Treffen der Hainritter II

15. Rondra 1045 BF, Schloss Hainblick

Die lang vorbereiteten Feierlichkeiten zum Schwertfest konnten nun, da sämtliche Hainritter anwesend waren, endlich eröffnet werden. Der Hofstaat war bereits versammelt und die Herrschaften erwarteten am Ende des Saals sitzend ihre Gefolgsleute. Der Junker war ein Mann von stattlicher Gestalt, groß und kräftig, während seine Gemahlin ausgesprochen Hübsch anzusehen war, ebenfalls groß, doch eher schlank und elegant. Links und Rechts von ihnen, ihre zwei Kinder. Die achtzehn Monde zählende Omelda von Salmfang, die es vor Aufregung kaum an ihrem Platz hielt. Sowie der nur einige Wochen alte Amadan von Vairningen, der im Arm seiner Amme vom höfischen Schauspiel um sich herum überhaupt nichts mitbekam.

Nacheinander wurden die Hainritter im Saal willkommen geheißen. Jeder für sich, sodass ihnen jeweils die Ehre zu teil wurde die sie sich mit ihrer ehrenvollen Aufgabe, dem Schutz dieser Lande, verdient hatten. Angefangen wurde bei den erfahrensten Hainritter, jenen die bereits am längsten dem Junkertum dienten, bis der Reihe nach alle vorgestellt, begrüßt und geehrt waren. Ein farbenfrohes Spektakel, denn entgegen der sonstigen Gewohnheit trugen die Rittersleut heute die Farben ihrer Familien und nicht den grünen Wappenrock, auf dem das grüne Schild der Hainritter mit vier silbernen Apfelbäumen prangte. Eine fein gearbeitete silberne Spange zierte stattdessen heute ihre Brust und übernahm diese Pflicht.

Ein dumpfer Hall erfüllte den Saal als der Zeremonienmeister seinen Stab gebieterisch niederfahren ließ. Schnell kehrte Ruhe ein und er erhob die Stimme: „Es richtet nun Ihre Wohlgeboren Veirya die Vierte Timerlain von Vairningen, Baroness zu Vairningen, Edle von Vairntal und Junkersgemahlin zu Ostendorf das Wort an die Anwesenden!“

Geschmeidig erhob sich die angekündigte Dame und trat ein Schritt vor. „Im Namen der gütigen Herrin Travia, heißen mein Gemahl und ich alle Gäste herzlich auf Schloss Hainblick willkommen. Auch wenn in den vergangenen Götterläufen jedes Mitglied des ‚Bundes zum Schutz der ostendorfer Lande‘ bereits unser Gast gewesen ist, war es mir ein Bedürfnis sie einmal alle hier versammelt zu sehen.“ Allein ihr sehr ansprechendes Äußeres war ein Garant für die Aufmerksamkeit der Anwesenden, ihre warmen und wohlwollenden Worte war so nur noch die Kirsche auf der Torte.

„Dieses Fest halten wir zu Euren Ehren. Doch wollen wir auch die Schwertleuin und die gütige Herrn Travia Ehren. Denn die Hainritter sind die Wehr, dass die große Familie unserer Vasallen schützt.“ Demonstrativ applaudierte sie und sogleich folgten der Hofstaat dem Vorbild der Hausherrin.

„Darüber hinaus soll es Euch aber auch Forum sein. Ihr seid herzlich eingeladen Euch untereinander auszutauschen und uns …“, dabei deutete sie erst auf Junker Otgar und dann auf sich. „… zu berichten was Euch auf dem Herzen lastet. Sprecht frei, denn auch in Zukunft sollen die Ostendorfer in Frieden und Wohlstand leben können.“

Damit trat sie wieder zurück und setzte sich neben ihren Gatten. Der erneute Auftritt des Zeremonienmeisters fiel nun bedächtiger aus. „Alle Gäste sind eingeladen der Andacht von Vater Travin beizuwohnen, dafür werden wir in kürze das Protal in den Garten öffnen. Draußen wird anschließend Zeit für den Austausch sein, während für das leibliche Wohl gesorgt ist. Zum gemeinsamen Festmahl werden wir uns heute Abend wieder hier im Saal zusammenfinden. Die Hainritter sind zum Sonnenuntergang zum gemeinsamen Rondradienst geladen, Außenstehende dürfen sich dem Dienst gern anschließen, es wird jedoch darum gebeten, dass sie sich im Hintergrund halten.“ Mit ernster Miene die Anwesenden musternd wartete der Zeremonienmeister noch einen Augenblick. Er wollte die Versammlung nicht auflösen, eh nicht sichergestellt war das sich niemand mehr zu Wort melden wollte. Als er diese Sicherheit gewonnen hatte, ließ er ein drittes Mal seinen Stab niederfahren. Kräftig und sogleich flutete der Schein der Praiosscheibe durch das sich öffnende Portal in den Garten.