Briefwechsel Kreideprodukte

Wie Caitlin ni Brioghan, Mutter der Junkerin Nyah DaRe von Tannwirk zu Drachenstieg, ihrer Tochter von der Entwicklung ihrer heilenden Kreideprodukte berichtet.


Brief von Caitlin ni Brioghan, Handelshaus DaRe, Havena, an ihre Tochter Nyah DaRe von Tannwirk, Junkerin zu Drachenstieg, Baronie Witzichenberg in den Nordmarken 17. Efferd 1044 BF

Mein liebes Kind,

danke für Deinen letzten Brief. Wie schön, dass Ihr alle wohlauf seid und die Ernte zum größten Teil schon gut eingebracht ist! Peraine sei Dank!

Wir sind auch alle gesund. Dein Bruder Branden nimmt Eurem Vater inzwischen einige Reisen ab, so dass dieser sich mehr um die Buchhaltung des Kontors kümmern kann, was mich entlastet. Stelle Dir vor, der Wirt des Gasthauses Z. zahlt seine Rechnungen schon seit drei Monden nicht! Dein Papa hat vorerst alle Lieferungen eingestellt und verhandelt nun, in welchen Raten der Mann seine Schulden zurückzahlen kann. Es scheint, dass er das Gasthaus ordentlich runter gewirtschaftet hat. Von den gelieferten Wein- und Bierfässern ist natürlich nichts mehr zurück zu holen.

Letzte Woche waren einige Walknerinnen bei uns im Kontor, auf der Suche nach Borten und Bändern, um ihre Hauben und Hüte aufzuputzen. Normalerweise haben diese Arbeiterinnen vom Walken der Tuche und Stoffe immer sehr raue, rissige Hände, so dass ich sie gar nicht gerne an die empfindlichen Waren lasse. Aber die Hände dieser Frauen waren gar nicht so mitgenommen. Ich fragte sie, woran das liege und womit sie denn ihre Haut pflegten. Außer den üblichen Dingen wie Melkfett, lag der einzige Unterschied in dem verwendeten Walkmittel. In ihrer Werkstatt wird seit einiger Zeit Kreide als Walkmittel verwendet. Ob es daran liegen mag? Bei dieser Gelegenheit musste ich an das Märchen mit dem Wolf und den Ziegen denken, in dem der Wolf Kreide isst, um seine Stimme heller klingen zu lassen und den Zicklein glauben macht, es sei die Mutter, die an der Tür klopft. Vielleicht besuche ich mal die alte Neelke, die versteht sich ganz gut auf solcherlei Dinge.

Für heute schließe ich meinen Brief, denn ich möchte ihn morgen Aedha mitgeben, die Deine Bestellung zu Dir ins Kontor nach Trutzelbach bringen wird. Nach der bestellten Menge läuft das Kontor ja gar nicht so schlecht! Ich lege Deiner Bestellung noch ein Fässchen Pfeifentabak bei. Tabak führst Du im Kontor noch nicht, ich denke aber, dass das ein Gut ist, welches ein Reisender unterwegs gerne mal auffüllt. Probiere mal, ob es sich gut verkauft. Für die Kinder habe ich Hemden und Kleidchen genäht. Wir haben einen so feinen Stoff rein bekommen, da konnte ich nicht widerstehen, Praiostagskleidung für die Kleinen zu nähen.

Deine Mama


Brief von Caitlin ni Brioghan, Handelshaus DaRe, Havena, an ihre Tochter Nyah DaRe von Tannwirk, Junkerin zu Drachenstieg, Baronie Witzichenberg in den Nordmarken

14. Travia 1044 BF

Liebe Nyah,

es tut mir leid zu hören, dass Falk einen so schlimmen Husten und Fieber hat! Ich hoffe, die Temperatur ist nun schon wieder gesunken.

