Tag 1: Während des Arbeitsdienstes am Grabgelände (1. Tag)


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Grimo hat sein (blitzsauberes) Ornat durch eine (eindeutig für dreckige Arbeit vorgesehene) Arbeitsrobe ersetzt, leichter gerüstet, einfacheren Helm, dafür mit Zweihänder überm Rücken. Am Eingang zum alten Tempelbezirk hält er an, zieht den Zweihänder. Laut, aber nicht im Andachtston, mehr wie bei einer letzten Abstimmung vor der Arbeit:
"Herrin Rondra, gib uns Kraft, dass wir ordentlich zuschlagen können! Sag deiner Schwester Tsa, daß wir ihre Kreaturen, falls es ihre sind, gerne schonen, wenn sie sich von uns fernhalten. Aber hier haben sie nichts zu suchen! Phex, laß uns die Verstecke dieser Biester rechtzeitig erkennen! Firun, wenn dir unsere Jagdweise nicht gefällt, laß das Getier entkommen, andernfalls gönn uns eine gute Strecke! Herrin Rondra, gib uns Ausdauer, dass unsere Arme nicht zu früh erlahmen!" Er hält inne, als horche er auf eine Antwort, aber es schackert nur irgendwo ein Vogel, es hört sich an wie ein amüsiertes Lachen. Grimo wendet sich zu den Streitern: "Gehn wir! Saubermachen!"


„Also los geht‘s! FÜR DIE TOTEN UND DIE FREUNDSCHAFT! - UND FÜR DEN HEILIGEN ORGIL!“
(Ira motivierend zu Beginn des Arbeitsdienstes, als es aufs Gelände geht)


"Quendan, wenn ich dich abermals um den Reithammer bitten dürfte?"
"Ich eile, mein Herr."
(Wunnemar von Galebfurten und sein Knappe zu Beginn des Arbeitseinsatzes)


"Tschuldigung, Sturmbö. Aber der Dreck muss jetzt auch mal sein."
(Grimo, sich bei seinem Zweihänder entschuldigend, als er in seine erste Assel hackt und alles mit Schleim besudelt ist.)


“Ah, bin ich froh, mich hier um diese Asseln kümmern zu dürfen… Hier werde ich wenigstens nicht ständig gefragt, wann und wen ich denn ehelichen werde…”
(Isotta seufzend als sie ein weiteres Viech erledigt hatte)


"Quendan, du nimmst den Speer und versuchst, die Assel an einem Ort in die Ecke zu treiben. Aber halte die Augen offen, es gibt mehr von diesen widerlichen Biestern. Ich treibe die Spitze des Hammers durch den Panzer… im Idealfall. Komm, versuchen wir es."
(Wunnemar von Galebfurten zu meinem Knappen Quendan)


“Na wenigstens sind diese Asseln nicht übernatürlich wie das Gezücht aus Transysilien…”
(Mihoal, als er gerade tapfer eines der Viecher vom Antlitz Deres getilgt hatte, zu Aureus, mit dem er zusammen auf Asseln-Jagd gegangen ist)


„Uagh, die Viecher stinken aber echt saumäßig. Das hatte ich gar nicht mehr so in Erinnerung."
(Ira, angeekelt die Nase rümpfend)
“Stimmt wohl, das ist echt eklig."
(Brun stimmt grinsend zu)


“Wirst du denn im nächsten Jahr von Isotta als Knappin aufgenommen? Du wirst doch nächstes Jahr schon dreizehn.”
“Ich bin mir gar nicht so sicher, ob sie das möchte. Manchmal scheine ich sie nur zu stören…”
"Wie lange dauert es eigentlich noch, bis Mihoal zum Ritter geschlagen wird?"
“Du kriegst auch gar nichts mit hinter den dicken und düsteren Mauern der Hyndanburg was? Mihoal wird wahrscheinlich geweiht werden. Dann haben wir einen echten Rondra-Geweihten als Bruder!”
“Das wird unserem Vater gar nicht gefallen…”
“Aber Großmutter wird sich freuen.”
“Da bin ich mir gar nicht so sicher. Als Mann hätte Mihoal größere Chancen gehabt als Isotta einmal Großmutter zu beerben. Da hätte das Barönchen nicht soviel Ärger gemacht.”
“Wie kannst du… Du verbringst echt zu viel Zeit mit deiner Schwertmutter in Obena…”
(Diskussion der beiden Paginnen über das Knappinnen-Werden und -Sein)


