Schwarz steht der Tann - Akt 4: Unterschied zwischen den Versionen

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Nur gut einen Schritt unter dem Wasserspiegel setzte sich die Höhle fort. Schwallartig kam noch ein Schwung wärmeres Wasser geflossen, dann verlangsamte sich die Strömung wieder und die Temperatur erschien gleichmäßiger.
 
Nur gut einen Schritt unter dem Wasserspiegel setzte sich die Höhle fort. Schwallartig kam noch ein Schwung wärmeres Wasser geflossen, dann verlangsamte sich die Strömung wieder und die Temperatur erschien gleichmäßiger.
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Es blieb Llyilliala wohl nichts anderes übrig, als es zu versuchen. Sie tauchte nochmals auf, um Luft zu holen und sich zu sammeln. Sie schauderte bei dem Gedanken, in den zum Glück zumindest zu Beginn nicht sehr  engen Unterwassertunnel hineintauchen zu müssen, aber sie hatte ja keine Wahl. Da sie nicht wusste, wie weit sie würde tauchen müssen und ob der Gang in für sie auf diese Weise erreichbarer Entfernung wieder aus dem Wasser auftauchte, ließ sie ihre Sachen bis auf einen Dolch zunächst einmal hier zurück. Sie wollte sich schon erneut nach unten abstoßen, da hielt sie inne. Nein, kein unnötiges Risiko. Ihre Kleidung behinderte sie im Wasser zwar nicht übermäßig, aber dennoch … schnell zog sie sich aus dem Wasser, dann entledigte sie sich ihrer Sachen, bis auf ihren Gürtel und den Dolch. Erneut war sie froh darum, dass es hier so warm war.<br>
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Nun ließ sie sich endgültig wieder ins Wasser gleiten, füllte ihre Lungen und tauchte ab, begleitet von ihrem kleinen leuchtenden Freund. Sie drang in den unter Wasser liegenden Gang vor, darauf bedacht, jederzeit genug Platz zum Umkehren zu haben. Zügig schwamm sie voran.
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Ihr Zauber war Llyilliala hier weit mehr als nur Lichtquelle - in ihm manifestierte sich alle verbleibende Zuversicht, aus der Finsternis dieses Höhlensystems zu entrinnen. Seinem Widerschein folgend drang sie mit kräftigen Schwimmzügen in die Unterwasserhöhle vor und kam entsprechend auch gut voran, bis jäh die Strömung wieder zunahm und es heiß um die Elfe wurde. Diese gab alles, musste aber schließlich einsehen, dass sie nicht mehr länger gegen den Strom anschwimmen konnte. Sie wollte gerade wenden und sich hinaustreiben lassen, als ihr Luftblasen, die nicht von ihr stammten, anzeigten, dass das Wasser über ihr wieder mit Luft verwirbelt wurde. Keuchend tauchte sie in einer kleinen Höhle auf, die eher ein über Wasser liegender Abschnitt des Ganges war, kaum zwei Kopf über dem Wasserspiegel und weniger als zwei Schritt in Länge und Breite. Jetzt kam auch die Strömung wieder zum Erliegen.
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Das Ganze mit Kleidung, Gepäck und Waffen zu wiederholen, würde schwierig werden, wie sich Llyilliala eingestand, als sie auf der Stelle paddelte, um wieder zu Atem zu kommen. Dann wartete sie den nächsten Strom warmen Wassers ab, um direkt anschließend erneut zu tauchen und den Gang weiter zu verfolgen.
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Llyilliala kam gut gegen die schwache Gegenströmung an und drang daher rasch in den nächsten über die ganze Höhe unter Wasser liegenden Gangabschnitt vor. Der erwies sich jedoch als deutlich länger als der erste, und so wartete die Elfe vergeblich auf eine Gelegenheit zum Luftholen. Wenigstens schien das Wasser jetzt beinahe zu stehen, was aber nur vermeintlich ein Vorteil war, denn an und für sich musste sie umkehren. Sie setzte gerade zur Wendung an, als ihr auffiel, dass der Tunnelboden vor ihr zunächst zwar, wie zu erwarten, mit wachsendem Abstand zu ihrer Lichtkugel dunkler wurde, in einigen Schritt Entfernung aber gegen ihre Intuition wieder heller erschien. Dies konnte eigentlich nur eines bedeuten: Vor ihr lag eine Lichtquelle. Sie musste sich entscheiden. Jetzt.
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Nur kurz zögerte die Elfe - dann schwamm sie weiter, auf die Lichtquelle zu. Alle Gedanken, was sein würde, stellte sie zurück, denn anders als viele Menschen neigte sie nicht zu Grübeleien oder Planspielen. Was sein würde, würde sein.
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Jetzt gab es nur eine Richtung, der letzt-mögliche Umkehrpunkt war überschritten, das spürte Llyilliala deutlich. Zu allem Überfluss setzte nach ein paar Schwimmzügen in Richtung des Lichts die warme Strömung wieder ein. Jede weitere Bewegung wurde zur Tortur, ihre Muskulatur schmerzte und ihre Lunge brannte, gierte mit aller Macht danach, auszuatmen und nach frischer Luft zu schnappen. Unerträglich langsam kam das Licht näher. Mit einem Aufbäumen letzter Kraft hielt die Elfe auf die Wasseroberfläche zu. Vor ihr stiegen Bläschen auf, ihrer Lunge entwichen. Noch ehe sie zur rettenden Luft durchstoßen konnte, wurde Llyilliala schwarz vor Augen.
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"Rumpu Mailam!" rief Vahvillisik den hier untätig um das Feuer herum wartenden und jetzt die Ankömmlinge unverhohlen begaffenden Goblins zu, wie die Begleiter der mehr oder minder freiwilligen Gäste alle erkennbar männlichen Geschlechts und in der Kürze der Zeit nicht zu zählen. Im selben Moment wurden große, fellbespannte Trommeln im bereits vertraut klingenden Rhythmus gerührt, hier aber so ohrenbetäubend, dass die Menschen froh waren, direkt von den Jägern weiter geführt zu werden. Es war ein Wunder, wie die Goblins diese Lautstärke ertragen konnten. Die Schlaginstrumente schienen den ganzen Fels in Vibration zu versetzen, und mit diesem die Leiber aller Wesen, die sich in diesem befanden. Auch wenn sie selbst zurück blieben, begleiteten die geisterhaften Schatten der selbst nicht trommelnden Jäger des Stammes, die nun in stampfenden Schritten um das Feuer herum tanzten, noch lange die in einen anderen Gang weiter ziehende Gruppe. <br>
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Die Enge führte dazu, dass sich die Jäger, die die menschlichen Besucher des Heiligtums aufgegriffen hatten, und von denen einzelne bei den Tänzern brennende Holzscheite aufgenommen hatten, die ihnen nun mehr schlecht als recht den Weg ausleuchteten, unter diese mischten und die Gruppe zugleich lange auseinandergezogen wurde. Bald erreichten sie eine Gabelung, von der aus es in die Tiefe ging. Zunächst unbemerkt von den Menschen nahm ein Teil im Halbdunkeln den Abzweig nach links, ein anderer den nach rechts.
 
