Haffax Feldzug Gallys Die Nordmaerker Kommen

Die Nordmärker kommen! (12. ING)

Inhalt:


  • Spektakulärer Auftritt der Nordmärker Streiter. Viele Münder hatten sich bereits lustig gemacht, dass auch dieses Mal die Nordmärker zu spät kämen - doch diese Spötter würden staunen. Herzog Hagrobald hatte viele Schwerter hinter sich vereint. Mit blinkenden Rüstungen und wehenden Fahnen reiten die Nordmärker in die Baernfarnebene ein, was so manch einen, der diesbezüglich gewettet hat, arm macht. Oder reich.
  • Barsch und Eber 1
    Der Baronet von Hlutharswacht schickt seine Knappin Ira ins Lager der Koscher, um die Koscher Junkerin Nale von Boltansroden auf ein Abendessen einzuladen. Beide, der Baronet und die Junkerin hatten sich zuvor bei der Tsatagsfeier des Fürsten Blasius kennengelernt und der junge Baronet wollte an die Bekanntschaft anknüpfen. Auch Ira knüpft an ihre Bekanntschaft mit dem Knappen des Herrn Baduar von Eichstein an: die beiden machen einen Spatziergang durchs Lager, wo sie schließlich auf die Junkerin treffen.

Koscher Nachbarschaft

Gemeinsam mit den Truppen aus Albernien waren die Koscher Kämpferinnen und Kämpfer unter Wehrmeister Thorben von Hammerschlag auf der Baernfarnebene vor Gallys eingetroffen. Man schrieb den 05. Ingerimm 1039 nach Bosparans Fall. Über einen Monat hatten die Truppen von ihrem Winterlager bis nach Gallys gebraucht und nun waren sie froh, diese erste Etappe hinter sich gebracht zu haben.

Seine Exzellenz, Hofmarschall Salvin von Streitzig j.H. hatte mit seinem Stab die Zeltbereiche der Provinzen aufs Penibelste abgesteckt. Die Koscher durften ihre Zelte auf einer dreieckigen Fläche zwischen den Alberniern und den noch kommenden Nordmärkern aufbauen. Klassisch stand das Zelt des Heerführers mit der Provinzflagge in der Mitte des Lagers, umgeben von denen der Grafen, die wiederum von den Baronen flankiert wurden. Diese Zeltgemeinschaften sollten in den nächsten Wochen ihre neuen Familien und Nachbarn werden.

Baduar und seine Leute waren froh gewesen, als der Heerzug sein erstes Zwischenlager erreicht hatte. Die Reise war anstrengend und er und seine Leute wurden auch nicht jünger, das merkte er nach den langen Tagen im Sattel. Der Aufbau des Lagers war mittlerweile viele Tage lang geübt worden und schnell standen die Zelte der kleinen Gruppe in der Nähe des Grafenzeltes, in dem Jalik von Wengenholm und sein Stab lagerten.

In den kommenden Tagen schliff sich das Lagerleben ein – man exerzierte, traf sich zu Besprechungen und Befehlssitzungen, pflegte die Waffen und traf sich immer wieder auch mit anderen zu einem kleinen Austausch oder Plausch. Zwischendurch lernte man die gute Versorgung durch den Koscher Troß auch in Gallys zu schätzen. Nicht allzuweit von den eigenen Zelten lagerte Nale von Boltansroden und man besuchte sich regelmäßig, hielt aber auch zu einigen anderen wie zum Beispiel den Grobhändern, mit denen man erst unlängst im Rahmen der Utztrutzer Umtriebe zu tun hatte. Auch Aeladir von Waldbachtal, den Junker von Flachstein, besuchte er, wenn es die Zeit und die allgemeinen Vorbereitungen zuließ, um die neu geschlossenen freundschaftlichen Bunde zu vertiefen. Als Anführer seiner eigenen kleinen Gruppe innerhalb des Aufgebotes hatte Baduar ein offenes Ohr für das Anliegen seiner Leute und sorgte mit einer guten Mischung aus Drill und Entspannung dafür, dass seine Leute auch nach einigen Tagen Lagerzeit nicht reizbar oder gelangweilt waren.

„Was denkst du?“ fragte ihn eines Abends Jeobdan, sein Bannerträger, erfahrenster Waffenknecht und fast schon Freund. „Wie lange wird dieser Heerzug dauern?“ Baduar sah ihn lange an, bevor er antworte: „Hoffentlich nur so lange, wie es nötig ist. Dieser Heerzug und die Schlachten, die vor uns liegen, sind notwendig – aber dann muss es auch wieder gut sein. Es ist ein ehrenhaftes Anliegen, dem wir folgen und ein hehres Ziel, das wir erstreben, bei Rondra! Aber danach können wir hoffentlich wieder alle nach Hause reiten und unsere Familien wiedersehen. Ich vermisse sie jetzt schon...“ sagte er schwermütig. Dann trank er seinen Becher aus und erhob sich: „Lass uns Nachtruhe halten, Jeobdan. Der Tag morgen fängt früh wieder an. Ich bin gespannt, wann die Nordmärker kommen“ sagte er zu seinem treuen Waffenknecht und ging in sein Zelt, denn es war schon spät. [Baduar (Carsten) 30.08.2016]

Nicht weit von Baduar von Eichstein hatte Nale von Boltansroden ihre Zelte aufschlagen lassen, nicht zu nahe an ihrem Vetter, aber auch nicht zu weit entfernt. Allerdings und das verdankte sie dem werten Baron zu Hlûthars Wacht, hielt sie in letzter Zeit ein wenig mehr Abstand. Das ausgerechnet dem Baron die übersteigerte Sorge ihres Vetters aufgefallen war und dieser sich darüber doch merkwürdig irritiert gezeigt hatte, hatte sie erst zum Nachdenken angeregt nur um sich anschließend schrecklich darüber zu ärgern, was der Baron zu Hlûthars Wacht nun wohl von ihr dachte?

Als sie dem Geweihten auf ihrer Burg davon berichtet hatte, hatte dieser zuerst lange und laut darüber geschwiegen. Das konnte er wahrlich gut. Dann jedoch hatte er seine Stimme gedämpft und ihr trocken entgegnet: „So wird er Euch gewiss nicht so schnell vergessen...“

Daraufhin hatte Nale beschlossen lieber niemandem anzuvertrauen, was noch so gesprochen worden war.

Und obwohl der Geweihte eine verdammt spitze Zunge hatte, zu spitz wie sie manchmal fand, auch wenn er damit leider nur oft genug den Finger in die offene Wunde legte, hätte sie ihn gerne als moralischen Beistand an ihrer Seite gewusst, immerhin verlangte ihr das Leben in so einem großen Verband einiges ab. Im Lager herrschte immerzu Betriebsamkeit, es schien niemals zu schlafen. Mittlerweile hatte sie sich aber irgendwie damit abgefunden, hatte ihre Gebete auf den sehr frühen Morgen und den sehr späten Abend oder viel mehr in die Nacht verlegt, wenn im Lager ein gewisses Maß an Ruhe eingekehrt war. So kam sie gut zurecht, auch wenn sie nur selten zu ihrer üblichen Tasse Tee am Morgen kam. Wie sie das früher nur hatte aushalten können? Aber damals waren die Verbände nicht so groß gewesen und regelmäßige Gebete eher die Regel als die Ausnahme. [Nale (Monika) 31.08.2016]

Graf Jallik von Wengenholm schritt zusammen mit dem Wehrmeister Thorben von Hammerschlag und seinem Leibritter Lucrann von Auersbrück durch die Koscher Zeltstadt. Befriedigt stelle er fest, dass alles ordentlich in Reih und Glied stand, traviagefälliger Friede herrschte und überall schon der Geruch von Klößen, Braten und Biersoße in der Luft hing. Er nickte diesem Ritter und jener Junkerin zu, fand ein Späßchen für eine Horde Pagen und streichelte eine Katze, die um die Zelte strich. Ganz anders als der Wehrmeister, der alles nur mit derselben grimmigen Miene quittierte. Eine Tatsache, die auch Lucrann nicht entgangen war. „Lieber Thorben, Ihr scheint mir etwas versteift! Atmet ein paar Mal tief durch, es dauert noch lange, bis wir gen Mendena aufbrechen!“

„Ihr wisst, dass ich mich nicht vor dem Marsch fürchte!“, gab Thorben unwirsch zurück. „Es sind nur die alten Narben, die schmerzen bei diesem lauen Frühlingswetter. Und der Gedanke, für wie viele unserer Leute dies der letzte Frühling sein mag ...“

Jallik erschauerte. Fast die gleichen Worte hatte sein Schwertvater vor 18 Jahren gebraucht - damals an der Trollpforte. Wo er gar nicht hätte sein sollen, den Raidri Conchobair war ohne seine Knappen nach Osten gezogen. Er ahnte wohl, dass er selbst aus dieser Schlacht nicht zurückkehren würde. Aber der 19-jährige Jallik war begierig gewesen, gegen den Sphärenschänder zu kämpfen, und reiste seinem Schwertvater heimlich nach. Schlussendlich musste er doch hinter den Linien im Tross verbleiben. Nun stand eine neue Entscheidungsschlacht gegen die Dämonenknechte an. Und wieder war es Haffax, gegen dessen verderbtes Genie die Reichstruppen antreten mussten. Ob Jallik selbst diesmal zu jenen gehören würde, die nicht in die Heimat zurückkehren?

Der Graf schüttelte den Gedanken ab und wandte sich seinem Leibritter zu: „Lucrann, ich wünsche, dass du dich beim Wehrmeister entschuldigst. Wir müssen einig sein, und wir wollen den Frieden, den die Götter diesem Lager schenken, dankbar genießen!“ [Jallik (Stefano) 14.09.2016]

So gingen einige Tage ins Land, der Ingerimmmond schritt voran und die ersten Wetten machten die Runde, ob die Nordmärker pünktlich zur Heerschau Ihrer Kaiserlichen Majestät am 21. Ingerimm eintreffen würden. Jeden Tag mehrten sich die Spötter.

