Tannenfelser Hochzeit - Kapitel 1

Die verspätete Braut - I

Kapitel 1 der Briefspielgeschichte "Tannenfelser Hochzeit"

15. Travia 1043 BF, Traviastunde, Gänsetempel von Herzogenfurt

Maura von Altenberg, Doctora und zukünftige Schwiegermutter des jungen Kriegers Nivard von Tannenfels, schaute ungeduldig aus dem Fenster. Die Vorbereitungen der Hochzeiten, die ihres Sohnes Elvan, wie auch ihrer Tochter Elvrun, hatten sie ordentlich in den letzten Wochen beschäftigt. Sie hätte nie im Traum daran gedacht, dass ihr Bemühen, eine Brautschau für die Familie auf die Beine zu stellen, solche Früchte tragen würde. Zwölf ganze Verlobungen gab es und ihre Kinder darunter. Und heute nun war ihre Elvrun dran, den Traviabund einzugehen. Nach Wunsch des Paares, sollte die Trauung im hiesigen Gänsetempel stattfinden, mit einer kleinen Runde im Stadtpark als Nachgang. Wie glücklich war sie darüber, dass Elvrun, wie auch Nivard, von bescheidenem Charakter waren. Denn die Hochzeit der Baronin von Schweinsfold, Selinde II von Schweinsfold, mit Mauras Sohn Elvan stellte natürlich alles in den Schatten. Aber dennoch, wollte die Altenbergerin sich nicht lumpen lassen und hat zumindest für einen schönen Aufbau im Park gesorgt. Ihr Blick wanderte durch die Tempelhalle, die nun ordentlich gefüllt war. Die meisten Altenberger waren zugegen, wie auch die Tannenfelser. Von großer Ehre konnte man davon sprechen, dass Vater Winrich von Altenberg-Sturmfels extra aus seinem Tempel in Elenvina nach Herzogenfurt angereist war. Der Hauptgrund war natürlich die Hochzeit der Baronin, doch konnte das Oberhaupt des Hauses Altenberg es sich nicht nehmen lassen, die Trauung seiner Lieblingsnichte selbst zu übernehmen. Der Morgen bis hin zur Mittagszeit verging wie im Fluge und nun war es soweit, die Traviastunde hatte begonnen. Vor kurzem schon hatte das Tempelpaar, Mutter Regintrud und Vater Eberbald, die Führung übernommen und einem jeden einen Platz zugewiesen. Eine Seite für die Altenberger, die andere für die Tannenfelser. Dann Freunde und Ehrengäste und zu guter Letzt in den hinteren Reihen, die ärmsten und bedürftigsten Bürger Herzogenfurts. Nun sollten alle anwesend sein, doch einige Personen fehlten noch. Ausgerechnet Elvrun, die Braut, war noch immer nicht eingetroffen, sowie Amiel von Altenberg, ihr Vetter, wie auch Relindis von Tannenfels, die Schwester des Bräutigams. Unruhig nickte Maura der Mutter Nivards zu und hoffte inständig, dass die beiden ihrer Tochter beim Ankleiden halfen und nun jeden Moment durch die Tür des Tempels kommen würden. Der grimme Blick ihres Gemahls, Juno von Altenberg, der auf ihr lag, unterstützte ihre Unruhe. Innerlich ärgerte sie sich: ´Ganz so, als ob das meine Schuld wäre, für diese Verspätung!´ Maura zog die Luft scharf ein und verdrehte die Augen und zuckte ratlos mit den Schultern. Gerade wollte Juno, Geweihter des Wassergottes Efferd, zum Sprechen ansetzen, als der harte Druck einer Hand auf seinen Schultern ihn wieder zum Schweigen brachte. Seine Mutter, die greise Elva von Altenberg, kannte ihren Sohn. Dies war jetzt nicht der richtige Ort, um seinem Ärger freien Lauf zu lassen. Sie selbst war auch nicht in bester Stimmung. Schon früh hatte sie geahnt, dass etwas mit Elvrun nicht stimmte und wie es schien, hatte sie Recht. Die junge Braut war verschwunden und nun waren Relindis und Amiel auf der Suche nach ihr. Doch noch immer hielt sie am Glauben fest, dass Travia es richten würde. Winrich indessen kannte solche Verspätungen. Von seinen unzähligen Traviabünden, die er gesprochen hatte, hatten die meisten Zeremonien verspätet angefangen. Oft standen dem zukünftigen Paar die Nerven im Weg und zogen so Missgeschicke auf dem Weg zum Altar an. Gelassen wie er war, richtete er sich noch einmal das Zeremonialgewand und rührte noch mal in der Suppe für die Armenspeisung.