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Version vom 1. November 2021, 01:54 Uhr

... doch der Mond voll Schatten

Akt 4 der Briefspielgeschichte Schwarz steht der Tann

Gefangen

Die Geräusche aus dem Dickicht die von verschiedenen Seiten und Stellen auf die Menschengruppe eindrangen - ein Rascheln hier, ein verräterisch knackender Ast da, alles im Halbdunkel einer mondbeschienenen Nacht - wären inzwischen für jeden halbwegs aufmerksamen Lauscher gut vernehmbar gewesen, wären sie nicht durch eilig heranpreschende Schritte auf dem Pfad, den die Gäste noch am Abend selbst gegangen waren, übertönt worden.
Bald füllte sich zunächst von diesem aus, verstärkt von einzelnen schattenhaft aus dem umliegenden Strauchwerk tretenden Spähern, die Lichtung mit zahllosen der kleingewachsenen und struppig befellten Gestalten der hiesigen Goblins. Nur wenige trugen überhaupt Kleidung - dann zumeist durch ein zentrales Loch über den Kopf gezogene und mit einfachen Lederbändern zusammengehaltene Felle, vereinzelt Lendenschurze und um die Füße gewickelte Fellstreifen - die meisten aber zeigten mehr oder weniger unverfälscht und vollständig die natürliche Physiognomie der Goblins und damit auch eindrücklich, dass es sich bei ihnen eindeutig um die männlichen Jäger des Stammes handelte. Vollkommen nackend konnte man viele dennoch nicht bezeichnen, waren sie doch mit Federschmuck und Lederbändchen voll Tierknochen und Steinchen herausgeputzt.
In ihren Händen hielten die allermeisten an der Spitze feuergehärtete Holzspeere, wenige kleine Steinäxte, Schleudern und hier und da sogar ein Bogen. Sie zogen zunächst einen großen Kreis um die eingeschlossenen Menschen, den sie alsbald, begleitet von den Rufen einzelner, enger zogen. Dabei fuchtelten sie mit ihren Waffen, teils mit dem Mut echter Jäger, teils schienen sie sich aber auch schutzsuchend an ihren Jagdutensilien festzuhalten. Blutunterlaufene Augen funkelten und von manchem Hauer blitzte das reflektierte Mondlicht, das diese noch stärker vor den flachen Nasen und fliehenden Kinnen hervorhob.
Bald schon wurden die Menschen von allen Seiten misstrauisch und mit aller Vorsicht gemustert.
Ein groß gewachsener und im Vergleich zu den anderen besonders kräftiger Goblin, bis auf knochengeschmückte Bänder um Hals und Hüfte ebenfalls unbekleidet, ergriff das Wort: "Antautua sileo iho!" (Ergebt Euch, Glatthäute!) knurrte er mehr, als dass er sprach. "Mita teet tallo?" (Was macht ihr hier?)

Rondrard, der längst zu den anderen gestoßen und sich mit diesen umzingelt fand, sah sich als erster bemüßigt zu antworten, was er bereits vorhin den anderen zugerufen hatte: "Tul rauhar. Ei vaara taati mulla!" (Wir kommen in Frieden!, keine Gefahr für Taati Mulla) Dabei schritt er beherzt einen halben Schritt auf die Goblins zu, auch um keine Schwäche zu zeigen.

Offensichtlich verfingen diese Worte nicht, denn nach wie vor reckten sich Speere, nach Rondrards Bewegung sogar noch entschiedener, entgegen. "Misso wjassus Turuvkorvu?" (Wo ist der spitzohrige Geist?) war die Frage, die die Rotpelze gerade hauptsächlich umzutreiben schien.

"Mennot, ei kuulu mei!" (Weg, er gehört nicht zu uns!) beteuerte der junge Tannenfelser und hoffte dabei inständig, dass die Elfe sich nicht erwischen ließ und auch sonst nichts für sie alle verhängnisvolles beging.

Die Goblins fingen an, sich untereinander in einer wilden Folge von wechselnden Kehllauten zu beraten, und schienen sich recht unschlüssig, wie weiter mit den unliebsamen Gästen zu verfahren sei.

"Min nuori peura. Kysy Suncuua" (Ich junger Hirsch, frag Suncuua) versuchte Rondrard dem ganzen eine Wendung zu geben.

Der Anführer sah darauf die ganze Menschengruppe mit offensichtlicher Skepsis an. Dann straffte er sich und rief laut: "Tullo mukan! Suncuua!" (Kommt mit, zu Suncuua!). Ein jüngerer Goblin raunzte noch etwas von der Seite zu, worauf der ältere seine Aufforderung ergänzte: "Anta keihas!" (Gebt Speere = Waffen ablegen!)

"Wir sollen mitkommen, zu ihrer Ältesten! Und die Waffen ablegen." gab der Tannenfelser Ritter an die anderen Menschen weiter, und es schien trotz der misslichen Gesamtlage ein Hauch von Erleichterung in seiner Stimme zu schwingen. Zu Befinna und Khorena raunte er, während ihm schon sein Schwert samt Scheide, das er im selben Moment erst abgegürtet hatte, halb aus den Fingern gerissen wurde: "Jetzt wird sicher alles gut." Er war sich durchaus bewusst, wie schal seine Worte auf die anderen wirken mussten…

Khorena nickte Rondrard zu und strich der großen Wolfshündin an ihrer Seite beruhigend über das Fell. Nach außen hin wirkte die junge Frau ruhig, gefasst, doch in ihrem Inneren nagten Sorge und Zweifel an ihr. Ja, sie war selbst schon einmal der Suncuua vorgestellt worden, aber das war nur ein kurzes Beschnuppern gewesen, nicht mehr. Was wenn ihnen der Stamm ihre Anwesenheit nicht vergeben mochte oder die Elfe ein Stammesmitglied verletzen oder gar töten würde? Sie schluckte und händigte einem wartenden Goblin ihren Dolch aus. Sie sah hinüber zu Befinna und lächelte sie mit einer Zuversicht an, die nicht die ihre war. Dabei vergaß sie, dass ihre Maske diese Geste verdeckte. “Es wird sich alles finden, Wohlgeboren.”

Der Blick der Baroness ging zwischen Khorena und Rondrard hin und her. "Was sollen wir … ich gehe nicht mit", begehrte sie auf. "Das sind … Goblins … was … was sollen wir dort?" Ihr Blick fixierte den Ritter. "Du sagst mir sofort was das alles hier soll? Erst heißt es, dass wir hier sicher sind … dabei fällt kein Wort darüber, dass wir uns hier in einem Heiligtum einer vergessenen Gottheit befinden … und … und nun? Nun sollen wir mit den Goblins mit und uns freiwillig in Gefangenschaft begeben? Nein, Rondrard. Erst wenn du mir sagst was das hier soll."

Ulfaran schwieg und stützte sich auf seinen Stock. Den würde ihm schon niemand wegnehmen.

