Haffax Feldzug Gratenfels Im Heerlager

Was sich im Heerlager ereignet hat

Inhalt:

  • Zwei Isenhager und der Tod
    Die Baroness Fiona von Tandosch und Ritter Halmar von Schellenberg sinnieren bei einem Bier im Gasthaus über das Kommende. Natürlich spielt der Tod eine nicht zu unterschätzende Rolle in diesem Gespräch
  • Nasse Füsse
    Die Ungeschicktheit des Knappen Firin von Landwacht sorgt für Ärger, als er den Ritter Ronan von Hetzenberg mit Wasser überschüttelt und sich dafür vor seinem Schwertvater und einem Rondrageweihten verantworten muss.
  • Ein einschneidendes Erlebnis
    Junkerin Loriann von Reussenstein überbringt dem Landvogt von Gratenfels, Melcher von Ibenburg, Grüße ihrer Tochter Maire, welche selbigen seit der Travienturney im Gedächtnis hat. Melcher macht Maire ein Geschenk
  • Im Borontempel 1
    Im Borontempel suchen Baron Lucrann von Rabenstein und seine Amtskollegin Ulinai von Vairningen Besinnung
  • Die Beichte des Herrn Hane
    Feldkaplan Hane von Ibenburg-Luring beichtet der Junkerin Loriann von Reussenstein, dass sich deren Tochter Maire wider Erwarten nicht in Elenvina sondern im Heerlager befindet, weil das Mädchen den Feldzug begleiten soll. Der Praiosgeweihte Praiosind von Schleiffenröchte ersucht eine Unterredung mit Hane. Beide folgen der Junkerin
  • Stolz und Mutterlieb
    Streit zwischen der Junkerin Loriann und Magistra Turi Eslebon über den Verbleib Maires im Feldzug, Erziehungspflichten und Verantwortung. Loriann sieht zum ersten Mal ihre Tochter Maire nach fast einem Jahr Abwesenheit wieder.
  • Schreckliche Wahrheit
    Loriann ist am Boden zerstört: sie konnte die Magistra Turi nicht überzeugen, ihre Tochter Maire zuhause in den Nordmarken zu lassen und bangt nun um das Leben ihres Kindes. Als der Zwerg Dwarosch ihr einen Besuch abstattet und unabsichtlich von Kindern im Krieg spricht, erleidet Loriann einen Nervenzusammenbruch und muss von der Perainegeweihten Ivetta von Leihenhof versorgt werden.
  • Die Streiter des Alten Landes
    Die Kämpfer aus dem Windhag, die mit den Nordmärkern gemeinsam gen Gallys reisen, kommen in Gratenfels an. Sofort werden Kontakte geknüpft.
  • Im Borontempel 2
    Baroness Fiona von Tandosch erlebt ihren Boronglauben neu. Knappe Boronian von Schwertleihe und Schwertvater Lucrann von Rabenstein verbringen die Nacht im Tempel
  • Auf gen Rahja!
    Der Morgen der Abreise. Austeilen der Marschbefehle. Aufbruch zur Praiosstunde

Einleitung

Ein Adler, der aus den nördlichen Koschbergen in Richtung der Ingrakuppen flog, konnte dieser Tage, im Frühling 1039 nach Bosparans Fall, Erstaunliches beobachten. Er flog ein wenig tiefer, um genauer erkennen zu können, welche Menschenansammlungen in solch ungewohnten Mengen da die Straßen in Richtung Norden entlang zogen.

Er kreiste tiefer, lies seinen Kopf mal in die eine, dann in die andere Richtung zucken als wäre er auf der Jagd. Diese Beute würde ihm aber wohl schwer bekommen, daher beließ er es beim erstaunten Beobachten. Sah er doch unzählige, schwer beladene und bewaffnete Menschen und auch Zwerge durch die saftig grünen Lande ziehen. So manches Liedchen wurde geträllert und getrommelt, laute Kommandos tönten zu ihm hinauf, und aus jedem Dorf, jeder Stadt und jeder Burg konnte er mehr Menschen sehen, welche den steten silbern glänzenden Strom an Kämpfern mit blitzenden Klingen und funkelnder Rüstung von Schritt zu Schritt verstärkten.

Neugierig kehrte er um und folgte den ameisengleich durch die Lande marschierenden Menschen. Über einer Stadt am Rande seines Gebirges, wo die Luft oft die Farbe von Sonnenblumen annahm, sah er das Ziel der emsigen Menschlein. Eine große Wiese vor den Mauern der Stadt wuchs von Tag zu Tag mit immer mehr Stoffbehausungen an, die Menschen wimmelten in die Stadt hinein und hinaus. Und sie warteten. Warteten auf etwas. Die Spannung konnte der Adler, der jetzt von seiner Neugierde gepackt ward, förmlich sehen und spüren. Und wer immer an diesen Tagen den Kopf zum Himmel reckte, konnte ihn kreisen sehn. Die majestätischen Schwingen trugen das stolze Tier durch die Lüfte.

Ansprache des Herzogs und des Feldkaplans

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Die Festungsstadt an der Reichsstraße III bewachte trutzig und wehrhaft den Weg zum Greifenpass. Modernste Festungsbautechnik prägte die Stadtmauer, und in den Kasernen der Innenstadt hätten sämtliche nordmärker Garderegimenter zugleich Obhut gefunden. So jedoch standen sie den größten Teil des Jahres fast zur Gänze leer, dienten als Lagerräume, Markthallen und Kontore, vermietet an die zahlungskräftigen Handelsleute, und waren den Eulen Wohnung.

Nicht so aber in diesen Wochen! Frisch gefegt und neu geweißt leuchteten die großen Gebäude in der Sonne, hatten sie doch die gesamten Truppen aus der Stadtmark, dem Isenhag und Gratenfels aufzunehmen. So viele Waffenfähige hatte Gratenfels lange nicht mehr erlebt, und so quollen die Quartiere schier über, und viele der Ritter und Trossleute lagerten in einer bunten Zeltstadt vor den Mauern.

Über dies hinweg jedoch schwebte ein Miasma aus Schwefeldunst, wann immer der Wind über die rahja- und firunswärts der Stadt gelegenen Schwefelquellen strich.

Rondrian von Berg-Berg zum Berg war der Meister der inzwischen eingetroffenen und versammelten Einheiten, Truppen, Barone mit ihren Kontingenten und Kämpfern. Besser bekannt als Nordmark, der Herold und Wappenkönig der Nordmarken, war der geschäftige Ritter, der noch dazu ein Onkel des Herzogs war, bereits seit Tagen mit seinen beiden Persevanten in den Quartieren und der Zeltstadt unterwegs, um die Aufzeichnungen über die ankommenden Truppenteile zu vervollständigen. Auch an diesem Nachmittag, als die letzten ankommenden Truppen noch dabei waren, ihre Zelte aufzustellen, ihre Lager für eine Nacht einzurichten, sich Stroh zu besorgen, Nahrungsmittel für das Abendessen und Holz für die Lagerfeuer, war der Herold der Nordmarken bereits damit beschäftigt, besonnen jede Menge Zahlen und Namen zu notieren, die Meldungen entgegenzunehmen, von Befehlshabern, Baronen, Vögten, Bediensteten, Truppenführern und dergleichen. Die Wappen, die weithin sichtbar getragen wurden, und von den ankommenden Häusern zeugten, die sich an dem Heerzug beteiligten, waren allen dreien bekannt, wurden aber sauber und ordentlich aufgelistet. Den Truppen wurden teilweise Plätze zugewiesen, vieles war zu organisieren, und allerlei Fragen zu beantworten. Es gab viel zu tun.

