalsams? Benötigt Ihr dazu noch Ingredienzen, die wir besorgen müssen? Wann könnt Ihr erste Mengen fertig haben und welche Mengen sollten wir bevorraten?”

Circe entgegnete: "Ich habe nur die exotischsten Zutaten genannt. Der Rest ist irgendwie zu beschaffen. Einige Fehlversuche sollten auch eingerechnet werden. Ich kann frühestens dann anfangen, wenn ich einen Satz Zutaten beisammen habe. Ich weiß nicht, wie lange das dauert, ich habe lange nicht nach den Zutaten für Waffenbalsam gesucht. Wie sich Angebot, Nachfrage und Preise seit dem Borbaradkrieg entwickelt haben, weiß ich nicht. Wie gut man in Elenvina, Gratenfels oder Albenhus an die Zutaten kommt, weiß ich ebenso wenig. Die ‘Fehlversuche’ sind übrigens nicht per se ein Fall für die Jauchegrube. Man kann sie veräußern, um die Kosten für die Zutaten reinzuholen oder verwenden, um Klingen oder andere Werkzeuge für Tätigkeiten zu nutzen, bei denen sie ansonsten stark abgenutzt würden. Was die Zeit angeht: Es ist sinnvoll, wenn ich Kraft fließen lasse, das steigert die Erfolgsaussichten bzw. die Qualität. Die Regeneration wird neben der Beschaffung der zweite bestimmende Faktor sein.”

“Gut, dann zieht bitte Erkundigungen ein, was die nötigen Substanzen kosten und dann lasst uns noch einmal sprechen, bevor Ihr sie ersteht. Solltet Ihr Boten benötigen, die Briefe und Anfragen übermitteln, gebt mir Bescheid, dann werde ich jemanden abordnen. Nach Gratenfels können wir auch eine Brieftaube schicken, allerdings kann diese nur kurze Nachrichten transportieren. Es wäre natürlich gut, Fehlversuche zu verkaufen oder zur Pflege unserer eigenen Waffen verwenden zu können. Möchtet Ihr mit uns das Mittagsmahl einnehmen?” Circe entgegnete: "Oh, da bedanke ich mich für die Einladung. Wenn es Euch nicht stört, kann ich noch ein paar Einschätzungen geben.”

“Nein, überhaupt nicht! Deswegen habe ich Euch ja zu Rate gezogen. Dann schauen wir doch mal, was uns die gute Frau Eichenblatt heute auftischt!” Melinde erhob sich, legte sich ihren Umhang um und begab sich zur Tür, die sie für Circe öffnete und ihrer Hofmaga den Vortritt ließ. Dann verschloss sie die Türe und schlenderte mit ihrem Gast in den Saal, wo man bereits dabei war, das Mahl aufzutischen.

Während des Essens fasste Circe zusammen: "Die restlichen Zutaten sind Horuschenkerne, Silberstaub, Wasser aus einem fließenden Gewässer, Brabaker Vitriol und Bärenfett, also nichts, wonach man großartig suchen müsste. Neben den Greifenfedern und den Drachenschuppen ist meine Kraft das zeitbestimmende Element. Um die verfügbaren Zutaten wirklich alle in Waffenbalsam der benötigten Qualität umzusetzen, ist es sinnvoll, wenn ich meine Kraft hineinfließen lasse. Mache ich das dreimal, bin ich für etwa vier Wochen quasi erschöpft. Anfallende Heilungen und andere ‘Zwischenfälle’ verzögern die weitere Herstellung zusätzlich, sofern nicht die junge Grandessa und Nuphara da in die Bresche springen können. Falls Ihr jedoch einen meisterlichen Alchemisten zur Hand habt, erübrigt sich das. Dann allerdings sind Dosen der gewünschten Qualität eher ein Zufallstreffer.”