Allen Spöttern zum Trotz

Begleitet von Trommeln und Sackpfeifen ritt am Vormittag des 12. INGerimm der Herold der Nordmarken, flankiert von seinen Bannerträgern, auf die Baernfarnebene und den Platz der Kaiserlichen Heerschau zu. Mit lauter, geübter, weithin hörbarer Stimme verkündetet er:

„MACHT PLATZ! MACHT PLATZ FÜR SEINE HOHEIT HAGROBALD GUNTWIN VOM GROSSEN FLUSS, HERZOG DER NORDMARKEN, GRAF VOM GROSSEN FLUSS, BARON VON ARRANED, BOLLHARSCHEN, BRÜLLENBÖSEN UND FUCHSGAU, DES REICHES SENESCHALL, DES REICHES HEROLD, REICHSSIEGELBEWAHRER UND TRÄGER DES REICHSRICHTSSCHWERTS GULDEBRANDTS. MACHT PLATZ FÜR DEN ‚SPRINGENDEN BARSCH‘ UND SEINE TREUEN RITTER!“

Und da ritten sie! Hinter dem Herold folgte, an der Spitze eines auffächernden Heeres, Herzog Hagrobald in voller Rüstung, die unter Praios wohlwollendem Schein glänzte und leuchtete. Direkt den Herzog begleitend konnte man Priester des PRAios und der RONdra erkennen, das Wohlwollen der Götter auf den Feldzug herabrufend! Direkt hinter Hagrobald ritten seine Grafen samt den Gardetruppen und den verbündeten Angroschim. Deren Marschschritt, dem Takt der Trommeln folgend, brachte beinahe die Ebene zum Erbeben! Die bunten Wappenfahnen und Wimpel wehten im Wind und knatterten mit den Trommeln um die Wette. Den Grafen folgten die edlen Barone der Nordmarken mit ihren Rittern und Waffengetreuen. Nebeneinander ritten sie, alle in ihre besten Rüstungen gehüllt, die Waffen auf Hochglanz poliert, und mit rondrianischen Eifer erfüllt, der in ihren Augen brannte.

Die Nordmärker waren gekommen um ihre Eide zu erfüllen und niemand würde sie davon abhalten dem Reich zu zeigen, was es bedeutete, aus der ersten Provinz des Heiligen Raulschen Reiches zu stammen!

Das erhabene Gefühl zu diesem großen Heertross zu gehören machte sich in Gereon breit. Er streckte die trotz seiner Jugend kräftige Brust heraus und gab sich diesem Eindruck hin, während er sich dem Rhythmus des Marschtaktes anschloss. Er schaute sich zu seiner Schwertmutter um: Sie würden es dem Reichsverräter schon zeigen. (Catrin (Gereon) 12.03.16)

Lächelnd beobachtete Fiona ihren Knappen. Gereon war ein guter Junge, doch ob er den kommenden Prüfungen gewachsen war, konnte Fiona nicht sagen. Inmitten all der Fahnen und Wimpel bedauerte Fiona ihren Knappen. Er trug stolz die tandoscher Farben, auf die Fiona verzichtete. Schwarz wie ein Rabe war ihr Auftreten, Rüstung, Pferd, selbst für den Sattel war schwarz gegerbtes Leder verwendet worden. Das unbeschwerte Lachen, das ihr Knappe an den Tag legte, hatte sie zu jener Zeit verloren als sie als Knappe an die dunkle Front geführt worden war. Und nun führte sie ihren eigenen Knappen an jenen Ort an den man nicht die Toten, sondern die Überlebenden bedauern konnte. [Max(Fiona von Tandosch)14.3.16]

Man konnte es nicht abstreiten, der Anblick, der sich einem Jeden hier bot war erhebend. All die Fahnen, Wimpel und Farben zeigten die stolze und beeindruckende Pracht des Herzogtums. Keiner konnte ihnen diesmal vorwerfen zu spät oder überhaupt nicht gekommen zu sein. Hier waren sie!

Während der Reise hatte sie verstärkte Übungseinheiten für ihre Schützlinge Brun und Maura befohlen, sie sollten gewappnet sein und sich ihres eigenen Lebens erwehren können. Dabei war die Baronin während der Reise noch ruhiger als sie es sowieso immer war. Ein Wandel ging mit dem passieren von Wehrheim in Ulinai von statten. Noch immer erinnerte sie sich daran wie hier sie einst ihre Ausbildung zur Kriegerin absolviert hatte, aber was war von der einst so prächtigen Stadt heute noch übrig. Nur noch ein Schatten ihrer selbst. Es hatte sie getroffen und so hatte sie sich sogar dazu hinreißen lassen ihrem Knappen von der Stadt zu erzählen – so wie sie sie kannte. [Richtwald(Ulinai Timerlain)15.03.2016]

Inmitten des Trosses ritt auch die in die Jahre gekommene Taktikerin und Rechtskundige Zadrada von Richtwald, in den für Richtwald üblichen Farben: Über die Lederrüstung, die passgenau wie eine zweite Haut an ihrem immer noch ebenso drahtigen wie muskulösen Körper anlag hatte sie sich einen halb schwarzen, halb grünen Wappenrock übergeworfen und um die Mitte gegürtet. Gekreuzte, goldene Schwerter waren auf der einen Brust zu sehen, die grünen Eicheln des Hauses auf der anderen. Über die Schultern geworfen trug sie außerdem einen repräsentativen Umhang, auf den das Wappen des Junkergutes Richtwald noch einmal in allen Details aufgestickt war.

Das einzig störende an diesem Anblick war ihr langer Zopf, zu dem sie ihr graumeliertes, nussbraunes Haar trug und der ob seiner Länge während des Ritts über dem Wappen hin und her schwang. Alles war am Morgen bis aufs Säuberste ausgebürstet worden, auch wenn der Straßenstaub diese Anstrengungen wieder zunichtemachen würde.

Mit ihren braun-grünen Augen sucht sie immer wieder die Umgebung mit der Geduld einer Jägerin ab, die stets über alle Vorgänge in ihrer Umwelt informiert sein möchte. Eine besondere innere Ruhe lässt sie fälschlicherweise als behäbig erscheinen, dabei verfügt sie mit ihrem kantig herben Gesicht über eine ganz eigene Autorität und Besonnenheit. [Jerri (Zadrada von Richtwald) 4.4.16]

An diesem Tag noch wurde das nordmärkische Zeltlager, im durch den Hofmarschall Salvin von Streitzig zugewiesenen Bereich, aufgebaut. Der Weg zum Tross, mit den dazugehörigen Essenswägen, Krämerständen und Lustzelten war bald allen bekannt. Die Albernier lagerten im Anschluss, genau wie die Freunde aus dem Kosch. Der Ruf der Koscher Feldküchen war bald im ganzen Lager berühmt; viele nahmen für Essen und Bier daher weite Strecken auf sich. Erste Kämpfer kehrten aus der hoch über dem Lager gelegenen Stadt Gallys zurück. Sie berichteten von einer überfüllten und gereizten Stadt, deren Stimmung einem Fass mit Hylailer Feuer glich. Die Rondrianer stichelten gegen die Korkirche, die Preise für Korn waren astronomisch und die Weiße Gilde machte im Schwefelviertel Jagd auf Schwarzmagier und Hexen. Bald stündlich trafen weitere Truppenteile ein, und bald fanden zwischen einander bekannten Streitern aus allen Teilen des Reiches fröhliche Wiedersehen und Gespräche statt. Die pünktliche Ankunft der Nordmärker hatte für so manch verlorene Wette gesorgt – die Quoten nämlich standen gegen Hagrobalds Truppen.

Barsch und Eber 1

Einer der Nordmärker hatte besonders darauf gewartet, endlich bei Gallys anzukommen. Seit der Tsatagsfeier des Fürsten in Angbar im vergangenem Travia, war ihm die Koscher Junkerin Nale von Boltansroden immer wieder im Kopf herumgespukt. Als dann endlich das Zelt stand, rief daher der junge Baronet zu Hlûtharswacht seine Knappin zu sich:

„Ira, erledige mir bitte einen Dienst. Schau mal zu den Koschern rüber und sieh, ob Junkerin Nale mit angereist ist. Dann versuche herauszufinden, ob sie nach wie vor ungebunden ist. Aber sei unauffällig, ist das klar?“ Er wartete keine Antwort ab und fuhr sogleich fort. „Sollte sie noch zu haben sein, lade Sie bitte in meinem Namen zu einem Abendessen ein. Den Termin kann sie selbst wählen. Und versuche bitte charmant zu sein, geht das?“ Erneut war dies nur eine rhetorische Frage, denn Jost Verian fuhr sogleich fort, nervös knetete er dabei seine Hände, während er von einem Diener ein Gewand nach dem anderem aus einer Truhe hochheben ließ. „Wenn Du dann eh schon bei den Koschern bist, bring noch ein Fass von diesem berühmten Bier mit, vielleicht mag sie ja keinen Wein. Hast Du alles behalten? Dann los, worauf wartest Du noch? Abmarsch, zackig, zackig!“ [Jost Verian von Sturmfels-Maurenbrecher (Chris) 29.8.]

In der Tat zögerte die Schildmaid. Nicht, weil sie Mühe hatte, sich alles zu merken, nein – selbst mit der Anweisung ‚unauffällig‘ zu sein, kam sie nicht ins Schwimmen, so lange ihr Schwertvater bloß nicht nachbohrte, wie sie wirklich an diese besondere Information gelangt war – sondern weil Ira viel eher eine Frage hatte, die sie sehr wichtig für diesen Auftrag fand. Auch, wenn sie die Antwort bereits kannte. „Verzeiht, Hochgeboren, nur damit ich das richtig verstanden habe: falls Wohlgeboren von Boltansroden also mit Gatte angereist ist, oder unter einem neuen Wappen auftritt, dem ihres Gatten wohlgemerkt, mache ich also einen Bogen um ihr Zelt – richtig?“ [Ira von Plötzbogen (Tanja) 30.8.]

