In Der Großen Halle

In der großen Halle

Der Ritter von Eschengrund sah sich um. Der über zwei Schritt hohe Hühne, dessen Brustkorb so breit war, dass er beinahe zwei Brustpanzer tragen konnte, hatte die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt und begann zu sprechen: „Gut. Wir sind alle hier, um diese Verbrecher zu stellen. Da ich einen Großteil der Wachen bei den übrigen Gästen zurücklasse und zum Schutz des Barons und des Schlosses eingeteilt habe, bin ich dankbar, dass Ihr alle Euch bereits gefunden habt, mir zu helfen.

So höret:

Seit geraumer Zeit haben wir Probleme mit Gesindel, das solche Schmierereien hinterlässt. Immer in roter Farbe. Immer mit einer Nachricht. Dies begann kurz nachdem wir aus dem Osten zurück gekehrt waren.“

Auch Anselm von Eschengrund selbst war dort gewesen. In Mendena. Man kannte ihn. Zumindest kannte jeder seinen Ruf: Hatte er sich doch einen besonderen Spitznamen verdient: „Eiserner Schlächter“. Bekannt für seine Gnadenlosigkeit und Brutalität. Der tumpe Kettenhund des Barons, dessen platzierter Axthieb seiner baumstammdicken Oberarme Knochen splittern lassen konnte. Und nun pochte erneut das Blut der Rachsucht durch seine Adern. Und der Wunsch zu töten. Wie schon im Osten.

„So sehr wir suchten, nie fanden wir einen von ihnen. Nie. Nun aber simmer ihnen so dicht auf den Fersen, wie nie. Heute könnemer sie endlich schnappen. Und wer weiß. Fremde Augen sehen manchma mehr als die, die etwas zum vielsten Male erblicken.“ Grimmig und voller Mordlust sah er sich um. Streifte die Gäste seines Dienstherren musternd.

„Die Wachen durchkämmen erneut das Schloss. Vielleicht finden sie den Weg, aus dem die Verbrecher entflohen. Mehr könnemer nich machen im Moment, will ich meinen.“

Borax folgte missmutig der Rede des Ritters. Er war zornig, dass konnte man unschwer erkennen. Das ihnen der Verbrecher entwischt war, gefiel ihm gar nicht. Auch wollte er nun nicht den Reden der Anwesenden folgen, sondern etwas unternehmen. Aber in der nahen Vergangenheit hatte der junge Angroschim lernen müssen, dass Geduld eine Tugend war und eben nicht weniger häufig zum Ziel führte als Übereifer. So stemmte er mit leicht rotem Kopf die Hände in die Hüften und verfolgte das Geschehen bis der Ritter von Eschengrund geendet hatte. (Borax)

„Kennen die Wachen denn wirkliche ALLE möglichen Wege? Ich meine, dieses Schloss ist derart verspielt angelegt, dass es sicher den einen oder anderen geheimen Gang oder auch nur versteckte Türen geben wird. Vielleicht wäre es sinnvoll ein Mitglied der Familie hier mit einzubeziehen. Wenn diese Vorfälle schon länger im Gange sind könnte der oder die Täter über entsprechendes Wissen verfügen.“ (Borax)

Nachdem Borix auf der Suche nach dem Hauptmann von Eschengrund wieder in der Halle angelangt war, kam er gerade rechtzeitig, die Worte seines Vogtes zu vernehmen und trat dann neben diesen gespannt auf die Antwort wartend. [Borix]

„Herr Zwerg.“ Sagte der Ritter, dem jungen Angroscho zugewandt: „natürlich kenne ich alle Wege. Geheimgänge! Das ich nit lache! Wir sind hier nicht in einer Zwergenbinge! Wenn es hier so etwas wie Geheimgänge gäbe, dann wäre ich der erste, der das wüsste. Wenn es euch aber beglückt, so steht es euch frei, nach ebensolchen zu suchen. Wenngleich: Finden werdet ihr keinen.“

Der Angesprochene schien im ersten Moment noch ein bisschen mehr rötliche Farbe zu gewinnen im Gesicht und das ‘Herr Zwerg’ brachte ihn gar kurzzeitig zum Schnauben, doch der Vogt verkniff sich jegliche, bissige Bemerkung betreffend einer korrekt zu wählenden Anrede und wandte sich an den älteren Angroschim an seiner Seite.

“Würdest du mir die Freude bereiten mir dabei zu helfen diese Mauern zu untersuchen? Ich möchte Wetten, dass der werte Herr Mensch sich diesbezüglich irrt und wir etwas finden werden.” (Borax)

Der Magus hielt sich indes abseits der anderen und lauschte mit verschränkten Armen an einen Pfeiler gelehnt dem vorgetragenen. Er schien vollkommen unbeteiligt und zeigte keinerlei Regung oder gar Interesse, weder in Gestik noch Mimik. (Rhys)

„Aber sicher helfe ich“, antwortete Borix, dem die Erregung Borax‘ nicht entgangen war. „Hätte einer der Herren Menschen vielleicht einen Hammer oder ein Beil für mich?“ wendete er sich mit leicht sarkastischem Unterton an die umstehenden Soldaten.