Alsbald sollte die Ansprache des Herzogs der Nordmarken beginnen, eine feierliche Zeremonie sollte abgehalten werden, die wichtigsten Häuser wurden persönlich begrüßt, einige Adelige ließen es sich nicht nehmen, beim Herold und dem Herzog persönlich vorstellig zu werden. Alsbald war es nicht nur seine Aufgabe die Uhrzeit der Zusammenkunft zu verkünden, sondern auch die Marschordnung und den Abmarsch, der für den kommenden Tag zur Praiosstunde geplant war. Viel mehr hatte er den Platz für die kommende Zeremonie, die Schriftrollen und die notwendigen Utensilien bereitzuhalten, die Bediensteten wiesen die Bannerträger an, wo sie zu stehen hatten, damit nichts aus der Reihe geschah, nichts dem Zufall überlassen würde, und niemand den Augenblick stören könne, oder etwas Unvorhergesehenes geschehe.

Nordmark, der Herold verkündete bei allen den Beginn der Ansprache des Herzogs, so dass sich alle zur genannten Stunde einfinden konnten, und ebenfalls den Segen für die Unternehmung erhielten. Die Fahnenträger der wichtigsten Häuser hatten ihre Plätze eingenommen, er organisierte die Aufstellung der Trompetenbläser, der Diener, die dem Herzog Wein darboten, und kümmerte sich um alle anfallenden Fragen und organisatorischen Angelegenheiten. Dann ertönte das Zeichen von Trompeten!

Hell strahlte die Sonne an diesem Tag im Perainenmond 1039 BF aus dem makellos blauen Alveranszelt und ließ die bunten Wappenröcke der Kriegsleute, die sich vor der Stadt versammelt hatten, leuchten. Die Truppen der Nordmarken waren angetreten, um sich und ihre Banner voll Stolz zu präsentieren. Dafür standen sie, bereits in den jeweiligen Kampfeinheiten organisiert, und warteten bis dass der Herzog Banner um Banner gegrüßt hatte. Auf einem grauen Elenviner Vollblut ritt der Herzog, hinter sich die Bannerträger auf zwei Füchsen, in deren Händen das Flusskönigsbanner der Nordmarken und der Barsch des Hauses vom Großen Fluss im Winde wehte, durch die Reihen um sich, als ein jeder seine Stärke gemeldet hatte, vor seinen Männern und Frauen zu positionieren.

„Freunde, Vasallen, Nordmärker!“ Laut hallte die Stimme Hagrobalds über den Platz. „Ihr steht hier, vereint, mit Uns gegen den zu ziehen, dessen Verrat das Reich befleckt! Dessen Taten ihm vom größten Marschall unseres guten König Brins zu einem Daimonenbuhlen machten! Der seine Hände auch nach unserem Land ausstrecken wird, wenn ihm niemand auf seine gierigen Finger schlägt! Nordmärker! Wollt Ihr an Unserer Seite gegen den Schattenmarschall ziehen? Wollt Ihr ihm zeigen, wie hart nordmärker Stahl ist? Wollt Ihr ihm zeigen, wie ein Nordmärker kämpft?“

Jubel brandete auf. Nachdem dieser verklungen war, nickte Hagrobald zufrieden und gab einem Praiosgeweihten einen Wink. „Dann lasst uns den Segen der Götter empfangen und morgen aufbrechen. Heute aber feiert und betet, trinkt und tanzt…. denn morgen ziehen wir in den KRIEG!“

Auf ein Nicken seiner Hoheit, des jungen und vor Tatendrang strotzenden Herzogs Hagrobald, trat seine Ehrwürden Hane Tankred von Ibenburg-Luring, seines Zeichens Feldkaplan der nordmärkischen Truppen für die Kirche des Praios, hervor. Angetan mit einem golden glänzenden Kettenhemd über dem weißen Ornat, trug er das Sonnenzepter hoch erhoben, so dass ein jeder sah, er setzte es wohl nicht nur zu liturgischen Zwecken ein.

Er wartete einen Moment, bis der Jubel, welcher auf des Herzogs letzte Worte über die Wiese brandete, verklungen war, ehe er sprach:

“Edles Volk der Nordmarken, wenn ich mir euch ansehe, erblicke ich Mut und Entschlossenheit in jedem von euch, gleich ob Herzog oder Bauer. Und es macht mich stolz, stolz einer der euren zu sein. Und es lehrt mich Demut, Demut vor dem Leben, welches wir alle zu opfern bereit sind für das Wohl aller. Denn um nichts Anderes geht es, das Wohl des Reiches wieder herzustellen in den Landen des Wolfes; die schwärende Wunde der Heptarchien endgültig auszumerzen mit blanken Stahl und Göttermacht. Eide haben wir geschworen und sind nun angetreten, sie alle zu erfüllen. Schon alleine aus diesem Grund wird der Götterfürst über uns wachen, denn wir erfüllen unsere Pflicht.

Doch ich sehe auch Furcht in euren Herzen, und es ist nicht verwunderlich, dass ihr so empfindet. Denn der Feind bedient sich jenseitiger Kräfte; und seine Mordbrenner und Dämonen werden wohl bittere Ernte einfahren unter den Truppen des Reiches. Dennoch sage ich euch, verzaget nicht. Denn mit dem Glauben an die heiligen und unteilbaren Zwölf in euren Herzen werdet ihr über die Dunkelheit obsiegen und behütet sein, gleich als ob Branibor mit seinen eisernen Schwingen über euch wacht.

Nun betet mit mir gemeinsam, und dieses Gebet soll uns begleiten. Vor jeder Schlacht wird es uns stärken und uns im Lichte des Herrn den Sieg erringen lassen!

IN VERZWEIFLUNG UND FINSTERNIS

SIEGT DAS LICHT!

GEGEN DÄMONEN UND FINSTERMACHT

SIEGT DAS LICHT!

DURCH FEUER UND SCHWERT

SIEGT DAS LICHT!"

Und mit dem letzten, laut gerufenen Ausruf, welcher über den Platz hallte, leuchtete Hane aus sich heraus und goldenes Sonnenlicht überstrahlte das versammelte nordmärkische Heer, ein jeder Schatten floh und in den Herzen aller Streiter wurde Zuversicht, Mut und Göttervertrauen gepflanzt, einem goldenen Samen gleich. [Hane (Chris)]

Danach verstreute sich das wartende Heer um zu tun wie der Herzog geheißen, und lange war die Nacht für viele, und Wein und Bier flossen in Strömen.

*

Auch nach der Zeremonie war der Herold der Nordmarken damit beschäftigt, die Zelte und Unterkünfte aufzusuchen, und überließ es seinen beiden Persevanten haarklein jeden Namen der Anwesenden zu notieren, sofern dieser von Stand war. Nicht nur die Wappen, unter denen sie kämpften, auch ihre Namen und die ihrer Angehörigen waren wichtig, und sie trugen alles in ein großes dickes Buch, ein Feldregister ein. Alsbald aber schien doch tatsächlich ein Ende dieser langwierigen Aufgabe in Sicht, und so überließ er es seinen beiden Schreiberinnen das dicke Buch in seine zeitweilige Schreibstube in den Mauern bringen zu lassen. Er selbst betat sich stattdessen nun wieder gewissenhaft in seinem eigentlichen Amt, welches er schon seit so langer Zeit innehatte: als Ausrufer und Ankündiger – diesmal der Marschordnung. Und so begleiteten ihn nun nicht mehr die beiden Damen von Binsböckel und von Reussenstein, sondern zwei weitere Reiter des Herzogenhauses und ein Bannerträger.

Wo immer das Banner des Herzogs der Nordmarken aufleuchtete in der Nachmittagssonne, und ein Trompetenschall erklang, verkündete Nordmark nun den Abmarsch des Heeres am nächsten Tag zur Praiosstunde. Selbstverständlich ließ er es sich nicht nehmen, in die Zeltlager der wichtigsten Häuser zu reiten, um dort die Ankündigung zu wiederholen.

Und auch wenn es dort oft nur Fußvolk, schlecht ausgerüstete Recken, verbeulte alte Rüstungen, notdürftig zusammengestellte Ausrüstung und dünne Gemüsesuppe in den Kesseln gab, oder bereits betrunkene Soldaten ihm vor das Pferd taumeln wollten, je später es wurde, so war es seine Pflicht den Aufbruch zur Praiosstunde zu verkünden. Und diese tat er ausnahmslos gewissenhaft.