Der Wirt von Z. hat inzwischen seine Rechnungen allesamt bezahlt. Dann laufen die Geschäfte doch nicht so schlecht, wie er behauptet hat. Phex sei Dank, dass Dein Papa ein kluger Geschäftsmann ist, und sich von derlei Geschwätz nicht so leicht hinters Licht führen lässt.

Ach ja, mein Besuch bei der alten Neelke hat nicht sehr viel gebracht. Sie verwendet Pflanzen und ausschließlich solche, die in ihrem Garten wachsen oder die sie in Wald und Wiesen sammelt. Sie meinte aber, dass ihre Großmutter ihr mal von „guter Kreide“ erzählt habe. Allerdings sei Kreide für sie selbst zu teuer und alles, was sie bräuchte, würden ihr die Pflanzen geben. Ich habe jetzt mal ein Päckchen Tafelkreide erstanden und ein bisschen experimentiert. Ich habe Kreide in meinem Mörser ganz fein zermahlen und in verschiedenen Anteilen mit Eselsmilch, Honig und Lavendelöl gemischt. Es fühlt sich auf der Haut erst mal etwas ungewohnt an, denn die Salbe zieht nicht sofort ein. Nach einem kleinen Weilchen jedoch merkt man, wie die Haut entspannt. Die Salbe kühlt und gibt schön Feuchtigkeit. Der angenehme Duft des Lavendelöls entspannt auch den Geist. Ich trage die Mischung abends vor dem Zubettgehen auf, zuvor tupfe ich mein Gesicht mit einem warmen, feuchten Tuch ab, so dass der Staub und Dreck der Straßen der Stadt entfernt sind. Ich habe den Eindruck, dass die Kreide einen vornehmen hellen Teint auf mein Gesicht legt, zumindest in den Stunden nach dem Auftragen. Ich sende Dir einen Tiegel zum Ausprobieren, je einen weiteren Tiegel für Ihre Wohlgeboren Melinde und für Frau Lara von Siebenstein. Bitte berichte mir so schnell wie möglich, wie Du die Salbe findest und ob Du sie gut verträgst. Und ich freue mich auch auf die Meinung der beiden Damen.

Ich muss jetzt schließen, Dein Bruder wird Dir diese Warenlieferung bringen und er steht bereits draußen ungeduldig am Wagen und möchte los. Er hat darum gebeten, diese Lieferung fahren zu dürfen. Hat er einen besonderen Grund, nach Witzichenberg fahren zu wollen? Ich meine außer dem, seine Schwester, Nichten und Neffen sehen zu wollen und vielleicht etwas mit Deinem lieben Reto an der Destille fachzusimpeln?

Ach ja, ich lege Deiner Ware zwei Ballen dickes, warmes Tuch bei, damit Ihr Euch neue Wintermäntel nähen könnt. Die beiden Ballen sind gekennzeichnet.

Wir sind alle gesund, mögen die Zwölfe uns gesund und zufrieden erhalten.

Deine Mama

Brief von Nyah DaRe von Tannwirk, Junkerin zu Drachenstieg, Baronie Witzichenberg in den Nordmarken an ihre Mutter, Caitlin ni Brioghan, Handelshaus DaRe, Havena 5. Boron 1044 BF

Liebe Mama!

Das wichtigste zuerst: Wir sind alle gesund! Falks Fieber begann bald zu sinken und auch der Husten ist inzwischen auskuriert. Ich habe ihm regelmäßig Spitzwegerichsirup verabreicht, das hat die Beschwerden sehr gelindert. Branden hat erzählt, dass es Euch allen gut geht! Den Zwölfen sei Dank!

Sei bedankt für den Mantelstoff, wir haben schon angefangen, die Mäntel zu zuschneiden und meine tüchtige Zofe wird sie nähen. Sie ist sehr geschickt darin, besser als ich es je werden könnte!

Unsere Ernte dieses Jahr war nicht schlecht. Nach den Abgaben haben wir mehr als genug für den Winter und die Aussaat im kommenden Frühjahr. Von dem Ertrag dessen, was wir verkaufen, können wir für die Ausbildung der Kinder einiges zurücklegen.

