Das Zeitalter der Rache


Ort: Stadt Senalosch, sowie Baronie Tandosch

Zeit: HES 1046 B.F., Nachspiel zum AAK2023

Inhalt: Oberst Dwarosch 'Korgrimm', Sohn des Dwalin, wird vom Baron von Tandosch zu einem ernsten Gespräch geladen.

Eine Briefspielgeschichte von RekkiThorkarson, und Tandosch.

Das Zeitalter der Rache


Senalosch im Hesinde des Jahres 1046 BF
Es war Herbst und inzwischen empfindlich kalt. Die Tage wurden beständig kürzer und die Stürme im Isenhag nahmen an Intensität zu. Jeden Tag rechneten Hochlandbewohner und Zwerge mit dem Einsetzen des Schneefalls, der hier an den Hängen des Eisenwaldes bedeutend länger anhielt als im Umland von Elenvina, oder dem Gratenfelsener Becken.
Mitte Hesinde erreichte den Oberst der Eisenwalder eine Botschaft, welche mit dem tandoscher Turm gesiegelt war. Es war Boringarth, sein Adjutant, der sie ihm persönlich in seine Amtsstube überbrachte und auf den fragenden Blick seines Oberst nur entgegnete, dass die Nachricht mit einem Eilboten eingetroffen war. Und so hatte der Sohn des Dwalin das Siegel gebrochen und den Inhalt der Botschaft gelesen:

Dwarosch, mein Freund. Wir müssen JETZT sprechen. Bier, Schnaps, Tabak und Gold für deinen Tempel warten auf dich.
Das Zeitalter der Rache hat begonnen.

Irian von Tandosch

Dwarosch las die Zeilen, die in Rogolan, den Runen der Angroschim, verfasst waren, noch ein zweites mal und stutzte bei der altertümlichen Rune, welche die Dringlichkeit unterstreichen sollte. Diese entsprach einer Angram Rune- einer uralten Entsprechung.
Sogleich sah er auf, da er begriffen hatte. Feuereifer und Tatendrang zeigten sich in seinen ansonsten pechschwarzen Augen.
“Borin”, sprach er im Befehlston. “Ein Halbbanner Gebirgsjäger- deine Wahl und Grimm. In einer Kerze voll ausgerüstet am Isenhager Tor.”
“Aber es ist bereits dunkel”, wollte Boringarth aufbegehren, doch Dwaroschs Faust hämmerte auf die Oberfläche seines Schreibtisches unter den Straßen der oberirdischen Teile von Senalosch, in den Gewölben alter Clanhallen, die auch den Tempel der Bestie der immerwährenden Dunkelheit beherbergten.
“Geh!”, war alles was der Oberst noch sagte, bevor er aufstand und losmarschierte. Er musste mit Borindarax sprechen und mit Topaxandrina. Sie mussten eine Weile auf Mirlaxa aufpassen, während er einen Freund besuchte.

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Tandosch im Hesinde des Jahres 1046 BF
Der Weg schlängelte sich entlang des Rodasch durch das Vorland der Ingrakuppen und gab schließlich den Blick auf die Stadt Tandosch frei. Zwei große Baustellen stachen den Zwergen in die Augen. Am Stadtrand war eine große Baustelle, auf der ein großes Chaos herrschte, obwohl dort Zwerge am Bau beteiligt waren. Die zweite große Baumaßnahme betraf den Kortempel. Hier war die Mauer aufgebrochen und der Grundriss neuer Gebäude war abgesteckt. Hoch über der Stadt prangte die Flagge mit tandoscher Wappen auf dem Turm, der den Eingang zur tandoscher Feste darstellte, als Zeichen, dass der Baron anwesend war. Mit ihrem Standartenträger an der Spitze, auf deren Banner der schwarze Zwergenschlägel auf silbernen Grund prangte, marschierten die siebenundzwanzig Angroschim auf die befestigte Straße, die hinauf zur Feste führte. Dwarosch selbst ließ sich das Horn reichen, um das Halbbanner Soldaten Ingerimms Hammer anzukündigen.