Danach, als es bereits begann zu dunkeln begann und die Praiosscheibe unterging, umrundete er das komplette Feldlager, und in seinen Augen war es riesig! Die roten Strahlen tauchten die Zelte und die wehenden Banner in ein ganz besonderes Abendrot, ein Vorzeichen, wie er insgeheim dachte. Immer wieder gingen ihm die letzten Worte von Ehrwürden Hane Tankred von Ibenburg-Luring in seinem Kopf herum.

Zuletzt, bereits bei Fackelschein, stellte er sich auf den Platz, auf dem am Tag die Zeremonie abgehalten worden war, und der Herzog seine Ansprache gehalten hatte, und verkündete ein letztes Mal den Abmarsch am folgenden Tag. Dann zog er sich in die Mauern zurück, in denen sich die Schreibstube befand, die er vorübergehend bezogen hatte. Ein letzter Blick in das Feldregister sollte es noch sein. Wieder gingen ihm die Worte durch den Kopf:

„In Verzweiflung und Finsternis siegt das Licht, gegen Dämonen und Finstermacht, siegt das Licht, durch Feuer und Schwert, siegt das Licht.“

*

Garobald von Fischwachttal hatte die Ansprache des Herzogs genau verfolgt und war dann seinen eigenen Gedanken nachgehangen, als der Praiot zu sprechen begann. Warum ein Praiot, warum kein Geweihter der Herrin Rondra oder ihres Sohnes Kor? Oblag es nicht ihnen über eine solche Wallfahrt zu wachen? Unter den Soldaten hinter ihm erhob sich vereinzelt Gemurmel, welches seine eigenen Gedanken widerspiegelte, aber mit einem leise gezischten Befehl unterband er es. Wahrscheinlich sollte er nachher nach einem Diener der Rondra schicken lassen, damit dieser dem Regiment den Segen der Donnernden auf die Reise mitgab. Wieder etwas das zu seinen neuen Aufgaben als Adjutant der Obristin Isegunde von Brüllenfels-Schleiffenröchte gehörte, was sich doch deutlich von seinem vorhergehenden Kommando über ein einzelnes Banner des Landgräflich … nein, nun wieder Herzögliches Garderegiment Koschwacht unterschied. Aber den heutigen Abend war er von seinen Pflichten entbunden worden.

Sein Blick wanderte über die zahlreichen Anwesenden und suchte nach vertrauten Gesichtern. Es sollten ja einige anwesend sein. Sein Vater wollte hier sein, ebenso wie sein Vetter Melcher oder auch Durahja. Bei dem Gedanken an letztere heiterte sich seine Miene sichtbar auf. [Andreas(Garobald von Fischwachttal)25.02.2016]

*

Noch immer konnte Basin von Richtwald nicht verstehen wie sein Herr und Schwertvater ein derartiges Aufgebot gen Rahja führen konnte. Im Angesicht der geringen Bevölkerungszahl Schnakensees waren die 150 Männer und Frauen unter Waffen schierer Wahnsinn und da gehörte er nicht einmal dazu. Gemeinsam mit den Angehörigen seiner Familie hatte er, hoch zu Ross, erst den Worten des Herzogs und anschließend des Praios-Geweihten gelauscht. Immerhin waren die Worte Hagrobalds aufmunternder als während seiner Hochzeitsturnei, Hanes Ansprache hingegen war wie damals schwerere Kost.

Während seine Begleiter dazu aufmachten Zerstreuung zu suchen, suchte Basin nach bekannten Gesichtern und war einem freundlichen Gespräch nicht abgeneigt. [Richtwald(Basin von Richtwald)24.02.16]

Da kamen in genau diesem Moment ein Bannerträger des Herzogs, der Herold der Nordmarken, und zwei Trompeter geritten, und stellten sich zwischen den Feldlagern auf. Sie zügelten ihre Pferde und nachdem die Fanfarenklänge erschollen waren, hob der Herold an, zu verkünden, dass es Wunsch und Befehl des Herzoges sein, dass der Aufbruch des Heeres zur Praiosstunde des kommenden Tages zu erfolgen hätte. Wer noch Fragen bezüglich der Marschordnung habe, solle sich umgehend an den Herold wenden. Als noch zwei, drei der Umstehenden ihre Fragen an ihn gerichtet hatten, wendeten alle 4 ihre Pferde und ritten weiter in eines der anderen Feldlager, um dort die Ankündigung ebenfalls auszurufen.

Zwei Isenhager und der Tod

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Beim Anblick der Jubelnden Menge war ein grimmiges Lachen über Fionas Gesicht gehuscht. Keines dieser Schafe wusste, was ihnen bevorstand, jubelnd folgten sie dem Rattenfänger zur Schlachtbank. Wenn die Hälfte zurückkehren würde, wäre dies bereits ein grandioser Sieg. Und noch mehr, wenn von den Zurückkehrenden die Hälfte noch über alle Gliedmaßen und wenigstens 5 Finger verfügte. Endlich ging es wieder zurück in den Krieg gegen das Dämonenpack. Etwas, dass Fiona seit Jahren zugleich gefürchtet und herbeigesehnt hatte.

An die Mauer eines Hauses gelehnt beobachtete Fiona, wie ihre Leute sich der Stadt zuwendeten. Sie hatte alle mit etwas Handgeld für den Abend versehen sowie zuverlässige darunter mit etwas mehr, auf das sie aufkommenden Streit mit einem Bier für alle Beteiligten beilegen konnten. Erst als sich die Menge zerstreut hatte, löste sich Fiona aus dem Schatten und machte sich auf ins tandoscher Lager. [Max(Fiona von Tandosch)23.2.16]

Halmar von Schellenberg zu Ackerfelde hatte dem Feldkaplan Ehrwürden Hane Tankred von Ibenburg-Luring seine volle Aufmerksamkeit zukommen lassen. Erst jetzt wandte er sich um und blickte in die Runde. Der Jubel der Menge rang dem alten brüllenbösener Ritter ein Lächeln ab. Es war gut die Menschen noch glücklich zu sehen. Zu schnell würde Leid und Hader die Truppe treffen. Es war nicht seine erste Schlacht. Kurz wanderten seine Gedanken zu der Schlacht auf Crumolds Auen und zu dem verstorbenen Herzog Jast Gorsam vom Großen Fluss. Seine Erinnerung trug Ihn weiter in der Zeit zu dem Punkt als er die Herzogenturney gewinnen konnte und von seiner Hoheit persönlich zum Lanzengang gefordert wurde.

Mit einem Kopfschütteln löste er sich aus der Gedankenwelt und seine Blicke nahmen eine Gestalt an der Hauswand wahr.

„Ah sie an. Fiona von Tandosch!“ lächelnd schritt er zu der Tandoscherin. „Rondra mit Euch Fiona von Tandosch! Schön Euch hier zusehen!“ [Jochen(Halmar)24.2.16]

„Kor ist wohl passender, bei dem was vor uns liegt.“ Fiona sah zu dem brüllenböser Ritter auf und bemühte sich um ein Lächeln, doch wie üblich blieben ihre Augen kalt. „Schön euch hier zu treffen, Halmar. Sind Barox oder seine Söhne auch hier?“ [Max(Fiona von Tandosch)24.2.16]

„Nein. Seine Hochgeboren weilt in Elenvina bei der Herzogenmutter und seine Söhne haben eine Aufgabe von seiner Hochwohlgeboren Ghambir erhalten und verweilen in den Bergkönigreichen. Ich fürchte Ihr müsst mit mir alleine vorliebnehmen!“ Halmar lachte laut auf. [Jochen(Halmar)25.2.16]

„Schön, dann können wir sicher sein, dass sie nach diesem Heerzug immer noch auf dem Dererund wandeln. Aber damit müsst ihr mir jetzt Gesellschaft leisten. Lasst uns einen Ort suchen wo es guten Wein gibt und der jetzt nicht so überlaufen ist. Dann können wir auf die Lebenden anstoßen.“ [Max(Fiona von Tandosch)25.2.16]

„Das klingt doch mal nach einem Plan!“ Halmar nickte und wies Fiona an vorzugehen. Sie gingen einige Zeit durch die Straßen, welche teils überfüllt teils leer waren, bis sie schließlich an einer Taverne hielten. „Dies sieht doch recht ansprechend aus, was denkt Ihr Fiona?“ [Jochen(Halmar)26.2.16]

„Das sieht doch nett aus.“ Fiona nickte Halmar zu. Die Taverne machte einen gepflegten Eindruck, ließ bereits erahnen, dass es hier auch besseren Wein gab und dank entsprechender Preise würden sich hierher nur wenige Kämpfer verirren. Während ihre Rechte das Heft des Dolches umschloss, stieß sie mit der Linken die Tür auf und ließ den Blick durch den Schankraum schweifen. Erst als sie sich überzeugt hatte, dass keine Gefahr droht, löste sich ihre Hand vom Dolch und sie trat ein.

