Schwarz steht der Tann - Akt 5

Die Zeit des Jägers

Akt 5 der Briefspielgeschichte Schwarz steht der Tann

Herausputzen

"Tullo mukan! Siivota!"(Mitkommen! Herausputzen!) rief einer der älteren Jäger den menschlichen Gästen zu. Die anderen stimmten ein, und schon bald war der Raum von einem kehligen Gelächter gefüllt. Die Goblins umringten mittlerweile die Menschen und schoben sie nachdrücklich auf den Ein- und Ausgang der Höhle zu. Auch wenn die Stimmung weit gelöster war als zu ihrer Ankunft, war immer noch ein gewisser Nachdruck zu spüren. Der Kleidung, die Ulfaran, Tsamitrius und Rondrard hier abgelegt hatten, schien man keine Bedeutung beizumessen: “Ei tarvit” (Nicht brauchen) hieß es nur, wieder begleitet von Gelächter, als die Menschen weiter gezogen und gedrängt wurden.

Noch immer in gelassener Stimmung ließ der Hexer sich treiben und fasste Rondrard am Ellenbogen. “Wie es scheint, fängt jetzt der interessante Teil an. Möge die große Mutter mit dir sein, Rondrard” Er zwinkerte ihm zu. Dann nickte er dem Druiden zu.

Rondrard war noch recht benommen von den Eindrücken seiner Vision in der Schwitzhöhle und ließ sich daher widerstandlos mittreiben. “Und mit Dir!” gab er Tsamitrius zurück, zu einem Zwinkern oder einer akzentuierten Geste war er noch nicht imstande.

Ulfaran trauerte seiner Kutte nach, seinem einzigen, wertvollen Besitz. Doch er musste sich wohl oder übel davon trennen und ließ sich von den Goblins treiben.

Die Rotpelze konnten es offensichtlich nicht mehr erwarten, endlich zum Taati Mulla zu kommen. Teils im Laufschritt eilten die Goblins, und die heute durch das Schicksal zusammengeführten Gefährten stolperten mit ihnen zurück in die große Höhle, die sie bereits bei ihrer Ankunft kurz gesehen hatten.
Dort hatten sich inzwischen noch mehr der Goblins versammelt, doch noch immer nur deren Männer. Das Trommeln war geendet, und auch getanzt wurde nicht mehr, statt dessen herschte rege Betriebsamkeit.
Eifrig waren die Jäger des Stammes dabei, sich im Schein des hoch aufprasselnden Feuers und unter den nahezu lebendig anmutenden Bildern so vieler Tiere des Waldes an den Wänden gegenseitig mit grüner Farbe, die sie in kleinen Holzschälchen angerührt hatten, im Gesicht, auf der Brust und dem Gemächt mit Streifen zu bemalen. Die, die fertig waren, halfen entweder, ihre Gefährten zu schmücken, oder streiften sich Tierschädel oder -kopffelle, die mit Lederbändern versehen waren, über den Kopf. Unter den Trophäen waren stattliche Hirschgeweihe, Wildschweinfelle (diese kombiniert mit dem als Kinnschmuck aufgezogenen hauerbewehrten Unterkiefer), Fuchs- und Rehschädel, aber teils auch nur die Knochenkalotten einfacher Kaninchen- oder Eichhörnchen.
Vier halbstarke Jung-Goblins, die vorher noch feixend die Menschen begafft hatten, hatten sich offensichtlich zu einer Mutprobe verstiegen. Jedenfalls näherten sie sich vorsichtig den drei Fremden; der vorderste hielt diesen aus sicherer Entfernung eines der Holzschälchen entgegen, was die anderen zu einem keckernden Lachen veranlasste. Ein zweiter winkte mit Dachsschädel und -fell.

Tsamitrius zögerte nicht lange und nahm die Schale und reichte sie Rondrard. “Habt ihr auch einen Ziegenbock da?”, fragte er und machte dabei Handzeichen, die die Hörner solches nach empfanden. “Brauchst du Hilfe?” und steckte seinen Finger in die Farbe.

“Pukki?” übersetzte Rondrard für Tsamitrius. Die Goblins wechselten Blicke und einige schnelle Worte untereinander, dann machte sich einer davon. Der junge Tannenfelser sah sich derweil die Muster der Goblins an. “Beim Gesicht wäre Hilfe nicht schlecht. Den Rest krieg ich wohl selber hin. Und Du?” fragte er zurück. Der junge Ritter brachte inzwischen sogar wieder ein Grinsen zuwege, trotz der beiden Gedankenkreisel, die noch immer sein Inneres aufwühlten - die Vision des Jägers und seine Sorge, wie wohl das hoffentlich nahende Wiedersehen mit den Frauen, vor allem Befinna, verlaufen würde. Die nachlassende, aber noch immer vorhandene Wirkung der Dämpfe in der Schwitzhöhle tat nach wie vor ihr übriges.

Der Hexer zögerte nicht lange und bemalte das Gesicht des Tannenfelsers. Danach kümmerte er sich voll und ganz seiner eigenen Bemalung, schminkte das Gesicht dunkel, so dass seine Augen ein eigenes leuchten bekammen. Den Rest seines Körpers ließ er nackt, denn es gab vor der Mutter nichts zu verbergen.

Rondrard zierten bereits Streifen grünen Ockers im Gesicht, auf der Brust und den Oberarmen. Aber eine Stelle fehlte noch, wenn er es den Suulak gleich tun wollte. Als er sich daran machte, auch sein Gemächt zu bemalen, überkam ihn jedoch der sich unwillkürlich einstellenden Erregung jäh auch die zuletzt gänzlich vergessene Scham: jedem und jeder hier und heute auf diesem Fruchtbarkeitsfest der Goblins würde er so gegenübertreten, wie die große Mutter ihn gemacht hatte, aber was war mit Befinna? Was bliebe in ihren Augen von dem Ritter ihrer Träume und Phantasien, von dem sie Ringard immer vorgeschwärmt hatte (wie ihm indiskret zugetragen worden war), und der er selbst so gerne wäre? … Nein, das ging nicht…
“Pää Peura, pää takana?” fragte er einen der immer noch gaffenden und sich belustigenden jungen Goblins. Der schaute nur etwas merkwürdig und hielt zwei Finger nach oben. “Käksi pää?” Rondrard nickte. “Kääksi pää!”

Inzwischen war der erste tatsächlich mit dem Schädel samt Gehörn eines stattlichen Ziegenbockes zurückgekehrt. Obendrein hatte er noch Lederbändchen dabei, wie sie die Goblins zum Befestigen der knöchernen Kopfzierden verwendeten. An einem davon baumelte sogar noch der Bart eines Bockes. Kurz darauf nahte auch der zweite junge Suulak, mit zwei Schädeln, dem eines Hirsches mit einem prächtigen, zehnendigen Geweih, und dem einer Hirschkuh. Zunächst mit unverhohlener Neugier, dann mit Feixen und Gelächter wurde verfolgt, wie Rondrard den Schädel der Hündin zu einer Schamkapsel unfunktionierte, um sich dann das Haupt mit dem Geweih zu bewehren. Deutlich errötet kreuzte sein Blick den Tsamitrius’. Dieser lachte nur und befestigte den Tierschädel auf den Kopf. Ja, so war er Tsatuara gefällig.

“Gib den Hirschkopf her”, verlangte Ulfaran knapp. Die Vision zeigte ihm, welchen Kopfschmuck er zu wählen hatte.

“Den hab ich schon.” war Rondrard nicht bereit, den Schädel mit dem Geweih herzugeben. “Vielleicht haben sie noch weitere. Peura heißt Hirsch auf Goblinisch.” ließ er den Druiden wissen.

Ulfaran funkelte finster. “Peura”, ahmte er nach. “Peura.”

Angesichts des furchterregenden Blickes des Fremden bekam es der junge Goblin, der Rondrard sein Geweih gebracht hatte, mit der Angst zu tun. Auch das Feixen der anderen war weit verhaltener als eben noch, als die ersten Schmuckstücke herbeigeschafft wurden.

“Du solltest Dir mehr Freundlichkeit angewöhnen. Wenn schon nicht den Menschen gegenüber, so doch deinen Gastgebern.” Kein Wunder, dass nur noch Käfer mit diesem Kerl leben wollten. Was Befinna nur an diesem fand? wunderte sich Rondrard.

Immer noch eingeschüchtert brachte der Suulak tatsächlich noch ein weiteres Geweih mit, dass sogar noch ein Ende mehr hatte, aber auch deutlich mitgenommener aussah als das erste. Vorsichtig legte er es zwei Schritt weit von Ulfaran auf den Boden und zog sich eilig zurück.

“Bluugsuul” rief Rondrard diesem zum Dank hinterher.

Wie das Geweih aussah, in welchem Zustand es war - das war Ulfaran egal. Die Schöpfung Sumus war in jedem Zustand, ob frisch und neu geboren, halb oder vollständig verwest, wunderschön. “Danke”, brummte Ulfaran und bückte sich nach dem Geweih.

Rondrard nickte. Er wusste nicht so recht, ob er das Dankeswort Ulfarans als erstes Anzeichen von Umgansformen anerkennen, sich darüber belustigen, wie gut dieses Geweih zu diesem passte, oder doch darüber ärgern sollte, dass sich der Druide ausgerechnet sein Wappentier als Schmuck für das Taati Mulla auserkoren hatte. Das Zeichen derer von Tannenfels. Das Zeichen Kurims, des Jägers. “Warum soll es ausgerechnet auch der Hirsch sein?” wollte er wissen.

Ulfaran blickte ihn an und wollte den Ritter schon einfach ignorieren, entschied sich dann aber, ihm dasjenige zu sagen, was er verdient hatte. “Weil der Sohn der großen Mutter zu mir sprach.”

Rondrard stutzte. “Der Jäger hat also auch zu Dir gesprochen?” Er brannte jetzt vor Neugier. “Was hat er gesagt?”

Der Druide grollte. Er hatte also zu viel Preis gegeben und jetzt konnte er nicht mehr zurück. Zerknirscht konstatierte er: “Wir sprachen über meinen Weg, den Leib der Mutter Sumu zu schützen.”

Rondrard spürte die Zerknirschung - ob es dem Druiden ebenso ergangen war wie ihm? Mit was hatte ihn der Jäger konfrontiert? "Und? Was hat er dir mit auf den Weg gegeben?"

“Warum willst du das wissen, Ritter?”, gab der Druide patzig zurück. Langsam aber sicher wurde er ihm zu zudringlich. Er musste den Mann spüren lassen, dass er nicht zu seinem Rudel gehörte.

“Weil er auch zu mir gesprochen hat.” gab Rondrard noch einmal zu, was er bereits offenbart hatte. “Und weil das, was er uns zu sagen hatte, vielleicht wichtig ist… Sume.”

Hm, brummte der Sume. Dieses Argument ist schlüssig. “Er mahnte mich, die Kinder Sumus nicht zu verstoßen, weil sie der Mutter fremd geworden sind. Der große Jäger will, dass ich im Rudel jage, doch wo ist das Rudel, das nicht die Mutter, sondern ihre Feinde jagt?”

Rondrard sah den Druiden überrascht an - wegen dessen Aufrichtigkeit und wegen der Worte des Jägers. “Wenn Du das nicht siehst, bist Du blind. Das Rudel ist um Dich. Hier. Jeder einzelne hier glaubt an die große Mutter und würde für sie gegen ihre Feinde einstehen.” Der inzwischen selbst hirschhäuptige junge Ritter wog kurz ab, ob und was er preisgeben sollte. “Mir hat der Jäger aufgetragen, mich ihnen zu stellen.”

Ulfaran sah dem Ritter skeptisch entgegen. Zuerst zögerte er, doch der Weg war richtig. Der große Jäger hatte Recht - er war schließlich der Bote der Mutter. “Dann tu es. Die große Mutter hat viele Feinde auf diesem Boden. Der Wald ist in Gefahr. Das, was ihr und euresgleichen Zivilisation nennt, raubt den Lebensraum für Sumus Kinder. Wenn du mit mir jagen willst, dann musst du deine Loyalität der Mutter gegenüber unter Beweis stellen. Du wirst dich deinesgleichen in Stahl und Rüstung, mit Hacken und Axt, mit Pflug und Dresche entgegenstellen müssen. Wenn du dazu bereit bist, dann werde ich mit dir jagen. Befinna vertraut dir. Sie ist die zukünftige Herrin dieser Lande. Wenn du dich entschließen würdest, der Welt der Zerstörung abzuschwören, dann wird sie es auch tun. Gemeinsam könnten wir eine Insel des Schutzes für Sumus Kinder bieten. Willst du das?” Der Druide redete sich in Rage. Auch der Stechapfel und die Vision taten ihres dazu, ihn vom Bande zu lassen. Er legte alle seine Karten auf den Tisch. Jetzt galt es, volles Risiko zu gehen.

Rondrard gefiel, dass sich der Druide endlich das eisige Visier seiner Schweigsamkeit und Wortkargheit vom Gesicht gerissen hatte, als Mensch sichtbar für ihn wurde. Ulfarans Beweggründe waren keine schlechten, aber ihm fehlte in seiner Liebe und Verehrung der Natur die Menschlichkeit, der Zugang zu seinem eigentlichen Rudel. Hatte ihn die große Mutter deswegen hierher geführt? Ihm sein Rudel zu zeigen?
“Nicht alle, die Du ‘meinesgleichen’ nennst, sind gleich. Du hast Recht damit, dass einigen diese Wälder hier, die Schöpfung der großen Mutter tatsächlich gleichgültig sind in ihrem Streben, ja, ihrer Gier nach dem kurzfristigen Profit. Andere aber zerstören unwillentlich, aus reiner Not heraus, weil sie glauben, es bliebe ihnen nichts anderes übrig, wenn sie überleben wollen. Gerade hier aber leben noch viele, die der großen Mutter im Herzen treu sind und im Einklang mit dieser leben wollen, die die Natur achten und ehren, das, was sie zum Leben brauchen, mit Dank auf den Lippen nehmen und den Rest erhalten und schützen wollen. Wenn Du, Befinna und ich das alles hier retten und bewahren wollen, können wir nicht blindwütig alle zu unseren Feinden erklären. Wir müssen die wahren Feinde von den Unschuldigen und den nur von Not gedrungenen scheiden - den Feinden entschieden entgegentreten und die anderen zu einem Teil unseres Rudels werden lassen.”

Ulfaran nickte - offensichtlich unterschätzte ihn der Ritter. “Rondrard, Sume heißt Hirte. Nichts anderes bin ich. Hirten leiten Schafe; manche davon sind klug, manche blind. Die einen bleiben freiwillig bei der Herde, die anderen brauchen Anleitung, um nicht über die Klippe zu laufen. Bei den Menschen ist das nicht anders. Jeder einzelne will überleben - und auch der Wolf reißt das Schaf, weil er überleben muss. Doch eine Schafherde hat auch einen Leitwidder und es ist die Verantwortung des Leitwidders, seine Herde zu beschützen, wenn der Hirte nicht zugegen ist. Du bist ein Ritter. Bei den Menschen, die die Stadt dem Wald vorziehen, seid ihr Leitwidder. Wenn eure Schafe den Wald zerstören müssen, um zu leben, dann habt ihr nicht gut auf sie aufgepasst. Wenn sie hungern, dann müsst ihr ihnen geben. Wenn sie Schutz vor anderen Menschen brauchen, dann brauchen sie euer Schwert. Wenn sie Hilfe brauchen, um die Gnade der Mutter zu sehen, dann brauchen sie euer - und mein - Vorbild. Wir müssen uns vor die Menschen stellen und zur großen Mutter stehen, dann werden sie die Axt weglegen.”

Nachdenklich hörte Rondrard dem Druiden zu, dabei nickte er immer wieder. Als Ulfaran geendet hatte, trat ein Lächeln auf die Lippen des Ritters: “Mit jedem Deiner Worte hast Du Recht Ulfaran, genau das sind unsere Aufgaben.” Im Grundsatz waren sie eines Herzens. Ob die Einigkeit auch in den schnöden Details des Lebens und Wirtschaftens bestand hielte, wollte er in diesem Moment nicht allzu genau hinterfragen, dennoch schob er hinterher: “Nur denke ich, dass wir Menschen uns dem Wald nicht fern halten müssen. Wir müssen ihn nur respektieren und so nutzen, dass er bewahrt bleibt, und nicht gierig mehr nehmen, als er uns zu geben bereit ist, sondern der großen Mutter für ihre Geschenke Dank und Ehre erweisen.”

Siunai Mailam Rekdai

Die Goblinfrauen verließen auf das Hornsignal (oder was auch immer das Geräusch war) alle das Wasser, rieben und schüttelten die gröbste Nässe ab. Kalt wurde in der feucht-warmen Luft der Höhle niemandem, auch nicht den bereits seit einiger Zeit aus dem Wasser gestiegenen “Glatthäuten.” Bald versammelten sich alle Suulak in einem großen, mehrreihig besetzten Kreis auf einer von mehreren der opalfarbenen Säulen eingerahmten Sinterterrasse in der Höhle und sahen in einer Mischung aus Vorfreude auf das Kommende und Sorge über die merkwürdigen Gäste ihrer Ältesten hinüber.
“Bereit Taati Mulla?” fragte Suncuua die Frauen, die nicht von ihrer Art waren. “Dann mitkommen!” Sie deutete auf den Kreis der Frauen. “Siunai Mailam Rekdai…” sie suchte nach einem Wort in der Sprache der Menschen, dann fiel es ihr ein: “Segen.”

Befinna hielt Khorena sanft zurück. Zur jungen Adeligen schien sie etwas Vertrauen aufgebaut zu haben. "Was passiert jetzt?", fragte sie mit zunehmender Unruhe.

“Sie wird jetzt für alle einen Segen der Großen Mutter sprechen. Was danach kommt, weiß ich nicht genau. Wie du nehme auch ich heute das erste Mal bei dieser Stammesfeier teil. Aber was es auch immer sein wird. Es wird dir nichts geschehen und du bist niemals allein. Ich werde an deiner Seite sein, ebenso wie die anderen auch.” Mit beruhigender Stimme hatte Khorena gesprochen. Sie war versucht gewesen ihren Zauber von vorhin zu wiederholen und der Baroness etwas Mut mitzugeben, aber es war besser, wenn Befinna ihren ohne Hilfsmittel ihren eigenen Mut finden würde. Ihr Versprechen nahm sie ernst. Sie würde der Baroness zur Seite stehen, jederzeit. Vielleicht war das der Grund, weshalb die Große Mutter sie heute hierher geführt hatte.

Die Baroness zog ihre Stirn kraus, nickte knapp und beobachtete dann die sich ihnen bietende Szenerie.

