Am Rande Des Kosch

Am Rande des Kosch

Der Oberst in Hlûtharswacht

Autoren: RekkiThorkarson und ChrisF

Hesinde 1041 B.F.

Auf dem Heimweg aus Lûr im Fürstentum Kosch machte Dwarosch einen Abstecher nach Hlutharsruh, um dort den Baron von Hlutharswacht, Jost Verian von Sturmfels- Maurenbrecher, den er aus Mendena kannte aufzusuchen.
Der Oberst fand es wäre an der Zeit seine militärischen Ambitionen über die Grenzen des Insehag hinaus zu erweitern. In seiner Heimat selbst, dem Isenhag war er durchgehend auf positive Resonanz gestoßen mit seinen Vorhaben, welche inzwischen im vollen Gange waren.
Er hoffte, dass er auch im Rest der Nordmarken Lehnsherren für sich und seine Sache gewinnen konnte. Hier, in der Grafschaft Albenhus würde er den Anfang machen.
Ihn begleitete sein Freund und erster Hauptmann des Eisenwalder Garderegiments, Antharax, Sohn des Angrox. Dieser hatte in den Stählernen Hallen von Lûr, in der den Zwergen heiligen Arena unter den Augen Dwaroschs erneut sein Kampfgeschick bewiesen.
Des Weiteren gehörten fünf Eisenwalder Gebirgsjäger und Boringarth, Sohn des Borintosch, der Adjutant des Oberst zu der kleinen Reisegruppe.
*
Am Ende eines kühlen, aber dennoch sonnigen Herbsttages, die Praiosscheibe senkte sich kontinuierlich hinter den Bäumen der Senke zwischen Kosch und Eisenwald, erreichten die Angroschim Hlutharsruh, die größte Ansiedlung der Baronie. Auf ihren robusten Zwergenponnys sitzend, ritten sie gemächlich in die wachsende Stadt zu Füßen des Gebirges ein, welches die beiden mittelreichischen Provinzen voneinander trennte.
Dwarosch war froh den Weg hinter sich zu haben und bald vom Rücken des Ponnys absteigen zu können. Der Oberst war wahrlich kein Freund dieser Art zu reisen und die Wärme den ganzen Tag über, hatte ihm unter seiner Rüstung zu schaffen gemacht. Er fühlte sich als hätte man ihm die Flüssigkeit aus dem Leib gesogen. Das Verlangen nach einem großen, kühlen, schäumendem Bier war wohl der einzige, gemeinsame Gedanke, den die Zwerge in diesem Moment teilten.
Wie Recht schien dann auch Dwarosch das große Aushängeschild des „Waldschrat“, des größten Gasthauses am Ort. Mit mehreren Stockwerken, einem soliden Steinfundament und aufmerksamen Stallburschen lud es geradezu zum Verweilen ein.
Andererseits sah der Oberst das ummauerte Anwesen derer zu Sturmfels-Maurenbrecher, nicht weit vom Gasthaus und Praiostempel entfernt, über die Holzdächer der Stadt aufragen. Eine trutzige, enge Burg, von einer soliden Steinmauer umgeben, die schon einige hunderte Jahre auf dem Buckel haben musste.
Passanten grüßten die Zwerge höflich und ohne dabei besonders Erstaunt zu wirken. Dwarosch hatte auch einige andere Angroscho gesehen, deren Anblick war wohl in der Stadt nichts Neues. So hörte er den gleichmäßigen Klang einer mechanischen Säge vom Fluss her, mehrere Schmiede arbeiteten fleißig an Esse und Amboss und mehrere Flusskähne wurden mit frisch geschnittenen Stämmen beladen.
Lang schon waren die Häuser der Stadt über die alte Stadtmauer hinausgewachsen. An den Toren zur Altstadt standen Wachen, die jedoch nicht so wirkten, als hätten sie besonders viel zu tun.
Der Oberst lenkte die Schritte seines Ponys zum Gasthof. So verschwitzt, ausgehungert, halb verdurstet und am schlimmsten, erbärmlich nach Pferd stinkend, konnte er nirgends vorsprechen. Außerdem war es schon spät am Tag.
Kurz vor dem Waldschrat stiegen sie ab und Dwarosch wies einen der herbeieilenden Stallburschen an alle acht Ponys unterzustellen und zu versorgen. Alle Zwerge lösten noch ihre schweren Satteltaschen mit ihren persönlichen Habseligkeiten und warfen sie sich über die Schultern, danach betraten sie die Schankstube des Gasthofs. In Erwartung eines kräftigen Bieres und einer deftigen Mahlzeit hob sich die Stimmung der Gruppe sogleich.
Die Dunkelheit des Herbstabends hatte den Bauern auf den Feldern und vielen Handwerkern bereits einen zeitigen Feierabend beschert. Der Schrat war daher schon gut gefüllt als die Zwergengruppe eintrat. Viele Gespräche brachten den großen, verqualmten Schankraum zum summen und rauschen; Jungen und Mädchen mit weißen Schürzen liefen eilig mit schäumenden Bierkrügen und dampfenden Schüsseln zu den Tischen. An einem dieser Tische, in einer eigenen Nische des Raumes, saßen wohl die oberen der Stadt: Eine ältere Praiosgeweihte mit schwarzer Trauerbinde am Arm prostete einer wohlgekleideten Dame von Stand zu, welche das Wappen der Familie des Barons auf dem Wams trug. Ein dicklicher Traviageweihter nahm gerade einen tiefen Schluck aus einem Becher und ein Ingerimmgeweihter, dessen Schmiedehammer vor ihm auf dem Tisch lag, lachte aus vollem Hals.