Das Innere der Taverne hielt, was das Äußere versprach. Ohne sich um die Blicke der Anwesenden zu kümmern, steuerte Fiona einen Tisch in der Ecke an und zog ihn etwas beiseite. So konnten Halmar und sie mit dem Rücken zur Wand sitzen und den Raum im Blick behalten. Beim Wirt orderte Fiona einen Krug Wein und zwei Gläser, die dieser auch diensteifrig brachte. Nachdem Halmar die Gläser gefüllt hatte, hob Fiona ihres und prostete Halmar zu. „Lasst uns heute auf die Lebenden trinken. Wir werden noch viele Gelegenheiten haben, auf die Toten zu trinken.“ [Max(Fiona von Tandosch)26.2.16]

„Immer so düster Fiona! Wir werden sehen was Rondra für uns vorgesehen hat. Vertraut auf die Götter.“ Halmar prostete Fiona zu und nahm einen guten Schluck.

„Auch auf den Auen Crumolds war die Schlacht fürchterlich und doch haben einige überlebt.“

Halmar blickte sich im Schankraum um. Ausser Ihnen waren noch 4 weitere Gäste im Raum. Ein ruhiges Plätzchen schien es Ihm hier zu sein. Ob zuhause auf seinem Gut auch solche Ruhe herrschte? Wohl eher nicht. Grinsend nahm Halmar einen weiteren Schluck Wein. [Jochen(Halmar)29.2.16]

Fiona und Halmar hatten sich gerade zugeprostet, den kühlen Wein genossen und in diesem Moment die Gläser auf dem Tisch abgestellt, als sie nicht mehr die Geräusche der Anwesenden hörten, kein Gelächter und kein Summen von leise geführten Gesprächen, nicht das Klappern und Klirren aus der Küche und auch nicht das zischen von Essen, das in Pfannen und Töpfen zubereitet wurde. Sie hörten nur noch ein leises, monotones Summen – nur unterbrochen vom Rauschen großer, mächtiger Schwingen in der Dunkelheit der finstersten Nacht. Die Gäste in der Taverne jedoch blickten die beiden an, aus knöchernen Augenhöhlen krochen Maden welche auf die Teller vor ihnen herab vielen. Unter den Mützen und Kapuzen konnten die beiden nur noch Totenschädel sehen, unter den Wämsern und Kleidern die Skelette, durch die man die Speisen und Getränke sah, die von knöchernen Finger kurz vorher in ewig grinsende Münder befördert wurden. Ein Barde in einer Ecke spielte mit Händen, die nur noch aus blankem Knochen bestand, auf einer Laute. Zwar klappte sein Mund auf und zu, ein Gesang war jedoch nicht zu hören.

Nach einer von Schrecken erfüllten Sekunde brach der Lärm der Taverne über die beiden Recken erneut hinweg. Die Menschen sahen wieder aus wie zuvor, als ob sie nie etwas gewesen wären, das nicht von dieser Welt war.

Das Rauschen der Schwingen. Wie lange schon hatte Fiona vergeblich auf ein Zeichen des Schweigsamen gewartet. So blutig dieser Feldzug sich auch abzeichnete, die Rückkehr an die Front wider die schwarzen Schergen konnte ihr Erlösung bringen. „Es wird blutig und viel Leid wird über den Heerzug kommen.“ Zum ersten Mal sah Halmar, wie Fiona entspannt lächelte. „Wer von uns zurückkehrt, soll hier auf den Anderen trinken. Kehren wir beide zurück, trinken wir wieder zusammen.“ Mit einem Fingerzeig befahl Fiona den Wirt mit einem neuen Krug Wein heran. [Max(Fiona von Tandosch)29.2.16]

Halmar nickte stumm. Ja so würden sie es machen. Der Ritter war verstört, stand er doch Rondra nahe und nicht dem Schweigsamen. Stumm betete er zur Stürmischen und bat um Ihren Beistand. „Auf unser Treffen hier an diesem Tisch! Möge Rondra es ermöglichen.“ [Jochen(Halmar)01.3.16]

„Doch einen Freundschaftsdienst verlange ich von euch.“ Fiona hatte ihr Glas geleert, wieder aufgefüllt und erneut geleert. Ernst sah sie Halmar an. „Wenn ich sterbe, trennt den Kopf von meinem Körper. Damit fällt es Nekromanten schwerer, den Leichnam zu missbrauchen. Ich werde das Selbe für euch tun, falls ihr es nicht überlebt.“ [Max(Fiona von Tandosch) 01.3.16]

Der alte Ritter musste Husten. „Ich soll Euch den Kopf abtrennen. Verzeiht meine Gute aber Ihr verlangt etwas viel von mir!“

Halmar schüttelte den Kopf. „Lasst mich lieber versuchen Euch unversehrt zurück in Eure Heimat zu bringen!“ [Jochen(Halmar)01.3.16]

*

Gereon blickte interessiert zu allen Seiten. Er war endlich mit allen aufgetragenen Arbeiten fertig geworden und Fiona war nirgends zu sehen. Also gedachte er die Gunst der Stunde zu nutzen und sich ein wenig die Zeit zu vertreiben.

In den letzten Tagen war er kaum zu mehr gekommen als einige flüchtige Blicke auf das Lagerleben zu erhaschen. Trüber war die Stimmung geworden. Und auch er hatte einige Augenblicke erlebt, in denen er sich zurückgesehnt hatte - nach Hause. In der letzten Nacht gar hatte er sich das erste Mal seitdem er seine Eltern verlassen hatte, um seine Knappschaft anzutreten, aus tiefstem Herzen zu seiner Mutter gewünscht. Ihr Duft schlich sich seit Tagen in seine Träume: der Duft nach frisch gemähtem Gras, Pferdeschweiß und feuchtem Leder.
Angst war ihm bisher völlig fremd gewesen, das Neue, je gefährlicher desto besser, hatte es ihm schon als Kind angetan. Kein Weidezaun war ihm zu hoch, kein Wassergraben zu tief, um einen Sprung mit seinem Pferd zu versuchen. Keine Ermahnung der Mutter, nicht die unzähligen Blessuren, noch nicht einmal die Rute seines Vaters hatten ihm das Gefühl genommen, niemand auf der Welt könne ihm jemals etwas anhaben.
In den letzten Tagen hatte sich dieses Gefühl gelegt und war etwas gänzlich Anderem gewichen: einer Ahnung, dass Schreckliches auf ihn warten würde. Genährt von Gerüchten über Soldaten, die sich in ihren Dolch geworfen haben sollen, genährt von erwachsenen Männern, deren Andenken an ihre kleinen Kinder er ansichtig geworden war, und von Frauen, deren Mienen immer kälter wurden, je näher die Tage der Schlacht kamen. Und so war auch sein Unbehagen stetig gestiegen.