Auch die junge Cupida vom Lilienhain hatte sich im Tempel der gütigen Mutter eingefunden. Eine Hochzeit war immer auch ein Zeichen der Liebe - zumindest in den naiven Augen der jungen Frau - und deshalb sollte wohl auch Rahja eine Rolle spielen. Die junge Gärtnerin und Rahja-Akoluthin hatte bereits eine Glaubensschwester im Tempel ausmachen können - diese mutete südländisch an, doch kam Cupida noch nicht dazu sie zu begrüßen. Mitgebracht, als ein Geschenk an die Brautleute, hatte sie ein paar Rosen und Lilien aus dem Park. Nicht viele und von dezenter Farbe, denn die Gärtnerin wusste, dass sie hier immerhin in einem Haus Travias war, doch sollte das Fest nicht ganz so trostlos sein. Auch einen Blumenkranz für die Braut hatte Cupida gebastelt … wo die wohl blieb? Hm, die Lilienhainerin sah gespannt auf das Tempelportal. Es konnte sich sicher nur mehr um wenige Momente handeln bis es losging.

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Auch Celissa von Tannenfels, die Mutter des Bräutigams wurde zusehends unruhig. Wo steckte nur Elvrun? Und wo Relindis? Dass von der Braut zuletzt jede Spur fehlte, und von ihrer ältesten Tochter noch dazu... beide waren doch Geweihte der Travia und nicht nur deswegen die personifizierte Zuverlässigkeit! Was mochte es nur bedeuten, wenn ausgerechnet diese beiden zu spät zur heutigen Zeremonie kämen? Nach dem xten fragenden Blick zu Maura beugte Celissa sich zu Ringard, ihrer mit sechzehn Jahren jüngsten leiblichen Tochter, deren Verlobter sich bislang ebenfalls rar machte. "Hat Dein Amiel irgendetwas verlauten lassen, wo sie stecken könnten?" Sie hatte davon gehört, wie vertraut ihre angehende Schwiegertochter mit dem jungen Rechtsgelehrten war. Doch Ringard schüttelte nur, ihre Lippen schürzend und die Schultern hebend, ihren Kopf. Sie machte sich ebenfalls bereits ihre Gedanken und wartete sehnsuchtsvoll auf das Eintreffen aller drei. Nur Silfrun, mit dreizehn Sommern die allerjüngste der Tannenfels-Kinder, wirkte noch recht unangefasst. Stattdessen schien sie die Regungen aller Anwesenden voll unverhohlener Neugier zu beobachten und dabei gut unterhalten.
Die Blicke des ältesten Bruders des Bräutigams, des Ritters Rondrard von Tannenfels, der sich zur Seite gedreht hatte, um alles übersehen zu können, wanderten zwischen dem armen Nivard, der in offensichtlich wachsender Aufregung harrte, und deutlich verstohlener der zwei Reihen hinter ihnen sitzenden Befinna von Fadersberg hin und her. Der scharfe Blick ihrer älteren Schwester und Baronin von Ambelmund, Wunnemine, offenbarten ihm jedoch, dass er ertappt war. Rasch drehte er sich zu seiner Mutter. "Soll ich nach ihnen suchen gehen?" Die schüttelte energisch den Kopf. "Nicht auch Du noch. Sie werden hoffentlich gleich da sein." Möge die große und die gütige Mutter es wahr werden lassen.