Als er etwas zum Abklopfen in den Händen hielt, spürte er das Kribbeln im Nacken, dass ihn immer wieder überkam, wenn es in der Nähe einen Gang oder eine Tür gab, die nicht für jeden sichtbar sein sollte. Er schloss die Augen und drehte sich ganz langsam um die eigene Achse. Nachdem er so einmal herum war, öffnete er die Augen wieder und deutete in die Richtung in der er einen Gang oder eine Tür vermutete. „Mein Vogt, lasst und dort suchen“, forderte er Borax auf und ging vor. [Borix]

Der Vogt nickte nur und folgte dem Veteranen der sich erst kürzlich mit seiner ganzen Familie in Senalosch niedergelassen hatte. Auch seine Zwergennase zog in die eingeschlagene Richtung. Gemeinsam würden sie die speziellen Eigenheiten des Bauwerkes ergründen, daran bestand zumindest für ihn kaum ein Zweifel. Es lag in ihrer Natur. (Borax)

Lares, der nach seinem Geschmack viel zu wenig zur Rettung des Barons beitragen konnte, hatte sich in der Zwischenzeit wieder gefasst und unter die Wartenden gemischt. Nervös lauschte er den Worten des Ritters. Ihn trieb vor allem eine Frage um: Wer war das verschwundene blonde Mädchen, von dem geflüstert wurde? Doch zuvor musste er einige andere Fragen klären. (Lares)

„Herr von Eschengrund“, räusperte er sich, „um klären zu können, wer den Baron Gewalt angetan hat, sollten wir klären, wer daran Interesse haben könnte. Wisst ihr, ob der Baron Feinde hat? Nicht nur neidvolles Volk, meine ich, sondern mehr als das. Habt ihr den Pfeil untersucht? Kann möglicherweise über die Beschaffenheit von Schaft oder Befiederung etwas über dessen Herkunft herausgefunden werden?“ Er stockte kurz. „Und beantwortet mir bitte noch eine Frage: Es gehen Gerüchte, dass ein Mädchen verschwunden ist. Ein kleines mit blonden Haaren. Es handelt sich dabei doch nicht um die Tochter des Barons, oder?“ Lares betete im Stillen, dass sie es nicht war. Nicht, dass er noch verantwortlich wäre für das Verschwinden dieses kleinen tollkühnen Dreikäsehoch. (Lares)

Kurz, bei der Frage danach, ob der Baron von Eisenstein Feinde habe, verzog sich die Miene des in eine strahlend weiße, bodenlange Robe gekleideten Magus. Sein Auflachen musste er mit einem plötzlichen Husten überspielen, was ihm mehr schlecht als recht gelang. (Rhys)

Ein strenger Blick streifte den Magier und ruhte dann grimmig auf dem Knappen des Allwettervogts. „Welche Frage! Wer hat denn keine Feinde? Und das Mädchen. Ich muss leider sagen, dass das Gerücht der Wahrheit entspricht. Die jüngste Tochter des Barons ist verschwunden. Sie war dabei als ihr Vater vor ihren Augen niedergeschossen wurde, vermutlich hat sie sich also einfach irgendwo verkrochen, um zu flennen. Nichts, wo ich unsere wertvolle Zeit für opfern möchte.“ Doch er fügte ein lapidares, leicht verächtliches: „Es steht euch aber frei, nach dem Kind zu suchen, wenn euch der blonde Plagegeist so am Herzen liegt.“

„Was macht euch so sicher, dass sie sich nur verkrochen hat. Schließlich war es ihr Vater, dem der Mordanschlag galt. Meint ihr nicht, dass sie entweder durch den Attentäter als Pfand für weitere Untaten genommen wurde oder aber selbst versucht, diesen zu finden. Wisst ihr, ich hatte den Eindruck, das Mädchen ist – aufgeweckt zumindest – ungestüm zufürderst. Bevor noch einer Angehörigen der Baronsfamilie etwas zustößt, denke ich, lohnt es sich, dem Einhalt zu gebieten. Hat irgendjemand im Raum einen Anhaltspunkt dafür, wo sie sich aufhalten könnte?“ (Lares)

Sanft legte sich eine Hand auf seinen Arm: „Nein, aber wer immer dies dort getan hat...,“ sie wies auf das zerstörte überformatige Kunstwerk, „ ...hat sich damit von den Fesseln seines Lebens befreit.“ Endlich hatte Maeve ihre widerstreitenden Gefühle gebändigt und war mit einem Blick zu Rozen unsicher etwas näher getreten. [Maeve]