Hinter der Theke schnaufte und schwitzte der Wirt, seine Frau rief aus der Küche hervor und hinter Dwarosch betraten in diesem Moment einige andere Angroscho die Schenke. Diese grüßten mit einem erfreuten „Baroschem“ und fragten sogleich nach dem woher und wohin. Sie waren mittleren (Zwergen)Alters, wohlgenährt und gutgelaunt. Einige Holzspäne in den Haaren und Bärten sowie die schwieligen Hände zeichneten sie als Handwerker aus.
„Baroschem“, erwiderte der Oberst erfreut und erklärte, dass sie aus Senalosch stammten, nun aber aus dem Kosch, genauer aus Lûr kämen und den Heimweg in den Isenhag nutzen wollten, um mit dem Baron zu sprechen. Seine Soldaten begrüßten derweil die anderen Handwerker in ihrer Muttersprache. Man suchte sich einen gemeinsamen Tisch an dem alsbald eine heitere Stimmung herrschte. Es wurde geschmaust und reichlich guter Hopfensaft ausgeschenkt.
Dwarosch stand dennoch nach dem dritten Bier auf und trat an den Tisch der gut betuchten Leute. Chancen musste man ergreifen, wenn sie sich boten. Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken und wartete geduldig bis man ihm Aufmerksamkeit schenkte.
Dies sollte nicht allzu lange dauern. Der massige und offenbar gut gelaunte Geweihte des feurigen Herrn INGerimm wendete sich dem Neuankömmling zu. Er hatte sich ein beiges Hemd unter die lederne Schmiedeschürze gezogen, welches eng seine Brust und Arme umspannte. Eine lederne Kappe lag auf dem Tisch vor ihm, neben dem imposanten und offenbar alten, aber gut gepflegten Schmiedehammer. Im gutmütigen Gesicht des Mittvierzigers zeigten einige Brandnarben und seine sehr löchrigen Augenbrauen von der feurigen Anbetung des Geweihten.
Er hob seinen Bierkrug, der gut und gerne zwei Maß fassen konnte und prostete Dwarosch zu: „Baroschem! Ihr seid fremd hier in der Stadt. Kommt, nehmt Euch ein Baroscht und setzt Euch zu uns. Ich bin Tjalvin Eisenfaust, der Geweihte des Ingerimm in dieser von Zwergen überfluteten Stadt.“ Und erneut ließ er seine laute Bassstimme mit einem grollenden Lachen erklingen.
Mit einem breiten, freundlichen Lächeln und einem Nicken nahm Dwarosch diese Einladung an. Kurz sah er zur Theke und hob die Hand, als er sich der Aufmerksamkeit des Wirtes sicher war und bestellte sich noch ein Bier.
Erst danach setzte er sich und grüßte die gesamte Gesellschaft am Tisch mit einem herzlichen „Baroschem.“ Sogleich fuhr er dann fort dem Geweihten des feurigen Gottes seine Frage zu beantworten. „Mein Name ist Dwarosch und ich stamme aus Senalosch. Sagt euer Gnaden, was führt die ganzen Handwerker nach Hlutharsruh? Ich und meine Männer sind nur auf der Durchreise zurück in den Isenhag und ich wollte die Gelegenheit nutzen mit seiner Hochgeboren, dem Baron zu sprechen.“
„Diese ganzen Zwerge hier? Die arbeiten, fleißig, emsig, wie es meinem Herrn gefällt.“ Er legte seine Pranke auf den Griff des Schmiedehammers. „Wir haben das Sägewerk, mehrere Schreinereien, Tischler, Bogenbauer und sogar Belagerungswaffenbauer. Und überall arbeiten Menschen und Zwerge Hand in Hand. Holz ist das Erz dieser Stadt.“
Erkennbarer Stolz erhellte das Gesicht des Geweihten, auch die ältere Praiosgeweihte und die Ritterin nickten; hatten sie doch dem Gespräch gelauscht.
Dwarosch nickte verstehend. „Es freut mich so viele Brüder und Schwestern hier fleißig an der Arbeit zu sehen. Handwerk ist die Grundlage des Wohlstandes der Nordmarken“, sagte er nicht ohne Stolz.
Nun mischte sich die Frau mit dem Wappen des Barons mit ein.
„Sagt, Herr Dwarosch, was wollt ihr von meinem Neffen? Der ist derzeit arg mit seinen Schloss- und Heiratsplänen beschäftigt.“
„Nun, einerseits bin ich Ausübung meines Amtes als Obrist in Hlutarsruh, andererseits möchte ich auch sehen, wie es seiner Hochgeboren ergangen ist seitdem sich unsere Wege nach der Rückkehr vom Feldzug getrennt haben. Der Baron und ich hatten die Chance uns auszutauschen im Feldlager von Mendena und wir haben gemeinsam gekämpft in ihren Mauern.“
Die Ritterin, die sich mittlerweile als Thalina von Sturmfels-Maurenbrecher und Josts Tante vorgestellt hatte, nickte verstehend. „Soso, Kriegsgeschichten also. Nun, Oberst, Ihr werdet ihn wohl zu dieser Zeit in meiner Burg antreffen. Wenn es Euch Recht ist, begleite ich Euch in mein bescheidenes Heim. Es wird eh langsam Zeit, das Abendmahl müsste in bälde serviert werden. Und wehe dem, der Alwins Zeitpläne durcheinanderbringt.“ Sie schmunzelte in sich hinein, nickte grüßend in die Runde und leerte noch schnell ihren Krug.
