Tommelsbeuger Hochzeit

Die Ankunft der Gäste

Die erste Szene aus dem Briefspiel zur Tommelsbeuger Hochzeit.


11. Peraine 1046 BF, Burg Fischwacht in Tommelsbeuge.

Circe versuchte am Abend der Ankunft, Melinde in ihrer Unterkunft aufzusuchen. Sie klopfte an die Tür.

Melindes Zofe öffnete die Tür und Melinde gab ihr die Anweisung, die Hofmaga hereinzubitten. Melinde saß an einem Tisch und arbeitete an einigen Dokumenten.
"Guten Abend! Was kann ich für Euch tun?"

Circe entgegnete:
"Guten Abend, Hochgeboren. Ich möchte mich darauf vorbereiten, etwas für Euch tun zu können. Es wird hoffentlich nicht notwendig sein, aber ich möchte mich notfalls hierhin teleportieren können."
Circe sah sich kurz um, und formulierte dann ihre Frage möglichst unverfänglich:
"Falls Ihr ohne Eure Klinge auf die Feierlichkeit zu gehen gedenkt, kann es nicht schaden, wenn ich weiß, wo Ihr sie aufbewahrt."

Eine silbergraue Katze mit schwarzem Abzeichen huschte an Circe vorbei ins Zimmer und sprang auf Melindes Schoß. Diese begann sie zu streicheln, worauf die Katze ein tiefes, kehliges Schnurren von sich gab. Auf der Burg gab es etliche dieser hübschen Tiere.
"Tretet nur näher!", forderte die Baronin Circe auf.
"Noch einen Becher Wein als Schlummertrunk?"
Sie füllte einen zweiten Becher mit Rotwein und reichte ihn der gelehrten Dame. "Sollte es zu Zwischenfällen irgendeiner Art kommen, möchte ich, dass Ihr Euch zuallererst um Eleonore und Svanhild kümmert. Die Klinge führe ich bei mir. Ich danke Euch für Eure Fürsorge und Vorsicht!"
Melinde deutete auf einen Stuhl gegenüber ihres Tisches.

Circe sah die Katze an und runzelte die Stirn.
"Melinde auch?", fragte sie sich.
Schnell sagte sie:
"Ja, dann sollte ich das Gemach auch noch kurz betreten."
Circe sah das Bannschwert kurz an und nickte. Circe beschrieb noch kurz den Weg zu ihrer Unterkunft.

Melinde besuchte, die Katze strich ihr um die Beine, mit Circe noch die Kammer ihrer beiden kleinen Töchter, die beide selig schliefen. Ein zärtliches Lächeln huschte über das Gesicht der Mutter und ganz, ganz leise schlichen sich die beiden Frauen aus dem Gemach und überließen die Kinder der Amme. Die Katze hatte sich ebenfalls still verhalten und folgte Melinde weiterhin.
"Bitte zeigt mir nun, wo Ihr untergebracht seid. Dann finde ich Euch im Fall eines Falles schneller. Ich gehe davon aus, dass Ihr gut untergebracht seid?"

Circe antwortete mit zwei Worten auf beides:
"Ja, selbstverständlich."
Zusätzlich zur Beschreibung zeigt Circe der Baronin den Weg zu ihrer Unterkunft.
"Und herzlichen Dank für den Wein."

"Immer Gerne!"
Als Circe die Türe zu ihrer Kammer öffnete, stürmte die Katze zwischen den beiden Frauen durch und sprang auf Circes Bett, wo sie sich bequem einrollte.

Circe beäugte die Katze.
"Ein Vertrautentier hätte mich angefaucht", dachte sie sich.
Trotzdem nahm sie sich fest vor, bei Gelegenheit nachzusehen.
"Sieht so aus, als würde ich diese Nacht nicht allein verbringen", scherzte Circe.
Sie überlegte, ob sie irgendwelche Gegenstände telekinetisch bewegen oder ein Ende ihres Seiles tanzen lassen sollte.

"Soll ich sie runternehmen?", fragte Melinde lächelnd.
"Nicht, dass Ihr heute Nacht nicht in Euer Bett kommt!"

Circe entgegnete:
"Aber nein, das ist nicht notwendig. Ich komme schon zurecht."

Melinde lächelte:
"Dann wünsche ich Euch eine gute Nacht!"
Melinde kehrte in ihr Gemach zurück. Die Katze lag mitten auf Circes Bett und schien fest zu schlafen.

Circe konnte jetzt ihre Neugier befriedigen und einen Odem wirken, ohne der Baronin erklären zu müssen, wieso sie hinter jeder Katze, die die Nähe von Menschen suchte, ein Hexentier vermutete, auch wenn die Katze sich eher atypisch verhielt, sollte sie ein Vertrautentier sein.

Bei der Katze, die Circe nun hinsichtlich eines Vertrautentier-Daseins untersuchte, traf ihre Vermutung vollkommen zu. Sie verhielt sich nicht nur atypisch für ein Vertrautentier, sie war auch keines. Die Katze, die sich auf Circes Bett gemütlich eingerollt hatte, schnurrte im Schlaf, was sicherlich beruhigend wirken und dem Einschlafen zuträglich sein könnte, wäre da nicht die durchaus unvorteilhafte Position des Katzentieres inmitten der Schlafstätte.

Circe zog ihre Nachtgewandung an und kroch unter die Decke, wobei sie die Katze vorsichtig beiseiteschob, aber nur so weit, dass ihr noch Platz blieb. Die Katze murrte empört, gestattete es Circe jedoch, unter die Decke zu schlüpfen.


~*~


12. Peraine, Tag der Hochzeit und Ankunft der geladenen Gäste, Burghof der Burg Fischwacht in Tommelsbeuge

Tsaja hatte an diesem Morgen lange und erholsam geschlafen. Die Praiosscheibe sandte ihre Strahlen verheißungsvoll durch das Fenster.
"Hochzeitsmorgen!", dachte Tsaja fröhlich und spürte wieder den ihr eigenen Optimismus, den sie in den letzten Tagen vermisst hatte.
Liliane ließ ihr das Frühstück ans Bett bringen. Sie musste bis zum Mittag liegen bleiben, um sich auszuruhen. Später wurde ihr ein Bad bereitet. Melindes Zofe Franka badete sie und trocknete sie ab. Dann kümmerte sie sich um die Haare der Braut. Tsajas Gesicht und Dekolleté wurden mit Salben betupft, dann musste sie sich erneut ausruhen.
"Wovon eigentlich?", fragte sich Tsaja.
Zwischendurch erschienen abwechselnd Melinde, Nyah, Lara und Liliane, um die Braut zu unterhalten und - in Lilianes Fall vermutlich eher -, um zu prüfen, ob sie sich auch wirklich ausruhte. Lara erzählte Tsaja kichernd, dass sogar Liliane sich zum Ausruhen zurückgezogen habe, da ihr die Reise immer noch in den Knochen steckte.
Später am Nachmittag erschienen Liliane und Franka, um Tsaja zu frisieren und anzukleiden.

Während Tsaja sich ausruhte, herrschte draußen großes Treiben, obwohl schon seit Tagen nichts mehr dem Zufall überlassen worden war. In der vergangenen Woche hatte man sich alle Mühe gegeben, die Burg Fischwacht in ein festliches Gewand zu kleiden. Was nicht einfach war, hatte man bei ihr offenbar den Schwerpunkt auf Wehrfähigkeit gelegt und somit der Funktion deutlich Vorrang vor der Form gegeben.

Und dennoch strahlten den Gästen, neben den Farben der Wappen der beiden sich verbindenden Häuser derer von Fischwachttal und von Tannwirk, auch weitere bunte Wimpel in verschiedenen Farben schon von Weitem entgegen. Der Torturm, der Palas und der Bergfried waren geschmückt mit im Wind flatternden, bunten Wimpeln, und der Burghof war mit etlichen Blumengestecken dekoriert.

Selbst in Tommelsbrück, dem Marktflecken zu Füßen der Burg, hatte man Girlanden gespannt, wo sonst Wäsche an Leinen zum Trocknen hing. Die Einwohner hatten sich, soweit möglich, schicklich gekleidet, Kinder flochten sich gegenseitig gepflückte Blumen ins Haar oder schenkten kleine Sträußchen einem jeden, der die Hand danach aufhielt.
Überall roch es nach Gebratenem, Gesottenem oder Gebackenem, offenbar wollte heute jeder Einwohner des Dorfes diesen Freudentag mit 'ihrem' Baron begehen.

Im Zentrum Tommelsbrücks hatte man hierfür Tische und Bänke notdürftig zusammengestellt, an denen sich schon am Mittag die Tommelsbrücker tummelten. Einige hatten Instrumente herbeigeschafft und spielten zum Tanz auf.

Die Hohen Gäste wurden allerdings höchstens von einem der Kinder behelligt, die ihnen eines der besagten Blumensträußchen schenken wollten.

Empfangen wurden die Gäste im Burghof, der ebenfalls in bunten Farben dekoriert und von Blumen geschmückt war, von einer Dienerschar, die ihnen die Ankunft und den Aufenthalt auf der Burg Fischwacht so angenehm wie möglich machen sollte.

Nachdem die Braut noch in ihrem Gemach weilte, übernahm es Ihre Hochgeboren Melinde Eberwulf von Tannwirk als Familienoberhaupt, gemeinsam mit Geribold die Gäste zu begrüßen, wobei sie sich etwas im Hintergrund hielt und dem Bräutigam den Vortritt ließ.
Dieser stand neben Ihrer Hochgeboren. Er trug eine aus feinem Leder gearbeiteten Hose. Dazu ein weißes Hemd aus hochwertigem Leinen und darüber ein Wams in den Farben derer von Fischwachttal, auf das man das Wappen der Familie gestickt hatte und das von feinen Silberfäden durchwirkt war.


~*~


Adula von Schnakensee erreichte Burg Fischwacht mit ihrem Tross nebst der Gesandtschaft aus Bösalbentrutz am späten Vormittag. Die kleine Schar aus Schnakensee, bestehend aus der Baronin selbst, ihrer Zofe sowie dem Burgmarschall mit vier Bewaffneten, war am frühen Morgen von Burg Bösalbentrutz aufgebrochen, nachdem man zuvor zwei Tage die Uferstraßen von Ambla und Tommel entlang geritten war. Insbesondere die bereits in die Jahre gekommene Zofe der Baronin hielt sich nur mit Mühe im Sattel und musste ihr Gesicht zu einem Lächeln zwingen, da ihr Rücken unter dem Ritt sichtlich gelitten hatte.
Die Baronin selbst hielt sich aufrecht und kerzengerade im Sattel. Sie trug eine Reiterhose sowie eine Weste aus dunklem Wildleder und darunter eine weite Bluse mit weitem Halsausschnitt, welche sowohl ihre schlanke Gestalt als auch ihre breiten Schultern betonte. Das Gesicht der jungen Frau war ausdruckslos, als sie ihrem Gefolge einige Schritt voraus, Seit‘ an Seit‘ mit ihrer ehemaligen Schwertmutter Irminella von Eberbach, in den Burghof ritt. Dort angekommen, hob sie die Hand und gab ihrem kleinen Tross somit das Zeichen, innezuhalten.
Auf der Suche nach bekannten Gesichtern sah sie sich von ihrem hohen Ross herab um, ehe sie sich nach rechts zu Irminella beugte und leise sprach:
"Kennst du hier jemanden? Ich hoffe doch!"

