Lustwandeln

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An verschiedenen Stellen

Nachdem die ´Götterspiele´ beendet waren, eilten die Knechte und Mägde zum Platz und räumten die Tische zur Seite. Der sechzigjährige Gartenmeister Rahjagoras stellte sich mit seiner Frau, die Bardin Nordrun, vor den versammelten Gästen und erhob die Stimme.

“Liebe Gäste, die Zeit zum Lustwandeln ist gekommen. Seit Generationen hegt und pflegt meine Familien den wunderschönen Lilienpark von Herzogenfurt. Die Tore sind geschlossen und nur uns gehört er heute ganz allein. Erfreut euch an den schönen Lilien, den Rahja-Schrein, dem Amphitheater und nutzt die Pavillons und Bänke zum verweilen. Sollte es euch dürsten oder der kleine Hunger euch erreichen, hat die Küchenmeisterin Victualia vor dem Küchenzelt einige Köstlichkeiten bereitgestellt.” Dann verneigte er sich. Dann erhob Nordrun ihre tiefe Stimme. “ Und im Sinne der Schönen werden meine Barden euch mit Musik begleiten. Zur Firunstunde bitten wir alle wieder zur Festwiese zu kommen, denn dann wird das Bankett eröffnet!” Mit einem Strahlen im Gesicht, verbeugte auch sie sich. Die Musikanten begannen an zu spielen.


Der junge Talfano sammelte all seinen Mut zusammen und ging zu Luzia von Keyserring zu. “Euer Wohlgeboren, würdet ihr mir die Ehre zuteil haben, mit mir zu lustwandeln?”, fragte er höflich.

Im selben Moment trat Lares von Mersingen hinter Talfano hervor und legte dem jungen Mann nonchalant die Hand auf die Schulter. “Baroness”, meinte er ohne große Umschweife und ohne den Altenberger groß zu berücksichtigen. “Ich würde mich über einen Spaziergang mit Euch sehr freuen. Es gilt noch eine Angelegenheit mit Eurem Vater zu erörtern, wenn ich mich richtig entsinne.”

Talfano schaute kurz irritiert. Selten spürte er es, aber das Altenberger Erbe schien aufzusteigen. “Verzeiht, euer Wohlgeboren von Mersingen, aber von euch habe ich solch eine impertinente Art als Letztes erwartet. Ich hatte gerade der Baroness meine Aufwartung gemacht. Dazu ist jetzt das lustwandeln da, hattet ihr die Worte des Geweihten nicht gehört?” Seine Stimme wurde langsam, aber stetig etwas lauter. Der Klang seiner Stimme zog eine weiter Person an. Sabea von Altenberg, die Hünin und Schwester Talfanos wurde hellhörig und setzte sich in Bewegung. Mit im Schlepptau hatte sie den Junker Thankred von Trollpfortz , den sie eingehakt hatte. “Gibt es hier ein Problem?”, fragte sie mit tiefer Stimme.

Thankred hielt sich derweil zurück. Sabea spürte jedoch die Anspannung in seiner Haltung. Der Trollpforzer beherrschte sich ihr zuliebe.

“Oh verzeiht”, überging Lares die beeindruckend prominente Erscheinung. Die körperliche Präsenz von Menschen war schon lange nicht mehr dazu angetan, ihn zu beeindrucken. “Mir war nicht aufgefallen, dass Ihr mit der Baroness gesprochen hättet, Herr...”, Lares drehte sich kurz nach Talfano um “Ihr gehört zur Familie der Gastgeber, stimmts? Ich hatte ja noch gar keine Gelegenheit mich für diese schöne Festivität zu bedanken. Nun denn. Ich denke, es ist galant, eine Dame wählen zu lassen, schließlich hat sie sich die Aufmerksamkeit unsererseits verdient.” Anstatt Talfanos oder Luzias Antwort abzuwarten sprach Sabea weiter. “Da habt ihr Recht, aber ich muss euch enttäuschen, eurer Wohlgeboren. Ich habe mich schon für jemanden entschieden.” Mit einem Seitenblick zu Thanked schmunzelte sie. Talfano entgegen entspannte sich wieder und schaute leicht flehend Luzia an. “Selbstverständlich sollte sie wählen, aber wenn sie jetzt wieder in die Obhut ihre Vaters möchte, dann frage ich später noch einmal.”

Der Junker indes so durch Sabeas Worte geschmeichelt, legte ihr die frei Hand auf die ihre, dort wo sie sich bei ihm eingehakt hatte.

Luzia war abwechselnd rot und kreidebleich geworden. Wie sollte sie denn nur reagieren? Sie war die Aufmerksamkeit von Männern nicht gewohnt. Und von mehreren erst recht nicht.... Es wäre höflicher mit Talfano zu gehen, immerhin hatte er zuerst gefragt- und er war der Gastgeber. Andererseits hatte sie sich sehr gerne mit Lares unterhalten und er hatte ihr die Möglichkeit eröffnet ihn zu begleiten. Außerdem sah sie wie geduldig und herzlich er mit Lissa umging, dadurch war sie ihm sehr zugeneigt. Kurz überlegte sie, sich zum Abort zu flüchten. Doch, was würde das ändern? Es wäre nur unehrlich. Gegenüber allen. Also nahm sie ihren Mut zusammen: “Werte Herren, ich möchte ehrlich mit Euch beiden sein. Ihr bringt mich in eine sehr schwierige Situation. Eine zudem sehr unbehagliche, die mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht gestatten würde, entspannt ...ähm… zu lustwandeln. Mit keinem von euch. Daher muss ich beide Angebote ablehnen. So leid es mir tut.” sie schluckte. Fuhr dann aber mit zunehmend fester Stimme fort: “Ich bin kein Pokal, um den man sich streiten muss. Und ich möchte auch keiner sein. Und ebensowenig bin ich eine Trophäe, die man präsentiert und dann in den Schrank stellt.” Sie schluckte. Ihr war eine Idee gekommen. Womöglich war sie kindisch, aber was sollte es: “Aber, was haltet ihr davon MITEINANDER spazieren zu gehen? Ihr könntet euch vertragen und euch klar darüber werden, dass jeder, der eine Frau wie ein Objekt behandelt, auch niemals mehr als ein Objekt bekommen wird.” Ihre Kehle fühlte sich trocken an. “Ich.. ich habe Durst. Ich hoffe… wir können später nocheinmal auf eure Angebote zurückkommen.” Sie drehte sich mit knallrotem Kopf um und marschierte in Richtung des Küchenzeltes.