"Ja, das sind Goblins, Befinna", fing Rondrard an, so leise es ihm möglich war, wenn er noch verstanden werden wollte. Er wollte gelassen auf sie wirken, weit gelassener, als er tatsächlich war, und hoffte, ihr so wenigstens etwas von ihrer Furcht nehmen zu können. Gleichzeitig musste er ihr aber auch klar und eindringlich die Lage und ihre Möglichkeiten vor Augen führen, denn so weicher Schmelz er sonst auch in ihren Händen wäre - und Baroness hin oder her - in diesem Augenblick durfte sie sich, wie sie alle gemeinsam, keine Sperenzchen erlauben. Er sah ihr also in die Augen und fuhr, immer noch ruhig, fort: "Und es sind mehr als wir. Bedeutend viel mehr als wir. Wir haben also erst einmal gar keine andere Wahl als mit ihnen mitzugehen.
Hab aber keine Angst!" beschwichtigte der Ritter sofort. "Du wirst sehen, dass sich alles fügen wird, sobald wir gleich ihrer Stammesältesten gegenüberstehen. Sie ist eine weise Frau, ganz sicher wird sie dieses Missverständnis hier auflösen. Normalerweise sind sie friedlich, ganz besonders hier im Heiligtum, musst Du wissen. Ich fürchte nur, dass die Anwesenheit der Elfe sie irritiert hat, und noch mehr deren feindselig anmutendes Verhalten... aber wie schon gesagt: am Ende könnten wir nirgendwo in dieser Gegend sicherer sein als hier im Schoß der großen Mutter..." Sein Schluss "die niemals vergessen sein wird." wurde von gellenden Rufen der Rotpelze, die ungeduldig zum Loslaufen drängten, übertönt.

Befinna jedoch schien dem Rundherum und der Stammesältesten gegenwärtig etwas weniger Bedeutung beizumessen. "Beantworte mir eine Frage, Rondrard. Wusstest du, dass das hier heute passieren würde? Dass die Goblins an diesem Ort … tanzen … oder wissen die Zwölfe was sonst noch … wollten?" Sie kniff ihre Augen zusammen, in einer Mischung aus Herausforderung und Ärger und es war ihm klar, dass sie ihm eine Lüge ewig nachhalten würde.

"Ja, wusste ich." antwortete Rondrard zunächst nur knapp. "Also, dass sie sich heute hier zu einem großen Fest treffen. Was genau sie da treiben, außer trommeln, kann ich Dir aber nicht mit Sicherheit sagen. Glaub mir," beteuerte er, "ich hätte Dir das Heiligtum auch lieber zu einem anderen, besseren Zeitpunkt gezeigt. Aber Du warst es, die ausgerechnet heute mutterseelenallein in diesen Teil des Waldes gestürmt ist. Hätte ich Dich früher als zur Abenddämmerung oder anderswo erwischt... aber so... so war dieser Ort die einzige Zuflucht, die in Frage kam. Denn einer Sache sei Dir gewiss - da draußen willst Du heute Nacht noch weniger sein..."

“Das war kein Zufall - nur Einfältige glauben an Zufälle. Das war der Wille der großen Mutter und dein Wille, Befinna, ihre Nähe zu suchen. Genau dasselbe tun die Goblins. Sie wollen ihre Weisheit und Kraft spüren. Das machen sie auf eine urtümlichere Weise als wir, aber deswegen nicht weniger richtig.”

Da sprach der Druide ja mal ein wahres Wort. "Er hat Recht." pflichtete ihm Rondrard mit leichtem Widerwillen bei. "Das Fest heute heißt im Übrigen 'Taati Mulla'. Es soll ein Fruchtbarkeitsfest sein." Die wörtliche Übersetzung sprach er lieber nicht aus.

Khorena schluckte. Ein Fruchtbarkeitsfest? Bei der großen Mutter und Celissa schickte sie ausgerechnet in dieser Nacht hierher? Sie kannte Fruchtbarkeitsfeste zu Ehren Tsatuaras, die sich nicht hinter den rauschenden Festen der Rahjakirche zu verstecken brauchten. Vielleicht verstanden die Goblins aber auch etwas anderes darunter. Jedenfalls war das nichts, was sie Rondrad vor Befinna fragen würde.

Die Aufnahmefähigkeit der Baroness war gegenwärtig eingeschränkt. In ihren Augen loderte der Zorn einer emotionalen, impulsiven, jungen Frau. "Du wusstest davon?" Sie schüttelte ihren Kopf. "Möchtest du, dass wir alle auf dem Scheiterhaufen landen, Rondrard? Wenn die Goblins überhaupt was von uns überlassen? Was ist das für ein Fest? Fruchtbarkeit? Sowas wie Erntedank, das wir im Travia begehen, oder das Saatfest im Peraine?"

“Anders.” vermerkte Ulfaran.

“Schon eine Art… Saatfest. Nur... wilder.” ergänzte Rondrard Ulfarans einsilbige Antwort. “Und ja, ich wusste davon, wie schon gesagt. Aber schau es Dir doch erst einmal an, bevor Du gleich Praios’ feurige Verdammnis über uns allen heraufdräuen siehst. Lass Dich - jetzt da Du ohnehin hier bist - auf die große Mutter ein, und Du wirst sehen, dass nichts schlechtes an ihr ist. Sie ist das Leben, und alles Leben kommt von ihr!”

"Wilder?", war alles was Befinna von sich gab.

Taati Mulla heißt wörtlich so viel wie Haufen Geliebter.” ließ Rondrard die Katze aus dem Sack. “Aber miterlebt habe ich es bislang noch nicht - ich kann Dir also nicht sagen, wie genau es dabei zugeht.”

Die Lippen der jungen Frau verzogen sich zu einem falschen Lächeln und sie schüttelte den Kopf. "Neeeeein, Rondrard … es ist hoffentlich nicht das, wofür ich es halte." Befinna hatte zwar dahingehend noch keine Erfahrungen gemacht, aber so viel Fantasie hatte dann auch sie. "Und du meinst, ich solle mich dem … öffnen? Was denkst du denn, dass ich bin? Eine Goblin-Hure?" Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust und reckte ihr Kinn. "Nein, bestimmt nicht. Wenn du nicht auf mich aufpassen willst, gehe ich alleine. Ich finde schon einen Weg."

Alleine die Dunkelheit der Nacht verbarg das Farbenspiel von Rondrards Gesicht, das angesichts der Vorwürfe zuerst puterrot angelaufen war, und nun angesichts der Drohung ins fahle changierte. “So habe ich das überhaupt nicht gemeint! Du… Ich meinte, was ich will, ist... “ stotterte er mehr, als er sprach, “also Du sollst Dich dem blühenden Leben, der Kraft der großen Mutter öffnen, und natürlich nicht… irgendeinem Goblin… gleich in der Höhle. Was denkst Du denn von mir! Natürlich passe ich auf Dich auf! Aber ich bitte Dich, glaub mir, da draußen ist es weit gefährlicher als gleich in der Höhle.”

"Rondrard … du hast mir gerade gesagt, dass du nicht weißt was die Rotpelze heute Abend vorhaben. Jetzt garantierst du mir, dass sie in der Nacht der …", sie zögerte für einen Herzschlag, "... Haufen Geliebten nicht Hand an mich legen werden. Du hast vorhin auch gesagt sie seien viel mehr als wir und wir ihnen deshalb ausgeliefert." Tränen stiegen in ihre Augen. Dass der Ritter bisher so verschwiegen war, steigerte ihr Vertrauen in seine jetzigen Worte nicht. Das enttäuschte sie. Alle behandelten sie gleich. Wie ein unmündiges, dummes Kind, das man herumschieben konnte wie ein steinernes Kamel beim Gardan. Wunnemine, Meister Rundarek, Rondrard … vielleicht auch Ulfaran? Sie vergrub ihre Augen in ihren Handflächen. "Wenn mich eines dieser Tiere oder sonst jemand berührt, dann entleibe ich mich selbst, Rondrard. Das schwöre ich dir. Niemand wird sich an mir bedienen, egal in wessen Namen er das tut. Ob für die Große Mutter oder sonst wen."