Irminella von Eberbach hatte sich dem Tross der Baronin zu Schnakensee nach deren Aufenthalt auf Burg Bösalbentrutz angeschlossen. Als weitere Hochzeitsgäste begleitete sie ihr Gatte Balther sowie ihre gemeinsamen Kinder Rondrik und Leodegar. Amadis, ein weiterer Spross aus dem Hause Eberbach, hatte Burg Fischwacht bereits zuvor mit dem Brautzug erreicht.
Nun schmunzelte Irminella, als sie die Frage ihrer ehemaligen Knappin vernahm.
"Der Mann dort im Wams ist der Gastgeber, Seine Hochgeboren Geribold von Fischwachttal."
Dabei gab sie sich alle Mühe nicht zu offensichtlich mit dem Kopf in seine Richtung zu nicken.
"Die Dame neben ihm ist Ihre Hochgeboren Melinde Eberwulf von Tannwirk, Baronin zu Witzichenberg und Nichte der Braut."
Sie schaute sich weiter um.
"Dort aus dieser Kutsche, die da soeben auf den Hof fährt, dürfte sogleich Ihre Hochgeboren Thalissa di Triavus, Baronin zu Rickenhausen, aussteigen. Selbst habe ich sie noch nicht kennengelernt, aber das Wappen erkenne ich. Halte dich im Zweifel an Boso, der dürfte hier jeden kennen. Wo ist der eigentlich?"
Sie sah sich suchend um.

Noch bevor Irminella ihren Schwiegervater entdecken konnte, kam Seine Hochgeboren bereits mit einem freudigen Lächeln auf die Neuankömmlinge zu.

Auch Melinde trat auf die ankommenden Gäste zu, um sie gleich nach Geribold zu begrüßen.

Adula von Schnakensee nickte bei den Ausführungen ihrer ehemaligen Schwertmutter kaum merklich. Ihr Gefolge lenkte die Pferde derweil in Richtung der Stallungen.
Als Adula sah, dass sich die angesprochenen Gastgeber auf sie zu bewegten, weiteten sich ihre Augen vor Schreck und sie ließ sich schnell und behände von ihrem Pferd gleiten, um nun aufrechtstehend mit einem übertriebenen Lächeln im Gesicht die Ankunft des Gastgeberpaares zu erwarten.

"Euer Hochgeboren, es freut mich, Euch auf Burg Fischwacht begrüßen zu dürfen! Vor allen Dingen, da wir bislang noch keine Gelegenheit hatten, uns persönlich kennenzulernen."
Er lächelte und neigte leicht sein Haupt.
"Und auch Euch und Eure Familie heiße ich aufs Herzlichste willkommen!"
Er hatte seinen Blick jetzt Irminella zugewandt.
"Wie schön Euch wiederzusehen."
Kurz suchte er den Blick eines jeden aus der Familie von Eberbach.

Irminella antwortete nur knapp:
"Wir danken Euch für die Einladung, Euer Hochgeboren."
Dann verneigte sie sich vor Geribold, ihre Familie tat es ihr gleich. Ansonsten überließ sie offenbar Adula das Wort, blickte sie ihre ehemalige Knappin doch mit einem freundlichen Lächeln an.

Geribold wandte sich indes wieder Adula zu.
"Ich hoffe, die weite Reise verlief zu Eurer Zufriedenheit? Eure Gemächer haben wir vorbereitet. So Ihr mögt, seid Ihr herzlich Willkommen im Anschluss an die Feierlichkeiten auf Burg Fischwacht zu nächtigen."
Die junge Baronin von Schnakensee deutete eine Verbeugung an und lächelte, jedoch schienen ihre kühlen, blauen Augen durch den Gastgeber hindurchzublicken, als sie ihm mit einer überraschend tiefen Stimme und einem solch gleichbleibenden Tonfall antworte, dass die Worte beinahe schon auswendig gelernt klangen:
"Die Freude ist ganz meinerseits! Wir fühlen uns durch Eure Einladung sehr geehrt. Unsere besten Glückwünsche an Euch und Eure künftige Gattin."
Sie atmete kurz durch und sah dann für einen Wimpernschlag aus dem Augenwinkel zu der neben ihr stehenden Irminella von Eberbach.
Ein knappes Nicken bekam die junge Baronin von Schnakensee zur Antwort.

"Meinen vorzüglichsten Dank."
Nochmals neigte Geribold kurz sein Haupt und wandte sich dann nochmals an Irminella.
"So Ihr Boso sucht, er befindet sich derzeit im Garten."
Anschließend wandte er sich erstmals an jemand anderen als Adula oder Irminella. "Leodegar, lange habe ich Euch nicht mehr gesehen. Ich hörte, Ihr lebt nun in Gratenfels? Erzählt mir bei Gelegenheit mehr."

"Sehr gern, Hochgeboren. Habt auch meinen Dank für die Einladung."
Der junge Herr von Eberbach strahlte - offenbar in freudiger Erwartung einer Unterhaltung über seine Leidenschaft, die Falknerei.

Geribold blickte zu der Kutsche, die soeben in den Hof fuhr und die Rickenhausener Farben trug.
"Entschuldigt mich bitte, die Hohen Damen. Ich freue mich auf weitere Unterredungen mit Euch."
"Jaja, viel los."
Adula lächelte und nickte verständnisvoll, als Geribold weiterzog.

Melinde begrüßte zuerst die Bösalbentrutzer freundlich. Dann wandte sie sich an Adula:
"Seid Willkommen! Auch wir hatten noch nicht das Vergnügen, uns persönlich kennenzulernen. Melinde Eberwulf von Tannwirk zu Witzichenberg. Mein Gemahl und ich haben uns sehr über Eure Aufmerksamkeiten anlässlich der Geburt unserer Tochter Svanhild gefreut!"
Melindes Miene war ernst, ohne jedoch unfreundlich zu sein. Sie blickte Adula selbstbewusst ins Gesicht, würdig, hübsch und ohne Hochmut, jedoch konnte Adula merken, dass ihr Gegenüber sich einen ersten Eindruck von ihr verschaffen wollte.

Die junge, hochgewachsene Baronin errötete leicht und schenkte Melinde ein übertrieben freundliches Lächeln, während sie langsam nickte. Es verging ein kurzer Augenblick, ehe Adula ihr antwortete:
"Sehr erfreut, euer Hochgeboren! Die Aufmerksamkeit zur Geburt eurer Tochter kam von Herzen."

Melindes Mundwinkel zuckten einen kurzen Moment nach oben und sie blickte freundlich auf Adula.
"Ihr möchtet jetzt sicher in Ruhe ankommen. Bitte entschuldigt mich."

Adula deutete eine Verbeugung an und entgegnete nur knapp:
"Gerne!"
Als Geribold und Melinde die beiden Damen verlassen hatten, sah Adula Irminella kurz an und atmete tief durch.
"Ich lasse Butterblume versorgen.", sprach sie, was wie eine Ausrede klang, um der Aufmerksamkeit zu entfliehen.

"Jaja, viel los.", lachte Irminella, als sie die Worte Adulas wiederholte, nachdem die beiden Gastgeber außer Hörweite waren.
"Mach das, sicher kannst du sie im Marstall dort unterbringen lassen."
Irminella deutete an Adula vorbei auf besagtes Gebäude.
"Ach ja, wenn du Amadis hier irgendwo triffst, sag ihr bitte, dass wir da sind."

Adula atmete tief durch, nickte und entgegnete knapp:
"Ja, das werde ich machen.", als sie sich zum Gehen wandte.


~*~


Thalissa di Triavus hatte es sich nicht nehmen lassen, die Jungfernfahrt mit ihrer neuen Kutsche, welche in den Rickenhausener Farben Rot und Gelb gehalten war und das Wappen auf beiden Seiten trug und welche von vier Kaltblut-Schimmeln, deren Mähnen kunstvoll geflochten waren, gezogen wurde, zu bestreiten.
Ihr eigenes Reitpferd sowie das ihrer Zofe Melisande della Yaborim führte sie natürlich trotzdem mit, und auch ihr sonstiges Dienstpersonal, nämlich zwei Bewaffnete und zwei Diener, waren ebenfalls beritten, da sie in der Kutsche lieber mit Melisande allein war, denn die Reisezeit wollte genutzt werden, und nicht jedes Thema, das die beiden zu besprechen hatten, war für jedermanns Ohren geeignet.
Aber nun waren sie angekommen auf Burg Fischwacht, ein Ort, an den es sie bisher noch nie verschlagen hatte. Die bärbeißige Kutscherin lenkte das Gefährt auf den Hof der Burg und einer der Diener stieg von seinem Pferd, um den Verschlag zu öffnen und das Treppchen herunterzuklappen, so dass die Baronin von Rickenhausen und ihre Zofe bequem aussteigen konnten. Im Moment trugen die beiden selbstverständlich noch ihre Reisegewänder in gedeckten Farben, denen der Kenner oder die Kennerin dennoch den horasischen Stil ansah, und schauten sich um.

Dabei konnten sie sich einen recht guten Überblick über den Burghof und die entsprechenden Gebäude verschaffen, waren sie doch eine der ersten Gäste. Auch hier bestätigte sich der Eindruck, den man von außen erhalten hatte - nur das Nötigste befand sich innerhalb der Ringmauer, die meisten Gebäude hatte man offenbar direkt an sie heran gebaut. Gegenüber des Torturmes, durch den die beiden den Burghof erreicht hatten, befand sich der Palas. Unweit links des Gebäudes befand sich ein geöffnetes Manntor in der Ringmauer, an dem zwei Gardisten ihren Dienst taten. Der Torbogen war geschmückt mit allerlei Blumen und gab den Blick auf einen Garten frei.
Der Gastgeber selbst befand sich soeben in einem Gespräch mit einigen Gästen, die wohl kurz zuvor angekommen waren.

Als die Baronin von Rickenhausen den Gastgeber entdeckte, hielt sie, dicht gefolgt von Melisande, auch gleich auf ihn zu, um dann höflich abzuwarten, bis er und die anderen Ankömmlinge ihr ihre Aufmerksamkeit schenkten. Ihr Diener und die Kutscherin verständigten sich derweil eigenständig mit dem Burgpersonal, um für die Unterbringung der Kutsche und der Pferde zu sorgen.

Geribold nahm die Anwesenheit Thalissas wahr und entschuldigte sich bei Adula von Schnakensee und Irminella von Eberbach, bevor er sich mit breitem Lächeln und strahlenden Augen der Baronin von Rickenhausen zuwandte.
"Herzlich Willkommen auf Burg Fischwacht, Euer Hochgeboren! Es freut mich, Euch heute begrüßen zu dürfen."
Der Zofe der Baronin nickte er lächelnd zu.