Die anderen verabschiedeten sich von Thalina, blieben allerdings noch sitzen.
Im hinausgehen kam eine der älteren Schankfrauen an ihnen vorbei. Sie warf der Tante des Barons einen wilden, strahlenden Blick zu, den diese mit einem sachten Klaps auf das prächtige Hinterteil der Rothaarigen erwiderte. Beide ließen ein vertrautes Lachen erklingen, ehe sie weiter ihrer Wege gingen.
Draußen blitzten die ersten Sterne am Himmelszelt. Die Straßen leerten sich, die Lichter der Stadt funkelten aus ihren einfachen Häusern, als Josts Tante ihre Schritte zu einer nicht weit entfernten Stadtburg lenkte.
„Sagt, Oberst Dwarosch. Was meintet Ihr damit, als Ihr sagtet, Ihr seid als Oberst hier?“
„Nun“, der Oberst strich sich über die langen, dicken Zöpfe seines verzierten Bartes. „Kurz umrissen geht um die Erstellung einer neuen, militärischen Karte unserer Heimat. Derzeit sind meine Männer in Begleitung von fachkundiger Hilfe dabei den Isenhag neu zu vermessen. Dort habe bereits mit allen Lehensherren gesprochen und mir eine entsprechende Erlaubnis eingeholt.
Das besondere dieser Karte wird sein, dass auch unzugängliche Bergregionen und Höhlen- sowie Tunnelsysteme darin aufgenommen werden, um schnellen und besonders ausgerüsteten Truppenteile in die Lage zu versetzen in möglichst geringer Zeit zu einem Gefahrenherd zu gelangen. Damit meine ich im speziellen meine Bergjäger und ähnliche Einheiten.
Der planmäßige Vorschritt dieses Unterfangens erlaubt mir jetzt einen Blick über die Grenzen des Isenhag. Ich möchte alsbald mit der Kartierung der anderen Grafschaften des Herzogtums beginnen. Mein erstes Augenmerk liegt dabei auf den Bergregionen und somit auch auf dem Vorderkosch und Kosch. Deswegen bin ich in Hlutharswacht“, schloss der Oberst die kurze Erläuterung.
Thalina dachte über das gehörte nach, während sie über den Marktplatz spazierten. „Aha.“ Sie schwieg einen oder zwei Momente. „Und gegen wen soll diese Karte zum Einsatz kommen? Vorausgesetzt natürlich, Ihr findet bei den Herren Baronen ausreichend Unterstützung für dieses Werk. Denn ich denke mir, im Fehdenfall kann so etwas sehr gut auch gegen den unliebsamen Nachbarn verwendet werden, oder liege ich da falsch?“
Dwarosch sah kurz mit leichter Verwunderung zu der Ritterin herüber.
„Ihr missversteht meine Motivation. Ich bin ein Angroschim und habe nur den Schutz meiner Heimat im Sinn. So... kleinliche Dinge wie dies alberne Fehdewesen, was meiner Meinung nach vom Fürsten verboten gehört, da es das Herzogtum im inneren zu schwächen vermag, interessiert mich schlicht nicht.
Nein“, der Oberst schüttelte den Kopf, „ich denke an Orks, herrenlose Söldnerbanner“, er legte den Kopf schief und grinste frech, „vielleicht aber auch an Albernier oder andere Provinzen mit allzu ambitionierten Träumen die uns bedrohen könnten.
Wenn es nach mir geht, so ist die rein geografische Karte von allen Lehnsherren die diese Sache unterstützen in Elenvina einsehbar. Die militärisch- relevanten Angaben jedoch nur den oberen Befehlshabern, die unterirdischen Routen dem Marschall, mir und einigen ausgesuchten Würdenträgern meines Volkes.
Diese Separierung ist bereits seit dem ersten gezeichnetem Strich Teil der gesamten Planung. Wir haben dies Werk nicht leichtfertig begonnen. Diese Idee hatte mehrere Jahrzehnte um zu reifen.
Wie dies alles jedoch am Ende gehandhabt wird obliegt nicht meiner Entscheidung. Dies werden der Fürst, die Grafen und unsere Mogmarog vermutlich unter sich ausmachen.“
Sie zuckte mit den Schultern und führte den Zwergen in die kleine Stadtburg ihrer Familie. Diese war vollgestopft bis unters Dach mit Menschen und Material, es wuselte überall und die Stimmung war angespannt. Die Ritterin klopfte nach einigen Treppen schließlich an eine Türe, die sie, ohne abzuwarten, auch sogleich öffnete. Dort drin endlich saß der Baron von Hlûtharswacht angestrengt über Unterlagen auf einem, im Vergleich mit der übrigen Burg, sehr aufgeräumten Schreibtisch. Er schien kurz erbost über die Unterbrechung, erkannte dann aber den Oberst und erhob sich, ein erfreutes Lächeln auf dem wie immer glattrasierten Gesicht.