Die Zwerge trugen allesamt schwarze Lederrüstungen, die mit Nieten versehen waren. Darüber hatten sie gewachste Umhänge mit Kapuzen, der wechselhaften Witterung wegen. An Waffen trugen die Gebirgsgämse, wie sie mehr spöttisch von ihren schwer gerüsteten Kameraden genannt wurden, langstielige Einhand-Äxte, hinzu kamen kleinere, achteckige Schilde. Manchmal sah man auch ein hügelzwergisches Kurzschwert oder einen Senaloscher Sehnenschneider.
Andragrimm, oder Grimm, wie er vom Oberst schlicht gerufen wurde, trug hingegen die Rüstung, die für einen Angroschim üblich war, wenn er die heimatlichen Hallen verließ. Er hatte ebenso wie Dwarosch den gesamten Weg in Kettenhemd zurückgelegt. Der Sohn des Arborax trug einen schweren Zwergenschlägel auf dem Rücken, an seiner Seite hing ein Lindwurmschläger. Der Sohn des Dwalin hatte sein Rundschild auf dem Rücken und trug seinen Spieß über der Schulter.
Kurz bevor sie das Tor der Festung erreichten stoppten die Zwerge und der Oberst des Eisenwalder Garderegimentes trat neben den Standartenträger, um hinauf zu den Zinnen zu blicken. “Angrosch zum Gruße. Sag deinem Herrn, dass Dwarosch gekommen ist und dass wir Durst haben und hungrig sind. Wir haben uns beeilt”, rief er mit dröhnendem Bass hinauf. Kaum hatte der Oberst gesprochen, öffnete sich schon das Tor zum Turm, dem einzigen Wehr-Gebäude auf dem Plateau der Klippe, daneben standen noch Lagergebäude und Stallungen. Eine Wache schob das Tor auf und gab den Weg für den dahinter stehenden Haushofmeister frei. Dieser verneigte sich vor den Zwergen. “Im Namen des Hauses Tandosch begrüße ich euch. Eure Unterkunft ist bereitet, Gelegenheiten zum frisch machen nach dem eiligen Marsch stehen bereit und auf eure Männer warten Bier, Braten mit in Speck gebratenen Angroschämpfeln, Mocca, Chocolata und Pfeifenkraut. Und euch, Euer Gnaden, erwartet der Baron bereits in der Berghalle. Wenn ihr mir bitte folgen würdet.” Damit drehte sich der Haushofmeister um, trat durch das Tor zurück in den Turm, ergriff eine bereitstehende Laterne und schritt eine Treppe abwärts. Der Turm war über dem Eingang zu einem alten Zwergenstollen errichtet. Die ersten zwei Stockwerke waren Wehrstollen, geschaffen jeden Eindring zu zerschmettern. Es war bestenfalls zu erahnen, wo überall Fallen lauerten. Doch der gepflegte Zustand der Stollen ließ den Schluss zu, dass die Fallen mit Sicherheit ihr Werk vollbringen würden. Auf die Wehrstollen folgen die Wohnstollen. Die Einrichtung zeigte, dass hier Menschen lebten. Jedoch verrieten einzelne Details, dass ein Baumeister der Angroschim diesen Stollen hegte und pflegte. An einem Seitenarm des Stollen blieb der Haushofmeister vor einer Reihe offener Türen stehen und wandte sich wieder den Zwergen zu. “Eure Unterkünfte, fühlt euch wie zu Hause. Ein erstes Bier wartet in euren Kammern auf die trockenen Kehlen. Den Gang runter habt ihr die Möglichkeit euch frisch zu machen. Dort drüben,” der Haushofmeister deutete auf die andere Seite des Hauptstollens, “ist der Speisesaal.” Dann wandte er sich Dwarosch zu. “Ich warte hier, bis ihr soweit seid, dann bringe ich euch zum Baron.”
“Habt Dank guter Mann”, entgegnete der Oberst. “Ich bin in eine halben Wassermaß bereit, um mit euch zu gehen.” An seine Mannen gerichtet sagte er anschließend zackig: “Grimm, du hilfst mir, aus der Rüstung herauszukommen. Ihr anderen, lasst es euch gut gehen und ruht euch aus. Aber ich will keine Klagen hören. Trinkt nicht zu viel und benehmt euch.” Ein müdes: “jawohl” der Gebirgsjäger quittierte Dwarosch mit einem knappen Nicken, dann schritt er gefolgt von seinem Primus in eine der Kammern um abzulegen.