Melisande, die mit ihren schwarzen Haaren und der dunklen Haut in den Nordmarken eine auffällige Erscheinung war, lächelte zurück und knickste höflich.
"Und mich freut es, bei dieser Hochzeit dabei sein zu dürfen, Hochgeboren", erwiderte Thalissa, ebenfalls freundlich lächelnd.
"Habt also nochmals vielen Dank für die Einladung. Da sind wir nun schon einige Zeit fast Nachbarn, aber nie gab es die Gelegenheit, sich näher kennenzulernen. Eine Hochzeit ist doch ein guter Anlass, um das zu ändern."
Dann deutete sie auf ihre Zofe.
"Darf ich vorstellen? Signora Melisande della Yaborim, meine Leibzofe und Vertraute."
Diese knickste gleich nochmals, ihr Lächeln vertiefte sich.
"Auch ich freue mich, Euch kennenzulernen, Euer Hochgeboren - und natürlich Eure zukünftige Gattin."

"Sehr erfreut, Signora."
Er nickte der Zofe zu, bevor er sich wieder an Ihre Hochgeboren wandte.
"Schön, dass wir nun endlich Gelegenheit haben, uns besser kennenzulernen. Ich hoffe, es dauert dann im Anschluss nicht bis zur nächsten Hochzeit."
Kurz lachte er freudig auf.
"So Ihr mögt, wir haben für Euch ein Gemach vorbereitet, in dem Ihr nächtigen könnt."

"Nun, ich gehe davon aus, dass wir uns von nun an, da wir uns besser kennen, öfter austauschen werden als lediglich bei Hochzeiten", schmunzelte die Baronin von Rickenhausen.
"Und tatsächlich war die Reise zwar nicht über die Maßen weit, aber dennoch anstrengend, weswegen wir gerne die Gelegenheit nutzen würden, uns ein wenig frisch zu machen und auszuruhen."

Er lachte erneut, bevor er antwortete:
"Davon gehe ich ebenso aus. Ruht Euch aus, das Gemach ist bereit, man wird es Euch zeigen. Zur Trauungszeremonie sind es noch ein paar Stunden."
Auf einen Wink von ihm kamen Bedienstete herbei, die Ihre Hochgeboren zu ihrem Zimmer führen sollten.

"Habt Dank, Hochgeboren. Dann überlasse ich Euch den anderen Gästen, wir sehen uns später", verabschiedete sich Thalissa für den Moment und machte sich auf, um den Bediensteten zu folgen.

Melisande organisierte derweil das Ausladen des Gepäcks und dessen Transport in die Gemächer.
Auf dem Weg nickte die Baronin von Rickenhausen anderen Ankömmlingen kurz zu, suchte aber nicht das Gespräch, da niemand näher Bekanntes dabei war und sie wirklich etwas Ruhe brauchen konnte.

Melinde folgte Ihrer Hochgeboren und der Signora, um sie noch kurz zu begrüßen, bevor sie im Palas verschwanden.
"Die Zwölfe zum Gruße!", grüßte sie die beiden Damen, die sie auf dem Bankett anlässlich ihrer Belehnung bereits kennenlernen durfte.
"Ich hoffe, Eure Reise verlief angenehm?"

Thalissa blieb stehen und drehte sich um.
"Die Zwölfe zum Gruße, Hochgeboren“, begrüßte sie ihre Nachbarin erfreut, während Melisande wie schon vorher vor Baron Geribold knickste.
"Ja, alles bestens, oder zumindest nicht schlechter als üblich", antwortete sie dann auf die Frage, leicht ironisch auf die teils mäßig instand gehaltenen Straßen anspielend, was sie durch die Fahrt in ihrer neuen Kutsche entsprechend hatte 'auskosten' dürfen.
Das war nicht zuletzt der Grund für eine gewisse Erschöpfung, obwohl der Weg von Rickenhausen hierher nicht so sehr weit war, aber drei Tage waren sie jetzt trotzdem unterwegs gewesen.
"Und wie ist es Euch ergangen? Sind die Vorbereitungen der Hochzeit in geregelten Bahnen verlaufen?"

"Ja, danke! Viele fleißige Hände und Helfer haben alles auf das Beste gerichtet! Lediglich einige Tage Regen vor der Abreise haben die Braut doch einige Nerven gekostet, aber die Anreise verlief dann glücklicherweise einwandfrei! Vielleicht möchtet Ihr Euch nach den Strapazen der Anreise noch bei einem Bade entspannen? Wir freuen uns auf jeden Fall, dass Ihr sie auf Euch genommen habt und dem Brautpaar die Ehre Eurer Anwesenheit gebt!"

"Aber das war doch selbstverständlich", gab Thalissa zurück.
"Und ein heißes Bad wäre genau das, was ich jetzt brauchen könnte. Daher möchte ich Euch auch gar nicht weiter aufhalten, um mich an diesem Genuss umso schneller laben zu können - was nicht heißt, dass ich mich nicht auf baldige weitere Gespräche mit Euch freue."

"Dann genießt die Erquickung und wir sehen uns später zur Feier!"
Melinde verbeugte sich leicht vor beiden Damen und überließ sie einem Diener, der sie zu ihren Gemächern führte.


~*~


Geribold hatte sich indessen bereits den Neuankömmlingen zugewandt, die nur kurz nach Baronin Thalissa di Triavus durch den Torturm in den Burghof geritten waren.

Hierbei handelte es sich um die kleine Delegation aus Kranick, angeführt von Iriane von Kranick.
Die Baronin hatte ihr blondes Haar wie so oft kunstvoll hochgesteckt, die blauen Augen wachsam auf die Umgebung gerichtet. Gekleidet war sie in ein einfaches, schwarzes Redegewandt mit dem Wappen derer von Kranick.
Neben ihr ritt ein junger, gutaussehender Mann, die Verwandtschaft zur Baronin war unübersehbar - das gleiche blonde Haar, die gleichen blauen Augen. Die restliche Begleitung der Herrin von Kranick war farbenfroher gekleidet.
Hinter Iriane und ihrem Sohn ritten, in die typischen Gewänder ihres Glaubens gekleidet und in ein freundschaftliches Gespräch vertieft, Seine Gnaden Aidan von Freiensteyn, ein Geweihter der heiteren Göttin sowie Seine Hochwürden Gundoin von Kranick, Geweihter der gütigen Mutter.
Seine Hochwürden Gundoin war ein rüstiger Mann in den mittleren Sechzigern, das blonde Haar kurz geschnitten. Die grau-blauen Augen blickten gütig zu seinem Gesprächspartner.
Seine Gnaden Aidan war deutlich jünger als sein Gesprächspartner, maximal vierzig Sommer. Er trug sein braunes Haar etwas länger, die ebenfalls braunen Augen blickten heiter und gelassen ob der Ausführungen des Traviageweihten.
Neben den beiden Götterdienern ritt eine Frau im Alter seiner Hochwürden, Selinde von Aelgarsfels, Truchsessin von Kranick. Ihre ergrauten Haare waren kunstvoll hochgesteckt und ihre Augen schienen in ständiger Bewegung zu sein, während sie aufmerksam den Tross beobachtete. Dem Gespräch der beiden Geistlichen lauschte sie mit einem warmen Lächeln.
Zum Schluss des kleinen Trosses ritten drei weitere Personen. Die Zofe der Baronin, eine Frau, welche sich in den mittleren Dreißigern befand, war in ein einfaches, sauberes blaues Kleid gekleidet, sie trug ihr braunes Haar zu zwei Schnecken seitlich am Kopf hochgesteckt. Man sah der Frau an ihrer Haltung im Sattel an, dass sie nicht oft lange Strecken mit dem Pferd zurücklegte.
Neben ihr ritten Hagrian Rorliff von Aelgarsfels, Hausmarschall und -Ritter von Baronie Kranick und sein Mündel Hagunelda von Fischwachttal. Sie unterhielten sich mitleidig scherzend über das Unwohlsein der ungeübten Reiterin und über die beste Methode, den Hintern zu kurieren. Jemand spekulierte, ob Brennnesseln wohl zumindest Taubheit verschaffen würden, während Hagrian sich lachend den Kugelbauch hielt, als er sich die entsprechende Szene am Hofe ausmalte.

Hagunelda trug schon seit geraumer Zeit ein breites Lächeln im Gesicht, das ihr wie ins Gesicht gemeißelt schien. Die erst fünfzehn Lenzen junge Knappin des Hohen Herren Hagrian von Aelgarsfels war so voller Vorfreude in ihre Heimat zurückzukehren und ihren Bruder wiederzusehen, dass sie nervös auf dem Rücken des Pferdes hin und her rutschte. Ihr blondes Haar hatte sie zu einem leichten Pferdeschwanz gebunden und ihre blauen Augen schienen über den ganzen Burghof zu wandern. Ihr Lächeln wurde noch breiter und ein wohliges Seufzen entfuhr ihr – 'Zuhause', dachte sie dabei.

Iriane erblickte die beiden vor ihnen angekommenen Delegationen und lächelte, als sie die leicht angespannte Körperhaltung ihrer Freundin, Adula von Schnakensee, sah.
Nachdem sie von ihren Pferden abgestiegen war, blickte sie kurz in ihre Richtung und nickte der jüngeren Frau freundlich zu.
Aus dem Augenwinkel nahm sie schmunzelnd wahr, dass ihr Sohn Hagunelda vom Pferd half und dabei freudig lächelte.
"Gott sei Dank ist er anders als sein Vater und sein Bruder", dachte sie bei sich, bevor sie sich umwandte und geduldig darauf wartete, dass sie und ihr Gefolge an der Reihe waren, die Gastgeber zu begrüßen.
Nachdem Irian der jungen Knappin vom Pferd geholfen hatte, stellte er sich leicht versetzt hinter seine Mutter, die er um fast zwei Hauptlängen überragte, und wartete ebenso auf die Begrüßung.

Hagunelda hielt sich im Hintergrund und überließ den Hohen Damen und Herren das Parkett. Sie würde schon irgendwann Zeit finden, ihren Bruder in die Arme zu schließen.

Geribold kam auf die Delegation aus Kranick zu, blieb schließlich vor Iriane stehen und zeigte ein freundliches Lächeln.
"Herzlich Willkommen, Iriane. Es bedeutet mir viel, dass Du meiner Einladung gefolgt bist."
Er neigte leicht das Haupt.
"Fühl' dich wie immer wie zu Hause."

Iriane lächelte Geribold freundlich zu, sie musste den Kopf dabei etwas in den Nacken legen, und fasste freundschaftlich seine Hände.
"Ich danke Dir für Deine Einladung und freue mich auf die Feierlichkeiten. Ich hoffe, der Tag wird genauso wie ihr ihn geplant habt."

"Danke, das hoffe ich auch."
Er lachte herzlich.
"Es ist alles bis ins Kleinste geplant. Nur regnen darf es nicht, die Trauung findet im Garten statt."
Er blickte mit gespielt bangem Blick zum Himmel.
"So Du Dich ein wenig entspannen möchtest, lasse ich nach jemandem schicken - der Etikette wegen, ich weiß, du kennst dich hier aus."