“Nun, auch das ist wahrlich kein kleiner Aufwand!”, entgegnete Melinde, während sie in ihrer Hühnersuppe rührte. “Ich denke, es ist das Beste, wenn ich die gesamte Organisation in Eure fähigen Hände lege! Natürlich können wir auch eine Alchimisten hinzuziehen, sofern Ihr einen vertrauenswürdigen Meister kennt. Oder wir kaufen Waffenbalsam ein, aber das setzt voraus, dass Ihr entweder eine zuverlässige Quelle kennt und bereit seid, dafür eine Reise auf Euch zu nehmen, um ihn andernorts zu erwerben. Würden Eure Pflichten Eure Abwesenheit überhaupt zulassen? Und könntet Ihr die Wirksamkeit eines Balsams aus nicht zuverlässiger Quelle prüfen?” Melinde ließ den nächsten Gang auftragen, sobald alle mit der Suppe fertig sind. Die Küchenmeisterin, Frau Eichenblatt, hatte knusprige Hühnchen zubereitet, dazu gab es Erbsen und Möhrengemüse. Die anderen auf der Burg anwesenden Familienmitglieder lauschten gespannt der Unterhaltung.

Circe hakte ein: “Die Qualität eines käuflich erworbenen Waffenbalsams kann ich recht einfach feststellen, mit etwas Glück auch die eines feilgebotenen vor dem Erwerb. Einen Alchemisten, der die gewünschte Qualität sicher herstellen kann, kenne ich nicht.” “Teure Nichte, darf ich fragen, was Du planst?”, schaltete sich Leon Eberwulf von Tannwirk, seines Zeichens Burgoffizier auf Burg Tannwirk, in das Gespräch ein. “Verzeih’ Oheim, ich hätte Dich bereits im Vorfeld involvieren sollen. Ich überlege, wie wir den Bergfried gegen Angriffe aus der Luft, insbesondere magische oder unheilige, sichern könnten. Frau ter Greven berät uns diesbezüglich. Im Moment sieht es aus, als wäre ein Waffenbalsam die Lösung, die für uns am leichtesten umzusetzen wäre, wobei leicht hier wirklich nur relativ zu sehen ist.”

“Wie wäre es mit dem Einsatz von magischen Metallen, die man als Beschläge auf dem Turm anbringen würde? Würde das einen Effekt erzielen?” Erwartungsvoll blickten alle Tischgäste auf die gelehrte Dame.

Circe gab die Antworten auf die Fragen gebündelt: "Die Schuppen und die Federn gehören zur Rezeptur. Vielleicht sind Federn und Schuppen ersetzbar, aufwendig zu beschaffen dürften sie sein, eventuelle Substitute auch, aufwendig in Bezug auf die Zeit und die Mittel. Das gilt meiner Erfahrung nach in viel stärkerem Maße für magische Metalle. Ich habe einmal in meinem Leben Mindorium in den Händen gehalten, und ich hatte die Ehre, den enduriumbeschlagenen Donnersturm sehen zu dürfen.”

Melinde räusperte sich. “Was ist mit Tante Quelina und Onkel Quendian? Vielleicht könnten sie uns helfen? Es muss ja nicht sein, dass sich Frau ter Greven allein verausgabt.” Quelina und Quendian Eberwulf von Tannwirk waren Zwillingsgeschwister, beide magisch begabt. Sie hatten ihre Ausbildung in Elenvina an der Akademie der Herrschaft absolviert. Beide lebten und arbeiteten in Elenvina als Privatgelehrte.

Circe schlug vor: “Das ist natürlich eine willkommene Unterstützung. Aber da ich kaum über die Gabe Madas der geschätzten Kollegin und des geschätzten Kollegen verfügen kann – und dies auch gar nicht will –, schlage ich vor, ihnen eine Nachricht zukommen zu lassen. In Elenvina ist es vermutlich einfacher, an die Zutaten zu kommen. Außerdem kann man ja freundlich anfragen, ob dort auch die Möglichkeit besteht, die feilgebotenen Dosen nach oder vor dem Erwerb zu untersuchen. Was meine Abwesenheit angeht: Ich sehe mich bei meiner nächsten Reise nach Punin nach Zutaten und bereits fertigen Dosen um. Dort sind die Chancen gut.”

