Rondramut wider Dämonenbrut

Rondramut wider Dämonenbrut

Schwertzug gegen Borbarad

Autor: Innozenz m.c. (1998)

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Weit waren sie bereits in das Gebiet des finsteren Feindes eingedrungen. Schon viele Wunden und Verletzungen hatte sie davon getragen. Doch stets hatte Rondra wohlwollend ihre schützende Hand über sie gehalten. In dem letzten Gefecht allerdings hatte sie einen schlimmen Hieb auf ihr linkes Bein abbekommen. Seitdem humpelte sie im Feldlager. Aber solange sie auf dem Pferd saß spielte das keine Rolle.

Am 23. Boron 27 Hal hatte Koarmin Adlerkralle von Rickenbach sich in Wehrheim dem Schwertzug ihres Ordensbruders Rondrasil Löwenbrand angeschlossen. Sie selbst gehörte dem Rondratreuen Orden der Heiligen Ardare an. So war die aus der nordmärkischen Baronie Eisenstein stammende Ritterin mit ein paar Ordensbrüdern und -schwestern zum Schwertzug hinzugestoßen um gegen den finsteren Verderber auszuziehen. Die blutrote Schärpe umgelegt folgte sie dem Ruf „Rondra will es!“

Der Himmel hing schwer von Gewitterwolken, die Praios’ Antlitz verhüllten. Ein finsterer Schatten lag über dem entstellten Land. Koarmin ritt in der Vorhut mit. Ihr Bein schmerzte ein wenig. Schließlich erleichterte die Wunde das im Sattel sitzen nicht besonders. Doch ihr Falben trug sie auch voran ohne beständig den Schenkeldruck ihrer Herrin spüren zu müssen. „Sternschnuppe“ hieß die Stute und stammte vom heimatlichen Rittergut. Das Gestüt Rickenbach war weit bekannt für seine hervorragende Zucht Elenviner Vollblüter.

Doch ihre Heimat lag fern im Westen. Hier im Osten lag das Land in einem bitteren Krieg. Verbrannte Erde. Tobrien war im Würgegriff des Dämonenmeisters. Daran änderte auch der Schwertzug nichts. Trotzdem wollten die Recken Feuer und Schwert weit hinter die Reihen des Feindes tragen.

Die dunklen Wolken dräuten am Himmel. Die Vorhut ritt einen Hügel hinauf. Koarmin gab ihrem Streitroß die Sporen, ritt zur Kuppe um zu sichern, daß dahinter kein Hinterhalt wartete. Oben angekommen zügelte sie den Falben. Angestrengt blickte sie in das Tal. Aus dem Halbdunkel lösten sich Gestalten. Schemen bewegten sich im Schatten der Wolken. Koarmin gab ein Zeichen nach hinten. Zwei Reiter rückten auf. Die Situation war klar. Die Nordmärkerin hieß einen der beiden Reiter zum Haupttroß zurückzureiten und Meldung zu machen. Sie wollte mit der Vorhut hier harren, bis die Hauptstreitmacht heran war.

Endlich kam Rondrasil Löwenbrand heran. Er ritt auf die Hügelkuppe, wo Koarmin immer noch wartete. So wie es schien hatte sich unten im Tal eine größerer Haufen von des Bethaniers Leuten eingefunden. Offensichtlich erwarteten sie den Schwertzug um ihm endlich Einhalt zu erbieten. Löwenbrand gab Befehle. Schlachtaufstellung.

Bestialischer Gestank nach Schwefel zog den Hügel hinauf. Die Pferde scheuten. Gar mußte sich der ein oder andere übergeben. Dann erfolgte der Befehl zum Angriff. Sie galoppierten den Hügel hinab. Da geschah das unfaßbare. Die Pferde verloren mehr und mehr an Boden unter den Füßen. Sie schwebten ganz langsam und leicht immer weiter von der guten Mutter Sumu fort. Schwerelos. So vereinnahmt war Koarmin von dem Geschehen, daß sie erst spät begriff, welche Gefahr da drohte. Mühselig löste sie ihr wundes Bein aus dem Steigbügel und hob es über den Sattel und den Pferderücken. Beinahe zu spät.