Diese Abreibung hatte sich Lares eindeutig verdient. Zwar fühlte er sich ein Stückweit missverstanden, doch musste er zur Kenntnis nehmen, dass die Reaktion berechtigt war. Jetzt musste er mit dem status quo umgehen. Er konnte ihr nicht nachlaufen, das würde unhöflich, aufdringlich und ansonsten unmöglich wirken. Lares beäugte seinen ‘Kontrahenten’. Wenn das heute noch etwas werden sollte, dann musste er mit dem Hänfling wohl leben müssen. “Tja. Also dann. Wir sollten auf die Dame hier warten und in der Zwischenzeit vertragen, was sagt Ihr, Herr von Altenberg? Oder wünscht Ihr, die Baroness allein zu sprechen? Ich hatte den Vorzug, bereits zuvor mit ihr sprechen zu können. Es wäre egoistisch, Euch dies vorzuenthalten.”

Der Studioso war entsetzt. Was war hier geschehen? Hatte er sie wie ein Objekt behandelt? Und er konnte sich noch nicht einmal erklären. Wäre diese impertinente Junker nicht dazwischen gekommen. “Erkenntnis ist der Weg zur Besserung. Ich hoffe Ihr nehmt euch das zu Herzen.” Er blickte Luzia kurz hinterher. “Da ich nie im Streit mit Euch war, sehe ich keinen Grund sich zu vertragen. Ich wünsche euch ein schönes Fest.” Talfano schluckte seine Wut runter und ließ den Junker stehen.

Abschätzig schaute seine große Schwester der jungen Dame hinterher. Dann wanderte sie zu Lares. Eiskalt und von oben herab musterte sie ihn. “Thankred, genau das, was wir befürchtet haben. Wie wäre es, wenn ihr mir jetzt euren Streitkolben zeigen würdet?”

“Nichts lieber als das meine Teuerste”, sprach der Hüne nicht ohne Schalk in der Stimme. Das ‘lassen wir die Kinder alleine spielen’, dass er ebenfalls auf der Zunge hatte verkniff er sich in jenem Moment.

Thankred war einem Streit nicht abgeneigt, gerade den Mersinger, der zu verbalen Entgleisungen neigte, hätte er sich gern zur Brust genommen, Sabea jedoch, oder vielmehr die Aussicht auf ungestörte Zweisamkeit mit ihr, ließen die Auseinandersetzung mit diesem Lares uninteressant wirken. Der Junker war ein Mann klarer Prioritäten.

Als sich Sabea und der Troll umgedreht hatten, runzelte der Mersinger die Stirn. Einen Streitkolben zeigen? Was zum Henker hatten die beiden vor? Aber gut, das ging ihn nichts an und sonderlich interessieren tat es ihn auch nicht. Nur hatte er jetzt ein gravierendes Problem: Der Altenberger Hänfling hatte sich auch aus dem Staub gemacht. Das hieß am Ende des Tages wahrscheinlich: Kein Spaziergang mit niemandem. Na toll. Das hatte er wieder fein hinbekommen. Da hieß es immer, Frauen wollten erobert werden. Aber Luzia schien da aus einem anderen Holz geschnitzt. Sie war vielmehr das, was er suchte: Eine selbstbewusste, kluge Person, die sich nicht degradieren lassen wollte. Verständlich. Aber er hätte sie doch nicht diesem - Hanswurst überlassen dürfen. Eine ihm gänzlich unbekannte Eifersucht machte sich in Lares breit, die er sofort mit mentaler Gewalt zu ersticken suchte. Die Situation war nun einmal so, wie sie sich entwickelt hatte. Jetzt stand er da wie bestellt und nicht abgeholt. Zuerst blickte er dem Küchenzelt nach, doch als er Luzia nicht sehen konnte, ließ er seinen Blick schweifen. Er würde sich hier nicht wegbewegen, bis die Baroness wiedergekommen war - wie sonst sollte er erklären, dass der andere ich aus dem Staub gemacht hatte?

Lissa sah ihren Schwertvater etwas niedergeschlagen an. “Denkt ihr, es wäre jetzt ein guter Moment, die hohe Dame von Wasserthal zu bitten, mich ihrem Bruder vorzustellen?” Sie hatte das Gefühl Lares wollte vielleicht für den Moment lieber alleine sein.

“Die hohe Dame von Wasserthal wird wahrscheinlich gerade mit dem Herr vom Traurigen Stein lustwandeln”, sagte der Mersinger etwas geknickt. Da allerdings sah er den Ritter auf sich zukommen...

***


Die wuchtige Praiosgeweihte Praiona schaute sich verträumt um. ´Welcher Prinz wird wohl als erstes mich hofieren?´ Ein seliges Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Sie wartete eine Weile, aber es schien keiner zu kommen. Ohne sich weitere darüber Gedanken zu machen, lief sie in den Park und genoss die Sonne und die Blumen. Wenn der Prinz nicht zu ihr kommt, so kommt sie zu ihm.

***

Als Durinja von Altenberg von ihrem kurzen Spaziergang mit Linnart vom Traurigen Stein zur Festwiese wieder kam, schaute sie sich um und wartete, ob ein Mann sie zum Lustwandeln fordern würde.