Suncuua nickte auf Khorenas Worte hin bestätigend und wies nochmals einladend in Richtung des Kreises. Ihre Augen leuchteten dabei. “Mailam Leben. Mailam schenken Leben.” Nur Llyilliala bedachte sie mit einem skeptischen Blick. Ob Mailam auch das Spitzohr segnen würde? Der ganze Unterleib des Wesens war so entsetzlich dürr, dass sie nicht glauben wollte, dass bereits ein Kind daraus entsprossen war. Entweder war diese Frau noch sehr jung, zu jung, um Mutter zu sein. Oder aber von Mailam nicht mit der Fähigkeit beschenkt, jemals Mutter werden zu können. Waren diese Wesen deshalb so geisterhaft? Weil in ihnen so wenig Leben steckte, dass sie selbst kaum mehr welches schenken konnten? War es der Neid auf die so lebendigen Suulak, der die Spitzohren so gefährlich machte? Und was war mit diesem? Sollte sie diesem mit Argwohn oder voll Mitleid begegnen?

Mit geschmeidigen Bewegungen entstieg Adha erst dem Wasser und strich sich anschließend langsam und gründlich die Nässe vom Leib - bei den Armen beginnend, über den Oberkörper bis sie am Ende auch ihre Beine entlangfuhr. Aufrecht und stolz stand sie da, ihre roten Locken bedeckten ihre Brüste, auch wenn sie sonst scheinbar wenig Anstoß an ihrer eigenen Nacktheit nahm. Bereit die Kraft des Landes zu spüren.

Khorena kam nicht umhin den Körper der Eigeborenen zu bewundern. Sie riss sich von dem Anblick los und wandte sich wieder der Baroness zu. “Wir sollten jetzt auch gehen”, sagte die junge Frau, die aufgestanden war und Befinna ihre Hand entgegen streckte. “Du willst doch mehr über deine Mutter und ihre Verbindung zu all dem hier erfahren.”

“Ja, das möchte ich …”, meinte die Angesprochene und abermals huschte ein naiv-vorfreudiges Lächeln über ihr Antlitz. In erster Linie mochte sie ihre Mutter sehen, mochte ihre Erinnerungen an sie auffrischen, hatte sie ihr dieser Wald doch viel zu früh entrissen. Sie nahm Khorenas Hand und folgte ihr.

Llyilliala folgte den anderen Frauen als Letzte. Man sah ihr nicht an, was sie dabei dachte, doch sie zögerte nicht und zeigte keine Unsicherheit.

Suncuua deutete den Menschen und Llyilliala, sich in den Kreis der Frauen zu setzen. Dann schritt sie langsam in dessen Zentrum. Dort standen bereits mehrere einfache Steinschälchen mit einer grünen Ocker-Paste darinnen bereit. Drei ebenfalls im Kreisinneren stehende Fackeln warfen die Schatten Suncuuas und der Frauen um sie flackernd an die Wände der Höhle.
Die Suulak begannen zu klatschen und einen kehlig-rauen, teils summenden, teils grunzenden Gesang anzustimmen, erst langsam, dann aber rasch Fahrt aufnehmend. Suncuua hatte derweil das erste der Schälchen aufgenommen und fing an, sich im Takt der eigentümlichen Musik zu wiegen - überraschend geschmeidig für ihr Alter, das sich in diesem Moment lediglich in den schwingenden Falten der Gesäßhaut und den schlaff gewordenen Brüsten offenbarte.
Auch sie hub zu singen an, ein merkwürdiges Lied, das bis auf einzelne, immer wiederkehrende Worte wie ‘Mailam Rekdai’, ‘mulla lungai’ oder ‘Taati Mulla’ für ungeübte Ohren nur schwer zu verstehen war. Singend tanzte sie auf die erste der Frauen zu, die sich vor der Schamanin erhob und still vor dieser verharrte. Suncuua malte, ihren Bittgesang intensivierend, mit ihren Fingern etwas in der grünen Farbe auf den Unterleib der jüngeren, worauf diese ihren Kopf hob und einen grunzenden Singsang von sich gab, um sich schließlich wieder zu setzen und weiter zu klatschen und zu singen. Die Schamanin war derweil schon vor deren Nachbarin angelangt. So ging es für eine ganze Weile fort… bis Suncuua schließlich vor Khorena stand.

Die junge Frau nickte der Schamanin zu. Neugierig hatte Khorena das Ritual bis zu diesem Punkt verfolgt und eine gewisse Ähnlichkeit zu einem Fruchtbarkeitsritual festgestellt, welches sie selbst schon ausgeführt hatte um den Leib ihrer Tante zu segnen. Diese war nach der Geburt ihres ersten Kindes nicht mehr im Stande gewesen, weitere Kinder zu bekommen. Kurz darauf war sie von der Großen Mutter dann sogar mit Zwillingen gesegnet worden. Anstatt in den Singsang in der ihr noch unvertrauten Sprache einzufallen, übernahm sie die Melodie und bat die Große Mutter leise auf Garethi singend darum ihren Leib zu segnen. Sie hoffte, indem sie den anderen vorausging, würde sie ihnen und insbesondere Befinna Zweifel und Angst nehmen, oder zumindest mildern.

Denn eben jene junge Frau dachte im ersten Moment gar nicht daran sich hier bemalen zu lassen. Am Ende pflanzte man ihr mit Magie noch ein Kind, oder sonst etwas ein. Befinna stand etwas abseits der anderen und beobachtete weiter. Bemalen wollte sie sich nicht lassen.

“Mailam antaa tyttärn hedmallysai herrkuja!” Schenke Mailam ihrer Tochter Fruchtbarkeit und Wonnen. Mit Freude, die dem Gesicht der Stammesältesten auch abzulesen war, zeichneten Suncuuas Finger in sanften Schwüngen das Symbol Mailams, einen stilisierten Wildschweinkopf über zwei üppigen Brüsten und einem noch dralleren menschlichen oder goblinischen Unterleib kurz über die Scham Khorenas. Die grüne Farbe war nahezu hautwarm, so dass die junge Frau keinerlei Drang verspürte, zurückzuzucken - vielmehr fühlte sich die Ausübung des Rituals sehr angenehm an - noch mehr aber das erst leise, dann aber zunehmende Kribbeln, als der Segen der großen Mutter anfing, seine Wirkung zu entfalten. Eine Woge von Sicherheit, Glücksgefühl und Einssein mit der Welt um sie durchströmte Khorena… und ein unbändiger Hunger, der von Speisen nicht zu stillen sein würde.
So gelöst die Tochter Mailams war, so sehr zog sich Aleits kleine Tochter zurück - Suncuua erkannte es sofort an ihrer angespannten Haltung. Das Mädchen erhob sich auch nicht. Suncuua war zu alt und hatte schon zu viel gesehen und erlebt, um darüber enttäuscht, traurig oder gar verärgert zu sein. Das Kind war noch nicht so weit. Es musste noch viel lernen, und alleine, dass es da war, war ein Anfang. Im Vorbeigehen berührte sie mit der sauberen Hand sachte die Wange der jungen Menschenfrau, da erreichte sie bereits Rakkaus-antaa.

Auch die Geweihte erhob sich vor der Schamanin: “Ole hyvä Vehnän korvat”, bat sie und zeichnete eine Linie um ihre Brüste, wo sie das Symbol ihrer Göttin, zusätzlich zu den anderen Zeichen, haben wollte. Da sie gerne sang, war ihr die Melodie bald geläufig und auch die meisten Worte konnte sie gut verstehen und wiederholen. Sie hatte beschlossen sich dem Ritual hinzugeben und tat dies mit voller Inbrunst.

Rakkaus-antaa war eine gute Frau. Daher zögerte Suncuua nicht und erfüllte ihr den Wunsch, zeichnete ihr zusätzlich eine Weizenähre - wenigstens wie sie sich diese vorstellte - auf den Leib. Wenn dies ihr Symbol für die Mutter war, so würde Mailam sie auch mit diesem segnen - und ihre Männchen es verstehen. “Mailam antaa tyttärn hedmallysai herrkuja!”
Die Leidenschaft, in der sich Lioba dem Ritual bereits hingab, wuchs weiter und ergriff jetzt voll und ganz Körper und Seele der Geweihten, ließ beide im Einklang vibrieren. Sie war ganz bei der Mutter und diese bei ihr und in ihr. Sie spürte, dass jede Saat in dieser Nacht auf einen fruchtbaren Boden fallen würde.

Als die alte Goblinfrau vor ihr stand, schüttelte Llyiliala den Kopf und verschränkte abwehrend die Arme. Sie dachte nicht daran, ein aktiver Teil dieses Rituals oder was auch immer das geben mochte, zu sein. Solange man sie nicht bedrohte, würde sie friedlich sein und nicht stören, aber damit wollte sie es bewenden lassen. Wehmütig dachte sie an die Feste ihrer eigenen Sippe, die sie nun schon so lange nicht besucht hatte, an das Salasandra, das sie schon genauso lange entbehren musste. Ihr Blick ging durch die Schamanin hindurch in die Ferne …

Zum ersten Mal im Verlauf des Rituals musste sich die Älteste konzentrieren, nicht aus dem Rhythmus zu fallen. Sie war geradezu erleichtert, dass das Spitzohr den Segen nicht empfangen wolle. Es nahm ihr damit eine schwere Entscheidung ab. Würde Mailam Rekdai ein solches Wesen überhaupt segnen? Durfte sie diesem Fruchtbarkeit wünschen? Vielleicht würden sich diese geisterhaften Kreaturen dann rasch vermehren und immer mehr von diesen kommen und die Suulak ein weiteres Mal von diesem Ort vertreiben? Vielleicht fänden diese Wesen aber auch ihren Frieden, wenn sie die Suulak nicht mehr um ihre Lebendigkeit beneiden mussten? Kurz trafen ihr Blick die Augen der Elfe, doch fand er keine Erwiderung, so fern schien diese. Als ob sie halb in der Geisterwelt steckte...
Länger Gedanken machen konnte sich Suncuua nicht, denn da erreichte sie schon die ewigjunge Menschenfrau.

Doch diese schüttelte nur leicht das Haupt. "Ich liebe die große Mutter und hüte ihre Kinder. Weitere meiner Kinder will ich aber nicht vergehen sehen.", teilte sie der Schamanin leise mit. Es war das eine geliebte Menschen zunehmend altern und letztlich sterben zu sein, doch der Verlust der eigenen Kinder und Kindeskinder war zu groß um ihn erneut erfragen zu wollen. Noch immer lebten ihre Nachkommen, ihr Vermächtnis und inzwischen waren sie fern genug, dass ihr Tod ihr Herz nicht mehr derart schmerzte. Neben zahlreichen anderen Gründen, ein Grund mehr wieso sie die Nähe der Damenwelt seit geraumer Zeit bevorzugte.

Suncuua akzeptierte, dass die Ewigjunge das ihr gegebene Geschenk andauernder Fruchtbarkeit, um das sie selbst diese so beneidete, nicht weitere annehmen wollte - verstehen konnte sie es aber nicht - auch wenn sie selbst den Schmerz, die eigenen Kinder oder Enkel sterben zu sehen selbst nur zu gut kannte. Aber war es nicht der Wille der Mutter allen Lebens, fruchtbar zu sein und sich zu vermehren? Warum sonst sollte sie die weise Menschenfrau derart gesegnet haben?
Sie selbst war bereits seit einigen Jahrzehnten darüber hinaus, Kindlein empfangen und gebären zu können, ihre ältesten Kinder - so sie noch lebten - selbst schon alt geworden und die jüngeren längst vielfache Mütter oder erfahrene Jäger. Wie gerne würde sie noch einmal das Leben in sich wachsen spüren, wie damals, nach jenem einen Taati Mulla vor zwei Hand und noch einmal drei Fingern Wintern, als sie, längst schon eine alte Frau, noch ein letztes Mal mit einem wundersamen Fruchten ihres Leibes beschenkt wurde. Auch wenn sie dieses wunderbare Geschöpf weggeben musste - zu seinem und ihrer aller Wohl.
Aedha konnte kurz diesen Schmerz aufflackern sehen, als Suncuua sie sachte am Arm berührte: “Mailam rakastan-sin, ikuinuori!” (Mailam liebt Dich, Ewigjunge!)

In ihrem langen Leben, hatte Aedha so manche schmerzhafte Erfahrung machen müssen. Ein plötzlicher Verlust, wie ihn die meisten Sterblichen kannten, war schmerzhaft, aber zu sehen, wie geliebte Menschen langsam verloren gingen. Stück für Stück, weil sie zunehmend älter wurden und die Vorboten des Verlustes immer deutlicher zutage traten, dieser Schmerz kam ihr, wie die Strafe für ihre Jugend vor.
Während der Hauch eines feuchten Schimmers in ihren Augen zu erkennen war, erwiderte die Eigeborene sanft die Geste der Schamanin und nickte ihr zuversichtlich zu. Sie hatte noch viele Sommer vor sich, Zeit um sich ihren Nachkommen wieder anzunähern und ihnen vielleicht auch ihre Verwandtschaft zu offenbaren.

Einen wohligen Seufzer ausstoßend streckte sich Khorena und hieß die von dem Hautbild ausgehende Wirkung willkommen. Mit Bedauern sah sie wie Befinna zurück schreckte. Sie unterdrückte den auflodernden Hunger in ihrem Leib für den Moment und ging hinüber zu der jungen Baroness. “Siehst du, niemand zwingt dich und deine Entscheidung wird respektiert”, meinte sie aufmunternd. “Auch die Männer werden das respektieren, denn hier haben die Frauen die Macht inne. Nicht die Männer wählen sich ihren Partner, sondern die Frauen suchen sich ihren Favoriten aus.” Sie setzte sich neben Befinna an den Beckenrand. “Das Rahjaspiel ist eine wunderschöne Sache und auch wenn Mutter Travia davon nicht erbaut ist, so ist es doch ein Beweis der Liebe zu ihrer Schwester Rahja, welche die leidenschaftliche Vereinigung zweier Menschen sehr wohl gutheißt. Bitte versteh mich nicht falsch, ich akzeptiere deine Entscheidung und will nicht versuchen dich umzustimmen, aber ich würde gerne verstehen.”

Befinna war froh, dass sie niemand dazu zwang hier mitzumachen. "Ich …", setzte sie zu einer Antwort an, "... will nicht. Nicht hier und heute oder mit diesen Männern." Die Baroness fröstelte es. Musste sie jetzt zusehen wenn die anderen? Am liebsten hätte sie sich jetzt eingerollt auf dem Boden eingerollt und geweint. Warum wollten die Goblins bei ihrem Fest Menschen dabei haben? Befinna verstand es nicht. Doch sie würde stark sein und sich nicht abwenden. "Khorena, ich verstehe nicht." Richtete sie sich dann vertraut an ihre Sitznachbarin. "Warum das ganze? Möchtest du ein Kind?"

Als Befinna zu zittern begann, nahm Khorena sie fürsorglich in den Arm, gleich einer Mutter, die ihrer Tochter Zuspruch geben wollte. “Ssht. Es ist in Ordnung, ich werde nicht weiter nachfragen. Würdest du dich sicherer fühlen, wenn ich dir ein Schutzzeichen aufmalen würde, dass dich als unter dem Schutz der Großen Mutter stehend ausweisen würde?” Sie sah hinab zu der Zeichnung auf ihrem Unterleib und dann wieder zu Befinna. “Was genau verstehst du nicht? Warum ich das hier mache? Es war nicht so geplant, eigentlich wollte ich nur den Anblick des Sees bei Vollmond genießen. Ein geradezu magischer Anblick, so sagte man es mir. Dann bin ich im Wald erst auf Tsamitrius und dann auf Aedha gestoßen. Kurz darauf seid ihr vier aus dem Wald auf die Lichtung gestolpert und wer weiß, ob wir jetzt hier wären, wenn die Elfe nicht die Goblins erschreckt und sie mit ihrer Waffe bedroht hätte. Aber nun sind wir nun mal hier und ich bin eine Tsatuara-Priesterin. Mein Glaube mag sich etwas von dem der Goblins unterscheiden und doch gibt es genügend Gemeinsamkeiten. Deswegen wirke ich auch an diesem Ritual mit. Und natürlich möchte ich einmal Kinder haben. Welche Frau möchte das nicht? Ob ich heute Nacht eines empfangen werde, weiß ich nicht. Ich vertraue aber der Großen Mutter von ganzem Herzen und wenn sie mir dieses Geschenk machen will, so werde ich mich nicht dagegen wehren.” Versonnen strich sie sich über ihren Bauch, stellte sich vor wie es sich wohl anfühlen würde, wenn in ihrem Leib ein neues Leben heranwachsen würde. Es stellte sich einzig die Frage, wer der Vater sein würde. Wie schon so oft in den vergangenen Monaten, musste sie an den Rahja-Geweihten denken, mit dem sie die Nacht der Altenberger Brautschau verbracht und den sie völlig erschöpft in einem Pavillon zurückgelassen hatte. “Beantwortet das deine Fragen? Was genau kannst du nicht verstehen?”

Befinna wusste nicht worauf sie zuerst antworten, oder was sie zuerst fragen sollte. “Ich will auch einmal Kinder haben … und einen Mann, der mich gern hat, damit wir eine richtige Familie werden und unseren Kindern das schenken, was ich und meine Schwester durch den so frühen Tod meiner Mutter nicht hatten.” Ihr Blick blieb auf dem Symbol auf Khorenas Bauch hängen. “Aber ich möchte das nicht hier … und nicht so. Du etwa schon? Du würdest dir einen der hier anwesenden Männer aussuchen und ein Kind von ihm empfangen?”