Hochgeboren blickte verdutzt drein. Die Möglichkeit, dass Nale schon vergeben sein könnte, hatte er bisher nicht wirklich bedacht. Nach wenigen Momenten, in denen ein Ochse intelligenter aussah als ihr Schwertvater, fasste er sich, hustete kurz und erwiderte dann: „Öhm, ja, wenn sie anderweitig auftreten sollte, dann, ähm, ja, dann kommst Du erstmal zurück und wir laden sie dann später ein. Denn sie ist ja nicht nur eine hübsche Frau, oder? Ich meine, ja, dann, komm erstmal wieder, dann sehen wir weiter.“ Er kratzte sich am Kopf und hatte plötzlich etwas ungemein Spannendes an der Zeltdecke entdeckt, etwas, das seine ungeteilte Aufmerksamkeit erforderte. [Jost/Chris]

Ira zog die Stirn kraus über das merkwürdige Verhalten ihres Schwertvaters, beließ es jedoch bei einem Grinsen, als sie das Zelt verließ und sich aufmachte. [Ira/Tanja]

Als seine Knappin das geräumige Zelt seines Vaters verlassen hatte, rief Jost Verian nach seinem Freund, Sigiswolf von und zu Flusswacht. Als dieser endlich eintraf, probierte Jost bereits verschiedene Hemden und Hosen an, auf dem Kopf schief ein Barett mit Feder sitzend: „Sigiswolf, sag, welche Farbe? Rot oder Blau? Und was meinst Du, soll ich zu Beginn eher romantisch oder einfach nur kameradschaftlich auftreten? Junge, wo sind die verdammten braunen Stiefel?“ fuhr er zwischendurch einen Dienstburschen an. Die Haare des Barons klebten vor sommerlicher Hitze und wohl auch ein wenig Aufregung, als er, mit einem Bein in einer Hose, fast schon hilflos in seinem Zelt stand. Er hob die Arme, ließ sie wieder sinken und suchte nach einem Weinkelch. [Jost/Chris]

Sigiswolf trat in das Zelt von Jost und beobachtet schmunzelnd die Bemühungen Josts, eine passende Garderobe zu wählen. Er trat einen Schritt neben den Eingang, um weder Jost noch dem Burschen im Weg zu stehen, der versuchte, dem Baron beim Ankleiden behilflich zu sein. „Jost, ich weiß, du trägst gerne Rot. Warum also Blau wählen? Oder hat die Dame, deren Aufmerksamkeit du erringen möchtest, eine Vorliebe dafür? Und wenn ich eine Empfehlung geben darf, ohne zu wissen, wem du den Hof machen möchtest, so würde ich zur Romantik raten. Denn mir scheint, dass es wohl nicht nur ein kurzes Abenteuer sein soll.“ [Sigiswolf (Heiko) 30.08.2016]

„Ähm, was? Das Rote meinst Du? In Ordnung. Herrje, ich benehme mich wie ein Vollidiot. Und ja, Du hast wohl recht. Weißt Du…“ wollte der Baron schon zu einer Erklärung ansetzen, da fiel ihm ein, dass der Bursche noch mit den Stiefeln im Zelt stand. „Kormin, Du kannst Dich zurückziehen. Ich rufe dann“. Der Angesprochene verschwand, sichtlich erleichtert, der peinlichen Situation entfliehen zu können.

„Weißt Du, es ist seltsam. Seit mein Vater in die Berge ging, machen viele seiner Aufforderungen, mit denen er mich vor einem Jahr noch gelangweilt hat, plötzlich Sinn. In Angbar habe ich schon darüber nachgedacht, mit Nale mehr zu treiben als nur fallende Sterne zu betrachten. Aber jetzt? Ich muss an meine Baronie denken, brauche einen Erben.“ Er lachte kurz, durchaus bitter, auf. „Kannst Du Dir das aus meinem Mund vorstellen? Erben, Ehefrau, Kinder.“ Er schüttelte den Kopf. „Was für ein Jost ist das? Ich kenne ihn nicht - Du etwa?“ [Jost/Chris]

Zustimmend nickte Sigiswolf als Jost sich für Rot entschieden hatte. Er schmunzelte als Jost den Burschen aus dem Zelt schickte.

„Nein Jost, bisher kannte ich ihn nicht, aber ich bin mir sicher das dein Vater wohlwollend auf dich herabblickt. Denn es wird ihn mit Stolz erfüllen zu sehen wie du dich entwickelst. Und für war, es ist deine Pflicht dem Wohlergehen der Baronie zu dienen. Und wenn ich mich recht an die Dame erinnere, mit der du am Abend deiner Genesung bei der Geburtstagsfeier unsere Gesellschaft verlassen hast und mit der du, wie du sagtest, „Fallende Stern beobachtet“ hast, dann wäre eine Erfüllung der Plicht, zumindest nach dem ersten Eindruck, eine recht angenehme Aufgabe.“

Aufmunternd klopfte Sigiswolf Jost auf die Schulter. „Sei einfach du selbst. Schieße nicht über das Ziel hinaus, auch wenn ich nicht weiß, welches Tempo in Anbetracht der bevorstehenden Aufgaben und ich meine hier den Heerzug, das richtige ist. Erinnere dich daran, dass du jetzt weitreichendere Interessen und wohl auch Pflichten hast, als sie es waren, als dein Vater die Baronie führte, wenn du dich in weibliche Begleitung begeben hast.“ [Sigiswolf(Heiko)31.08.2016]

Jost schluckte schwer, als er sich seinen Vater vorstellte, der endlich Grund hatte, Stolz auf ihn zu sein. Solange dieser lebte, schien es, dass Jost ihm nichts, aber auch gar nichts recht machen konnte. Und nun, da er tot war, sollte er sich plötzlich so verändert haben? Es viel ihm schwer diese Gedanken weiter zu verfolgen, also nickte er, fasste kurz die Hand Sigiswolfs und drückte sie, dankbar.

Dann straffte er sich, blickte sich im Spiegel an und fand das Ergebnis durchaus zufriedenstellend. „Du meinst also, ich soll es langsam angehen lassen? Eventuell sogar die Hohe Minne erklären?“ Er grinste, endlich wieder, als er sich die Frage selbst beantwortete. „Also gut, mal sehen ob ich noch weiß wie das geht und ich mein Temperament zügeln kann, sollten wir wieder nach den Sternen sehen.“ Ein schelmisches Lachen kam über seine Lippen und die Augen leuchteten vor Vorfreude. [Chris(Jost)03.09.16]

Unterdessen fand Ira es ganz angenehm, einen kleinen Spaziergang unternehmen zu können. Während neben ihr Zelte wie Pilze aus dem Boden sprossen, war sie froh, nicht mit anpacken zu müssen. Gerade die letzten Tage ihres Gewaltritts hatte alle geschlaucht, Reiter, Pferde, Ärsche. Seine Hoheit der Herzog hatte noch einmal alle angetrieben. Letztlich hatten sie es allen spöttischen Hackfressen gezeigt und waren glorreich aus der Versenkung aufgetaucht, in welche die Nordmarken unter einem Berg aus Vorurteilen, Frust, Antipathie und Wut verschwunden waren – nur um schillernder und stärker wiederzukehren und das unter einem jungen Herzog, der große Ambitionen für sich wie für seine treuen Vasallen hegte. Ira verstand nicht so recht, was es für einen Unterschied gemacht hätte, wenn sie genauso schillernd und glorreich zwei oder sogar erst drei Tage später eingeritten wären. Ihr Schwertvater hatte zwar irgendwann einmal erwähnt, dass mehr auf dem Spiel stünde, als ein paar Wetten zu gewinnen und Hoffnungen zu zerschlagen, doch konnte sie trotzdem nicht ganz nachvollziehen, weswegen sie alle die Pferde so hatten schinden müssen. Von sich selbst ganz zu schweigen. Natürlich, es war auch für Ira ein erhabenes Gefühl gewesen, mit Fahnen und in der Sonne blitzendem Stahl auf die Ebene zu reiten, es allen zu zeigen, die Neider noch neidischer und die Spötter stumm zu machen. Denn so einen Ritt hatte sie bisher noch nicht erlebt. Und damit meinte sie nicht nur das furiose Ende, also ihre Ankunft, sondern auch das Fressen von Meile auf Meile in einem Sitz, der seit Tagen schmerzte oder – und das war zeitweise sogar angenehm – schon taubgeritten war.

Dabei waren sie und ihr Schwertvater, der junge Baronet von Hlutharswacht, zu diesem Feldzug gekommen wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kinde: ohne sich genau darauf vorbereiten zu können, völlig unvermittelt und ohne jegliche Vorwarnung. Einfach, weil der alte Baron Ulfried es nicht mehr geschafft hatte, sich aufs Pferd zu ziehen, das ihn gen Mendena hätte bringen sollen. Ira erinnerte sich noch genau daran, obwohl dieser Moment schon so viele Tage zurücklag. Vor ihrem geistigen Auge sah sie sich an Josts Seite im Burghof von Hlutharsstuhl, vor dem großen Eingangsportal in den Palas stehen und die Getreuen verabschieden, die mit Josts Vater, dem alten Baron, dem Ruf der Kaiserin folgen würden. Ein seltsames Knistern war in der Luft gelegen. Eine Mischung aus Bangen, Vorfreude, Pflichterfüllung, Willen und Stolz. Der Baron hatte gerade mit seiner lauten, herrschaftlichen Stimme das Aufsitzen befohlen. Sein Ruf war von allen Wänden aufgenommen und zurückgeschleudert worden, selbst die schwarzgefiederten Dohlen, die oben im Burgfried hausten, waren aufgestiegen. Und dann, dann waren alle Streiter aufgesessen – nur der Baron nicht. Er hatte es nicht gekonnt. Er hatte es wahrlich versucht, geächzt, gestöhnt, doch letztlich war er auf dem Boden stehen geblieben, hatte mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Jost geschaut und war schließlich vor dem eigenen Alter in die Knie gegangen. Und alle Hlutharwachter, die es gesehen hatten, hatten ab diesem Moment gewusst, welche Bürde von Vater auf den Sohn übergeben worden war durch einen einzigen Blick: Nicht nur die Baronswürde, sondern auch der Auftrag, in diesen Krieg zu ziehen!

Noch immer wurde Ira schlecht, wenn sie an diesen Moment zurückdachte. Denn ihr war ‚damals‘ schlagartig bewusstgeworden, dass auch sie in diesen Krieg gegen die Schwarzen Lande ziehen würde, an Josts Seite, mit gerade mal 17 Jahren, und gänzlich überfordert mit dieser Neuigkeit, denn darauf hatte niemand sie vorbereitet. Nicht einmal ihr Schwertvater – Den hatte diese Erkenntnis auch erst einmal wie ein eisiger Winterwind ins Gesicht geschlagen! Mit dem Kriegsbanner der Baronie ward ihr Schwertvater als neuer Baron ausgerufen und somit auch als Verantwortlicher für alle am Feldzug Beteiligten. Ira hatte kaltes Grauen gepackt, als es hieß, dass sie auf die Schnelle alles packen solle, was für diese Reise und diesen Krieg notwendig sei. Ja, aber woher sollte sie wissen, was sie brauchen würden? Andere hatten wochen-, nein monatelang Zeit gehabt, sich darüber Gedanken zu machen – und sie hatte das in wenigen Stunden tun müssen. Nicht ganz fair. Nun, zumindest wusste sie jetzt, dass ein paar Tiegel Wundbalsam in den Satteltaschen nicht fehl am Platz waren und Ira wollte sich das merken, falls sie jemals wieder eine solche lange Reise zu Pferd unternehmen würde.

Der Spaziergang nun tat unendlich gut. Er entspannte nicht nur die trägen, steifen Glieder, sondern den ganzen Körper. Auch den Geist. Daher erregte Neugier und Spannung die junge Plötzbogen, als sie das bunte Zeltmeer des kaiserlichen Heerlagers zu Gallys auf der Suche nach einem ganz bestimmten Wappen durchschritt. So viele Schwerter an einem Ort vereint. Noch mehr als auf den Turnieren, auf denen sie mit Jost gewesen war innerhalb der drei Jahren, die sie nun schon Dienst als seine Schwertmaid tat. Kaum weniger Wimpel als an einem Turnier, ebenso der untrügliche Geruch von Verwegenheit gepaart mit Kampfeslust und Protz. Ja, es würde ein Kräftemessen werden, jedoch anders, als Ira es tatsächlich bisher erlebt hatte.