„Oberst! Welch Freude und Überraschung Euch hier zu sehen. Kommt doch herein und setzt Euch! Was darf ich bringen lassen? Wein? Bier? Habt Ihr schon gegessen?“
„Hochgeboren“, begrüßte der stattliche Angroscho den Baron und erwiderte dessen Lächeln warmherzig. „Es ist auch mir eine Freude euch gesund wiederzusehen. Und danke, zu einem Bier kann ich nicht nein sagen, vor allem nicht, wenn ihr mit mir anstoßen wollt.“ Dwarosch schmunzelte verschmitzt. „Es ist schön zu sehen, dass ihr euch die Tatkraft, welche ich bereits während des Feldzuges an euch beobachten konnte erhalten habt. Ich bin gespannt aus eurem Mund zu hören was hier entstehen soll.“
„Hier?“ Jost breitete die Arme pathetisch aus „hier plane ich mein Schloss. Also das meiner Familie, meiner künftigen Baronin und meiner Ritter. Draußen vor den Toren der Stadt rodete ich bereits die Flächen dafür.“
Mit gespielter Erschöpfung und einem weiterhin lächelndem Ausdruck setzte er sich wieder in seinen Lehnstuhl und deutete mit seiner rechten Hand auf einen nicht weniger gemütlich aussehenden Stuhl vor dem Schreibtisch. Dann gönnte er sich einige Momente, in denen er den Angroscho ausgiebig betrachtete und nach Veränderungen suchte. Er hatte den Oberst ja seit dem Rückkehrfest nicht mehr gesehen, aber oft an ihn und seine Kriegstaktiken gedacht. ‚Sollte er ihn darauf ansprechen? Nein, dazu war es zu früh.‘
Nachdem er seine Musterung beendet, und der fleißige Alvin zwei Krüge heimischen Bieres vor ihnen abgestellt hatte, fuhr er fort: „Nun, Oberst. Sagt, wie ist es Euch ergangen? Wie steht die Truppe?“
Der Angroscho nickte dankend in Josts Richtung und ließ sich ihm Gegenüber nieder. Sein Gesicht war ein wenig fülliger geworden, ganz offenbar erging es ihm gut. Ansonsten schien der Oberst ganz der Alte.
„Die Anwerbungen laufen zu meiner Zufriedenheit. Ingerimms Hammer wird bald wieder Sollstärke besitzen. Ich konnte einige alte Weggefährten als Ausbilder gewinnen und erhalte alle notwendige Unterstützung.
Schleifen tue ich die Soldaten zum größtenteils nicht selbst, doch lasse ich es mir nicht nehmen hin und wieder mit anzupacken. Die Vorschritte machen mich zuversichtlich, dass ich Herzog und Grafen das Regiment am 1. Ingerimm abnehmen lasse, um es wieder in den Dienst zu stellen.“ Sichtlich zufrieden nahm Dwarosch einen Schluck Bier und strich sich mit der Linken über den langen, graumelierten Bart.
„Ein Schloss sagt ihr.“ Die Feststellung verriet eine leichte Verwunderung. „In welchem Stil wird es erbaut werden? Wenn ihr mir diese Frage gestatten wollt.“
„Horasisch“ kam die Antwort wie der Pfeil von der Sehne schießt. „Und bevor Ihr fragt, es wird hell und luftig, mit viel Raum für Kunst und Kultur. Mein Schwiegervater in Spe wird mir einige wertvollen Stücke aus seiner Sammlung überlassen. Es wird große Fenster bekommen, drei Stockwerke, oben untern Dach wohnen die Diener, die Familie und Gäste im ersten Stock und das Erdgeschoss wird den Salon, das Speisezimmer und Bibliothek, sowie die repräsentativen Räume erhalten. Und, das ist eine Neuheit aus dem Westen, die Küche kommt in den Keller, unter einen Steinboden. Das dämmt die Brandgefahr immens und sorgt dafür, dass die Gerüche und die Küchendiener uns oben nicht belästigen.“ Jost kam ins Schwärmen, seine Augen leuchteten als er Dwarosch auf einen Rundgang durch das künftige Schloss Hlûtharsruh mitnahm.
„Der Hof wird von den Flügeln umgeben und dennoch mit Kutschen befahrbar sein. Außerhalb lege ich Gärten an, ein kleiner Fluss ist schon vorhanden und wird ebenfalls in den Park mit einbezogen. Die Wege werden mit weißem Kies bestreut und führen zum einem zu dem Turniergelände, das ich plane, und zum anderem zum Armenhaus, das mir mein Cousin Vieskar abgeschwatzt hat.“
Der Oberst konnte das Herzblut spüren, das der Baron in das Projekt steckte. Die Leidenschaft, die seine Augen leuchten ließen wie die kleiner Kinder am Erleuchtungsfest. Dennoch ahnte der Veteran, dass Jost nie vollständig in seiner Aufmerksamkeit nachließ. Eine Grundspannung, könnte man sagen, die Jost wie eine zweite Haut umwob. Auch er war durch den Krieg gereift, doch sah man die Veränderung nicht auf den ersten, vielleicht auch nicht auf den zweiten Blick.
Er hatte kurz innegehalten, um das Bild seiner neuen Residenz wirken zu lassen, und schloss dann: „Aber Dwarosch, sagt, wieso verwunderte Euch der Gedanken an ein Schloss?“
„Sagen wir einfach ich verbinde mit dem Kosch- Gebirge oder im Allgemeinen meiner Heimat einfach eher alte, wuchtige und wehrhafte Mauern, denn zarte, verspielte Türme und verzierte Erker. Vergesst nicht mein Alter Hochgeboren.“ Der Oberst grinste schief und Jost erkannte ein gewisses Maß an Selbstironie darin.
„Darüber hinaus mag es daran liegen, dass mir andere Dinge mit in die Wiege gelegt wurden als euch. Schönheit im Sinne von Architektur und Baukunst definieren wir wohl grundsätzlich anders als Menschen. Einzig in der Bildhauerei gibt es parallelen wie mir scheint.