“Das musst du auch nicht”, versicherte ihr Khorena sanft. “Du bist hier die Frau, du entscheidest ob du dich einem Mann öffnen oder sogar ein Kind von ihm empfangen willst, und nicht die Männer. Vor allem hier und heute. Sei dir dessen immer bewusst. Ich wünsche dir, dass du einmal genau die Familie haben wirst, die du dir wünschst.” Die Priesterin drückte die Baroness kurz an sich um ihre Worte zu unterstreichen, dann ging sie auf die Fragen Befinnas ein. “Du hast gefragt ob es mir etwas ausmachen würde, hier mit einem Mann zu schlafen. Das würde es nicht, auch wenn es vor den Augen anderer geschehen würde. Wäre es denn so anders als beim Fest der Freuden in einem Rahja-Tempel?” Um die Worte sacken zu lassen, legte Khorena eine kurze Pause ein, bevor sie weitersprach. “Ich träume ebenfalls von einer Familie mit vielen Kindern und einem Mann der mir ebenso in Liebe zugetan ist, wie ich ihm. Vielleicht ist er heute sogar hier, wer weiß? Doch heute geht es mir mehr um die leidenschaftliche Vereinigung zweier Menschen und die Wonnen, die es bedeutet. Ich habe grenzenlosen Vertrauen in meine Göttin und wenn sie mich mit einem Kind segnet, dann habe ich wohl die richtige Wahl getroffen.” ‘Vielleicht werde ich mich aber auch gar nicht erst entscheiden müssen, sondern werde von jemanden bestimmten erwählt.’ Ihr Blick glitt für einen Herzschlag zu Aedha. Aber wenn sie selbst wählen sollte, wer würde es sein? Ulfaran nicht, zu vieles an ihm störte sie, stieß sie sogar ab. Damit blieben nur Tsamitrius und Rondrad, ihre Vettern. Doch nur Tsamitrius war blutsverwandt mit ihr, was es ebenfalls unmöglich machte ein Kind von ihm zu empfangen oder in gar zu heiraten, damit das Kind auch in Adelskreisen anerkannt würde. Somit war da nur noch Rondrad, der aber, das war für Khorena offensichtlich, etwas für Befinna empfand. Trotzdem, ihn könnte sie sich gut an ihrer Seite vorstellen und Celissa wäre vielleicht auch nicht ganz unglücklich deswegen. “Befinna, darf ich dich etwas persönliches fragen? Was empfindest du für Rondrard? Wäre er vielleicht die Art Mann, den du dir eines Tages als Gemahl vorstellen könntest?” Sie hob abwehrend die Hände. “Ich will dich nicht zu irgendwas überreden, sondern nur wissen ob du ein Auge auf ihn geworfen hast und ich ihn deshalb besser nicht als Gefährten für diese Nacht erwählen sollte.”

“Ich … äh …”, Befinna kaute unsicher an ihrer Unterlippe, “... ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht.” Die junge Frau wunderte sich etwas über die Direktheit der Frage. “Ich meine, ich war bis vor ein paar Tagen mit einem anderen verlobt. Rondrard ist …”, sie zögerte, “... er ist nett. Er mag mich, das weiß ich. Aber das heute …”, die Baroness wog ihren Kopf hin und her, “... er war unehrlich zu mir. Ich weiß nicht ob ich ihm vertrauen kann.” Tat sie ihm unrecht damit? “Also wenn du willst … wegen mir musst du dich nicht zurückhalten.” Sie hob zwar trotzig ihre Schultern, doch konnte Khorena fühlen, dass das gesprochene Wort wohl nicht die ganze Wahrheit war.

Khorena lächelte milde unter ihrer Maske. “Ich glaube, Rondrard hat nur nicht gewusst, wie er es dir hätte gestehen sollen. Versuche es einmal von seiner Warte aus zu betrachten. Wie würdest du jemanden, der dir am Herzen liegt und zudem stark im Glauben an die Zwölfe ist, offenbaren, dass du neben den Zwölfgöttern auch an eine weitere Gottheit, die Große Mutter, glaubst oder aufgrund der Lage deines Lehens auch Kontakt zu Goblins hast? Hättest du nicht Angst davor, dass diese Person sich von dir abwenden könnte? Würde dir das nicht das Herz brechen?” Sie fasst sich ans Herz. “Aber auch wenn dir eine Lösung einfallen sollte, bedenke bitte immer, er ist nur ein Mann.”

“Er hätte mir vertrauen können”, begehrte Befinna auf, “wenn er mich wirklich mag, dann muss er mir nichts vorspielen. Ich hätte es schon verstanden. Ulfaran hat mir auch von Mutter Sumu erzählt und ich hätte ihn nie verraten. Ich würde doch nicht wollen, dass Rondrard etwas passiert.” Sie seufzte tief. “Aber das hier und heute. Es scheint so als hätten alle einen Plan für mich und niemand möchte ihn mir erzählen. Jeder meint, ich sei noch ein kleines Kind und niemand wagt es meinen Blick zu halten, wenn ich danach frage was hier vorgeht. Sogar die Schamanin schien mich erwartet zu haben.

Auch Khorena seufzte tief und traf eine Entscheidung. “Befinna, ich habe heute früh noch nicht mal gewusst, dass ich dich treffen werde. Aber nun, da ich dich getroffen habe, würde ich dir gerne eine Freundin sein, der du vertrauen kannst. Das ist viel verlangt, gerade weil ich mein Gesicht hinter dieser Brille und der Maske verstecke. Doch weißt du, auch ich habe Angst davor, was passiert, wenn ich sie abnehme und mich sozusagen entblöße. Es ist schmerzhaft, wenn vertraute Menschen zurückzucken oder gar entsetzt davon sind, was diese Utensilien verdecken.” Sie unterbrach kurz und suchte den Blick der Baroness. “Meine Familie wurde verflucht, das war noch weit vor meiner Geburt. Und auch wenn ich vielleicht anders aussehe, so bin ich doch ein gewöhnlicher Mensch, so wie du, mit den gleichen Wünschen und Bedürfnissen.” Wieder machte Khorena eine Pause. “Würdest du mir dein Vertrauen schenken und mir glauben, dass ich keinerlei Pläne mit dir habe, wenn ich dir mein Geheimnis offenbare?”

Die Augen der Baroness weiteten sich. “Ver … verflucht? Aber warum sollte das jemand deiner Familie antun wollen?” Sie verstand nicht. Befinna war in einem behüteten Umfeld aufgewachsen. Sie kannte Missgunst und Hass nur vom Hörensagen und der Gedanke, eine ganze Familie über Generationen zu verfluchen zu wollen, war für sie nicht nachvollziehbar. “Ist es sehr schlimm?”, fragte sie. “Der Fluch, meine ich.”

“Er zwingt mich in der Öffentlichkeit das hier zu tragen. Also erschrick bitte nicht, wenn ich das hier ablege.” Khorena atmete tief durch. Sollte sie das wirklich tun? “Meine Familie hatte eine mächtige Hexe gegen sich aufgebracht, als sie ihre Pläne durchkreuzte. Als Rache verfluchte sie meine Vorfahren und seitdem wird der Fluch auf jede neue Generation übertragen.” Sie sah Befinna an. “Ich habe die Augen und Reißzähne eines Wolfs, Befinna. Also, wenn du bereit bist, darfst du mir die Brille und die Maske abnehmen.”

Die Baroness streckte zitternd ihre Hand nach der Brille Khorenas aus, doch hielt sie kurz davor inne. In ihr entbrannte ein Kampf - die Neugier auf der einen Seite und die Angst vor dem was sie sehen würde auf der anderen. “Wissen es die anderen?”, fragte Befinna flüsternd. “Ich möchte dich nicht in Gefahr bringen.”

“Das tust du nicht.” raunte Khorena zurück und fuhr aufmunternd fort: “Mach ruhig weiter, hab keine Angst.”

Befinna tat wie ihr geheißen und zu ihrer Verwunderung empfand sie es als nicht so schlimm wie ein kleiner Teil in ihr befürchtet hatte. Erst zuckte sie zwar ein bisschen zurück, doch fing sie sich schnell wieder und griff dann nach Khorenas Hand. “Ich verstehe dich … das macht es schwer. Hast du schon einmal versucht Hilfe zu bekommen? Der Fluch ist doch Magie und Meister Rundarek hat einmal erzählt, dass es im Garether Praiostempel ein heiliges Artefakt gibt, das alle bestehende Magie aufheben kann.” Dass er es inmitten einer Brandrede über Hexenweiber tat, verschwieg sie. Befinna wollte ihre Freundin nicht verletzen.

“Leider sind die Diener des Praios nicht allzu gut auf unsereins zu sprechen. Aber in der Tat suche ich nach einem Weg den Fluch zu beenden. Deshalb bin ich auch in deine Baronie gekommen und deshalb kennen Suncuua und ich uns bereits. Wir haben uns schon vor zwei Wochen kurz kennengelernt. Die Älteste hat das gesammelte Wissen ihrer Vorfahren und vielleicht lässt sich darin etwas hilfreiches finden.” Nun, endlich, konnte Befinna auch das breite Lächeln Khorenas sehen. Die im schwachen Licht gelb leuchtenden Augen strahlten vor neuer Hoffnung. “Zu guter Letzt hat auch Aedha ihre Hilfe angeboten.” Die junge Frau drückte sanft die Hand Befinnas. “Und ich danke dir, dass du dich eben nicht abgewandt hast. Das bedeutet mir viel.”

“Du kannst ja nichts dafür und es sagt nichts darüber aus was für ein Mensch du bist”, meinte die Baroness mit einem Tiefgang, dem man der sonst etwas naiven jungen Frau wohl nicht zugetraut hätte. “Du bist eine der wenigen … oder eher die Einzige, die heute immer gut und ehrlich zu mir war. Das wiederum bedeutet mir sehr viel.” Noch einmal sah sich Befinna die Auswirkungen des Fluchs an. “Ich wünsche dir, dass es bald hinter dir und deiner Familie liegt. Weißt du denn wer es war, der euch verflucht hat? War es jemand von hier? Bist du deshalb zur Schamanin gekommen?”

“Danke! Das hoffe ich auch, der Fluch beeinträchtigt uns schon viel zu lange.” Khorena umarmte Befinna für einen Moment, dann ließ sie sie wieder los und fuhr fort: “Die Hexe kam nicht von hier, da kann ich dich beruhigen. Außerdem ist sie schon lange tot”, versuchte Khorena ihre Freundin zu beruhigen. “Wenn du willst, erzähle ich dir die Geschichte, wie es dazu kam. Allerdings erst morgen, sobald die Sonne wieder scheint, wenn das in Ordnung für dich ist.”

Die Angesprochene nickte und verstand. "Natürlich, ich hab dich schon zu lange vom Fest und den anderen ferngehalten. Wir sprechen morgen." Sie lächelte beschwingt. Befinna hatte nicht viele Freundinnen, eigentlich bloß Ringard, die sie ja in Richtung Elenvina verlassen würde. Deshalb freute sie sich besonders darüber Khorena kennen gelernt zu haben. Es war das erste positive Erlebnis an diesem Tag, hoffentlich würden noch weitere folgen.

Nachdem die Älteste Mailam Rekdais Segen auf alle anwesenden Töchter ihres Stammes herabgerufen hatte, lockte es alle Goblins aus der Höhle mit dem Dampfbad hinauf zum Taati Mulla. Einige der Frauen trugen Fackeln, die anderen hatten einfache Schädelrasseln und Nussklappern aufgenommen, mit denen sie ihre rhythmisch springenden und hüpfenden Bewegungen, die wohl auch ein Tanz sein sollten, und ihren einfachen, nur aus Tonsilben bestehenden Gesang begleiteten. Die 'Prozession' nutzte einen anderen Spalt aus der Höhle hinaus, als den, den die menschlichen Gäste geleitet worden waren.
Als letztes befand sich noch Suncuua am Ort der Segnung. Sie wirkte glücklich, aber auch sehr erschöpft. "Gehen! Feiern Taati Mulla!" lud sie die Gäste ein, sich den anderen anzuschließen. Sie würde mit ihnen zum Fest gehen, auch wenn ihr Anteil an diesem nunmehr geleistet war und ihr der Sinn mehr nach Erholung und innerer Sammlung stand. Schließlich sollte das ebenso schöne wie anstrengende Ritual gerade nicht ihr letzter Kontakt mit Mailam und der Welt der Geister in dieser Nacht bleiben.


Taati Mulla

Der Spalt führte steil bergan und mündete bald in einer sehr langen und hohen Höhle, an deren anderem, fernen Ende mehrere kleinere und größere Feuer brannten. Um diese hatten sich eigentümliche Wesen versammelt, halb Mensch oder Goblin, halb Tier, so schien es, teils ruhig sitzend, teils noch in geschäftiger Bewegung. Als die Fackeln der ersten Frauen in den großen Raum traten und deren Rasseln und Singen zu vernehmen war, kam dort jedoch alle Geschäftigkeit zum Erliegen und die Blicke der Tierwesen richteten sich auf die von Mailam Gesegneten.
Tanzend umrundeten diese eine hohe Sinter-Säule, die mitten auf der Lächsachse der Höhle stand. Das warme flackernde Licht enthüllte die eigentümliche Gestalt der Säule - anders als die meisten der natürlichen Steinskulpturen war diese schmaler am Boden und der Decke und besaß eine bauchige Form. Ihr Auslaufen zum Boden hin in zwei gerundeten Teilsäulen unter einem beinahe kugelig geformten, an einen schwangeren Leib erinnernden Zentralteil, die gemeinsam eine Art Schamspalte einrahmten, taten zusammen mit den beiden an Brüste gemahnenden Auswölbungen im oberen Bereich ihr übriges und machten es jedem leicht, in der Säule eine riesenhafte Verkörperung der großen Mutter zu erkennen. Der Fackelschein wurde von dem regenbogenbunt opalisierenden Sinter in verschiedensten Facetten zurückgeworfen und betörte so das Auge des Betrachters. Die Wände und Decken waren dort, wo sie nicht vom Sinter geschmückt waren, über und über von schwarzen, braunen, rötlichen oder gelben Tiermotiven geschmückt, die sich allesamt in mehr oder weniger expliziter Darstellung der Paarung hingaben.
Am Fuß der Säule hatten sich bereits, noch im Dunkeln, die älteren der Frauen, die sich, auch wenn diese weit jünger als Suncuua waren, nur noch als Groß- und Urgroßmütter um den Fortbestand des Stammes kümmern, diesem aber keine neuen Suulak mehr schenken konnten, niedergelassen, und rührten jetzt die Trommeln, erst langsam, dann immer schneller, während die jüngeren, mit dem Symbol der Mailam gezeichneten, zusehends ekstatischer um das Abbild der Muttersau herumtanzten.

Auch Lioba ließ sich mitreißen und tanzte ausgelassen um die Säule. Der Segen hatte den Wunsch, der beinahe ein Jahrzehnt ungehört in ihr schlummerte, zum Leben erweckt. Heute sollte es geschehen. Die sozialen Folgen, die daraus resultieren könnten, waren ihr egal. Sie wollte leben und Leben geben und sie wusste, dass auch ihre Göttin sie deswegen nicht verachten würde. Und mit den Menschen, die dies tun würden, würde sie schon fertig werden. Bei jeder Drehung, jedem Hüpfer schaute sie sich nach den Männern um.

Unter den Männern des Stammes gab es nun kein Halten mehr: als Tiere des Waldes geschmückt - Keiler, Hirsche, aber auch Dachse und Wölfe oder Füchse und manch andere, stürmten sie auf die tanzenden Frauen zu und mischen sich unter diese. Doch reihten sie sich nicht einfach in den Reigen ein, sondern begannen um die Frauen zu werben, in dem sie durch wilde Sprünge ihren Mut und ihr Geschick unter Beweis zu stellen versuchten oder posierend ihre Stärke zeigten. Dabei hielten sie aber immer ehrfurchtsvoll Abstand - es war an den Töchtern des Stammes, einen Auserkorenen zu sich zu lassen. Jene warteten aber nicht nur auf die Werbenden - nicht wenige pickten sich auch gezielt einen der Jäger heraus. Denn wer die Wahl und das Sagen hatte, stand zu keiner Zeit in Frage. Wenn eine der Frauen einen Mann zu ihrem Gefallen gefunden hatte, befand sich dieser bald in deren Schlepptau ins Zentrum oder an den Rand des Geschehens. Sowohl unmittelbar an der Säule als auch nahe der Wände waren Felle auf dem Boden ausgebreitet, die dazu einluden, sich darauf niederzulassen und der Fruchtbarkeit zu huldigen - was auch bald, noch immer begleitet von den Trommeln und den huschenden Schatten der weiter oder bereits wieder Tanzenden, vielfach und ohne jegliche Scheu oder Scham geschah. Dazwischen waren Schalen mit allerlei Speisen, vor allem Beeren, Nüssen, Tannenkernen, aber auch Wildbret aufgestellt, damit es den Liebenden an nichts fehlte.
Auch Tschiiba ließ sich - soweit Lioba das richtig erkannte - bald ganz in deren Nähe von einem stattlichen Suulak verwöhnen, wie ihrem lustvollen Grunzen anzuhören war.

Lioba freute sich für ihre Freundin. Dann entschied sie sich endlich. Sie wollte nicht mehr warten, tanzte auf den Mann mit dem Ziegenkopf zu und umkreiste ihn bevor sie seine Hand ergriff und ihn mit sich zog. Tsamitrius wehrte sich nicht, denn Tsatuara war in jeder Frau, vor allem heute Nacht. Das ihn der Tanz erregte verbarg er in keinster weise, falsche Scham war hier nicht angebracht.

Suncuua stand mit ihren menschlichen Gästen am Eingang der Höhle, über den sie hineingekommen waren. "Feiern Taati Mulla!" lud sie, mit der Hand auf die Tanzenden deutend, dazu ein, sich unter die ausgelassenen Suulak zu mischen. "Oder bleiben Suncuua!" bot sie denen an, die dies nicht wollten. Ihr Blick ruhte dabei vor allem auf Befinna.

Die junge Frau nickte der Schamanin zu. "Ich bleibe hier bei Euch." Sie zögerte etwas und versuchte dem Treiben keine Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, auch wenn sie neugierig war was wohl passieren würde. Dennoch zwang sich Befinna dazu sich auf andere Gedanken zu bringen. "Warum habt Ihr uns alle denn zu Eurem Fest eingeladen? Stören wir …", ihr Blick fiel auf ihre Begleiter, die auf jeden Fall offener dafür waren, "... oder besser … ich es nicht?" Die Baroness fand es etwas befremdlich, dass sie hier auf diese Art und Weise eingebunden wurden. Sie dachte daran was wohl der Hochgeweihte des Praios zu Gratenfels tun würde … er würde die Suncuua beim Sankt Gilborns Fest wohl nicht mitfeiern lassen.

“Ihr Menschenfrauen hier,” Suncuua zeigte auf Khorena, Aedha und Lioba, “Töchter Mailam groß Mutter sein, alle! Hier gehören.” Sie lächelte Befinna an. “Andere Frauen lange wissen, Du nein lernen, Aleit nein können zeigen. Suncuua Dir zeigen…,” die Schamanin suchte ein Wort in der Menschensprache… schließlich fiel es ihr wieder ein: “dies Nacht.”

Die Baroness zwang sich zu einem Lächeln, auch wenn sie die Worte der alten Goblinfrau verwirrten. "Ich bin schon gespannt was Ihr mir zeigt", meinte sie wahrheitsgemäß. Vielleicht konnte sie so ihre Mutter und ihr Schicksal besser verstehen.

“Du mit Augen meinen sehen, sein vor vielen Wintern, Du kleinklein Kind.” versprach ihr Suncuua. Sie würde ihr Bilder zeigen, die sie tief in ihrem Herzen aufbewahrt hatte. Vielleicht genau für den heutigen Tag.