“Ja, ich werde beiden noch heute Nachmittag einen Brief schreiben. Gibt es bis zu einer Antwort etwas, was wir unternehmen können? Wann steht denn Eure nächste Reise nach Punin an? Hoffentlich nicht mehr vor meiner Niederkunft im Rahja? Da wüsste ich Euch gerne an meiner Seite!”

Der Hauptgang wurde abgetragen und als Dessert gab es Birnenkompott mit einer süßen, hellen Soße.

Circe hatte die Frage, ob Melinde Komplikationen befürchtete, schon auf der Zunge, doch das war eine Frage für einen Zeitpunkt, in dem sie unter vier Augen waren. Statt dessen sagte sie: “Den Wunsch werde ich Euch gern erfüllen, wenngleich ich sehr hoffe, dass eine Anwendung der Curativa nicht notwendig sein wird.” Dann begann Circe noch kurz, Überschlagsrechnungen durchzuführen: “Wenn ich mal schätze, ab welcher Entfernung ein Schuss auf anfliegende Wesen Erfolgsaussichten hat, komme ich zu dem Ergebnis, dass jedes Geschütz maximal zwei Schüsse abgeben kann. Ich bin keine Expertin für die Kriegskunst und lasse mich da gern eines besseren belehren, wenn Ihr zutreffendere Informationen habt. Wenn sie kommen, kommen sie aus einer Richtung, so dass nicht mehr als zwei Geschütze auf die Angreifer schießen können. Auch das werdet Ihr im Zweifelsfalle besser wissen als ich. Benötigt werden meiner Ansicht nach vier Dosen. Danach sollten noch für jeden Gardisten, der den Mut hat, Sphärenwesen anzugreifen, eine Dosis für die Klingenwaffe übrig sein. Vorsichtig geschätzt also insgesamt acht Dosen. Ich will Euch nicht den Mut nehmen, aber acht Dosen in der benötigten Qualität zusammenzubekommen, kann mehrere Götterläufe dauern.” Circe hatte vermieden, Melindes Klinge einzurechnen, weil sie nicht wusste, inwieweit sie dieses ‘Geheimnis’ verbreitet hatte.

“Nun, vielleicht sollten wir dann besser zeitig damit anfangen, welchen zu besorgen! Bitte informiert Euch doch noch über die Kosten. Und ich werde zu dem Thema noch die Geweihtenschaft konsultieren. Vielleicht sind wir dann für einen Fall der Fälle gut aufgestellt!”

“Das werde ich tun. Der Waffenbalsam ist aber ‘für einen Fall der Fälle’, wenn Ihr dieses Zitat gestattet. Ihr habt folglich keine konkreten Hinweise auf ein Szenario, richtig?”

“Nein, seid unbesorgt! Es gibt nichts, was uns in der aktuellen Lage Sorgen bereiten muss! Es ist nur manchmal so, dass ich nachts aus Albträumen hoch schrecke. Erinnerungen an den Krieg. Und dann denke ich mir, dass es vielleicht besser ist, auch hierzu Vorbereitungen zu treffen. Da man nicht sagen kann, wann und ob so ein Szenario eintreffen wird - die Götter mögen es verhüten - ist es mir wichtig, dass es Maßnahmen sind, die ihre Wirkung behalten.” Melinde blickt ihre Hofmaga an: “Wie läuft es im Hospital? Wird etwas benötigt? Und wie schreitet die Ausbildung Eurer Scholarin voran?”.

“Wir sind mit allem ausgestattet, und die junge Dame lernt gut, aber bitte sagt Ihr das nicht. Die Beschaffung der Zutaten und die Herstellung des Waffenbalsams wird sie mitbekommen, zumal sie einen Teil der Arbeiten übernehmen wird. Seht Ihr eine Möglichkeit, irgendetwas zu veranstalten, das die Aufmerksamkeit dieses Pamphletisten auf sich zieht? Ansonsten braucht Ihr die Schießergebnisse der Richtschützinnen auf meine Trugbilder nicht zu protokollieren, sondern bekommt sie frei Haus. Es sollte niemand in der Zeitung lesen, wie wehrhaft der Bergfried ist.”