Die Proben für die hohen Damen werde ich bei Gelegenheit übergeben. Ich habe Deine Salbe schon probiert und finde nichts an ihr auszusetzen. Ich schreibe Dir dazu wieder, wenn ich sie länger ausprobiert habe und werde Dir natürlich berichten, was die anderen Damen dazu sagen.

Deine Idee mit dem Pfeifentabak war großartig! Er verkauft sich gut, auch wenn jetzt im kommenden Winter nicht mehr ganz so viele Reisende kommen werden. Ich hege aber die Hoffnung, dass er auch von den Bewohnern Witzichenbergs gekauft wird. Ich sollte noch einige einfache Pfeifen ins Sortiment aufnehmen, als Ergänzung.

Du fragst, warum Branden so ungewöhnlich freiwillig bereit war, die Lieferung nach Trutzelbach zu bringen? Ja, Deine mütterlichen Instinkte trügen Dich nicht. Als er nach seiner letzten Reise auf dem Heimweg bei uns halt machte, traf er in Trutzelbach eine Frau, die scheint es ihm doch angetan zu haben. Sorge Dich nicht! Für Branden besteht keine Gefahr! Die Dame ist zwar eine wirkliche Schönheit, aber sie ist verheiratet. Sie hat Branden in keiner Weise ermutigt und ist ihrem Gemahl, einem ebenfalls sehr gut aussehenden Mann, auf das Innigste zugetan. Außerdem weilen sie nur zu Besuch in Trutzelbach, wo der Bruder der Dame seit einigen Götterläufen lebt. Sie werden bald abreisen und vermutlich in Gratenfels überwintern.

Branden und Reto sind in der Destille und probieren Retos neuen Apfelbrand. Beide sind sich der Qualität wohl nicht ganz sicher, denn sie müssen immer wieder probieren, wahrscheinlich um sich ein wirklich fundiertes Bild zu machen. Sei es ihnen gegönnt, es ist ja bereits fast Abend und keiner muss mehr aus dem Haus.

Ich bin mir nicht ganz sicher, wann Branden sich zum Aufbruch durchringen kann, aber lange kann es nicht mehr dauern, denn sein Augenstern wird vermutlich bald abreisen. Der Winter kommt dieses Jahr wohl früh, so dass man sich beizeiten überlegen muss, wo man die kalte Jahreszeit zu verbringen gedenkt.

Meinem Bruder werde ich Euch von unserem Getreide mitgeben, außerdem Lageräpfel und einige Gläser eingekochte Kirschen und Birnen, ich weiß, dass Du und Papa Euch im Winter daran erfreuen werdet. Und Reto wird Euch auch etwas aus seiner Destille senden. Er ist so stolz auf seine feurigen Brände, die sich hier in der Gegend schon einiger Beliebtheit erfreuen, wobei er sie ja nicht in so großen Mengen fertigt, dass man sie über die Grenzen der Baronie vertreiben könnte.

Deine Tochter Nyah


Brief von Caitlin ni Brioghan, Handelshaus DaRe, Havena, an ihre Tochter Nyah DaRe von Tannwirk, Junkerin zu Drachenstieg, Baronie Witzichenberg in den Nordmarken 24. Hesinde 1044 BF

Mein liebes Kind,

ich weiß nicht warum, aber heute fehlst Du mir sehr! Mehr als gewöhnlich, meine ich. Keine Sorge! Es geht uns allen gut und es gibt keinen Grund sich zu beunruhigen. Im Kontor ist es um diese Jahreszeit ja immer etwas ruhiger. So bleibt mir viel Zeit, mich um die Kreidesalbe zu kümmern. Ich merke, dass diese Salbe meine Haut ausgezeichnet vor der Kälte schützt und sie auch nicht so trocken und rissig ist, wie oft in den vergangenen Wintern.