Iriane nickte ihm herzlich zu.
"Das wäre nett, ich möchte mich schon ein wenig frisch vor Deiner Vermählung machen und in ein anderes Gewand schlüpfen. Ich wäre Dir sehr dankbar."

"Aber natürlich, ich lasse Dir Bescheid geben, sobald die Trauung beginnt. Gib Du wiederum Bescheid, so Du etwas brauchst."

Inzwischen war Melinde auch zu Geribold und den neuen Gästen getreten, um sie willkommen zu heißen. Sie bat Geribold, ihr die Gesellschaft aus Kranick vorzustellen.

"Aber natürlich."
Er nickte Melinde freundlich zu und stellte dann die Gäste aus Kranick vor. Er begann mit Hochgeboren Iriane Madalin von Kranick zum Kranickfluchs, gefolgt von Seiner Wohlgeboren, Sohn Irianes und designiertem Erbe.
Anschließend stellte er Hochwürden Gundoin Baduar von Kranick, denjenigen Mann, der die Trauung vollziehen würde, und Seine Gnaden Aidan von Freiensteyn, Geweihter der Schönen Göttin, vor. Mit einem leichten Schmunzeln endete er bei seiner Schwester Hagunelda.

Melinde verbeugte sich vor den Damen und Herren.
"Es ist mit Ehre und Vergnügen zugleich Euch kennen zu lernen! Danke, dass Ihr den Weg auf Euch genommen habt!"
An seine Hochwürden gewandt:
"Vielen Dank, dass Ihr gekommen seid, um den heiligen Bund zu besiegeln!"

Iriane erwiderte die Begrüßung der Frau und sprach für sich und ihre Begleiter:
"Es ist uns ebenfalls eine Freude, Euch kennen zu lernen. Habt Dank für die Einladung."
Irian und Aidan nickten lächelnd bestätigend in Richtung Melindes.
Gundoin von Kranick hingegen wandte sich der Frau freundlich zu:
"Es ist mir immer eine Freude, den Segen meiner Herrin auf ein liebendes Paar zu rufen. Ich freue mich Euch kennen zu lernen. Seid ihr mit der Braut verwandt?"

"Ich bin die Nichte der Braut," schmunzelte die Baronin, denn sie war fünf Götterläufe älter als Tsaja.
Melinde winkte einem Diener, der dienstbeflissen näher kam.
"Sicher möchtet Ihr zuerst einmal Eure Gemächer aufsuchen? Erholt Euch noch etwas und lasst Euch gerne einige Erfrischungen bringen. Es ist für alles gesorgt."

Iriane nickte freundlich.
"Ja, Euer Hochgeboren. Die Gemächer aufzusuchen und sich etwas frisch zu machen und umzukleiden, wäre wunderbar. Die Reise hat uns doch etwas staubig gemacht."
Bei den Worte blickte die Frau kurz an sich runter.

"Dann erholt Euch nun etwas! Wir werden uns später bei der Zeremonie sehen!"

Iriane schaute die Frau offen und dankbar an.
"Habt Dank, es ist mir eine Freude Euch kennen zu lernen."

Unterdessen wanderte Geribolds Blick zu Hagunelda, der er ein kurzes Lächeln und ein Zwinkern mit dem linken Auge schenkte, nur um sich dann umgehend an die weitere Gesandtschaft zu wenden, die er gleichermaßen freundlich begrüßte.

Irian wartet geduldig, bis seine Mutter und Geribold ein paar Worte ausgetauscht hatten. Dann wandte er sich mit einem Lächeln an den Gastgeber.
"Ich danke Euch für die Einladung, Euer Hochgeboren. Ihr habt ein schönes Heim."

"Danke, Euer Wohlgeboren. Ich hoffe, Ihr mögt Katzen."
Er lachte.
"Es freut mich sehr, Euch wiederzusehen."

Irian lächelte den Mann freundlich an.
"Ja, Katzen sind interessante Tiere, ich mag sie. Ich freue mich ebenfalls, Euch wiederzusehen. Und seid Ihr aufgrund des Anlasses ein wenig aufgeregt?"

"Und wie!", kam es lachend zur Antwort.
"Schon seit Tagen. Aber je näher der Moment rückt, desto ruhiger werde ich."

Irian lachte mit seinem Gastgeber. Dann schaute er kurz verstohlen zu Hagunelda.
"Ich wünsche Euch nur das Beste zu Eurer Vermählung. Hoffentlich schicken die Götter mir auch bald die richtige Partnerin.", setzte er grinsend hinzu.

"Ihr seid von stattlichem Wuchs... und Erbe.", setzte er mit einem Augenzwinkern nach.
"Ich bin mir sicher, Ihr werdet eine ganz wunderbare Partnerin finden. Genießt die Feierlichkeiten!"
Er nickte dem jungen Mann noch einmal zu, klopfte ihm sogar freundschaftlich auf die Schulter.

Irian lächelte den Baron freundlich an.
"Habt Dank für Eure Worte, das werde ich ganz bestimmt."
Er lächelte Geribold nochmals zu und wandte sich in Richtung seiner Mutter und ihren Reisegenossen.

Nun war Aidan an der Reihe. Er öffnete seine Arme, fasste den Gastgeber an den Händen und lächelte den Baron strahlend an.
"Ich freue mich ebenfalls, Eurer Vermählung beiwohnen zu dürfen. Möge der Segen meiner Herrin ebenso auf Eurer Ehe liegen wie der ihrer gütigen Schwester."

Geribold wiederum umfasste die Hände des Geweihten der schönen Göttin und lächelte ebenso breit.
"Danke, habt vielen Dank, Euer Gnaden. Als ich hörte, dass Ihr Euch die Ehre geben würdet, war ich hoch erfreut. Hatten wir doch bislang noch nicht die Möglichkeit uns kennenzulernen."

"Wenn sich zwei Liebende im Namen der Götter das Eheversprechen geben wollen, ist dies immer ein willkommener Anlass, dem ich gerne beiwohne."
Dann schmunzelte er kurz, bevor er weitersprach.
"Und den Segen meiner Herrin auf Euer Fest zu lenken, kann den Feierlichkeiten ja nicht schaden."

Geribold lachte auf.
"Wohl gesprochen, Euer Gnaden. So Ihr mögt, könnt auch Ihr Euch zusammen mit Hochwürden den Garten ansehen. Eventuell habt Ihr ja noch den ein oder anderen Vorschlag für die Dekoration?"
Nun war es Geribold, der schmunzelte.

"Ich werde mich Gundoin gerne anschließen und einen Blick auf die Dekoration werfe ich ebenfalls gerne."
Mit diesen Worten nickte Aidan dem Baron zu und schloss sich dem Travia-Geweihten auf seinem Weg in den Garten an.
Alrike - Ayla machte im Hintergrund einen tiefen Knicks und murmelte:
"Ich grüße Euch Euer Hochgeboren, mögen die Götter mit Euch sein."

"Habt Dank."
Er nickte der Zofe zu.
"Seid herzlich Willkommen auf Burg Fischwacht."

Die Frau verharrte in ihrem Knicks und errötete leicht.
"Habt Dank, Euer Hochgeboren."

Er nickte noch einmal und ging zu Seiner Gnaden Gundoin Baduar von Kranick und neigte auch vor ihm das Haupt.
"Hochwürden, herzlich willkommen auf Burg Fischwacht. Ich danke Euch für Euer Kommen und die Ehre, die Ihr uns zuteilwerden lasst."

Der Geweihte lächelt den jüngeren Mann freundlich an.
"Die Ehre liegt ganz auf meiner Seite. Es ist mir immer eine Freude den Segen und das Wohlwollen meiner Herrin auf ein wahrhaft liebendes Paar zu lenken. Möge dieser Tag der Beginn einer wundervollen und dauerhaften Ehe sein."
Hier blickte er kurz sehr liebevoll zu seiner Gattin herüber.

"Danke, Hochwürden. Die Trauung findet im Garten statt. Wollt Ihr ihn Euch im Vorfeld einmal ansehen und Euch mit den Gegebenheiten vertraut machen?"

Gundoin nickte bei den Worten des Gastgebers und blickte ihn freundlich an.
"Sehr gerne, Euer Hochgeboren. Wenn Ihr mir den Weg beschreiben wollt, finde ich den Garten bestimmt alleine. Ich möchte Euch nicht von Euren Pflichten als Gastgeber abhalten."

"Das ist ganz simpel. Sehr Ihr die beiden Wachhabenden dort?"
Er deutete auf einen reich geschmückten Torbogen gleich linker Hand des Palas. Davor standen zwei Gardisten und der Blick durch das Tor verriet auch schon den Garten.
"Einfach dort hindurch, den Pavillon könnt Ihr gar nicht verfehlen. Bei weiteren Fragen steht Euch der gute Boso von Eberbach zur Verfügung. Er ist derzeit im Garten zugange."

Der Geweihte nickte dem jungen Mann zu.
"Dann werde ich mich mal auf den Weg machen und mir den Garten anschauen. Wir sehen uns dann ja später euer Hochgeboren."
Nach diesen Worten machte er sich mit Aidan auf den Weg zum Garten.


~*~


Adula war gerade dabei, ihr Pferd am Zügel in Richtung der Stallungen zu führen, als ein älterer, hochgewachsener und stämmiger Mann mit kurzgeschorenem, rotem Haar an ihre Seite trat, einige wenige Worte mit ihr wechselte und ihr schließlich die Zügel aus der Hand nahm. Die junge Baronin stand für einen Moment etwas verloren auf dem Burghof und blickte sich um. Als sie sah, dass Iriane von Kranick ebenfalls angekommen war, schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Sie wartete ab, bis der Blick ihrer Freundin ebenfalls auf sie fiel und hob dann ihren rechten Arm, um ihrer Freundin, die gerade von anderen Adligen umringt wurde, knapp zu winken.

Nachdem sie die Begrüßungsworte mit dem Gastgeber gewechselt hatte, erwiderte sie die Geste ihrer Freundin mit einem Lächeln. Sie überlegte kurz, winkte ihre Zofe heran und sprach ein paar Sätze mit ihr. Nachdem sie ihre Anweisungen gegeben hatte, ging die wenigen Schritte bis zu Adula und begrüßte sie schmunzelnd.
"Ich sehe, Du fühlst Dich herrlich unwohl.", sagte sie mit einem Lächeln und in einer Lautstärke, welche nur für Adulas Ohren bestimmt war.

Adula errötete auf der Stelle, wie ein Kind, welches man bei etwas Verbotenem erwischt hatte, und ihre Schultern sanken ebenso wie ihr Blick nach unten.
"Jaja, wenn ich das neue Kleid anhabe, das Du mir empfohlen hast, werde ich mich sicher viel wohler fühlen."
Ihrer Stimme war nicht zu entnehmen, ob dies als Scherz gemeint war oder ob es sich um eine bloße Feststellung handelte.
Sie presste die Lippen zusammen und sah auf die Baronin von Kranick herab.
"Dann werde ich mich jetzt standesgemäß umkleiden gehen."