Da sie sich unter diesen Worten nicht wirklich etwas vorstellen konnte, nickte Befinna bloß wortlos. Einige Herzschläge lang dauerte ihr Schweigen an, dann manifestierte sich eine Frage in ihrem Kopf. "Wann werdet Ihr es mir zeigen? Und wie?"

“Suncuua Kinder zusehen wollen, kleinklein Weile.” sie deutete auf die tanzenden Suulak. “Kraft sammeln. Dann Du Suncuua Platz alleine, Ruhe. Zeigen meine Augen sehen Aleit. Malen. Rufen.”

Befinna verstand nicht, aber sie würde es bestimmt noch sehen. Deshalb beschränkte sie sich auf ein wortloses Nicken.

***

Llyilliala betrat als letzte die Feierhöhle, noch nach der Schamanin. Ihre Augen glitten über das Geschehen, die trommelnden Frauen, den wilden Tanz, die sich einander wie die Tiere hingebenden Goblins, und die anwesenden Menschen. Obwohl diese ihr allesamt fehl an diesem Platz vorkamen, schienen manche doch durchaus Gefallen an dieser … Orgie zu finden. Das Trommeln, Geschrei und Gegrunze zerrte an ihren Nerven, ihre Instinkte wollten sie zur Flucht treiben. Doch sie hatte hier noch etwas zu tun, und dazu musste sie dieses animalische Treiben über sich ergehen lassen.
Aber nicht aus nächster Nähe. Zwar hatte die Elfe gehört, dass die Schamanin die ‘Unwilligen’ anwies, bei ihr zu bleiben, aber sie brauchte wenigstens etwas Ruhe für ihre überstrapazierten Sinne. Suchend sah sie sich nach einem halbwegs geschützten Ort abseits des Geschehens um.

Während um die drall geformte Sintersäule herum, aber auch in Richtung der Feuer, um die herum die Jäger des Stammes auf die Weiblichkeit gewartet hatten, keine guten Aussichten bestanden, vom Liebesspiel und Gegrunze befellter Paare unbehelligt zu bleiben, verhieß ihr das Dunkel jenseits der Säule den ersehnten Rückzugsort. Suncuuas Augen folgten der Elfe, bis diese im Dämmerlicht kaum mehr auszumachen war, die Schamanin machte aber keinerlei Anstalten, jene aufzuhalten. Eine rundliche Nische in der Felswand, im dämmrigen Zwielicht nur als noch dunklerer Fleck auszumachen, schien Llyilliana zum Verweilen einzuladen.
Wie sehr zuckte sie zusammen, als sie auf einmal in die weit aufgerissenen Augen eines noch erschrockeneren Goblinmannes schaute, der sie ihrerseits entsetzt anstarrte und sich schützend den rechten Arm vor sein Gesicht hielt. Er war offenbar alleine.

Nach dem ersten Schrecken setzte Llyilliala ein grimmiges Gesicht auf und stellte sich mit verschränkten Armen vor den Goblinmann hin. Kurz durchzuckte sie der Gedanke, wieso dieser hier allein im Dunkeln saß statt am für alle Goblins offensichtlich so wichtigen Fest teilzunehmen, aber eigentlich kümmerte sie das nicht wirklich. So hoffte sie, ihn allein durch ihre Körpersprache zum Verschwinden zu bringen und starrte ihn auffordernd an, wobei sie eine Kopfbewegung in die Höhle hinein zu den Feiernden machte.

Zwischen seinen Fingern hindurch starrte sie der Goblin an. Er saß in der Falle, mit dem Rücken zur Wand. Ein spitzohriger Geist, mitten in den heiligen Höhlen von Mutter Sau! Hatte die älteste etwa nichts von diesem Wesen mitbekommen? Dabei hatten die Jäger doch berichtet, dass da draußen ein solches sein Unwesen trieb. Sollte er um Hilfe rufen? Wahrscheinlich würden sie ihn gar nicht hören... aber hatte er heute, im Wald, nicht schon eine Zauberfrau vertrieben? Zwar hatte ihm keiner Jäger glauben wollen, und auch keine der Frauen war so beeindruckt von ihm, dass sie ihn für diese Nacht wählen wollte... aber jetzt konnte er sich beweisen. Jetzt würden sie alle sehen, dass in Pörldsch ein Jäger steckte.
Jäh streckte sich der Goblin, von Todesmut beseelt, und fauchte die Geisterfrau mit gebleckten Zähnen an.

Unwillkürlich machte Llyilliala einen Schritt nach hinten, ihre Arme zuckten hoch, zur Verteidigung, aber auch zum Angriff. Ohne nachzudenken zischte sie dem aggressiven Goblin elfische Worte entgegen: “Bha’iza dha …”

Die hier türmte ja gar nicht! Wenigstens war sie einen Schritt nach hinten gewichen. Erschrocken darüber und über seinen eigenen Mut legte Pörldsch seinen Kopf schief und starrte die Fremde verdutzt an. Sie schien stärker zu sein, als die erste, am Tage. Aber sie nahm ihn ernst.

Im letzten Moment brach Llyilliala ihren Zauber ab, da sie nicht den Eindruck hatte, der Goblin wolle sie unmittelbar angreifen. Sie machte eine Handbewegung, als wolle sie Sand in die Luft streuen und ließ dann ihre Arme wieder fallen, blieb aber wachsam. “Wieso gehst du nicht zu deinen Frauen?” sprach sie ihn recht dissonant auf Garethi an. Ihr Verstand setzte wieder ein, und sie war erleichtert, dass sie sich hatte beherrschen können. Sie war zwar nicht wehrlos, aber dennoch ohne Waffen und in der Unterzahl auf fremdem Gebiet. In einer Höhle noch dazu.

Die Geisterfrau machte irgendwelche Zeichen und sprach unverständliche Worte - hatte sie ihn etwa hierher verfolgt, um mit ihm zu reden? Pörldsch Gedanken begannen zu rasen. Und sie war nackt - das war zwar unter Suulak nichts ungewöhnliches, aber trugen die spitzohrigen Geister nicht immer Kleider, um ihre dürren, unfruchtbaren Leiber zu verbergen? So unlebendig sah die aber gar nicht mal aus...
Wollte die etwa... nein, das konnte nicht sein, dass ausgerechnet eine Geisterfrau seine von den Suulak übersehenen Stärken als Mann und Krieger erkannt hatte. Wahrscheinlich bewunderte sie seinen Mut. Sie war ja bemalt, das musste Suncuua gewesen sein. Dann wusste die Älteste, dass diese hier frei herumläuft... sie kann also gar nicht gefährlich sein.
Pörldsch richtete sich auf und lächelte die Geisterfrau so freundlich an, wie er nur konnte.

Llyilliala, die nicht mitbekommen hatte, dass Suncuua sie bemalt hatte, runzelte die Stirn. Offenbar verstand der Goblinmann kein Wort, und sie zweifelte daran, dass sie es mit Nivesisch oder Norbardisch zu versuchen brauchte, von Isdira ganz zu schweigen. Außerdem bleckte er die Zähne, als wolle er sie gleich verspeisen, ohne aber Anstalten zu machen, sich auf sie zu stürzen. Sie war verwirrt. Dann seufzte sie vernehmlich und zeigte mit der rechten Hand erst auf den Goblin, dann auf die Höhlenmitte, wo die Orgie stattfand. Vielleicht war das ja klarer.

‘Oh große Mailam! Sie wollte tanzen… mit ihm!? Warum ausgerechnet mit ihm?’ Irritiert sah Pörldsch die Elfe an. Dann verstand er. Halb aus der Geisterwelt stammend sah dieses Wesen nicht den humpelnden Schwächling in ihm, sondern konnte das starke Kriegerherz erkennen, das in ihm schlug.
Was würden die Frauen des Stammes nur denken? Aber richtig hoch stand er ohnehin nicht in deren Ansehen. Und wenn die Geisterfrau unbedingt wollte… so sehnsuchtsvoll wie ihr Seufzen klang, als sie zum Taati Mulla zeigte… dann wären auch alle von seinem Mut überzeugt...
Eine kurzen Moment noch wog Pörldsch ab, ob er der Elfe wirklich den Gefallen tun sollte, um den diese ihn anflehte, dann nahm er sich ein Herz. Blitzschnell grapschte er nach der Hand Llyillialas und begann, diese mit sich zu den feiernden Suulak zu ziehen.

Überrumpelt ließ sich Llyilliala ein, zwei Schritte weit mitziehen, dann stemmte sie sich instinktiv gegen den Zug … aber nur einen Moment lang, dann setzte ihr Verstand wieder ein. Sie wollte nicht kämpfen, also musste sie ausweichen. Visya’bha lir’faenya’dha sang sie, während der Goblin sie fast schon zur Horde der Tanzenden gezogen hatte, dann nickte sie energisch mit dem Kopf und wollte sich losreißen, wobei sie eine leichte Unsicherheit verspürte.

Huch, wohin wollte die Geisterfrau denn jetzt? Pörldsch hielt gegen und sah sich zu dieser um. Schreck lass nach, die hatte sich scheinbar in Luft aufgelöst... aber er spürte doch noch deutlich ihre Hand? Blitzschnell, ohne darüber nachzudenken, packte auch seine zweite zu und bekam die Elfe am Handgelenk zu fassen.
Vertrug das Wesen das Licht nicht? Oder wollte sie nur von ihm und niemand anderem gesehen werden? Aber warum wollte sie dann, dass sie zum Tanz gingen? Das weitere Ziehen ließ ihn in ihre Richtung taumeln und er lief mit dem Gesicht mitten in die geheimnisvolle Frau hinein. Ihre Hand aber hielt er weiter fest umklammert.

Ein kleiner Schrei entfuhr Llyillialas Mund, halb vor Überraschung, weil der Goblin sie nun mit beiden Händen festhielt und in sie hineingelaufen war, halb vor Schmerz, weil sie ihr Handgelenk nicht hatte aus seinem Griff lösen können. Sie hatte eigentlich damit gerechnet, dass der Goblin schon vor Schreck loslassen würde, wenn er sie nicht mehr sehen konnte, statt dessen hing er nun umso hartnäckiger an ihr. Ganz langsam wurde sie ärgerlich, aber sie versuchte es nochmal im Guten. Die Elfe ließ sich nun einfach zu Boden sinken, so dass der Goblin sie schon mitschleifen musste - oder eben loslassen. Sie hoffte auf letzteres.

Bei Mailam und Kurim - er hatte die Geisterfrau schwer getroffen, am Ende gar verwundet! Pörldsch war sich unschlüssig, ob er sich über die ungeahnte eigene Stärke freuen oder bedauern sollte, diesem Wesen, das offensichtlich Gefallen an ihm gefunden hatte, unbeabsichtigt Schaden zugefügt zu haben. Leider konnte er nicht sehen, wie es der Frau ergangen war. Mit aller Macht versuchte er, die Elfe wieder auf die Beine zu ziehen, schleifte diese aber nur mühsam ein kleines Stückchen über den Höhlenboden. Er hatte sie tatsächlich verletzt! Große Mailam!
"Nopert! Uta! Noutaa Uta! Noutaa Suncuua!" (Schnell! Hilfe! Holt Hilfe! Holt Suncuua!") rief er laut, ohne Llyilliana aber auch nur einen Hauch weniger fest zu halten. Wie sollte er sie sonst je wiederfinden, wo sie doch ihre sichtbare Gestalt verloren hatte?

Llyilliala unterdrückte einen Schmerzenslaut, als der grobe Kerl sie tatsächlich ein Stück über den Boden schleifte, was ihr ein paar Abschürfungen einbrachte. Sie verstand wie üblich kein Wort von seinem Gebrabbel - außer ‘Suncuua’. Das hielt sie davon ab, jetzt doch zu härteren Mitteln zu greifen. Wenn die Schamanin kam, konnte sie ihr begreiflich machen, dass der Goblinmann sie in Ruhe lassen sollte, sie verstand ja wenigstens ansatzweise Garethi.

Über die Trommeln hinweg bekam die Schamanin von Pörldsch' Rufen gar nichts mit.
In seiner Nähe aber huldigte Vahvillisik der Mutter Sau - Khischa hatte ihn auch zu diesem Taati Mulla erwählt, die hübsche junge Suulak, die dem Stamm bereits im vergangenen Frühling zwei starke Lungai seines Blutes geschenkt hatte und mit der das Vurgen ein Hochgefühl war, das ihm die Göttlichkeit und Erhabenheit der Frauen mit Leib und Seele erfahren ließ.
Was trieb der kleine Krüppel da, ausgerechnet während des Taati Mulla? Und was brüllte er nach der Ältesten? War er jetzt nicht nur lahm, sondern auch auf den Kopf gefallen? "(Was) machen Pörldsch?" erkundigte er sich unwirsch in dessen Richtung. Als der junge Suulak nicht reagierte sondern weiter merkwürdige Verrenkungen vollführte, erhob sich der erfahrene Jäger unwillig. Er musste nachsehen. Hoffentlich war Pörldsch nicht auch noch... besessen. Nichts als Ärger mit dem Kerl! Khischa sah Vahvillisik enttäuscht nach und hieß ihn sich zu sputen, während der hinüber huschte, Pörldsch an den Schultern packte und sich vor diesem aufbauen wollte.
Dabei trat er gegen irgendetwas weiches, das zappelte... und unsichtbar war! Der groß gewachsene Goblin geriet des unerwarteten Hindernisses und noch mehr des Schrecks wegen aus dem Gleichgewicht und fiel halb auf Llyilliala. Wenigstens ließ Pörldsch im selben Moment los.

Llyilliala ächzte, als der größere Goblin ihr in die Rippen trat, und als er dann auch noch über sie fiel, entfuhr ihr ein weiterer Schmerzensschrei. Sie versuchte, sich unter dem Kerl hervorzuwälzen, gleichzeitig wurde sie wieder sichtbar, da ihr die Unsichtbarkeit gerade mehr Ärger als Nutzen brachte.

Vahvillisiks Züge erstarrten, als er erkannte, über wen oder was er gefallen war. Der spitzohrige Geist, den ihre Späher im Wald gesehen hatten, als die Nacht noch jung gewesen war, und der später an der Seite Suncuuas zum Taati Mulla gekommen war! Hätte er letzteres nicht mitbekommen, wäre er wohl mit dem Mutes in höchster Gefahr befindlichen Tieres direkt zum Angriff übergegangen. So aber zog er sich einen Schritt zurück und musterte die nackte Elfe von oben nach unten. Sie war unsichtbar gewesen, das hieß für ihn, sie musste Geisterkräfte besitzen und diese auch verwendet haben. Wo war nur die Älteste? Vorsichtig ging er lieber noch einen Schritt zurück. Da er allerdings vor Khischa, Pörldsch und was wusste er, wer noch alles zusah, keinesfalls allzu feige wirken wollte, verpasste er dem Junggoblin mit der flachen Hand einen Hieb auf den Hinterkopf. Was zerrte der Krüppel auch eine unsichtbare Geisterfrau durch die Höhle, während sie alle Taati Mulla feiern wollten. “Häh heimoma mis!” (such (Dir vom) eigenen Stamm (einen) Mann) blaffte er der Elfe noch halbherzig entgegen, ehe er Pörldsch am Genick packte und von der Fremden wegzerrte. Pörldsch’ blutunterlafuene Augen hingen derweil nur an LLyilliala. Offenbar hatte sich diese gut von ihrem Unfall berappelt und wollte sich ihm gerade wieder zeigen, und ausgerechnet dann hatte Vahvillisik alles vermasselt. Die großen Jäger gönnten ihm auch gar nichts.
LLyilliala glaubte, Tränen in seinen Augen zu erkennen. “Wjassuruva, odott Pörldsch!” (Warte auf mich, Geisterfrau!)

Llyilliala sah den beiden Goblins verwirrt nach. Sie verstand kein Wort von den Rufen des Kleineren, der offenbar so hart angepackt wurde, dass ihm Tränen in die Augen schossen. Sie sah sich um, denn so sehr sie nun gerne ihre Ruhe hätte, hatte sie die Befürchtung, diese nicht zu erlangen, indem sie einen einsamen Platz schte. Statt dessen hielt sie nach dem Krieger Ausschau, der der goblinischen Sprache mächtig war und versuchte, die Schmerzen in ihrer Seite und wo sonst sie mittlerweile blaue Flecken und Abschürfungen davongetragen hatte, zu ignorieren.

Den Gesuchten fanden ihre Augen bald ganz in der Nähe des Spalts, über den sie mit der Schamanin der Rotpelze und den Menschenfrauen in diese Höhle gekommen war. Sie musste zweimal hinsehen, da er, wie alle hier, entkleidet war, seine Scham aber zu ihrer Verwunderung mit einem geweihlosen Hirschschädel verhüllte. Gerade schien er noch etwas oder jemandem am anderen Ende der Höhle zu beobachten, dann jedoch nahm er Platz neben dem etwas älteren Menschenmann, mit dem er am Abend hier angekommen war. Was war mit den Spannungen zwischen den beiden, die sie vorhin noch so deutlich gefühlt hatte?
Der große und der kleine, noch immer fest in dessen Griff befindliche Goblin beäugten sie nach wie vor, wobei die Aufmerksamkeit des großen wenigstens zum Teil wieder anderweitig beansprucht wurde, wie seine zu einer der Frauen huschenden Blicke offenbarten.

***

Bevor sie sich die Höhle genauer anschaute, ließ Aedha ihren Blick über die Körper der Frauen gleiten. Dabei konnte sie dem Drang nicht widerstehen und strich Khorena sanft mit den Fingerspitzen von der Hüfte, zum Steiß und anschließend langsam die Wirbelsäule hinauf. Als sie neben sie trat umspielte ein Lächeln ihre weichen Lippen. “Damit, solltest du dich nicht zu einem Mann legen.” Stellte sie mit Blick auf den Segen der großen Mutter fest. Sollte ihr Kind nicht auch den Fluch tragen, so wäre es besser wenn sie ihr zuvor Gelegenheit gab diesen zu untersuchen.

Die zärtliche Berührung, verstärkt durch den sich nun zur Gänze entfalteten Zauber, ließ Khorena erschaudern. Ein leises wohliges Gurren entrang ihrer Kehle und sie strich ihrerseits sanft mit einem Finger zwischen den Brüsten der rothaarigen Schönheit entlang. “Hast du einen besseren Vorschlag?” Ihre Augen leuchteten im Halbdunkel, als sie den Blick Aedhas suchte. Ihre Zungenspitze fuhr hungrig über ihre, zu einem Lächeln geformten Lippen.