Es sollte bloß ein Drittel Stundenglas dauern, bis sie eben jenen Mann erneut auf der Festwiese vernehmen konnte, doch hatte sich der Ausdruck auf seinem Antlitz grundlegend geändert. Linnart wirkte in Gedanken und das selbstsichere Lächeln, das ihn den ganzen Tag ausgezeichnet hatte, war verschwunden. In seiner Rechten trug er darüber hinaus einen Weinkelch mit sich, an dem er auf seinem Weg hinunter gelegentlich nippte. Stets verzog er danach seine Lippen und signalisierte damit wohl, dass er mit dem Geschmack des Traubensaftes nicht zufrieden war. Der Bannstrahler schien sie keines Blickes zu würdigen, während er den anderen Anwesenden zumindest ein gezwungenes Lächeln schenkte. Der Ritter war ein schlechter Schauspieler, das konnte Durinja schon recht früh erkennen. Er blieb ein paar Schritt von ihr entfernt stehen und lehnte sich gegen die Außensäule eines Pavillons. Dabei winkelte er sein rechtes Bein an und stützte es entspannt dagegen. Als sich ihre Blicke nach einigen Augenblicken trafen, prostete er der Altenbergerin zu, doch ließ er sich sonst zu keiner äußerlichen Regung hinreißen.

Durinja hatte nur von weitem das Drama beobachtet. Sie war immer überrascht darüber wie der Herr Praios zu listigen Mittel griff, um die Wahrheit ans Licht zu führen. Andersine tat ihr ein wenig leid, denn Linnart war wirklich nichts für sie. Der Kummer, der erst nach dem Traviabund gekommen wäre, wäre viel schmerzhafter gewesen. Allerdings nahm sie der Ritterin ihr traviagefälliges Gehabe ganz ab. Es dauerte nicht lange bis sie sich an den Hals eines anderen schmiss, sei es nur von falsch eingeschätzter Enttäuschung gesteuert. Und dieser Mersinger … der spielte sein eigenes Spiel. Er konnte es vielleicht von den meisten verbergen, aber den lüsternen Blick, den er den Damen zu warf, sagte ihr alles. Und da machte er auch keine Ausnahme bei der Wasserthalerin. Wie es aber schien war er nun hinter der blutjungen Baronstochter hinterher. Und was würde erst geschehen, wenn seine Pagin erst zum erblühen kam? Auch diese traviatugend-vorheuchelnden Ritter waren ihr bekannt. Schon als kleines Mädchen war sie im Visier dieser. Sie sah zu Linnart rüber, der wie ein geprügelter Hund zu ihr rüber schaute. Sicherlich gab er ihr jetzt die Schuld an der verschmähten Liebe. Die zornigen Blicke der anderen waren ihr auch nicht entgangen. Dennoch ließ sie das ganze unberührt, denn fast niemand mochte in eine Spiegel blicken und an seinen eigene Verfehlungen erinnert zu werden. Langsam schritt sie Richtung Park. Sollte Linnart jetzt schon bereit für sie sein, wird er ihr folgen. Und wenn nicht, der Tag war ja noch lang.

Die Augenbrauen des jungen Mannes schoben sich zusammen. Selbst jetzt wollte sie ihn noch herausfordern … sein Blick hing für einige Moment am wiegenden Becken der sich entfernenden Zofe, dann sah er in seinen, inzwischen leeren Weinbecher. Er seufzte. Nein, so leicht kam sie ihm nicht aus. Linnart stellte sein Trinkgefäß ab und folgte ihr in den Park.

Das Knirschen seiner Schritte auf dem Kies waren unüberhörbar. Sie blieb stehen und betrachtete ein paar Lilien. Erst im letzten Moment drehte sie sich zu ihm. “Linnart, ich hätte nicht erwartet euch so schnell wieder zu sehen. Ich war gerade auf dem Weg dem Junker von Mersingen meine Aufwartung zu machen.” Mit leichten Lächeln und unnahbaren Gesichtsausdruck schaute sie ihn an.

Als der Mersinger zur Sprache kam, zog er seine Augenbraue hoch, doch ließ er sich sonst nichts anmerken. “So hast DU das nicht, Durinja …”, Linnart verzog kurz seinen Mundwinkel, “... und ich dachte, dass das …”, er wies auf ihr Geschenk an seinem Hals, “... genau dazu führen sollte.” Sein Blick löste sich von ihr und lag auf dem Lilienfeld vor ihnen. “Als ich den Mersinger zuletzt gesehen habe, hat er mir versprochen mit Andesine zu sprechen. Vielleicht findest du ihn dort, wiewohl ich es dir nicht raten würde sie aufzusuchen.”

“War ich das? Es tut mir leid, doch der Kuss war unerwartet stürmisch. Doch ich hatte das bei euch besser wissen müssen. Rahja steckt euch sozusagen im Blute.”Nun blickte sie neugierig. “Wieso sollte ich den Junker nicht aufsuchen?”

Linnart zog abermals seine Augenbrauen hoch. “Du kannst den Junker gerne aufsuchen, doch solltest du dich von Andesine fernhalten. Da die beiden mit großer Wahrscheinlichkeit zusammen sind … naja … du kannst es dir denken.” “Ich habe nur gesehen, wie sie Lares umarmt hatte, aber dann wütend davon lief. Und um Ehrlich zu sein. Ich habe keine Angst vor einer Andesine oder irgendjemand anderes. Ich weiß wer ich bin. So nun sagt mir, Linnart. Warum seid ihr zu mir gekommen?”

“Kannst du dir das nicht denken?”, gab er knapp zur Antwort. “Und bitte lass das Ihrzen weg. Eine Frau sollte einen Mann, der ein Mal ihrer Leidenschaft am Hals trägt, nicht so förmlich ansprechen. Nenn mich einfach Linnart.”