Aber ich muss zugeben, dass mich Kuslik, Vinsalt und auch Belhanka beeindruckt haben. Wenn ihr vom Horasischen Stil sprecht habe ich sehr konkrete Bilder vor Augen. Ich war einige Mal im Lieblichen Feld.“ Er grinste erneut, diesmal jedoch war es von frecher Natur. Jost erwiderte das Grinsen, fühlte er sich doch als halber Horasier. Schon wollte er dem Oberst zuprosten, als dieser jedoch ergänzte: „Der Sold ist gut und zu wirklich blutigen Kämpfen kommt es nur selten.“
Hier wurde der Baron ernst, seine Züge streng. Für einen Augenblick sah Jost Verian wieder die Schlachtfelder des Kriegs der Drachen vor seinen Augen. Die Gemetzel, blitzende Helme, schwere Kavallerieangriffe und schreiende Sterbende, die versuchten, ihre Gedärme wieder in die Bauchhöhle zu pressen. Jung war er gewesen, so jung wie Ira vor Mendena. Eigentlich zu jung. Er seufzte, lies seinen Bierkrug, der schon halb erhoben war, wieder sinken und kehrte wieder nach Hlûthars Ruh zurück.
„Ja, sie waren selten. Sagt, wann wart Ihr dort? Nicht während des Thronfolgekrieges, zufällig?“
Als der Oberst zustimmend nickte zeigte sich ein dunkler Schatten auf seinen grimmigen Zügen. „Der sogenannte ‚Krieg der Drachen‘“, den Namen des Erbfeindes sprach er abwertend aus, „war ein äußerst hässlicher Konflikt und war nicht typisch für das Horasreich, wenn ihr mir diese Einschätzung erlaubt. Er viel in die Zeit meines Lebens, da ich ohne festes Banner immer wieder auszog und allein Kors Ruf zu folgen. Nach der Trollpforte befiel mich eine innere Leere, die sich in Lethargie äußerte. Ich konnte mich nicht durchringen mich einer konkreten Sache oder einem einzelnen Herren zu verpflichten. Es gab nur Gold, keine Ideologie oder vermeintlichen höheren Sinn.“ Dwarosch sprach diese Sätze aus, als läge dies alles weit hinter ihm.
Dann schüttelte er fast unmerklich den Kopf und kehrte zum Thema zurück. „Die sonst so besonnenen Liebfelder hatten zum Teil jegliches Maß verloren, ich habe Gemetzel gesehen, abgeschlachtet haben sie sich gegenseitig. Man sollte meinen, dass Menschen untereinander mehr Respekt vor dem Leben besitzen. Und alles nur wegen der Thronfolge. Ihr könnt sicher nachvollziehen, dass mir das Eingreifen Shafirs, welches schließlich zum Ende führte, nicht gefiel, auch wenn es wohlmöglich so das beste war. Weiteres Blutvergießen wurde verhindert.“
Er seufzte leicht. „Ich hätte Amene gerne noch länger auf dem Thron gesehen. Sie war eine starke Herrscherin und stand immer für Stabilität, auch in den Beziehungen zum Reich. Als Nachfolger hätte ich ihren älteren, Timor präferiert nicht Khadan. Bei ihm weiß niemand wie groß der Einfluss des verfluchten Drachen ist.
Ihr wart auch dort nicht wahr? Auf welcher Seite habt ihr gekämpft?“
„Ja, ich wart dort.“ Kurz schüttelte er den Kopf, seine halblangen Haare fielen ihm ins Gesicht. Jost wischte sie mit einer dezenten Geste wieder zur Seite, grinste über sich selbst und fuhr fort: „Ich stand auf Seiten der Aldarener. Nicht das ich mir meine Seite aussuchen konnte. Mein Schwertvater war, nein, ist noch der Anführer der Goldenen Legion. Condottiere Zandor von Nervuk.“
Jost goss seinem Gast und sich neues Bier ein, hielt den Krug dann aber in der Hand, drehte ihn hin und her.
„Die letzte Schlacht habe ich vom Feldherrenhügel aus miterlebt. Eben dort, wo Shafir der Prächtige landete.“ Er schauderte, schüttelte erneut den Kopf.
Eine Urgewalt.
„Mehr hatte ich aber bei der Eroberung von Harben zu tun, dort kämpfte ich an der Seite des Condottierie. In den engen Gassen der Stadt war die Formation wahres Gold wert.“
Jetzt blickte er den Zwerg wieder direkt an.
„Und Ihr? Wo habt Ihr gedient in jenen Tagen“
Kurz musste der Zwerg überlegen bevor er antwortete. “Zunächst bei den Yaquiertaler Pikenieren auf Seiten der Timoristen. Später habe ich mich den Silbertaler Armbrustieren angeschlossen. Ich kämpfte in der Schlacht auf den Rosenfeldern und an der Kreuzung von Castarosa, wie ihr auf Seiten der Aldarener.” Dwarosch schmunzelte amüsiert über diese Tatsache. “Die Offiziere der Silbertaler sind zumeist Angroschim aus Silas. Sie haben mich angeworben. Zu einigen wenigen pflege ich noch heute freundschaftlichen Kontakt. Zwei der damaligen Schützen dienen jetzt unter mir.”
Unvermittelt wechselte der Oberst das Thema. “Habt ihr noch mehr aus dem Horasreich mitgebracht, als die Vorliebe für deren Architektur? Ich meine abgesehen von alledem was euch euer Schwertvater beigebracht hat,” Anerkennung lag in der letzten Feststellung.
