Eine Harte Schule Gartenuebungen

Kapitel 28: Gartenübungen

Noch bevor Doratrava wieder in den Garten hinaustrat, lief ihr Rahjalind über den Weg, die sich allem Anschein nach ebenfalls umgezogen hatte. Die Novizin trug nun nicht mehr ihre transparente Tempelkleidung, sondern war in ein schönes rotes Kleid aus festerem Stoff gewandet. Auch ihre leichten Sandalen hatte sie in hohe, eng anliegende Stiefeln mit dezentem Absatz getauscht, sodass die so schon groß gewachsene junge Frau, noch etwas größer wirkte. „Dora …“, meinte sie erfreut, „… schön, dass ich dich finde. Alegretta meinte wir sollten ein Mädchen im Dorf besuchen, das ein paar Fragen an Dienerinnen der Schönen hat. Möchtest du mitkommen? Du könntest sehen wie unsere Interaktion mit den Gläubigen aussieht. Alegretta meinte es würde dir vielleicht helfen, dich zu entscheiden.“

Das Gesicht der Gauklerin erhellte sich, als sie ihre Freundin sah, ihre Stirn legte sich aber gleich in Runzeln, als sie das Ansinnen Rahjalinds vernahm. Zumal es eigentlich das Ansinnen Alegrettas war, aber diesen Gedanken schlug sie sich gleich wieder aus dem Kopf, sonst brauchte sie sich das mit der Akoluthen-Ausbildung gar nicht weiter überlegen. Statt dessen lächelte sie und meinte „Eigentlich wollte ich im Garten gerade ein paar Übungen machen, und … äh … die Tempeldienerin? - wollte mir zuschauen.“ Doratrava fiel erst jetzt auf, dass sie den Namen der Frau gar nicht kannte. „Der müssen wir dann Bescheid geben, dass ich den ‚Anschauungsunterricht‘ verschiebe“. Sie lächelte bei dieser nicht ganz ernst gemeinten Aussage. „Aber dann sollte ich wohl auch noch etwas mehr anziehen, meinst du nicht?“ Sie deutete an sich herunter, denn im Moment trug sie nur ein weißes Brust- und ein Lendentuch gleicher Farbe, wobei ‚weiß‘ es nicht ganz traf, waren beide Kleidungsstücke nach vielmaligem Waschen nun schon eher grau zu nennen.

„Oh …“, kam es der Novizin über die Lippen, „… du hast dich gerade umgezogen wie es scheint.“ Rahjalind kaute auf ihrer Unterlippe. „Wenn du möchtest kannst du Gelda noch vortanzen, wenn du es ihr versprochen hast und wir gehen danach dann.“ Sie wusste, dass Alegretta ihr dies als Pflichtvergessenheit auslegen würde, dennoch wollte die junge Frau ihrer Freundin zugestehen ihr Versprechen einzulösen. „So angezogen solltest du nicht zu dem Mädchen mit“, lächelte sie dann.

„Gut … wenn es nicht so eilig ist mit dem Mädchen im Dorf … dann kannst du mir ja auch zusehen?“ Doratrava sah Rahjalind erwartungsvoll an. „Ich wollte aber nicht direkt tanzen, sondern Übungen für Kraft und Beweglichkeit machen. Ich habe … äh, Gelda … schon gewarnt, dass sie nicht so viel fürs Auge zu sehen bekommen wird, sondern eher langweiliges Zeug.“ Die Gauklerin lächelte verschmitzt. „Außer meinen Körper natürlich“, entfuhr es ihr dann ohne Nachdenken. Sofort lief sie rosa an. Noch vor Tagen hätte sie so eine Bemerkung nicht mal im Traum auszusprechen gewagt. Aber der Tempel und vor allem die Nähe Rahjalinds, die ihren Körper ja schon ziemlich erschöpfend erkundet hatte, lösten ihre Zunge auf nahezu erschreckende Weise. Allerdings wäre es ihr auch vor Tagen nicht im Traum eingefallen, halbnackt Übungen vor einer fremden Frau zu machen. Der Zwiespalt ihrer Gefühle fühlte sich aufregend an und machte ihr zur selben Zeit Angst.