“Ich werde Eurer Scholarin nichts verraten!” Melinde zwinkerte Circe zu. “Lara wird nichts verlauten lassen, wenn ich sie darum bitte. Ihr habt Recht, es muss nicht zu bekannt werden, was wir planen. Die Bewohner Witzichenbergs kann ich informieren lassen und Stillschweigen anordnen. Das sollte befolgt werden. Außerdem müssen sie informiert sein, damit keine Panik ausbricht. Im Moment ist der Pilgerweg wenig frequentiert, was sich aber ändern wird, sobald es wärmer wird. Dann sollten wir die Übung bald ansetzen. Bitte teilt mir mit, wann der Termin sein soll, dann werde ich alles veranlassen.”

“Wann immer Ihr meint, möglichst viele Bewohner außer Sichtweite zu bringen, Eure Schwangerschaft Euch nicht an Beobachtung bzw. Leitung hindert und ich nicht gerade in Punin bin oder meine Zauberkraft erschöpft ist. Im Wesentlichen liegt die Entscheidung bei Euch. Waffenbalsam brauchen wir zu diesen Schießübungen ja nicht. Mit profanem Schmierfett lassen sich die Bewegungsabläufe – schnelle Applikation des ‘Balsams’ vor dem Schuss – ja gut üben. Einen Haken hat die Sache: Angreifende Flugwesen bewegen sich, meine Illusionen tun dies nicht. Ich kann sie allerdings größer werden lassen, um einen Frontalangriff nachzustellen. Schüsse auf Wesen, die quer zur Schussrichtung fliegen, lassen sich mit meinen Trugbildern nicht üben.”

“Eure Vorschläge zur Veränderung der Größen der Illusionen sind gut! Damit kann man die fehlende Bewegung leidlich kompensieren. Was haltet Ihr vom 27. Firun? Dann haben wir zwei Wochen Zeit, alles vorzubereiten. Und bis zum 30. Firun, dem Tag der Ifirn, für den es ja auch noch dass ein oder andere vorzubereiten gibt, hat sich alles wieder beruhigt.

Ich werde den Bewohnern mitteilen, dass es die Übung einer Evakuierung für Notfälle sei. Wir lassen den Leuten morgens Zeit, um ihr Vieh zu versorgen, dann beginnt die Evakuierung kurz vor Sonnenaufgang. Die Leute begeben sich zum Peraine Tempel, wo sie den Tag verbringen können und bei Dunkelheit kehren sie zurück, denn das Vieh muss abends wieder versorgt werden und die Leute möchten die Nacht bestimmt wieder in ihrem eigenen Bett verbringen.

Ich werde mich mit Ihrer Hochwürden Frau Gumbeltritt abstimmen und fragen, ob es ihr Recht ist. Für die Verköstigung werde ich dem Tempel Nahrungsmittel zukommen lassen. Wichtig ist mir, dass die Schützen auch bei Dämmerung und Nacht einige Schüsse absolvieren, weil da das Zielen schwieriger ist als bei guten Lichtverhältnissen. Und auch hier auf der Burg werde ich alles vorbereiten. Nun, was haltet Ihr von meinem Plan? Habe ich etwas vergessen oder nicht recht bedacht?”

Circe präzisierte: “Die Veränderung der Größe stellt die Annäherung – oder auch Flucht – in radialer Richtung nach, jedoch nicht in Umfangsrichtung. Wenn die Bewohner erst nach Einbruch der Dunkelheit zurückkehren, bleibt genug Zeit für Schießübungen in der Dämmerung. Wer darf denn überhaupt von der Schießübung erfahren? Ich denke gerade nach, wie gut man vom Boden aus oder auf Entfernung erkennen kann, ob und wo das Trugbild getroffen wurde.”

