Tiergefährten - Kapitel 1

Ein tierischer Morgen

Kapitel 1 der Briefspielgeschichte "Tiergefährten"

15. Travia 1043 BF, Herzogenfurt, im Lilienpark in der Frühe

Mafaldo

Wie jeden Morgen machte Mafaldo eine, manchmal auch zwei Runden über das Städtchen Herzogenfurt und schaute nach dem Rechten. Nach einer kurzen begrüßen durch seiner Seelengefährtin Alrike, ließen sich die beiden die Zeit sich um die Neuigkeiten des Tages zu kümmern. Bei dem Lilienpark blieb er immer etwas länger, den seine Bewohner waren von besonderer Art und es gab immer viel zum Austauschen. Doch dieser Tage war viel los. Ein für die Menschen besonderes Ereignis hatte einzug erhalten und auch der Park hatte mehr Besucher als sonst. Der Kolkrabe, Vertrauter der Hexe Alrike, breitet seine prächtigen, blauschwarz glänzenden Schwingen aus und setzte zur Landung an. Sein Ziel war eine der alten Weiden, die direkt am Teich bei der Statue der Lilienprinzessin standen. Er wußte, je mehr Menschen in den Park kamen, desto neugieriger wurden die ansässigen Feen, dessen Tor zu ihrer Welt zwischen diesen Bäumen verborgen lag. Die menschlichen Hüter dieses gelang es normalerweise die Feenweltbewohner fern zu halten, doch dieser Tage waren auch die ´vom Lilienhain´ mit der Überflut an Gästen beschäftigt. Und so lag es an ihm, ein weiteres Auge darauf zu haben, dass keine weiteren ´unerwünschten´ Gäste erschienen.

Tharga

Streunende Hunde gab es in den Städten und Dörfern des Herzogtums zuhauf - meist Promenadenmischungen, magere und halb verhungerte Herumtreiber, die von Gassenjungen mit einem Steinwurf vertrieben wurden. Allerdings waren die wenigsten dieser “Streuner” kräftige und groß gewachsene, reinrassige Wehrheimer Bluthunde. Tharga war noch nicht ausgewachsen, schickte sich jedoch an mit ihren zweidrittel Schritt Schulterhöhe ein sehr prächtiges Exemplar ihrer Gattung zu werden. Lange Beine, ein muskulös-eleganter Rumpf und eine lange, mit beeindruckenden Reißzähnen bewehrte Schnauze nötigte den Passanten Respekt ab. Einige - vor allem solche, die bereits schlechte Erfahrungen mit Caniden gemacht hatten, reagierten gar verschreckt. So war es nicht das Tier, das den Menschen auf den Straßen auswich, sondern es verhielt sich anders herum. Auch die Gassenjungen überlegten es sich zweimal, bevor sie ihre Schleudern auf den schwarzbraun gescheckten Hund richteten.
Die Hündin - Tharga - bekam nichts davon mit, wie die Menschen auf sie reagierten. Es hätte ihr auch viel abgefordert, die Angst der Menschen gänzlich zu verstehen, denn im Grunde war sie ein aufgewecktes, freundliches Tier, überaus neugierig, gutmütig und leicht zu umgarnen. Nur wenn man sie über Gebühr reizte, zeigte sich das bedrohliche Äußere als Repräsentation des inneren Gemütszustands.
Heute morgen hatte ihre Herrin wieder mal keine Zeit für Tharga gehabt. Es war gestern spät geworden (für die Herrin, denn die Hündin war im Zimmer des Gasthofs geblieben), weswegen weder die Herrin selbst, noch deren Gefolge rechte Lust gezeigt hatten, das Tier zu einem Morgenspaziergang zu begleiten. Also hatte sich Tharga alleine auf den Weg gemacht. Das war übrigens etwas, das sie öfter tat, und da sie zuverlässig wieder zurückkam, ohne größeren Schaden anzurichten, hatte die Dienerschaft sich nicht in Anstrengungen erschöpft, den ausgeklügelten Ausbruchsplänen des Tieres ernsthafte Opposition entgegenzubringen.
Gerade verfolgte Tharga eine ÄUSSERST interessante Spur. Ein exquisiter Geruch, der sie in ihren Bann geschlagen hatte und schnurstracks zu einer Parkanlage führte, welche die Hündin schon für sich entdeckt hatte, besonders wegen der schönen Blumen, die so schön rochen und so scheußlich schmeckten. Kaum befand sich die Hündin auf dem Parkgelände, als ihre Spur von der Vielfalt an Gerüchen aus den Blumenbeeten verwischt wurde. Verwirrt sah sich die Hündin um. Da es sie hinter dem Ohr juckte, nahm sie die Situation zum Anlass, sich auf die Hinterläufe zu setzen und mit einem der Hinterläufe ausgiebig zu kratzen.

