Die Albenhuser kommen

Die Albenhuser kommen

Was? Anreise der Albenhuser Delegation zur Hochzeit in Schweinsfold.

Wer?

  • Reto von Darrenbruck, Ritter von Darrenbruck und Gesandter aus Albenhus
  • Daria vom Berg (20), Dienstritterin am Albenhuser Grafenhof
  • Tsalinde von Friedwang, Knappin von Daria
  • Gudekar von Weissenquell (30), Mitglied im Anconiter-Orden
  • Corwyn von Dürenwald (24) - Ritter und Barde
  • Lininaj (13) - seine Schülerin
  • Tsalinde von Kalterbaum (27), Gesandte der Baronie Gernebruch
  • Eoban von Albenholz (38), Dienstritter und Gesandter aus der Baronie Liepenstein
  • Wichard von Schönrode (17), Eobans Knappe

Treffen der Reisegruppe in Albenhus, Anfang Travia 1043 BF:

"Witta! Jetzt seit doch einmal Schwester und nicht Vögtin." Halb genervt und halb amüsiert lief der junge Ritter durch den Raum in dem bereits das Reisegepäck gerichtet stand. Es sollte einfach nur ein angenehmer Besuch einer Hochzeit werden. Ein wenig feiern, viele angenehme Gespräche, Leute sehen und gesehen werden und Stoff für neue Lieder sammeln. Mit Lininaj, seiner jungen Schülerin und Pagin, das Leben genießen, lernen und lehren. "Ihr fordert als Vögtin mehr als euch als Schwester zusteht. Ich hoffe das wisst ihr." Mit einem Seufzen blieb Corwyn von Dürenwald direkt vor deiner Schwester stehen. Das Mädchen Lininaj saß an der Wand auf ihrem Reisesack, mit großen Augen dem Zweikampf der Geschwister folgend. "Du magst nicht meiner Weisung zu folgen gewollt sein. Du wirst ihr jedoch trotzdem nachgehen. Es ist nicht nur Wunsch. Es ist Auftrag."

"Ich bin Ritter und Barde Schwester, nicht Inquisitor."

"Dies ist mir bekannt Corwyn. Jedoch ist mir nicht bekannt was zuhören mit Feuer zu tun haben muss."

"Vielleicht wäre Feuer besser als Worte. Letztere haben bisher zu nichts geführt."

"Ich werde euch nachher den anderen vorstellen. Ich habe dir bereits die letzten Tage berichtet was wir bereits wissen. Es ist ein Zeig der Götter der euch das gemeinsame Ziel bereisen lässt. Zusammen mit jenem was ich von dir erfuhr scheint Wissen aus anderen Köpfen und Mündern nötig ein Ziel zu erreichen welches uns alleine sich noch nicht eröffnet hat."

"Warum kann ich nicht wie bisher einfach reisen wenn ich reise. Es hat dich nie gestört. Als du noch in Gareth weiltest folgte ich Arves Pfade mit deutlich größerem Gefallen."

"Ich kann mich erinnern welch Gründe dich zu Reisen trieben als du selbst noch in Gareth weiltest. Das Kaiserzwillingspaar ist nicht deiner Feder entsprungen, trotzdem zeugte es nicht von hesindianischem Höhenflug es in der Nähe von Rohaja aufzuführen."

"Da war ich noch Knappe und nicht Rohaja hat darüber Unmut geäußert wie dir im Kopfe geblieben sein dürfte."

"Jetzt bis du kein Knappe mehr und hast eigene Lieder. Das jene zu ähnlichen Reisen führen könnten zeugt nicht unbedingt von einer erfolgten hesindianisch Läuterung. Spreche also nicht von anderen Gefühlen bei deinen Reisegründen. Es ist nur dein Auge und Ohr welches ich benötige. Die wirklich gräflichen Aufgaben habe ich anderen auferlegt."