Es war noch etwas vor der vom Oberst angekündigten Zeit, dass er wieder vor den Haushofmeister trat. Der enorm massige Angroscho mit den bärenartigen Schultern trug nur eine einfache, dunkle Leinenhose, seine gesäuberten Stiefel und ein einfaches, helles Leinenhemd, welches seinen Stiernacken betonte. Das pechschwarze Haar war noch feucht vom Wasser und in dem zu einem dicken Zopf geflochtenen Bart, in dem es auch einen grauen Anteil gab, konnte man noch einzelne Tropfen erkennen.
“Ich wäre dann soweit”, tat der Oberst kund, als er zu dem Haushofmeister trat und den Bediensteten des Barons mit seinen verstörend schwarzen Augen ansah. Der Haushofmeister nickte, drehte sich um und führte den Zwerg tiefer in den Stollen. Schließlich blieb er vor einer prächtigen zweiflügeligen Tür stehen, und deutete Dwarosch in die Berghalle einzutreten. An den Wänden wechselten sich Waffen mit Flaggen und Beutewaffen. Im Kamin flackerte fröhlich ein Feuer, über dem Kamin prangte eine blutverschmierte, orkische Kriegsstandarte. Doch die Fröhlichkeit mochte nicht auf die Anwesenden überspringen. An der Tafel saßen der tandoscher Baron, seine Töchter, sowie Radomir und Assara.
Dwarosch war irritiert und hielt kurz inne, um die steife Szenerie auf sich wirken zu lassen. Normalerweise würde er hier freudig begrüßt werden, allen voran von seinem Blutsbruder, dem korgeweihten Vetter des Barons. Etwas Schlimmes musste geschehen, die Lage äußerst ernst und bedrohlich sein.
Mit steinerner Miene deutete Irian auf den freien Platz an der Tafel, vor dem bereits ein gefüllter Bierkrug stand. Während Dwarosch Platz nahm, erhob sich die jüngste Tochter des Baron, schloss die Tür, legte den schweren Balken vor und setzte sich ebenfalls wieder. Irian schaute von seinem Bierkrug auf. “Bei dem, was ich dir erzählen werde, wird dir vermutlich der Hunger vergehen. Greif zu, solange du noch kannst.” Damit deutete Irian auf die Speisen in der Mitte der Tafel, kleine belegte Weißbrotscheiben, Käsewürfel und Weintrauben.
Der Oberst, der sich gesetzt hatte, während der Baron sprach, nahm einen kräftigen Schluck vom Bier, das an seinem Platz stand. Seine Irritation, ob der Tatsache, dass er nicht einmal begrüßt wurde, ließ er sich nur kurz anmerken. Dann begann Irian von Tandosch auch schon wieder zu sprechen: “Bereits bei meinem Schreiben bin ich davon ausgegangen, dass du über Alles schweigen bewahren wirst, was wir hier besprechen. Der Teil der mittelreichischen Delegation in Omlad ist durch einen Praiosschwur zum Schweigen verpflichtet, daneben wissen es nur noch Kaiserin, Herzog, Horas und wenige Eingeweihte die bereits den Kampf unterstützen.”
“Hochgeboren”, nickte Dwarosch einmal in Richtung des Barons, dann mit einem warmherzigen “Bruder” in die Radomirs, bevor er sich wieder Irian zuwandte und den Gesprächsfaden aufnahm. “Ich werde keinen Schwur vor eurem Götterfürsten leisten. Aber ihr wisst, dass ich Verschwiegenheit wahren werde. Frei heraus, warum bin ich hier?” “Bruder, Du weißt, dass in unseren Hallen der Empfang sonst wärmer ist. Und nichts hätte mich mehr gefreut, als Dir unter angenehmeren Umständen zu berichten. Doch sind Dinge geschehen, die uns Sorgen machen. Fiona und ich waren auf Wallfahrt, so wie wir beide es besprochen haben. Und im Tempel zu Kunchom, der Halle des Kodex, hatte ich eine Vision.”, begann Radomir. Er lehnte sich mit den Unterarmen auf den Tisch und drehte seinen Humpen in den Händen.
“Ich kämpfte ein Duell mit einem jüngeren Bruder. Bei diesem Kampf sah ich Dinge, die ich mir nicht erklären konnte.