“Wir werden nur eine kleine Gruppe einweihen. Die Büttelin hält im Dorf die Augen auf. Auf der Burg werden auch nur Gardisten anwesend sein und einige Familienmitglieder. Das Gesinde wird sich an der Übung beteiligen, sonst wird doch getratscht. Ich werde heute noch ein Schreiben an Ihre Hochwürden richten und gebe Euch Bescheid, ob es bei dem Termin bleibt.”

Circe sagte: “Ich meine nicht das Gesinde, Büttel oder andere Eurer Untertanen. Es geht um Unterstützung für mich bei der Erschaffung der Illusionen und die genaue Beobachtung der Treffer. Ich könnte versuchen, mich in die Lüfte zu erheben, aber das kostet mich Kraft und verringert die Anzahl der Illusionen und die Effizienz der gesamten Übung. Nuphara kann sich ohne Zauberei in die Lüfte erheben und bewegte Trugbilder erzeugen. Sie wird vermutlich etwas verstört wirken, wenn sie Waffenübungen unterstützen soll, aber wenn ich ihr sage, dass sich diese Übungen sozusagen gegen den ‘großen Bruder’ der Bestie richtet, die sie damals auf Abwege gebracht hat, könnte ich sie zur Mitarbeit überreden. Das trifft den Nagel auf den Kopf, denn der kleine, hässliche Dreckskerl, der Nuphara damals mit seinen Einflüsterungen vollends auf Abwege gebracht hat, stammt ebenso aus der Domäne des Herrn der Rastlosigkeit wie die Karakilim, gegen deren Angriffe sich die Übung ja unter anderem richtet. Das kleine Mistviech war übrigens auch am Rande in die Machenschaften der Schweinsfolder Hochzeit involviert. Ach so: Ich würde meine Kraft mit der der jungen Grandessa bündeln wollen, wenn von Eurer Seite keine Einwände bestehen.” “Selbstverständlich dürft Ihr Eure Scholarin involvieren. Sollte ich bei den Vorbereitungen noch etwas bedenken?” Circe sagte: “Ich bin mir einigermaßen sicher, dass wir an alles gedacht haben.” Melinde geleitet ihren Gast zur Türe und begibt sich danach in ihr Kabinett, um den besagten Brief zu verfassen.

Zwei Tage später erhält Circe einen Brief von Melinde, in dem diese schreibt, dass der Termin am 27. Firun auch der Geweihtenschaft des Peraine Tempel recht ist und dass man sich freut, die “Evakuierungsübung” zu unterstützen. Melinde erwähnt noch, dass auch die Geweihtenschaft bisher nicht in den Plan eingeweiht ist. Circe setzte die Mitarbeiterinnen im Lazarett über die bevorstehende Evakuierungsübung in Kenntnis.

Die Übung
Am 27. Firun wurde die Ortschaft in Sichtweite der Burg, wie von der Baronin beabsichtigt, geräumt. Dabei kam es zu keinen Zwischenfällen, auch weil die Räumung angekündigt war. Nur bei wenigen Bewohnern mussten die Büttel verbal etwas deutlicher und nachdrücklicher werden. Melinde konnte sich dann überzeugen, dass es möglich war, in schneller Folge auf Trugbilder, die Drachen und Flugdämonen darstellen, zu schießen. Nach einigen Versuchen hatte sich die Richtschützin auf ein Ziel in der Luft ‘eingeschossen’ und traf sicher. Auch mit der Schussfolge war die Baronin zufrieden. Ebenfalls geübt wurden Schüsse auf Ziele, die den Turm direkt anflogen. Diese Situation wurde nachgestellt, indem Trugbilder variabler Größe in der Luft erschaffen wurden. Auch diese Übung konnte die Turmbesatzung nach entsprechender Eingewöhnung meistern. Da es im Firun recht früh dunkel wird, war es auch möglich, den Beschuss von Zielen in der Dämmerung zu üben. Was nicht geübt werden konnte, war der Beschuss von flugfähigen Wesen, die um den Bergfried herum fliegen.

Autoren: Circe und Windwanderer SGS