Rotlöckchen III

Von einem nahen Baum beobachteten acht schwarze Augen den Hund, der die Blumen umgrub. Was genau der Arachnide hier sollte, erschloss sich ihm nicht. Was jedoch in seinem kleinen Körper nachhallte, war die Gefühlswelt seiner Gefährtin. Frenya würde es nie zeigen - ihre Maske war kalt und ausdruckslos wie das einer Spinne - doch der Ort hier wühlte sie auf. Es war eine seltsame Mischung aus Hass und Neugier gewesen, die sie hierher trieb und in ihren Gedanken zeigten sich immer wieder dieselben Bilder: Eine Frau … rotblondes Haar, die ertrank … eine Katze mit gebrochenem Genick … das Ende einer Familie - einer Schwesternschaft. Und SIE - seine Gefährtin - als Todesbotin. Rotlöckchen war ein noch junges Exemplar seiner Spezies und Frenya hatte ihn früh erwählt und ihn an sich gebunden. Sie war mächtig, das konnte er fühlen, doch wirkte sie die letzte Zeit auch etwas fahrig - vor allem seit sie diesen Ort hier betraten haben. Die Handteller große Vogelspinne bewegte sich den Ast entlang. Hier musste es doch etwas interessanteres geben, als diesen Vierbeiner ...

Aslan

Es war nicht das erste Mal gewesen, dass Aslan diesen Garten betrat. Schon früher am Tag war er mit Alina, seiner Gefährtin, hier gewesen und hatte zwei Zweibeiner beobachtet. Was genau sie sich daraus erhoffte, wurde dem stolzen Wildkater nicht klar, weshalb er sich dann auch bald zurückzog und ein Eichhörnchen fing. Eine Jagd, die ihm nicht wirklich viel Freude bereitete - zu schnell war sie vorbei, zu wenig Widerstand leistete das Opfer und auch das daraufhin folgende, grausame Spiel wurde durch das viel zu schnelle Ableben der Beute abrupt beendet. Es war ein seltsamer Ort, er konnte die besondere Aura fühlen - fast so wie im Wald mit den großen blauen Bäumen, in den Alina ihn oft mitnahm. Aslan legte sich in eines der Beete und begann sich zu putzen. Er war ein hübscher Kater, von etwa 1 Schritt Länge (inkl. Schweif) und 12 Stein Gewicht. Sein Fell war grau-braun getigert und seine Augen funkelten in einer Mischung aus gelb und grün. Vielleicht würde er hier auf lohnende Beute stoßen, während seine Gefährtin in dem großen Menschenbau bei den anderen Zweibeinern war? Ja, er hatte ihr schon lange nichts mehr mitgebracht. Vielleicht fand sich hier ein Fasan - das würde Alina bestimmt schmecken - oder eine Gans?