Die Zeit stand für mich still. Alle um mich herum erstarrten in ihren Bewegungen. Ich fühlte mich, als würde ich schweben. Unter mir sah ich die Kohm. Sah riesige Spinnen und Ameisen, an die drei Schritt groß, die sich untereinander bekriegten und dabei Menschen und Kamele in große Löcher, wie ich jetzt weiß ihre Behausungen, zerrten. Sie zerstörten Oasen und aus anderen Löchern in der Wüste kamen unaufhörlich neue Spinnen.
Dann änderte sich das Bild. Ich sah Almada unter mir. Sah die Ameisen ganze Wälder brechen, um Nester zu bauen. Sah sie Städte überrennen, Tempel zerstören, Menschen töten und in ihre riesigen Nester bringen.
Noch einmal änderte sich die Szene und ich stand hier. Auf der Geschützplattform des Turmes der Binge. Es sah aus wie Tobrien in seinen dunkelsten Zeiten. Der große Fluss war vertrocknet und überall lagen Leichen der tandoscher Bauern, Soldaten und Söldner. Alles war geschliffen. Kein Haus stand mehr und am Horizont breitete sich die Wüste aus. Sie kam bis an die Füße der Binge und bedeckte alles mit heißem Sand. Mit der Wüste kamen Sandstürme. Und aus den Windhosen kamen die Spinnen. Sie krochen an den Mauern des Turmes hoch zu mir. Ich kämpfe, um die Binge zu verteidigen. Dann war es vorbei. So plötzlich wie es angefangen hatte, war ich wieder in der Halle des Kodex. Vor mir im heiligen Sand lag der junge Bruder. Sein Schädel war von meinem Spieß zertrümmert und sein Blut färbte den Sand.”
“Für uns umstehende war es nicht länger als vielleicht zwei Lidschläge.”, ergänzte Fiona. “Der Waffenmeister holte mit dem Kor-Spieß aus. Der Junge riß zwar seinen Speer zur Parade über den Kopf, doch es war ein Kurzspieß. Die schwere Waffe Radomirs zerschlug sie ohnen nennenswerten Widerstand und drang mit zwei Blättern tief in den Kopf ein.” “Und ich habe es nicht mal gemerkt. Zu gefangen war ich in den Bildern die ich gesehen hatte.” Radomir schob Dwarosch einen kleinen Becher mit Brannt hin. Dann hob er seinen und leerte ihn. Der Oberst indes, dessen Miene mehr und mehr Unverständnis gezeigt hatte über den Inhalt der Erzählung seines Blutsbruders, nahm den Becher und leerte ihn in einem Zug. Danach wandte er seinen Blick langsam von Radomir zu Irian und wieder zurück, währenddessen er versuchte zu verstehen.
“Wollt ihr mir etwa ernsthaft erzählen”, begann Dwarosch mit bedrohlich ruhiger Stimme, die im Weiteren stetig an Grollen und Volumen gewann, “dass das vielbeinige Ungetier, welches eigentlich auf dem Bannland im Meer verrotten sollte, in der Khom aufgetaucht ist?”
Der Oberst war aufgebracht und schüttelte ungläubig den Kopf. Er schnaubte unwillig. “Kann der Gehalt dieser Vision irgendwie, von irgendjemanden durch greifbare Tatsachen in den Bereich des Möglichen gebracht werden? Was ist da unten, hinter der Grenze des Reiches der Drax geschehen?”, forderte Dwarosch zu wissen.
“Ja, das wollen wir. Es zerreißt mir das Herz, einen Freund nicht angemessen zu begrüßen, aber mir ist nicht nach Fröhlichkeiten.” Irian nahm einen tiefen Schluck. “Die Prophetin Rhastullas hatte mich in die Oase Khabira eingeladen. Der Ort, an dem der Wüstengott sich erneut den Novadi offenbart hat und sein Volk auf genau diesen Kampf eingestimmt hat. Bei der Offenbarung ist die Oase entstanden und stellt nun das Zentrum des Kampfes gegen die Vielbeinigen dar. Ich war dort und habe es mir angesehen. Und hier ist der Beweis, nach dem du fragst.” Damit legte Irian ein handtellergroßes schwarzes Objekt mit glitzernden Spuren auf den Tisch und schob es zu Dwarosch. “Ein Stück eines Rückenpanzers von einem der Größeren.”
Die Augen des Oberst weiteten sich, als er des Objektes ansichtig wurde, dass der Baron ihm präsentierte. Langsam, fast bedächtig griff er nach dem Stück, das den Beweis der Schilderungen der beiden Tandoscher darstellen sollte.