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Waldlieb saß inmitten der Gäste auf der Seite der Tannenfelser. Obwohl sie eher pragmatisch unterwegs war, hatte sie sich dem Anlass entsprechend zurechtgemacht. Über der grünen Kutte trug sie den traditionellen Überwurf mit den geschlitzten Ärmeln. Auf der Brust waren, aus gelbgefärbter Wolle, drei Ähren eingestickt. Ihr langes nussbraunes Haar war in diverse Strähnen aufgeteilt und geflochten worden und die einzelnen Zöpfe zu einer kunstvollen Frisur zusammengefügt. Darin eingewoben waren getrocknete Blüten von Klatschmohn und Kornblume und einige Ähren der aktuellen Ernte, so dass man sich an ein Kornfeld erinnert fühlte. Wie immer hatte sie das Haar vorher mit ihrer Apfelseife gewaschen, so dass sie einen dezenten Duft von fruchtiger Frische verströmte. Ungewöhnlich war, zumindest für diejenigen, welche Waldlieb näher kannten, dass sie heute Schmuck trug. Es handelte sich dabei um eine Kette und ein Armband, welche beide aus kleinen getrockneten und polierten Arangen bestanden. Des Weiteren hatte sie einen kleinen Henkelkorb mitgebracht, dessen Inhalt von einem grünen Tuch vor neugierigen Blicken abgeschirmt war. Besonders feine Nasen vermochten den Duft von frischem Brot und würzigem Lauch vernehmen, welcher dem Korb entstieg.
Die Geweihte saß mit gemischten Gefühlen auf der Bank. Einerseits freute sie sich für Nivard und das ganze Haus Tannenfels, andererseits ahnte sie bereits, dass sie bald in Tränen ausbrechen würde, denn ihr selbst war dieses freudige Ereignis bisher verwehrt geblieben.
Ungeduldig rutschte sie auf ihrem Platz herum und sah immer wieder zum Portal, dann wieder in Nivards banges und nervöses Gesicht. Irgendetwas stimmte nicht. Wo nur war die Braut?

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In einem dunklen, moosgrünen Gehrock mit Stehkragen und dem goldenen, steigenden Gebirgsbock auf der Brust, stand der Urenkel des Rogmarog von Isnatosch unter den versammelten Gästen.
Der Sohn des Barbaxosch hatte seine Hände auf dem Rücken verschränkt und nickte jedermann freundlich zu, der ihn, den Vogt von Nilsitz grüßte. Und heute war Borindarax sein Amt leicht anzusehen, denn der noch junge Angroscho, mit den leuchtend roten Haaren und dem prächtig geschmückten Bart, trug die massige Amtskette aus diversen, runenverzierten Metallplatten stolz um den Hals.
Seine beiden Aufpasser indes mussten abseits warten, bei einer solchen festlichen Gesellschaft konnte er auf sie verzichten, so hatte er befunden, wenn auch Boindil dies nicht so einfach hatte akzeptieren wollen - alter Sturkopp. Borindarax grinste. Er freute sich aus purer Neugierde auf die Zeremonie.

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Hauptsächlich Pflichterfüllung war die Trauung hingegen für Lucilla Amaltheia von Galebfurten. Die noch recht junge Junkerin war in Vertretung ihres Lehnsherrn, des Barons von Galebquell zugegen. Als Erbvögtin von benannter Baronie im fruchtbaren gratenfelsener Becken, würde sie nun bald häufiger anstatt von Roklan von Leihenhof an gesellschaftlichen Festivitäten teilnehmen - eine Aufgabe, die ihre auf dem Rabenmarkfeldzug der Nordmärker verstorbene Vorgängerin Jolenta von Galebfurten stets als Graus empfunden hatte. Die aufrechte Ritterin war niemals eine Dame des Hofes geworden, aber wahrscheinlich war dies einer der Gründe, warum Roklan sie so geschätzt hatte. Sie, Lucilla mochte in den Augen vieler eine nüchterne Rechtsgelehrte sein, doch war sie eben auch eine junge Frau. Und so war die Feier für sie doch auch eine kleine Freude, denn sie mochte all die bunten Farben der geschmückten Stadt, die prächtigen Kleider der Damen, ebenso wie die Aufmachungen der herausgeputzten Herren.
Die Galebfurtenerin selbst hatte zu diesem Anlass ein hochgeschlossenes, dunkelblaues Kleid gewählt, dezent konnte man sagen, schließlich sollte die Braut an diesem Tage alles überstrahlen. Ihre hüftlangen Haare trug sie zu einer Hochsteckfrisur, so dass auch ein jeder anwesende Junggeselle erkennen musste - so hoffte Lucilla zumindest, dass sie bereits vergeben war.