Relindis

Das durfte doch nicht wahr sein! Jetzt fing auch ihr Herz schon an zu pochen! Relindis, die sich gerade von ihrer frühmorgendlichen Visite beim Zelt ihrer Familie zurück auf dem Weg zum Tempel der gütigen Mutter befand, in dem sie auch selbst nächtigte, musste über sich selbst lächeln. Irgendwie war es ihrem Bruder Nivard doch tatsächlich gelungen, sie mit seiner Aufregung anzustecken. Zunächst war ihr nur ganz warm ums Herz geworden, als sie ihn, den inzwischen gestandenen und im letzten Jahr durchaus durch die Welt gekommenen Krieger - was er ihr gestern Abend nicht so alles, teils spannendes, teils auch beunruhigendes erzählt hatte! - so hippelig und aufgewühlt auf die heute bevorstehende Zeremonie zuwarten sah. Und jetzt sie selbst!?
Sie hatte beschlossen, sich bis zur Zeremonie zu ihrer Schwester im Glauben und baldigen Schwägerin zu gesellen. Ob es Elvrun wohl genauso ging wie dem Bräutigam?
Im Tempel hatte sie bereits am Ankunftstag und vor allem gestern ausgiebig Gelegenheit, die zukünftige Gemahlin ihres Bruders kennen und lieben zu lernen. Sie war ganz entzückt, welch eine Seele von Mensch Nivard für sich auserkoren hatte, und war sich von ganzem Herzen sicher, dass Travias Segen auf den beiden ruhte.
Warum war sie dann selbst auf einmal so unruhig, heute morgen?
Jetzt wäre sie doch beinahe sogar noch auf den Tempelstufen hingefallen - zur Feier des Tages hatte sie nicht nur ihr dunkelblondes langes Haar bis auf zwei hinter ihrem Haupt mit orangenen Bändern zusammengeflochtene und mit Lindenbättern geschmückte Schläfenzöpfe offen gelassen, sondern auch bereits ihr festlicheres Ornat angelegt, das jedoch deutlich unpraktischer geschnitten war, als ihre zwar ebenfalls in orange gehaltene, aber dem Anlass nicht gerecht werdende Reisegewandung. Jedenfalls dann, wenn man zwei Stufen auf einmal zu nehmen versuchte. Relindis zwang sich dazu, kurz innezuhalten und sich zu straffen. Dann ging sie bewusst langsam die letzten Schritte in den Gastraum ihrer Herrin hinein.

Doch zu ihrer Überraschung begrüßte sie niemand, als sie den großen Tempelsaal betrat. Wie es schien, war ein jeder, Geweihte wie auch Besucher, beschäftigt. Die Eine oder der Andere saßen noch beim Morgenmahl, während andere sich den Beginn des Tages kümmerten. Doch die meisten waren die Gäste der bevorstehenden Hochzeit, genau genommen die Familien von Tannenfels und von Altenberg. In einer Nebenkammer war der zukünftige Gemahl mit seinem besten Freund zugange: Nivard beobachtete mit verzweifelten Blick, wie Elvan von Altenberg ihm das Festgewand richtete. Am großen Tischen saßen die Mütter des Brautpaares, Celissa und Maura, in tiefgreifende Gespräche vertieft. Doch bevor sie irgendjemand ansprechen konnte, war es die alte und ehemalige Tempelmutter Elva, die sie zu sich rief. Mit einem besorgten, doch ernsten Blick führte sie diese in die Speisekammer der Küche, der einzige Ort in dem frau in Ruhe reden konnte. Tief atmete die ältere Geweihte durch. “Gut das du da bist, wir haben ein Problem.”

“Problem?” Relindis Herz schlug schneller und das mulmige Gefühl war wieder da, weniger der Worte Elvas als ihres Blickes wegen. Bei der gütigen Mutter - war es doch nicht nur die Aufregung gewesen? Hatte sie tatsächlich etwas kommen spüren? “Was ist denn passiert?” fragte die junge Geweihte mit belegter Stimme.