Unserer treuen Aedha, Du kennst sie ja, sie hat Dir schon häufiger Warenlieferungen nach Trutzelbach gebracht, habe ich auch von der Salbe gegeben. Ihre Haut ist durch den häufigen Aufenthalt im Freien sehr mitgenommen. Außerdem hat sie einen Hautausschlag, der sie seit ihrer Kindheit mal mehr, mal weniger quält. Es hat den Anschein, dass die Kreidesalbe sich günstig auf den Ausschlag auswirkt. Da in schlimmen Zeiten der größte Teil ihres Körpers betroffen ist, ist es mühsam, nur mit der Salbe zu behandeln. Ich werde mal versuchen, ob man mit der Kreide nicht vielleicht auch ein Bad zubereiten kann und ob das einen Effekt hat.

Gerade schaue ich aus meinem Fenster in unseren Hof, Richtung Pferdetränke. Es beginnt zu schneien! Feine zarte Flocken fallen tanzend zu Boden. Es beginnt zu dunkeln, heute früher als gewöhnlich, durch die Wolken und den Schnee.

Die Dame, die Du als Brandens Augenstern bezeichnet hast, ist sie inzwischen abgereist? Mir scheint, dass Branden sie noch nicht vergessen hat. Er sitzt an seinem Schreibtisch, blickt etwas schmachtend in die Ferne, seufzt und schreibt etwas, streicht es durch und beginnt wieder zu schreiben. Zuerst dachte ich, er versucht sich an einem Brief, aber dann hörte ich Reime. Mir scheint es wirklich und wahrhaftig, dass er sich an einem Gedicht versucht! Ausgerechnet unser Branden, der es gewohnt ist, dass die Mädchen ihn anhimmeln und der sonst nie einen Sinn für Poesie hatte.

Dein Papa und Dein seufzender Bruder lassen Euch alle herzlich Grüßen!

Bleibt gesund!

Mama


Brief von Nyah DaRe von Tannwirk, Junkerin zu Drachenstieg, Baronie Witzichenberg in den Nordmarken, an ihre Mutter, Caitlin ni Brioghan, Handelshaus DaRe, Havena 5. Tsa 1044 BF

Liebste Mama!

Mir geht es wie Dir! In dieser kalten, dunklen Jahreszeit, wo wir weniger draußen zu tun haben, vermisse ich Euch alle besonders! Ich hoffe, dass Ihr uns im Phex, aber spätestens im Peraine besuchen kommt! Es wäre schön, wenn wir das Saatfest zusammen begehen könnten! Es ist ja auch Falks Tsatag und was für ein Fest wäre es für ihn, wenn seine Großeltern dabei wären!

Der Augenstern ist abgereist, aber nur bis Kefberg und nicht nach Gratenfels oder in den Süden, wie auch mal zur Diskussion stand. Offensichtlich sind Überlegungen im Gange sich dauerhaft in der Nähe des Bruders nieder zulassen.

Wie sind Deine Versuche mit einem Kreidebad ausgegangen? Ja, Aedha hatte schlimme Beschwerden, als sie das letzte Mal bei uns war. Ich wollte sie schon in unser Hospital schicken, aber sie wollte sich dann doch lieber schnell auf den Rückweg machen. Ich glaube, sie vertraut den Ärzten nicht, vielleicht hat sie schon schlechte Erfahrungen gemacht oder einfach keine Lust mehr darauf, dass man ihr doch nicht helfen kann.

Ich finde die Salbe ausgezeichnet und verwende sie auch bei den Kindern, die sie alle sehr gut vertragen. Lara und Melinde haben mich gefragt, ob Du ihnen mit der nächsten Lieferung nicht noch welche schicken könntest und wollen sie natürlich auch bezahlen. Meinst Du, es gibt einen Markt für ein solches Produkt? Es scheint mir ganz ausgezeichnet zu sein, aber man wird es wohl nicht zu einem günstigen Preis abgeben können. Kreide ist nicht überall zu bekommen und die Kosten sind schon allein durch den Transport hoch. Die anderen Zutaten sind ebenfalls hochwertig und nicht billig zu haben. Ich denke, ein hoher Preis wird viele Damen abschrecken.