Dwarosch wog es in der Hand, kratzte mit einem Fingernagel dran, biss darauf, spuckte auf die schwarz- glänzende Oberfläche, wischte mit dem Daunen drüber und roch daran. “Chitin, unverkennbar”, sprach der Oberst schließlich und seufzte. Er warf das Stück angewidert auf die Mitte des Tisches und trank einen Schluck Bier, um den üblen Geschmack loszuwerden. Dann sprach er weiter, seine Stimme grollte durch den Saal: “Was wollt ihr, dass ich tue?”
“Nicht ihr, wir alle. Zuerst einmal glauben die Novai, ihr Gott hat ihnen diese Aufgabe zugewiesen, es ist ihr Zeitalter der Rache. Aber sie sind schlecht darauf vorbereitet. Wenn wir wollen dass die Vielbeinigen die Wüste nicht verlassen, müssen wir den Novadi helfen. Sie müssen Grabenkampf, Tunnelkampf und Belagerung lernen. Ich habe bereits 5 Sappeure der Angroschim auf den Weg geschickt. Besorg zwei Geschützbauer und einen Geschützmeister, die bereit sind in die Wüste zu gehen. Die Kosten übernehme ich. Und ich brauche eine Liste mit Baumaterial für Geschütze. Sie werden nicht kämpfen, sondern sich auf Bauen und Unterrichten beschränken.” Irian schluckte schwer. “Außerdem müssen wir vorbereitet sein, falls es den Novadi nicht gelingt, den Schrecken in der Wüste zu halten.” Dwarosch wog den Kopf hin und her und rümpfte die Nase. “Ich werde mit dem Rogmarog unter vier Augen sprechen müssen.” Er seufzte. “Das wird nicht einfach werden. Ich bin das Schwarze Schaf des Clans- der Familie, so wie ihr es ausdrücken würdet. Orkelndreck. Aber wenn eure Kaiserin dies gutheißt, wird Fargol damit einverstanden sein. Das ehrwürdige Väterchen mag mich nicht sonderlich, aber er weiß, dass ich immer offen und ehrlich ihm gegenüber war. Er wird auf mein Wort, dass seine Lehnsherrin dieses Vorgehen begrüßen würde, vertrauen, ebenso wie ich dir vertraue Irian.
Das aber wird es nicht billiger machen.” Der Oberst zuckte mit den massigen Schultern. “Die drei Fachleute werden euch viel Gold kosten. Niemand zieht so weit in den Süden, wenn er bei klarem Verstand ist. Aber sei unbesorgt, ich werde die Fachleute auftreiben, die du benötigst. Und ich wette, dass ich auch ein, zwei ‘Freiwillige’ finde, die mit an den Rand der Wüste ziehen werden”, sprach der Oberst in fast schon verschwörerischen Ton. Er hatte offenbar Feuer gefangen für dieses Unterfangen. “Grimm, mein Primus ist sehr abenteuerlustig, ganz so wie ich in jungen Jahren.” Er grinste wölfisch, dann jedoch kehrte der Oberst rasch zu einem nüchtern berechnenden Ton zurück.
“Nur damit wir uns richtig verstehen. Wir sprechen von Torsionsgeschützen, nicht von Katapulten, richtig? Das Wissen um den Bau von Letzteren ist geheim und wohl behütet. Aber nun ja, die könnten ohnehin nicht durch die Wüste transportiert werden. Und wenn sie als transportable Geschütze gebaut werden würden, könnte das Wüstenvolk sie niemals in adäquater Zeit zusammenbauen beziehungsweise abbrechen, wenn das erforderlich ist.”
“So viele Fragen auf einmal, ich versuche es der Reihe nach.” Irian schüttelt kurz den Kopf. “Die Zeit für Billig ist vorbei. Mir ist klar geworden, warum Phex mich in den letzten Jahren dermaßen mit seinem Wohlwollen bedacht hat. Ich werde auch nicht über die Kosten feilschen, aber ich erwarte von einem Freund, dass die Preise angemessen sind. Zur nächsten Frage: Nein, wir benötigen Katapulte. Es muss nicht die Technik der Angroschim sein, menschliche Technik ist ausreichend. Stattdessen müssen sie robust, zerlegbar und auf Kamelen transportierbar sein. Die Vielbeinigen errichten Stützpunkte in der Wüste, die sie mit Sand und Staub in der Luft schützen. Niemand hat so ein Ding lebend verlassen können. Wüstennebel nennen es die Novadi. Diese müssen mit Steinen und Brandbomben aus der Ferne vernichtet werden.” Der Oberst stutzte bei der letzten Antwort des Tandoschers. Er stieß hörbar die Luft aus.