“FIRIN! 2 HINTER EUCH!!”
(Ira warnend vor Asseln, welche die Gruppe um Firin angreifen wollen)
"Das war knapp! Drecksbiester!... Ich danke dir! "
[Firin, dank Iras Warnung gerade noch rechtzeitig herumgefahren)


“Ist noch befriedigender, wenn man sich vorstellt, die hätten das Gesicht von jemandem, den man hasst.”
(Ira, nachdem sie voller Genugtuung eine Assel zerschmettert hat. Ihre Freunde wissen, dass sie damit ihren Dienstherrn, den tyrannischen Baron von Eisenstein, meint)
“Warum weiß ich nur, auf wen du damit anspielst?”
(Wunnemar als Entgegnung, ohne Ira dabei anzusehen)


“Was soll das heißen, ich will sicher die Kleinen nicht kaputt machen? Nur weil ich seit kurzem wieder einen Säugling habe? Komm schon, das hier sind Drecksviecher!”
(Ira etwas entrüstet, als man ihr nicht zumuten möchten Baby-Asseln zu zerstampfen)
"Hebt doch ein paar für Eure Knappin oder Pagin auf!"
(Hochwürden Grimo, der ganz in der Nähe in einem größeren Loch herumstochert)


"Davon muss ich unbedingt Leodegar erzählen, der wird sich vor Ekel schütteln!
(Amadis grinsend, während des Tagewerkes in Gedanken bei ihrem Bruder)
"Wir schicken ihm ein Bein oder eins von diesen Kauwerkzeugen!"
(Praiolind, ebenfalls grinsend)


"So wie ich aussehe, muss ich erstmal drei Tage in den Zuber, sobald wir hier fertig sind."
(Amadis an sich herabschauend, nachdem sie zum wiederholten Male von Asselblut besudelt wurde)
"Ja, wenn der Arbeitseinsatz hier vorbei ist. Jetzt muß eine kürzere Zubersitzung reichen, und zwar spätestens heute abend!"
(Praiolind erzieherisch, ohne Überlegung, ob es überhaupt einen "Zuber" geben wird, zumal für Knappen)


"Ob ich den Hammer wohl auch einmal schwingen dürfte?"
(Amadis zum Hammerträger ihrer kleinen Einsatztruppe gegen Ende des Arbeitsdienstes am ersten Tag)
"Amadis! Laß den Hohen Herrn seine Arbeit machen! Der Hammer ist doch noch viel zu schwer für Dich!"
(Praiolind mahnend)
"Wegen mir gerne. Sie mit dem Hammer zu Brei zu schlagen, mag befriedigender sein. Die Asseln aufzuspießen und sie für den Hammer mundgerecht und bewungungsunfähig zu halten aber ist die anspruchsvollere und keinesfalls ungefährlichere Aufgabe.“
(Firins Replik, der noch ein paar mehr Asseln aufspüren und beseitigen könnte)
"Meint Ihr? Gut, dann gebe ich weiterhin mein Bestes."
(Amadis, ihren Körper straffend, nun noch konzentrierter bei der Sache.)