Wir sind jetzt bereits in der Planung, wie wir dieses Jahr unsere Felder bewirtschaften. Vielleicht schaffen wir uns auch ein oder zwei Bienenvölker an, um unseren eigenen Honig zu erzeugen. Allerdings habe ich die Ahnung, dass Reto sich dann am Metbrauen versuchen wird. Allerdings benötigen wir erst mal jemanden, der sich mit Bienen und Imkerei auskennt.

Herzlich,

Deine Tochter Nyah mit Reto und den Kindern


Brief von Caitlin ni Brioghan, Handelshaus DaRe, Havena, an ihre Tochter Nyah DaRe von Tannwirk, Junkerin zu Drachenstieg, Baronie Witzichenberg in den Nordmarken 26. Tsa 1044 BF

Liebe Nyah!

wie sehr freue ich mich, Dir zu schreiben, dass wir, also Dein Papa und ich, Euch bald besuchen werden. Branden seufzt nicht mehr so viel und die Poesie hat er inzwischen auch wieder aufgegeben. Er ist sehr froh, dass Euer Papa ihm während seiner Abwesenheit die Leitung des Kontors überlässt. Wir werden schon Ende Phex, so um den 27. rum, bei Euch eintreffen, wenn das Wetter es zulässt. Ich hoffe, der Brief ist nicht so lang unterwegs, dass Du genug Zeit für die Vorbereitungen hast. Und ich hoffe, dass eine Bestellung für Dein Kontor auch bald eintrifft, dann kann ich das Gewünschte noch mitbringen.

Die Kreidebäder scheinen Aedha gut zu bekommen. Ich selbst habe auch eines genommen. Das warme Wasser mit der Kreide wirkt wohltuend, nur muss man sich am Ende gut abspülen, um alles abzubekommen. Der alten Neelke habe ich auch einen Tiegel zum Probieren gebracht. Ich hatte zwar erwartet, dass sie ihn ablehnen würde, Du weißt ja, „die Pflanzen geben ihr alles, was sie braucht“, doch sie nahm ihn freudig an. Ob der Aufmerksamkeit geschmeichelt oder neugierig auf die Salbe, wer weiß! Ich bekam von ihr sogar einen Besuch, normalerweise besucht sie mich nie! Sie brachte mir einen großen Strauß getrockneten Lavendel mit und bedankte sich überschwänglich für die Salbe. Es hat den Anschein, als seien ihre Gelenkbeschwerden durch die Anwendung besser geworden. Kann das sein? Es ist doch nur eine Salbe, die äußerlich angewendet wird. Ich glaube, ich werde Trom, unseren Fuhrknecht, auch davon probieren lassen. Er leidet bei Feuchtigkeit doch auch immer so unter einem Reißen in den Gelenken. Wenn Neelke sich das also nur einbildet, dürfte es bei Trom nicht wirken.

Für die Wohlgeborenen Damen Melinde und Lara von Siebenstein, wie auch für Dich, sende ich mit diesem Brief die gewünschte Salbe. Überreiche es ihnen als Geschenk. Besonders die Baroness Melinde ist immer so aufmerksam, wenn wir zu Besuch sind, da möchte keine Rechnung stellen!

Wenn Du in Trutzelbach oder auf dem Gut Leute mit Haut- oder Gelenkproblemen hast, lasse sie doch auch von der Salbe probieren. Ich möchte möglichst viele Rückmeldungen über die Wirksamkeit – oder auch über die Nicht-Wirksamkeit – sammeln.

Bis bald, meine Tochter, bleibt alle gesund!

Mama


Brief von Caitlin ni Brioghan, Handelshaus DaRe, Havena, an ihre Tochter Nyah DaRe von Tannwirk, Junkerin zu Drachenstieg, Baronie Witzichenberg in den Nordmarken 21. Ingerimm 1044 BF

Liebe Nyah!