`Vielleicht ist Mut genau das: die Überwindung dieses Gefühls?` dachte er bei sich. So lief Gereon denn durch die Zeltstadt. Hier und da blieb er bei einem Knöchelspielchen stehen. Das Glückspiel blühte auf, es wurde um die einzige Währung gespielt, die hier Bedeutung zu haben schien: Zeit. Ein älterer Fußsoldat murrte, hatte er wohl im Armdrücken verloren und sich eine Stunde Latrinenaushub eingehandelt. Sein Gegner suchte die gewonnene Zeit mit seinen letzten Hellern bei einer der Huren zu verbringen, wusste er doch nicht, ob es das letzte Mal für ihn war Rahjas Freuden zu genießen. So lief der junge Eisensteiner aufmerksam beobachtend durch das Treiben und vergaß mit der Zeit seinen Instinkt, der ihn weit von diesem Ort wegführen wollte. (Catrin (Gereon) 09.03.16)

Nasse Füsse

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Was für eine Ansprache, was für ein Segen, nun, jetzt werden wir Nordmärker es dem Verdammten zeigen, was passiert, wenn sich die Nordmärker in Bewegung setzen.' Kritisch begutachtete Ritter Ronan von Hetzenberg das Zelt, was sein Diener da aufgebaut hatte. Gut musste es einfach neben den anderen aussehen. Er musste ja schließlich zeigen, dass auf ihn, Ronan von Hetzenberg, Verlass ist und er an der Seite seines Lehnsherrn steht. Nun der Knappe hatte es mit den 2 Bütteln, die er als Verstärkung mitgebracht hatte, nach einigen Schelten ordentlich hingebracht, das Zelt akkurat hinzustellen. Stattlich sah das grüngelbe Zelt aus, welches die Hausfarben waren und auch das Banner stand sauber da. Der Wagen mit dem Ochsen und sein Pferd und die Tiere der Büttel, sowie deren Zelt standen auch ordentlich da.

Kurz richtete Ronan sich noch die Kleider und mit einer Reitgerte unter dem Arm machte er sich auf dem Weg durch das Lager, um Ausschau zu halten nach bekannten Gesichtern und auch, um jenen, die man kennt, zu zeigen, was man zum Feldzuge mitgebracht hat.

Mit einem Summen schritt er um eine Ecke. Nichtsahnend. (Thorsten (Ronan) 05.03.2016)

Firin von Landwacht war immer noch ganz ergriffen und beeindruckt von der Ansprache des Herzogs und den Worten des Praioten und hing seinen Gedanken dazu nach, während er den randvollen Wassereimer mühsam mit beiden Händen vor dem Körper vor sich hertrug.

‚Wie der Geweihte des Praios geleuchtet hat, alles überstrahlt hat. Das war ein Zeichen des Götterfürsten! Praios ist mit uns und wacht über uns! Mit seiner Macht werden wir die Truppen des Verräters in Grund und Boden stampfen! Und das wird erst der Anfang sein. Danach wird das vereinigte Heer weiterziehen und die Heptarchien besiegen. Wie hatte der Geweihte es gesagt? Die schwärende Wunde endgültig ausmerzen mit blankem Stahl und Göttermacht.‘ Ob ich wohl auch einen Dämon in die Niederhöllen schicken werde mit geschickten Stichen und gewaltigen Hieben eines Schwertes?‘

Firin bugsierte den Eimer in seine Linke und vollführte mit einem imaginären Schwert in seiner rechten Hand einige Attacken gegen unsichtbare Dämonen. Für einen Beobachter sicherlich ein amüsanter Anblick. Firins Kampf wurde komplexer. Nach mehreren direkten Schlägen, machte er eine Finte, drehte sich dann um seine Achse und…RUMMS! Der Eimer knallte gegen die Seite eines Mannes und ergoss seinen Inhalt über diesen. (Christian [Firin] 07.03.2016)

Ronan war entrüstet. Schüttete ihm doch dieser Bursche einfach Wasser über die Beine! Unerhört!

Mit einem wütenden Gebrüll nahm er die Gerte und drosch auf den Knappen ein und brüllte derweil: "Du elender Wicht, hat man dir nicht Manieren und Respekt beigebracht, das kann ich dir gerne beibringen, du elender Wurm!"

Die Realität in Gestalt des aufgebrachten Mannes hatte Firin im Nu eingeholt. Er wich stolpernd einige Schritte zurück, ehe er in eine kleine Kuhle im Boden trat, sein Gleichgewicht verlor und sich am Boden wiederfand. Mit seinen Armen versuchte sich er sich so gut wie möglich vor den wilden Schlägen mit der Gerte zu schützen. „Verzeihung, aargh, werter Herr!“ Bei jedem neuerlichen Aufschlag zuckte Firin unter leisem Stöhnen zusammen. „Habt ein Einsehen, aauuh!“

Wütend schlug Ronan weiter auf diesen Burschen ein, da hatte er sich so fein herausgemacht um Eindruck zu schinden und dann dies. Mit einem surrenden zischenden Geräusch schnitt sich die Reitgerte durch die Luft, um auf den am Boden liegenden jungen Burschen niederzugehen. „Dir werde Ich noch lehren, was es bedeutet sich mit Mir angelegt zu haben.

„So höret doch auf!“, bat Firin eindringlich. Irgendwie gelang es ihm die Gerte zu packen und festzuhalten, bevor der werte Herr erneut Schwung holen konnte. „Verzeiht mir mein Missgeschick. Es ist doch nur etwas Wasser. Das ist im nu getrocknet und dann sieht man keinerlei Unterschied zu vorher“, appellierte Firin an den gesunden Menschenverstand des aufgebrachten Mannes. Er umklammerte immer noch die Gerte und forschte im Gesicht des Gegenübers, ob dieser von seiner raserischen Prügelei abzulassen gedachte.

Mit Irritation stellte Ronan fest, dass dieser Bursche es wagte zu widersprechen und gar noch Hand an seine Gerte zu legen. „Nur etwas Wasser? Nur etwas Wasser?!?“ brüllte Ronan den Burschen an „Als ob du Wicht das beurteilen könntest.“ Mit einem wütenden Gesichtsausdruck setzte Ronan an dem Burschen einen Fußtritt zu geben.

„Wollt ihr unsere Kämpferschar schon dezimieren, bevor die Reichsverräter dazu Gelegenheit bekommen?“ Firin konnte zunächst nur die tiefe Stimme des hochgewachsenen Mannes hören, der zwischen ihn und den aufgebrachten Adeligen getreten war. Mit einem lauten PLINK war Ronans Fuß gegen die blank polierten Beinschienen des Retters geschmettert, ohne dass es diesen auch nur im Geringsten aus dem Gleichgewicht gebracht hätte. Und obgleich der Junge von seiner gegenwärtigen Position nichts weiter von seinem Beschützer sehen konnte als ebenjene Beinschienen, den Saum eines weißen Mantels und die Enden eines mit roten Wappenbildern bestickten Lederwamses, spürte er doch instinktiv einen Götterdiener vor sich zu haben. Hagrian von Schellenberg seinerseits blickte mit zutiefst missbilligendem Ausdruck in den stahlblauen Augen auf den Ritter von Hetzenberg herab. Die durch jahrelange Kampfroutine gestählten Muskeln unter seinem blanken Kettenhemd und der Rondrakamm, den er mit sich führte, wiesen ihn unzweideutig als einen Diener der Leuin aus. (Catrin (Hagrian) 18.03.16)

Mit einem wütenden Blick wandte sich Ronan demjenigen zu, der es wagte sich Ihm und seiner Bestrafung jenes Burschen einzumischen. Schon wollte er mit einer Triade ansetzen als er erkannte wer bzw. was vor ihm stand. Mit einem leichten Schnaufen und schmerzenden Zehen trat er einen Schritt zurück und mit einem zynischem Lächeln und einer kleinen Verbeugung antwortete er dem Diener der Leuin: “Ehrwürden, mitnichten wäre das meine Absicht, aber ist es nicht die göttliche Ordnung, die wir vertreten, und jener Bursche hat es nicht nur gewagt mich zu besudeln sondern auch gewagt die Hand gegen mich zu erheben.“ (Thorsten (Ronan) 18.03.16)