Iriane lächelte ihre Freundin liebevoll an.
"Ja, ich werde mich auch umkleiden. Die Reisekleidung ist doch sehr verstaubt. Zudem sind auf einer Feierlichkeit fröhliche Farben besser geeignet."
Hier lächelte sie kurz in sich hinein, bevor sie sich wieder Adula zuwandte.
"Du wirst in dem Kleid umwerfend aussehen!"

Mit noch immer roten Wangen nickte Adula eifrig.
"Bestimmt... hoffe ich."
Dann zwang sie sich zu einem schmalen Lächeln, wandte sich ab und ging ohne sich nochmals umzusehen in Richtung des Palas.
Dort konnte Iriane bereits Calla von Muggenloch auf den obersten Stufen der Treppe zum Portal erkennen, die sich in leicht gebückter Haltung am Geländer festhielt und der Baronin von Kranick mit einem Lächeln knapp zunickte.

Iriane nickte der älteren Frau freundlich lächelnd zu und hob kurz grüßend die Hand. Dann ging sie zu ihren Begleitern zurück, um sich nach der Reise frisch zu machen.


~*~


In Adulas Rücken öffnete sich geräuschvoll eine Tür des Marstalls und Amadis von Eberbach trat heraus. Sie hatte ihre Arbeit offenbar erledigt, wandte sie sich doch mit folgenden Worten an Ihre Hochgeboren, als diese das Gespräch mit der Hohen Dame aus der Baronie Kranick beendet hatte:
"Verzeiht, Euer Hochgeboren, bitte verzeiht, dass ich Euch so einfach behellige. Doch Ihr seid das erste bekannte Gesicht hier. Wisst Ihr, ob meine Mutter bereits zugegen ist?"

Die junge Baronin, blieb überrascht stehen und benötigte einen Moment, um das Gesicht zuzuordnen.
"Ach, Amadis!", rief sie freudig aus.
"Was für eine Überraschung! Bei den Göttern, bist du groß geworden!"

Bei den Worten Adulas reckte Amadis ein wenig die Brust heraus und stellte sich kerzengerade hin.
"Findet Ihr?", fragte sie dann mit leicht geröteten Wangen.

Anerkennend nickte Adula der Knappin zu, ehe sie sich an deren Frage erinnerte:
"Ähm, ja, deine Mutter!"
Adula ließ ihren Blick über die versammelten Edelleute streifen.
"Sie war vorhin noch dort vorne."

Amadis Blick folgte ihr dem Ihrer Hochgeboren. Als die Knappin ihre Mutter und vor allem ihren Bruder Leodegar erblickte, strahlte sie.
"Da sind sie!"'"

Adula sah die junge Frau jetzt wieder freundlich lächelnd an.
"Sie sucht dich sicher auch. Nun geh schon!"

Amadis wollte schon davonpreschen, besann sich dann aber noch einmal.
"Ich hoffe Ihr könnt die Festlichkeiten genießen! Vielen Dank noch einmal, Hochgeboren."
Sie verneigte sich vor Adula und lief dann geradewegs auf Ihre Familie zu.
Dort angekommen fiel sie zuerst ihrem Bruder Leodegar um den Hals, bevor sie reihum den Rest ihrer Familie umarmte. Für einige Zeit stand die Familie aus Gut Gräflich Bösalbentrutz beisammen und genoss es, alle Familienmitglieder an einem Ort zu wissen.


~*~


Madalin und ihr Gemahl Anselm von Lerchentrutz reisten nicht gerne längere Strecken mit der Kutsche. Das lange Fahren auf den harten Bänken der Kutsche und das immerwährende Holpern machte ihnen im Alter immer mehr zu schaffen. Darum entschieden sie sich auch dieses Mal den Weg nach Burg Fischwacht mit dem Boot anzutreten. Obwohl die Tommel sehr wenig Wasser führte für diese Jahreszeit, ging die Reise so viel bequemer und meist auch schneller. Korada, Madalins jüngere Schwester, hatte als Kämmererin am Baronshof dafür gesorgt, dass ein Wagen das Gepäck vom Boot zur Burg hochbrachte. Für Anselm, Madalin und Praiophan standen drei Pferde bereit, um sie in die Burg zu bringen.
So ritten die drei am späten Nachmittag in den Burghof. Inmitten der prächtig geschmückten Mauern stiegen sie von den Rössern ab. Madalins Augen blickten sich suchend um, bis sie endlich diejenige gefunden hatte, den sie suchte. Ein Lächeln lag ihr auf den Lippen. Ihre Schwester Korada, die mit ihrem Sohn Rioban etwas abseits stand, lächelte zurück. Sie hatte die Ankunft ihrer älteren Schwester mit Freude erwartet. Nach einigen Momenten des Blickkontaktes führte Korada den Blick ihrer gerade angereisten Schwester mit einer Drehung des Kopfes zu Baron Geribold von Fischwachttal, der bereits auf dem Weg zu Madalin und ihrem Gemahl Anselm war.
Für einen kurzen Augenblick hatte Madalin vergessen, weswegen sie eigentlich hier angereist waren. Etwas überrascht, dass der Baron sie bereits bemerkt hatte, nutzte sie ihr bereits aufgesetztes Lächeln und begrüßte ihn aufs Allerhöflichste.
"Euer Hochgeboren, es ist mir und meiner Familie eine ganz große Ehre hier sein zu dürfen, dazu noch zu einer solch freudigen Gelegenheit!"
Anselm, der etwas hinter seiner Frau stand, sagte etwas zurückhaltend:
"Eine Ehre ist es mir! Ein wirklich festlich geschmücktes Anwesen habt Ihr, Baron."

Geribold kam mit breitem Lächeln und ausgebreiteten Armen auf die Neuankömmlinge zu.
"Seid herzlich Willkommen auf Burg Fischwacht und bedankt für die netten Worte! Dann ist die Familie nun vereint, nicht wahr?"
Geribold nickte einmal zu Korada herüber.
"Ihr versteht, dass der Hohe Herr Rioban derzeit noch alle Hände voll zu tun hat? Doch verspreche ich, dass auch er bald zu seiner Familie stoßen wird!"
Mit Blick auf die Pferde fragte er:
"Wie reist es sich denn derzeit auf der Tommel?"

"Aber sicher doch. Es gibt viel zu tun bei einer solch wichtigen Festlichkeit und seine Aufgaben sind gerade sicher von großer Bedeutung. Wir werden später noch genügend Zeit finden. Die Bootsfahrt dauerte etwas länger als sonst. Einmal sind wir beinahe auf einer Sandbank aufgelaufen. Efferd scheint etwas launisch zu sein, was den Wasserstand der Tommel angeht."

"Hmm...", grübelte Geribold.
"Habe ich mich doch nicht geirrt. Es schien mir so, als führe sie recht wenig Wasser. Nun, das wird sich sicherlich nach dem ein oder anderen Regenguss wieder erübrigt haben."
Dann wechselte er das Thema.
"Kommt in Ruhe an Bis zur Trauung ist es noch einen Moment. Beseht Euch die Örtlichkeiten, erfrischt Euch oder tut, wonach Euch derzeit der Sinn steht, Ihr seid zu all dem herzlichst eingeladen. Mich allerdings müsst Ihr entschuldigen, es wartet noch der ein oder andere Gast auf mich."

"Aber gewiss. Habt Dank für eure Gastfreundschaft! Es ist uns wieder einmal eine Ehre, Eure Gäste sein zu dürfen."
Geribold nickte noch einmal lächelnd und wandte sich dann der Kutsche zu, die vor Kurzem durch den Torturm gefahren war.


~*~


Es war noch nicht lange her, kaum einen halben Götterlauf, dass Udilbras Timerlain zur Hochzeit seiner Großnichte nach Witzichenberg gereist war. Natürlich war es etwas anderes, wenn ein Familienmitglied heiratete, doch war es ebenso wichtig für die Beziehungen zu den Nachbarn, deren Traviabünde mit ihnen zu feiern.
Zugegeben hatte er nie die Ambition gehabt, die unter seiner Mutter gelösten Fäden innerhalb der eigenen Familie wieder enger zu knüpfen und auch seine Tochter hatte diesbezüglich wenig unternommen, doch war er froh, dass Vea vom bisherigen Weg Abstand genommen hatte. Es hatte die Familie so bereichert und ihn eventuell rührselig auf seine alten Tage auch erfreut, um den Werdegang seines Bruders und dessen Nachkommen zu erfahren. Eine von ihnen war Basilissa, die er ohne seine Enkelin nie kennengelernt hätte. Von all den Verwandten weiter im Rahja des Reiches ganz zu schweigen, schließlich hätte er sich deren Existenz nicht einmal zu erträumen gewagt.
Und auch wenn sein Weg zu den Feierlichkeiten vergleichsweise kurz und unbeschwerlich war, war Udilbras als Vertretung der jungen Baronin dennoch nicht ohne anständige Bedeckung auf Reisen gegangen. Begleitet von sechs Getreuen hatte seine Kutsche den Weg von der Vairnburg hierher nach Tommelbeuge zurückgelegt.

Melinde erreichte die Kutsche zufällig vor Geribold, der noch anderweitig im Gespräch war. Sie freute sich, den Alt-Baron von Vairningen wiederzusehen, der im Hesinde als Gast auf Burg Tannwirk weilte, als Melindes Onkel Leon den Traviabund mit Basilissa von Vairningen einging.
"Euer Hochgeboren! Welche Freude Euch zu sehen! Befindet Ihr Euch wohlauf?""'
Sie verneigte sich höflich vor dem älteren Herren und reichte ihm die Hand.

Geribold, dem die persönlichen Beziehungen des Alt-Barons und Melinde selbstredend bekannt waren, hielt sich hier zunächst einmal im Hintergrund. Dies hielt ihn natürlich nicht von einer leichten Verbeugung und einem freundlichen Lächeln ab.

Wohlwollend und warmherzig ergriff Udilbras die ihm dargebotene Hand und hauchte einen Handkuss darauf. Der Weg zurück in die Senkrechte fiel dem Altbaron etwas schwerer, doch die Geste war es ihm Wert gewesen.
"Ah, ich hatte Glück und die Reparatur der Federung ist gerade noch rechtzeitig abgeschlossen worden, das hat deutlich zum Komfort der Reise beigetragen. Ansonsten geht es mir gut, nichts was man in meinem Alter nicht auch erwarten kann. Doch danke der Nachfrage."
Mit einem Nicken erwiderte er die Begrüßung Geribolds mit ebenso freundlich.
"Ich hoffe die Götter meinen es auch mit Euch gut?", erkundigte er sich wiederum.

"Ja, seid bedankt! Ihr habt vielleicht gehört, dass die Herrin Tsa meinem Gemahl und mir eine gesunde Tochter geschenkt hat? Unsere beiden Kinder sind wohlauf und in der Baronie steht im Moment auch alles zum Besten."
Melinde, sonst eher zurückhaltend, blickte mit einem freundlichen Lächeln auf Udilbras.
"Ich hoffe, in Eurer Familie sind auch alle gesund?"'"