Die Zeltlager der Provinzen gingen fast nahtlos ineinander über, so musste sich die Hlutharwachter Knappin ein paar Mal durch Fragen vergewissern, dass sie überhaupt auf dem richtigen Weg war. Trotzdem: die Junkerin von Boltansroden fand sie unter den Fahnen der Wengenholmer erst einmal nicht. Musste sie ihren herrlich verstörten, weil überraschend verliebten Ritter etwa am Ende doch enttäuschen? Ira grinste. Wahrlich, dieses Verhalten hatte sie an Jost noch nie beobachtet, und das hieß bei einem, der Frauen mit Wein verglich und beides wie das Leben liebte, schon etwas.

Dafür erspähte sie ein Gesicht, bei dessen Anblick sich Ira augenblicklich zusammenriss, während sie sich wieder vor Augen führte, dass sie dem hohen Herrn von Eichstein eigentlich immer noch skeptisch gegenüberstand. [Ira/Tanja]

Das kleine Lager von Baduar und seinen Getreuen wirkte beschäftigt. Jeobdan, Baduars erfahrenster Waffenknecht und Bannerträger der Lanze, trainierte gerade mit den Schützen und den Waffenknechten, während Baduar und sein Knappe Aedin sich der Pflege der Waffen und der Rüstung widmeten. Der jüngste im Lager, Baduars neuer Page Hadomar Orsino vom Grauen See, ging währenddessen ganz darin auf, die bisherigen Geschehnisse der Reise zusammen mit Hesine, der Schreiberin, festzuhalten und in passende Worte zu gießen.

Seinen Rabenschnabel auf den Knien liegend lies Baduar gerade das Tuch sinken, mit dem er die Waffe gereinigt hatte und blickte auf. Sein Blick traf den der Knappin aus Hlutharwacht. Kurz dachte er an die Geschehnisse in Angbar vor etwas mehr als sechs Götternamen zurück, in deren Rahmen er die Knappin Ira von Plötzbogen und ihren Herren, Baronets Jost Verian von Sturmfels-Maurenbrecher kennenlernte. Dann lächelte er und winkte der jungen Knappin zu, damit er ihr Grüße für ihren Herrn aufgeben konnte. Vielleicht ergab sich ja nun, da die Nordmärker eingetroffen waren, die Gelegenheit zu einem Besuch. [Baduar (Carsten) 31.08.2016]

Artig trat Ira heran. Aedin, den sie ebenfalls noch von ihrem Treffen auf der Tsatagsfeier des Fürsten Blasius her kannte, warf sie ein Lächeln zu. Dass der schneidige junge Mann nach wie vor in Diensten des Herrn Baduar stand, mochte entweder heißen, dass er selbst nichts von dem Gerücht wusste, die seinen Schwertvater bezichtigten, er wäre nicht der, für den er sich ausgab – oder es bedeutete, dass Aedin in dieses phexische Spiel eingeweiht war und selbiges sogar mittrieb. In beiden Fällen grämte es Ira. Denn der Kerl war ihr schon in Angbar durch sein gefälliges Äußeres aufgefallen, doch hatte sie sich mit Aedin aus Vorsicht wegen dem Gerücht nicht eingehender befasst. Sie hatten miteinander gesprochen, das ja, denn Ira hatte versucht, ein wenig mehr über den Herrn von Eichstein in Erfahrung zu bringen – und was lag da näher, als sich mit dessen Knappen zu unterhalten? – doch war der Spaß eindeutig zu kurz gekommen und so war die Bekanntschaft zu dem gutaussehenden Albernier nicht die geworden, die sie hätte unter anderen Umständen sein können.

Sie riss sich von dem jungen Mann los, auch gedanklich, und fokussierte den Ritter.

„Die Götter zum Gruß, Wohlgeboren. Mein Schwertvater, der Baronet zu Hlutharswacht schickte mich aus, um kundzutun, dass er nun auch im Lager weilt und dass er sich freut, wenn er die begonnenen Gespräche euer ersten Zusammenkunft vertiefen kann. Ähm.“ Vertiefen. Ihr fiel ein, warum sie überhaupt hier war. „Sagt, befindet sich Ihre Wohlgeboren, die Dame von Boltansroden in der Nähe? Auch ihr soll ich im Namen meines Herrn die Aufwartung machen.“

Aedin legte gerade einen Beinschoner zur Seite, den er geputzt hatte, als Ira zum Lager kam. Wie immer mit einem frechen Lächeln auf den Lippen grüßte er die ihm schon bekannte Knappin sehr freundlich und zwinkerte ihr gar zu, wandte sich dann allerdings pflichtbewusst wieder seiner Arbeit zu, die im Polieren des zweiten Beinschoners bestand

Sein Zwinkern hatte den Effekt, dass es Ira, ohne, dass sie’s wollte, ein wenig Röte ins Gesicht trieb

Währenddessen erhob sich Bandura und trat der jungen Frau entgegen: „Praios, Rondra und ihren Geschwistern zum Gruße, junge Dame. Habt Dank für diese Information und richtet Eurem Schwertvater herzliche Grüße aus. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir an die guten Unterhaltungen anknüpfen können“. Auf die Frage nach seiner Cousine schaute er kurz in Richtung der anderen Koscher Zelte, bevor er antwortete: „Meine Cousine findet sich im Aufgebot der Wengenholmer Adeligen, nicht weit von unserem Lager. Wenn Ihr möchtet, kann Aedin euch den Weg zeigen.“

Ira folgte zwar dem Blick des Herrn von Eichstein in das Zeltlager hinein. Sie war aber froh, wenn ihr jemand den Weg wies, denn es war schon Arbeit genug gewesen, überhaupt hier hier zu finden. „Ja, gern,“ entgegnete sie daher und nickte, während ihr Blick sogleich wieder zu dem Knappen hinüberflog. Aedins ärmelloses Ensemble aus Hemd und Wappenrock gab den Blick frei auf seine definierten Oberarme. Er war nicht der muskulöseste, war eher von hagerer Gestalt, aber die sehnigen Arme zeichneten ihn als jemanden aus, der Umgang mit der Waffe gewohnt war. Und das gefiel Ira grundsätzlich

Baduar nickte, als Ira antwortete und sein Angebot annahm. „Gut, dann werde ich ihm kurz Bescheid sagen, wartet einen kleinen Augenblick.“ Mit diesen Worten ging er zu Aedin, der seine Arbeit bereits beiseitegelegt hatte und aufstand. Ira bekam mit, dass der Junker leise mit Aedin sprach, konnte aber außer ein paar Wortfetzen - „… achte darauf ... denk daran, was ich Dir gesagt habe … und lass Dich nicht erwischen...“ Aedin schaute seinen Schwertvater ruhig an und nickte wissend. Dann drehte er sich um und schlenderte zu Ira hinüber. „Gut, junge Dame, dann wollen wir mal. Aber achte darauf, dass Du mit mir Schritt hältst und mir nicht verloren gehst“ sagte er dann keck und ging bereits los mitten in die Koscher Zeltsiedlung hinein

„Wie lange seid ihr schon hier im Lager?“ fragte Ira neugierig, während sie Aedin folgte. Sie ließ sich nicht anmerken, dass sie die Wortfetzen gehört hatte. „Wir sind gerade erst angekommen, unsere Zelte stehen noch nicht mal alle, könnte ich wetten.“ Sie lachte. „Wie ist es so? Das Lager mein ich. Sind schon ein paar interessante Dinge passiert? Gab’s schon Duelle oder so? – Scheiße, ich würd‘ echt gern wissen, wie viele Leute sich hier gern an die Gurgel gehen wollen.“ Weil sie gerade beim Thema war: „Und wie sind die Albernier so drauf? Hab gehört, die haben den Winter über bei euch im Kosch gehaust…“ gab sie im lockeren Plauderton von sich, um davon abzulenken, dass sie doch ein wenig nervös war. Weil sie an Josts Auftrag dachte und nebenbei hirnte, wie sie zum einen am schlausten aus der Sache herauskäme, wenn diese Nale doch nicht mehr zu freien war, und zum anderen wegen dem, was der Ritter seinem Knappen zugeflüstert hatte. Da waren also doch Geheimnisse!? So übersah sie ganz, dass sie sich eben mit einem Albernier unterhielt.

„Wir sind seit dem 05. Ingerimm hier. – Du kannst mir glauben, dass so ein Lagerleben nur eine kurze Zeit wirklich aufregend ist. Spätestens, wenn du deinem Herrn am dritten Mal am Tag die Stiefel putzen musst, weil die Wege und der Untergrund immer schlammiger und dreckiger werden, dann fängt das Lagerleben an, einem ganz schön lästig zu werden. Dann kommt dazu, dass einige der Kämpfer langsam reizbar und unerträglich werden und so richtig übel gelaunt sind. Immer wieder greifen die Heerführer durch, weil es schon zu einigen Duellen und anderen Streitigkeiten kam. Mein Herr sorgt schon dafür, dass das bei uns nicht eintritt – aber der ständige Drill und die dauernden Übungen sind auch nicht viel besser. Aber so sind WIR wenigstens gut vorbereitet, wenn es losgeht und mein Schwertvater und wir anderen werden viel Ruhm und Ehre ernten“ erwidert der junge Albernier stolz und führte Ira gezielt von einem Umweg zum nächsten. Während er die junge Knappin unbemerkt so im Lager der Koscher herumführte, ohne sich tatsächlich den Zelten der Junkerin von Boltansroden zu nähern, fuhr er fort und ging auf ihre Frage zu den Alberniern ein: „Der Großteil der albernischen Truppen hat im Heerlager nahe Ferdok gelagert – die Angbarer hatten doch tatsächlich Bedenken wegen so vielen Truppen vor der Haustür. Ein kleines Kontingent wurde dann in Burg Barabein im Sindelsaumschen einquartiert, da gab es ein paar Begegnungen den Winter über. Wie ist es dir denn ergangen auf dem Hinweg?“

Ira überlegte kurz. Sie wollte nicht zu viel von sich preisgeben, aber konnte auch nicht zu wenig sagen. So entschied sie sich für eine unverfängliche Wahrheit und ein wenig thematisch Passendes: „Bei uns mussten die Albernier nur durchreisen. Naja, was heißt da ‚bei uns‘ – wir da unten in Albenhus haben eigentlich von den Scherereien an der Reichsstraße nicht viel mitbekommen. Wir waren auch nicht beim Heerlager in Gratenfels dabei. Dafür hatten wir, glaube ich, eine angenehmere Anreise, weil wir zuerst lange die südliche Route genommen haben, wo nur wenige Truppen bisher entlang gezogen sind. … Hm, war eigentlich ganz entspannt.“ Dass ihr der Arsch von der Tortur schmerzte brauchte Aedin ja nicht wissen.