Die Nachfrage des jungen Knappen war löblich, auch wenn sein Vorgehen nicht unbedingt vom notwendigen Feingefühl für diese Situation zeugte. Bereits während ihrer gemeinsamen Untersuchung in Albenhus hatte Tassilo derlei Anzeichen wahrgenommen, etwas was der Allwasservogt wohl noch abstellen musste. Nichtsdestotrotz galt es hier ein verschwundenes und verängstigtes Mädchen zu suchen, eine Aufgabe der er um Längen lieber nachkommen wollte als irgendwelchen Attentätern nachzustellen. „Wenn der junge Herr von Mersingen nichts dagegen hat würde ich Ihn bei einer Suche unterstützten. Wollen wir dann sogleich aufbrechen?“ [Tassilo]

Ritter Baldos von Münzberg hielt sich bedeckt und wahrte eine neutrale Miene. Mit Sicherheit gönnte er dem Baron ein derartiges Attentat nicht, er vergönnte es niemandem! Dennoch war die Frage ob seine Hochgeboren Feinde hatte ein klares Indiz dafür, dass man wenig um seine Person wusste. So sehr er die schöne Göttin auch lobpreisen mochte, so war er dennoch ein grausamer und harter Mann, der seine Macht mit eiserner Hand ausübte und keinen Widerspruch duldete. Dennoch war der junge Ritter überrascht darüber wie offen der Lakai des Barons über dessen und seine eigene Unfähigkeit sprach Ordnung im eigenen Lehen zu wahren. Wenig verwunderte ihn jedoch dessen Aussage zu den Geheimgängen dieses Schlosses, an der Stelle der Baronsfamilie würde er deren Existenz niemanden preisgeben und wenn überhaupt nur den engsten Vertrauten und das war mit Sicherheit nicht der anwesende Personenkreis. „Wir anderen sollten uns derweil der Attentäter annehmen! Ich werde mich oben genauer nach Spuren umsehen …“ An den Ritter von Eschengrund gewandt, fuhr er fort. „… und Ihr sagtet es gäbe Hinweise? Sofern dem so ist, sollten wir uns diese angucken bevor wir weiter an die Suche gehen.“ [Baldos]

Anselm von Eschengrund nickte dem anderen Ritter zu, dann wandte er sich um, ohne weiter auf den dreisten Knappen einzugehen, der scheinbar seinen Platz auf dem Dererund noch nicht ausreichend erfahren hatte. Mancher Schwertvater geizte eben mit dem Brabaker Rohr mehr als es Anselm lieb war. Von dem Münzberger wusste er nicht viel, nur dass es sich um einen entfernten Verwandten der Baronin handelte. Gerade als er ihm antworten wollte, erschien sowohl einer der Soldaten, den er beauftragt hatte einige Waffen aus der Kammer zu holen, als auch eine aufgelöste Baroness, welche zuvor mit der jungen Almaderin nach der Schwester gesucht hatte – ohne Erfolg, was ihre aufgebrachte Laune erklären mochte.

Nachdem sich die Gäste nach Gutdünken ausgerüstet hatten, erhob der erste Ritter des verletzten Barons seine Stimme erneut und wandte sich an die Umstehenden: „Wir werden uns in Gruppen einteilen. Die Baroness, -und dabei deutete er auf die junge dunkelhaarige Frau, die dem Baron mit ihren dunklen Augen und ihren Zügen wie aus dem Gesicht geschnitten schien, „hat bereits das Schloss nach ihrer Schwester durchkämmt. Leider erfolglos. Dies lässt uns befürchten, das dumme Kind könnte sich den Attentätern an die Fersen geheftet haben.“ Seine Stimme klang mehr als ungehalten. Immerhin war er Ritter – keine Zofe ungezogener und schlecht erzogener Gören. „Ihre Wohlgeboren wird weiterhin nach ihrer Schwester suchen. Vielleicht hat das Kind uns in seiner nichtsahnenden Dummheit Spuren hinterlassen, die es uns ermöglichen, auch den Attentätern auf dem Fuße zu bleiben. Da wir im Moment davon ausgehen müssen, dass das Kind sich womöglich in Gefahr befindet oder bereits durch sein unüberlegtes Handeln verletzt wurde, hat die Baroness um Begleitung einiger Bewaffneter gebeten. Sie wird mit einer Gruppe die Spuren von hier aus verfolgen, während ich mit den übrigen einige Befragungen und Verhöre durchführen werde. Auch alle Fragen, die ihr zu unseren bisherigen Spuren haben mögt, kann sie beantworten.“ Damit wandte er sich ab und begann die weiteren Vorbereitungen seiner Ermittlungen zu treffen.

-- Main.CatrinGrunewald - 21 Jul 2020