Hagrians Miene ließ keine Regung erkennen. „Ich denke, er hat mittlerweile begriffen, dass die Zeit nicht die beste war, eine Kampfübung abzuhalten!“ Erwiderte er zunächst knapp, „Wenn ihr die Ordnung der Zwölf schon bei einer so kleinen Menge Wasser voll des Elans verteidigt, bin ich optimistisch auf eurer Seite in die Schlacht zu ziehen. Jedem machtvollen Feind kann sich diese Entschlossenheit entgegenstellen, wenn mehr uns besudeln wird als Wasser.“ (Catrin (Hagrian) 18.03.16)

Firin erwartete angespannt den Fußtritt des wütenden Ritters. Doch der unerbittliche Einschlag verwandelte sich in ein harmloses Plink an der Beinschiene des Götterdieners, seines Retters. „Den Zwölfen sei Dank“, stieß Firin leise hervor, während er sich etwas entspannte. Er erhob sich, klopfte sich grob den Staub von den Kleidern und verbeugte sich in Richtung des Geweihten. „Euer Gnaden, ganz gewiss habe ich meine Lektion gelernt. Und es wird nicht wieder vorkommen.“ Firin lächelte dem Rondrageweihten sichtlich erleichtert und dankbar zu. In seinem Blick lag zudem Bewunderung für den Kämpfer der Rondra und ein leicht verträumter Ausdruck stahl sich für einen Moment in sein Gesicht. ‚Ein von der Stürmischen gesegneter Kämpfer. Wie gerne wäre ich doch auch ein Geweihter der Rondra geworden. In strahlender Rüstung mit dem geflammten Rondrakamm mutig allen Gefahren und Bedrohungen der Finsternis trotzen und dem Licht zum Sieg verhelfen. Dafür ist nun wirklich nicht der richtige Moment!‘ Schalt Firin sich selbst. Kurz schaute er den Ritter mit den nassen Beinkleidern an. „Werter Herr verzeiht mir mein ungeschicktes Benehmen. Soll ich mich vielleicht um Eure Beinkleider kümmern?“ Dann senkte er den Blick, um nicht erneut den Zorn des Mannes auf sich zu ziehen. Etwas leiser, aber noch deutlich hörbar, fügte er hinzu. „Zwar habe ich Euch Wasser über die Beine geschüttet. Doch ohne böse Absicht und aus Unachtsamkeit heraus, aber die Hand habe ich nicht gegen Euch erhoben.“ Mutig und auch ein wenig trotzig hob Firin Blick und sah Ronan direkt in die Augen. Er wusste, dass er zwar manchmal, naja eigentlich recht häufig etwas verträumt war, aber ungehöriges Benehmen zählte nicht zu seinen Wesenszügen. Darauf hatte sein Schwertvater Halmar von Schellenberg immer sehr geachtet. (Christian [Firin] 19.03.2016)

Noch bevor Ronan etwas erwidern konnte legte sich eine schwere Hand mit kräftigem Druck auf die Schulter des Knappen: „Es obliegt eurem Schwertvater zu entscheiden, ob und, falls nötig, welche weitere Strafe für eure Unachtsamkeit erforderlich ist. Das Beste wird sein, wenn ich euch zu ihm begleite.“ Darauf warf er dem erbosten Ritter erneut einen gemessenen Blick zu. Einen Blick ohne jede erkennbare Gemütsregung: „Es steht euch frei uns zu begleiten, falls ihr es für nötig befindet.“ Ohne Ronans Antwort abzuwarten befahl er Firin in strengem Ton: „Los, worauf wartest du, schreite voran!“ (Catrin (Hagrian) 21.03.16)

„Das ist mal ein Wort euer Ehrwürden, selbstverständlich werde ich euch begleiten.“ entgegnete Ronan dem Geweihten. Kurz richtete er seine Kleider um dann beruhigter den beiden zu folgen. (Thorsten (Ronan) 21.03.16)

„Selbstverständlich.“ Firin nickte eifrig und setzte sich in Bewegung, um nach zwei, drei Schritte abrupt stehen zu bleiben. Hastig schaute er sich um, eilte dann einige Schritte zurück, um den Eimer aufzuheben. Mit einem entschuldigenden und leicht verlegenen Blick setzte er sich wieder an die Spitze der kleinen Gruppe und schlug den Weg zum Zelt des Edlen von Schellenberg ein. (Christian [Firin] 21.03.2016)

Seufzend lief Hagrian am Banner seiner Familie vorbei und eilte direkt auf Firins Schwertvater zu: „Sei gegrüßt Onkel. Auf ein Wort bitte.“ (Catrin (Hagrian) 22.03.16)

Halmar hob die Hand. Als Hagrian verstummte schrieb der alte Ritter eine Zeile in seinem Aufschrieb fertig und blickte dann auf. Mit einem Nicken gab er Hagrian zu verstehen zu sprechen. [Jochen(Halmar)22.3.16]

Firin, der ebenfalls nähergetreten war, wurde sanfter als er erwartet hatte, von dem großen Götterdiener herangezogen. „Es gab durch eine kleine Unachtsamkeit deines Knappen hier.“ Er deutete auf Firin und sein strenger Blick ruhte dabei auf dem Jungen, „einen kleinen Unfall. Der Ritter von Hetzenberg wurde dabei durchnässt.“ Dabei deutete Hagrian auf Ronan, der ihnen gefolgt war, und auf Firin, der deutlich sichtbare Striemen der Gerte an Händen, Unterarmen und den Wanden trug. An der Stirn, wo die Haut dünner war, platzte die Wunde immer weiter auf und kleine Tropfen Blut liefen daraus über Nasenrücken und Wangen bis zum Kinn „Wie du siehst, hat der Herr bereits mit der Bestrafung begonnen. Mir liegt daran, dass diese kleine Zwistigkeit geklärt wird, bevor wir Richtung Gallys aufbrechen.“ Er hielt kurz inne, sein harter Blick streifte den seines Onkels, bevor er Ronan in die Augen blickte: „Habt ihr etwas zu ergänzen?“ Nur Halmar, der seinen Neffen ein wenig kannte, konnte hinter der harten und strengen Fassade des Rondradieners die Missbilligung erkennen, für eine derartige Nichtigkeit Zeit verschwenden zu müssen. (Catrin (Hagrian) 22.03.16)

„Junge Knappen machen ständig unnütze Dinge. Dass seine Wohlgeboren durchnässt wurde ist natürlich allerhand. Allerdings scheint mir doch, zumindest, wenn ich das Gesicht meines Knappen betrachte, die Strafe bereits erfolgt zu sein. Somit wird seine Wohlgeboren sich neu in trockene Kleidung kleiden und mein Knappe wird Sorge dafür tragen, dass die nasse Kleidung gereinigt und getrocknet wird! Mehr Zeit werde ich diesem Vorfall nicht widmen, denn es gibt wichtigeres zu tun! Haben seine Wohlgeboren noch Anmerkungen?“ Halmar blickte den Ritter an. [Jochen(Halmar)22.3.16]

Mit einer kleinen Verbeugung richtete sich Ronan an den alten Ritter und begann mit einem recht schroffen Ton: “Eure Wohlgeboren von Schellenberg, ich erkenne in euren Worten Weisheit, aber jene scheint euren Knappen weit abhandengekommen zu sein. Nicht nur seine Unachtsamkeit ist eine Schande, sondern auch dass er es wagte Hand gegen mich zu erheben. Aber wir denken, dass ihr im Sinne Praios und Rondras auf euren Knappen einwirken werdet, und ihm verstärkt beibringt wie die göttliche Ordnung auch hier auf Dere ihre Anwendung findet.“ und sanfte fährt er fort: „aber wir sind bereit diese Angelegenheit nun mit eurem Angebot zu einem Abschluss zu bringen. Sollten aber Schäden zurückbleiben, wird euer Knappe dafür geradestehen. Aber im Sinne des Feldzuges gegen den Reichsverräter sind wir auch bereit Nachsicht walten zu lassen. Schickt euren Knappen in einer Stunde zu meinem Lager, so dass er die Kleider holen und reinigen kann. Und es würde mich freuen mit Euch und Euch werter Streiter der Leuin“ er wendet sich an den Geweihten: „in die Schlacht zu reiten.“ Nach einer kleinen Pause „Euer Ehrwürden, Eure Wohlgeboren“ Mit einer Verbeugung beendet Ronan seine Ansprache und wendet sich zum Gehen ab. (Thorsten (Ronan) 23.03.16)