“Dir ist bewusst, wie viele Menschen und Zugtiere man braucht, um ein einzelnes Geschütz zu transportieren? In der Wüste ist der Aufwand noch größer, auch durch den erhöhten Wasserbedarf durch die Last.” Er rümpfte zweifelnd die Nase, sprach dann aber: “Ein weiterer Punkt, den ich mit dem Rogmarog besprechen muss.”
“Ja, das ist mir bewusst. Deswegen benötigen wir auch wirkliche Experten im Geschützbau, die vor Ort auf die Bedingungen in der Wüste eingehen können. Und bevor du fragst, ja. Ich weiß dass dies die Kosten weiter treiben wird.”
“Gut.” Dwarosch nickte. “Kommen wir zu dem anderen Punkt, den du angesprochen hast. Ihr alle wisst, dass ich die Verteidigung der Kernlande meiner Rasse als meinen Lebenszweck begreife. Was geht dir im Kopf herum Irian, wenn du an ‘vorbereitet sein’ denkst?”
“Vorbereitet sein bedeutet Wissen sammeln, um den Kampf gegen dieses Gezücht.”, antwortete Radomir mit Zorn in der Stimme. “Vorbereitet sein bedeutet zu wissen, mit welchen Waffen sie zu bekämpfen sind. Welche Schwächen sie haben. Und ich hoffe, dass sie welche haben. Bruder, du kannst Dir vorstellen, wie ich mich nach der Vision fühlte. Und wie es in mir aussah, als Irian es bestätigt hat. Vorbereitet sein bedeutet auch, dass wir die Tandoscher Dukatengarde auf einhundert Mann aufstocken. Du hast die Baustelle am Tempel gesehen. Wir werden zwei Kampfgruppen zu fünfundvierzig Mann bilden, denen Assara und Fiona als Hauptfrauen vorstehen. Zehn Mann werden als Schutzgarde für Iriana und andere Magier ausgebildet.
Und es bedeutet für mich, und ich denke, da spreche ich auch für alle anderen Anwesenden, dass wir, deine Eisenwalder und meine Flammen, wenn die Aufrüstung der Garde abgeschlossen ist, ein gemeinsames Manöver durchführen sollten. Wenn der schlimmste Fall eintritt, sollten wir miteinander agieren und kämpfen können. Unsere Truppen müssen sich kennen und vertrauen. Wenn Du uns rufst, werden wir diesem Ruf folgen, um an Deiner Seite zu stehen.
Das Söldnerregiment Kors Flamme wird mit den Eisenwaldern Seite an Seite stehen.
Dwarosch brauchte einen Moment, um das Gehörte zu verarbeiten, dann nickte er grimmig.
“Gut”, brummte er, konnte sich einen Kommentar aber nicht verkneifen: “Einhundert Söldlinge sind eine stolze Zahl für die Streitmacht eines einfachen Barons, aber du bist eben auch kein gewöhnlicher Lehnsherr und schon gar kein einfacher Mann.” Der bullige Zwerg lachte und legte den Kopf schief. “Eigentlich gibt es im Isenhag ohnehin nur… Individualisten.” Der Oberst lachte abermals kurz über seine eigene Wortwahl auf, dann wurde er wieder ernst.
“Meine Soldaten haben mit den Tunneljägern des Rogmarog die letzten Jahre Teile von Isnatoschs Tunnelnetz wiedererschlossen. Gerade auf den langen Strecken bis Makamesch und Tollshidur gab es vielerlei Ungeziefer zu beseitigen. Die Meinigen sind also in Übung, könnte man sagen.”
Nochmals ließ der Oberst eine Pause entstehen, in der er über das weitere, mögliche Vorgehen nachsann. Sein Blick schweifte einmal über die Gesichter der Versammelten.
“Ich schlage vor, ich entsende dir ein Banner meiner Sappeure”, setzte er dann wieder energisch und entschlossen an. “Sie können hier Übungstunnel anlegen. Wenn das geschehen ist, werden wir ein Manöver abhalten und eure Söldner instruieren, wie sie am effektivsten gegen die Vielbeinigen vorgehen.
