Glückwünsche aus der Baronie Schnakensee

Burg Schnakensee, 16. Phex 1045 BF

Die junge Baronin von Schnakensee saß am frühen Vormittag in ihrer Stube auf einem hohen Schemel und ließ sich gerade von ihrer Leibzofe die Haare kämmen. Das geräumige Zimmer wurde von zwei kleinen Öllampen auf dem Tisch vor ihr nur spärlich beleuchtet. Aufgrund des eisigen Windes, hatte sie die Läden verschlossen und auch die Felle vor die beiden Fensteröffnungen gezogen. Der Blick Adulas ging gedankenverloren in die Ferne, als sie plötzlich ein lautes Pochen an ihrer Türe aus den Gedanken riss.

„Das ist Jasper.“, seufzte ihre Zofe und legte die Bürste beiseite, ehe sie sich in Richtung der Tür drehte, die Hände vor dem Bauch faltete und sich straffte: „Herein!“. Als sich die Türe knarzend öffnete, lugte der alte Truchsess durch den Spalt und kniff die Augen zusammen: „Hmm, ganz schon duster hier drinnen, näch?“, sprach er mit seiner krächzenden Stimme und trat schließlich in den Raum. Als er die Türe hinter sich schloss, konnte man sehen, dass er ein großes Stück Pergament in der Rechten hielt. Die Baronin selbst blickte nur kurz über ihre Schulter und sprach dann zur Wand: „Jasper, was gibt es?“.

Mit seinen kleinen, watschelnden Schritten kam der Truchsess näher und blieb zwei Schritt hinter der Baronin stehen. Er blinzelte einige Male nervös in Richtung der Zofe, die ihn von oben herab anblickte und ihm auffordernd zunickte.

Jasper von Niedersprötzingen wackelte mit seinem Kopf hin und her, während er sich räusperte und schließlich zu sprechen begann: „Nachricht aus Witzichenberg, von der Baronin und ihrem Gemahl höchstselbst!“ Dann wedelte er mit dem Pergament in der Hand in der Luft herum. Während die Zofe der Baronin die Augenbrauen überrascht nach oben zog, antwortete die Baronin selbst, ihren Blick noch immer auf den Tisch vor ihr gerichtet, emotionslos: „Kenne ich sie?“

Die Zofe und der Truchsess tauschten kurz Blicke aus, ehe die Zofe lächelte und in gütigem Ton zur Baronin sprach: „Meline von Tannwirk, euer Hochgeboren, sie…“ Der Truchsess unterbrach die Zofe ohne Ankündigung: „Melinde, mit ‚D‘!“, woraufhin ihm Calla von Muggenloch, die Zofe, einen kühlen Blick zuwarf. „Danke, Jasper!“, zischte sie als Antwort, während der Truchsess sich selbst lächelnd zunickte.

Die Zofe straffte sich erneut, ehe sie weitersprach: „Sie ist nur wenig älter als ihr und erst seit kurzem belehnt. Persönlich getroffen habt ihr sie meines Wissens noch nicht, aber Witzichenberg ist eine sehr wohlhabende Baronie.“ Adula von Schnakensee nahm die Ausführungen ihrer Zofe stumm entgegen und zuckte dann nur mit den Schultern.

Ihre Zofe wandte sich dann an den Truchsess: „Was möchte Sie von uns?“ Jasper von Niedersprötzingen wurde von dieser Frage wohl aus seinen Gedanken gerissen, denn erst nach einem kurzen Moment der Verwunderung, reagierte er auf die Frage der Zofe: „Eh…also…eh…“, er hielt das Schreiben ganz nahe vor sein Gesicht und kniff die Augen zusammen, „…am achten Phex ist das zweite Kind…eine Tochter…eh…Swanhild, geboren, jaja!“. Langsam ließ es das Dokument wieder sinken und nickte der Zofe zu.

Die Baronin machte, dem Truchsess noch immer den Rücken zugewandt, ein zischendes Geräusch: „Pffff…das ist aber schön für sie!“, sprach sie sodann spöttisch. Obwohl sie den Spott nicht überhört haben konnte, schien die Zofe diesen zumindest ignorieren zu wollen, als sie, an den Truchsess gewendet, sprach: „Ja, nicht? Wir sollten dem Kinde ein Geschenk bereiten und Grüße und Glückwünsche aus Schnakensee übermitteln!“

Jasper von Niedersprötzingen nickte und brummte dabei vor sich hin. Er kratzte sich am Kinn und sprach, mehr zu sich selbst: „Jaja…hm…mal überlegen…“ Calla von Muggenloch ging einen schnellen Schritt zur Baronin und legte dieser die Hand auf die Schulter: „Euer Hochgeboren, wie wäre es mit einer Kindertrage aus Linnebrücker Korb? Darin ein Daunenkissen aus Weidenthal und einen wärmenden Hermelinwickel? So kann die kleine Swanhild immer warm und bequem liegen und die Amme mag sie überall mit hinnehmen können!“ Während der Truchsess zufrieden nickte, erwiderte die Baronin nach einem kurzen Seufzer nur: „Gut, dann macht das so. Und jetzt lasst uns wieder alleine, ich will aufbrechen, sobald der Regen nachgelassen hat. Sonst komme ich auch morgen noch nicht in Kranick an.“

Calla von Muggenloch drehte den Kopf und nickte dem Truchsess zu. Ihre Miene verriet Erleichterung. Der Truchsess, zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf, was nur die Zofe sehen konnte. Dann holte er tief Luft und sagte: „‘S wird ganz nach euren Wünschen geschehen. Emina schreibt noch unsere Glückwünsche, näch?“. Als er bereits wieder zur Tür schlurfte, rief ihm Calla noch nach: „Danke, Jasper!“, woraufhin er kurz stehenblieb, der Zofe zulächelte und dann den Raum wieder verließ.


Höchst geschätzte Standesgenossin,

mit Freude haben wir vernommen, dass Ihr und Euer werter Herr Gemahl von der Herrin Tsa gesegnet wurdet! Wir hoffen, dass unser kleines Präsent Eure Svanhild in den kalten Nächten wärmt und wünschen Ihr und ihrer Familie den Segen der Zwölfe.

Gewogenste Grüße

Adula von Schnakensee

(Vielen Dank an Kaltenklamm für die schöne Geschichte und die Erlaubnis, sie zu veröffentlichen!)