“Ich mach es kurz. Elvrun ist unauffindbar. Ich glaube meine Enkeltochter hat ´kalte Füße´ bekommen. Schwester Lichthild hat sie in den Park gehen sehen. Könntest du ihr unauffällig nach gehen? Ich bin mir sicher, das es dir gelingt sie wieder zu holen. Ich möchte die Familien, wie auch Nivard, nicht beunruhigen. Glaubst du, du könntest das machen?” Prüfend schaute Elva die junge Geweihte an.

‘Kalte Füße?’ Merkwürdig. Das konnte sie sich bei Elvrun so gar nicht vorstellen… aber so lange kannte sie ihre zukünftige Schwägerin ja auch noch nicht. Sie hoffte inständig, dass Nivard nichts davon mitbekommen würde. Relindis nickte hastig. “Natürlich mache ich das…. wie lange ist sie denn schon fort?”

Elva warf einen Blick in die Küche, den jemand schien sich am Geschirr zu bedienen. “Schon eine Weile. Schwester Lichthild ist nie die Schnellste, wenn es um Neuigkeiten geht.”, sagte sie und schob Relindis aus der Speisekammer hinaus.

Bewusst langsam, um nicht durch allzu große Hektik aufzufallen, nahm Relindis den Weg zum Hinterausgang des Tempels, über den sie nicht an ihren Familien vorbei musste. So wenig Notiz alle von ihrer Ankunft genommen hatten, so wenig durfte sie darauf vertrauen, dass dies auch bei dessen Verlassen so sein würde. Kaum, dass sie auf der Straße und außer Sicht war, beschleunigte sie jedoch ihren Schritt, innerlich ein weiteres Mal auf ihr Festornat schimpfend, dass sie eilig bis knapp unter ihr Knie reffte. Ihr war gerade völlig gleich, was die Leute in den Straßen über sie dachten...
Beim Laufen dachte sie fieberhaft darüber nach, wo es Elvrun wohl hinziehen könnte. Hatte sie ihr nicht vorgeschwärmt, wie schön es im alten Amphitheater wäre? Wo Nivard um ihre Hand angehalten hatte?
Sie beschloss, dort ihre Suche zu beginnen. Falls die verschollene Braut ihr nicht bereits vorher über den Weg liefe.

Akka

Ganz kurz noch verschlafen, doch von einem Augenblick zum nächsten hellwach hob Akka den Kopf aus ihren - hätten die helleren Schwingen sie nicht verraten - recht adult wirkenden gräulich braunen Rückenfedern. Um sie herum saßen die anderen ihres Schwarms, die meisten schliefen noch, nur einige der älteren hielten Wache.
Heute würde sich Aggwana sicher nicht mehr umstimmen lassen wie gestern und noch einen weiteren Tag hier verweilen, auch wenn es an diesem Platz, der von oben bereits wie ein riesengroßes Ei aussah, noch so schön, die Tage noch so warm und das Futterangebot so spät im Jahr noch so reichhaltig waren.
Die Leitgans, die bereits recht ungehalten über den Abstieg des Schwarms gewesen war, den Bakka und sie notgedrungen auslöst hatten - was hatten sie nach der Landung für ein Gefauche und Geschnatter über sich ergehen lassen müssen - zog es unwiderstehlich weiter nach Süden, und auch wenn Akka selbst nicht wusste, was dort auf sie wartete, war es doch gewiss für sie, dass es genauso und nicht anders sein musste. Oder vielleicht doch nicht? Irgendetwas war an diesem Rastplatz, das sie dies vergessen ließ, das sie am liebsten bleiben ließe.
Rasch zuppelte sie mit ihrem noch gräulichen und erst langsam orange werdenden Schnabel hier einige störrische ihrer grauen Federn zurecht und wollte da noch mit dem Sekret ihrer Bürzeldrüse nachölen, bevor es auf die Suche nach ein paar saftigen Kräutlein gehen würde...da hielt sie jäh inne: Nanu, wo war denn nur Bakka geblieben?
Alarmiert stemmte Akka sich auf die Beine und reckte ihren Hals längs empor, um ihre Blicke kreisen zu lassen. Keine Spur! Gerade heute, wo es weitergehen sollte, mussten sie doch beisammen bleiben!
Sollte sie die anderen wecken? Nein, sie hatte ja eine Ahnung, wo sie Bakka finden würde.
Dennoch unruhig im Zickzack watschelnd machte sie sich auf die Suche nach ihrer Gelegeschwester. Sicher hatte sie sich zu dem Wasser aufgemacht, in dem sie gestern alle geschwommen waren, ehe sie sich zur Nachtruhe an einer ruhigen Stelle der großen Wiese niedergelassen hatte.
Sie wollte sich sputen, um zurück zu sein, noch bevor Aggwana ihre Abwesenheit bemerkte.