Für den Bruchteil einer Sekunde erschrak Jost über die unvermittelte Frage, was er noch aus dem Horasiat mitgebracht habe. Sie traf ihn unvorbereitet, und so zuckte sein Augenlied. ‚Kann er wissen? Nein, unmöglich. Vorsicht jetzt!‘
So lachte er und zeigte dann ein nachdenkliches Gesicht. „Noch mehr, als Architektur, meine Fähigkeiten und alles Wissen meines Schwertvaters?“ – Jost setzte zu einer Gedankenpause an, hob seinen Krug erneut und endete lachend: „Meine Liebe für schöne Frauen und gute Weine. Prost!“
Der Oberst lachte kurz auf wegen der Bemerkung des Barons und nickte dann sichtlich amüsiert, während er dem Baron zuprostete und selbst einen tiefen Schluck tat. „Das klingt danach, als wenn ihr die Zeit bei den Liebfeldern trotz des Krieges als eine schöne Erinnerung für euch bewahrt. So soll es sein“, befand Dwarosch.
„Wo wir gerade bei Drachen waren“, setzte der Zwerg zu einem neuen Thema an, als er den Krug abgestellt hatte. Seine Stimme war plötzlich deutlich ernster. „Mir ist zu Ohren gekommen, dass ‚Herrentod‘ ein neues Gelege ausgebrütet hat. Entspricht dies der Wahrheit?“ Abscheu und tiefsitzender Hass schwang in seiner Frage mit, die er für Jost spürbar so nüchtern wie ihm möglich gestellt hatte.
„Ja, hat er“ war die knappe Antwort des Barons. „Ihr seid richtig informiert.“
Da Jost Verian davon ausging, dass der Zwerg dieses Thema weiter vertiefen wollte, überließ er ihm die Initiative. Herrentod war kein Gesprächsinhalt, um den er sich reißen würde. Vor allem nicht mit einem Zwerg.
Zunächst zeigte der Oberst nur ein bedächtiges Nicken auf die von ihm bereits erwartete Antwort. Offenbar wog er die nächsten Worte gut ab. „Nuuun, ich weiß natürlich um die besondere Rolle dieses Drachen in der Geschichte eurer Familie, seine Bedeutung die sich in eurem Wappen wiederspiegelt“, fing Dwarosch zurückhaltend an. „Dennoch“, seine Stimme wurde fester, „wenn er oder gar seine Brut in Zukunft zu einem Problem werden, dann zögert bitte nicht mich zu informieren. Ich kann einen schnellen Kontakt nach Xorlosch herstellen.“ Mehr wollte er zu diesem Thema nicht verlieren. Es ging ihm nur darum seine Hilfe anzubieten. Für ihn gab es drängendere Angelegenheiten, auch was die Gesamtheit seiner Rasse betraf. Die heute lebenden Drachen waren nur noch Überbleibsel vergangener Größe, auch wenn er seine Abneigung ihnen gegenüber nie versteckt hatte.
Jost Verian nahm das Angebot dankend zur Kenntnis, deutete dies mit einem Kopfnicken an. Insgeheim war er froh, jetzt keine langatmige Diskussion mit dem Oberst über Drachen und insbesondere Herrentod führen zu müssen. Er kannte die Dickköpfigkeit der Angroscho aus seiner Stadt, von seinem Schmied, und konnte getrost darauf verzichten.
Nachdem aber dieses diffizile Thema erledigt zu sein schien und zudem nicht der Kernpunkt des Besuchs Dwaroschs war, wollte Jost Verian ein wenig stochern.
Aber, mein lieber Oberst, Ihr seid sicher nicht hier um über Drachen und horasische Frauen zu sprechen, oder liege ich da falsch? Was führt Euch eigentlich in diesen abgelegenen Teil der Nordmarken?“
„Ganz recht Hochgeboren“, antwortete Dwarosch bereits wieder sichtlich besser gelaunt. „Ich bin in der Tat aus einem ganz anderen Grund hier!“
Der Oberst suchte sich eine neue, bequeme Sitzposition und strich sich einmal nachsinnend die Zöpfe seines Bartes entlang bevor er ansetzte. „Seit einigen Götternamen sind meine Gebirgsjäger in Kooperation mit einigen, ausgewählten Karthografen auf meine Initiative hin dabei den Isenhag neu zu vermessen. In Absprache mit Herzog und Grafen lasse ich eine neue, militärische Karte erstellen. Noch habe ich nicht alle Einwilligungen der Lehnsherren, doch bisher konnte ich alle von den Vorteilen und der Sinnhaftigkeit dieses Unterfangens überzeugen. Die Arbeiten sind bereits im vollen Gange und verlaufen bisher ohne nennenswerte Verzögerungen.
Ihr seid der erste Lehnsherr außerhalb des Isenhag zu dem ich komme, um um Erlaubnis zu bitten mit meinen Männern auf dem Gebiet eurer Baronie für einen begrenzten Zeitraum operieren zu dürfen Hochgeboren.“
Bei jedem anderen hätte er eine ausführlichere Erklärung angefügt, doch nicht bei Jost Verian. Er war der langen Monologe überdrüssig und hoffte auf gezielte Nachfragen seines Gegenübers.
Dieser nahm sich einige Momente, in denen er das Gesagte überdachte und bewertete. Auf den Oberst machte er einen recht positiven Eindruck, er schien die Bitte zumindest nicht von vornherein abzulehnen.