“Befinna! Es sind Goblins! Wahrscheinlich finden ihre Männer Menschenfrauen so anziehend wie Du sie. Außerdem haben bei ihnen, nach allem was ich weiß, die Frauen das Sagen. Und die werden in der Höhle sein, denke ich…” versuchte Rondrard die aufgewühlte junge Frau zunächst zu beruhigen. “Und ehe jemand Hand an Dich legt, bekommt er es mit mir zu tun, das schwöre ich Dir. Ich selbst würde lieber sterben, als Dir ein Leid geschehen zu sehen.” Er wollte sie gerade, ganz vorsichtig, mit den Händen an beiden Schultern berühren - noch lieber hätte er sie umarmt, aber das geziemte sich wohl nicht, noch weniger in Befinnas aktueller Verfassung. Doch kam es nur zu einer flüchtigen Berührung, da sie in diesem Moment von der Seite bedrängt wurden, sich endlich in Bewegung zu setzen. “Komm mit.” versuchte er, sie zum zunächst ohnehin unvermeidlichen zu bewegen. “Bitte!”

Befinna nahm ihre Handflächen von den Augen und sah Rondrard an. Für einige Herzschläge konnte der Ritter den in ihr tobenden Kampf sehen und als er damit rechnete, dass nun ein weiterer emotionaler Ausbruch folgen würde, nickte sie bloß. Sie würde dem Tannenfelser noch eine Chance geben und sie nahm ihn beim Wort.

***

Waldlieb streckte sich und strich ihre Robe glatt. Allen Goblins, die sie dabei beobachteten mussten so die beiden Hügel auffallen, welche ihnen ihr Geschlecht und somit auch ihre Stellung klar machten. Das Grün ihrer Robe konnte Schutz bedeuten, aber auch, dass das was in ihr steckte beschwichtigt werden sollte. Ein zweischneidiges Schwert also. Sie reckte das Kinn und griff nach dem Kessel, den sie mit beiden Händen vor sich hielt. Dann reihte sie sich ein, ihr Blick machte deutlich, dass keiner der Krieger ihr den Kessel nehmen durfte. Peraine war eine friedfertige Göttin, doch hier galt es Stärke zu zeigen.

Die rothaarige Hexe hatte sich zurückgehalten, es ging nicht darum ihre Haut zu retten, denn einen Versuch Hand an diese zu legen, würde die Rotpelze unerhört teuer zu stehen kommen. Als sie sich nun nach vorn begab, um sich den Anführer der Meute anzusehen, loderte noch immer Zorn in ihren grünen Augen. Sie hatte sich auf die Verbindung mit dem Land gefreut und diese Vorfreude hatten ihn die hier Anwesenden nun zunichte gemacht.
Aedha vermochte in so manchen Zungenschlag zu sprechen, die Sprache der Rotpelze gehörte dazu, aber sie schätzte das Gefühl sie zu formen nicht. Stolz und Zorn erfüllten ihr Antlitz, als sie auf den Anführer hinab sah. “Ich gebe überhaupt nichts ab und wenn du uns jetzt nicht sofort den Weg zeigst, gehe ich selbst vor!” (Kädet irti! Naytä tapa, heti, menenyks!)

Geistesgegenwärtig legte Tsamitrius ebenfalls einen zornigen Blick auf, ließ seine Waffe am Gürtel, hob aber seine Hände, um klar zu machen, das er sie nicht benutzen würde.

In der Tat wichen die Goblins, obwohl die Hexe nur in der ihr eigenen Zunge gesprochen hatte, ein Stückchen zurück, als sie der beiden Frauen gewahr wurden, und ließen auch davon ab, diese entwaffnen zu wollen. Die eine, die gerade gesprochen hatte und so zornig und stark wirkte, meinte, ja fürchtete Vahvillisik zu kennen - wenn er sich nicht irrte, war sie eine der mächtigen Zauberfrauen der Menschen, mit denen die Suncuua sich gelegentlich traf und mit der nicht gut Beeren mampfen war. Auch die andere sah - auf ihre menschliche Weise - sehr mütterlich aus - das nötigte ihm immer Respekt ab.
"Mukana" (Kommt mit) brüllte Vahvillisik nur, und der ganze Trupp setzte sich in Bewegung. Der stärkste und erfahrenste der Jäger des Stammes war er, aber dennoch fühlte er sich nicht wohl damit, diese beiden Frauen, vor allem die Rothaarige, in seinem Rücken zu wissen. Immer wieder sah er sich nach ihr um, während er die seinen und ihre Gefangenen auf dem Pfad hin zur Höhle, hinein in die Behausung von Mutter Sau, Mailam Rekdai, führte.

Befinna hingegen sah man den Unwillen an den Rotpelzen im Gänsemarsch zu folgen. Sie hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt und schmollte vor sich hin.

Stolz und aufrecht, schritt Aedha aus. Kurz fiel ihr Blick dabei auf die junge Baroness und nahm ihre kümmerliche Haltung zur Kenntnis. “Brust raus, Schultern zurück, Kopf hoch!” Fuhr sie Belfinna an, wie sollte jemand vor dem Mädchen respekt entwickeln, wenn sie keinerlei Ausstrahlung hatte die das rechtfertigte?
Die Baroness zog ihre Augenbrauen zusammen und machte keine Anstalten ihre Körpersprache zu ändern. Wer war diese Person, dass sie meinte so mit ihr sprechen zu können?

***

Aus dem Schatten, jenseits der Goblinhorde, die die Menschen umzingelte, wurde Llyilliala Zeugin des Geschehens.

Die Elfe hatte nicht weit entfernt, am Rande der Lichtung, einen Baum erklommen. SIe dachte gar nicht daran, sich von ein paar Goblins einschüchtern und vertreiben zu lassen. Dort hockte sie nun mit gespanntem Bogen in vielleicht vier Schritt Höhe und versuchte dem Austausch zwischen der Goblinhorde und den Menschen zu folgen, doch mehr als Stimmungen aus der Stimmlage abzuleiten, war ihr mangels Sprachkenntnis des Goblinschen nicht möglich. Immerhin schienen die Goblins nicht auf Blut aus zu sein, zumindest nicht auf das der Menschen.
Offenbar waren nicht alle Mitglieder der Gruppe in der Lage, die Goblins zu verstehen, so dass der Krieger zumindest den letzten Austausch übersetzte. Zu der Ältesten. Sie würden nicht allein gehen, ein Geist würde sie begleiten.

Llyilliala hatte die Geschehnisse auf der Lichtung aus ihrer erhöhten Warte mitverfolgt. Es war ein reges Treiben - die Goblins liefen erkennbar nervös umeinander, und die Menschen schienen erstaunlicherweise in ganz unterschiedliche Gespräche verstrickt - der Ritter und die junge Frau, der sie hierher gefolgt war, schienen mehr mit der aufgebrachten anderen jungen Frau beschäftigt als mit den Rotpelzen, der etwas ältere Mann merkwürdig unbeteiligt, und nur die Geweihte und vor allem die mächtige Frau, die sich als die Hüterin dieses Ortes gerierte, schienen überhaupt auf die Geschehnisse selbst zu reagieren - seltsame Wesen waren sie, alle zusammen. Einige der Goblins hatten noch nach ihr selbst Ausschau gehalten, doch dabei mehr als nur halbherzig gewirkt und die Suche rasch abgebrochen, nicht ohne erkennbar ängstlich ins Dickicht zu blicken. Gut, dass sie nicht nach oben gesehen hatten…
Doch jetzt setzte sich die ganze Gruppe in Bewegung.