"Danke Schwester für diese Wohltat. Ich werde dir hierfür ewig dankbar sein." Das amüsierte war aus Corwyns Blick gewichen bei seiner letzten Äußerungen. Eigentlich war ihm klar dass Witta nicht nachgeben würde. Es nicht zu versuchen war trotzdem nicht sein Weg. Die nächsten Worte seiner Schwester folgten deshalb wie er sie erwartete: "Genug mit Worten gespielt Corwyn. Ihr werdet feiern wie ihr zu feiern gedenkt. Ihr werdet Lieder finden wie ihr immer Lieder findet. Jedoch werdet ihr auch Lieder für mich suchen und mir vorsingen. Dies ist eure Aufgabe und mein Wort. Als Schwester und als Vögtin. Lininaj, du solltest gehen und nach den Pferden sehen. Die anderen werden bald erscheinen. Hole mich wenn sie am Tor sind. Ich werde in der Kanzlei sein."

***

Reto war früh aufgestanden, hatte sein blank poliertes Kettenhemd über seine Unterkleider gezogen, seinen grauen Lodenumhang angelegt, das Langschwert an die Seite geschnallt und das Schild mit dem Wappen der Familie Darrenbruck auf den Rücken befestigt. Danach hatte er sein am Vortag gepacktes und sorgfältig verstautes Reisegepäck von seinem treuen Diener Ludgar in den Hof bringen lassen. Retos Pferd Helmbrecht, ein Rappe von mittlerer Größe und ruhigem Temperament, war bereits von der Stallmagd Gilda versorgt und gesattelt worden. Er schnallte das Gepäck auf den Rappen. Seine Frau Travialin Waldburga und seine Kinder Meingard und Raul standen im Portal des Herrenhauses und warteten auf die Verabschiedung. Der Ritter nahm Travialin in den Arm, genoss die wohlvertraute Wärme, musste sich losreißen und ermahnte seine Kinder, ihre Aufgaben zuverlässig zu erledigen.

Voll Vorfreude auf den kommenden Ritt entlang der morgendlichen Ambrocebrâ bestieg er Helmbrechts Rücken, machte sich nach einem sanften Drücken in die Flanken des Rappen auf den Weg aus Darrenbruck hinaus und vergaß dabei nicht, wie es ihm eine lange Gewohnheit ist, am Praiossschrein auf dem Dorfplatz den Blick gen Himmel zu richten und um den Beistand des Götterfürsten zu flehen. Der Ritt über die Streuobstwiesen, entlang der abgeernteten Gerstenfelder und mit Blick auf die ordentlichen Bauernhöfe erfüllte Reto mit Stolz. 'Ich bin von den Zwölfen gesegnet, eine wunderschöne Ehefrau, zwei vielversprechende Kinder, ein stolzes Herrenhaus, das blühende Lehen und jetzt der Auftrag, im Namen der Gräfin zu einer Baronshochzeit zu reisen und in ihrem Namen Hochzeitsgrüße zu überbringen – fürwahr ich bin gesegnet', dachte Reto.

Allerdings kamen ihm die Ereignisse der letzten Wochen ins Gedächtnis und Sorge und Ungewissheit schlichen sich in seine Gedanken. Reto wusste jedoch, dass er in Albenhus sowohl das gräfliche Geschenk übernehmen würde und als auch den weiten Weg bis Herzogenfurt nicht alleine würde ziehen müssen.

Während die Stunden vergingen, stieg die Praiosscheibe den Himmel empor, vertrieb nach und nach die letzten Nebelschaden aus den Niederungen der Ambrocebrâ und reinigte schließlich auch seine Gedanken. Gegen Mittag kamen erst die Mauern des großen Anconiter-Klosters in Sicht und kurz darauf die stolzen Mauern von Albenhus. Er ließ Helmbrecht den Schritt beschleunigen und bald war das Ambrocebrâ-Stadttor erreicht, das Haus Eisinger und das Rathaus wurden rechts liegengelassen und der vertraute Anblick des Grafenhofs ließ Retos Herz höherschlagen.

Vor dem mit Ornamenten geschmückten Torbogen stieg er ab, nahm seinen Rappen am Zügel, führte diesen in den Innenhof der gräflichen Residenz und blickte auf vertraute Gesichter.