Onyx

Es würde ein mieser Tag werden. Wenn nicht sogar wieder einer der miestesten aller Tage, dessen war sich Onyx, der Krötenmann sicher. Langsam schob er seine Zunge von rechts nach links und öffnete träge die Augen, starrte kurz die unerträglich hellen und bunten Blumen an und schloss sie dann wieder. Ihm war langweilig, er war sauer auf seine Gefährtin Malfalda, die ihn einfach abgesetzt hatte und er hatte Hunger. Ach, das waren noch Zeiten gewesen, als er gemütlich in ihrem Dekollete sass und nur das Maul öffnen musste, um mit Spinnen oder anderen Insekten gefüttert zu werden. Richtig wohlig juckten ihn die Warzen, als er daran dachte. Onyx blähte missmutig die Backen auf, entließ die Luft aber ohne wohltönendes Quaken - es wäre an den Tag und den Ort verschwendet - sondern in einem traurigen Blubbern. Dann platschte er eine halbe Krötenlänge weiter. Und noch eine. Er wollte sich nach Futter umsehen. Irgendwas musste umhersurren oder krabbeln.

Maya

‘Ein herrlicher Morgen zum Herumbrummen’, dachte Maya. Die Praiosscheibe schien der kleinen, pummeligen Mauerbiene auf ihr flauschiges rostbraunes Fell und sie genoss die angenehme Wärme und den prächtigen Duft in ihrem Garten. Sie beschloss, einen Abstecher zu den verlockend duftenden Wildblumen zu unternehmen. Voller Glückseligkeit stürzte sie sich im Sturmangriff auf eine der prächtigen Blüten und ihre Fühler zitterten voller Vorfreude. Maya hatte dabei nur einen einzigen Gedanken: ‘NEKTAR!!!’ Ihr Park war einfach das Paradies auf Dere. Genüsslich brummte sie von einer Blüte zur nächsten.
Plötzlich entdeckte sie ein haariges großes Wesen. ‘Fellig… kurzhaarig, aber gewaltig groß!’, kam es Maya in den Sinn. Gemütlich schwirrte sie zu der Kreatur herüber und beobachtete aus sicherer Distanz, wie das behaarte Wesen sich am Kopf kratzte…

Das große Tier hatte sich zu Ende gekratzt und blickte sich nun um. Wieder kam der betörende Duft der Blumenvielfalt an die feine Nase der Hündin. Sie stand auf und bewegte sich vorsichtig und schnuppernd in Richtung des Blumenbeetes. Die Vorsicht war übrigens darin begründet, dass diese gefährlichen kleinen Insektchen in den auffälligen Farben hier herumflogen. Tharga hatte mal eine von ihnen gefangen, und das war ihr gar nicht gut bekommen. Aus Schaden klug geworden, zuckte das Tier immer wieder zurück, wenn eines dieser Insekten in ihrem erratischen Flug auf es zukam. Und doch… faszinierten die gelb-braun-schwarzen Tiere Tharga.

Maya beobachtete weiterhin aus sicherer Distanz das große, behaarte Wesen und sah, wie dieses neugierig die Honigbienen und andere fliegende Insekten fixierte, aber immer wieder zurück zuckte. Anscheinend schien es eine genauso große Vorliebe für bunte und gut riechende Blumen zu haben wie die kleine Mauerbiene. Maya wollte den großen Vierbeiner keineswegs ängstigen und brummte daher respektvoll ganz langsam und behutsam näher an das Tier heran. ‘Einmal in diesem schönen glänzenden Fell landen, das wäre eine Erfahrung’, ging es der rostbraunen puscheligen Biene durch den Kopf.