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Rahjania war aufgeregt und freute sich nahezu kindlich. Endlich eine Hochzeit, die nicht ganz so ungemein steif sein würde aber eine Gelegenheit, eines ihrer Kleider anzuziehen. Schade nur, dass Wallfried sie nicht begleitete. Ja, das war auch eine ihrer Eigenheiten. Sie schätzte die Gesellschaft von Männern nicht nur zu Rahjas Freuden, nein, sie mochte es, wie ein Problem anders angegangen wurde oder bei einer Diskussion neue Argumente gebracht wurden. Nun ja, dabei kam es natürlich auf den Mann an. Für den Anlass hatte die Zofe Rahjanias kräftiges, dunkles Haar meisterlich zu einer Hochsteckfrisur gelegt und frisiert. Sie trug ein Kleid, welches den Rücken bis kurz nach dem Becken frei ließ. Dafür waren Dekolleté, Brust und Bauch schon fast brav verdeckt - schließlich befanden sie sich in einem Haus Travias. Dass der Stoff dennoch so gut hielt, war ein Werk zahlreicher gut versteckter Klammern. Der Stoff fiel locker und luftig. Ach, was wirkte sie in den Nordmarken doch wie ein exotischer Vogel. Fast genauso wie in ihrer Wahlheimat Weiden. Rahjania roch nach Flieder und Stachelbeere, der Lieblingduft ihres Favoriten, ihre Haut war ansehnlich gebräunt und dort, wo man ihre Muskeln sah, wurde deutlich, dass ihr Arbeit nicht fremd war. Sie lächelte so offen und fröhlich, dass es schwer war, nicht ebenfalls gute Laune zu bekommen.

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Coletta von Hadingen hatte es nach der Schwertübung im Stadtpark nicht mehr geschafft, sich umzukleiden. Noch immer trug die schlanke durchtrainierte Dame ihre weiße Tunika mit dem Schweinsfolder Wappen. Die Lederschienen hatte sie noch abnehmen können und einzig ein kostbar wirkendes, goldenes Amulett trug sie nun deutlich sichtbar an einer Halskette über ihrer Kleidung.
Zu viele Aufgaben warteten heute auf die Hadinger Burgfrau. Die Übungen hatten mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet, und nach längeren Gesprächen mit dem ein oder anderen Teilnehmer hatte sie noch die Gerätschaften und Übungswaffen abbauen lassen, sodass ihre Leute diese zur Burg abtransportieren konnten. Danach hatte sie sich schnell mit dem Stadtvogt einen Überblick zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage verschafft. Eigentlich hatte sie sich dann umziehen und frisch machen wollen, doch hatte Joram unerwartet ein Treffen mit dem Landgrafen und so musste Coletta für ihn die Tannenfelser Hochzeit übernehmen und sich vor der Zeremonie mit der Stadtwache besprechen. Unter den anwesenden Gardisten waren nicht nur vier offensichtliche Hellebardiere, die das Umfeld des Traviatempels von draußen absicherten, sondern auch drei Leute der Stadtwache, welche sich in ziviler Kleidung unter das gemeine Volk mischten, um so die Sicherheit zu erhöhen. ‘Was für ein Tag…’, dachte die Burgoffizierin und ließ sich erschöpft auf die Bank in der ersten Reihe des Traviatempels neben ihrem Neffen Tsamitrius nieder. Vorsichtig stellte sie ihr Schwert neben sich ab und fuhr sich mit den Händen durch ihre dunkelblonden, über die Schultern fließenden offenen Locken. Sie schaute sich um und beobachtete, wie die Gäste nach und nach ihre Plätze einnahmen. Während der Zeremonie würde sie ein wenig entspannen können. Sie merkte, dass ihre Augenlider, jetzt wo sie saß, doch etwas schwer wurden. ‘Bleib wach und munter und setze ein freundliches und frisches Lächeln auf…’, dachte sie und versuchte bemüht aufmerksam zu wirken. ‘Nachher noch der Junggesellenabschied der Baronin... Hoffentlich schaffe ich es vorher noch, mich umzuziehen und zurecht zu machen’; in diesem Moment wurde Coletta bewusst, dass es anscheinend ein Problem gab. Wo war die Braut?

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Der Albenholzer beobachtete die Szenerie. Trotz dieses freudigen Ereignisses konnte er seine Anspannung nicht ablegen. Ganz im Gegenteil. Das Fernbleiben der zukünftigen Gemahlin steigerte seine Nervosität. Noch vor wenigen Stunden hatte er mit Nivard darüber gesprochen: Ein jeder von Ihnen schwebte in Gefahr. Eoban hoffte inständig, dass sich eine einfache Erklärung finden und die Braut bald auftauchen würde. Er sandte ein kurzes Gebet an die gütige Göttin.