Schließlich kamen die von Dwarosch gezielten Nachfragen dann auch:
„Die Karten sollen ausschließlich militärisch genutzt werden, oder obliegt es mir, wie ich die Informationen einsetze? Wir müssen ja nicht darüber sprechen, dass mir eine Kopie, zumindest meiner eigenen Lande, zur Verfügung gestellt wird. Und wo werden die Abschriften der Gesamtwerke hinterlegt? Grafenstädte und Elenvina, oder ebenso in den Hauptstädten der Baronien. Was ist mit meinen Edlen und Junkergütern? Zudem wüsste ich gerne, über wie viele Gebirgsjäger wir sprechen. Ich muss meine Lehnsnehmer darüber informieren, wer da kommt und wofür. Gastung sei natürlich gewährt, auch hierüber sprechen wir nicht.“
Es folgte eine weitere, kurze Denkpause, nach der er eher die große Politik ins Auge fasste.
„Gibt es einen Anlass, auf Grund dessen Ihr die Karten erstellen wollt? Und was geschieht mit denjenigen Baronien, deren Herren sich stur stellen?“
Jost Verian legte sich während er sprach einige neue Blätter Pergament bereit, Feder und Tinte waren vorher bereits im Einsatz und wurden nun genutzt, um das Thema grob zu umreißen und die Antworten des Zwergen zu notieren. Gespannt blickte er auf.
Der Oberst wirkte nicht überrascht aufgrund der Fragen und nickte bedächtig. Anstelle eine direkte Antwort zu geben kramte er kurz in einer breiten Tasche am Gürtel und holte Tabakbeutel und Pfeife hervor. „Gestattet ihr“, fragte der Angroscho in Richtung des Barons und begann dann, nachdem dieser wortlos zugestimmt hatte die kunstvoll geschnitzte Pfeife aus glänzendem Rosenholz zu stopfen.
„Nichts“, setzte der Oberst kurz darauf an, nachdem er über die Fragen Jost Verians nachgedacht hatte und beantworte damit zunächst die letzte. „Eine Zustimmung ist rein freiwillig eure Hochgeboren. Ich bin ein Soldat und kann deswegen nur um Einwilligung bitten. Aus der Politik, die viele dahinter sehen mögen halte ich mich heraus, das ist nicht meine Intention. Und mit Verlaub, menschliche Politik interessiert mich nicht. Die meines Volkes reicht mir vollkommen, um mir hin und wieder einen Wutanfall zu bescheren.
Ich sage euch aber nicht ohne Stolz, dass ich bereits die Lehnsherren von Dohlenfelde, Rabenstein, Oberrodasch, Eisenstein, Eisenhütt, Tandosch und Rodaschquell auf meiner Seite weiß.“ Bei der Erwähnung der letzten Baronie zwinkerte der Oberst verschwörerisch. „Nilsitz, Weddengraben, Angroschsgau und Brüllenbösen selbstredend auch. Ihr wisst ja das ich es dort mit Brüdern zu tun habe. Die Zustimmung der Vögte war mir darüber hinaus natürlich sicher, da mich Herzog und Graf unterstützen, wie ich bereits erwähnte. Ich habe es mir jedoch nicht nehmen lassen jeden Lehnsherrn zu besuchen, nicht nur aus Respekt, sondern auch um die Vorbehalte jedes einzelnen zu zerstreuen.“
An diesem Punkt hielt Dwarosch kurz inne und wog den Kopf hin und her, als schätze er etwas ab. „Um Hlutharswacht ausreichend zu kartographieren würde ich zwei Mal acht Mann plus jeweils vier Vermessungstechniker veranschlagen. Erfahrungswerte“, zuckte der Zwerg erklärend die Schultern. „Mittlerweile kann ich den Aufwand gut abschätzen und würde sagen wir benötigen drei bis vier Wochen. Eine Gruppe würde die Wälder durchforsten und entlang des Großen Flusses operieren, die andere würde ins Gebirge aufbrechen. Letztere wird die interessanteren Ergebnisse liefern. Der Kosch und seine Pässe sind von Bedeutung für die Karte. Ihr seht also, dass meine Anfrage alle eure Ländereien betrifft. Wenn ihr zustimmt, werde ich euch nach ansässigen Führern fragen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Ortskundige und deren überliefertes Wissen alte, zumeist unzulängliche Aufzeichnungen nicht ersetzen kann.
Die Karte wird im Ganzen in Elenvina aufbewahrt werden. Einzelteile, also Abschriften können auf Anfrage bei der Kanzlei erstellt und somit erlangt werden. Ihre eigentliche Bedeutung hat sie jedoch nur für meine Gebirgsjäger bzw. andere Einheiten, die die festen Straßen umgehen können“, schränkte der Oberst ein. „Das besondere an der Karte werden die speziellen Angaben über Bergpässe und Tunnelpassagen sein, die meine Männer in die Lage versetzen soll, so schnell wie möglich an jeden Ort des Herzogtums zu gelangen, um dann den regulären, schwer gerüsteten Kräften Zeit zu erkaufen, die diese auf den befestigten Umwegen benötigen.“
Der Oberst beugte sich vor und entzündete die Pfeife unter Zuhilfenahme eines kleinen Zunderdöschens aus Messing. Zufrieden lehnte er sich wieder zurück, als der würzige Duft aufstieg. „So wie Albrax seine Hochkönigliche Wacht über den Kosch etabliert hat, so möchte ich das Heimatland meines Volkes geschützt wissen. Es soll mein Lebenswerk sein, nicht nur die Karte, sondern auch die Säuberung unserer Bingen und Tunnel von Ungeziefer. Vieles von Isnatosch liegt verlassen unter dem Berg und dient Abscheulichem als Brutstätte.