"Soweit es Kunde gen Vairnburg gab, geht es allen gut. Allerdings verstand es meine Mutter vorzüglich ihre Geschwister und Nachkommen auf Distanz zu halten und diese kamen dem Wunsch nach möglichst großer Entfernung mit Freuden nach, sodass ihre Briefe zurück in die Heimat zumeist sehr weite Wege zurücklegen müssen."
Der alte Timerlain klang dabei nicht so, als würde er seiner Mutter trauern oder nachtragen, vielmehr war er erfreut darüber, dass überhaupt von all diesen Angehörigen regelmäßig Kunde in die Heimat erging.
"Und natürlich meinen Glückwunsch zu Eurem Nachwuchs, ich muss sagen, es erstaunt mich, wie schnell die Zeit vergeht. Erst im Hesinde sind meine Urenkel fünf Lenzen alt geworden und ihre Geschwister werden im nächsten Mond vier."
Die junge Göttin hatte es mit den Zwillingen und den anschließenden Fünflingen sehr gut gemeint, während seine Enkelin sich glücklich schätzte, eine auf die Heilkünste spezialisierte Magierin am Hof zu haben.

"Kinder sind ein Geschenk und sie gesund aufwachsen zu sehen, ein großes Glück!"
Melinde lächelte, doch für den Bruchteil einer Sekunde zog ein Schatten über ihr Gesicht und sie fragte sich, wie wichtig dies ihrer eigenen Mutter je gewesen war. Dann erhob sie lächelnd ihr Haupt und wandte sich an Geribold:
"Hoffentlich werden die Götter Euch dieses Glück auch zuteilwerden lassen!"

"Da haben Hochgeboren recht, auch wir, meine Enkeltochter und ich, hoffen, dass das Haus Fischwachttal schon bald einen Erben und Stammhalter erhält."
Für die Stabilität in Nordgratenfels war dies in der Tat sehr zu wünschen und darüber hinaus meinte es die junge Göttin vielleicht besonders gut und das benachbarte Baronsgeschlecht könnte endlich einmal von der Gefahr eines baldigen Erlöschens abrücken.

"Seid bedankt!", nickte Geribold.
Auch er hatte sich natürlich schon Gedanken um das Haus gemacht.
"Viele Fischwachttaler gibt's ja nicht mehr.", schoss es ihm durch den Kopf, den er dann ganz leicht schüttelte, um seine Gedanken abzuschütteln.
Dann blickte er den Alt-Baron wieder direkt an.
"Ich freue mich, dass Ihr hier seid. Trotz vieler Jahre direkter Nachbarschaft gab es doch recht wenige Gelegenheiten, sich gegenseitig kennenzulernen. Vielleicht können wir das heute Abend nachholen?"
Er lächelte einladend.

"Sehr gern, Hochgeboren", stimmte Udilbras dem Vorschlag seines Gastgebers bereitwillig zu.
"Ich denke, auch wenn meine Enkeltochter, die Baronin, nicht hier ist, kann es nicht schaden, freundschaftliche Bande mit dem Nachbarn zu knüpfen und zu pflegen."
Tatsächlich waren Kontakte, Bande und Bündnisse etwas, dessen Wichtigkeit ihm Vea immer deutlicher aufgezeigt hatte. Noch als Baroness, als sie bereits in frühen Jahren ihre Mutter von der Errichtung des Handelskontors überzeugte, und noch mehr als Baronin, wo ihres und das Verhalten ihres Gatten als prächtige Früchte geerntet werden konnten.

"Dem ist nichts hinzuzufügen!", gab Geribold freudig zur Antwort.
"Doch fürchte ich, müssen wir das bis zu den Feierlichkeiten aufschieben, denn die ein oder andere Kleinigkeit will dann doch noch vorbereitet sein, Ihr versteht?"
Er machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach.
"Für Euch ist ein Zimmer vorbereitet. So Ihr mögt, lasse ich Euch dorthin geleiten? Es ist noch ein wenig Zeit bis zur Trauung. Solltet Ihr weiters noch etwas benötigen, so lasst es mich bitte wissen."
Er lächelte noch einmal freundlich.


~*~


Viel Zeit bis zur Trauung war nicht mehr, als endlich auch Wunnemine von Fadersberg samt ihres Trosses im Burghof anlangte. Die Baronin von Ambelmund hatte es sich nicht nehmen lassen, auf ihrem ganz und gar schwarzen Tralloper Riesen-Rappen den ihren voran hinauf zur trutzig gen Aran blickenden Burg, auf der zu weilen sie und die ihren eingeladen waren, zu preschen. Ihr dunkelblondes Haar wallte um sie und fiel ungebändigt auf den über ihrem Kettenhemd getragenen blauen Wappenrock, auf dessen Brustpartie auf silbernem Schild ein dreigipfliger blauer Berg und eine rote Spindel prangten.
Hinter ihr folgten ihre Waffenmeisterin Abarhild Moscher mit vier weiteren Waffenknechten der Baronin, zwischen denen die Kutsche rumpelte. Diese war ein gemächlich dahin schaukelnder und nur schlecht gefederter, altmodischer Reiseplanwagen, der - unübersehbar - schon seit etlichen Generationen im Dienste des Hauses war, und dessen Schwerfälligkeit auch von den fröhlich im Winde flatternden Wimpeln mit dem Ambelmunder Wasserdrachen und der Fadersberger Spindel nicht kaschiert wurde. Falls sie zu spät kämen, wäre nur dieses Gefährt daran schuld, dachte sich Wunnemine. Es war zwar robust genug für die holprigen Pisten diesseits der Tommel, forderte für seine Dienste allerdings einen hohen zeitlichen Tribut. Aber das Reiten war eben nicht die Welt ihrer weit jüngeren Schwester Befinna, und auch ihr eigener, erst im Firun ein Jahr alt gewordener Sohn Wunibald war bislang genauso wenig für den Sattel geeignet. Stattdessen saß er den Schoß ihrer neuen Zofe platt. Leodegar von Fadersberg, Truchsess und Gemahl der Baronin, obgleich ritterlich geschult und geübt, hatte sich ebenfalls bequemt, mit in dem Planwagen zu reisen - fünf Waffenknechte um diesen herum und das Schwert seiner Gemahlin waren das eine, die grausigen Geschehnisse in den letzten Monden, die auch seine Schwägerin weit früher als erwartet zurück nach Ambelmund gespült hatten, das andere. Wunnemine und er hatten daher Bedenken, Wunibald und Befinna ohne unmittelbar mit ihnen sitzende Bedeckung reisen zu lassen, also fiel ihm diese Aufgabe zu.
Leider war Befinna wie eh und je seit ihrer Rückkehr weit weniger gesprächig gewesen, als er sich dies erhofft hatte. Umso erfreuter schlug er daher die Plane ein wenig zurück und stieg aus dem Wagen. Ausgerechnet jetzt war sein Sohn eingeschlafen - nachdem dieser lange keinen Schlaf gefunden hatte.
Wunnemine schwang sich derweil in einer entschlossenen Bewegung aus dem Sattel und blickte sich auf dem Burghof nach den Gastgebern oder anderen bekannten Gesichtern, sowie dem Dienstpersonal um, dass sich um ihr Gepäck und ihr Gefährt kümmern würde.

Geribold war soeben dabei, einer Schar Bediensteter weitere Anweisungen zu geben, als er das Schlagen von Hufen vernahm, die wohl weitere Gäste ankündigten. Er wandte sich gen Torturm und blickte mit freudiger Miene auf den Tross aus Ambelmund. Erneut sprach er das Dienstpersonal an, die sich daraufhin aufstellten und offenbar bereit waren, das Gepäck und die Pferde der Neuankömmlinge entgegenzunehmen.
Geribold selbst ließ die Gäste zunächst einmal im Burghof ankommen, bevor er auf sie zutrat. Er blieb in der Nähe des Tralloper Riesen stehen, senkte leicht das Haupt und erhob mit freundlichem Lächeln das Wort:
"Euer Hochgeboren, Willkommen auf Burg Fischwacht. Es ist mir eine Ehre, Euch hier heute zu meine Gästen zählen zu dürfen. Ich hoffe die Reise verlief recht angenehm? Man wird sich um Euer Gepäck kümmern, kommt in Ruhe an."
Auf einen Wink von ihm hin, setzten sich die Bediensteten in Bewegung.

Melinde wurde von ihrem Schreiber Gerrik Tulop informiert, dass weitere Gäste eintrafen. Hastig beendete sie das Frisieren, verließ den Palas und gesellte sich zu Geribold, um auch die Gäste aus Ambelmund zu begrüßen.
So hatte Geribold kaum zu Ende gesprochen, als Melinde bereits an seine Seite trat, der er freundlich zunickte.
Melinde verneigte sich leicht vor der Baronin und ihrer Schwester und stellte sich vor. Den Baronsgemahl Leodegar von Fadersberg hatte sie im Ingerimm 1044 BF anlässlich des zehnjährigen Krönungsjubiläums Frankwarts vom Großen Fluss kennengelernt.
"Euer Hochgeboren, ich freue mich, Euch wieder zu treffen!"
An die gesamte Gruppe gewandt:
"Ich hoffe, Eure Reise verlief ohne Probleme?"

"Die Freude ist ganz meinerseits, Euer beider Hochgeboren!", erwiderte Leodegar und neigte sein Haupt in Richtung der Baronin von Witzichenberg und des Barons von Tommelsbeuge. Wunnemine nickte beipflichtend.
"Habt Dank für Eure Einladung und den Empfang! Wir sind froh, bei Euch angekommen zu sein. Die Reise indes hätte angenehmer sein können... was aber nichts mit Euch oder Euren Ländereien zu tun hat!", stellte die Ambelmunderin eilig klar.
"Es sind keine leichte Zeiten. Umso erfreulicher, dass wir heute zu so einem schönen Anlass zusammenfinden."

"So kommt in Ruhe an und erholt Euch! Hat Wunibald die Reise wohl überstanden?"
Melinde blickte besorgt auf das kleine Kind.

"Da kann ich mich nur anschließen. Ich freue mich, dass Ihr meiner Einladung gefolgt seid. Man wird sich um alles kümmern. Lasst es mich bitte wissen, so Ihr etwas braucht."
Geribold winkte einige Bedienstete herbei. Dann lächelte er noch einmal breit.
"Und natürlich Herzlich willkommen!"