Das Lächeln auf den sinnlichen Lippen der Hexe war bei der Berührung der Priesterin ein wenig breiter geworden. Auch ohne, dass ein Zauber auf ihr lag, weckte der Rhythmus der Trommeln auch ihr Verlangen. Im grün ihrer Augen glomm der Funken der Erregung und wuchs mit der Berührung zusehends zu einer Flamme heran. Zärtlich legten sich ihre Hände auf die Hüften Khorenas und zogen sie sanft an ihren Leib. Ein Flüstern, kaum mehr als ein Hauch und wegen der Trommeln selbst für sie kaum zu verstehen, drang an das Ohr der Priesterin. “Ich hätte da eine Idee.”

Khorena schlang ihre Arme um Aedhas Leib und begann sich langsam im Takt der Trommeln zu bewegen. “Mir gefällt deine Idee”, flüsterte sie in das Ohr der Ewigjungen. Sie sah die Erregung in Aedhas Augen, welcher ihrer eigenen in keinster Weise nachstand und küsste sie voller Verlangen. Doch eins musste sie noch tun, bevor sie mit Aedha Taati Mulla feiern konnte. “Warte noch. Erst muss ich kurz mit Rondrad reden.” Ihre Hände glitten über die wohlgeformten Brüste ihres Gegenübers, streichelten sie und zogen sich dann, von einem Seufzer Khorenas begleitet zurück. “Ich bin gleich wieder da”, versprach sie und küsste Aedhas abermals. Verheißungsvoll fuhr ihre Zunge über ihre Lippen. “Ich möchte dir deinen Spaß nicht vorenthalten.”, neckte Aedha die Foldenau spielerisch und ließ sie dennoch ziehen. Ihr Blick, ruhte weiterhin auf der jungen Hexe, während sie die Höhle nur bedingt Beachtung schenkte.

“Ich tue nur zweien mir wichtigen Menschen einen Gefallen und dann feiern wir beide”, erwiderte Khorena, die der Eigeborenen einen hungrigen Blick und ein breites Grinsen zuwarf, bevor sie sich ihren Weg durch die Feiernden bahnte.

***

Rondrard hatte mit bangem Herzen beobachtet, wie zuerst die Goblinfrauen in die Höhle gekommen waren. Wo blieben nur "ihre" Frauen? Langsam ging er den Suulak hinterher zum Zentrum der Feierlichkeiten. Endlich traten auch die, die er suchte, aus der Wand. Da waren sie ja. Sein Herz machte einen Sprung, und er beschleunigte seinen Schritt. Der Kopf der Hindin vor seiner Scham fühlte sich beim Gehen merkwürdig an, dafür machte das Geweih auf seinem Haupt umso mehr Eindruck. Er nahm von beidem nicht wirklich Notiz, denn seine Sorge galt vor allem einer Person.

Doch nicht die Erhoffte, sondern Khorena kam völlig nackt, sah man von ihrer Körperbemalung einmal ab, auf ihn zu. Ihre Wolfsaugen leuchteten im Dunkeln gelb als sie vor ihm stehenblieb und ihn wohlwollend musterte. “Was für ein Leckerbissen du doch bist, mein strammer Hirsch”, meinte sie anerkennend. “Auch wenn du die edelsten Teile versteckst.” Ihre Fingerspitzen trommelten auf seinem Suspensorium. “Aber es gibt da jemanden, der dich jetzt mehr braucht und die endlich reinen Wein von dir eingeschenkt bekommen will. Rede endlich mit Befinna und erkläre ihr warum du ihr bisher nichts erzählt hast.” Sie ergriff seine Hand. “Komm, ich führe dich zu ihr. Aber nur reden, nicht mehr. Sie ist noch nicht soweit.” Drohend hielt sie ihm ihren Finger unter die Nase. “Du respektierst besser ihre Wünsche, oder du bekommst es mit mir zu tun!”

Obgleich sein suchender Blick Befinna galt, musste Rondrard dennoch feststellen, mit wieviel Schönheit die große Mutter seine Base gesegnet hatte - gäbe es den unseligen Fluch nicht, würden ihr die Männer in Scharen zu Füßen liegen. “Stünde mein Herz dem heute nicht entgegen, würde ich Dir zur bereitwilligen Beute, meine wunderbare und bezaubernde Base! Doch so ist mir Dein Befehl mein tiefstes und ureigenes Begehr!”
Sein Herz pochte wie wild, als er Khorena zu Befinna folgte. “Ich sehe und höre, dass Du gut auf sie aufpasst.” raunte er seiner jungen Verwandten, die ihm in der wenigen Zeit, die sie sich erst kannten, bereits zu einer guten Freundin geworden war, noch zu, kurz bevor sie bei Befinna angelangten. “Ich danke Dir dafür, von ganzem Herzen!”

Khorena blieb stehen und drehte sich zu Rondrad um. Zärtlich legte sie eine Hand auf seine Wange. “Versprich mir, ihr der Mann zu sein, den sie sich wünscht und auch verdient. Das wäre mir Dank genug.” Sie musste sich zwar auf die Zehenspitzen stellen, aber sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Dabei berührten sich ihre Körper und er konnte die Hitze spüren, die von Khorena ausging. ‘Ja, mach sie glücklich. So, wie du auch mich glücklich gemacht hättest, wenn Befinna dich nicht hätte haben wollen.’ Für einen winzigen Moment stellte sie sich vor, wie sie beide auf einem Fell übereinander herfallen würden. Doch verwarf sie diesen Gedanken sofort wieder, auch wenn es ihr zunehmend schwerer fiel, ihr eigenes Verlangen zu unterdrücken. Fahrig griff sie nach seiner Hand. “Lass uns weitergehen, Befinna wartet.”

Rondrard nickte, als er das Versprechen vernahm, das Khorena von ihm einforderte, und was nur eine sachte Bewegung gewesen wäre, wurde durch das Geweih auf seinem Haupt ausdrucksvoll bekräftigt. “Das will ich” gelobte er ihr und sich selbst! Er musste schlucken, so feierlich ernst war es ihm damit. Daran änderte auch die Woge an Erregung nichts, die prickelnd durch ihn fuhr, als Khorenas und sein Leib sich berührten und ihr Duft ihm in die Nase stieg. Sein Herz war heute stärker als sein Fleisch.
Endlich stand er vor Befinna - wie anmutig sie nur war, in all ihrer zart erblühten Schönheit, trotz oder auch wegen ihrer Nacktheit so rein und erhaben und zugleich doch so verletzlich. Wie froh war er daher, sich ‘gewandet’ zu haben und nicht Gefahr zu laufen, sie mit seiner seit der Reinigung merkwürdig gestärkten Männlichkeit ungewollt zu bedrängen. Stattdessen suchten Rondrards Augen nur die ihren. “Oh Befinna! Geht es Dir gut?” Aus ihm sprach die aufrichtige Sorge, wie sie all die Erlebnisse aufgenommen hatte. Und ihre ungeplante Trennung, wo er doch auf sie hatte aufpassen wollen. “Ich bin so froh, Dich wieder zu sehen! Und ich schulde Dir so viele Antworten.” Ganz behutsam ergriff er ihre Hände.

Doch Befinna entzog sich ihm gleich wieder und verschränkte ihre Arme vor der Brust. "Ja, das tust du Rondrard und ich bitte dich …", sie schüttelte ihr Haupt, "... nein, ich verlange, dass du ehrlich zu mir bist."

Khorena lächelte die beiden an. “Ihr habt viel zu bereden. Deswegen lasse ich euch am besten jetzt alleine.” Sie küsste beide auf die Stirn und umarmte Suncuua. “Der junge Hirsch ist ein guter Übersetzer”, flüsterte sie der Schamanin ins Ohr. Dann zog sie los, zurück durch die Reihen der sich liebenden Goblins, zurück zu Aedha.

“Segne Dich die große Mutter!” schickte Rondrard Khorena mit einem warmherzigen Lächeln hinterher, tief in seinem Inneren wissend, dass sie dies ohnehin tat. Dann wandte er sich voll und ganz Befinna zu. “Und Du hast alles Recht dazu, die Wahrheit zu wissen und genau diese zu verlangen! Kein Geheimnis soll heute Nacht mehr zwischen uns stehen, und kein unerhliches Wort, das verspreche ich Dir. Ich will Dir alles erklären, was Du wissen willst und ich weiß! Wollen wir uns setzen? Gleich hier? Oder an einem anderen Ort?”

Auch Befinna sah ihrer Freundin noch kurz nach, dann wandte sie sich dem Ritter zu. "Hier ist gut …", meinte sie knapp, "... doch habe ich noch eine Bitte an dich …", die Baroness wies auf das Geweih, es fiel ihr schwer so mit ihm zu reden, "... könntest du das abnehmen?" Es war auch ohne diesen kruden Kopfschmuck schon schlimm genug, dass Rondrard die Schwester seiner Baronin nackt sah und sie ihn ebenso …

“Dein Wunsch sei mir Befehl.” willigte er bereitwillig ein und nestelte sich das Geweih sogleich vom Kopf. So beeindruckend sein Kopfschmuck auch aussehen mochte, war er doch auch schwer und ging auf die Dauer ganz schön in den Nacken. Vor allem aber wusste er, dass er Befinna ganz und wahrhaftig als er selbst, und nicht mit geliehener Stärke gefallen wollte, selbst wenn sie von seinem eigenen Wappentier stammte. “So, besser?”

Sie nickte ihm knapp zu und setzte sich an den Rand. "Und nun schuldest du mir eine Erklärung. Was soll das alles? Dieses Heiligtum im Wald, das wir heute Nacht unbedingt aufsuchen mussten? Obwohl du wusstest, dass die Rotpelze dort feiern würden … dieses Taati Mulla hier, das mich an eine Orgie erinnert, vor denen Meister Rundarek stets gewarnt hat. Dein ständiges Getuschel mit den anderen und wenn ich dich danach gefragt habe, bist du mir ausgewichen. Was hast du mit mir vor? Und halte mich nicht für so dumm, dass ich dir glaube, es ginge nur darum mich zu beschützen. Ich bin aus einem anderen Grund hier, das weiß ich." Ihre Augen funkelten. "Du hast eine letzte Möglichkeit dazu mir reinen Wein einzuschenken. Wenn du mich noch einmal belügst, dann …", sie brach ab und blickte ihn fordernd an.

"Oh Befinna. Ich schwöre Dir, dass ich Dich heute Nacht wirklich nur hierher geführt habe, um Dich zu beschützen. Hätte ich Dich früher gefunden und hätte die Zeit noch gereicht, Dich nach Tannenfels oder einen anderen sicheren Ort zu bringen, hätte ich es getan. Aber so war dieser Ort der einzige sichere, den wir noch erreichen konnten, bevor die Nacht hereinbrach. Denn glaub mir, da draußen, im 'bösen Wald', so nennen ihn die Goblins, und sie kennen ihn besser als jeder andere, bewegen sich des Nachts... Schatten... Geister... aus längst vergangenen Tagen, die... die sehr gefährlich sind." Befinna konnte das Grauen in Rondrards Gesicht nahezu spüren. Was er wohl schon gesehen hatte und ihm nun wieder vor Augen stand? Er schluckte und scheuchte mit aller Macht die Schatten zurück in die finstersten Verliese unterhalb seines Bewustseins, in die er sie einzusperren versuchte, seit sie sich in sein Gedächtnis eingebrannt hatten. Schließlich hatte er sich wieder gefasst. "Ich wollte nicht, dass Du ihnen begegnest." Er sah sie an.
"Aber Du hast Recht: Ich wollte auch, dass Du diesen Ort hier siehst. Ich wollte, dass Du mehr über die Natur dieses Landes und dieser Wälder erfährst, von der großen Mutter, die der Ursprung und die Seele von allem ist. Und damit auch von mir. Ja, am Ende, glaube ich, auch über Dich selbst. Weil…” er stockte, sah kurz unsicher auf ihre Hände, dann aber fasste er sich und sah Befinna tief in die Augen. “Weil Du mir etwas bedeutest.”
“Aber ich hätte einen anderen Tag vorgezogen." schob er mit einem schiefen Lächeln hinterher. "Denn dass das Taati Mulla etwas viel sein könnte für den Anfang, habe ich geahnt, auch wenn ich noch keines miterlebt habe. Denn normalerweise haben wir hier heute wirklich nichts verloren... Scheinbar hatte die große Mutter aber einen anderen Plan mit uns."

“Welche Geister?”, fragte Befinna mit immer noch leicht säuerlicher Miene. “Wenn es hier Geister gibt, dann lass die Golgariten kommen … oder die Bannstrahler.” Sie seufzte und schüttelte den Kopf. “Weißt du eigentlich wie es mir hier geht? Ich bin unter Fremden und unter Goblins … und ich bin nackt …”, die junge Frau wies auf ihre nackte Brust - der Ärger ließ sie ihre Scham vergessen, “... eine nordmärker Baroness … eine Hochadelige, die nackt durch den Wald hüpft. Was denkst du würde Wunnemine dazu sagen wenn sie mich so sieht?” Befinna ließ vorerst keine Antwort zu. “Ach Rondrard … warum? Warum ist es so wichtig, dass ich das alles hier kennenlerne?”

"Ich verstehe Dich, Befinna. Es tut mir leid, dass Du dich so schutzlos fühlst. Soll ich versuchen, Dir gleich etwas zum Anziehen zu besorgen?" fragte Rondrard besorgt. "Auch wenn es schal klingen mag, aber ich sitze ehrlich gesagt lieber nackt unter Goblins als in der falschen Gewandung auf einem Adelsbankett - da wirst Du schiefer angesehen, als hier. Den Suulak ist es gleich, ob Du nackt oder angezogen bist, sie begaffen Dich nicht gieriger deswegen oder schätzen dich deswegen nicht geringer. Vor allem aber sind wir hier im Schoß der großen Mutter, da fühlt es sich nicht falsch an, so zu sein, wie sie uns gemacht hat... Aber ich verstehe, dass das Vertrauen in sie bei Dir erst noch wachsen muss, gerade weil Du ihr zum ersten Mal bewusst begegnest heute."

Der Blick der Baroness wurde nur verstörter.

Rondrard hielt kurz inne, versuchte die Regungen Befinnas zu deuten. Bevor er fortfuhr, berührte er noch einmal, ganz vorsichtig, ihre Handaußenfläche.
"Du fragst, warum es so wichtig ist, dass Du das alles hier kennenlernst.” begann er, mit behutsamer Stimme. “Ich glaube, es ist wichtig für dieses Land und für Dich selbst. Für dieses Land, weil es diesem nicht gut geht, Befinna. Du weißt es doch selbst. Die Erträge waren schlecht, nicht nur die letzten zwei oder drei Jahre, sondern schon seit längerer Zeit, und sie sind anhaltend so schlecht, dass Wunnemine Dich in ihrer Verzweiflung sogar mitsamt der Wälder hier verschachern will, um wieder Gold oder wenigstens Silber in die Kassen zu spülen. Aber das war nicht immer so, nach allem, was ich weiß. Bis zu Deines Großvaters Zeiten ging es der Baronie noch besser - gut, reich war sie nie, aber die Menschen hatten ihr Auskommen - Du kannst es sicher in Euren Büchern nachlesen. Und auch in den Wäldern herrschte Frieden - denn Deine Vorfahren waren noch eng mit der großen Mutter verbunden. Doch spätestens Dein Vater hat sich von ihr abgewandt, Wunnemine ist sie ganz fremd und Du hast sie selbst nie kennengelernt. Siehst Du, wohin sich seitdem alles entwickelt hat? Deine Familie - die Baronsfamilie! - und damit das Land seid nicht mehr eins mit der großen Mutter allen Lebens. Deine Schwester interessiert sich mehr für Kriege fernab der Heimat als für die Geschicke und die Seele dieses Landes. Sie hat ihre Wurzeln verloren und verdorrt daher auch zusehends. Schau sie dir an! Warum wohl ist sie bislang ohne Kind geblieben?
Aber Du, Du hast diese Sehnsucht, Deine Wurzeln wiederzufinden. Das hat Dich doch in die Wälder, in die Natur gezogen, nicht wahr? Mit Dir könnte die Verbindung zwischen der Baronsfamilie und der großen Mutter wiedererstehen und dann auch alles wieder ergrünen.” Jetzt ergriff er ein weiteres Mal richtig ihre Hände. “Und vor allem glaube ich, dass Du damit das Glück finden wirst, dass Du suchst!"

“Ja, Rondrard …”, meinte Befinna immer noch verwundert, “... ich wollte nicht, dass Wunnemine den Wald abholzen lässt. Ich wollte, dass die Geschöpfe Mutter Sumus eine Heimat haben. Deshalb ging ich zu Ulfaran. Er versprach mir, dass es einen Weg gibt.” Sie wandte sich ab und blickte für einen Moment ins Leere. Kopfschüttelnd dachte die junge Frau an ihre Schwester. “Du weißt genau warum Wunnemine kein Kind empfangen hat. Sie kann es nicht mehr … die Verletzung …”, die junge Frau hob ihren Blick, “... es ist mir deshalb klar, dass ich es sein werde, die für einen Erben …”, sie brach ab und der Heller schien nun gefallen, “... ist es deshalb? Ja, deshalb ist es so wichtig, dass gerade ICH ... Du erwartest, dass ich meine Schwester übergehe und hier ein Bündnis schließe? Mit der großen Mutter?” Befinna erhob sich aus ihrer sitzenden Position und kämpfte sichtlich gegen den einsetzenden Fluchtinstinkt. “Rondrard, du weißt, dass das nicht so einfach geht. Im Herzogtum gilt immer noch das Edikt Silem Horas´ und die Praioskirche hat bei einem jeden den Stiefel im Genick, der dies auf irgendeine Art und Weise anzweifelt. Ich bringe damit nicht nur mich in Gefahr, sondern auch Wunnemine … und alle Menschen der Baronie. Was denkst du passiert, wenn das rauskommt? Ein nordmärker Baronsgeschlecht im Bunde mit einer …”, die folgenden Worte sprach die Baroness nur flüsternd aus, “... heidnischen Göttin.”

"Du sagst es selbst.” erwiderte Rondrard, zunächst auch ganz leise. “Die große Mutter gilt als eine heidnische Göttin. - Und warum? - Wegen des Edikts eines Kaisers eines untergegangenen Reichs, noch dazu des Urgroßvaters derjenigen, deren Frevel den Untergang Bosparans erst heraufbeschworen haben. Dass die Kirche des Praios dieses Edikt um jeden Preis verteidigt, leuchtet mir leichthin ein - schließlich sichert es ihr als der Dienerschaft des so ernannten Götterfürsten ihre Pfründe."

Befinnas Augen weiteten sich vor Schreck. Am Liebsten hätte sie dem Tannenfelser den Mund mit Seife ausgewaschen. So wie sie es immer bei ihr taten, wenn sie geflucht hatte.

