Das Waldgespenst

Erzählung aus der Lichtkarz
Irgendwo im Nord-Gratenfels'schen ...

Im frühen Herbst sind die Tage noch warm und sonnig, doch immer zeitiger kommt die Dämmerung, Kälte steigt aus den Wiesen und wabernder Nebel. Wer dann, wie vom Sommer gewohnt, spät noch durch den Wald streift, um Beeren zu sammeln oder Pilze, findet sich unversehens im Zwielicht wieder und muß seinen Weg zurück durch Nebelschwaden und Dunkelheit suchen.

Da kann es geschehen, daß er ein Klopfen im Wald hört, wie wenn jemand mit einem Knüppel gegen die Stämme schlägt. Näher kommt es, lauter, heftiger, begleitet von einem Rascheln und Rauschen, wie wenn eine Bö durch das Unterholz zieht! – und entfernt sich wieder. Der späte Pilzsucher atmet auf und sieht zu, daß er aus dem Wald hinaus und nach Hause kommt!

Manchmal aber zieht sich das Klopfen und Rauschen nicht zurück, sondern folgt dem eifrigen Sammler, treibt ihn womöglich noch tiefer in den Wald. Längst hat er den Pfad verloren, stolpert über Wurzeln, tritt knackend auf einen morschen Ast. – Dem Knacken antwortet das Klopfen, viel näher als das letzte Mal. Ist es nicht auch viel kälter geworden? Da! Eine Gestalt! – Nein, ein Baumstubben, noch schwärzer als die Nacht. Das Klopfen – der Verirrte fährt zusammen: gleich neben ihm! Ein Rauschen fährt auf ihn zu, ein kalter Luftzug ...

Tage später findet man ihn, am Leben, ja, doch, am Leben. Wenn man es so nennen will. Denn seine Sinne sind vernebelt, und sein Geist lebt nur noch in der Finsternis.

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(C) fs

Nein, ich weiß auch (noch) nicht, was dahintersteckt. Vielleicht nur Geschichten, ausgelöst von Herbstwind und dem unheimlichen Knacken des Holzes. Aber dann ist da dieser verwirrte alte Mann, der kein Wort gesprochen hat, seit man ihn völlig verstört im Wald gefunden hat ...