Ein solches Ansinnen schien jedoch nicht die Zustimmung der Fellträgerin zu finden. Irritiert und gerade durch den Größenunterschied verunsichert, wich die Hündin mit geweiteten Augen zurück.

Überrascht über das ängstliche Verhalten des großen Wesens drehte die kleine Biene ab. ‘Dabei bin ich doch so harmlos’ wunderte sie sich. Im Slalom umflog sie ein paar hohe Gräser und umgeben vom leckeren Duft brummte sie zur nächsten einladenden Blüte.

Caligo/Corax

Caligo schritt über den noch taufeuchten Rasen auf der Suche nach ein paar Leckerbissen. Seine schwarzen Federn leuchteten im Sonnenlicht mit einem feinen grün-metallischem Schimmern auf. Ein fetter Regenwurm oder eine schleimige Schnecke wären ihm gerade Recht. Aber vielleicht hatten die vielen Menschen auch etwas fallen gelassen. Da entdeckte er etwas. Er legte den Kopf schief, schaute sich nach Konkurrenten und Gefahren um. Als er nichts entdecken konnte, hüpfte er zu seiner Entdeckung herüber. Mit einer schnellen Bewegung seines Kopfes schnappte er danach, prüfte die Konsistenz und schluckte dann gierig seinen Fund hinunter. Es handelte sich dabei um eine heruntergefallene halbe Wurst mit einem Rest von Mostrich daran und vielen leckeren Ameisen, die sich bereits darüber her gemacht hatten. Fröhlich hüpfte er weiter. Vielleicht gab es hier ja noch etwas leckeres.
Auf einem der Bäume saß, knapp unter der höchsten Spitze, Corax und blickte auf das Geschehen im Park. Viel hatte sich verändert, seit er das letzte mal hier war. Er hatte den Anspruch auf sein altes Jagdrevier verloren, doch wusste er es auch in guten Flügeln. Mafaldo hatte seine Aufgaben übernommen, nachdem Corax mit seiner Gefährtin fortgezogen war. Sie war alt, sehr alt, so wie er und wollte nicht mehr in den großen Steinen wohnen. Sie waren in ihre Heimat gezogen, wo es nicht so viele Menschen gab.
Er konnte den jungen Raben sehen, der über den Rasen hüpfte, etwas weiter weg einen Hund, der nicht von hier war, weiter hinten ein Schwarm verschlafener Gänse, eine fette Katze, die sich in den Blumen wälzte, und hinten beim Tor entdeckte er Mafaldo. Er streckte sich und die müden Knochen knackten. Dann glitt er von seinem Ast, breitete die Flügel aus und flog Mafaldo entgegen. Seine Federn schimmerten weiß, aber stumpf, in der Sonne. Mit einem hohen Krächzen begrüßte er seinen Freund, den er schon lange nicht mehr gesehen hatte.

Auch der große Kolkrabe schwang sich in die Lüfte und beantwortete die Begrüßung. Corax war der Seelengefährte von Alrikes Lehrmeisterin und somit sah er in dem alten Raben etwas ähnliches. Wie einer stillen Melodie folgend umkreisten die Beiden bis sie sich auf einen nahe gelegen Baum nieder ließen.

Blinzelnd und mit wohl gesetzten Bewegungen des Kopfes erkundigte sich der Albino nach den Veränderungen in seinem alten Revier, aber auch nach den Veränderungen im Schicksal der Menschlinge, insbesondere der Gefährtin Mafaldos.

Und so unterhielten sich die beiden, bis etwas Mafaldos Aufmerksamkeit auf sich zog. Irgendetwas lag in der Luft. Er musste nachschauen.

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