Senalosch wächst. Einst aus drängender Not hinaus bezogen, weil Isnalosch aufgegeben werden musste, ist sie inzwischen eine große Stadt. Sicher, sie ist nicht so prächtig wie Xorlosch, aber das will sie auf gar nicht. Sie will wehrhaft sein, um die Angroschim zu bewahren, das ist die Aufgabe die der Rogmarog ihr zugedacht hat. Isnatosch war die erste und nach alter Stärke strebt sie. Es ist eine Erneuerung, die sich vollzieht. Borindarax von Nilsitz ist einer derjenigen, der diesen Prozess forciert. Aufhalten kam man ihn ohnehin nicht mehr. Und mit Barbax, Verzeihung, ich meinte natürlich Barbaxosch, seinem Vater, gehört inzwischen auch ein namhafter Berater des Rogmarog zu den Befürwortern dieser Entwicklung die das Ehrwürdige Väterchen insgeheim bereits eine ganze Weile vorantreibt, wenn ihr mich fragt.“
Kopfschütteln folgte. „Aber was langweilige ich euch mit unserer Politik? Was ich wollte war euch meine Motivation darzulegen. Vielleicht ist mir dies ja gelungen. Was wichtig ist.“ Dwarosch senkte die Stimme. „Niemals“, der Oberst war plötzlich sehr ernst und sein Blick durchdringend, „niemals wieder darf ein Feind in der Lage sein Krieg in unsere Heimat zu tragen, weder Ork, noch Albernier, noch ein anderer und es ist meine Aufgabe es ihnen so schwer wie möglich zu machen.“
„Gut, Ihr habt meine Erlaubnis, geschätzter Oberst, denn die Gründe überzeugen mich. Ich bin auf das Ergebnis mehr als gespannt. Auf gutes Gelingen! Baroschem!“ Nachdem sie sich zugeprostet hatten, wechselte der Baron das Thema.
„Habt Ihr im nächsten Rahja eigentlich schon etwas vor?“
„Baroschem“, erwiderte der Oberst mit einem zutiefst zufriedenen Ausdruck. „Mit eurer Zustimmung habe ich eine gute Grundlage auch die anderen Lehnsherren der Grafschaft Albenhus aufzusuchen.“ Genüsslich trank er den Becher leer und stellte ihn dann kurz sinnierend ab.
„Nein, ich denke im Rahja habe ich noch keine Pläne, auch wenn mein Adjutant jetzt sicher Kleinigkeiten einwerfen würde, die ich aber durchaus delegieren kann. Warum fragt ihr?“
Jost lehnte sich zufrieden zurück und ein mehr als glücklicher, ja sogar ein strahlender Gesichtsausdruck zeigte sich auf dem immer noch jugendlich wirkenden Gesicht des Barons.
„Dann betrachtet Euch doch bereits jetzt als zu meiner Hochzeit eingeladen, die ich hier, in Hlûthars Ruh, feiern werde. Eine offizielle Einladung folgt, seid versichert.“
„Ich fühle mich geehrt Hochgeboren“, gab der Oberst zur Antwort und Jost konnte seine Verwunderung erahnen. Wahrscheinlich hatte er trotz seines langen Lebens noch keine solche Einladung erhalten.
„Ich werde sehr gerne kommen“, sagte Dwarosch kurzerhand zu. Die Zeit würde er sich nehmen müssen. „Darf ich fragen wer eure Braut ist?“
Der Baron zeigte Freude über die Zusage und begann auch sogleich von seiner hübschen und klugen Frau zu berichten:
„Sicher, Ihr dürft. Ich eheliche die liebreizende Baroness Odelia von Keyserring, Tochter des Barons von Eisenstein. Diese Ehe war von unseren Vätern angedacht, da beide zu meines alten Herrn Lebzeit gute Freunde waren. Und als ich sie einen Winter lang kennen lernen durfte, schmiedeten wir aus dem Plan ein Bündnis. Lustig ist, dass meine erste Knappin, Ira von Plötzbogen, in genau dieser Baronie eine der Ritterfamilien einheiraten wird. Und so verknüpfen sich die Schicksale und Familien, die Bande werden enger und neue Verbündete stehen einem zur Seite.“
Er war sichtlich zufrieden mit der Entwicklung, das Geflecht von Beziehungen und Bündnissen über die Nordmarken zu werfen wie ein Fischer sein Netz. Man wusste ja nie, wann man jemanden brauchen würde.
„Ah. Dann wird man euch wohl bald öfter sehen im Isenhag“, mutmaßte der Oberst und sein Ton kündete davon, dass ihm dieser Umstand gefiel.
„Eisenstein ist eine reiche Baronie und äußerst schön gelegen. Ich wünsche euch, dass sich der Bund auch im persönlichen Sinne als der Richtige erweist Hochgeboren. Ist eure Zukünftige Erbin der Baronswürde?“
„Nein, sie nicht. Aber unser erstgeborener Sohn wird der Erbe. Der zweite Sohn oder das erste Mädchen dann der Erbe meiner Baronie. Mein Schwiegervater ist noch recht gut beisammen, so dass nicht sofort ein lebender Erbe benannt werden musste. Wenn dann mein Spross den Eisensteiner Thron besteigt, wird meine Familie über vier Baronien unseres Herzogtums herrschen. Hlûtharswacht ich selbst, Eisenstein mein Sohn und über meine Adoptivbrüder Urbeltor und Trappenfurten.“
Anerkennend nickte der Oberst. „Das macht eure Familie zu einer der einflussreichsten im Herzogtum.“ Er hob seinen inzwischen durch einen Bediensteten wieder aufgefüllten Humpen. „Na dann, auf zahlreiche Erben!“