“Nun gut, nenn mich Durinja. Sehr erfreut, Linnart.” Sie schmunzelte. “Nun warum bist du hier? Um mir doch den Hof zu machen? Mich zu verführen? Oder einfach nur zum Plaudern? Ich bin gespannt, welcher Grund es davon ist.”

Er hasste sich innerlich für die folgende Antwort, doch musste es sein. “Und wenn es alle drei Gründe sind?” Er hob seine Augenbrauen und kurz schien es als verzogen sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln.

Sie wandte sich ab. “Dann werde ich dich in einen der Gründe enttäuschen müssen. “Also entscheide dich.” Durinja setzte ihren Weg fort.

Durinja konnte es nicht sehen, doch rollte der Bannstrahler mit seinen Augen. Zögerlich setzte er sich in Bewegung. Eigentlich hätte er sie gehen lassen sollen. Soll sie doch den Mersinger mit ihrer Anwesenheit beehren. “Nun denn …”, antwortete er, “... gut. Über das Plaudern sind wir beide wohl schon hinaus und was die anderen beiden Punkte angeht …”, er atmete tief durch. Es fiel ihm nicht leicht das folgende auszusprechen, “... sieh es als meine Werbung um deine Hand.”

Ihre Augen wurden groß. “Linnart, ich nehme euer Werben an.” Durinja nahm ihn an die Hand. “Ich hoffe du hast begriffen, dass du dich bei mir nicht verstellen musst. Du bist wer du bist. Zusammen werden wir das Haus vom Traurigen Stein zu Ehrfurcht und Größe bringen. Das kann ich dir versprechen. Und meine Liebe sei dir gewiss. Und nun schau nicht mehr so traurig. ”Sie lachte und diesmal war es erfüllt von warmer Herzlichkeit.” Durinja ergriff seine Hand und zog ihn mit sich.

Der Bannstrahler lächelte ihr zu. Der Ausdruck auf seinem Antlitz war nicht der ehrlichste. Götter, was hatte er nur getan? Doch war es war wohl das einzig richtige. Praios und Rahja hatten ihm vor Augen geführt, wer er wirklich war und Frauen wie die Wasserthalerin würde er ständig nur verletzen. Um Liebe ging es gegenwärtig nicht mehr - diese starb mit Andesines gebrochenem Herzen. “Durinja, warte …”, er hielt sie zurück, zog sie schwungvoll an sich heran und umarmte sie. Die Altenbergerin konnte fühlen, dass er schwer atmete, “... ich möchte mit deinem Vater sprechen …”, flüsterte Linnart ihr dann zu, als sie sich voneinander lösten, “... es soll schon alles Hand und Fuß haben. Ich muss auch ihn um deine Hand bitten.”

“Wenn das so ist, dann lass uns zurück zur Festwiese. Mein Vater ist dort.” Sie drehte um.

“Ja, es würde mir sehr viel bedeuten …”, bestätigte der Bannstrahler, dann legte er ihre Hand in die seine und schlang seine Finger zwischen die ihren.


***

Sylvette hatte sich ein schattiges Plätzchen gesucht und sich dort auf einer Bank niedergelassen. Mit überschlagenen Beinen da und genoss das schöne Wetter. Sie hatte es nicht eilig mit dem Spaziergang durch den Park. Viel interessanter für sie war die Frage wer sie dazu auffordern würde? Sehr wahrscheinlich dieser selbstbewusste junge Mann, Amiel von Altenberg der ihr auf Augenhöhe begegnete und sie mit Käse fütterte. Und dann war da noch Ingeras von Leihenhof, dieser devote Bursche, den zu formen eine echte Herausforderung sein würde. Sie war gespannt, ob und wie er um sie kämpfen würde. Als er bei der Traviaprüfung seine Abscheu gegenüber Käse überwunden hat, war Sylvette stolz auf ihn gewesen. Ein ungewohntes Gefühl für sie und doch hatte es sich gut angefühlt.

Auch wenn er sich im Hintergrund aufhielt, hatte er Sylvette nicht aus dem Auge gelassen. Erst wollte er mit seiner Schwester gehen, die sich entschlossen hatte mit dem alten Mann in den Park zu gehen. Aber ihr Blick war ihm unmissverständlich. Sie wollte allein sein. Das kam ihm recht, denn nun trat er aus dem Schatten und ging auf die Wasserthalerin zu. Der pummelige Altenberger war im Küchenzelt zugange. Die Gelegenheit war die Richtige. Elfengleich schritt er auf Sylvette zu. “Sylvette! Habt ihr Lust ein wenig die Zeit miteinander zu verbringen?” fragte er sie direkt.

Erfreut lächelte sie Ingeras an. Hatte der Bursche doch den Mut gefunden sie um diesen Spaziergang zu bitten. “Aber liebend gerne, Ingeras.” Sie streckte ihm auffordernd beide Hände entgegen, damit er ihr beim Aufstehen helfen konnte. “Wonach steht Euch der Sinn?”

“Wie wäre es mit dem … Rahjaschrein?” leicht unterwürfig schaute er sie an. Das Wort ´Herrin´ verdrückte er sich.

Ihr Lächeln wurde breiter. “Eine interessante Wahl. Du wirst mir doch auf dem Weg dahin sicherlich erklären können, wieso du gerade diesen Ort gewählt hast.” Sylvette trat näher an Ingeras heran und hakte sich bei ihm unter.

Während sie liefen, sog er ihren Duft ein. Wie sinnlich sie war. Und ihr Griff so … kräftig. “Ich dachte der Ort der Göttin der Liebe und Leiden … Schaft würde euch gefallen.”

Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie ihn geduzt hatte, erst jetzt kam es ihr. Es war einfach so natürlich gewesen ihn so anzusprechen. Doch er schien es gar nicht mitbekommen zu haben. Jetzt wollte sie aber ein wenig mit ihm spielen. Während sie noch gingen, versicherte sich Sylvette, dass sie unbeobachtet waren. Erst dann drängte sie sich etwas an ihn heran und flüsterte leise in sein Ohr. “Was den nun, Liebe und Leiden oder Liebe und Leidenschaft? Ich bin neugierig.” Zur Bekräftigung ihrer Worte ließ sie erst ihre Zunge über seine Ohrmuschel gleiten, bevor sie ihn sanft ins Ohrläppchen biss.

Ingeras wurde es heiß und kalt. Dies Frau machte ihn wahnsinnig. Glücklicherweise hatte er sich dazu entschieden, sein Hemd weiterhin lang herunterhängen zu lassen. Er wusste, dass er wegen bestimmten Merkmalen unerwünschte Aufmerksamkeit bekam. “Liebe und Leiden sind für mich eins, Sylvette.” Er wagte ein Blick zu ihr herüber und bemerkte das sie am Schrein der Rahja ankamen.

***

Elvan von Altenberg wollte sicher gehen, dass seine Mutter ihn sah, da er in Begleitung einer Frau war, bevor er den Spaziergang mit Rahjalind antrat. Aber seine Mutter war nicht der einzige Grund warum er sich umschaute. Er suchte Vitold und war neugierig, ob er auch jemanden zum lustwandeln in den Park führen würde.

Die Novizin hatte sich beim Altenberger eingehakt, doch schweifte ihr Blick in weite Ferne. Als keine anderen Gäste um sie waren, wandte sie sich zu ihm um, ohne dabei stehen zu bleiben. “Also der Herr Vitold …”, fiel sie mit der Tür ins Haus, “... Ihr habt Euch gut mit ihm verstanden, habe ich nicht recht?”

Als ob sie seine Gedanken gelesen hätte, fühlte der Schreiber sich ertappt. “Oh, ja natürlich … ein interessanter Mann. Er erinnert mich an unseren Herzog.” gestand er.

“An den Herzog …”, wiederholte Rahjalind, “... was für ein stattlicher, hübscher Mann. Meint Ihr nicht auch?”

Elvan lächelte und ein Strahlen hielt in seinem Blick Einzug. “Absolut. Und diese schönen kräftigen Hände die er hat. Ich war ja erst vor kurzem bei Hofe und habe seine Kinder portraitiert” sagte er stolz.

“Was für eine Ehre …”, sie schenkte ihm ein herzliches Lächeln, “... und ja, über die … Hände … seiner Hoheit habe ich schon einiges gehört. Unter uns …”, flüsterte sie ihm dann, begleitet von einem wissenden Lächeln ins Ohr, “... habt Ihr denn schon eine Favoritin hier auf der Brautschau?” Elvan überlegte kurz. “Die almadanische Hofdame wäre eine gute Partie. Wir sind beide in Elenvina” Selbstsicher nickte er.

"Herr Elvan …", rügte Rahjalind ihn gespielt, "... ich meinte nicht wen Ihr denkt ehelichen zu müssen, weil man es so von Euch erwartet … ich meinte viel mehr für wen Ihr Euch selbst am ehesten erwärmen könnt." Die Novizin blieb hartnäckig. "Ihr könnt ehrlich zu mir sein. Wir sind unter uns … wenn Ihr Euch jemandem anvertrauen wollt … wer wäre besser dafür geeignet als eine Dienerin der Göttin der Liebe?"

Misstrauisch kniff er die Augen zusammen. Es gibt nichts zum anvertrauen. Hat euch Bruder Rahjel geschickt? “ Mit leichten gerötet Wangen lief er etwas schneller.

Sie schüttelte zur Antwort ihr Haupt. "Nein ich bin von mir selbst aus hier. Ich fühle, dass Ihr Euch in eine Rolle zwängen wollt, die Ihr nicht spielen könnt." Rahjalinds Stimme war von einen auf den anderen Herzschlag von Mitgefühl geschwängert. "Ich werde Euch nicht damit behelligen, wenn Ihr nicht darüber sprechen wollt. Mir wurde heute schon einmal gesagt, dass ich dazu neige Menschen zu … äh … quälen. Nur eines …", sie leckte sich die Lippen, "... verleugnet nicht Euch selbst. Und da spreche ich jetzt gar nicht von Liebesdingen. Sogar der Herr Praios sieht es nicht gern wenn man sich selbst in eine Rolle zu zwängen versucht." Die Novizin blickte nach vorne. "Ich kann Euch nur meine Hilfe und meinen Beistand anbieten. Es lässt sich für alles eine Lösung finden. Ich möchte nur nicht, dass Ihr unglücklich seid."

Nachdenklich schaute er sie an und steuerte einen Pavillon an.



***

Der Junker von Liannon, Lucrann von Leihenhof, schaute sich nach der Novizin Rahjalind um. Doch entdecken konnte er sie nicht. Der Tharf rann ihm immer noch durch die Adern und er war in sehr guter Laune … und mutig. Da fiel ihm die dunkle Schöhnheit auf. Galant machte er sich auf zu ihr und machte einen formvollendeten Knicks. “Edle Dame, Cavalliere und Junker Lucrann von Leihenhof zu Liannon. Ich hatte mich gerade gefragt, ob ich die Grazie, wie ihr es seid, zum lustwandeln bitten kann?” Lucrann war hoch gewachsen, dabei von schlanker-sehniger Statur, ja fast dürr zu bezeichnen. Sein Gesicht war scharf geschnitten, wahrte dabei aber eine annähernd herzförmige Form und wurde von einem Busch aus sorgsam geschnittenen, dunkelbraunen Haaren eingerahmt. In diesem Gesicht leuchteten ein Paar wacher, meerblauer Augen, leicht schräg gestellt, und erinnerten den Kundigen an die Augen von Nivesen. Doch wirklich auffällig an dem Junker waren seine großen Hände mit den langen kräftigen Fingern. Seine Kleidung war einfarbig gehalten und zeugten von der Verwendung eines teuren Hesindigo-Blau. Und so trug der Junker ein aufwändigen Brokatwams mit abgesetzten Ärmeln, sowie Hosen, die etwa bis Kniehöhe gepludert waren, dazu Stiefel aus weichem Leder und ein Barett mit Federschmuck. Als Schmuck trug er einen einzigen tropfenförmigen Ohrring am linken Ohr. Eine Pomander hing an einer schmalen Kette, dessen Abschlussring an seinem Finger steckte und den herrlichen Geruch von Rose verbreitete.