Bei den beiden Paginnen aus Eisenstein, die sich alle beide entsetzlich langweilten, hatte sich irgendwann auch Lea hinzugesellt, Grimos 10-jährige Tochter.
Koarmin hatte vorhin gehört, was Lea über die Assel gesagt hatte, die sie erschlagen hat. Nun war die jüngste Rechklamm voller Neugierde.
"Hast du echt schon so eine Assel getötet?” (Koarmin interessiert und bewundernd)
"Klar!" (Lea selbstbewusst)
"Wie kam es denn dazu? Wie hast du das denn gemacht?"
"Die kam abends in den Hof gekrabbelt. Keine Ahnung, wo die herkam. Da hab ich eine Gartenhacke genommen und hab draufgeschlagen. Das hat mir mein Papa gezeigt, wie man richtig zuschlägt!" (Lea stolz)
“Boah, klasse. … Ich würde das ja auch so gern mal ausprobieren… Magst du mir gleich mal zeigen, wie man richtig zuschlägt?” (Koarmin beeindruckt)
"Klar!" (Lea führt Koarmin Richtung Stallungen, hält dann inne.)
"Sollen wir schauen, ob wir noch eine kleine Assel finden?"
Koarmin war neugierig und auch ein wenig aufgeregt mitgegangen. Ihr war durchaus bewusst, dass sie gegen die Anweisungen ihrer Schwertmutter handelte. Daher hatte sie auch ein wenig ein schlechtes Gewissen, aber das lockende Abenteuer war stärker. Aiobhe war skeptisch und vorsichtig mitgegangen.
“Nein, Koarmin! Das haben uns unsere Schwertmütter verboten!” (Zu ihrer jüngeren Schwester mahnend)
"Ja, gerne. ... Ich würde gerne mal sehen, wie du das machst. Und vielleicht kann ich es auch einmal ausprobieren?" (Koarmin zu Lea, ihre Schwester ignorierend, selbst aber voller Enthusiasmus und Tatendrang)
Lea trieb eine Gartenhacke und einen kräftigen Stock auf. Dann führte sie Koarmin um das Tempelareal herum zu den Ruinen Alt-Orgilsheims.
Aiobhe ging sehr zögerlich mit. Sie hatte schon eine Vorahnung.
"Da sind am ehesten welche, und wir kommen den Erwachsenen nicht in die Quere", erklärte Lea. An Grasbuschen und kleinen Sträuchern zeigte sie Koarmin, wie man "richtig zuhaut" und ließ die Pagin ein paar Schläge üben.
"Und jetzt schauen wir, ob wir ein paar kleine Asseln finden!"
Es schien Lea Freude zu bereiten, dem ein Jahr jüngeren Mädchen etwas beibringen zu können. Sie stocherte unter Büschen und in Löchern im Schutt zusammengefallener Mauern.
Bald machte Koarmin mit. Immer tiefer wagten sich die Mädchen in das Areal vor.
Aiobhe jedoch blieb am Rand der Ruinen zurück und wartete unruhig und nervös.
"Da!"
Etwas krabbelte durchs Gestrüpp!
"Los! Drauf!"
Eine vielleicht zwei Spann lange Assel floh vor den Schlägen und verschwand in einem Spalt zwischen Steinen.
"Och, schade!" (Koarmin enttäuscht)
Einer deutlich größeren Assel wich Lea aus.
"Da bräuchten wir stärkere Waffen", erklärte Lea, "und so eine kann schon richtig blöd beißen."
Die Assel krabbelte tatsächlich ein Stück auf sie zu.
Lea zog sich mit Koarmin hinter einen Mauerrest zurück.
Aiobhe stand immer noch am Rand der Ruinen und versuchte etwas mitzubekommen, was ihr aber nur begrenzt gelang.
Auf einmal bewegte sich unter ihnen die Erde. Ein kleiner Hügel aus graubraunen Chitinplatten schob sich aus dem Geröll heraus, die beiden Mädchen verloren den Halt.
"Scheiße!", schrie Lea, ruderte mit den Armen und fiel hin.
Koarmin ging es nicht besser.
Eine gigantische Assel drehte sich erstaunlich schnell zu ihnen um.
Die Assel erwischte eines von Koarmins Beinen, die hart und spitz zulaufenden Beißwerkzeuge klickten.
Hektisch hieb Lea mit ihrer Hacke gegen die Assel, zu entsetzt, um artikuliert um Hilfe zu rufen. Auf einmal stieß eine Glefe zwischen die klickenden Mandibeln, schob die Assel ein Stück rückwärts, hielt sie von den Mädchen fern. Ein grüner Rock kam ins Blickfeld, jemand half Koarmin auf. Frau Marsilea!
"Ludhard! Komm! Ich hab sie!" (Marsilea entsetzt)
Nun stürzte auch Aiobhe herbei aus Sorge um ihre jüngere Schwester.
Zusammen brachten Aiobhe, Marsilea und der Tempeldiener Koarmin aus den Ruinen heraus und in die Sakristei des neuen Tempels. Ihre Tochter Lea packte Marsilea derweil nur an der Hand und zog sie schweigend mit sich.
In der Sakristei schaute Marsilea sich die Schramme an Koarmins Bein genauer an, sie hatte bereits aufgehört zu bluten. Sie schwieg weiterhin, ebenso wie Ludhard, der einen Krug Wasser und zwei Becher hinstellte, beide mit verbissener Miene.
Sie verließen die Mädchen und schlossen hinter sich ab.