Rondrard ließ die Worte einige Augenblicke setzen. Ihm war klar, dass diese für Zwölfgötter-treue Ohren unerhört klingen mochten, wie blanke Ketzerei. Aber es gab jetzt kein Zurück mehr. Er hatte versprochen, ehrlich zu sein. Ehrlich im Angesicht Befinnas. Und ehrlich in seiner Treue der großen Mutter und dem alten Glauben gegenüber.
"Hier aber, in diesem Heiligtum, aber auch an vielen anderen Stellen in Ambelmund und den umliegenden Baronien, vor allem aber in meinem Herzen spüre ich eine andere Wahrheit. Die große Mutter ist der Ursprung allen Lebens, und nur weil ein bosparanischer Kaiser ihr vor mehr als einem Jahrtausend aus seinem Palast heraus die rechtmäßige Göttlichkeit abgesprochen hat, ist sie nicht minder wirklich, und nicht minder göttlich für mich. Kannst Du ihre Kraft nicht auch fühlen, hier, überall?"
Wie sehr hoffte er, ein Zeichen in Befinnas Augen zu erkennen, dass bereits etwas vom Atem der Mutter ihre Seele berührt hatte. "Und glaub mir," fuhr er dann fort. "Du wärst nicht allein. Viele hier in Nordgratenfels halten noch den alten Glauben hoch. Sie müssen es im Verborgenen tun, aber deshalb glauben sie nicht weniger! Du wärest auch nicht die Erste Deiner Familie, die vom Weg des 'rechten' Glaubens abrückt - die Barone von Ambelmund, Deine Familie, bis zu Deinem Großvater, ... und auch Deine Mutter... sie alle pflegten den Bund mit der großen Mutter... und das Geheimnis darum. Wunnemine ist die, die vom Glauben abgefallen ist, nicht Du Befinna, verstehst Du?"

"Sssshhhh …", zischte die Baroness und legte sich ihren Zeigefinger auf die Lippen, "... Rondrard, du versündigst dich!" Während der Rede des Ritters ging ihr Gesichtsausdruck von verwundert, über verärgert, bis hin zu fassungslos. Sie konnte nicht glauben, dass dieses Tollhaus hier der 'rechte Glaube' war und alle Errungenschaften der Menschen, unter dem Segen der Zwölfen, ein Irrtum. Wurde von ihr erwartet unter Goblins zu leben, zu lieben und zu feiern? Ein dumpfer Kopfschmerz schoss ihr ein und sie griff sich an ihre Schläfe. "Du weißt, dass ich das nicht kann, Rondrard. Du führst mich hier her … sei es Zufall, oder nicht ... und breitest mir aus, dass ich meinen Glauben und alles was ich bisher für gut und richtig hielt hinter mir lassen soll, um einen Bund zu schließen, den ich nicht verstehe?" Befinna schüttelte ihren Kopf. "Ich rechne dir an, dass du wenigstens ehrlich bist und mir deine Absichten offen legst, aber ich kann dir das nicht geben." Befinna wirkte als wäre sie in den letzten Momenten einige Jahre gealtert und hätte einiges an Weisheit hinzugewonnen. Weisheit und auch Pflichtbewusstsein. Leicht wäre es gewesen hier und jetzt zuzustimmen und sich der Leichtigkeit des Seins hinzugeben, doch wo keine Ordnung war, da war Chaos. Sie dachte an Wunnemine, ihre große Schwester, die Rondrard durch die Blume als Abtrünnige bezeichnet hatte … und sie dachte an die Menschen in Ambelmund. Die götterfrommen Bewohner von Stadt und Baronie. Sie wurde sich gewahr, was für ein Joch auf Wunnemines Schultern lag. Als Baronin hatte sie einen Eid abgelegt, im Namen Praios gerecht zu herrschen, die Ordnung zu wahren und im Namen Rondras Schutz zu spenden. "Wie soll das hier weiter gehen, Rondrard?", fragte die junge Frau. "Greift ihr zu den Waffen und verjagt die, die angeblich nur an ihre eigenen Pfründe denken?" Sah er denn die Heuchelei in seinen eigenen Worten nicht? Befinna musste sich wieder setzen und als sie das tat starrte sie regungslos ins Leere. Eine Antwort erwartete sie nicht.

"Natürlich nicht, Befinna. Wunnemine mag sich von der großen Mutter abgewendet haben, aber sie ist dennoch die rechtmäßige Baronin dieser Lande. Und Deine Schwester. Wie könnte ich die Hand gegen sie erheben. Oder von Dir verlangen, dass Du das tust." versuchte Rondrard sie zu beschwichtigen... "Ich will auch nicht zu den Waffen greifen, um die, die nicht an die große Mutter glauben, mit Gewalt zu verjagen." Zumal sich Rondrard darüber im klaren war, dass ein offener Konflikt mit der Kirche des Praios eher über Kurz als über Lang das Ende des alten Glaubens in Ambelmund bedeuten würde. "Wie Du will ich nur beschützen, die Wälder und die vielen guten und frommen Leute in dieser Baronie, die noch immer auf die große Mutter vertrauen und nach ihren Geboten leben. Sie sollen nicht Axt, nicht Flamme und Schwert fürchten müssen. Ich will nicht, dass diese Baronie vom Zwist verwüstet wird. Ich will, dass sie wieder erblüht und fruchtet! Und wegen all dem will ich schon gar nicht, dass Du hier, nur mir zuliebe, ein Bündnis eingehst, dass Du nicht verstehst, Befinna!"
"Du fragtest, wie das alles hier weiter gehen soll. Ich wünsche mir,” bat Rondrard sie, “Dir mehr zeigen zu dürfen, nicht nur das Taati Mulla der Goblins hier und heute, sondern die Seele dieses Landes und der Menschen, denen ihr beide, Wunnemine und Du, Mutter sein sollt. Wärest Du dazu bereit?"
Noch ehe Befinna antworten konnte, gesellte sich Ulfaran zu ihnen. Vielleicht vermochte dieser, die Baroness besser zu erreichen als er. Es tat weh, darauf hoffen zu müssen.

Ulfaran beobachtete das Gespräch zwischen dem Ritter und seinem Schützling. Nachdem er und der junge Mann auf einen überraschenden Zweig miteinander gekommen waren, achtete er umso mehr auf seinen Einfluss auf die junge Frau. So war ihm nicht entgangen, dass dem Ritter das Gespräch entglitten war. Wer das Gesicht der Adligen sah, der konnte ihre Gedanken lesen und diese waren voller Abscheu. Er musste Rondrard aus seiner Zwickmühle befreien. Deswegen durchquerte er mit beschwingten, von der Kraft Sumus getragenen Schritten die Höhle und ließ sich neben Befinna nieder. Das erste Mal an diesem Abend lächelte der Sume unter seinem Bart, was dazu führte, dass seine Haarlocken in alle Richtungen von seinem Kinn abstanden. “Das ist schon alles sehr wild hier, oder nicht?”, fragte er ohne dabei scheinheilig sein zu wollen. “Wir Druiden feiern Sumu anders. Weniger...körperbetont. Bei uns lebt die Freiheit im Kopf. Hier”, er nickte mit dem Kopf in Richtung der kopulierenden Goblins, “eher...in der Lendengegend. Das war nicht so ganz das, was du dir vorgestellt hast, oder?” Als er fertig und sich sicher war, dass die Aufmerksamkeit Befinnas auf ihm lag, versuchte er, Rondrard mit den Augen zu signalisieren, dass er ihm zu helfen versuchte. Sie jagten ja jetzt im gleichen Rudel…

Nein, so hatte sie sich das nicht vorgestellt. Sie schüttelte ihren Kopf.

“Wie schon gesagt, Befinna, ich hätte mir auch gewünscht, Dir zuallererst die menschliche, Dir näherliegende Seite der Verehrung der großen Mutter zeigen zu können und erst später… vielleicht… die der Suulak”, warf Rondrard ein, während er den Blick Ulfarans auffing und dankbar entgegnete.

"Sind es wirklich nur die Rotpelze, Rondrard?", meinte sie skeptisch und blickte auf ihre Gefährten. "Ich werde das Land immer schützen, das verspreche ich dir, aber ich werde mich nicht in wilden Orgien verlieren. Das hier …", sie deutete in einer ausladenden Handbewegung um sich, "... geziemt sich für jemanden wie mich nicht. Das hier werde ich nie sein, Rondrard."

“Und das will und verlangt niemand von dir. Es gibt so viele Arten, die große Mutter zu ehren. Wenn du eine Eichel in die Erde steckst und damit einen hoch sprießenden Baum pflanzt, dann ehrst du die große Mutter. Die Rotpelze haben ihre eigene Art, Sumu ihre Liebe näherzubringen. Sie leben nicht so lang wie wir und praktizieren deshalb das Werden und Vergehen in wilden, rauschhaften Zügen. Die Schwestern, die du als Hexen kennst, feiern rauschhafte Feste - all das musst du nicht tun. Wenn du den Wald und seine Bewohner achtest und schützt, dann hast du mehr für Sumu getan, als es jeder hier jemals vermöchte.”

"Natürlich achte ich den Wald … genauso wie ich meinen Glauben achte und auch weiter achten werde. Was ist denn schon der Unterschied am Dienst an Mutter Peraine und Schwester Tsa hin zum Dienst an der Großen Mutter?" Die Baroness hob ihre Schultern. Ihrer Meinung nach war der Einsatz für den Wald und seine Bewohner auch den Zwölfen gefällig. Und sie musste sich dafür nicht versündigen.

"Das ist es! - Die große Mutter achten, heißt nicht, die anderen Götter nicht zu achten", bestätigte Rondrard. Befinna begann zu verstehen, jedenfalls schien es so. "Die Fruchtbarkeit und Heilung gebende Mutter Peraine, die die Familie und Gesellschaft zusammen haltende Travia, Rondra, die die Gemeinschaft verteidigt, Hesinde, die uns die Überlieferung und das Wissen daraus bewahrt und Tsa..tuara, die wir in der ungezähmten Natur draußen...", er deutete zu den Goblins und den mit ihnen der Großen Mutter huldigenden Menschen, "und in uns finden, sie alle sind eins. Jeder von uns fühlt sich einigen dieser göttlichen Aspekte näher und anderen eher weniger, und das ist gut so. Es ist nur falsch, einen oder zwei über alle anderen zu erheben und die weniger geliebten deswegen zu ächten und verfolgen, denn es bringt die Welt aus ihrem Gleichgewicht."

"Und warum ist es dann so wichtig, dass ich eine Art Pakt schließe? Ich bin nicht Wunnemine, ich werde die Natur und ihre Geschöpfe immer achten." Wobei Befinna heute bewusst wurde wie schwer die Aufgabe ihrer großen Schwester war. Gebunden durch Eide und stets darauf bestrebt sein zu müssen es allen Recht zu machen. "Wir hätten darüber reden können. Ohne hier nackt herumzustehen und …", ihr Blick ging hinüber zum wilden Treiben, indem sich Menschen und Goblins nicht wirklich voneinander unterschieden, "... das da … anzusehen." Schamvoll wandte sie ihren Blick ab.

“Weder Rondrard noch ich wollten dich heute hier her bringen, aber so hat es die große Mutter gefügt. Du hast dir diesen Tag ausgesucht, um zu mir in den Forst zu kommen. Das war der Wille Sumus, der deine Gedanken leitete. Du wolltest wissen, warum du einen Pakt schließen sollst? Warum hat deine Schwester eurer Kaiserin und eurem Herzog die Treue geschworen, obwohl niemand jemals ihre Loyalität bezweifelt hat? Der Pakt hilft dir. Dich an das zu erinnern, was dir am Herzen liegt. Aber auch, um eins zu werden mit der Schöpfung Sumus. Diesen Schritt zu gehen wird dir erlauben, die Welt anders und wunderschön wahrzunehmen. Du hast mir erzählt, dass du dich danach sehnst, wirklich zu erfahren, wie sich der Wald anfühlt, wie die Vögel singen, die Sauen ihre Ferkel aufziehen und der Wind durch die Äste streift. Den Pakt zu schließen, heißt, diese Empfindungen aufnehmen zu können. Alle. Eins sein mit Sumus Schöpfung. Neu sein.” Ulfaran lächelte ermutigend. Er selbst wusste was es hieß, eins zu sein mit Mutter Sumu und ihrer unermesslichen Güte.

Rondrard, der zuletzt nur Augen für Befinna gehabt hatte, ließ auf deren Worte hin den Blick kurz zum Festgeschehen schweifen. Und war im selben Moment wieder froh, sich für sein knöchernes Suspensorium entschieden zu haben, brachten doch die rauschhaften Eindrücke und der noch immer in ihm wirkende Stechapfel nahezu unmittelbar sein Blut und sein Geschlecht in Wallung. Rasch wandte er sich wieder ihrem Gespräch zu.
Nickend stimmte er Ulfaran zu, wenigstens im Prinzip, denn für ihn war Sumu nur einer der Namen der großen Mutter - er nannte sie aber lieber bei ihren anderen, die stärker noch als Sumu zeigten, wie lebendig jene tatsächlich war.
“Aus Deinem Bund mit der großen Mutter würde Heilung erwachsen - was zerrissen ist, würde wieder eins - das Land, seine Menschen und seine Natur und mit Dir das Geschlecht, dass diese zu hüten hat, wäret alle in der Mutter vereint. Ich glaube, damit würde auch die Wunde tief in deinem Herzen heilen.” Rondrard sah Befinna an, und in seinem Blick schwangen all seine Zuneigung und Sorge um sie. “Vielleicht vermagst Du mit der Kraft der Mutter im Herzen sogar die in Wunnemine zu schließen.”

Der nun wieder etwas irritiertere Blick der Baroness ging zwischen den beiden Männern hin und her. Würden Rondrard und Ulfaran sie besser kennen, dann wüssten die beiden, dass ihre gegenwärtige Herangehensweise kontraproduktiv war. Wenn Befinna mit etwas nicht umgehen konnte, dann war es das Gefühl bedrängt zu werden. Sie war ein impulsiver und emotionaler Mensch, der von sich aus regelmäßig schlechte Entscheidungen traf - so auch ihr Gedanke in den Wald zu fliehen und sich einem Druiden anzuschließen. Diese Entscheidungen waren aus ihrer Verzweiflung und kindlicher Naivität geboren gewesen. Die Eindrücke hier und jetzt wirkten aber eher abschreckend auf sie und nicht wie etwas, bei dem sie Schutz und Geborgenheit finden konnte. Deshalb stand Befinna bloß überfordert da und kaute an ihrer Unterlippe, ohne auf die beiden Wortmeldungen einzugehen.

Rondrard spürte, wie Befinna sich innerlich zurückzog. "Ich weiß, das war jetzt viel auf einmal, und ganz schön harte Kost." Voll erkennbarer Sorge betrachtete er sie. Wären sie und er nicht nackt oder fast nackt, hätte er sie am liebsten einfach tröstend und beschützend an sich gedrückt. Aber so war das noch unschicklicher als es eine Umarmung in der Öffentlichkeit ohnehin gewesen wäre. "Kann ich Dir irgendetwas Gutes tun? Vielleicht etwas zum Essen besorgen?" fragte er sie stattdessen nur, hoffte durch Taten auszudrücken, was sie in Worten nicht mehr erreichte. Der junge Hirsch blickte sich bereits nach den nächsten mit Speisen gefüllten Schälchen um, da sah er Suncuua auf sie zukommen.

Deren Augen ruhten auf Befinna. "Wollen Aleit sehen? Suncuua bereit."

Die Baroness nickte der Schamanin wortlos zu.

Suncuua waren die Menschen nicht fremd, daher spürte sie, wie verwirrt und verängstigt Aleits Tochter immer noch war. Erstaunlich, wie ähnlich und doch ganz anders diese verglichen mit ihrer Mutter war. "Suncuua folgen!" forderte sie Befinna auf. Hilfsbereit bot sie ihre Hand und lächelte sie freundlich an, wobei sie sich anstrengte, die Lippen geschlossen zu halten. Die Nackthäute reagierten auf die Zähne der Suulak manchmal etwas... seltsam.

Kurz zögerte Befinna als die Goblinfrau ihr die Hand anbot, doch war ein kleiner Teil in der jungen Frau auch froh darüber, dass sie von Rondrard und Ulfaran - und deren Drängen darauf, sie möge mit der sogenannten großen Mutter einen Pakt schließen - wegkam. Immerhin hatte Suncuua ihr ja auch versprochen, dass sie ihre Mutter sehen können würde. Der Gedanke daran erfreute ihr gekränktes Herz und Befinna ließ sich von der Gastgeberin fortführen.

Rondrard erhob sich und war fest gewillt, Befinna zu begleiten, doch deutete Suncuua ihm, sich wieder niederzulassen. Das Ritual war schon anstrengend genug, da brauchte sie nicht noch irgendwelche unnützen Männer dabei, die bestenfalls die Luft veratmeten und schlimmerenfalls noch störten. Das war eine Sache der Frauen.

"Was habt ihr vor?" wollte der junge Ritter auf Garethi wissen. “Was meinst Du mit Aleit sehen?” Er war sich zwar sicher, dass Befinna bei der Schamanin nichts zu befürchten hatte. Dennoch würde er sich wohler fühlen, im Bilde zu sein, was der jungen Frau jetzt bevorstand. Und ihr Beistand sein zu dürfen.

"Jung Hirsch wissen nein müssen" beschied ihm die Älteste der Suulak jedoch nur, in einer Bestimmtheit, die keinen Widerspruch zuließ. "Jung Hirsch tanzen essen. Taati Mulla!"
Dann sah sie wieder auffordernd Befinna an.

Diese nickte der Schamanin etwas unsicher zu, doch folgte sie ihr bereitwillig. Der Blick der Baroness ging noch einmal zu Rondrard zurück - würde er sich nun auch benehmen wie ein Tier? Wenn sogar eine Priesterin der Zwölf sich dazu hinreißen ließ? Sie verdrängte den Gedanken und wandte sich wieder nach vorne.

Rondrard sah Befinna noch sehnsuchtsvoll hinterher, wie sie mit Suncuua die Höhle aufwärts ging, hin zu den Feuern, um die herum sie unmittelbar vor dem Taati Mulla auf die Ankunft der Frauen gewartet hatten. Als beide schließlich in der Dunkelheit dahinter verschwunden waren, streifte sein Blick den wilden Kreis um das Göttinnen-Abbild. Nein, er würde sich nicht dem Taati Mulla hingeben, auch wenn seine Lenden angesichts des Anblicks zuckten.
“Was glaubst Du, wird sie zur großen Mutter finden?”, fragte er stattdessen Ulfaran.

Ulfaran ließ einen kehligen Laut vernehmen. “Irgendwann finden sie alle zu ihr”, meinte er, seine buschigen Augenbrauen hüpften dabei belustigt. “Doch bei ihr bin ich mir sicher, dass es früher passiert als im unvermeidlichen Lauf der Dinge.”