Offensichtlich war es Melisande nicht vergönnt, ‘unbeschadet’ zu ihrer Baronin zurückzukehren. ALlerdings hatte sie es ja ein wenig darauf angelegt. Sie schaute den Junker an. Immerhin gehörte er zu den besser gekleideten Personen hier auf dem Fest. Mal sehen, ob er die horasische Lebensart nicht nur imitierte, sondern tatsächlich verinnerlicht hatte.

“Euer Wohlgeboren, Ihr dürft. Ich bin Signora Melisande della Yaborim, aber das wisst Ihr sicher bereits.” Sie lächelte den Junker freundlich-einladend an. Ihre weißen, regelmäßigen Zähne bildeten in der Sonne einen starken Kontrast zum Dunkel ihrer Haut.

Lucrann hielt ihr den Arm hin und führte sie in Richtung eines Pavillons.

***

Die Ritterin Alana von Altenberg schaute sich um. Nun war sie hier, ihr Bruder beschäftigt. Doch an den Tisch der ungeliebten Verwandten wollte sie nicht. Ein Spaziergang wäre ganz willkommen. Die Wasserthaler Ritterin fand sie interessant, doch war diese nicht auf der Wiese zu finden. Doch der Krieger Arsan war da. Immerhin hatte sie ihn schon am Tisch der Rondra etwas begutachten können. Kurzerhand entschied sie sich zu ihm rüber zu gehen. “Thomundson. Habt ihr schon Pläne?” fragte Alana ganz direkt.

Nach Lustwandeln hatte dem Krieger bisher eigentlich noch nicht der Sinn gestanden, jedoch kam ihm die Gelegenheit sich die Beine zu vertreten sehr gelegen. Der Ruf seines Namens und die Frage nach seinen Plänen, versprachen allerdings dass er dabei womöglich Gesellschaft haben würde. “Spezielle Pläne hatte ich keine, aber eventuell wollt Ihr Euch gemeinsam mit mir ein wenig die Füße vertreten?”

“Ich bin dabei, wir könnten uns den See oder das Amphitheater anschauen.” Doch bevor beide los gingen, besorgte die Ritterin den beiden zwei Humpen Bier. “Für den Durst unterwegs.” Sie Lachte und betrat den Kiesweg. “Und wie schaut es aus , jemand ins Auge gefasst zum umwerben? Am Tisch der Rondra gab es ja nicht viele Möglichkeiten.” Neugierig schaute sie den Krieger an.

Den Humpen dankend entgegennehmend wies er mit diesem in Richtung des Sees. “Ich fürchte es ist nicht unbedingt leicht, überraschenderweise scheint ein Leben im Herzen von Nordgratenfels für die wenigsten Damen verlockend zu sein.” Gab Arsan zurück und klang dabei nicht so, als wäre er tatsächlich ob des soeben genannten Umstandes überrascht. “Zugegeben es waren tatsächlich nur wenige Personen am Tisch der Leuin, doch ist es das wehrhafte Wesen der Herrin das die Leute am Leben hält. Und bei Euch?”

“Ja, mir geht es genau so und ihr habt recht. Doch mein ´Haus´ steht Rondra nicht besonders nahe. Nun, ich bin auch nur hier, um meinem Bruder einen Gefallen zu tun.” Dabei deutete sie auf den Geweihten der Rahja. “Ich glaube, dass der Traviabund nichts für mich ist. Mir reicht die Liebe zu Rondra” Verschwörerisch zwinkerte die Ritterin ihm zu.

“Erfüllt die Liebe zu Rondra nicht die Herzen der meisten aufrechten Recken? Mein Vater sagte mir jedoch einst, das diese Liebe mit Rondras Leidenschaft verbrennen kann. Sie kann uns mit ihrer Hitze versengen oder ausgebrannt als ein Häufchen Asche zurücklassen. Es ist das Herdfeuer das wir nach einem hitzigen Gefecht herbeisehnen, das uns Halt und Heimat ist und wie sollten die von uns errungenen Ehren die Zeit überdauern wenn nicht durch künftige Generationen?” Verlegen kratzte er sich am Kinn. “Ich glaube mein Vater war gelegentlich etwas Rührselig, allerdings vermute ich, auch wenn ihr kein Interesse an einem Traviabund habt, wird Eure Familie Euch gern vermählt sehen wollen - zumal mit einem Bruder als Diener der holden Rahja ein Sproß bereits als verloren gelten dürfte.“

´Ja, das leidliche Thema´ ging es ihr durch den Kopf. Den einzigen Menschen den sie sich je als Partner für einen Bund vorstellen konnte, war eine Frau. Doch diese war unerreichbar. “Sicherlich habt ihr Recht. Nun es gibt bestimmt eine Dame für Euch für den Traviabund?” Alana dachte dabei an die Ahnwachter Schwestern. Endlich am See angekommen, zog sie tief die frische Luft ein. Dann fiel ihr die junge Baroness von Keyssering im Gras sitzend auf. “Was haltet ihr von der jungen Eisensteinerin?” fragte sie Arsan.