Hagrian warf einen kurzen Blick zu seinem Onkel, um zu sehen, ob er es darauf beruhen lassen würde. Er hegte die leise Hoffnung, eine starke Schwerthand sei der Grund für das offensichtlich beträchtliche Selbstbewusstsein des Ritters von Hetzenberg. Ansonsten bestand für ihn sicherlich keine allzu große Hoffnung noch lange auf Dere zu weilen. (Catrin (Hagrian) 23.03.16)

Ein einschneidendes Erlebnis

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Loriann Varaldyn von Reussenstein, Mittdreißigerin, Witwe, Mutter, Junkerin vom Reussenstein und auf diesem Feldzug Herrin über eine Halblanze Koschberger, ließ ihren Blick ebenfalls schweifen. Doch in dem Gewimmel der bunten Wappenröcke hatte die blonde, hochgewachsene Kriegerin mit dem strengen Pferdeschwanz, den sie im Nacken gebunden trug, in erster Linie die Heraldik vor Augen und so übte sie auch in diesem Moment mehr die Zuordnung von Farben, Wappen und Namen, als dass sie wirklich jemanden suchte. Sie schickte ihren Hauptmann und den Rest des Reussenstein'schen Haufens mit dem hohen Herrn Ulfried, dem Bruder ihrer Freundin Fedora, der jetzigen Baronin von Firnholz, ins Zeltlager der 'Steineiche', denn sie gedachte noch etwas auf dem Platz der Versammlung zu verbleiben. Zu Studienzwecken. Ihr Gedächtnis war mittlerweile, was das Erkennen von Wappen anging, gut in Form. Eine harte Schule unter 'Nordmark', dem Herold des Herzogtums, und beständiges Selbststudium hatten ihr Auge geschult. Trotzdem wollte sie so eine gute Gelegenheit zur Übung nicht ungenutzt lassen. Dies war auch notwendig, denn bald würde sie ihr Wissen unter traurigen Beweis stellen müssen, wenn es darum ging, nicht nur Heldentaten zu dokumentieren, sondern auch das Ableben vieler der Tapferen zu notieren, die hier eben noch einträchtig zusammengestanden und den Worten der beiden Redner gelauscht hatten.

Einer der Wappenröcke fiel ihr jedoch auf, da er unweit die Menge durchschnitt. Gleich im Doppelpack. Beim Anblick des bunten Adlers auf Silber schoss der Junkerin vom Reussenstein ein Gedanke in den Kopf. Und weil sie noch etwas loswerden wollte, bevor vielleicht keine Zeit mehr dafür sein würde, stellte sie ihr Vorhaben hinten an und bewegte sich auf den Landvogt von Gratenfels und den jüngeren Mann an dessen Seite zu. Eine gewisse Ähnlichkeit konnten beide Männer nicht verleugnen. Offenbar bestand nahe Familienzugehörigkeit. Sohn? Bruder?

"Hochgeboren, darf ich einen Moment Euren Weg kreuzen?" sprach Loriann die beiden Herrschaften an, während sie auf sie zuging und dabei kurz meinte, den grünen Wappenrock der Familie Richtwald gesehen zu haben. Loriann war sich nicht sicher, ob der Vogt sie erkennen würde, hatte es bis auf die Travienbundturney vor knapp einem Jahr, bei der sie beide teilgenommen hatte, keinerlei Berührungspunkte gegeben.

Sie erbot einen freundlichen, ritterlichen Gruß und stellte sich namentlich vor, als sie die Aufmerksamkeit der Männer eingefangen und zu eigen wusste. Loriann trug ein dunkelrotes Gardecors, auf dem auf Höhe des rechten Oberschenkels ein großer schwarzer, aufrechtstehender Bär ihre Seite flankierte. Da es noch nicht so warm war um diese Jahreszeit, lugte aus den Ärmeln eine dicke gelbe, langarmige Surcote hervor. Um den Hals trug die wehrhafte Edeldame einen Schal, ebenfalls in einem Gelbton. [Loriann (Tanja)]

Überrascht grüßte Melcher Sigismund von Ibenburg die Dame mit einem schwungvoll ausgeführten Handgruß als vollendete Ehrenbezeugung. Die Junkerin sah in seinen Augen den skeptischen Blick eines Nordmärker Edelmannes gegenüber einer Person, die er nicht kannte und auch nicht einordnen konnte, aber die ihn offenbar kannte und auch ohne Zögern ansprach: [Melcher (Mathias)]

"Nehmt es mir nicht krumm, dass ich euch so einfach in den Weg laufe und ich werde Hochgeboren nicht lange aufhalten, versprochen. Aber ich sah Euch kommen und das erinnerte mich daran, dass ich Euch gerne noch etwas berichten möchte." Die blonde Reussensteinerin schmunzelte, ehe sie sich vorstellte: "Oh, Verzeihung, ich vergesse das Wichtigste: Mein Name ist Loriann Varaldyn, ich bin die Junkerin zu Reussenstein aus der Baronie Firnholz."

„Die Zwölfe mit Euch“, seine Stimme hatte einen angenehmen Klang, „seht mir mein impardonnables Gedächtnis nach, Euer Wohlgeboren zu Reussenstein, aber wurden wir uns schon früher einmal vorgestellt?“

"Nein, nicht soweit ich mich erinnern kann, Hochgeboren." antwortete sie mit dem entwaffnenden Lächeln einer Frau und warf auch dem anderen Ibenburger ein freundliches Nicken zu.

Wieder herrschte kurz Stille. „Oh weh, ich ahne, es hat sich wo was Schlimmes zugetragen und Ihr seid die ganze Nacht im Eilritt durchgeritten, um mir eure Estafette zu überbringen? Ist das denn der Bericht, den Ihr meintet?“ Das waren die unheilvollen Gedanken, die dem Vogt sofort durch den Kopf gingen und er sogleich ausgesprochen hatte.

Die Junkerin stutzte erst. Eilritt, Estafette? Dann schmunzelte sie erneut und schüttelte lachend den Kopf. "Aber nein, keine Sorge! Ich überbringe euch weder Kunde aus dem Hinterkosch, noch irgendeine schlechte Botschaft. Und schon gar keine schlechte aus dem Hinterkosch." scherzte sie und versuchte damit das Eis zu brechen. Sie konnte aber die Bedenken des Vogts verstehen, schließlich war sie für ihn eine völlig Fremde, die ihn einfach mit ihrem Wortschwall und Vorhaben überspülte wie ein Kiesel im Fluss, und daher nahm sie sich vor, im folgenden etwas weniger 'forsch' zu sein.

Einen Grund, warum sie ihn so einfach dreist um Gehör bat, musste sie dem Mann jedoch nennen. Also sagte sie frei heraus, was sie auf dem Herzen trug.

"Ihr kennt mich nicht, aber ihr habt die Bekanntschaft meiner Tochter gemacht. Ich weiß nicht, ob ihr euch daran erinnert, weil es schon ein ganzes Jahr zurückliegt. Aber da wart ihr gerade im Duell an der Tjostbahn ausgeschieden, da hat sie euch in Begleitung von Ehrwürden Hane von Ibenburg-Luring - ich meine, er ist ein Cousin von euch? - im Zelt der Turnierheiler besucht. Wisst ihr es vielleicht noch? So ein kleines blondes Mädchen, ungefähr so groß…" Loriann malte einen unsichtbaren Strich mit ihrer Hand in die Luft.

Melchers Stirn runzelte sich kurz als er Lorianns Hand mit den Augen folgte. „Etwa so groß meintet Ihr?“ Er hob seine rechte Hand rund in die gleiche Höhe wie die Reussensteinerin zuvor, während er nachsann.