Auf dem Areal des alten Tempels hörte man kurz darauf Rufe nach "Grimo!" und "Meister Steinklaue!" Wer in der Nähe war, konnte Frau Marsilea und den Tempeldiener sehen, wie sie aufgeregt mit dem Geweihten sprachen.
Dann ertönte ein brüllendes "Waaas?!!", und Grimo hastete, seinen Zweihänder geschultert, davon, gefolgt von Marsilea und Ludhard.

“Was ist denn da los?” Ira hatte zwar das Brüllen des Geweihten vernommen, konnte es aber nicht zuordnen, da sie sich mit ihren Kampfgefährten noch im Gefecht mit einer Assel befand. „Kann mal wer nachsehen, ob da Hilfe gebraucht wird?“
“Meinst du nicht, wenn Hochwürden Hilfe bräuchte, würde er uns rufen?”, sagte Isotta von nebenan, zuckte mit den Schultern und machte sich an die nächste Assel. “Der weiß sich schon zu helfen”, fügte sie noch lapidar nach.

Grimo entlud derweil im Rondratempel ein regelrechtes Donnerwetter über die beiden Mädchen, besonders aber über seine Tochter, die er nur noch "Pheliane" nannte. Von den hehren Asselbekämpfern bekam dies jedoch niemand mit.
Die Pagin Koarmin ließ Grimo schließlich mit ihrer Schwester Aiobhe gehen. Ob sie den Vorfall ihrer Dienstherrin beichtete (und wann), überließ er ihr selbst.

Nach einer Weile tauchte Grimo wieder beim Grabgelände auf. Er schaute sich um, sah alle mit ihren Asseln beschäftigt, winkte Ludhard heran und ging wieder, in Richtung der Siedlungsruinen.
Dort schlossen sich ihnen zwei Orgilsgraber mit Mistgabeln und Äxten an. Zusammen stellten sie die zwei Asseln am Rande der Siedlungsruine, die halbgroße und die große, die den beiden Mädchen so gefährlich geworden waren.
„Die wären nachts bestimmt ins Dorf gekommen und euren Kindern gefährlich geworden“, erklärte Grimo den beiden Bauern.

Lea, sonst immer irgendwo in der Nähe der Ordensleute anzutreffen, war an diesem Tag nicht mehr zu sehen.
Koarmin hingegen tauchte irgendwann wieder auf der Mauer auf. Man merkte ihr aber an, dass sie irgendetwas bedrückte und beschäftigte. Sollte sie ihrer Schwertmutter beichten, was geschehen war?
Aiobhe war allerdings nicht wieder mit ihr auf die Mauer gestiegen. Sie wartete am Tor und hielt Ausschau nach ihrer Schwertmutter. Sie hatte sich offensichtlich vorgenommen, Isotta von dem Vorfall zu berichten.