Rahjalind lächelte herzlich. Sie wusste, dass Gelda der elfischen Liebe zugetan war und konnte sich schon denken, dass sie Dora gerne bei ihren Übungen zusehen würde. „Na dann lass sie nicht warten und zieh dich danach um …“, die Novizin wirkte etwas in Gedanken versunken, „… ich warte beim Eingang auf dich.“

Etwas enttäuscht davon, dass Rahjalind nicht ebenfalls zuschauen wollte, winkte ihr Doratrava zu und begab sich dann wieder in den Garten. Gelda wartete schon gespannt, wie es aussah, und die Gauklerin zwinkerte ihr zu. „Ich muss die Übungen allerdings kurz halten“, erklärte sie der Tempeldienerin gleich, „Rahjalind möchte mit mir jemanden besuchen gehen.“

„Oh, das macht nichts, Doratrava“, die Mitvierzigerin setzte sich auf eine Bank und faltete brav ihre Hände ineinander, „Ich freue mich, dir überhaupt dabei zusehen zu dürfen. Akrobatinnen haben wir nicht oft hier.“

Doratrava begann dann mit leichten Aufwärmübungen wie Hüpfen auf der Stelle, nach kurzer Zeit auch mit Anziehen der Beine bis zur Brust, Liegestützen, Seitsprünge, Bauchpressen. Dann ging sie zu allerlei Dehnungsübungen im Stehen und im Liegen über, hielt sich aber nicht lange mit jeder Übung auf, sonst würde das alles hier viel zu lange dauern.

Nachdem sie ihrer Meinung nach warm genug geworden war, zwinkerte sie Gelda erneut zu und meinte schelmisch: „Und wenn man das alles lange genug übt, dann geht auch das hier.“ Damit nahm sie Anlauf und vollführte vier Handstand-Überschläge in Folge mit abschließendem Salto mit einer spielerischen Eleganz, welche der Arbeit und den Schmerzen, die im Erlernen dieser Künste steckte, Hohn sprach.

Gelda betrachte die Übungen der Gauklerin mit großen Augen und Begeisterung auf ihrem Antlitz. Doratrava konnte dabei jedoch fühlen, dass ihre Blicke vielleicht etwas mehr verhießen als bloßes Interesse an den Leibesübungen einer jungen Frau, die ihr Gold damit verdiente.

Etwas schwerer atmend verbeugte sie sich vor ihrem ‚Publikum‘. „Leider muss das genügen, ich will Rahjalind nicht zu lange warten lassen.“

„Ich danke dir“, die Frau erhob sich von der Bank, ging hinüber zu Doratrava und umarmte sie kurz. „Vielleicht komme ich ja auch einmal zu der Ehre, eine deiner Aufführungen bewundern zu können.“ Sie lächelte der Gauklerin noch einmal zu, dann griff sie wieder nach ihrem Besen. „Nun lasst die junge Herrin nicht warten.“

Doratrava nickte Gelda noch einmal freundlich zu und verschwand dann im Inneren des Tempels, um sich kurz frisch zu machen und erneut umzuziehen. Die hungrigen Blicke der Frau hatte sie durchaus wahrgenommen und früher überhaupt nicht als solche erkannt. Erst seit sie selbst ihre Liebe zu Frauen entdeckt hatte, war sie in der Lage, solcherart Gebaren zu deuten, was nicht beinhaltete, dass es ihr in jedem Fall angenehm war. Gut, aber sie wollte die Frau jetzt weder für ihre Vorlieben noch für ihr Interesse an ihr verurteilen. Sie wusste selbst, dass sie jung, gut aussehend und gut gebaut war, wenn man von ihren kleinen Brüsten absah, und noch dazu den Reiz des Exotischen ausstrahlte, was offensichtlich Begehrlichkeiten beiderlei Geschlechts weckte. Sie würde lernen, damit zu leben, ohne jedes Mal gleich im Boden zu versinken.



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