Wir sind wieder gut Daheim angekommen. Branden hat das Kontor nicht herunter gewirtschaftet – Dein Papa ist sogar ziemlich zufrieden mit ihm – und das will bei meinem Gemahl und seinen hohen Ansprüchen schon was heißen! Und Zeit, um Trübsal zu blasen, hatte Dein Bruder auch nicht! Ablenkung ist doch das beste Mittel gegen Liebeskummer!

Wie schön war es doch bei Euch! Gerne möchte ich Euch im Sommer nochmal besuchen. Du bist dann ja recht eingespannt und vielleicht kann ich Dich mit den Kindern und bei der Haushaltsführung etwas entlasten. Auf unserer Heimreise habe ich weitere Überlegungen zu den Kreideprodukten gemacht. Unsere Gespräche und Versuche während unserer gemeinsamen Zeit, haben viele interessante Erkenntnisse gebracht.

Ich plane verschiedene Mittel für folgende Anwendungen:

 einfach zur Pflege der Haut  Behandlung unterschiedlichster Hautprobleme und -krankheiten  zur Linderung von Krankheiten der Gelenke und Muskulatur  Bäder für müde und wunde Füße  Steigerung des körperlichen Wohlbefindens, da die Kreide wärmende Wirkung zeigt

Weiter möchte ich probieren, in welcher Weise man die Kreide in Schönheitsmitteln verwenden kann. Sollte es nicht möglich sein, sie in Puderform zu bringen, um den bei vornehmen Damen gewünschten blassen Teint zu fördern? Auch denke ich über Mittel für Badehäuser nach. Außer Kreidebadzusätzen möchte ich probieren, was man noch daraus machen kann. Vielleicht Packungen für das Antlitz, den Rücken und als Massage-Paste?

Zunächst muss ich aber an unsere Kontakte im Windhag schreiben. Ich brauche mehr Kreide und muss mich über Kreide an sich kundig machen.

Verzeih‘, wenn ich in diesem Brief so sehr an diesem Thema hänge, aber ich bin dafür gerade entbrannt und sehe die Möglichkeit, hier ein ganz eigenes Geschäftsfeld zu erschließen.

Sind alle bei Euch wohlauf? Was machen meine Enkelkinder? Habt Ihr Euch denn schon entschieden, welche Richtung Falk einschlagen wird? Falls er seinem Vater nachfolgen soll, wird es Zeit, dass er eine Stellung als Page annimmt. Ich persönlich halte ja nichts davon, Kinder so früh ihrem Elternhaus zu entreißen, aber wenn die Laufbahn eines Ritters damit beginnt, dann muss es wohl sein!

Deine Mama


Brief von Caitlin ni Brioghan, Handelshaus DaRe, Havena, an ihre Tochter Nyah DaRe von Tannwirk, Junkerin zu Drachenstieg, Baronie Witzichenberg in den Nordmarken 20. Efferd 1045 BF

Liebe Nyah!

wie sehr habe ich den Sommer bei Euch und unsere gemeinsame Zeit genossen! Herrlich zu sehen, wie meine Enkelkinder gedeihen! Auch unser reger Austausch, nicht nur zur Kreide, ist bereichernd gewesen! Glücklich kann sich jede Mutter schätzen, die eine Tochter wie Dich hat! Dein Kontor entwickelt sich vielversprechend! Mit Deiner Trude hast Du eine zuverlässige, ordentliche Frau, die das Kontor gut führt! Aber vertraue nicht blind! Prüfe regelmäßig die Bücher und die Kasse! Auch wenn die Erntezeit jetzt arbeitsreich ist und Dir wenig Zeit für andere Dinge lässt!