Als sie an einem älteren Ritter vorbeikamen, von dem Ira glaubte, dass sie ihn eben erst noch vor dem Zelt sitzend einen Apfel essen sah, stutzte Ira für den Moment, ging aber dann doch weiter, als habe sie nicht den leisesten Zweifel daran, dass er mit ihr einen Weg zweimal gegangen war. Weiterhin mit einer Herzlichkeit plaudernd fuhr sie fort. „Sag mal, Aedin, wer führt auf Rahalija jetzt das, öh, Regiment, wenn du und dein Schwertvater hier weilen? Ist dein Herr eigentlich verheiratet?“

Während Ira ihre Fragen stellte, führte Aedin sie weiter durch das Koscher Heerlager. Dabei schaute er sie an und antworte dann. „Man könnte meinen, du spionierst für Haffax, so viel wie du fragst“ erwiederte er mit einem ernsten Gesicht – nur um dann, einige Augenblicke später, mit einem verschmitzten Gesichtsausdruck laut und fröhlich zu lachen.

Iras Empörung über Aedins Anschuldigung war schnell Trotz gewichen. „Ha ha ha, unglaublich lustig,“ konterte sie sein Lachen tadelnd. „Darüber solltest du keine Witze machen!“

Mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen und einer reifen Selbstsicherheit in der Stimme fuhr er jedoch fort: „Man hat uns gewarnt, dass der Haffax sicher versucht, uns auszuspionieren. Aber das soll er mal machen, dem zeigen wir es dann schon!! Wenn ich so einen erwische, dann kriegt der meinen Anklopper...“ dabei tätschelte er kurz seinen Streitkolben, der an seinem Gürtel baumelte „… zu spüren!! Und dann bring ich ihn zu Baduar, der wird dem dann schon was erzählen, das wohl!“

Ira überzog den Knappen mit einem skeptischen Blick. Für ihre Begriffe hatte der Kerl bei diesem Thema eine etwas zu große Klappe. „Ach ja? Und woher weißt du, dass nicht genau dein …Baduar… einer von denen ist, hä?“ Das konnte sie sich jetzt nicht verkneifen. Im nächsten Augenblick brach auch sie in Lachen aus: „Ach scheiße, das Thema macht mich selbst auch ganz irre. -- Hei! Natürlich ist dein Schwertherr keiner von denen! Der ist doch viel zu anständig dazu. Ein ehrbarer Edelmann.“ Sie lächelte versöhnlich, während sie das naive Dummchen mimte, und hoffte, dass Aedin so ihre kleine Entschuldigung akzeptierte. Auf seine Reaktion aber war sie gespannt und daher beobachtete sie den Knappen trotzdem ganz genau.

„Mein Schwertvater ein Verräter? Kein Stück, im Leben nicht. Das soll mal einer ernsthaft behaupten“ erwiderte er und war sich seiner Sache absolut sicher. „Aber das ist natürlich auch eine fiese Sache. Wenn der Haffax Verwirrung stiften will, reicht es vermutlich schon, das eine oder andere Gerücht zu streuen. Wenn man dann überlegt, wie gereizt einige hier schon sind, dann kann das schnell heikel werden. Und damit hätte der Haffax uns dann wieder geschwächt. Je mehr wir uns gegenseitig an die Gurgel gehen, desto besser ist es für ihn“ erwiderte er dann und man hörte ihm an, dass sein Schwertvater ihn nicht einfach nur im Kampf unterrichtete.

Einen Augenblick gingen sie weiter. Das Heerlager der Koscher war entweder wahrlich riesig oder der Knappe führte Ira doch tatsächlich ein wenig an der Nase herum. Dann ging er auf ihre Fragen ein: „Das Gut liegt während des Heerzuges in guten Händen: Magistra Aldare, die Frau von meinem Schwertvater, verwaltet das Lehen zusammen mit Niam von Eichstein, seiner Schwester und Vitus, unserem Haushofmeister und Verwalter. Da wird daheim schon nichts passieren. Aber was, denkst du, erwartet uns wohl noch alles? Und wie steht es mit deinem Schwertvater, hat er Familie?“

Sie versuchte, sich alle Namen und Einzelheiten, die Aedin von sich gab, zu merken. Seine letzte Frage schnitt jedoch unerwartet tief und Ira wurde sich wieder ihrer schwarzen Trauerbinde am Oberarm bewusst, die jeder Hlutharswachter im Andenken an den verstorbenen Baron trug. Sie widerstand angesichts der Befragung aber dem Drang, das schwarze Band zu berühren, da sie sich die Trauer nicht anmerken lassen wollte. „Jeder hat doch irgendwie Familie.“ entgegnete sie ihm salopp, bevor sie hinterherschob „Aber er ist nicht verheiratet, wenn du das meinst. Beziehungsweise: Noch nicht. – Eine Magistra habt ihr also zuhause, das ist ja echt toll! Ich kenne leider keinen Magier persönlich. Bei uns wäre das, glaube ich, nicht möglich, so eine Heirat, denn bei uns in den Nordmarken herrscht der Götterfürst.“ Dass sie dabei etwas überzog, war Absicht, denn natürlich war sie sich der Anwesenheit des Nordmärker Feldkaplans, einem Priester der Praioskirche, und dessen Gemahlin, einer Magistra, sehr wohl bewusst. „An welcher Akademie lehrt sie denn? Weil du doch sagtest, sie wäre eine Magistra. Im Hesindeunterricht hab ich ja mal gehört, so dürfen sich nur Zauberkundige nennen, die unterrichten. Ob das natürlich bei euch im Fürstentum anders ist als bei uns, weiß ich nicht“.

„Das ist bei uns auch so, aber über die Details von magischen Dingen darfst du mich nicht fragen. Ich will ja auch nicht Magier werden, sondern Ritter“ erwiderte er. „Magistra Aldare lehrt mich zwar, wie ich Magie erkennen kann, aber mehr auch nicht. Ich weiß aber, dass sie früher auch schon mal einen Lehrling hatte und gelehrt hat sie auch“ antwortet er auf ihre Frage hin. Dann fragte er wieder: „Was meinst du denn mit: noch nicht?“

Mittlerweile war sich Ira, die angefangen hatte, sich an den Wappen und Zeltfarben zu orientieren, sicher, dass Aedin sie auf wilden Umwegen durchs Lager führte. Er schindete Zeit und wollte sie verwirren, ganz klar. Und sie wollte ihn in diesem Glauben lassen.

„Sag mal, für ein kleines Fürstentum habt ihr aber wirklich viele Kämpfer ausgehoben! Mann oh Mann! Euer Lager ist ja riesig! Euer Fürst muss unglaublich stolz sein, so viele Frauen und Männer gegen Haffax zu führen. ... Aber deinen Herrn ärgert es sicher, wenn er immer einen so weiten Weg zu seiner Cousine zurücklegen muss. Ich dachte viel eher, dass die Junkerin ihr Zelt unweit der euren aufgestellt hätte. Lagert ihr nicht nach Baronien und Grafschaften geordnet?“

Gerade wollte Aedin etwas darauf erwidern, als er den Pagen der Cousine seines Schwertvaters auf die beiden zukommen sah. Er hatte dunkelbraunes, kurzes, ein wenig zerzaustes Haar und war recht groß, würde aber gewiss noch weiterwachsen, da seine Arme und Beine der Länge nach noch ein bisschen zu lang für den Rest seines Körpers waren und ihn so manches mal im Wege standen. „Hast du dich verlaufen?“, fragte er Aedin und kratzte sich dabei ein wenig zu demonstrativ am Kopf, „Oder was machst du am anderen Ende des Koscher Lagers?“ Bevor jedoch jemand zu antworten vermochte, fügte er eilig hinzu: „Bist auf dem Weg zu deinem Schwertvater? Ich hab mich nämlich wieder mal... na ja... verlaufen, aber von deinem Schwertvater sind es ja nur ein paar Schritte zu meiner zukünftigen Schwertmutter...“

Der Page warf Ira einen verstohlenen Blick zu, den man ihm eigentlich gar nicht so recht zutraute. [Nales Page (Monika) 05.09.2016]

Schwertvater, Schwertmutter, verlaufen, nur ein paar Schritt…. Die Knappin aus Hlutharswacht stutzte angesichts dieser Schmierenkomödie und zog die Stirn kraus. Ja, wollten diese Koscher Bengel sie wirklich zum Narren halten? Das Wappen auf der Brust des Pagen war zumindest das der Boltansrodenerin. In Iras Magen breitete sich ein ungutes Gefühl aus, das mit der Befürchtung einherging, das Gerücht, welches sie in Angbar aufgegriffen hatte, könne auch die Junkerin betreffen. Sicher war sie sich natürlich nicht, aber sie hielt es nach dem, wie man sie hier versuchte zu verwirren, zumindest für möglich. So leid es ihr für Jost tat.

„Naja… Eigentlich kommen wir von da.“ antwortete sie an Aedins Stelle, bevor sie sich entschied, den entdeckten Widerspruch doch lieber nicht anzusprechen. Sie schenkte dem Pagen stattdessen ein unbedarftes Lächeln. „Du dienst der Junkerin von Boltansroden? Das ist toll. Zu der sind wir unterwegs. Ich bin Ira. Und du bist wer?“

„Der Page der Junkerin Nale von Boltansroden“, entgegnete er ihr und schüttelte seinen Kopf, „So ne dumme Frage kann auch nur ein Mädchen stellen...“

Äußerlich ließ sich Aedin nichts anmerken, aber in seinem inneren staute sich die Wut. Musste Nales Page ausgerechnet jetzt des Weges kommen? „Irgendwie habe ich mich wohl etwas verlaufen. Aber jetzt weiß ich auch wieder, wo wir langmüssen.“ sagte er dann in Richtung Ira, die ihn mit zusammengepressten Lippen ungeduldig ansah, um leise und nur für ihre Ohren bestimmt hinzuzufügen: „Man, sowas Blödes. Dabei gibt es hier im Lager sonst kaum Gelegenheiten, mal … mit jemandem ungestört zu sein und sich zu unterhalten. Vor allem nicht als Knappe… Tut mir leid. Ich hoffe, du bist mir nicht zu sehr böse.“

„Kommt drauf an, ob ich wegen dir später ein Donnerwetter abbekomme.“ …und ob du uns weiter verarschen willst ergänzte sie in Gedanken und war schon voller Missgunst, als ihr einfiel, dass sie noch eine wichtige Sache in Erfahrung bringen musste. Dafür musste sie die schlechte Laune noch einmal beiseiteschieben. „Aber ich will ein Auge zudrücken, wenn du mir sagst, wie der Gemahl der Junkerin heißt, damit ich ihn entsprechend gleich richtig anreden kann. Ach ja, und ein kleines Fässchen Ferdoker soll ich auch noch besorgen, du weißt ja sicher, wo ich eines herbekommen kann oder kannst mir sogar eines besorgen - nicht wahr? Damit's schneller geht, mein ich.“ Sie warf ihm ein gekünsteltes Lächeln zu, dass noch einmal davon kündete, dass seine List ihr Zeit gestohlen hatte. Zeit, die sie nicht besaß. Und für die sie nun als Wiedergutmachung seine Hilfe einforderte.