"Das werden wir, nochmals vielen Dank!", erwiderte Leodegar, um dann grinsend auf die Frage Melindes einzugehen.
"Unser Sohn nimmt es mit dem in Ruhe ankommen bereits sehr genau - er ist erst wenige Augenblicke vor unserer Ankunft eingeschlafen. Ich glaube, der junge Mann hatte von uns allen die bequemste Reise - auf einem weichen Schoße ist das Schaukeln und Holpern der Kutsche ja eher beruhigend als anstrengend. Dennoch wird das lange Fahren und Stillsitzen einem Kinde rasch fade, fürchte ich, denn noch weiß Wunibald den Reiz der Landschaft und den Blick auf die Ländereien nicht im selben Maße zu schätzen wie wir."
Leodegar blickte dennoch zu ihrem Planwagen, darauf spekulierend, dass sein Sohn inzwischen doch aufgewacht war aus dem Planwagen käme. Wer sich gerade aus dem Wagen schälte, war jedoch seine Schwägerin Befinna. Eilig ging er zu ihr und reichte ihr die Hand zur Hilfe, um sie sogleich zu ihren Gastgebern zu führen.
"Ah, sehr schön! Darf ich Euch meine Schwester Regintrud vorstellen, Euer Hochgeboren?", ergriff Wunnemine das Wort. Die Augen der Vorgestellten verengten sich, als sie mit ihrem ungeliebten Erstnamen vorgestellt wurde.
"Befinna, das sind Ihre Hochgeboren, Baronin Melinde von Tannwirk zu Witzichenberg, und Baron Geribold von Fischwachttal zu Tommelsbeuge."
Mit einem knappen: "Sehr erfreut." nur neigte Befinna ihr Haupt.

"Die Freude ist ganz auf meiner Seite,", erwiderte Melinde freundlich.
"Sicher möchtet Ihr nun zuerst Eure Gemächer aufsuchen. Etwas Zeit bis zur Zeremonie habt Ihr noch."

"Seid auch Ihr herzlich willkommen, Euer Wohlgeboren. Es freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen. Die Trauung wird im Garten dort stattfinden."
Kurz deutete der Tommelsbeuger Baron mit dem Kopf in Richtung des Torbogens, durch den hindurch man den Garten bereits erkennen konnte.
"Nehmt Euch Zeit anzukommen, man wird Euch zu gegebener Zeit Bescheid geben."
Er lächelte noch einmal freundlich und blickte dann kurz zum Torturm, durch den soeben weitere Gäste geritten kamen, wandte sich dann aber zunächst wieder den beiden Damen zu.

"Habt Ihr auch alles gut gesichert?"
Befinna sah ängstlich in Richtung des Gartens.
"Hochzeiten sind..."
"Verzeiht!", fuhr Wunnemine ihr eilig ins Wort, und mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck ein.
"Natürlich ist hier alles bestens gesichert. Du brauchst Dir keine Gedanken machen. Außerdem sind hier mehr als genügend Rittersleute, die ein Schwert nicht nur zur Zierde tragen. Allen voran unsere Gastgeber."

Melinde blickte überrascht auf Befinna.
"Seid unbesorgt! Die Burg ist gut gesichert. Ich habe aus Witzichenberg noch ein Dutzend Bewaffnete vom Geleitzug des Brauttrosses mitgebracht. Des Weiteren weilen mit meiner Hofmaga Frau ter Greven und meiner Tante und meinem Onkel gleich drei ausgebildete Gildenmagier auf der Burg. Habt Ihr Anlass zur Sorge? Dann sprecht bitte! Sollte Gefahr drohen, wäre es besser, wenn wir im Bilde sind und uns entsprechend vorbereiten können!"
Melinde blickte fragend zu Geribold.

Dieser runzelte kurz die Stirn, auch er schien die Frage nicht erwartet zu haben. Er lächelte aber sogleich wieder.
"Durchaus, die Veranstaltung wird gut gesichert, natürlich."
Er deutete auf einige der Gardisten, die an Tor, Durchgang zum Garten und Eingang zum Palas Position bezogen hatten.
"Auch im Dorf sind einige positioniert. Und Hochgeboren haben Recht, hier sind Dutzende Damen und Herren zugegen, die eine Klinge durchaus zu führen wissen. Doch bin ich überzeugt, dass diese Fähigkeiten heute nicht zur Geltung kommen werden. Vielmehr werde zumindest ich mich heute im Tanz beweisen müssen", versuchte er dann das Thema zu wechseln.
Dass ihn die überraschende Frage aber leicht nervös machte, konnte er nicht ganz verbergen.

"Meine Schwester ist besorgt, dass der zwölffach verfluchte Frevler Pruch seine unheiligen Klauen auch nach dieser Hochzeit ausstrecken könnte.", antwortete Wunnemine für diese.
"Er ist ihr im Herbst näher gekommen, als dass ich diese Furcht nicht nachvollziehen könnte. Viel näher."
Wunnemines Stimme hatte einen düsteren Klang angenommen.
"Habt Ihr den neuesten Greifenspiegel bereits bekommen?"

Auch Geribolds Miene verfinsterte sich bei den Worten Wunnemines.
"Ich, ähm, nein. Ich hatte noch nicht die Gelegenheit. Dass Euch Schreckliches widerfahren ist, tut mir von Herzen Leid. Ich werde weitere Wachhabende aufstellen und sie entsprechend instruieren."
Er blickte nun auch kurz Melinde an, in der Hoffnung, dass sie eventuell bereits schon informiert sein könnte.

"Bedaure! Auch in Witzichenberg ist noch keine Kunde von diesen Geschehnissen eingetroffen!"
An Geribold gewandt:
"Ich hätte mich natürlich sofort mit Euch in Verbindung gesetzt, wenn dem so gewesen wäre. Vielleicht ist es das Beste, wenn Ihr Herrn von Weitenfeld informiert, damit er weitere Maßnahmen ergreift und teilt ihm doch bitte mit, dass er über meine Männer zu diesem Zwecke verfügen soll. Ich werde mich mit meiner Hofmaga und mit Tante und Onkel beraten, dass sie auch Maßnahmen ergreifen. Vielleicht lässt sich das einigermaßen unauffällig einrichten, damit wir nicht unnötige Sorgen unter unseren Gästen schüren und auch für Tsaja wünsche ich mir, dass sie heute einen glücklichen Tag erleben möge!"
Melinde wandte sich an die Ankommenden:
"Bitte entschuldigt mich nun, damit ich mit den gelehrten Herrschaften über die Vorgehensweise sprechen kann."
An Befinna gewandt:
"Ich bedauere, dass Ihr Schlimmes erleben musstet und dieses Fest nicht sorglos genießen könnt! Ich versichere Euch aber, dass wir alles unternehmen werden, um Eure Sicherheit zu gewährleisten!"

"Einen Moment.", entschuldigte sich Geribold bei seinen Gästen aus Ambelmund und nahm Melinde zur Seite.
"Wenn wir hier nun beide abziehen, erregt das Aufmerksamkeit. Das brauchen wir nicht, wir gewährleisten einen sicheren Ablauf und bewahren ansonsten Ruhe."
Er winkte einem Gardisten herbei, instruierte diesen kurz, woraufhin er mit einem knappen:
"Verstanden, Hochgeboren!", wieder verschwand, woraufhin sich Geribold wieder Melinde zuwandte.
"Ich lasse Burgoffizier von Weitenfeld kommen und übergebe ihm in dieser Sache volle Entscheidungsgewalt. Er wird sich mit Dir und Deiner Familie besprechen und die nächsten Schritte koordinieren - zumindest was meine Gardisten betrifft. Ich habe ihn ins Scriptorium schicken lassen, trefft euch dort. Es ist abseits genug, sodass die Gäste nichts merken sollten, aber, ihr könnt von dort den Hof überblicken. Bitte halte mich auf dem Laufenden, ja."
Er griff nach Melindes Hand, war offenbar sehr nervös.
"Wir kriegen das hin."

Melinde drückte Geribolds Hand. Nach dem ersten Schreck hatte sie sich nun wieder gefangen.
"Selbstverständlich! Wir ergreifen alle uns möglichen Maßnahmen, der Rest liegt in der Hand der Götter! Setzen wir unser Vertrauen in sie und unsere eigenen Fähigkeiten!"

"Gut, gut.", sagte er.
Melinde, die ihren Freund nun schon lange genug kannte, hörte die Unsicherheit in seiner Stimme. Offensichtlich war er äußerst nervös.
"Tu' mir einen Gefallen, ja? Sag' Hilberian, dass immer einer ein Auge auf Tsaja haben soll! Nicht auszudenken... und die Kleinsten!"
Seine Sorgen sprudelten nun aus ihm heraus. Nach wenigen Herzschlägen fing er sich aber offenbar.
"Verzeih'! Ich vertraue Dir und den Hohen Damen und Herren hier. Das wird ein schönes Fest."
Der letzte Satz klang wie eine Frage.
Die Nachricht Wunnemines und die daraus resultierende Angst, dass 'seiner' Tsaja und den vielen Kindern, die er hier gesehen hatte, etwas geschehen könnte, schien ihn bis ins Mark getroffen zu haben.

Melinde bemerkte die Sorge und Unruhe Geribolds. Und die Tatsache, dass er sich so um Tsaja sorgte, ließ ein Lächeln über ihr Gesicht huschen.
"Geribold! Wir haben doch schon ganz andere Schlachten geschlagen! Wir lassen uns nicht in Angst und Schrecken versetzen! Wenn solches Gezücht merkt, dass es mit seinen feigen Attacken das ganze Herzogtum in die Defensive treiben kann, dann findet es eine Befriedigung, die ich ihm nicht gönne! Wir bereiten uns vor und falls es zu einem Angriff kommt, dann setzen wir uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr!"
Melinde schlug Geribold ermutigend auf die Schulter. Nach einem aufmunternden Blick verabschiedete sich die Baronin und ging zu dem Treffen mit dem Burgoffizier und den Magiern.

Geribold blickte Melinde noch einen Moment nach, atmete tief durch und trat dann wieder zu den Hohen Damen aus Ambelmund.
"Verzeiht bitte.", lächelte er.
„Es wird nun alles Weitere veranlasst, auf dass wir für alle Eventualitäten gewappnet sind. Habt Dank, dass Ihr mir davon berichtet habt."
Auch wenn seine Worte aufrichtig klangen, schwang noch immer einiges an Aufregung in seiner Stimme mit. Die Neuigkeiten hatten ihn offenbar schwer getroffen.

"Wir bitten um Verzeihung!"
Wunnemine war es sichtlich unangenehm, welche Aufregung Befinna und sie verursacht hatten.
"Wir wollten Eurer Hochzeit keinesfalls die Unbeschwertheit rauben oder Eure Freude trüben. Zweifellos habt Ihr bereits bestens vorgesorgt und seid nun auch gewarnt, was Pruch angeht. Wenn wir alle die Augen offenhalten, steht einem unvergesslichen und schönen Traviabundfest nichts im Wege."
Auch Leodegar nickte beipflichtend. Es gab gute Gründe, warum sie zu diesem Fest und seine Gemahlin auch für die Teilnahme am Turnier in Havena auf die Begleitung ihres Burgoffiziers verzichtet hatten. Als einer der Ermittler, die Pruch immer wieder auf den Fersen waren und diesem bereits etliche Male in die Quere gekommen waren, zählte der noch recht junge Nivard von Tannenfels inzwischen leider zu den Intimfeinden des Frevlers, was am Ende wohl dessen älterem Bruder auf bestialische Weise und vor den Augen Befinnas Kopf und Leben gekostet hatte. Sie wollten am Ende nicht diejenigen sein, die den Blick des Feindes auf diese Hochzeit lenkten. Außerdem würde der junge Tannenfels so in der Zeit ihrer Abwesenheit selbst auf seine Familie aufpassen können.