Ich habe inzwischen einiges über Kreide gelernt. Tafelkreide, die ich bisher überwiegend für meine Experimente verendete, ist besonders feinkörnig und mürbe. Um Kreide von unerwünschten Bestandteilen wie Sand, Flint und Muschelschalen zu befreien, wird sie „geschlämmt“, d. h., sie wird in Bottichen mit viel Wasser gerührt. Die Verunreinigungen setzen sich ab und können von der sog. Kreidemilch getrennt werden. Die Kreidemilch kommt in Trocknungsbecken, wo das Wasser verdunstet und die Kreide sich sammelt. Dann werden Stücke geschlagen, die zur weiteren Trocknung in Schuppen gebracht werden. Dort trocknen sie etwa einen Mond lang, wobei sie regelmäßig umgeschichtet werden. Das ist jetzt sehr vereinfacht ausgedrückt, aber das wirst Du mir verzeihen, da ich weder eine Alchimistin noch ein Handwerksmeister bin. Diese sog. Schlämmkreide, aus der Tafelkreide gewonnen wird, soll die Basis für meine Salben und Mixturen werden, da sie die reinste und feinste Kreide ist.

Eine ungefähre Ahnung über die Mittelchen, die ich, zunächst in kleiner Menge, fertigen möchte, habe ich. Vieles habe ich ausprobiert, nicht alles hat sich bewährt. Was ich für den nächsten Schritt benötige, ist einen zuverlässigen Lieferanten der Kreide und einen Weg, die Produkte an die Frau zu bringen. Der Transport ist mit unseren Wagen kein Problem. Ich habe hier in Havena schon einige Damen, die regelmäßig meine Mischungen im Kontor erwerben, was ich als Erfolg werte.

Habt Ihr die Ernte zwischenzeitlich gut eingebracht? Es sah mal danach aus, dass das Wetter nicht so mitspielen wollte.

Mit selbiger Post sende ich Dir für die Kinder Schreibtafeln aus Schiefer - und dazu Tafelkreide zum Schreiben und Malen.

Deine Mama


Brief von Nyah DaRe von Tannwirk, Junkerin zu Drachenstieg, Baronie Witzichenberg in den Nordmarken, an ihre Mutter, Caitlin ni Brioghan, Handelshaus DaRe, Havena 3. Hesinde 1045 BF

Liebste Mama!

Ich hoffe, Ihr befindet Euch alle bei bester Gesundheit! Wir sind gesund und munter! Wir hatten das große Vergnügen, vorgestern an der Vermählung Leons (Du erinnerst Dich sicher an Melindes Onkel, der das Amt des Burghauptmanns auf Burg Tannwirk innehat?) Er ist mit Basilissa von Vairningen aus dem Windhager Zweig der Familie Vairningen den Traviabund eingegangen. Das Fest war sehr familiär und gemütlich. Melindes Köchin hat ein vorzügliches Mahl aufgetischt! Die Braut war sehr hübsch und trug ein prächtiges Kleid und exquisiten Schmuck, ein Geschenk ihrer Cousine, der Baronin von Vairningen. Ich hoffe, sie wird sich hier gut einleben! Sie ist Waffenschmiedin und Melinde hat ihr eine Schmiede auf dem Burggelände eingerichtet.

Jetzt kommt der Teil, der für Dich sehr von Interesse sein dürfte!

Ich hatte geschrieben, dass die Dame aus dem Windhag stammt. Unter den Gästen weilte ihr Onkel, der bei ihr, die früh verweist ist, die Eltern vertritt. Es handelt sich um Seine Wohlgeboren Aarwin Adalric von Vairningen, Reichsedler zu Bleichethal, aus dem Windhag. Und was meinst Du, hat er in seinem Lehen? Richtig! Einen Kreidebruch! Natürlich habe ich ihm von Deinem Projekt berichtet und er schien mir einer Zusammenarbeit nicht abgeneigt. Bitte sende ihm doch ein Schreiben, in dem Du ihm genau spezifierst, was für Anforderungen Du an die Kreide hast! Dann werden wir sehen, ob er Dir weiterhelfen kann!

Verbringt Ihr im Frühjahr wieder das Saatfest bei uns? Wir würden uns alle sehr über Euren Besuch freuen!

Nyah