Mihoal ging in einer Pause zurück zum Tempel, um in den angrenzenden Gebäuden den Abort aufzusuchen, um dort nicht belästigt von Asseln sich zu entledigen. Danach beabsichtigte er zurückzugehen, sah aber dann oben auf der Mauer seine jüngste Schwester alleine sitzen. Er stieg kurz zu ihr hoch, um nach ihr zu sehen.
„Na, Schwesterchen, wie geht es dir? Was machst du?”
Als er keine Antwort bekommt, musterte er Koarmin eindringlich. Es war sehr ungewöhnlich, dass das Mädchen so ruhig war, da sie sonst doch eher aufgedreht war. Da sah er die Schrammen.
„Was ist denn mit deinem Bein geschehen, Schwesterchen?”
Koarmin schaute ihren Bruder mit großen und offenbar auch erschrockenen Augen an. „Ich…”, stotterte sie, „ich habe mich verletzt.”
„Das sehe ich.” Mihoal kniff die Augen zusammen und legte den Kopf schief. Er wusste, wann eine Rechklamm etwas angestellt hatte. Er war ja selbst so. “Wie ist das denn passiert.” „Eine Assel”, antwortete Koarmin kleinlaut.
„Eine Assel?”, fragte ihr Bruder verwundert. “Hier oben? Auf der Mauer?”
„Nicht ganz”, erwiderte das Mädchen.
„Du bist also entgegen dessen, was Frau Ira dir aufgetragen hat, da unten rumgelaufen?” Jetzt kehrte Mihoal deutlich den großen Bruder raus. “Wo ist überhaupt deine Schwester? Sollte die nicht auch hier oben sein?”
„Mh-hm”, antworte Koarmin nur.
„Du weißt, was du nun tun solltest, Koarmin?” Es war mehr eine Aufforderung ihres ältesten Bruders, als eine Frage.
„Mh-hm”, klang es nun etwas kleinlauter. Die jüngste Rechklamm senkte den Kopf. Dann blickte sie wieder zu ihrem Bruder auf. “Gehst du mit?”
Mihoal grinste. Ein Grinsen, wie man es von seinem und Koarmins Vater kannte. „Du hast vollkommen recht. Alleine solltest Du die Mauer nicht verlassen.” Dann legte er eine Hand auf die Schulter seiner Schwester. „Na, dann komm mit. Ich war sowieso gerade auf dem Rückweg.”