Rondrard nickte. “Das glaube ich auch.” Er steckte sich einige Beeren, die er sich rasch von einer inzwischen herangeholten Schale gegriffen hatte, in den Mund. Jetzt erst merkte er, wie hungrig er inzwischen geworden war. “Und ich hoffe um ihretwegen, dass es bald geschieht.” schob er hinterher, während er Ulfaran die Schale hinhielt. “Sie ist innerlich so zerrissen.”
In diesem Augenblick sah er zu seiner Verwunderung, wie sich die Elfe, die er zuletzt auf der Lichtung gesehen hatte, kurz bevor sie die Goblins so sehr erschreckt hatte, dass sie alle hierher gebracht worden waren, scheinbar seelenruhig und bis auf ihr bemaltes Gesicht splitternackt neben ihnen niederließ.

Froh, es bis hierher geschafft zu haben, ohne erneut von brünstigen Männchen beliebiger Rasse aufgehalten zu werden, ließ sich die Elfe in der Nähe Rondrards auf den Boden nieder und wartete, bis dieser ihr seine Aufmerksamkeit schenkte. Er war mit dem anderen Mann, einem Druiden, wie sie inzwischen herausgehört hatte, im Gespräch und sie wollte sich nicht aufdrängen, sondern eigentlich ja nur ihre Ruhe haben.

“Ihr?” sprach Rondrard Llyilliala erstaunt an. Vorhin hatte er sie gar nicht richtig registriert, “Du?” korrigierte er seine Anrede - sie saßen alle mehr oder minder unbekleidet beim Taati Mulla, da erschien ihm jede Hochgestochenheit fehl am Platze. “Wie bist Du hier reingekommen? Und warum?”

Vahvillisik beobachtete die Geisterfrau noch so lange, bis sie sich bei den beiden Menschenmännern niedergelassen hatte. Dann schubste er Pörldsch hin zu den Tanzenden, mit dem Hinweis, sich um das Gefallen einer schöner Suulak zu bemühen. Er selbst musste sich langsam sputen, nicht Khischas Gefallen zu verspielen.
Pörldsch war immer noch konsterniert. Um eine schöne Suulak werben? Als ob er das nicht ausgiebig versucht hätte. Langsam humpelte er um die steinerne Mailam herum und ließ sich an einer verwaisten Schale mit Tannensamen und Heidelbeeren nieder. Wenige Schritt neben ihm erklommen gerade zwei Suulak wild und laut den Gipfel Mailams Herrlichkeit, doch sein Blick klebte an der spitzohrigen Fremden, während er missmutig auf einigen Heidelbeeren herumkaute.


Llyilliala entgingen die Blicke nicht, die der kleinere Goblin ihr zuwarf, aber sie ignorierte diese. Stattdessen wandte sie sich Rondrard zu. “Ich habe gesucht. Manchmal findet man dabei etwas, und manchmal auch etwas, das man nicht gesucht hat. Dieses … Fest zum Beispiel. Was ist das hier … für euch Menschen, die ihr hier seid? Ich habe noch nie davon gehört, dass Menschen und freie Goblins friedlich zusammenleben, wenn man vielleicht von Festum absieht, wo die Goblins frei und geduldet sind, weil sie niedere Arbeiten für die Menschen dort verrichten.”

Mit einem Zischen spuckte Ulfaran aus. “Auf diese Form von Freiheit scheiße ich. Hier leben die Kinder Sumus in Eintracht, nicht in der Freiheit des Stärkeren.”

Llyilliala hob eine Braue ob des Ausbruchs des Druiden. Hatte sie sich ungeschickt ausgedrückt? Sie war nun schon so lange unter Menschen und sprach ihre Sprache, aber immer noch nicht gut genug, wie es schien. Andererseits gab es keinen Grund, den Eindruck Ulfarans zu berichtigen. Menschen liebten vorgefasste Meinungen und waren oft nur schwer oder gar nicht davon abzubringen.

Rondrards Lippen zuckten ob der unverblümten Worte Ulfarans. Doch blieb er ernst und wollte die Fragen der Elfe nicht unbeantwortet lassen. “Es ist ein Fruchtbarkeitsritual zu Ehren und mit dem Segen der großen Mutter. Die Goblins feiern es auf ihre Weise, die eine andere ist als unsere. Aber dennoch ist das Wesen der Mutter, egal ob sie wie bei uns Tsatuara” - er sah zu Ulfaran - “oder Sumu und von den Suulak Mailam Rekdai geheißen wird, spürbar, deswegen ist es uns nicht ganz und gar fremd.” Der Tannenfelser ließ seinen Blick einige Momente lang schweigend über das Festtreiben schweifen, dann fuhr er fort: “Aber Du hast Recht - so gewöhnlich ist das Zusammenleben zwischen Menschen und Goblins in den Nordmarken, selbst in Nordgratenfels, nicht. Mein Urahn Mikvard kam ursprünglich in die Wälder hier, um das Land den Goblins abzunehmen und diese für immer zu verjagen, damit die Menschen es urbar machen konnten. Er, aber wohl auch die Tuluukai-brydh-blogai mussten einen hohen Preis zahlen, bis er gelernt hatte, dass diese ihre Rolle für das Gleichgewicht in diesem Land spielen, eine äußerst wichtige Rolle sogar. Und dass ihre vermeintlichen Götzen nichts anderes als unsere Götter waren, nur mit Namen in einer fremden Zunge und mit deren Augen wahrgenommen. Er hat mit diesen ihren Frieden gemacht, und wir bewahren diesen seither, leben zumeist nebeneinander, manchmal aber auch miteinander. Wie heute.”

Llyilliala hatte ihre eigene Meinung zu den vermeintlichen Göttern der Menschen oder gar der Goblins, aber sie hatte gelernt, diese für sich zu behalten. Aber ganz unabhängig von irgendwelchen Göttern verstand sie noch nicht. Doch sie hatte so eine Ahnung, dass Verstehen hier wichtig sein könnte. Also fragte sie weiter. “Was meinst du mit ‘Gleichgewicht’? Welche Dinge haben hier gleiches Gewicht und sind ge-wichtig für euch - und die Goblins?”

"Die Goblins leben im Gleichgewicht mit der Natur und nehmen nicht mehr, als diese geben kann. Sie streben nicht ständig nach mehr - das macht sie zu besseren Hütern der Wälder, besonders dieser." Nachdenklich rührte er in der Schale vor sich nach weiteren Heidelbeeren. "Sie sind" fuhr er dann fort, "weit weniger anfällig dafür, die Hand auszustrecken nach Dingen, die besser unberührt und vergessen bleiben..." Rondrard taxierte die Elfe so genau ihm dies im flackernden Licht und im eigenen Zustand möglich war. Er war bewusst vage geblieben, aber hatte das Gefühl, dass die Fremde dennoch genau wusste, wovon er sprach. Ob sie auch seine Warnung verstand? "Und sie sorgen dafür, dass es auch kein anderer so leicht tut." Zu was es führte, wenn es doch geschah, hatte er leider mit eigenen Aussagen sehen müssen.

“Goblins, die sich mit dem zufriedengeben, was sie haben?” Die Stimme der Elfe klang deutlich zweifelnd. “Goblins sind wie Kaninchen. Sie vermehren sich maßlos, wenn man sie lässt”, ihr Blick ging zu den feiernden Rotpelzen hinüber, “und dann brauchen sie von allem mehr. Mehr Platz, mehr Nahrung. Und das soll hier anders sein?” Die Sache mit ‘Dingen, die unberührt und vergessen bleiben’ sollten, behielt sie im Hinterkopf. Der Krieger vor ihr wusste offenbar etwas darüber, also waren diese ‘Dinge’ doch nicht so verborgen und vergessen …

"Ich habe gehört, dass manche Völker dasselbe auch uns Menschen nachsagen." Bei diesen Worten taxierte Rondrard die Elfe sehr unverhohlen. “Und das begründet”, wandte Ulfaran ein. "Mir jedenfalls scheint es der Wille der großen Mutter zu sein," fuhr Rondrard fort, "fruchtbar zu sein und sich zu vermehren, ist sie selbst doch Fruchtbarkeit und sprießendes Leben.” Er dachte kurz nach, dann fuhr er fort. “Und so wie in einem gesunden Wald die Karnickel doch nicht überhand nehmen, so wird sich immer ein Gleichgewicht zwischen Werden und Vergehen ausbilden, wo die Mutter, und ihr Gefährte, den wir als Kurim den Jäger kennen, walten, ja walten dürfen. Diese Wälder hier, abseits dieses Heiligtums, sind karges, raues Land. Sie geben uns zwar alles, was wir zum Leben brauchen, aber nicht allzu vielen von uns oder auch den Suulak. Bislang sind uns die Goblins jedenfalls nicht über den Kopf gewachsen, und wir ihnen offensichtlich auch nicht."
Dass die Baronin dieser Tage kurz davor stand, genau dieses Gleichgewicht zu zerstören, verschwieg er.

“Werden und Vergehen, genau. Nurdra und zerza”, sinnierte die Elfe. “Zu viele Karnickel werden von Räubern gefressen. Wer sind die Räuber, die die Goblins fressen?” Goblins beschränkten sich nicht selbst, das war wider ihre Natur. Also musste jemand - oder etwas - anderes sie in ihre Schranken weisen. Und wenn es nicht die Menschen waren, wer war es dann? Was war es dann?

Rondrard verzog für einen Moment sein Gesicht:"Auch wenn ich den Vergleich unseren Gastgebern gegenüber etwas... deplatziert empfinde: Zu viele Karnickel werden es nur, wenn es genug zu fressen gibt. Die Wälder hier sind aber karges Land, und das Leben ist hart… und bisweilen auch gefährlich - viel mehr der Suulak trägt die Gegend also nicht. Um sich stärker zu vermehren, müssten sich schon ins Grasland und die Flussebenen ausdehnen, doch dem steht unser Volk entgegen." Dass hier und da ein Halbwüchsiger oder auch mal ein ganzes Männergrüppchen sich vom Stamm und damit der Führung ihrer Ältesten absetzte und über die Stränge schlug, überging er. Wenn sie Ärger machten, wurden ihnen die Grenzen aufgezeigt. Meist verschwanden sie dann recht bald aus der Gegend. "Du oder Dein Volk müsst schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht haben, so wie du über sie redest."

“Für Elfen, die nicht nahe bei den Menschen leben, sind Goblins wie Ungeziefer. Lästig, schädlich, allgegenwärtig. Sie müssen bekämpft werden, sonst geht man selbst unter. Es gibt Regionen im Norden, da sind die Rotpelze so zahlreich wie Grashalme auf einer Wiese. Und die Menschen mähen ihre Wiesen doch auch … genug davon. Ihr müsst mit diesen Goblins hier zurechtkommen, ich nicht. Ich werde sehen, ob es hier etwas zu finden gibt, dann bin ich wieder weg. Was mich wieder zu der Frage führt - vor was habt ihr Angst?”

Rondrard sinnierte, warum wohl die Goblins für die anderen Elfen, für die, die nahe der Menschen lebten, kein Ungeziefer waren. Er hatte einen Verdacht, wer diese Rolle in deren Augen einnahm, wollte aber lieber nicht weiter nachfragen.
"Jedenfalls nicht vor den Goblins." beantwortete er Llyillialas Frage. "Eher vor deinem Volk. Oder besser gesagt: vor dem, was davon übrig geblieben und daraus geworden ist. Wahrscheinlich also genau vor dem, wonach Du suchst, nicht wahr?"

Llyilliala sah dem Krieger ein paar Augenblicke lang forschend in die Augen. “Vielleicht”, antwortete sie dann vage. “Das weiß ich erst, wenn ich es selbst erspürt habe. Wenn es etwas mit meinem Volk zu tun hat, dann ... möchte ich das Geheimnis dieses Ortes ergründen. Vielleicht kann ich ja sogar helfen, etwas gegen die Gefahr zu unternehmen.”

Rondrard antwortete nicht sofort. Vor dem heutigen Tag hätte er ohne Umschweife und nachdrücklich versucht, sie von ihrem Unterfangen abzubringen. Doch nach seiner Begegnung mit dem Jäger war er sich dessen nicht mehr so sicher. "Wie ich Dir am Abend bereits gesagt habe, wird Dir nicht gefallen, was Du dort findest. Und es ist gefährlich. Du solltest nicht alleine dorthingehen. Und nicht bei Nacht... um deinet- und unseretwillen nicht."

“Ist das ein Angebot?” Fast unmerklich verzog sich der Mund der Elfe zu einem Lächeln.

“Lass uns erst einmal den Morgen erwarten.” wich Rondrard aus. Doch konnte Llyilliala auch seine Mundwinkel nach oben zucken sehen.

***

Tsamitrius ließ sich auf den Rausch ein, den der Tanz in ihm entfachte. Mit kreisenden Hüften umtanzte er die Frau, die ihn ausgewählt hatte, immer wieder die Nähe suchend, ihre Finger ihn überall dort berühren lassen, wie es ihr gefiel. Sein Levthanshorn war zu voller Größe aufgerichtet , bereit für eine Vereinigung. Immer wieder schloß er seine Augen und genoß, dass auch die anderen Frauen ihn betrachteten. Sie mußten nur kommen und sich nehmen, was sie gelüsteten. Er war der Spender, den die große Mutter heute Nacht zu ihrem Fest rief.

Sie strich mit ihren Nägeln über seine Brust, nahm seinen Duft in sich auf, erkundete mit ihren Fingern und den Lippen seinen Körper, kostete von seinem Schweiß, biß ihm zärtlich in die Unterlippe. Ein Feuer loderte in ihren Augen auf. Sie packte den Hexer, drängte ihn zu einer mit Fellen ausgekleideten Nische und stieß ihn zu Boden. Dann kniete sie sich hin. Ihre Scham vor seinem Gesicht. Dieser fackelte nicht lange und bediente sich hungrig an dem ihm darbebotenem Festmahl.

Die Geweihte genoss das Zungenspiel, spürte seine Hände auf ihren Schenkeln, ihrem Hintern, ihrer Hüfte. Immer, wenn er zu gierig wurde, schob sie diese sanft, aber bestimmt fort. Dies war ihr Taati Mulla, sie bestimmte. Und so ließ er sie bestimmen, gewillt für alle Wege der Vereinigung.

Sie stand auf, trat ein paar Schritte zurück und fing an sein Levthanshorn an der Spitze langsam mit der Zungenspitze zu liebkosen. Ganz langsam umschloss sie die Eichel mit den Lippen.

Wenn es etwas gab, worin der Hexer gut war, dann war es seine Ausdauer. Er konnte nur erahnen, das seine ´Taati Mulla´ versuchte ihn herauszufordern und ihn an den Rand Tsatuaras Herrlichkeit bringen wollte, doch dafür verlangte es nach Geschick und, für die meisten eine lange und ermüdende, Ausdauer. Tsamtrius musste grinsen und schaute sich nach anderen ´Taati Mullas´ um, die er derweilen verwöhnen … oder etwas zur Fruchtbarkeit beitragen konnte.

Als sie merkte, dass er sich umsah, setzte sie sich auf seinen Bauch, das Horn konnte sie an ihrer Rückseite spüren, doch sie verwehrte ihm den Zutritt. Stattdessen kniff sie ihm in die Nippel, um seine Aufmerksamkeit zurück zu erlangen.

Eine Wonne der Lust überkam ihn und er betrachtete die fremde Frau. War sie hier nur zu Freude oder zur Fruchtbarkeit?

Sie legte nun ihren Oberkörper auf seinen. Mit der rechten Hand knetete sie weiter seinen Nippel mit der linken hob sie seinen Kopf und küsste ihn lang und innig, voller Lust. “Nutze Deine starken Hände”, befahl sie flüsternd. Er tat wie von ihm verlangt. Der Hexer konnte spüren das die Henne bald für den Hahnentritt bereit war.

Lioba steigerte sich in einen Rausch der Lust. Kam das von ihr oder der Mutter Sau? Egal. Sie rutschte zurück und führte sich das harte Horn ein. Einen Augenblick genoss sie das Gefühl, bevor sie langsam begann ihr Becken zu bewegen.

Da war er, der Moment der Mutter! Mit einem animalischen Schrei ergoss Tsamitrius sich in der Schale der Fruchtbarkeit. Mit einem Lachen rollte er sich zur Seite und schaute der Frau ins Gesicht. Ihre Enttäuschung war ihr anzusehen, doch strich er ihr sanft übers Gesicht. “Das Fest ist noch lange nicht vorbei. Lass uns weiter der Mutter dienen!” Er half ihr sich zu erheben und führte sie weg, bis sie vor Ulfaran halt machten.

Ulfaran, der mürrische Druide, ließ sich ganz in den Rausch fallen, der die Nachtluft durchströmte. Doch seine Art, in Vereinigung mit der großen Mutter zu gehen, war anders - doch nicht weniger animalisch, sondern urzeitlich wie das Wesen Sumus selbst. Seitdem die Winde der magischen Macht über die Welt wehten und die Lande von den Adern des pulsierenden Blutes der Derenmutter durchzogen waren, die unkontrolliert und verschwenderisch die Kraft der Mutter über die Welt ergossen, seitdem gab es mächtige Männer und Frauen, die sich dieser Kraft bedienen und diese Macht spüren konnten. Mit jeder Zärtlichkeit, mit jedem Akt des Verlangens pulsierte die astrale Energie in der Luft stärker, war die große Mutter spürbarer. Der Druide nahm all das in sich auf. Er konnte die Energie kanalisieren. Er hatte nicht einen Partner - er nahm Teil an jedem Akt zu Ehren der großen Mutter. Er spürte die wilde Gier der Goblins, das heiße Verlangen der Hexen, die respektvolle Liebe des jungen Ritters - und dessen Wolllust, die er zu kontrollieren müssen glaubte. Er spürte die herzliche, naive Verbundenheit, die Befinna mit ihm teilte und sich dennoch scheute, sich ihm hinzugeben. Er spürte die Landesherrin den Verstand verlieren. All dies genoss er mit vollen Zügen. In seinen Augen war dies das einzige Privileg, das er wollte. Das Privileg, ganz und gar vereint mit der Mutter Sumu zu sein.

Eine sanfte Berührung an der Schulter ließ ihn spüren, das er nicht mehr alleine war. Zwei nackte Menschen, ein Mann und eine Frau standen vor ihm. “Die große Mutter verlangt der Huldigung.”, raunte der Mann mit dem Ziegenschädel auf dem Kopf. Dann ließ er den Druiden und die Frau allein. Ob die Unbekannte sich den Druiden erwählen würde, war immer noch ihre Entscheidung. Dies war die Nacht der Frauen.