Wichtig ist Gruppen zu bilden, die sich aufeinander einstimmen: Lange Stangenwaffen, um die Viecher zu fixieren, Äxte um ihre Beine abzuhacken und dann Kriegshacken, die ihre Panzer aufbrechen. Wir kombinieren dies mit Schlägeln, die auf die stumpfe Seite der Hacken hauen, um sie tief in das weiche Fleisch der Biester zu treiben.” Ernst blickte Dwarosch zu seinem Blutbruder. Er wusste, dass dieser verstand, wie die Taktik der Zwerge aussah. Radomir konnte im Geiste sehen, wie die Angroschim in ihren Kettenrüstungen auf engstem Raum ihre Positionen wie ein Mann wechselten, um ihren Gegnern zu Leibe zu rücken.
“Darüber hinaus würde ich gerne einen Blick auf deine Verteidigungsanlagen und die Pläne für den Ausbau der Kasernen werfen”, sprach der Oberst dann wieder an Irian gewandt. Er zuckte leicht mit den massigen Schultern. “Vielleicht finde ich noch etwas, was man verbessern könnte, um die Wehrhaftigkeit zu erhöhen. Kann meiner Meinung nach nicht schaden.”
“Ich bezweifle, dass du noch essentielle Verbesserungen findest. Mein Baumeister - Grobosch, Sohn des Ibarasch - ist ein Meister seines Faches. Und er hat noch zu Zeiten meiner Mutter begonnen, diese Feste wieder in einen würdigen Zustand zu versetzen. Er wird dir morgen die Pläne zeigen. Wenn unsere Leute gemeinsam kämpfen können, wird uns das einem Sieg näher bringen. Dazu solltet ihr die Fallen mit Feuer ausstatten, das mögen die Viecher so wenig wie Tageslicht. Leider wirken die meisten magischen Metalle und verzauberten Klingen nicht. Aber die Novadi können aus Bernstein eine Paste erzeugen, mit der sich Waffen überziehen lassen, diese sind dann recht wirksam. Ich werde noch einmal in die Khom reisen und die Rezeptur beschaffen. Angeblich soll auch Mondsilber wirken. Und die nächste Waffe ist die Tsakirche. Sie sind die Einzigen, die ein Heilmittel mit dem Segen ihrer Göttin herstellen können. Das Rezept hab ich schon. Und ein Tsatempel ist hier auch im Bau. Aber frag nicht, die treiben mich in den Wahnsinn mit ihren dauernd neuen Plänen.”
Der Oberst schnaubte. “Das kann ich mir vorstellen”, kommentierte er lakonisch die letzte Bemerkung des Barons. Dann zuckten seine Augen kurz hin und her. “Mondsilber wird vorrangig im Koschmassiv angebaut”, offenbarte Dwarosch seine Gedanken zu des Tandoschers Ausführungen. Hierzu hatte er etwas beizutragen.
“Mein alter Freund Tharnax Orkfresser, der Bergvogt von Ârxozim, sitzt auf den größten Toschkrill- Minen des westlichen Kontinents. Mondsilber wird er aber sicher innerhalb von Domron Okosch- der schwarzen Zuflucht auch erhandeln und beschaffen können. Ich kann gerne einen Kontakt herstellen, wenn du dies wünscht. Darüber hinaus gibt es kein Metall- kein Metall, was mein Freund Borindarax, der Vogt von Nilsitz, nicht verhütten und in Form gießen kann.”
Zum ersten Mal in diesem Gespräch huschte so etwas wie ein Lächeln über Irians Gesicht. Doch ehe er etwas sagen konnte, ergriff seine jüngste Tochter das Wort. “Das klingt gut, jede Unterstützung hilft. Aber denk bitte daran, den Mantel des Schweigens nicht zu lüften. Wir müssen verhindern, dass klein Alrik Held spielen will, sich Nachwuchs der Vielbeinigen im Gedärm einfängt und das mit zurückbringt. Damit könnten hier neue Nester wachsen.”