Llyilliala folgte der Gruppe lautlos in den Bäumen. Sie wusste noch nicht, wohin das führen würde, aber das hielt sie nicht ab.

***


Der Pfad durch den von Lebenskraft nur so strotzenden Wald war nicht allzuweit, und schon bald nach der Gabelung erreichten sie den dampfend warmen See, von dem sich das Wasser glucksend seinen Weg weiter durch die grob-grusigen Sedimente unterhalb der großen Quarzitwand bahnte, auf denen die Gruppe auf einen kleinen Felssims zugeführt wurde. Dieser war offenbar natürlich aus einer härteren und daher dem Wirken Efferds widerständiger trotzenden Felsschicht entstanden, deren Über- und Unterbau längst abgebröckelt und weggespült worden war. Der schräge Sims tauchte an dieser Stelle aus dem Untergrund und zog sich von dort aus weiter als das Auge in der Dunkelheit reichte die Felswand hinauf. Diese war an vielen Stellen von Moosen und Flechten, an einigen sogar von Farnen bewachsen, verbarg in der Nacht aber ihren vor allem von den Flechten rührenden vielfarbig leuchtenden Schmuck.
Dem von großen Quarzen rauhen Sims folgend ging es etliche Schritt in die Höhe, ehe sie eine große Öffnung in der Wand erreichten. War es bereits in den Schwaden über dem See überaus feucht und mild, schlug den Menschen nun eine rauchgeschwängerte, schwüle Wärme und ein schwacher Lichtschein entgegen. Nach zwei Windungen der Eingangshöhle mündete diese in einer weit größeren, länglich-trichterförmig ausgeprägten Kaverne, die nach oben hin in einem dunklen Spalt auslief. Die Wände waren mit überaus lebensnahen schwarzen, rötlichen und ockerfarbenen Tiermotiven bemalt, vor allem Wildschweinen und Hirschen, aber auch Auerochsen, Wölfen und anderen Tieren der Wälder. Im flackernden Schein eines Feuers schienen sich diese geradezu selbst zu bewegen.

Als die Gruppe sich dem See und dann der Felswand näherte, war Llyilliala gezwungen, den Schutz der Bäume zu verlassen. Sie ließ sich ein Stück zurückfallen und folgte den Menschen und Goblins mit größerem Sicherheitsabstand, doch am Fuß der Wand musste sie sich entscheiden. Den Goblins und ihren Gefangenen in den Höhleneingang zu folgen, der weiter oben in der Wand am herausfallenden, flackernden Licht auszumachen war, war nicht ohne weiteres möglich, ohne entdeckt zu werden. Die Elfe sah sich aufmerksam um, ob es etwas gab, das ihr die Entscheidung erleichterte. Ruinen, Relikte? Ein anderer Höhleneingang?

Llyillialas Blick bot sich kein Anhaltspunkt - weit reichte ihre Sicht ohnehin nicht durch die Schwaden, die sich immer wieder vom warmen Wasser des Sees und des kleinen Bachlaufs, der sich aus jenem unterhalb der Felswand ergoss, erhoben. Überdies warfen diese das Mondlicht milchig zurück und verhüllten so noch mehr die im Dunkeln liegende Welt hinter sich. Doch was dem Augen verborgen blieb, verriet sich dem feinen Gehör der Elfe: Immer dann, wenn der Trommelrhythmus eine Taktpause einlegte, konnte sie über das leise Plätschern des Wassers hinweg ein Echo von der jenseitigen Talseite, aber auch ein schwaches, bachaufwärts eilendes Hallen entlang der Felswand vernehmen. Es war eindeutig - es musste in dieser Richtung noch ein weiterer Höhleneingang existieren.

Grimmig erfreut suchte Llyilliala mit den Augen einen Weg, welcher dorthin führte, wo sie den zweiten Höhleneingang vermutete. Würde sie dort trockenen Fußes hinkommen oder schwimmen müssen?

Die Füße der Elfe blieben trocken, doch gestaltete sich der Weg entlang des Bachlaufs recht mühsam: die unregelmäßig großen und geformten Gesteinsbrocken - die allermeisten waren grob aus der Wand abgebrochen und beim Aufprall weiter zerschlagen, und nur wenige schon durch das Wirken von Jahrhunderten vom Bachlauf zerkleinert und abgerundet - machten das Vorankommen zu einem wahren Balanceakt, der selbst der geübten Wildnisläuferin im Halbdunkel der Nacht einiges an Konzentration abverlangte.
Wenigstens wurden die Sichtverhältnisse dank des langsamen Abkühlens des Wassers rasch etwas klarer.

Wie froh war Llyilliala, als sie daher im Dickicht, das den bald wieder unmittelbar an Bach und Felsen herangerückten Wald säumte, eine Lücke ausmachen konnte, die den Zutritt zu einem deutlich leichteren Pfad gewährte. Auch wenn Baumwurzeln manche Stolperfalle darstellten und die Höhe, in der Ast und Strauchwerk wieder zusammenrückte, ebenfalls wie die Spuren am Boden zeigte, dass der Weg eher durch Wildwechsel und die Rotpelze gebahnt worden war und benutzt wurde, war es eine Wohltat, und die Elfe kam gut voran.
Nach einigen hundert, vom zunächst leiser und dann wieder lauter werdenden Trommelrhythmus begleiteten Schritten führte der Pfad erneut an den Bach heran, der hier etwas von der Felswand wegstrebte, um von nun an durch den Wald zu fließen. Genau genommen schien das Wasser hier im morastigen Waldboden geradezu zu versickern.
Am augenfälligsten waren aber die Tierschädel, alle von wehrhaften Waldtieren, geweih-, hörner oder hauertragend, die teils auf Astwerk aufgesteckt, teils an Bändern befestigt von den Bäumen herabhingen, und mit ihren leeren Augen drohend in Richtung des vor ihnen liegenden, sumpfigeren Waldabschnitts zu blicken schienen. Bei näherem Ansehen zeigte sich, dass sich deren abschreckende Reihe zwischen den Bäumen hindurch und auf der anderen Seite bis zur Felswand fortsetzte. Viele der Tierschädel waren bunt bemalt, was ihrem schaurigen Eindruck in dieser Nacht aber keinen Abbruch tat.
Von über ihr hörte Llyilliala wieder deutlich die Trommeln. Hier führte kein Pfad und keine Rampe mehr nach oben, allerdings wirkte die Wand, als ob dies nicht immer der Fall gewesen wäre. Eine behende Kletterin würde jene wohl nicht aufhalten, wenn sich diese nicht an den Tierschädeln störte, die auch aus manchen Felsnischen glotzten.

Llyilliala ignorierte die primitiven Versuche der Goblins, Eindringlinge abzuschrecken. Allerdings bedeutete das Vorhandensein der Tierschädel auch, dass sie hier keinen unbeachteten Nebeneingang finden würde und möglicherweise mit Wachen rechnen musste. Nun, sie würde es darauf ankommen lassen müssen.
Die Elfe spannte sich den Bogen, den sie die ganze Zeit in der Hand getragen hatte, auf den Rücken, und nach einem letzten vorsichtigen Rundumblick begann sie vorsichtig zu klettern.