***


An der Weggabelung, die zum Anconiterkloster führte, wartete bereits Gudekar von Weissenquell, begleitet von seiner Gemahlin Merle, um sich Reto anzuschließen. Noch einmal ließ er den Blick zurück über die Schultern schweifen auf die alten Klostermauern. Seit der Rückkehr von seiner Lehrzeit hat er die Grafschaft nicht mehr verlassen. Nun sollten ihn die Nachforschungen, die sein Abt ihm aufgetragen hatte, auf eine Reise führen. Doch die Erinnerungen an die letzte Nacht würden ihn auf eine baldige Rückkehr hoffen lassen.

Als er Merle von seinen Plänen berichtete, stieß er damit nicht gerade auf Begeisterung. „Du fährst auf eine Hochzeit, um dich zu amüsieren und zu feiern, Gudekar, und lässt mich, deine ach so geliebte ‚Holde‘, hier allein zurück? Schämst du dich nicht?“ Merle weinte bitterlich. Irgendetwas war anders als sonst, doch Gudekar wusste nicht, was es war. Es dauerte eine Weile und viel Überzeugungskunst, Merle die Bedeutung der Reise zu erklären. Schließlich akzeptierte sie seinen Entschluss und in der letzten Nacht gab es eine innige, von Rahja gesegnete Verabschiedung. Diese Nacht würde Gudekar so schnell nicht vergessen. Er solle sich auf dem Fest stets daran erinnern, wer und was hier in Albenhus auf seine Rückkehr wartet.

Merle begleitete Gudekar in die Stadt hinein, um die Zeit bis zu seiner Rückkehr im Traviatempel bei ihren Zieheltern zu verbringen.

Andererseits freute sich Gudekar auch auf die Reise. Das Schicksal und die Nachforschungen der letzten Zeit fügten, dass Gudekar endlich Reto von Darrenbruck kennengelernt hatte. Reto war der Schwager seiner Schwester Eilada, die seit ihrer Hochzeit auf Gut Darrenbruck lebte. Gudekar hoffte nun, von Reto etwas Neues über seine Schwester und ihre Kinder zu erfahren. Gleichzeitig wünschte er sich, die neue Familie seiner Schwester besser kennenzulernen. Und wo kann man jemanden besser kennenlernen als auf einer gemeinsamen Fahrt oder bei dem einen oder anderen Humpen Bier?

So zog die kleine Gruppe gemeinsam weiter in die Grafenstadt.


***


Hier hatten sich bereits die anderen seiner Reisegruppe eingefunden:

Die gräfliche Vögtin Witta von Dürenwald wartete mit einem Mann an ihrer Seite, der eine große Ähnlichkeit zu ihr aufwies. Bei ihm musste es sich also um ihren Bruder Corwyn handeln, von dem sie bereits erzählt hatte. Der Ritter hatte sich laut Witta beinahe gänzlich dem Minnespiel verschrieben und zog als Barde durch die Lande. Er würde an Wittas Stelle mit nach Schweinsfold kommen, denn Witta konnte selbst nicht gehen. Zu schwierig waren die Zeiten in der Grafschaft, denn mit unheilvollen Paktierernestern, reuigen Büßern, marodierenden fremden Söldnern und warnenden Flussfeen vor der eigenen Haustür ließ sich schlecht in Stimmung für gesellige Hochzeitsfeste kommen.

Lininai, der kleine Zögling Wittas und Corwyns, schmuste mit den Pferden. Sie würde auch mitkommen.

Retos Schwippschwager Eoban von Albenholz - Gemahl der Schwester von Retos Frau - kam als Gesandter der Baronin von Liepenstein mit nach Herzogenfurt. Er hatte Retos Heimat Darrenbruck auf der Durchreise vor zwei Tagen besucht, wollte aber, bevor es auf Reisen ging, den Tag mit seinen Brüdern Salbard und Firman verbringen. Letzterer war in Albenhus, um die neuesten Nachrichten auszutauschen. Auch brachte Firman Grüße des Edlen Radulf von Grundelsee mit, in dessen kleinem Lehen er Dienstritter war.