Dwaroschs Kopf ruckte irritiert zu Iriane hinüber. “Was genau soll das jetzt wieder heißen?”, fragte er mit zusammengezogenen Augenbrauen und knurrendem Unterton. “Was muss ich noch wissen?” Einen Moment suchte Iriane nach den passenden Worten. “Nun, die Vielbeinigen können sich vermehren. Dafür packen sie ihre Brut in lebende Wesen, die sie in ihren Höhlen aufhängen. Die Brut wächst und frisst diesen Wirt von innen auf, um sich dann nach außen durch zu fressen. Doch manchmal infizieren sie auch Menschen im Kampf, ohne diese dann zu fangen. Möglicherweise ein Weg für sie, neue Nester zu gründen.” Der Zorn auf der Miene des Oberst schwand. Dwarosch hatte augenblicklich erfasst, was die Worte des Barons bedeuteten. Er schloss für einen Moment lang die Augen und atmete durch. Dann sagte er: “Also meintest du mit ‘Gegenmittel’ keines, was gegen Gift wirkt, sondern gegen diesen… Parasitenbefall?”
Jetzt war es wieder an Irian, zu antworten. “Genau, der Befall eines Menschen kann nur durch ein Mittel geheilt werden. Vielleicht können wir es dann auch hier herstellen lassen. Und du baust bitte die Stollen weiter aus. Wenn wir schon unter Tage warten, können wir den Dingern auflauern, wenn sie herkommen.”
Der Oberst nickte langsam. “Wir sollten den Gebirgsbock einweihen. Er kann die Geoden des Isenhag ausschau halten lassen und alles an Kräutern beschaffen, was nötig sein könnte für das Gegenmittel. Und das andere.” Dwaorschs Miene nahm einen fragenden Ausdruck an. “Meinst du die Stollen von Tandosch?” Er schnaubte abermals. “Die von Isnatosch kannst du jedenfalls nicht meinen. Meine Brüder und Schwestern können unter Tage bis in den Phecanowald und den Amboß reisen. Da unten ist so viel Platz, dass wir ihn uns nicht teilen müssen. Und Senalosch kann alle oberirdisch lebenden Angroschim fassen. Die Großlinge finden in den alten Clanhallen um den Tempel der Bestie der immerwährenden Dunkelheit Platz.”
“Ich meine alle. Und sie müssen mit Fallen und Sperren ausgerüstet werden damit sich die Brut dort nicht weiter ausbreiten kann, wenn sie es schafft, in einen der Stollen einzudringen. Und wir Großlinge” Irian musste bei dieser Übersetzung aus dem Rogolan grinsen, “werden auch oberirdisch Festungen schaffen. Dazu haben wir begonnen, uns vorzubereiten und unsere Truppe zu verstärken.” Dwarosch nickte mit versteinerter Miene. Wenn der Baron die Wahrheit sprach und daran hatte er keinen Zweifel, er zählte diesen Mann, sowie auch seine Tochter und allen voran Radomir zu seinen Freunden, dann wusste er, dass er recht hatte.
“Ich werde an den Stellschrauben drehen, an die ich heranreiche. Darauf hast du mein Wort. Wir werden die Fallen kontrollieren, instandsetzen und die Sicherungsmaßnahmen ausweiten. Und wir werden die Übungen intensivieren und hierher ‘ausweiten’.
Wie bleiben wir in Kontakt? Auf jeden Fall werden wir die existierenden Warnketten erweitern müssen. Die Berghörner werden neue Tonfolgen mit vorgeschobenen Bezeichnungen erhalten. Ich lasse sie dir zukommen. Sorge dafür, dass die Kette bis zu dir durchkommt. Jeder kontrolliert die Funktionsweise auf seiner Seite des Großen Flusses. Ich werde Borindarax dazu veranlassen, einen Testlauf vom Praios bis zum Firun des Isenhag zu starten.”
“Wir werden auf das Signal antworten. Und ich befürchte, uns fallen noch viele Dinge ein, die wir beachten müssen. Doch hoffe ich, dass wir für den Anfang eine gute Ausgangsbasis geschaffen haben. "So lange wie ich in der Wüste war, bekomme ich immer Durst, wenn ich über die Ereignisse dort spreche. Ich hab hier einen Gewürzwein aus eigener Ernte. Und falls er dir nicht schmecken sollte, gibt es natürlich auch Bier."
“Dann lass ihn mich deinen Wein probieren”, entgegnete der Oberst. “Bei dem was wir besprochen haben, hoffe ich aber, du hast auch etwas Stärkeres zu bieten. Diese Nachrichten muss ich erst einmal verdauen”

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