“Ich… ähem… also… wir… nein, ich…”, stotterte Koarmin und ihr Blick wanderte von Iras Augen zu Boden. Kleinlaut gestand sie: “Ich bin in die Ruinen des alten Dorfes und… wollte mal schauen, ob ich… so eine kleine Assel…” Das Mädchen schluckte und sprach heiser weiter: “Und dann stand ich plötzlich auf einer… die war richtig groß… richtig richtig groß… die hat sich umgedreht und nach meinem Bein geschnappt… Frau Marsilea hat mich gerettet… Ich… es tut mir leid…” Weiter kam sie nicht.
Einen Moment lang musste Koarmin auf eine Reaktion ihrer Schwertmutter warten, weil Ira mit hartem Gesichtsausdruck dastand und nach Worten suchte. Dann bekam sie sie:
„Warum glaubst du, habe ich dich auf die Mauer gesetzt? Warum habe ich gesagt, dass die Tugend des Herrn Firun das Zuschauen ist? Und warum habe ich mich bewusst dafür entschieden, dir das Asseltöten jetzt noch nicht beizubringen? Ich sage es dir! Weil ich genau DAS da“, Ira deutet auf Koarmins verletztes Bein, „VERMEIDEN wollte! Weißt du eigentlich, WAS FÜR EIN GLÜCK DU HATTEST??? Dein Bein könnte in der Mitte auseinandergebissen sein!! Und weißt du eigentlich, dass mich MEIN Pagenvater, Baron Ulfried, und auch mein Schwertvater Jost zum Küchen- oder sogar zum Latrinendienst geschickt hätte, wenn ich diesen Ungehorsam an den Tag gelegt hätte?“ Einen Augenblick lang erinnerte sich Ira an ihre eigenen jungen Jahre und ihre eigenen Strafen, die auch nur gut gemeint gewesen waren. Mittlerweile verstand sie das. Damals hatte sie sich aufgeregt, manchmal sogar vor Wut oder auch mal vor Reue geweint. Baron Ulfried war ein sehr strenger Schwertherr gewesen.
Koarmin schwieg schuldbewusst und schaute vorsichtig auf zu ihrer Schwertmutter.
„Du bist neun Jahre, Koarmin, ERST NEUN! Du bist definitiv zu jung, um zu entscheiden, dass du dich einer Weisung widersetzt! Glaubst du, ich hätte im Spaß gesagt, dass du auf der Mauer sitzen und zugucken sollst?“
Die Pagin schüttelte leicht den Kopf, blickte auf den Boden, dann aber wieder in Iras Augen, sich dem Donnerwetter stellend. Sie hatte den Mist gebaut, jetzt wollte sie es auch ausbaden.
Ira sah zornig auf ihre Pagin nieder und schüttelte ihren Kopf. Erleichtert, dass nicht mehr passiert war, aber auch enttäuscht, dass Koarmin sich nicht an ihren Befehl gehalten und sich somit in ernste Gefahr gebracht hatte. Die kleine Rechklamm konnte beides aus dem Blick ihrer Schwertmutter herauslesen. „Wir werden jetzt rüber zum Tempel gehen und fragen, wie du dich für den Rest des Tages nützlich machen kannst. Vielleicht muss der Stall ausgemistet werden. Oder der Tempel ausgefegt. Wir werden sehen, was es für Arbeit für dich gibt. Komm.“ Dies war keine Bitte und die Hand der Ritterin an Koarmins Schulter drängte sie vorwärts.
Die kleine Rechklamm nickte kleinlaut und ließ sich willig Richtung Tempel schieben.
„Mihoal, bitte übernimm meinen Platz in der Gruppe, dann könnt ihr zumindest weitermachen. Ich bin bald zurück.“ sagte die Ritterin zu dem Novizen und warf ihm im Weggehen ein dankendes Nicken zu. „Ist diese dämliche Idee eigentlich auf deinem Mist gewachsen?“ fragte Ira Koarmin, als sie in Richtung Tempel gingen. Das Tor zum Tempelhof war schon in Sicht.
Koarmin schwieg zunächst. Sie wollte Lea nicht verraten. Grimos Tochter hatte ja schon ihre Strafe erhalten. Dann sagte sie wahrheitsgemäß: “Ich wollte unbedingt ausprobieren, wie man so eine Assel erschlägt.”
„Und dann ziehst du einfach alleine los?“ Ira hatte vor dem offenen Tor zur Anlage angehalten und sich zu Koarmin gedreht. Ihr Blick sprach von Skepsis. „Und das, obwohl ich immer sage ‚tue keinen Kampf alleine‘?“