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Nivards Kameraden vom Geleitschutz Plötzbogen indes hatten ganz am Rand der Reihen Platz genommen, aus dem Grunde, dass sie planten, später ohne viel Aufsehen den Tempel zu verlassen. In dem Gewirr der Gäste fielen die mit einer eindrucksvoll punzierten Plattenrüstung gekleideten drei Männer und drei Frauen durchaus aufgrund des einheitlichen Erscheinungsbilds auf. Die Friedensknoten an ihren Waffen waren mit orangefarbenen Bändern gefasst. Für die Trauung ihres jungen Kameraden Nivard hatten sie auch ihre mit blaugefärbtem Rosshaar behängten Helme mitgebracht, die nun auf dem Schoß jedes Einzelnen lagen.
Emmeran blickte wachen Auges über die wartende Gästeschar.
“Der Kleine wirkt ein bisschen nervös.” Die schwarzhaarige Rhela beugte sich schmunzelnd zu Emmeran herüber.
Doch bevor der etwas antworten konnte, kam ihm Wolfmar, der hinter den beiden saß, zuvor: “Och, ich finde, er macht sich noch ganz gut. Da kenn ich andere!” brummte der Krieger mit dem Backenbart, wie ihn gerne die Schiffer trugen, und stieß mit einem beherzten Stoß den vor ihm sitzenden Freund an.
“Stiiiiimmt,” sinnierte nun auch die Schwarzhaarige gespielt ernst. “Ich erinnere mich da an einen Bräutigam, der nicht wusste, ob seine Verlobte nach 10 Götterläufen wirklich noch den Arsch in der Hose hat für diesen Schritt.” Dabei grinste sie ihren Freund und Kommandanten breit an.
Emmeran runzelte zwar die Stirn, entschied sich aber dann das Spiel mitzumachen: “Wenn meine Godugifa etwas hat, dann wohl Arsch in der Hose! Aber hei, so nervös war ich nicht.”
“Nein, natürlich nicht. Du konntest nur Hände und Füße nicht stillhalten und gingst vor dem Altar auf und ab wie ein Lindwurm vor seiner Schatzhöhle.” lachte Rhela und deutete wirre Bewegungen mit ihrer Rechten an.
“Das war doch nur, weil ich so Hunger hatte und das Festmahl nicht erwarten konnte.” Emmeran schmunzelte selbst bei dieser Ausrede. Ein wenig stimmte es ja auch. Vor Nervosität hatte er damals vor der Trauung keinen Bissen hinunter- und vor dem Altar dann großes Magenknurren bekommen.
“Hattest gut aufgetischt! Bin gespannt, was uns Nivard hinstellt.” brummte Wolfmars Bass.
“Ja ja, der Nivi. Wer hätte bloß gedacht, dass er mal nicht diese Gelda heiratet, mit der er uns in den Ohren gelegen ist.”
“Äh, Freunde, diese Gelda sitzt übrigens da vorne.” meldete sich nun die stille Meingard zu Wort und deutete verstohlen, vielmehr peinlich berührt in die Richtung der Altenberger Sippe.
Rhela machte große Augen und versuchte im Folgenden den Kopf zu recken: “Echt jetzt? Wo? Wer von denen ist die denn?”
“Seit wann stieren wir potenzielle Kundschaft an?!” erklang Emmerans Stimme mahnend.
“Also jetzt gönn mir doch den Spaß, Bruder.” Sie waren keine leiblichen Geschwister, nur langjährige Waffengefährten. Und da Emmeran mit seinen Plötzbognern einen sehr kameradschaftlichen Umgang pflegte, war das ungefähr dasselbe.
“Meingard zeigt sie dir später.”
“Später, später.” maulte Rhela. “Ich will doch nur sehen, ob sie vielleicht heult oder so. Du weißt doch, Emme, ich ergötze mich gern…”
Wolfmar verdrehte die Augen und auch Emmeran entlockte der Ausspruch ein Seufzen. “Meingard zeigt sie dir bestimmt gern später bei der Feier.” - Meingard nickte hörig, Rhela fügsam. - “Und jetzt alle Ruhe, es geht los!”

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