Das Klettern am grobkörnigen und stellenweise scharfkantigen Fels war zwar kein Vergnügen, stellte am Ende aber - aller Anstrengung zum Trotz - keine größere Herausforderung für die Elfe dar. Auch die bleich im Mondlicht schimmernden Schädel nötigten ihr nicht einmal den Hauch eines Zauderns ab. Ganz anders verhielt es sich aber mit dem Wald in ihrem Rücken. Von diesem schien eine Kälte auszugehen, die sie trotz der anstrengenden Kletterpartie frösteln ließ. Vielleicht war es auch nur der gewöhnliche kühle Hauch einer klaren Nordgratenfelser Efferdnacht, der sich im Gegensatz zu der Wärme und dem sprießenden Leben im Heiligtum so über alle Maßen kalt anfühlte, versuchte Llyilliala sich einzureden, doch sagten ihre Instinkte ihr etwas anderes.
Endlich oben angekommen zog sie sich auf eine kleine Plattform hoch, die sich vor der Öffnung im Fels befand. Das Trommeln schallte hier wieder laut entgegen. Zu ihrer Überraschung löste ihre Ankunft keinerlei Reaktionen hervor - kein Alarm ertönte, kein Angriff erfolgte aus der Dunkelheit. Nur das stete Stampfen der Trommeln.
Kurz ließ sie sich auf niedersinken und den Blick schweifen. Von hier aus sah man noch direkt in die Kronen der nächstgelegenen, schwarz und schweigend dastehenden Tannen. Doch schienen nicht alle Spitzen von Bäumen zu stammen - jedenfalls war ihr, als hätte ihr Blick, tief im Walde, die Silhouette von etwas anderem gestreift, das einerseits Erinnerungen an ihre Heimat im Sala Mandra weckte, andererseits aber falsch an diesem Ort wirkte. Dunkel und tot.
Doch so sehr sie sich auf bemühte einen weiteren und genaueren Blick auf das vermeintliche elfische Baumhaus oder dessen Überreste zu erheischen, blieb verborgen, was sie zu sehen geglaubt hatte. Wahrscheinlich hatten ihr nur ihre Sinne einen Streich gespielt.
Anders verhielt es sich mit den Felsmalereien, die sie im noch vom Mondlicht beschienen Eingangsbereich der Höhle ausmachte - neben lebensechten Raubtieren und großen Keilern waren vor allem goblinische Jäger dargestellt. Und alle reckten ihre Waffen, Klauen und Zähne aus der Höhle zu deren Eingang hin.

Für das, was Llyilliala im Wald zu sehen geglaubt hatte, war morgen noch Zeit. Oder übermorgen. Es würde nicht weglaufen, und sie würde es nicht vergessen. Aber jetzt hatte sie ein anderes Ziel. Als sie sich die Malereien betrachtete, da sah es für sie im ersten Moment so aus, als sollten diese die Höhle bewachen, damit nichts herauskam, und gar nicht verhindern, dass etwas oder jemand von außen hineingelangte. Aber bei näherem Hinsehen offenbarte sich, dass sie sich täuschte.
Die Elfe nahm den Bogen wieder vom Rücken und einen Pfeil in die Hand. Dann versuchte sie, das Dunkel der Höhle mit den Augen zu durchdringen. Sie schnupperte. Sie lauschte, versuchte dabei das Geräusch der Trommeln auszublenden.

Unmittelbar am Höhleneingang war abgesehen vom Trommeln kaum ein Geräusch zu vernehmen - allenfalls das Plätschern des unterhalb verlaufenden Bachs vermochte in den kurzen Pausen bis zum Ohr der Elfe vorzudringen. Als sie sich vorsichtig einige Schritt tiefer in die Kaverne vorwagte, blieben die Geräusche von Wind, Wasser und Wald jedoch zurück und machten einem gelegentlichen, hohl aufschlagenden Tropfen Platz, welcher in einer stillen Nacht, ohne das Trommeln der Goblins, sicher sehr laut geklungen hätte, sich so aber nur einem empfindlichen Gehör offenbarte. Die Höhle trug den typischen Duft nach Fels, Erde und Wasser, über den sich eine leichte Note von Holzfeuer legte.
Die Wände wichen bald nach dem Eingang zur Seite, und auch die in einem Spalt auslaufende Decke schien nach oben in die lichtlose Dunkelheit zu entschwinden, während der Höhlenboden sich zugleich als leicht abschüssig erwies. War dieser zu Beginn noch von losem Gestein bedeckt, ertastete Llyilliala mit den Füßen bald unregelmäßig geripptes festeres Gestein, in dessen Zwischenräume sich weicher Höhlenlehm abgelagert hatte. Trotz ihres dämmerungserprobten Sehsinns fand sich die Elfe bald im Stockdunkeln.

Auch Goblins brauchten Licht, um etwas zu sehen. Daher ging Llyilliala davon aus, dass hier kein Wächter auf sie wartete. Und daher musste sie auch nicht blind umhertasten, um weiter voranzukommen. Feya feiama i'ungra murmelte sie, doch erst beim zweiten Versuch erschien ein winziges Licht über ihrer linken Schulter, schwächer als eine Kerze, gerade so hell, dass sie sich mithilfe ihrer Dämmerungssicht orientieren konnte. Wann hatte sie das letzte Mal ein Licht rufen müssen? Aber dieses Licht hier und heute sollte nicht nur schwach sein, um möglichst kein Aufsehen zu erregen, sondern auch noch mit ihr wandern. Das war selbst für sie keine Aufgabe, die sie beiläufig bewältigen konnte.
Aber nun schwebte das winzige Licht über ihrer Schulter und sie sah sich um, geduckt, bereit zum Sprung, falls sich doch eine Gefahr zeigen sollte.

Der Lichtschein erhellte die längliche Kaverne zur soweit, dass Llyilliala ihr nächstes Umfeld gut wahrnehmen konnte, während die Welt jenseits davon noch immer in Schatten versank. Doch der Ausschnitt, der sich ihren Augen darbot, ließ sie innehalten und staunen: Vor ihr öffnete sich nicht nur eine offensichtlich weiträumige Höhle, sondern auch ein Wunderwerk der Natur von atemberaubender Schönheit: der unregelmäßige, teils noch vom rauen und grauen Quarzit gebildete Boden war an vielen Stellen von einer Sinterschicht übersät, die im magischen Licht regenbogenfarben glänzte. Von der Decke herab hingen viele kleine Zapfen aus dem selben Mineral, die an einigen Stellen bis zum Boden reichten und massive Säulen bildeten, an anderen richtiggehende Vorhänge. An den Wänden und erreichbaren Deckenabschnitten waren Tierzeichnungen aus schwarzem Ruß und gelblichem und rotem Ocker zu erkennen, doch schienen diese alt und nicht mehr gut gepflegt oder erneuert zu sein, sondern wurden bereits teilweise vom abgeschiedenen Sinter überwuchert.
Am Tiefpunkt des Höhlenquerschnitts hatte sich stellenweise viel Höhlenlehm gesammelt, der einen abwärts und tiefer in den Berg hinein gerichteten Pfad markierte.
Für eine Höhle war es überraschend warm, fand Llyilliala.

Für einen Moment hielt Llyilliala staunend inne. Zwar mochte sie Höhlen nicht wirklich, aber eine Schönheit, wie sie sich ihren Augen gerade darbot, war trotzdem nicht verschwendet an sie. Dann schlich sie geduckt weiter, Bogen und Pfeil in der linken Hand, mit den Fingerspitzen der Rechten strich sie leicht über den Stein, neugierig, ob dieser zu ihr sprechen oder gar singen würde.