Lächelnd schüttelte Geribold leicht den Kopf.
"Eine Entschuldigung ist wahrlich nicht notwendig. Ich danke Euch, dass Ihr uns dies mitgeteilt habt. Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass es mich kalt ließe - vor allem, dass Ihr solch Schrecken erleben musstet, lässt mich erschaudern. Doch gebe ich Euch Recht, dass wir uns den heutigen Tag nicht vergrämen lassen werden."
In Geribolds Stimme lag nun wieder Selbstbewusstsein und Entschlossenheit.

"Genau. Deshalb würden wir uns kurz entschuldigen, uns frischzumachen und die Festgewänder anzulegen", verabschiedete sich Wunnemine mit den ihren vorläufig.

Geribold nickte noch einmal freundlich und wandte sich dann den weiteren Gästen zu.


~*~


Melinde hingegen ließ Frau ter Greven sowie ihren Onkel und ihre Tante zu sich bitten und erklärte ihnen die Situation.
"Ich weiß, dass Ihr alle als Gäste geladen seid, aber unter diesen Umständen würde ich mich sicherer fühlen, wenn ich wüsste, dass immer einer von Euch dreien in einer Form Wache halten würde. Bitte entschuldigt die militärische Bezeichnung, mir fällt jedoch kein anderer Ausdruck ein. Habt Ihr Vorschläge, wie man einen eventuellen Angriff vereiteln könnte ?"

Circe hakte nach:
"Wann und wo ist dieser Ganterwart – also, dieser Jast-Brin von Pruch – denn aufgetaucht und was genau hat er denn bei seiner Sichtung gemacht? Hat er wieder sein Aussehen verändert? Wurde die Baronin von Schweinsfold in Kenntnis gesetzt?"

Melinde setzte sie über die wenigen ihr bekannten Einzelheiten ins Bild.
"Auch wenn der letzte Angriff nun schon wieder einige Monde her ist, so sollten wir die Möglichkeit nicht ausschließen, dass er nach dem Winter nun wieder mal irgendwo Präsenz zeigen möchte. Und Hochzeiten scheinen ihm ein verlockendes Ziel zu sein. Warum sollen wir die Baronin von Schweinsfold involvieren?"

Circe wirkte etwas verwundert:
"Weil sich dieser Kerl auf der Hochzeit der Baronin von Schweinsfold 'ausgetobt' hat."

Melinde wandte sich an Hilberian:
"Ich möchte, dass alle auf der Burg überprüft werden. Die hohen Gäste unauffällig, einfaches Volk und Gesinde mit Höflichkeit, aber gründlich. Ich werde Seine Hochwürden Ardan und Ihre Hochwürden Elfriede um Hilfe bitten. Beide können mit einer gewissen Unauffälligkeit unter den Gästen agieren. Wenn alle Gäste eingetroffen sind, verschließt bitte das Tor. Wer danach kommt, wird nur mit Zustimmung Seiner Hochgeboren Geribold und nach eingehender Untersuchung eingelassen. Ebenfalls möchte ich, dass niemand die Burg ohne Genehmigung verlässt. Besondere Aufmerksamkeit möchte ich den jüngsten Kindern angedeihen lassen. Ich meine den kleinen Wunibald und meine beiden Töchter. Sie sind für einen Eindringling ein lohnendes Ziel. Wehrlos und wertvoll. Frau Magistra, könnt Ihr einen Schutzkreis in den beiden Kinderzimmern errichten, so dass außer den Wachleuten noch ein Schutz gegen unheilige Wesen vorhanden ist?"
Nach einem Moment der Überlegung:
"rau ter Greven, ich führe DAS Schwert mit. Ich werde es von meinem Pagen Falk holen lassen, so dass es im Notfall schnell zur Hand ist."

Circe schüttelte den Kopf:
"Tut mir leid, einen Schutzkreis, der bestimmte Personen ausnimmt, vermag ich nicht zu wirken. Ich kann Räume tarnen, die Tarnung hält dann allerdings eine Weile und jede Person außer mir empfindet eine innere Abneigung gegen den betreffenden Raum, also auch Ihr. Und ich möchte diese Zauberei auf einen Raum beschränken, da ich mit meiner Kraft haushalten möchte, sollte dieser Kerl tatsächlich auftauchen."

"Verzeiht, ich sollte mich vielleicht deutlicher ausdrücken. Kann man einen Kreis ziehen, den kein Dämon überschreiten kann? Gegen einen Angriff mit konventionellen Waffen möchte ich Bewaffnete an den Kinderzimmern positionieren. Da dieser Paktierer ja was Dämonisches herbeirufen könnte, würde ich die Kinderzimmer auch gegen einen solchen Angriff schützen. Oder wäre da ein kirchlicher Schutz wirksamer?"

Circe entgegnete:
"Ich vermag das nicht. Die Zone des Desinteresses würde auch keine Dämonen betreffen, sondern nur die 'normalen' Schergen des Dämonenknechtes, alle anderen Anwesenden – egal ob Freund oder Feind – und mit etwas Glück den Dämonenknecht selbst. Ein kirchlicher Schutz ist also wirksamer. Sollte der Dämonenknecht allerdings seine siebtsphärischen Helfershelfer mitbringen, kann ich etwas gegen diese unternehmen. Und der Dämonenknecht selbst hat eine Aura, die ich unter Umständen sehen kann."

Melinde notierte sich kurz, dass sie mit ihren beiden Hofgeweihten darüber sprechen wollte. "Gibt es noch Vorschläge, Anregungen oder Ideen, was wir unternehmen könnten, um auf eine Attacke vorbereitet zu sein?"

Circe entgegnete:
"Wie schon angedeutet, ein Kinderzimmer und gegebenenfalls magische Personenkontrolle durch Sichtung der Aura. Das würde ich aber nur einmal machen wollen, sonst fehlt mir die Kraft für weitere Aufgaben."

"Ich möchte meine beiden Mädchen lieber in einer separaten Kammer und in der Nähe meiner Kammer. Wir sollten die Kinder lieber verteilen, dann müsste ein potentieller Entführer zweimal Hindernisse überwinden, um die Erben aus zwei Baronien in die Hand zu bekommen. Gut, dann haben wir alles soweit besprochen."
Melinde erhob sich, um sich wieder auf den Hof zu begeben, um weitere ankommende Gäste zu begrüßen.

Hilberian hatte die Unterredung zunächst still und aufmerksam verfolgt und gelegentlich genickt. Nun, da alles gesagt schien, hob er kurz an:
"In Ordnung, Hochgeboren. Ich werde alles notwendige veranlassen."
Dann wandte auch er sich zum Gehen.

Circe blickte Melinde fragend nach. Alles besprochen? Wenn Hochgeboren so viele Geweihte an der Hand hatte, dass zwei oder noch mehr Kinderzimmer gesichert werden konnten, dann ja. Wieso musste ein Entführer zweimal Hindernisse überwinden, wenn er nur Kinder aus einem Zimmer, also das Kind oder die Kinder eines Paares, entführte? Reichte nicht die Entführung eines Kindes aus? Wer bewachte jetzt die Kinder der Witzichenberger Baronin? Zu viele Dinge waren Circes Ansicht nach unausgesprochen geblieben.

Bevor Melinde den Raum verließ, wandte sie sich noch einmal an ihre Hofmaga:
"Frau ter Greven, Seine Hochgeboren Geribold ist sehr besorgt um seine teure Braut. Ich bitte Euch, ein besonderes Augenmerk auf den Schutz des Brautpaares zu legen."

Das wiederum konnte Circe zusagen:
"Ich werde die Augen offenhalten."

Anschließend begab sich Melinde in Begleitung von Ardan von Siebenstein, dem Hochgeweihten des Praiostempels in Kefberg zu den Gemächern der Familie von Fadersberg. Ein Diener schritt voran, klopfte und fragte, ob Ihre Hochgeboren und Ihr hoher Gemahl kurz vertraulich zu sprechen seien.

"Euer Hochgeboren", nickte Melinde dem Baronspaar zu.
"Darf ich Euch Seine Hochwürden Ardan von Siebenstein, Tempelvorsteher des Praiostempels von Kefberg und Hofkaplan auf Burg Tannwirk, vorstellen?"
Ardan nickte beiden würdig zu.
"Eure Kunde hat uns veranlasst, besondere Schutzmaßnahmen gegen einen eventuellen Angriff zu ergreifen. In besonderer Gefährdung, weil selbst noch nicht in der Lage, sich zu verteidigen, und von Rang als Erben der Baronien Ambelmund und Witzichenberg, sehe ich Euren Sohn und meine Töchter. Ich gedenke, vor jedem der beiden Kinderzimmer einen verlässlichen Gardisten zu postieren. Vielleicht mögt Ihr aber einen Eurer eigenen Leute mit dieser Aufgabe betreuen?", fuhr Melinde fort.
"Diese Maßnahme bietet Schutz gegen einen derischen Angreifer, aber wir haben es hier mit einem Paktierer zu tun, weshalb sich Seine Hochwürden bereit erklärt hat, auch die Kammer Eures Sohnes mit einem Schutzsegen zu versehen, sofern Ihr dies wünscht!", bot Melinde an, während Ardan bekräftigend nickte.

"Habt Dank für Euer Angebot und Eure Bemühungen um die Sicherheit Eurer Gäste. In der Tat haben wir bereits unsere eigenen Leute mit dem Schutz meines Sohnes betraut. Mindestens eine Frau oder ein Mann wird stets vor dem Schlafzimmer wachen, eine weitere Person darinnen."
Wunnemine überlegte kurz, wie weit sie Melinde weiter verunsichern durfte, beschloss aber, sie über die volle Wahrheit ins Bild zu setzen:
"Nach den Berichten, die mir aus nächster Nähe zugetragen wurden, sind Türen und Wände nämlich kein Hindernis für den Frevler."
Sie ließ die wenig verheißungsvollen Worte einige Herzschläge im Raum stehen, ehe sie dankbar lächelte.
"Das Angebot eines Schutzsegens nehme ich, nicht zuletzt deswegen, gerne an."

Melinde lächelte.
"Genau aus diesem Grund bin ich auf die Idee mit dem Schutzsegen gekommen. Euer Hochwürden, wäret Ihr so freundlich, Euch um die Kammer des Kindes zu kümmern?"
"Selbstverständlich, Euer Hochgeboren!", antwortete dieser.


~*~


Nachdem sich die Hohen Herrschaften ein wenig unterhalten konnten, wurden sie in den Garten der Burg geführt. Hier hatte man Stühle vor einem Pavillon aufgestellt. Hier würde offenbar der Schluss des Traviabundes stattfinden. Bevor die Gäste Platz nahmen, wurden sie von weiteren Bediensteten empfangen, die ihnen kleine Häppchen, sowie unterschiedliche Getränke anboten - man konnte wählen zwischen einem Bosparanjer, einem trüben Apfelsaft und Wasser.



Hier geht die Tommelsbeuger Hochzeit weiter:
Es folgt Die Trauung.