„Reg dich mal ab. Erstens hast du kaum Zeit verloren, wenn man überlegt, dass du dich sonst hättest durch das Lager fragen müssen. Und zweitens kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass du durchaus von unserem Spaziergang und den Worten, die wir gewechselt haben, profitieren wirst. Wie zum Beispiel mein dezenter Hinweis jetzt, dass die Junkerin nicht vermählt ist. Es haben sich zwar schon einige bemüht, aber der Richtige war wohl noch nicht dabei. Zurzeit hat sie zwei Verehrer, die sich redlich bemühen – aber die Junkerin ist wählerisch und erhörte bisher noch niemanden, der sich um sie bemühte. Auch bei diesen beiden bin ich mir nicht sicher, obwohl einer von ihnen ganz sympathisch zu sein scheint. Haben wir schon darüber gesprochen, was du im Gegenzug für dieses Wissen für mich tun wirst?“ erwiderte er, keck und selbstbewusst, dabei schaute er ihr gerade bei der letzten Frage tief in die Augen wohl wissend, das auch er bei diesem Spiel ein paar Eisen im Feuer hatte.

„Pff, komm schon. Sooo wertvoll waren diese Informationen auch wieder nicht,“ entgegnete Ira der Knalltüte, von der sie sich nicht in einen Handel treiben lassen wollte. „Außerdem hast du gut lachen. DU hast ja keinen Schwertvater, der einen knackigen 30-Meilen-Ritt hinter sich hat und der deswegen, hm, sagen wir vorsichtig... etwas ungemütlich… werden kann, wenn ich nicht bald zurück bin. Mit Bier versteht sich.“

Aedin schaute Ira merkwürdig an, sie konnte seinen Blick nicht richtig einschätzen. „Oh, tut der edlen Dame das werte Hinterteil weh?“, erwiderte er dann und grinste dabei.

Etwas ernster fuhr er dann fort: „Aber ich weiß schon, was du meinst. Wir sind zwar schon etwas länger hier, aber nach ein paar Tagen im Sattel habe ich meinen Allerwertesten ganz ordentlich gemerkt. Aber man hörte, das euer Herzog euch einiges abverlangt hat.“ Einen Augenblick schwieg er, bevor er leise fortfuhr: „Wenn du nett bist, dann kriegst du was von meiner Heilsalbe ab – natürlich nur, wenn Koscher Heilsalbe gut genug für das werte Nordmärker Hinterteil ist. Und um das Bier kümmern wir uns schon noch“, sagte er und schaute sie keck an.

Ira lachte auf. „Jaja, natürlich. Heilsalbe. Versteh‘ schon. Und du willst sie wahrscheinlich noch selbst auftragen oder? Ich glaube, bei dir sind noch ein paar Mäuse im Gebälk!“ Sie tippte sich zur Verdeutlichung mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. Bei sich dachte sie jedoch, dass es ärgerlich war, dass sie unter diesen Umständen nicht anders drauf eingehen konnte. Denn Aedin war ein Kerl, von dem sie sich gerne hätte nicht nur den Hintern mit Heilsalbe einschmieren lassen können.

“Lieber ein paar Mäuse im Gebälk als einen wunden Hintern, würde ich sagen“ erwiderte Aedin trocken und ergänzte dann: „Aber, wenn die hohe Dame wünschen, dann sähe ich mich in der Lage, nicht nur das Behandlungsmittel bereitzustellen, sondern das heilsame Mittel auch selbst zu applizieren, wenn Ihr dies wünscht. Das würde dann auch zur Klärung der Frage beitragen, ob und inwieweit sich ein Nordmärker Hinterteil von einem Koscher Podex unterscheidet.“ Während sie scherzten führte Aedin sie einen Weg zurück, um ein paar weitere Zelte der Koscher herum. Ein paar Schritt rechts von ihnen waren wieder die Farben und Zelte des Hauses Eichstein zu sehen – und ein paar Schritt links der Wegkreuzung die Zelte und Farben der Junkerin von Boltansroden.

Als die Zelte in Sicht kamen, sah Ira sich um. Ihr Blick ging von den nahen Zelten des Eichsteiners zu denen der Boltansrodenerin, die unmittelbar vor ihnen lagen. Dabei achtete sie darauf, dass Aedin mitbekam, wie sie die Strecke musterte. Nachdem sie sich selbige eingeprägt hatte und sie wieder unterwegs waren, überholte Ira den Eichsteiner Knappen und rempelte ihn demonstrativ dabei an. „Verlaufen, was?“ Sie war sich nicht sicher, wieviel Wahrheit in seinen Worten, die er da eben von sich gegeben hatte, tatsächlich steckte, nahm sich aber vor, ihm dennoch deutlich zu machen, dass sie längst nicht so dumm war, wie er sie vielleicht glaubte.

Aedin hielt dem Rempler stand – hinter der schlaksigen Figur versteckte sich ein drahtiger Körper, der gut trainiert war und das merkte Ira beim Anrempeln durchaus. Er hielt sie kurz auf, bevor sie in Richtung der Junkerin davoneilen konnte: „Bevor du gehst, zwei Dinge. Zum einen: Entschuldigung für unseren kleinen Umweg.“ In seinen Augen konnte sie sehen, dass er es ehrlich meinte. „Zum anderen ein gut gemeinter Rat: mir scheint, das du es ganz eilig hast, mit der Junkerin zu sprechen. Ich weiß nicht, was du so Eiliges mit ihr zu bereden hast oder was dir dein Herr auftrug. Aber ich weiß, dass sie große Stücke auf ihren Pagen hält, auch wenn dieser manchmal eigenartig wirkt. Je nachdem, was du von der Junkerin möchtest, wäre also eine Entschuldigung bei ihm angebracht, wenn du deine Chancen erhöhen möchtest“ sagte er in einem ruhigen und ernsten Tonfall.

„Und wenn du möchtest, kannst du dir für euer Lager und für deinen Herrn nachher gerne trotzdem ein Fässchen Rohalssteger Hils bei uns abholen. Ich würde mich freuen“ schloss er dann, bevor er ihr zum Lager der Junkerin von Boltansroden folgte.

„In Ordnung. Ich komm drauf zurück – Danke.“ antwortete sie auf sein letztes Angebot, wobei sie das letzte Wort deutlich Überwindung kostete, aber es erschien ihr besser, im Guten auseinander zu gehen.

Ihre Augen hatten bereits das Hauptzelt der Junkerin erspäht. Zielsicher bewegte Ira sich nun darauf zu und ließ dabei Aedin und den halbwüchsigen Troll hinter sich zurück.

Doch der Page spurtete an Ira vorbei direkt auf seine zukünftige Schwertmutter zu, die gerade unter dem Sonnensegel an einem Tisch saß und gebannt auf ein Stück Papier vor sich starrte.

Ein wenig aufgelöst berichtete er ihr: „Sie hat gesagt ich sei eine Made, eine sprechende Made, der ganze Kosch sei voller sprechender Maden!“

„Wer soll das denn gesagt haben?“, wollte die Junkerin mit gerunzelter Stirn wissen.

„Na die da!“, der Page zeigte auf Ira, „Das komische Mädchen da!“

Nee, das ist jetzt nicht wahr, oder? Was für `ne Petze! Jetzt hatte Ira den Knaben endgültig gefressen.

Nale wandte sich um und erkannte Ira von Plötzbogen und dahinter Aedin.

„Weißt Du“, hob Nale da an und legte ihrem Pagen ihre Hand auf die Schulter, „Sie kommt nicht aus dem Kosch, sie weiß es nicht besser! Wir können es ihr also nicht einmal übel nehmen...“

„...außerdem ist sie ein Mädchen...“, fügte der Page nickend hinzu und schien zufrieden.

Nale von Boltansroden stand auf und drehte sich zu den auf sie zu kommenden Knappen um. „Den Zwölfen zum Gruß“, entgegnete sie ihnen, „Welche Angelegenheit treibt euch beide denn zu mir? Ich hoffe doch nicht, dass auf eine Mäuseplage eine Madenplage folgt, zumal wir hier von sprechenden Maden reden...“ [Nale (Monika) 05.09.2016]

Ira grüßte die Junkerin höflich, bevor sie lächelnd zu einer Erklärung ansetzte: „Euer Page, Wohlgeboren, war so freundlich, mich in eurem Namen zu empfangen und herzugeleiten. Verzeiht, wenn seine Worte etwas verwirrend klingen: Ich kann mir vorstellen, dass er da etwas falsch verstanden hat.“ Sie ließ den Blick kurz zu dem Pagen schweifen, bevor sie zurück zu Nale fand, in deren Gesicht zu lesen war, dass sie durchaus Zweifel an Iras Worten hatte. „Allerdings glaube ich, dass weder ihr noch ich, noch sonst wer großes Interesse hat, mit einem, ähm, Madenkönig zu verhandeln, denn haben wir in diesen Zeiten doch alle genug andere Dinge im Kopf, die unsere Aufmerksamkeit fordern – nicht wahr?“ Sie schmunzelte bei dieser Anspielung an den ominösen Mäusekönig, den sie selbst nie wirklich ernst genommen hatte, und fuhr fort. „So soll ich euch zum Beispiel die besten Grüße meines Schwertvaters, seiner Hochgeboren Jost Verian überbringen.“ Noch einmal verbeugte sie sich gemäß der Etikette vor der Junkerin von Boltansroden. „Auch soll ich euch in seinem Namen um die Gunst bitten, einer Einladung zu einem kleinen privaten Abendessen bei ihm im Lager der Baronie Hlutharswacht zuzustimmen. Hochgeboren möchte gerne an die entstandene Freundschaft aus Angbar anknüpfen. Und da wir vor einigen Stunden erst angekommen sind und ihn deshalb andere Pflichten binden, hat er mir übertragen, euch dies auszurichten.“ Ach ja, da war noch etwas: „Zum Thema richten, ähm, er richtet sich übrigens, was den Termin angeht, ganz nach euren Wünschen, denn er freut sich sehr, eure Gespräche fortzuführen, möchte euch aber nicht zur Last fallen, denn ihr habt sicher etliche Verpflichtungen.“

Ira war zufrieden mit sich. Jost hatte gewollt, dass sie charmant war. Und charmant war sie gewesen. Zumindest für ihre Begriffe ausreichend charmant. Denn noch etwas mehr Charme und sie hätte sich vor lauter Ekel wohl übergeben. So aber fand sie sich und vor allem Jost vor der edlen Nale gut vertreten, ohne, dass es schleimig wirkte. Den Gedanken, die Junkerin Nale könne auch von dem Gerücht betroffen sein, verdrängte Ira.