Obgleich nur aus vermeintlich totem Material, schien dieser vor Leben zu pulsieren, geradezu zu summen und vibrieren. Offenbar schwangen an diesem Ort die Kräfte des Wachsens und Entstehens so stark, dass sich nicht einmal das Gestein diesen zu entziehen vermochte.

Glücklicherweise schienen hier nirgends Wachen zu sein, denn ihr schwaches Licht wurde vielfach gespiegelt und gebrochen und war deshalb viel auffälliger als geplant.
Vorsichtig näherte sie sich dem Pfad, darauf bedacht, auf dem feuchten Lehm nicht auszurutschen und möglichst wenige Geräusche zu machen.

Llyilliala erreichte den Pfad unbehelligt, auch ohne auszurutschen, und folgte diesem weiter in die Höhle hinein. Mit jedem Schritt offenbarten sich ihr neue Schönheiten. Noch schöner wäre es allerdings ohne das unentwegte Getrommel gewesen. Obgleich die Quelle des vielfach an den Wänden widerhallenden Schlagens zunächst nur schwer auszumachen war, hatte die Elfe, je weiter sich vordrang und damit nach unten gelangte, das untrügliche Gefühl, dass dieses von oben zu kommen schien. Nach mehreren Biegungen der Höhle gelangte sie an einer teils rohen, teils ebenfalls von Sinter glatten Wand an. An deren Fuß schien sich eine Art natürlicher Gang nach unten fortzusetzen, während von hoch über Llyilliala, sicherlich mehr als 15 Schritt, flackerndes warmes Licht, offensichtlich aus einer angrenzenden Höhle über einen kleinen Durchgang, eher ein Fenster als eine Pforte, in die ihre fiel. Dieses warf die verzerrten Schatten im Trommeltakt tanzender und hüpfender Gestalten an die Decke. Das Trommeln war hier ohrenbetäubend, fand die Elfe.

Llyilliala sah nach oben. Das Trommeln ging ihr langsam, aber sicher gehörig auf die Nerven, vor allem in dieser Lautstärke, die ihren empfindlichen Hörsinn deutlich überlastete und diesen blendete, wie wenn man ungeschützten Auges in die Sonne blickte.
Dort hochzuklettern hatte keinen Sinn, dann würde sie sich nur direkt in die Hände der Goblins begeben. Also blieb nur der Gang hier unten. Also setzte sie mit unverminderter Vorsicht ihren Weg fort, auch wenn sie langsam das Gefühl hatte, jeder Trommelschlag träfe direkt ihren Kopf, was mit entsprechenden Schmerzen einherging.

Der Gang führte in die Tiefe, offensichtlich auch eine vom Wasser erweiterte, längliche Kluft. Das Hämmern verfolgte die Elfe in diesen, doch verlor es mit jedem Schritt an Kraft. Auch hier waren die Decken voll Sinter, viele kleine Tropfsteine, eng beieinander, doch weit kleiner als in der großen Höhle zuvor und nicht annähernd so schön. Llyilliala musste Acht geben, sich nicht den Kopf zu stoßen und diesen stellenweise richtig gehend einziehen. Der Gang wurde rasch abschüssiger und schließlich richtig gehend steil, die Luft immer wärmer und feuchter. Schweiß trat auf die Stirn der Elfe.
Die Konzentration auf die Decke ging zu Lasten des Bodens, und so sah sich Llyilliala jäh ausrutschen und auf ihrem Hosenboden den Gang hinabschlittern. Ohne dass sie wusste, wie ihr geschah, endete die ungewollte Rutschfahrt in einem gähnenden Loch, über das der Spalt, den sie gekommen war, in eine etwas größere Höhle darunter überging, und Llyilliala stürzte im freien Fall - gut und gerne drei Schritt, wenn nicht mehr - mit einem lauten Platschen mitten hinein in warmes, dunkles Wasser.

Überrascht entfuhr Llyilliala ein kleiner Schrei, der aber sofort vom über ihr zusammenschlagenden Wasser erstickt wurde. Geistesgegenwärtig hatte sie sich aber beim Fall auf den Rücken gedreht und Bogen und Pfeil vor sich an die Brust gedrückt, so dass ihr und ihrer Waffe nichts passierte, außer dass sie nass wurden. Schnell versuchte sie, wieder an die Oberfläche des Wassers zu kommen, damit sie sich orientieren konnte. Ihr Licht würde ihr dabei hoffentlich helfen.

Mit kräftigen Stößen strebte sie zurück zur Oberfläche und sog keuchend Luft. Auch ihre Lichtkugel tauchte mit ihr auf und erhellte die Kaverne, in die sie gestürzt war. Nachdem Llyilliala wieder zu Atem gekommen war, konnte sie sich notdürftig orientieren. Einige Schritt neben ihrer Eintauchstelle war ein kleines, über Wasser liegendes Felssims zu erkennen, auf das sie sich und ihre Ausrüstung, vor allem ihren kostbaren Bogen, vorläufig retten konnte. Was sie von hier aus von dem länglichen, unregelmäßig geformten Raum sah, gefiel ihr gar nicht. Sie befand sich noch mit an der Stelle mit der höchsten lichten Höhe. Am gegenüberliegenden, wenn es hoch kam, 20 Schritt entfernten und trotz Licht und scharfen Augen kaum mehr zu erkennenden Ende sank die Decke unter den Wasserspiegel. Das Loch, über das sie hineingelangt war, war unerreichbar für jeden, der nicht mehrere Schritt weit unterhalb einer stark, teilweise sogar waagrecht überhängenden, tropfig feuchten Decke klettern oder gar fliegen konnte. Ansonsten besaß die Höhle keinen Ausgang, zumindest keinen, der über Wasser lag.

Llyilliala schauderte ein wenig. Nicht wegen der Nässe, da es hier so warm war, aber erst jetzt wurde sie sich richtig bewusst, in einem Berg zu stecken. Das war das Gegenteil ihres natürlichen Lebensraumes und ihr nicht wirklich geheuer. Bisher hatte sie ja jederzeit umdrehen können, um wieder hinaus zu gelangen, aber das war ihr nun verwehrt. Sie riss sich zusammen und sah nachdenklich nach oben. Wenn sie sich in ihr Seelentier verwandelte, könnte sie einfach wieder hinausfliegen. Andererseits wollte sie weder ihre Sachen, vor allem ihren Bogen und ihr iama zurücklassen, außerdem wollte sie ihrem anderen Ich keine finstere Höhle zumuten, sie befürchtete, dann in Panik zu geraten.
Also entspannte sie zunächst ihren Bogen. Die Sehne war nun sowieso nass, und wenn sie tauchen musste, dann besser mit handlicherem Gepäck, sprich Bogen ohne Sehne. Sie ließ sich in die Hocke sinken und streckte die Hand ins Wasser, um nach einer Strömung zu spüren.

Llyilliala konzentrierte sich sehr, konnte jedoch zunächst keine Strömung ausmachen. Sie musste sich ein wenig gedulden, ehe sie auf einmal spürte, wie jäh eine leichte Bewegung einsetzte. Ganz in ihrer Nähe schien wärmeres Wasser in den Höhlensee einzutreten, das auf die gegenüberliegende Seite zufloss. Nach kurzer Zeit kam die Strömung bereits wieder zum Erliegen, nur um jedoch nach einer Pause wieder einzusetzen.