Lioba sah Tsamitrius verdattert nach. Dann blickte sie auf den Druiden, fand diesen aber so unsympathisch, dass sie sich nicht überwinden konnte. Wortlos wandte sie sich ab und suchte die Nische auf, wo sie eben noch glücklich war. Dort wickelte sie sich in die Felle und legte sich auf den Boden. Irgendwie hatte sie sich das anders vorgestellt.

Ulfaran grinste über beide Ohren. Mit dieser Götzenmetze hätten ihn keine zehn Pferde zur Paarung gebracht! Aber es war ja klar, dass sie nicht in der Lage war, die Fruchtbarkeit der Mutter zu ehren, hatte sie doch keinen Respekt vor ihr in ihrer Gesamtheit.

Aedha wartete noch immer auf die Rückkehr Khorenas als sich zwei schlanke Arme von hinten um sie legten und sich jemand an sie drückte. “Alles erledigt”, hauchte Khorena zärtlich in Aedhas Ohr und küsste ihre Schulter. Ihre Hände begannen den Körper der erfahrenen Hexe zu streicheln, während die junge Priesterin weitersprach: “Jetzt gehöre ich ganz dir.”

Mit einem wohligen Seufzen schmiegte sich Aedha an die hinter ihr stehende Priesterin. Sie ließ sie gewähren, während sie mit ihrer Linken nach hinten griff und sanft über ihr Bein strich. Leicht drehte sie den Kopf zu Khorena. “Mach weiter…”, forderte sie sie auf und schnurrte dabei leise und griff mit Rechten tastend in ihr Haar.

Das ließ sich Khorena nicht zweimal sagen. Sie begann Schulter und Nacken Aedhas zu mit ihrem Mund zu liebkosen, derweil ihre Hände sachte begannen ihre Brüste zu verwöhnen. Sie konnte fühlen, wie die Rahjaknospen auf ihre Berührungen reagierten. Der Duft Aedhas, zusammen mit dem ungewohnt würzigen, aber dennoch erregenden Geruch von sich paarenden Goblins und der auf ihr liegende Segen steigerten Khorenas Verlangen in bisher unbekannte Höhen. “Mach mit mir was du willst”, wisperte sie schon beinahe flehentlich.

Langsam wandte sich die einstige Schöne der Nacht in den Armen Khorenas um. Ihre smaragdgrünen Augen blickten direkt in die Wolfsaugen der jungen Frau, in ihnen loderte Verlangen, aber auch etwas Gefahrvolles - weit gefährlicher, als es der Blick und das Lächeln der Foldenau waren. Sanft legte Aedha zwei Finger auf den unteren Rand der Segnung und strich genüßlich lächelnd mit ihnen nach oben, bis sie Khorenas Kinn etwas nach oben drückte und sie leidenschaftlich küsste. Kurz bevor sich ihre Lippen wieder lösten, biss Aedha fest in die Lippe der anderen Frau. Spielerisch leckte sie einen einzelnen Blutstropfen weg der sich durch ihren Biss gebildet hatte. "So etwas solltest du niemanden und erst Recht niemanden wie mir, anbieten, denn du ahnst nicht, wo es dich hinführen könnte." Während sie das sagte, wanderten ihre Finger Wort für Wort langsam weiter ihren Körper hinab. Den Hals entlang, auf ihre Brust, um ihre Knospe herum, über ihren Bauch, bis sie schließlich in ihrem Schoß verharrten.

Die junge Frau stöhnte lustvoll auf, als Aedhas Finger über ihren Körper strichen. Den Kuss erwiderte sie mit ebensolcher Leidenschaft, wenn nicht sogar noch mehr. Ihr Schoß schob sich den Fingern Aedhas entgegen. In ihren Augen stand das reine Verlangen. Die junge Frau legte ihre Arme um Aedhas Hals und zog sie zu sich heran. “Bitte Aedha, quäle mich nicht so. Ich fühle mich, als müsste ich gleich vor Lust verbrennen. Heute Nacht vertraue ich mich dir an”, flüsterte Khorena. Sie konnte spüren, wie die Finger der anderen Frau über ihre im aranischen Stil rasierte Scham strichen und gleich die unmissverständlichen und ausgeprägten Anzeichen für ihre Rahjagelüste ertasten würden.

Doch die Rothaarige hatte kein Interesse daran, die brennende Lust zu befriedigen. Stattdessen wollte sie dieses Feuer weiter schüren, immer heißer brennen und jede Faser des Körpers der anderen erfassen lassen. Geschickt reizte Aedha, doch immer wenn sich die Lust Khorenas zu entladen drohte, machte sie eine kurze Pause um das Spiel immer weiter zu treiben. Dabei küsste sie die Priesterin voll Wonne, schmiegte sich eng an sie und ergötzte sich an der Lust der anderen.
Erst als der Foldenau die Beine weich wurden und sie sich auf einem der Felle niederließ, konnte in ihr die Hoffnung auf Erlösung aufkeimen. Jetzt erst wanderten die Küsse ihren Hals hinunter und bedeckten ihren Busen. Zärtlich wurde an ihren Knospen geknabberte, während ihr Schoß zunehmend intensiver verwöhnt wurde. Doch noch immer blieb ihr der Schritt durch die Schleier in Rahjas Zelt verwehrt.

Khorenas Hände hatten sich fest in das Fell gekrallt auf dem sie lag. Schweiß bedeckte ihren sich in dem immer heißer brennenden Feuer der Lust windenden Körper. Und Aedha verstand es, das Feuer noch mehr anzufachen, bis zu dem Punkt, da Khorena glaubte, ihr Herz würde gleich in der Brust zerspringen, wenn sie keine Erlösung fand. Inzwischen stöhnte sie hemmungslos zwischen schweren Atemzügen. Ihre Augen flehten bei der Rothaarigen um süße Gnade, deren Hand vom Nektar der Jüngeren nass war.

Als würde Aedha das Flehen erhören, wanderten ihre Lippen weiter an Khorena herab. Weiche Küsse und eine spitze Zunge markierten dabei ihren Weg bis zur Schenkelinnenseite der Jüngeren und bedeckten nun ihren Schoß mit lustvollen Berührungen. Fast hatte sie sie an dem Punkt, an dem sie Khorena haben wollte. Ihr Verlangen, weckte nur zunehmend ihre Lust, sie wollte sie um Erlösung wimmern hören, wollte dass sie derart von ihrer Lust verzehrt wurde, dass sie kaum noch zu sprechen vermochte. Aedha war wie eine Katze, die mit ihrer Beute spielte, ein grausames Spiel des unerfüllten Verlangens. Allerdings war die Priesterin auch gewarnt gewesen.

Als Aedhas Zunge Khorenas Schenkeldreieck fand und das Verlangen damit eine neue Stufe erklomm, warf sie ihren Kopf zurück und japste nach Luft. Sie konnte nicht mehr, ihre Sicht verschwamm und leise, zwischen den japsenden Atemzügen, wisperte sie: “Gnade!”

Gezielt attackierte ihre Zungenspitze nur noch jene Stellen, an denen Khorena am heftigsten reagiert hatte. Zusätzlich wurden ihre weichen Brüste sanft massiert und geknetet, auch sonst fuhren die Hände der Rothaarigen sanft über ihren gesamten Körper und sie erfuhr endlich die lang ersehnte Erlösung. Wobei Aedha sie nicht einfach ihrem Höhepunkt überließ, sondern ihr eigenes Becken der Foldenau zuwandte und ihre Berührungen noch weiter intensivierte.

Khorena wurde von der Macht ihres Orgasmus überrollt. Ihr Leib zitterte, schüttelte sich gar und wollte auch nach dieser bisher nicht gekannten Sensation nicht sofort wieder auf sie hören, auch weil Aedha sie nicht zur Ruhe kommen ließ, sondern sie genüßlich weiter verwöhnte. So dauerte es einen Moment bis Khorena die Kraft fand, sich Aedhas Blume zuzuwenden. Sie begann damit zärtlich über ihre Schenkel zu streicheln und auch ihr Mund liebkoste die weiche Haut der Frau, welcher sich Khorena freiwillig ausgeliefert hatte.

Ein wohliger Schauer ging durch Aedhas Körper, die die Priesterin immer dann belohnte, wenn ihre Berührungen der Lust der Eigeborenen förderlich waren. Dabei war es nicht nur das Spiel von Zunge und Lippen, dass dabei zum Einsatz kam, auch ihre zunehmend stoßweise kommende und von erregten Stöhnen begleitete Atmung trug ihren Teil dazu bei. Bis auch ihre Lust befriedigt war, würde sie Khorena keine Ruhe gewähren.

Die junge Frau tat ihr Bestes um ihre Grandin zufriedenzustellen. Nun massierte sie den Schmetterling Aedhas von innen während ihre Zunge ein wenig weiter glitt und ein anderes Refugium erforschte, kaum zwei Finger von ihm entfernt. Sie wusste nicht, ob Aedha dem Levthanischen zusprechen würde, doch sie selbst hatte es bisher immer aufregend empfunden. Ihre Zungenspitze spielte mit dem Eingang, machte ihn geschmeidiger, benetzte ihn mit Speichel, damit die Finger es einfacher haben würden.

In ihrem Leben hatte sie bereits viel Gelegenheit die verschiedensten Praktiken, gebend und nehmend, zu erkunden. Dabei war sie für vieles offen und hatte gemeinsam mit Ayla so ziemlich das gesamte Rahjasutra, sofern es ihnen möglich gewesen war, ausprobiert. Es war nicht der effektivste Weg um ihre Lust weiter anzufachen, dennoch belohnte sie Khorena für die ihr bereitete Erregung.

Als ihre Bemühungen nicht den erwünschten Erfolg erzielten, verlagerte Khorena sich mit ihren Anstrengungen vollkommen auf Aedhas Blume. Wieder stießen ihre Finger tief in die Tiefen Aedhas vor, während sie abwechselnd entweder an der kleinen Perle knabberte oder diese mit der Zunge umspielte.

Aufkeuchend genoss Aedha einen Augenblick lang das veränderte Vorgehen der jungen Priesterin. Aedhas Finger krallten sich in das hübsches Gesäß der Foldenau, bis sich die Eigeborene wieder ausreichend unter Kontrolle hatte und sie belohnte.

“Au!” Als sich die Nägel in ihr Fleisch bohrten versteifte sich die Priesterin und setzte sich auf. Sie mochte vieles, aber das gehörte nicht dazu. Verletzt starrte sie Aedha an.

Eine Welle der Lust hatte sie durchströmt. Die plötzlich versteifte Haltung der Priesterin, ließ die Eigeborene sich umdrehen und sanft über Khorenas Wange streichen, während sie ihr tief in die Augen sah. “Du hast dich eben sehr gut angefühlt…”, sagte Aedha lächelte die Jüngere begehrlich an.

Khorena küsste die Handfläche, welche gerade ihre Wange gestreichelt hatte und schmiegte sich hinein. Aufgrund des Kompliments Aedhas huschte ein glückliches Lächeln über ihr Gesicht. “Das mit dir ist ganz anders als alles was ich davor… erleben durfte. Doch Schmerz und Gewalt gefallen mir gar nicht.” Da Aedha ihr nun das Gesicht zugewandt hatte, nutzte Khorena den Augenblick und küsste die Ältere.

“Das entspricht auch nicht meiner Spielart, du hast mich mit deiner Berührung nur sehr angenehm überrascht …”, antwortete sie, nachdem sie den Kuss noch etwas länger genossen hatte. Derweil schob sie ihr Bein langsam an der Innenseite von Khorenas Schenkeln hinauf.

"Hmmmm, was machst du da?" Wollte die junge Frau mit einem genießerischen Lächeln wissen. Die Antwort wartete sie aber erst gar nicht ab. Ihr Blick war bereits auf die perfekten Brüste Aedhas gerichtet. Sie glitt näher an Aedha heran und begann diese zu liebkosen. Erst nur mit den Händen, dem folgten Küsse und schließlich knabberte und sog Khorena an den so wunderbar aufragenden Knospen der Eigeborenen.

Wohlig schnurrend biss sie sich auf die Unterlippe, genoss die Liebkosung und schob derweil ihr Bein weiter nach oben, bis sie ihren Oberschenkel sanft gegen den Schoß der Priesterin drückte. In langsamen, kreisenden Bewegungen verwöhnte Aedha sie erneut. “Ich war noch nicht fertig …”, flüsterte sie mit bebender Stimme.

Die Priesterin stöhnte lustvoll auf, während sie weiter von den beiden Rahjaäpfel naschte. Ihre rechte Hand wanderte über ihren Bauch hinunter in den Schoß Aedhas um da weiterzumachen, wo sie vorhin unterbrochen worden war. Khorenas Finger stießen erst langsam, dann schneller werdend vor. Dabei sah sie mit großen Augen zu Aedha auf, beobachtete deren Reaktionen und ging darauf ein.

Die Rothaarige genoss es weiche Lippen auf ihrer Haut zu spüren und stöhnte im Rhythmus, in dem sie verwöhnt wurde. Ihre Lust steigerte sich zusehends, während sie, Khorena sanft ins Haar greifend, dafür sorgte, dass sie dort berührt wurde, wo es ihrem Verlangen am besten gedient war. Dabei war sie derart erregt, dass es Khorena leicht fiel ihre zunehmende Lust zu spüren und dennoch hörte Aedha selbst nicht damit auf ihre Gespielin, durch Bewegung und variierenden Druck ihres Beines, zu befriedigen.
Ihren eigenen Höhepunkt hinauszögernd, genoss sie das Spiel, doch lang würde sie diese Selbstkontrolle nicht länger aufbringen können.

Nun, da sie Aedhas Schwachpunkte kannte, konzentrierte sich Khorena auf diese und trieb die Eigeborene immer weiter auf dem Pfad zu Rahjas Rausch. Auch sie selbst stand kurz davor, einen weiteren kleinen Tod zu sterben und dieser sollte im Einklang mit dem ihrer Geliebten geschehen.

Auch wenn sie sich selbst große Mühe gab, ihre eigene Lust noch zu steigern und sich dieser noch nicht in ihr zu ergehen, so ergab sie sich schließlich doch ihrem Verlangen und spürte wie sich ein wohliger Schauer langsam ihres gesamten Körpers bemächtigte. Allerdings schrie sie ihre Lust nicht laut heraus, sondern zog Khorenas Kopf in den Nacken und küsste sie leidenschaftlich.

Wo ihr erster Höhepunkt von beinahe brachialer Gewalt gewesen war, so war dieser zweite das genau Gegenteil davon und Khorena genoss ihn ebenso wie den ersten. Sie erwiderte den Kuss Aedhas ebenso leidenschaftlich wie sie und schmiegte sich dann eng an die Eigeborene. Sie war erschöpft und glücklich. Ein zufriedenes Lächeln lag auf ihrem Gesicht. Während sie ihren Kopf auf die Brust der anderen Frau legte.

Nachwehen ihrer Lust durchliefen noch immer ihren Körper, als sie so auf dem Fell lag und den warmen Atem der Priesterin auf ihrer Haut spürte. Sanft fuhr sie durch ihr Haar und streichelte sie, das gemeinsame Liebesspiel hatte ihr viel Freude bereitet und zumindest für die Foldenau ihren Ärger über die Störung des Ritualplatzes vertrieben.

Khorena sah, den Kopf immer noch auf der Brust liegend zu der anderen Frau auf und streichelte zärtlich deren Wange. “Das war wunderschön.” Und etwas, dass sie unbedingt nochmal wiederholen wollte. Ihr Lächeln wurde breiter, als ihr wieder einfiel, dass Aedha sie ja in Foldenau besuchen wollte um die Familie näher kennenzulernen.

***

Tsamitrius fühlte sich gut. Die Kraft der großen Mutter Tsatuara strömte durch seinen Körper, seine Lenden. Nackt und bereit zur nächsten Huldigung und Vereinigung schaute er sich nach der nächsten Tochter Tsatuaras um. Wem sehnte es nach Fruchtbarkeit, nach Taati Mulla?

Zu seiner Überraschung war es keine der menschlichen Töchter der großen Mutter, sondern die geheimnisvolle Elfe, die auf ihn zuzukommen schien. Wollte sie etwa zu ihm? Wenn das die Entscheidung der Elfe, der großen Mutter, war, so stellte sich Tsamitrius nicht gegen diese Entscheidung. Doch dieser Schritt musste auch von der Fremden ausgehen.

Llyilliala sah den erregten jungen Mann, der sich ihr erwartungsvoll zuwandte. Es war nicht so dass ihr fleischliche Gelüste fremd waren und er wäre auch nicht der erste Mensch gewesen mit dem sie ‘Rahja gehuldigt’ hätte, wie zwölfgöttergläubige Menschen das nannten. Auch wenn der Geschlechtsakt mit einem Menschen sich immer so seltsam leer anfühlte, ja, eben weil sie zwar dessen Gefühle dabei spüren konnte, aber nicht die Spiegelung ihrer eigenen Regungen, da die meisten Menschen kein mandra durchströmte und sie daher die Melodie der Welt nicht hören konnten, und damit auch nicht eins mit der Seele eines geliebten Partners werden konnten.
Aber dieser Ort, die Trommeln, die animalisch feiernden Goblins, die sie fast immer nur als Feinde getroffen hatte, die drückende Höhle, ihre ganze Situation, ließen keine sexuelle Erregung in ihr aufkommen. Eigentlich wollte sie, dass dieses Fest bald vorbei war, damit sie ihrer Suche weiter nachgehen konnte. Und damit sie wieder Herrin ihrer eigenen Situation war und nicht wie jetzt mit den aufgezwungenen Gegebenheiten zu kämpfen hatte. Und mit irgendwelchen Halbwilden, die sie unverständliche Laute ausstoßend durch die Höhle zerrten.
Also warf sie dem Mann nur einen abweisenden Blick zu und lief an ihm vorbei.

Der Blick, der Gang. Eine Nichtgläubige. Tsamitrius legte sich hin und genoss den Rausch. Sollte es noch jemand geben zur Vereinigung, werden die Töchter Tsatuaras kommen.

***

Aus dem Dunkel der Höhle, fern der Fackeln und Feuer, waren die schwarz glänzenden Augen einer ebenfalls schwarzen Gestalt auf die Szenerie um das steinerne Abbild der Mutter gerichtet. Die Verbrüderung zwischen den Menschen und den Goblins war gut, doch wichtiger noch für die Weltenläufte waren die Begegnungen zwischen all diesen Menschen, und auch die Elfe würde ihre Rolle noch zu spielen haben. Nichts geschah durch Zufall. Die Dinge gerieten in Bewegung. Es würde sich zeigen, ob sie sich zum Guten oder zum Bösen wenden würden.

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