„Nun“, hob Nale an und betrachtete Ira sehr aufmerksam, „Zuerst einmal, richte ihm doch von mir die besten Grüße aus, ich hoffe euer Ritt war nicht all zu anstrengend und ihr kommt gut mit dem Errichten des Lagers voran...“

Dann hielt sie einen Augenblick inne und dachte tatsächlich darüber nach, warum der Baron sie zu einem kleinen privaten Abendessen einladen wollte und war schon drauf und dran diese, wie sie doch hoffte, erste Einladung auszuschlagen, nur um dann auch die möglicherweise folgende zweite auszuschlagen und erst, wenn sie dann erfolgte, die dritte anzunehmen. Früher hätte sie sich darüber nie Gedanken gemacht und einfach zugesagt, aber mit ihrem Vetter im Rücken und den, wie sie doch fand, recht haltlosen Gerüchten über gleich zwei ihr unbekannte Verehrer, die es ihrer Meinung nach gar nicht gab...

Wäre doch gelacht, dachte sie jedoch dann und erinnerte sich an ihr Gespräch mit dem Baron und dessen Inhalt, der sich um das drehte, was möglicherweise in den Wäldern ihres Lehens verborgen liegen mochte, wenn ich meinem Vetter damit nicht eins auswischen könnte.

Sie wandte ihren Blick ganz kurz zu Aedin und versicherte sich, dass er in Hörweite war, dann schaute sie wieder zu Ira. „Nur zu gerne nehme ich seine Einladung an und schlage den morgigen Abend vor.“ [Nale (Monika) 06.09.2016]

Die Knappin des Baronets nickte erfreut, ehe sie noch eine Frage zum Schluss stellte: „Wohlgeboren, wäre euch denn die siebte Stunde genehm? Dann will ich das meinem Schwertherrn so berichten. Er freut sich sehr, euch im Zeltlager der Albenhuser begrüßen zu dürfen. Sofern ihr es wünscht, komme ich, um euch Geleit durch das Nordmärker Lager zu geben.“ Im Augenwinkel fixierte sie Aedin. „Den Weg zu euch kennen ich ja jetzt.“ [Ira/Tanja 7.9.]

„In der Tat, das wäre sehr freundlich“, erwiderte die Junkerin und nickte, „Ich meine, nicht, dass auch ich mich noch verlaufe, dass wäre wirklich sehr bedauerlich...“

Sie lachte und fügte hinzu: „Im Falle, dass Du vom Knappen meines Vetters in die Irre geführt wurdest, was ich jetzt einfach mal der Situation entnehme, dann bedauere ich das zutiefst. Wir alle haben gewiss Besseres zu tun. Auf den Weg mitgeben möchte ich Dir allerdings noch zwei Dinge. Zum einen solltest Du nicht alles glauben, was man sich so erzählt, das meiste davon ist bloßer Unfug, was sich auch mein werter Vetter zu Herzen nehmen sollte, und zum anderen wäre es durchaus angebracht ein wenig mehr DEMUT zu zeigen, Ira von Plötzbogen, von den anderen elf ritterlichen Tugenden ganz zu schweigen...“ [Nale (Monika) 07.09.2016]

Ein überraschter Ausdruck glitt über das Gesicht der Knappin und sie schluckte. „Wohlgeboren, verzeiht. Es war nie meine Absicht euch zu verärgern. Wenn ich es dennoch getan habe, so bitte ich um Vergebung …. Aber ich verstehe nicht ganz. Weswegen habe ich eure Schelte verdient?“ Falls es einen Grund gab, so wusste die Hlutharswachterin ihn wohl wirklich nicht. [Ira/Tanja 7.9.]

Nale von Boltansroden ging auf Ira zu und blieb dicht neben ihr stehen. "Die zwölf ritterlichen Tugenden sind das, was einen Ritter ausmacht, was ihn unterscheidet von anderen Kämpfern, findest Du nicht? Wenn wir sie vergessen, was bleibt dann noch?", ihre Stimme war ganz leise, "Morgen sehen wir uns wieder, Ira von Plötzbogen, ich denken bis dahin ist genug Zeit um über meine und auch Deine Worte nachzudenken und Dir dann auch gegebenenfalls in Erinnerung zu rufen, was Du vielleicht, angesichts der Umstände, vergessen zu haben scheinst... " [Nale (Monika) 07.09.2016]

Iras Gedanken rasten, während sie die Kiefer aufeinanderpresste. Sie ging die Tugenden durch. Gerechtigkeit, dem Herr Praios zugeordnet. Mut und Ehr, der Herrin Rondras Liebstes. Geduld, eine Tugend des Launischen. Barmherzigkeit, Travia Steckenpferd. Frömmigkeit und ‚Klappe halten!‘ wie Jost immer sagte, dem Herrn Boron zugeordnet. Weisheit, nur durch die Herrin Hesinde. Demut lehrt der Herr Firun. Hoffnung, der Herrin Tsa zugeordnet. Selbstbeherrschung, des Listigen Fuchses Eigenschaft – oder eben nicht. Mäßigung, der Herrin Peraine zum Gefallen. Beständigkeit, des Herrn Ingerimm zugeschrieben. Minne, Frau Rahja s Gabe. ...

Doch sie kam nicht drauf, in welchen sie gefehlt hätte, um dieses Urteil der Junkerin zu verdienen. Verstimmt zog sie daher bei den Worten Nales die Stirn in Falten. Das einzige, worin sie eventuell doch selbst einen Grund zur Anschuldigung sah, bestand darin, dass sie der kleinen Petze nicht gleich übers Maul gebügelt hatte, als noch Zeit dazu gewesen war.

Ira zwang sich dann zu einer der Tugenden, Mäßigung nämlich, und glättete schnell die Stirn. "Wohlgeboren haben sicher Recht." erwiderte sie der Ritterin gleichsam auf alle Fragen und Aussagen und senkte den Blick. Ihr lag noch so viel auf der Zunge. Der Junkerin zu erzählen, dass ihr sauberer Pagenbursche längst nicht so tugendhaft war, wie sie annahm, sondern dass er ein verhätschelter dämlicher Esel ohne Anstand sei. Auch die erneute Bitte, die Junkerin möge doch etwas genauer sein und nicht nur um den heißen Brei herumreden. Ira riss sich allerdings zum Wohle von Josts entflammter Herzensglut beim Riemen und sagte nichts mehr. Im Zweifel galt immer noch die alte Regel: egal was ist, die Obrigkeit hat Recht, Schluss, aus, fertig. – Auch, wenn das ein Credo war, für das Ira noch nie viel übriggehabt hatte.

„So will ich Wohlgeboren die kostbare Zeit nicht weiter stehlen und würde mich dann, sofern ihr nichts dagegen habt, wieder in Richtung meines Schwertvaters aufmachen. Um ihm die Kunde zu bringen, dass ihr morgen Abend sein Gast sein werdet.“ verabschiedete sich Ira und trat dabei ein Stück beiseite, um sich mit einem höflichen „Wohlgeboren.“ vor der Junkerin zu verbeugen. Sie nickte auch deren Pagen grüßend zu, wobei sie sich ein ‚Namenloser‘ verkniff. Stattdessen würgte sie freundlichst ein „Junger Herr“ heraus, weil sie die Herrin nicht weiter verärgern wollte. Beim Fest in Angbar hatte Ira diese Nale ganz nett gefunden. Jetzt fand sie sie einfach nur nervig.

Aedin grinste ein wenig, ließ sich aber nichts anmerken, als sie den Rückweg antraten.

Auch Ira entschied sich, dem Anschiss erst einmal nicht mehr Bedeutung zu geben und fing rasch ein neues Thema an. „Für was steht eigentlich das ‚Hils‘ in Rohalssteger Hils?“ fragte sie neugierig, und kam so durch die Blume auf sein Versprechen zurück, ihr ein Fässchen davon mitzugeben.

„Die Hils ist ein Fluss, der bei uns durch das Gut fließt. Die braune Hils entspringt beim Kloster Ingrahall, die grüne Hils bei Wiesenbach. Beide vereinen sich ein Stück hinter unserem Burgsee und fließen dann durch die Hilsschlucht Richtung Amaralys. Und dort ist die Brauerei angesiedelt, in der das Rohalssteger Hils gebraut wird. Und die Hopfensteiner, also die Hügelzwergensippe, die das Bier braut, hatten so viel Heimatliebe, dass der Fluss Teil des Namens geworden ist. Das Rohalssteger Hils ist quasi das Hausbier meines Herrn und darf sich mittlerweile rühmen, gleich nach dem Ferdoker und Angbarer Bier als eines der berühmtesten und besten Biere des Kosches zu gelten. Und weil ich dich heute auf einen etwas unfreiwilligen Spaziergang entführt habe, vor allem aber, weil ich dich leiden kann, organisiere ich dir ein Fässchen davon mit den besten Wünschen des Hauses.“ erzählte er, während sie den doch eher kurzen Weg zurückgingen.

Im Lager der Eichsteiner herrschte Betrieb, der Junker und seine Gefolgsleute führten Waffenübungen durch. Als der Junker Ira und seinen Knappen sah, nickte er einem seiner Gefolgsleute, mit dem er gerade eine Übung durchging, kurz zu und unterbrach die Übung. „Ah, da seid ihr ja wieder und bringt mir meinen Knappen an einem Stück zurück, das ist sehr schön, er wird hier nämlich noch gebraucht“, sagte er mit einem fröhlichen Unterton, als er auf Ira und Aedin zuging. Etwas ernster fuhr er fort: „Habt nochmal Dank für die Einladung, der ich gerne folge. Ich denke, momentan werdet ihr alle noch beschäftigt damit sein, das Lager zu errichten. Sagt mir gerne Bescheid, wenn ihr dann soweit seid und Besuch willkommen ist, dann komme ich gerne. Richtet dem jungen Baron meine herzlichen Grüße aus.“ Dann wandte er sich an seinen Knappen: „Aedin, schau bitte, ob wir noch ein Fässchen vom Rohalssteger Hilsbock haben, das wir als ein kleines Geschenk geben können. Der Baron und seine Leute haben sicher Durst nach dem anstrengenden Ritt.“

Auf Aedins Gesicht stahl sich ein Grinsen und er zwinkerte Ira kurz zu, bevor er zwischen den Zelten verschwand.