Oder gerade noch rechtzeitig? Denn just in dem Moment war die Schwerelosigkeit wie weggeblasen. Wie Steine fielen die Ritter hinab. Da Koarmin schon halb aus dem Sattel gestiegen war, gelang es ihr gerade noch rechtzeitig von ihrem Falben abzuspringen. So entging sie der Gefahr, unter ihrem Roß begraben zu werden, wie es einigen anderen Rittleuten widerfuhr. Sie landete äußerst unsanft, aber — Phex gab ihr Glück — in einem Gebüsch. Ihr linker Arm schmerzte nun ebenso wie das Bein — der Arm war gebrochen.

Rings um die Nordmärkerin herum lagen die gestürzten Ritter, vom Sturz schwer verletzt. Die Pferde hatten ihre Beine gebrochen und lagen derart gequält neben oder gar auf ihren Reitern. Mühselig befreite Koarmin sich von der schweren Ritterrüstung, die ihr nun, da sie nicht mehr zu Roß war, äußerst hinderlich erschien. Ihren Schild konnte sie eh nicht mehr halten. Dann kroch sie rüber zu ihrem Falben. Auch „Sternschnuppe“ hatte ihre Beine gebrochen. Mit einem gezielten Stich in das Herz ihres geliebten Pferdes beendete sie dessen Qual.

Doch viel Zeit blieb ihr nicht für Trauer. Sie mußte sich besinnen, denn der Feind stürmte heran. Gar grausig war ihr Anblick. Wohl mehr tot als lebendig. Halbverweste Körper und gar Skelette in Rüstzeug. Klappernd und klirrend kamen sie heran. Doch ihnen voran eilte eine schwarze Welle. Es waren Tausende von Ratten, die da zwischen den Beinen wimmelten.

Sich gegen die tollwütigen, beißenden Ratten zu erwehren war ein schlimmes Unterfangen. Gleichzeitig griffen die untoten Schergen des Bethaniers an. Als ob dies nicht schon genug gewesen wäre, da wandelte sich der Boden unter der Heerschar stellenweise in Moorast. Die schwergerüsteten Recken versanken dort und konnten sich kaum noch erwehren.

Oder an anderer Stelle griffen plötzlich Hände, Krallen und Klauen, die aus dem Boden ragten, nach ihnen. Wieder an anderer Stelle taten sich Erdspalten auf und die Kämpen stürzten hinein. Dann fing andernorts die Erde an zu brennen. Einfach so. Die Krieger, die dort kämpften, fingen Feuer und verbrannten bei lebendigem Leibe.

Viele wurden zu Boron geschickt. Die schwer verwundete Nordmärkerin focht vielleicht ihren letzten Kampf. Schlimm war dann auch der Regen oder was es auch war. Dessen Tropfen waren so beißend, daß manch einem die Sinne schwanden. Es war reines Gift, was da niederfiel. Zähflüssig blieb das schwarze, ölige Zeug auf Haut und Rüstung kleben.

Da erblickte Koarmin einen Magier in den Reihen des Feindes. Er war wohl der Ursprung all diesen Übels. Nur flüchtig hatte sie ihn gesehen. Nun mußte sie sich wieder dem nächsten Angreifer stellen. Doch das Gesicht des Magier ging ihr nicht aus dem Sinn. Irgendwo hatte sie ihn schon einmal gesehen. Mit einem Streich hieb sie dem Untoten vor ihr den fauligen Kopf ab. Da fiel es ihr wie Drachenschuppen von den Augen. Es war der Schwarzmagier Tunich-Guhd. Der lebte eigentlich in den Nordmarken in der Baronie Eisenstein. Nun hatte er sich zum Dämonenmeister gesellt und brachte Verderben über zwölfgöttertreue Menschen. Das Bauernvolk hatte schon immer behauptet, er sei ein Borbaradianer. Doch bislang war das nur ein Volksmärchen. Jetzt war es offenbar. Doch ob Koarmin solange überleben würde, um von ihrer Entdeckung zu berichten?

Schließlich wendete sich das Schlachtenglück zu Gunsten Löwenbrands Schar. Die Reste der Horde des Bethaniers zogen sich zurück. Doch der Schwertzug hatte arge Verluste erlitten.