Die Elfe legte ihr Gepäck und ihre Waffen ab, dann schwamm sie dorthin, wo sie das Wasser in den See einströmen spürte. Sie wollte erst einmal ohne Behinderung durch ihre Sachen erkunden, ob sie dort weiterkäme. An der Wand angekommen hielt sie die Luft an und tauchte ab, um nach dem Zufluss zu suchen.

Nur gut einen Schritt unter dem Wasserspiegel setzte sich die Höhle fort. Schwallartig kam noch ein Schwung wärmeres Wasser geflossen, dann verlangsamte sich die Strömung wieder und die Temperatur erschien gleichmäßiger.

Es blieb Llyilliala wohl nichts anderes übrig, als es zu versuchen. Sie tauchte nochmals auf, um Luft zu holen und sich zu sammeln. Sie schauderte bei dem Gedanken, in den zum Glück zumindest zu Beginn nicht sehr engen Unterwassertunnel hineintauchen zu müssen, aber sie hatte ja keine Wahl. Da sie nicht wusste, wie weit sie würde tauchen müssen und ob der Gang in für sie auf diese Weise erreichbarer Entfernung wieder aus dem Wasser auftauchte, ließ sie ihre Sachen bis auf einen Dolch zunächst einmal hier zurück. Sie wollte sich schon erneut nach unten abstoßen, da hielt sie inne. Nein, kein unnötiges Risiko. Ihre Kleidung behinderte sie im Wasser zwar nicht übermäßig, aber dennoch … schnell zog sie sich aus dem Wasser, dann entledigte sie sich ihrer Sachen, bis auf ihren Gürtel und den Dolch. Erneut war sie froh darum, dass es hier so warm war.
Nun ließ sie sich endgültig wieder ins Wasser gleiten, füllte ihre Lungen und tauchte ab, begleitet von ihrem kleinen leuchtenden Freund. Sie drang in den unter Wasser liegenden Gang vor, darauf bedacht, jederzeit genug Platz zum Umkehren zu haben. Zügig schwamm sie voran.

Ihr Zauber war Llyilliala hier weit mehr als nur Lichtquelle - in ihm manifestierte sich alle verbleibende Zuversicht, aus der Finsternis dieses Höhlensystems zu entrinnen. Seinem Widerschein folgend drang sie mit kräftigen Schwimmzügen in die Unterwasserhöhle vor und kam entsprechend auch gut voran, bis jäh die Strömung wieder zunahm und es heiß um die Elfe wurde. Diese gab alles, musste aber schließlich einsehen, dass sie nicht mehr länger gegen den Strom anschwimmen konnte. Sie wollte gerade wenden und sich hinaustreiben lassen, als ihr Luftblasen, die nicht von ihr stammten, anzeigten, dass das Wasser über ihr wieder mit Luft verwirbelt wurde. Keuchend tauchte sie in einer kleinen Höhle auf, die eher ein über Wasser liegender Abschnitt des Ganges war, kaum zwei Kopf über dem Wasserspiegel und weniger als zwei Schritt in Länge und Breite. Jetzt kam auch die Strömung wieder zum Erliegen.

Das Ganze mit Kleidung, Gepäck und Waffen zu wiederholen, würde schwierig werden, wie sich Llyilliala eingestand, als sie auf der Stelle paddelte, um wieder zu Atem zu kommen. Dann wartete sie den nächsten Strom warmen Wassers ab, um direkt anschließend erneut zu tauchen und den Gang weiter zu verfolgen.

Llyilliala kam gut gegen die schwache Gegenströmung an und drang daher rasch in den nächsten über die ganze Höhe unter Wasser liegenden Gangabschnitt vor. Der erwies sich jedoch als deutlich länger als der erste, und so wartete die Elfe vergeblich auf eine Gelegenheit zum Luftholen. Wenigstens schien das Wasser jetzt beinahe zu stehen, was aber nur vermeintlich ein Vorteil war, denn an und für sich musste sie umkehren. Sie setzte gerade zur Wendung an, als ihr auffiel, dass der Tunnelboden vor ihr zunächst zwar, wie zu erwarten, mit wachsendem Abstand zu ihrer Lichtkugel dunkler wurde, in einigen Schritt Entfernung aber gegen ihre Intuition wieder heller erschien. Dies konnte eigentlich nur eines bedeuten: Vor ihr lag eine Lichtquelle. Sie musste sich entscheiden. Jetzt.

Nur kurz zögerte die Elfe - dann schwamm sie weiter, auf die Lichtquelle zu. Alle Gedanken, was sein würde, stellte sie zurück, denn anders als viele Menschen neigte sie nicht zu Grübeleien oder Planspielen. Was sein würde, würde sein.

Jetzt gab es nur eine Richtung, der letzt-mögliche Umkehrpunkt war überschritten, das spürte Llyilliala deutlich. Zu allem Überfluss setzte nach ein paar Schwimmzügen in Richtung des Lichts die warme Strömung wieder ein. Jede weitere Bewegung wurde zur Tortur, ihre Muskulatur schmerzte und ihre Lunge brannte, gierte mit aller Macht danach, auszuatmen und nach frischer Luft zu schnappen. Unerträglich langsam kam das Licht näher. Mit einem Aufbäumen letzter Kraft hielt die Elfe auf die Wasseroberfläche zu. Vor ihr stiegen Bläschen auf, ihrer Lunge entwichen. Noch ehe sie zur rettenden Luft durchstoßen konnte, wurde Llyilliala schwarz vor Augen.

***


"Rumpu Mailam!" rief Vahvillisik den hier untätig um das Feuer herum wartenden und jetzt die Ankömmlinge unverhohlen begaffenden Goblins zu, wie die Begleiter der mehr oder minder freiwilligen Gäste alle erkennbar männlichen Geschlechts und in der Kürze der Zeit nicht zu zählen. Im selben Moment wurden große, fellbespannte Trommeln im bereits vertraut klingenden Rhythmus gerührt, hier aber so ohrenbetäubend, dass die Menschen froh waren, direkt von den Jägern weiter geführt zu werden. Es war ein Wunder, wie die Goblins diese Lautstärke ertragen konnten. Die Schlaginstrumente schienen den ganzen Fels in Vibration zu versetzen, und mit diesem die Leiber aller Wesen, die sich in diesem befanden. Auch wenn sie selbst zurück blieben, begleiteten die geisterhaften Schatten der selbst nicht trommelnden Jäger des Stammes, die nun in stampfenden Schritten um das Feuer herum tanzten, noch lange die in einen anderen Gang weiter ziehende Gruppe.
Die Enge führte dazu, dass sich die Jäger, die die menschlichen Besucher des Heiligtums aufgegriffen hatten, und von denen einzelne bei den Tänzern brennende Holzscheite aufgenommen hatten, die ihnen nun mehr schlecht als recht den Weg ausleuchteten, unter diese mischten und die Gruppe zugleich lange auseinandergezogen wurde. Bald erreichten sie eine Gabelung, von der aus es in die Tiefe ging. Zunächst unbemerkt von den Menschen nahm ein Teil im Halbdunkeln den Abzweig nach links, ein anderer den nach rechts.


"Frauenzimmer"

“Abhängen, Dämpfen und Räuchern”



Vorlage eingerückt






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