Die verkniff behielt lieber für sich, dass auch die Hlutharswachter Zwerge Bier brauten und es sehr beliebt bei den Gemeinen war. Stattdessen dankte sie dem Ritter für seine freundliche Großzügigkeit.

Der Junker bot Ira noch an, an dem unter einem Sonnensegel aufgestellten Tisch auf einer der Bänke Platz zu nehmen, dann widmete er sich wieder den Übungen, die Ira neugierig aus der Ferne verfolgte. Es konnte nicht schaden zu wissen, wie gut oder wie schlecht jemand war, dem man nicht ganz über den Weg traute.

Kurz darauf erschien Aedin schon wieder mit einem Fässchen, das er zu ihr brachte. „Schaffst du das alleine oder brauchst du Hilfe?“ fragte er, nachdem er das Fass vor ihr auf den Boden stellte. Es handelte sich um ein kleines Bierfass, das knapp vier Urn Inhalt haben mochte. Beschriftet war es sowohl in Kusliker Zeichen als auch in Rogolan mit dem Schriftzug: Rohalssteger Hilsbock. [Aedin (Carsten) 07.09.2016]

„Hm, wie schwer isses denn?“ Ira ging vor dem hölzernen Gefäß in die Hocke, legte beide Arme um das Fässchen und stöhnte. Wahrscheinlich hätte sie es auch so ins Hlutharswachter Lager gebracht, aber sie wollte mal schauen, wie es um Aedins Hilfsbereitschaft wirklich stand. „Oje, ich fürchte, ich muss auf dein Angebot zurückkommen… Also natürlich nur, wenn dein Herr dich entbehren kann.“

„Gut, dann hole ich schon mal die Salbe“ antwortete Aedin trocken und wandte sich in Richtung der Zelte. Als Ira schon dachte, er würde jetzt tatsächlich die Salbe holen, hielt er inne und drehte sich noch mal um: „Oder hast du etwa was Anderes gemeint?“ Dann lachte er sie an, ging zurück zum Tisch und schulterte das Fässchen. „Dann lass uns mal losgehen. Wenn die Dame mir zeigen würden, wo es langgeht? Nicht, dass wir uns nochmal verlaufen...“ sagte er fröhlich und wartete auf Ira.

Die schloss rasch zu ihm auf. „Im Gegensatz zu dir hab ICH eine gute Orientierung!“ entgegnete sie Aedin neckisch, was angesichts seines Geständnisses, sie bewusst in die Irre geführt zu haben, ein müder Versuch war, ihm noch einmal eine mitzugeben. Sie dachte einen Moment sogar wirklich daran, Aedin als Retourkutsche auch ein wenig herumzuführen. Mit dem Fässchen auf den Schultern machte das sicher Spaß. Sicherlich würde es umso schwerer werden, je länger die ‚Reise‘ dauerte. Aber sie verwarf den – durchaus reizvollen – Gedanken, da sie nicht noch mehr Zeit verplempern wollte. Jost erwartete sie bestimmt schon zurück. Aber ein kleiner Schlenker sollte erlaubt sein.

„Oh, ich könnte dir das mit der Orientierung schon noch zeigen, aber du hast ja sicher keine Zeit, so schwer eingebunden und beschäftigt, wie du bist“ entgegnete Aedin recht frech und folgte ira fröhlich durch das Lager.

Sie verließen die Zelte des Fürstentums in Richtung der neuaufgebauten Zeltstadt der Nordmärker. Hämmern und Rufen wies den Weg, so dass es Ira leichtfiel, den Rückweg zu finden. Ein paar Mal war das sehr hilfreich. Aber Ira wäre auch selbstbewusst ins Ungewisse gestiefelt, nur, um sich vor Aedin nicht die Blöße zu geben. Sie hatten gerade das Lager der Koscher hinter sich gelassen, als Ira noch einmal das Gespräch eröffnete: „Also, Aedin, jetzt, da wir wieder unter uns sind: Das mit dem Mist von Umweg – warum? Doch nicht, um mir die Schönheit eures Lager zu zeigen, oder? Falls du mir aber… hm, was sagen wolltest,… dann kannst du ja noch mal einen neuen Anlauf starten! Immerhin sind die kleinen Maden im Bett.“ Ira schmunzelte. Ihr Blick von unten herauf war durchaus provokant und sie schob sich beim Reden in einer sehr weiblichen Geste ihr offengetragenes Haar hinter ein Ohr und fuhr die Strähne mit den Fingern nach, bis sie die Haarspitzen knapp über ihrem Busen um den Zeigenfinger wickelte. Aedin hatte Ira in Festgewandung gesehen – sie hatte mehr Oberweite, als man ihr jetzt unter dem braunen Lederwams ansehen mochte.

„Och, sagen wir einfach, dass ich die Zeit sinnvoll nutzen wollte. In Angbar war es ja doch etwas hektisch und danach wart ihr ja gleich weg. Man kommt heute ja kaum noch dazu, mal ein paar Worte zu wechseln so von Knappe zu Knappin vor lauter Terminen“ erwiderte er und grinste sie an. Während sie durch das Lager gingen und Ira sich offensichtlich herausputzte, beobachtete Aedin Iras Verhalten aufmerksam und grinste innerlich, als sie ihre Reize hervorhob. Was zu bieten hatte die Kleine ja, das musste man schon sagen. Aber hier, zu Beginn des Feldzuges, konnte sich Aedin allerhand vorstellen, aber nicht unbedingt Dinge, die auf Dauer ausgelegt waren. Aber für ein bisschen Spaß vor dem Feldzug… auch die Göttin Rahja wollte beachtet werden, das gehörte schließlich zu einer göttergefälligen Ausbildung dazu, oder? Und wer wusste schon, was die nächsten Tage und Wochen bringen würden. „Hübsch – wachsen die noch?“ sagte er frech grinsend, eindeutig doppeldeutig.

Wohl wissend, dass er eigentlich auf andere Dinge an ihr anspielte, hob sie die Strähne vor die Augen, besah sich die Haarspitzen kurz und ließ sie schließlich durch die Finger gleiten, ehe sie ihre kupferfarbene lange Mähne im Nacken mit beiden Händen fasste. Sie streckte sich dabei durch und reckte ihre Oberweite noch etwas in die Höhe. Indem sie mit der Linke den dicken Strang am Hinterkopf zusammenhielt, streifte sie mit der anderen die Haarpracht bis zum Ende aus. „Ich hoffe doch. Ich will mir irgendwann mal einen Zopf machen, der bis zum Arsch geht.“ antwortete sie auf seine Frage. „Oder ich schneide sie mir ab und verkaufe sie für gutes Geld nach Aranien, da tragen Frauen ja fremdes Haar, weil sie es kleidsam finden.“ Sie lachte. „Oder ich lasse es wachsen, bis es mir auf den Boden reicht und dann kann ich es als Mantel tragen. Was meinst du?“ [Ira (Tanja) 24.9.]

„Abschneiden wäre schade – aber das mit dem Mantel, das würde ich mir angucken“, erwiderte Aedin lachend, nachdem er sie erneut gemustert hatte. Und nicht nur das, dachte er bei sich, denn was zu bieten hatte die Nordmärkerin ja. „Vielleicht können wir uns ja weiter …unterhalten…, wenn du die wichtigen Aufgaben deines Schwertvaters erledigt hast – du hast doch bestimmt auch abends mal ein paar Minuten für dich?“ fragte er sie schließlich, als er vor ihnen die Farben des Barons von Hlûthars Wacht auftauchen sah. [Aedin (Carsten) – 01.10.2016]

Unterhalten? Das glaubte sie erst, wenn es soweit war. Seinem Blick wohnte nämlich ein gewisses Interesse inne und Ira kannte das von anderen Kerlen: wer so guckte, bei dem würde es wohlmöglich nicht bei einer Unterhaltung bleiben. Hatte sie Lust, Aedin besser kennenzulernen? Ja. Denn er gefiel ihr. Er hatte ihr schon damals in Angbar gefallen. Er war witzig, sah gut aus und er hatte etwas an sich, was sie mochte… Aber hatte sie Zweifel? Ja. Zu sehr beschäftigten Ira die unausgesprochenen Vorwürfe, bei Aedins Schwertvater würde etwas nicht stimmen.

Wobei… Sie überlegte: Wenn sie eine Freundschaft zu dem heiteren Rotschopf aufbauen konnte, würde sie ihre Nachforschungen etwas weniger offensichtlich vorantreiben können. Und vielleicht sogar die Vorwürfe entkräften. Ja, letzteres – und ja, natürlich, auch noch ein paar andere Dinge – fand Ira ganz erstrebenswert, daher antwortete sie, als wäre es das Normalste der Welt: „Klar. Wir können uns gern treffen und uns ‚unterhalten,“. An dieser Stelle warf sie dem Knappen des Eichsteiners einen neckischen, fordernden Blick zu. Falls Aedin eine Doppeldeutigkeit hinter seinen Worten versteckt hatte, hatte Ira deutlich gemacht, diese erkannt zu haben. „Also bislang hatte ich nach der Abendmahlzeit immer Freizeit. Wird hier nicht anders sein - Hm, ich wollte mich eh mal im Lager umschauen. Vielleicht holst du mich nach eurem Nachtessen einfach ab und wir gehen zusammen ne Runde?“ schlug sie vor, bevor sie sich den Hlutharswachter Zelten endgültig näherten. Und um noch einmal in die Kerbe zu schlagen fügte sie rasch hinzu „In der Hoffnung, wir finden den Weg dann auch wieder zurück. Das Lager der Kaiserlichen ist ja echt riesig.“ [Ira (Tanja) 2.10.]

Aedin schaute gut gelaunt zu ihr herüber, als Ira seine Frage positiv beschied. „Fein, dann werde ich die werte Dame nach dem Abendmahl abholen und sie durch das Lager führen. Schauen wir doch, was wir dabei alles Schönes entdecken und gemeinsam unternehmen können“ antwortete Aedin daraufhin mit einem verschmitzten Grinsen. Insgeheim freute er sich, dass sie zugestimmt hatte. Er war neugierig , wie der Abend verlaufen würde. Und vielleicht war das ja auch ein guter Ansatz, um das Anliegen seines Schwertherren zu erfüllen und etwas mehr über den Baronet von Hlûthars Wacht herauszufinden – und nicht nur über ihn, sondern auch seine Knappin. [Aedin (Carsten) 15.10.2016]

Der Baronet von Hlutharswacht sah seine Knappin zurückkommen. Sie hatte den Knappen des Eichsteiners im Gepäck, und dieser wiederum ein Bierfässchen