Ein wenig verzweifelt sah die Pagin ihre Schwertmutter an. Sie musste ihre Mitverschwörerin wohl doch preisgeben. “Ich habe Lea gebeten, mir zu zeigen, wie man so eine Assel kaputt macht.” „Es war also ihre Idee in die Ruinen zu gehen?“
Koarmin zögerte. “Sie hat es vorgeschlagen und ich habe eingewilligt.”
Dabei schaute sie ihrer Schwertmutter in die Augen. Ira konnte die Reue im Gesicht ihrer Pagin lesen. Das Mädchen wollte deutlich machen, dass sie mindestens genauso viel Schuld an dem Vorfall hatte wie Lea.
Dass es der Kleinen leid tat, sah Ira sehr wohl. Aber eine Lektion musste das jetzt sein. „Was machen Ritter, Koarmin?“ fragte sie daher ihre Pagin.
“Ritter gehorchen", antwortete das Mädchen zerknirscht, aber nicht wirklich nachgedacht, sondern offensichtlich in Gedanken noch bei ihrem Fehlverhalten hängen geblieben.
“Ja, das tun wir. Aber in erster Linie beschützen wir die, die keine Ritter sind. Die Schwachen, die Wehrlosen, Kinder und so. Koarmin, deine Aufgabe - nicht als Ritter, aber als jemand, der einmal Ritterin sein wird und gerade Zögling einer Ritterin ist! - wäre es gewesen, die Tochter von Hochwürden Grimo aufzuhalten in diese Gefahr zu laufen. Du hättest ihr das ausreden müssen. Oder, weil das nicht geklappt hat, einen Erwachsenen davon unterrichten sollen. Stattdessen bist du mitgegangen und sogar verletzt worden. Mann, ihr hättet doch auch an einer von den erlegten Asseln üben können!” Ihre Stimme klang nach wie vor streng, wandelte sich nun aber: “Oder mir einfach mal vertrauen! Denn ich hatte genau dies heute noch vor mit dir. Oder hast du wirklich geglaubt, dass ich dich da ohne Lehrstunde wieder mit nach Hause nehme?” Dabei konnte Koarmin eine gewisse Traurigkeit aus der Stimme ihrer Schwertmutter heraushören.
Es tat der jungen Rechklamm im Herzen weh, dass sie ihre Schwertmutter so sehr enttäuscht hatte. Ihre Abenteuerlust war mit ihr durchgegangen und sie hatte sich keine Gedanken über die Folgen gemacht. Sie schaute Ira traurig an. “Es tut mir leid”, widerholte sie aufrichtig.
Ira seufzte und wandte sich dann gen Tor. "Darüber solltest du mal nachdenken.” Dann ging sie und betrat den Innenhof, um sich nach Grimos Frau oder Tempeldiener Ludhard umzusehen.
Sie entdeckte Marsilea, weit ernster und verbiesterter, als sie die sonst fröhliche und unbeschwert wirkende Frau bisher erlebt hatte. Marsileas erster Blick ging zu Koarmins Bein, dann erst zu Iras Gesicht.
“Tut mir leid”, sagte sie. “Pheliane spinnt. Und Grimo …” Sie unterbrach sich und verschluckte den Rest.
“Ihr müsst eure Tochter nicht entschuldigen. Koarmin hätte sich anders verhalten sollen. Sie weiß das. Jetzt. Ich möchte gerne, dass sie euch als Konsequenz aus ihrem Fehlverhalten hier im Tempel und im Hof zur Hand geht.”
“Nützlich machen soll sich Koarmin? Gern! Sie kann mir mit den Broten und beim Geschirrrichten helfen. - Also, wenn Dir, äh, wenn Euch das recht ist!” Selbst jetzt lächelte sie kaum, während sie sonst meistens lachte, wenn ihr mal wieder ein Etiketteschnitzer passiert war.
“Meine Pagin wird euch bei allem helfen, was anfällt, scheut euch bitte nicht, sie auch putzen zu lassen. Sie soll lernen.” erklärte die Ritterin der Frau und bei allem, was sie sagte, war auch sie sehr ernst. “Ich lasse sie nun in eurer Obhut.” Und an Koarmin gerichtet: “Bis später. Sei brav.” Zum Abschied strich Ira Koarmin mütterlich-fürsorgend mit feinem Lächeln über das Haar. Dann verließ die Ritterin den Tempelhof und gesellte sich wieder zu den anderen und den Asseln.


“Götter!... Ich könnt’ sie echt an die Wand klatschen… Jost hätt mich schallend geohrfeigt…”
(Ira stöhnend bei ihrer Rückkehr aufs Grab Gelände und die anderen wissen, dass sie das auf ihre kleine wilde Pagin bezieht)



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