Eoban begleitete auch wieder in alter Gewohnheit sein Knappe, ein junger Mann namens Wichard von Schönrode, Sohn einer Liepensteiner Edlen.

Gudekar von Weissenquell, seines Zeichens Anconiter, stand mit seinem Magierstab in der Hand neben seiner Frau Merle, die ihn in die Stadt begleitet hatte und sich jetzt, da die Reisegruppe komplett war, mit einem Kuss von ihrem Gemahl verabschiedete. Gudekar trug seinen Strohhut und seine Umhängetasche.

Ebenfalls war die Ritterin Daria vom Berg hier, eine junge Ritterin Anfang 20, die in Diensten des Grafenhauses stand und welche mit Eoban und Witta den ersten Hinweisen gefolgt war. Dringende familiäre Angelegenheiten hatten die junge Gemahlin eines Flussgarde-Leunants aber dann davon abgehalten, die Nachforschungen weiter zu begleiten. Stattdessen würde sie nun mit zur Hochzeit in Schweinsfold kommen. An ihrer Seite eine junge Frau, welche sie als ihre derzeitige Knappin Tsalinde von Friedwang vorstellte, eine junge Verwandte ihres Mannes aus dem Herz des Reiches, die gerade in den Nordmarken bei Daria und Eckbert eine Zeitlang hospitieren durfte.

Eine gute Woche Reisezeit lang vor ihnen. Auf Höhe Gernebruch würde auch noch Tsalinde von Kalterbaum zu ihnen stoßen.

Das Wetter verhieß schön zu werden und die Reise mit so vielen Gesprächspartnern kurzweilig. Vor Ort in Schweinsfold hatten sie sich selbst den Auftrag gegeben, mit anderen, die ebenfalls über die Geschehnisse der jüngsten Zeit bescheid wussten, zu sprechen, denn es galt, weitere Puzzleteile für das Große Ganze zu finden.

Gespannt, welche Details sie auf diese Weise ausgraben würden, ritten sie los.


***


Genüßlich atmete Tsalinde den Duft der Wiesen und Wälder ein, während die Landschaft an ihr vorbei zog. Irgendwann, das wurde ihr langsam klar, würde sie wohl entweder reiten oder Wagenlenken lernen müssen, doch bis dahin genoss sie es einfach, auf diese unbeschwerliche Art zu reisen. Neben ihr auf der schmalen, aber gut gepolsterten Bank saß ihre Zofe und Vertraute Isavena, Tochter der Orima.

Lächelnd dachte Tsalinde an den Streit zwischen Isavena und deren Mutter zurück, als Isavena verkündete, sie wolle in Tsalindes Dienste treten. Es hatte sowohl Isavena, als auch Tsalinde viel Gelduld und Einfühlungsvermögen gekostet, doch letzten Endes hatte Orima ein Einsehen. Dabei spielte die Tatsache eine Rolle, dass Isavena eine Schwester hatte, die trotz ihrer jungen Jahre bereits eine begnadete Tischlerin war und das mütterliche Handwerk somit schon jetzt wesentlich besser beherrschte, als es Isavena wohl jemals möglich wäre.

Zum wiederholten Male erwischte Tsalinde ihre Begleiterin dabei, dass sie sich vorbeugte und an den Tauen zog, die das Geschenk der Baronin von Gernebruch an das Hochzeitspaar sicherten. Eine Truhe, die von Andra, Tochter der Orima und Orima selbst in Gemeinschaftsarbeit hergestellt und reichlich verziert worden war.

Doch Lukardis Trek, Krieger und ihr Wagenlenker für dieses kleine Abenteuer, hatte beim Vertäuen ganze Arbeit geleistet und die Truhe zusätzlich mit Decken und Fellen rundherum gepolstert.

In ihre Reisegewänder gehüllt und mit einer Felldecke auf dem Schoß fuhren sie mit ihrem Reisegefährt zu dem Treffpunkt.