Stadtorchester

Stadtorchester

Herzogenstadt Elenvina, Boron 1043 BF

Wie jeden Windstag trafen sich die beiden Schreiber zu einem gemeinsamen Bier im Stadthaus des Hauses Ahnwacht. Schon seit vielen Jahren taten sie dies und tauschten sich dabei über den neusten Klatsch und Tratsch aus, eben alles was ihnen so zu Ohren kam. Egal ob es sich dabei um große politische Ereignisse, die das gesamte Reich betraf, handelte oder um die neuste Liebelei unter den Adligen der Herzogenstadt.

„Hast du schon gehört.“ Eröffnete Ernbrecht vom Greifenstein die heutige Runde. „Jetzt wo sich der Bau seines Rahja-Tempels sich verzögert, hat sich der künftige Hausherr eine Beschäftigung gesucht und plant ein Stadtorchester!“

Irion von Ahnwacht nahm derweil noch einen Schluck von seinem Bier und besah sich besonnen die Schaumkrone. „Es kann ja nicht jeder so viel Arbeit haben wie wir als Schreiber, als Geweihter ohne Tempel hat er sicherlich einiges an Freizeit.“

„Vermutlich!“ Stimmte ihm der Greifensteiner zu, der sich als Schreiber am Herzogenhof vor Arbeit kaum retten konnte. „Wie ich gehört habe, scheint seine Hochwürden eine echte Mondsilberzunge zu haben. Angeblich hat er nicht nur hat er Elador Thedon davon überzeugt den ersten Auftritt im Hesinde-Tempel stattfinden lassen zu dürfen, angeblich hat er Godefroy Sigismuth von Ibenburg-Luring aus den Rippen geleiert das der Chor der Wehrhalle ebenfalls mitmacht.“ Gerade bei letzteren schwang tiefer Respekt in seiner Stimme mit. ‚Wie er das wohl angestellt hat?‘, fragte er sich insgeheim ein wenig neidisch.

„Also ich habe ja gehört das die Herzogengemahlin Concabella persönlich diese Aktion unterstützt und deshalb ein zweiter Auftritt am 30. Rahja das Gemüht der Bewohner der Eilienwid vor dem Jahreswechsel nochmals erhellen und stärken soll. Dabei hat sie angeblich viel dazu beigetragen…“

„ECHT!“, platzte es aus Ernbrecht heraus. „Woher weißt du denn schon wieder sowas? Ich bin doch der, der am Hof der Eilenwid arbeitet und nicht du! Ihr Ahnwachter habt aber auch überall eure Quellen. Aber jetzt erzähl schon, welche Details hast du noch so gehört?“

Irion lächelte etwas verschmitzt, denn es stimmte schon das Haus Ahnwacht verfügte über ausgezeichnete Verbindungen und darüber hinaus auch über ein nicht minder gutes Netz an Informationszuträgern. „Nun, soweit ich weiß gehören die Angehörigen des Orchesters vor allem dem in der Stadt lebenden Adel an. Vor allem Angehörige des Herzogen- und Grafenhofes, aber auch aus der Reichskanzlei. Und dank der Herzogengemahlin haben sie einen Dirigenten und Komponisten aus Almada der unter Rahjas Inspiration binnen weniger Wochen im einen Zwölfgötterepos niedergeschrieben hat.“

„Aber wieso macht seine Hochwürden das?“, hakte der herzogliche Schreiber nochmals ein.

„Nun, angeblich, so wurde mir zumindest zugetragen, möchte die Rahja-Kirche – also Seine Hochwürden – auf diese Weise den schönen Künsten im Herzogtum mehr Geltung verschaffen. Mit den derweils eingenommen Spenden möchte er sogar talentierten Nordmärkern die Möglichkeit bieten im neuen Tempel zu großen Künstlern heranzureifen.“ Führte der Ahnwachter geheimnistuerisch aus, bevor er sich einen genüsslichen und langen Zug von seinem Bier gönnte.

„Ha! Das würde zumindest erklären, wie er die Hesinde-Kirche rumbekommen hat.“ Platzte es aus dem Greifensteiner, wobei er einen Teil seines soeben genommenen Schluckes Bier über den Tisch spuckte. „Tschuldigung…“ Kam es ihm sogleich etwas verlegen über die Lippen und zog ein Tuch aus einer Tasche und wischte schnell über den Tisch.“

„Schon gut Ern …“, erwiderte Irion gutmütig, schließlich kannte er seinen Gesprächspartner schon seit vielen Götterläufen und wusste um seine Art. „Aus einer anderen Quelle habe ich gehört, dass Seine Hochwürden die nordmärkischen Ritter daran erinnern wolle, dass sie sich nicht nur im Waffengang, sondern auch wieder in der Minne üben sollten. Eine Kunst die er hier im Herzogtum sehr vermisse und seines Erachtens nach mehr Geltung zugesprochen gehöre.“

„Wenn das stimmt, dann hat er ganzschön Mumm. Immerhin sind die nördmärkischen Ritter ein ganzschon stolzer Haufen! Ob die sich so gern an den Karren fahren lassen?“ Erneut konnte Ernbrechte vom Greifenstein seinen Respekt für den Geweihten der schönen Göttin nicht verhehlen. Immerhin bot der Mann nicht nur den besonders prüden Traviajüngern bereits die Stirn. Nein, jetzt legte er sich auch noch mit dem Stolz der Nordmarken an. Dem Rittertum!

„Vielleicht…“, sinnierte Irion Alcuin Harduin von Ahnwacht nachdenklich. „… frage ich ihn Persönlich, immerhin sind wir ja entfernte Vettern.“ Von seinem Bier aufblickend, fixierte er den Ernbrecht. „Das bist du übrigens auch, also brauchst du mir überhaupt nicht erst damit kommen das du da nicht mitmacht.“

„Echt? Ich bin mit dem Verwandt?“, fragte Ern ungläubig, während der Ahnwachter nur resigniert den Kopf schüttelte.