Haffax Feldzug Gratenfels In Den Nordmarken

Derweil im Albenhuser Land

Inhalt:

  • Die Albenhuser Truppen werden durch Altgräfin Calderine verabschiedet und ziehen auf anderem Weg gen Osten, wo sie sich mit den restlichen Nordmärkern erst kurz vor Gallys treffen. Unter dem Hlutharswachtern herrscht betrübte Stimmung, da ihr Baron altersbedingt Amt und Würde an seinen Sohn Jost Verian von Sturmels-Maurenbrecher abgab und den Freitod sucht

An der Reichsstraße von Albenhus gen Ferdok marschierte das gräfliche Heer unter der Schwanenstandarte derer von Hardenfels gen Osten. Beinahe alle Barone aus der Grafschaft hatten ihr Truppen, unter der Führung der Erbgräfin Praiodara von Hardenfels, in Albenhus versammelt. Beinahe. Denn die Truppen aus Hlûthars Wacht unter Baron Ulfried Jost von Sturmfels-Maurenbrecher wollten sich erst auf Höhe des Örtchens Flusswacht mit denen der Gräfin vereinen. Die Fährleute des Flusswachter Junkers hatten in den letzten Tagen viel zu tun gehabt, bis die Hlûtharswachter übergesetzt waren. Vor allem die Ausrüstung der Holzarbeiter, die ihr Können für den schnellen Aufbau von Belagerungswaffen einsetzen sollten, barg manche Risiken. Lange und scharfe Sägeblätter von meisterlicher Qualität mussten sorgsam transportiert werden. Diese auf Fähren über den Großen Fluss zu bringen war eine wahre Herausforderung!

Als nun die gräflichen Truppen eintrafen, fanden sie die Hlûtharswachter in auffällig bedrückter Stimmung vor. Sicherlich, die Jäger und Waldarbeiter aus den Tiefen des Forstes galten eigentlich nie als besonders umgänglich, aber etwas war anders. Die ehrwürdige Albenhuser Gräfin, Calderine von Hardenfels, welche den Zug bis hierher begleitete, um einige letzten Worte mit einem ihrer loyalsten Barone zu wechseln, sah, dass alle Ritter, Soldatinnen und Bogenschützen schwarze Tücher um ihre linken Oberarme geschlungen hatten. Als sie dann noch an der Spitze der auf die gräflichen Truppen zureitenden Abordnung nicht ihren alten Freund Baron Ulfried, sondern dessen Sohn Jost Verian Sturmfels zu Hlûtharswacht auf einem mächtigen Streitross sah, wurde ihr bang um ihr altes Herz. Sie zog ihren golden gesäumten, grünen Reitermantel, der silbern den gekrönten Schwan des gräflichen Hauses zeigte, enger um ihre schmalen Schultern. Scharfblickende, hellbraune Augen suchten die Reihen der Hlûtharswachter Ritter ab und blieben dann doch nur auf Jost Verian hängen. Sie verbarg die Enttäuschung, lediglich mit dem Sohn, nicht aber mit dem erwarteten Vater sprechen zu können, nicht mal im Ansatz.

Der dunkelblonde Baronet, seine Haare trug er in einer neumodischen Frisur mit weitem Linksscheitel, ritt mit seinem Bannerträger vor die Gräfin. Selbiger war sein guter Freund, der Junker Sigiswolf Ulfried von Flusswacht. Der junge Baronet musste schlucken, kannte er diesen Gesichtsausdruck seiner Gräfin doch aus mannigfaltigen Erzählungen seines Vaters. Er wusste, egal, was er jetzt auch sagte oder tat, er würde keinen gnädigeren Blick aus diesem alten und zerfurchten Gesicht erwarten dürfen. Daher riss er sich zusammen, fuhr mit einer Hand über seine Frisur, und grüßte mit einer militärisch erhobenen Faust seine Heerführerin. [Jost Verian von Sturmfels-Maurenbrecher (Chris)]

NDie nahm seinen Gruß mit einem knappen Nicken und zusammengepressten Lippen schweigend entgegen.

Nach einem kurzem Moment, in dem der künftige Baron kalten Schweiß auf seinem Rücken herabrinnen spürte, fasste er sich ein Herz: „Eure Durchlaucht,... Jost Verian zu Sturmfels von Hlûtharswacht, zu Euren und der Eurigen Dienste. Ich bringe dunkle Kunde vom Hlûthars Stuhl herab: Seine Hochgeboren Baron Ulfried, mein werter Herr Vater, ist den Drachen jagen gegangen und wird nicht mehr unter den Lebenden gesehen werden. Euch ist diese alte Tradition sicherlich bekannt?" Er wartete ihr zurückhaltendes Nicken ab. Dass sie sich dabei fest an den Zügeln ihres Rosses festhalten musste, übersah er höflich. „Sein letzter Wunsch war es, die Hlûtharswachter Truppen unter meiner Führung zu wissen. Als deren neuer Baron soll ich dafür Sorge tragen, alle wohlbehalten in die Heimat zurück zu bringen. Trauer erfüllt unser aller Herz in diesen Stunden, und mit Grimm werden wir unseren Schlachtruf in die Reihen der Feinde tragen.“ Er gab seinem Bannerträger ein Zeichen, welcher sich sogleich auf seinem Pferd den Truppen Jost Verians zuwendete. Aus voller Kehle brüllte dieser „HLÛTHARSWACHT FÜR –"

„ULFRIED!“ antworteten die Soldaten, die Jäger und Bäckerssöhne, die Bergleute und Ritter wie mit einer Stimme.

Jost Verian nickte stolz, eine einzelne Träne konnte er nicht daran hindern, seine Wange herab zu laufen, als er sich wieder der Gräfin samt deren Erbtochter zuwandte. Sein Pferd tänzelte leicht. „Meine Damen... verehrte Gräfin... nach meiner Rückkehr gibt es sicher einiges, was Hochwohlgeboren mit mir besprechen will.... Gehabt euch denn wohl, bis wir uns nach den Schlachten wiedersehen mögen. Die Zwölf mögen euch behüten.“

Gräfin Calderine flüsterte ein leises „Es sei“, bevor sie sich abwendete. Nun hatte sie auch noch einen ihrer letzten Treuen und über die Jahrzehnte ans Herz gewachsenen Barone, ja, einen Freund verloren. Sie ritt, ohne weitere Worte an die Hlûtharswachter zu richten, mit ihrer Leibgarde zurück nach Albenhus. Als der junge Baronet außer Hörweite gelangt war, sprach sie, mehr für sich, doch ihre Worte dem Wind anvertrauend in der Hoffnung, der alte Wegbegleiter möge sie hören: „Mögest Du deinen Drachen finden, du alter Dickkopf. Gehe in Frieden, wenn Du mich schon zurücklassen musst. Wir sind so wenige….“

Kategorie: Briefspielgeschichte