Arsan musterte die Ritterin, versuchte das Wesen hinter ihrer äußeren Fassade zu erkennen - allerdings wusste er sehr wohl darum, dass dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt war. “Ich muss zugeben unter den Kandidatinnen niemanden erkannt zu haben, der zu meinem Lebensumständen passen würde.” Die Ruhe und den Frieden, den dieser See ausstrahlte, genießend ließ er sich Zeit mit der weiteren Antwort. “Nun sie ist jung und sicherlich ansehnlich... “ Versuchte er einen Anfang zu finden. “Aus gutem Haus, Hochadel sogar! Vermutlich jedoch eher wenig daran interessiert sich in dicht bewaldete Ecken der Landgrafschaft, mehrere Praiosläufe von der nächsten Stadt entfernt, niederzulassen.” Nachdenklich nippte er an seinem Bier. “Und was sagt Ihr zu den Werbern? Vermochte einer der Werber Eurer Interesse zu wecken oder eine Werberin?” Auch wenn die Kirche der gütigen Travia es nicht gern sah und aus einer solchen Verbindung kein Erbe ergehen konnte, so war es kein Einzelfall - dafür jedoch meist als Liaison, neben dem der Erblinie sichernden Bund, geführt.

“Mir geht es genauso. Und ich habe auch nicht vor jemanden zu suchen. Ich bin mir sicher, das meine Verwandten genug Bündnisse heute eingehen werden.” Nun setzte sie sich ins Gras und steckte sich. Die weiblichen Reize die sie damit preisgab, schien Alana nicht zu beachten. Irgendetwas sagte ihr, das der junge Mann begriffen hatte. “Hochadel? Ihr greift hoch Thomundson. Da bleiben ja nur die Baroness von Keyssering und die nicht anwesende Baroness von Firnholz übrig. Wenn die aber wie ihre Mutter aussieht, dann verstehe ich, dass hier keine Interesse hat.” Frech grinste sie den Krieger an.

Sich neben der Altenbergerin im Gras niederlassend, behielt der Krieger den See weiter im Blick. “Ich denke nicht, das ich nach dem Hochadel greifen werde…” Korrigierte er das scheinbare Missverständnis. “Ich möchte weiter leben, wo ich es derzeit tue - in Waidwacht, im ruhigen und abgeschiedenen Firun von Vairningen. Doch das Leben dort ist nicht jedermanns Sache. Vom Hochadel hält es nur jene in Nordgratenfels, die dort ihre Lehen haben und selbst deren Familienmitglieder suchen ihr Glück bereitwillig andererorts.” Arsan lehnte sich nach hinten und blickte nun gen Himmelszelt. Kurz nur betrachtete er die vorbeiziehenden Wolken, eh sein Blick durch einen hoch fliegenden Vogel eingefangen wurde. “Ohne Eurer Familie zu nahe treten zu wollen, doch wurden hier vornehmlich Stadtblumen vorgestellt. Zierliche Pflänzchen die mit der Härte in meiner Heimat nicht zurechtkommen würden. Sie schätzen lediglich die Freiheiten ihres Standes, machen jedoch nicht den Eindruck auf mich diese Freiheiten auch mit der Klinge in der Hand verteidigen zu können.”

Der Hochadel mochte ein schöner Traum für politisch Engagierte sein, die den Rückhalt und den Namen für ihren Aufstieg brauchten. Doch er hatte nichts zu bieten, dass den Erhalt seinen Namens in dieser Verbindung rechtgertigen würde und diesen galt es doch zu erhalten.

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Milian von Altenberg, der Höfling aus Gratenfels, wartete ein wenig ab. Eigentlich sollte er sich ja der Baronin von Schweinsfold anbiedern, doch die Pläne seines ungeliebten Oheims Limbrinus von Schweinsfold zu folgen, behagte ihm nicht. Die Baronin Thalissa hingegen war gleichwertig interessant und fiel auch genau in seinen Geschmack, den er bei Frauen hatte. Ihre Zofe war durchaus eine eine schöne und interessante Frau, aber leider vom Stand her nicht das was er suchte. Der horasische Gecke hatte sich an ihren Fersen geheftet. Er konnte Lucrann jetzt schon nicht ausstehen. Nun, er mußte etwas wagen. Kurzerhand ging er zum Tisch der Älteren. Milian verbeugte sich vor der Baronin, die nun ohne Zofe und Leibwächter war. “Euer Hochgeboren di Triavus. Ich bin der hoher Herr Milian von Altenberg. Ich hatte mich gefragt, ob ich euch vielleicht auf ein kurzweil in den Park einladen darf, um gemeinsam die Wunder dieses zu staunen?” fragte der gutaussehende Mann.

Thalissa hatte sich gerade angefangen zu langweilen und selbst schon überlegt, ob sie einen kleinen Spaziergang machen sollte. Sie blickte auf und sah Milian überlegend an. Dieser wäre nun nicht ihre erste Wahl bei der Suche nach einem Gesprächspartner gewesen, schienen ihr seine Ambitionen doch zu offensichtlich. Andererseits konnte man so vielleicht gleich klare Verhältnisse schaffen … und sich dabei noch ein wenig amüsieren. “Und? Was habt Ihr Euch geantwortet?” erwiderte sie daher mit leicht schelmischem Lächeln.

Er beantwortete ebenfalls mit einem schelmischen Lächeln. “Das ihr einstimmt. Wollen wir?” Milian hielt ihr seine Rechte entgegen.

Elegant erhob sich Thalissa und hakte sich bei Milian unter. “Na, wenn ihr zwei euch einig seid, kann ich ja wohl kaum etwas dagegen sagen”, antwortete die Baronin, immer noch spielerisch. Als sie unter dem Pavillon hervortraten, gleißten ihre blonden, kunstvoll geflochtenen Haare in der Sonne und die obere ‘Taghälfte’ ihres Kleides erstrahlte in einem Blau, welches mit dem des wolkenlosen Himmels wetteiferte, während die ‘Nachthälfte’ noch dunkler, fast schwarz erschien. “Nun, Herr von Altenberg, welche Wunder im Park wollt Ihr mir zeigen?”

Milian schaute sie charmant an. “Habt ihr schon den See mit der Lilienprinzessin gesehen? Ein angenehmer Ort mit einer kühlen Brise!”

“Das Protokoll hat mich bisher im Pavillon des Hochadels festgehalten”, antwortete Thalissa schmunzelnd. “Also - nein, ich habe den See noch nicht gesehen, aber eine kühle Brise käme mir sehr gelegen.”

***

Die Rektorin der Rechtsschule aus Gratenfels, Prianna von Altenberg, schaute ihren Sohn hinterher, der die Baronin von Rieckenhausen zum Lustwandeln ausführte. Eine kühne Wahl, aber sie war sich nicht sicher, ob ihr Sohn nicht ein wenig zu hoch gegriffen hatte. Außerdem fand sie die Baronin wenig Interessant. Eine typische verwöhnte Hofdame aus dem Horasreich, die durch widrige Umstände auf den Thron einer Baronin in den Nordmarken gelandet war. Thalissa war eine Fremde und wird es wohl immer bleiben. In den kurzen Worten denen sie mit ihr gewechselt hatte, konnte sie heraushören, dass sie auch keine Interesse hatte, sich den lokalen Bräuchen zu stellen und anzunehmen. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass sie sein Werben erhören würde, dann könnte frau sich natürlich arrangieren. Prianna seufzte. Die Wahrheit war, dass ihr Sohn für die falschen, eher leichten Mädchen fiel. Doch es war an der Zeit, dass ihr Sohn sich durch eine praiosgewollte und traviagefällige Ehe, seine Position im Herzogtum einnehmen und sichern sollte. Sie schaute sich um und ihr Augenmerk fiel auf die Ahnenwachter Basen. Die strenge Endvierzigerin erhob sich und ging zu den beiden herüber. “Praios zum Gruße, die Damen!”

“Die Zwölfe zum Gruße, werte Dame!” Kam es von beiden Damen zugleich zurück, während sie höflich Knicksten. “Gibt es etwas das wir für Euch tun können, Edle Dame?” Fragte Aurelia, während Lechdane gleichzeitig sprach: “Ein schönes Fest hat Eure Familie hier vorbereitet.”

Prianna lächelte leicht und nickte wohlwollend. “Vielen Dank. Vater Winrich und Luminifer Ademar sind eine wahre Bereicherung.” Das sie den Geweihten der Rahja auslies, war kaum unbemerkt geblieben. “Ich war serh erfreut gleich zwei Damen aus euren Haus hier bei uns auf der Brautschau zu sehen. Nun, ich möchte ganz ehrlich zu euch sein. Eine Verbindung mit euren und meinem Haus, würde ich sehr begrüßen. Mein Sohn Milian ist ihnen schon aufgefallen?” fragte sie forsch.

“Eure Worte Ehren uns.” Gab Aurelia sogleich zurück. “Es gehört zur Tradition unserer Familie mit dem Adel der Nordmarken gute Beziehungen zu pflegen und, wie Ihr sicherlich wisst, auch durch die Vermählung unserer Angehörigen zu festigen.”

“Wenn ich mich Recht an die Vorstellungsrunde entsinne, …” Nahm Lechdane den Verweis auf Milan auf. “... so erfüllt Milan höfische Aufgaben am Hofe des Landgrafen. Tatsächlich fiel er mir dabei auf, da auch er in Gratenfels lebt.”

“Genau. Er dient dort dem Haushofmeister Winterspitz am Grafenhof. Und ich selbst bin die Rektorin der Rechtsschule. Ich als seine Mutter suche natürlich nach der besten Partie für unser Haus. Und um es geradeheraus zu sagen: ihr seid mir dabei aufgefallen. Könnt ihr euch solch eine Verbindung vorstellen, Aurelia?” Prianna schaute sie abwartend an.

“Meine eigenen Befindlichkeiten spielen nur eine nachrangige Rolle, auch wenn ich Euch hierbei eine bejahende Antwort geben kann.” Gab die junge Frau wahrheitsgemäß zurück. “Als man uns hierher entsandte, beschloss unser Familienoberhaupt, dass eine Verbindung der Häuser Ahnwacht und Altenberg für beide Seiten lohnenswert wäre.” Die Worte der jungen Frau mochten für ihr Alter hart klingen, mochten den Eindruck erwecken das ihr ihr eigenes Leben gleichgültig wäre doch entsprachen sie einfach nur der Wahrheit. Die Wahrheit die das Leben als Angehörige des Adelsstandes nun einmal mit sich brachte, sie waren politische Verhandlungsmasse ob es ihnen gefiel oder auch nicht.

Ein zufriedenes Lächeln machte sich auf dem Gesicht, der ansonst grimmigen Prianna, breit. “Ich mag eure direkte und beflissene Art. Dann mache ich es kurz. Würdet ihr im Namen des Götterfürsten Praios und der Nordmarken den Bund der Ehe mit meinem Sohn Milian von Altenberg eingehen?” fragte sie recht formal.

“Sofern Ihr gewillt seid die traditionellen Bedingungen zum Traviabund meiner Familie zu akzeptieren, ja.” Entgegnete Lechdane und klang dabei mehr als würde sie einen Handel schließen, als dass sie soeben über ihren möglichen Traviabund sprach.

***

Auf der Festwiese

In den Pavillons

Der Rahja-Schrein

Der See der Lilienprinzessin

Das Amphitheater

Die kleine Festwiese mit Zelten

Am Brunnen mit dem 'Fest der Nymphen'

Außerhalb des Festgeländes

Des Wandelns Ende

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