"…Ich bin hier, weil ich euch von ihr Grüße bestellen soll. Ich glaube, ihr habt da irgendwie mächtig Eindruck auf meine Tochter gemacht, beziehungsweise, die Tatsache, dass sie bei der Versorgung eurer Wunden helfen durfte! Noch Wochen später hat sie davon erzählt." Wieder schmunzelte die Junkerin, doch dieses Mal mit dem Anflug mütterlichem Stolz.

Ohne eine Antwort auf seine nachempfundene Handbewegung abzuwarten machte sich ein Grinsen auf dem Gesicht des Vogtes breit und seine Gesichtszüge entspannten sich hin zu einem freudigen Lächeln.

„Natürlich entsinne ich mich an die kleine Maire, Euer Wohlgeboren! Ein bezauberndes Mädchen. Wie geht es der kleinen Maire? Sie wächst und wächst doch gewiss und hat in Kürze ihre Mutter überholt und Eure Näherin kommt mit dem Schneidern der Kleidung für die kleine Dame überhaupt nicht mehr hinterher, schätze ich."

Dass der Vogt sich zum einen an Maire erinnerte und sich sogar darüber freute, an sie erinnert zu werden, ließ ihr Mutterherz hüpfen. Es war auch eine schöne Bestätigung für ihren Mut, ihn anzusprechen.

"Oh, ich denke, das tut sie. Allerdings ging Maire nach der Turney mit Ehrwürden Hane und dessen Gemahlin nach Elenvina. Maire erhält dort ihre Ausbildung zur Gildenmagierin. Da ich selbst in meinen Ämtern gefordert bin, kann ich leider das Werden meiner Tochter nur aus der Ferne erfahren, aber sie schreibt mir regelmäßig Briefe und in einem davon musste ich ihr versprechen, euch hier in Gratenfels aufzusuchen, um euch ihre Grüße auzurichten! - Es wird sie sicher freuen, dass ihr euch an sie erinnert. Ist es doch schon länger als ein Jahr her."

Mitten im Gespräch schob Melcher seine Hand in Brusthöhe in seinen weit aufgeknöpften Wappenrock und schien in der Innentasche etwas zu suchen. Nach einer kurzen Weile zog er die Hand hervor und hatte zwischen Daumen und Zeigefinger einen kleinen schlichten silbernen Ring zwischen den Fingern. „Diesen Ring habe ich auf der Rückreise aus Almada bei einem Krämer erstanden“. Der Vogt streckte seine Hand mit dem in der Sonne schön glänzenden Schmuck in Richtung von Loriann. „Er habe ihn einst mit Phexens Beistand von der berühmten Kapitänin Frinja Efferdsdank erstanden, die das Ringchen an und für sich überhaupt nicht veräußern wollte. Die Kapitänin sei bei einer spontanen Ladungskontrolle eines größeren Schiffes auf dem Großen Fluss in den Besitz des Schmuckstückes gekommen und hing sehr daran, erzählte mir der Kaufmann. Er hatte wohl großes Glück und den Gott der Händler auf seiner Seite an diesem Tag, an dem er es Efferdsdank abschwatzte. Einst soll er mal für eine anmutige Grafentochter eines lange, lange untergegangenen Grafenhauses angefertigt worden sein. Mir gefiel das schlichte Stück und ich konnte aus irgendeinem Grund nicht wiederstehen. Das hat wohl auch der Krämer bemerkt und den Preis ordentlich nach oben gedrückt.

Nun gut, ich würde ihn Euch gerne als Geschenk für die kleine Maire mitgeben. Vielleicht bringt er ihr später mal Glück und Wohlergehen."

Lorianns Mund entfuhr ein überraschtes "Oh!", als das schöne Stück in ihre Hand wanderte. "Aber, Hochgeboren, das kann ich nicht annehmen." Sagte sie erst perplex und schüttelte den Kopf. Mit einem Geschenk hatte sie überhaupt nicht gerechnet. Sie wollte doch eigentlich nur Maires Grüße ausrichten. Aber: sie schätzte die Gabe und auch die Geste, die damit verbunden war, und nickte lächelnd. "Habt tausend Dank."

„Gerne, Euer Wohlgeboren. Falls Ihr und die kleine Maire in der Nähe der Grafenmark seid, dann besucht mich doch einfach auf Feste Bergheim.“

Was für ein schönes Geschenk. Und dazu noch so unerwartet. Im Lager steckte sie das schöne Stück in ein kleines Säckchen, schrieb ein paar Zeilen dazu und sandte es mit einem Reiter nach Hause. Firnholz war nicht weit von hier, gerade mal zwei Baronien entfernt, der Bote würde also morgen früh wieder zurück sein. Auf dem Reussenstein würde dann ihr Vogt sich um die Weiterleitung des Rings an Maire kümmern, ihn nach Elenvina schicken. Dass ihre Tochter sich freuen würde, stand für Loriann außer Frage.

Im Borontempel 1

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Der Rabensteiner seufzte. Einige Atemzüge lang noch lag sein Blick auf dem jungen Praioten, nachdem dieser seine Predigt beendet hatte. Auf eine knappe Handbewegung hin zerstreuten sich seine Begleiter, angeführt von den beiden Knappen mit großen, strahlenden Augen.

Langsam wendete seinen Elenviner Rapphengst, und ließ das Tier in die Stadt zurück schreiten. Die ersten des Heeres machten sich bereits auf in die Tavernen, deren Wirten der Heerbann die große Zeit des Jahres verschaffte. Das Ziel des Rabensteiners war ein anderes. Er brachte sein Tier vor dem hiesigen Tempel des Raben zum Stehen, dem einen Ort, der an diesem feier- und alkoholträchtigen Abend zumindest etwas Ruhe verhieß, und ließ, zumindest für heute, die Streiter Streiter sein. [Tina(Lucrann)23.2.16]

Dies alles hier war nichts ihrs, große Menschenaufläufe hatte sie noch nie gemocht und sich bei Anlässen deshalb auch fast immer vertreten lassen. Die Teilnahme an diesem Kriegszug konnte sie sich als Kriegerin nicht entgehen lassen und so hatten all die Fahnen, Standarten und Wimpel ihr Herz höherschlagen lassen. Ulinai Timerlain gab wenig auf die Reden die gehalten wurden, waren sie doch allesamt gleich und unterschieden sich einzig in der Begründung wieso zu den Waffen gegriffen wurde. So hatte sie auch ihren Leuten einschärfen lassen das sie sich heute bei den Feiern mäßigen sollten, jeder der morgen murrte, weil er einen über den Durst getrunken hatte oder durch sein Verhalten auffällig wurde, würde dies durch zusätzliche Aufgaben über die Anreise zu spüren bekommen.

Sie selbst jedoch würde heute einzig den Beistand der Götter suchen. Zuviel Aufregung hatten die letzten Monde in ihr gewollt ruhiges Leben gebracht. Erst hatte ihre Tochter sie dazu überredet den Alberniern bei ihrem Durchzug in Vairningen Quartier zu beziehen – sie musste zugeben es war gut fürs Geschäft und zugleich hatte sie dem Bürgermeister von Vairningen zeigen können wer das Sagen hatte. Für das darauffolgende musste sie sich wohl selbst die Schuld geben. Hatte sie doch selbst, über die regionale Gazette, zu den Feierlichkeiten des Traviabundes ihrer Tochter zu Beginn des Mondes auf die Vairnburg geladen. Mühsam hatte sich ihre Stute einen Weg durch die Straßen der Stadt gebahnt. Eh sie, wie vor ihr bereits der Rabensteiner, am Boron-Tempel abstieg. [Richtwald(Ulinai Timerlain von Vairningen)24.02.16]

Eine Bewegung am Eingang ließ den alten Baron aufblicken – es dauerte einen Lidschlag, ehe er den Neuankömmling erkannte. Die Stadt war voller Menschen, doch davon war innerhalb der Mauern des Tempels nichts zu spüren. Im Nebenraum lag die sterbliche Hülle einer Handwerkerin aufgebahrt, anfänglich noch umstanden von ihrer Schar Anverwandter, die sich von der hiesigen Hochgeweihten, Borontrud Prahle, trösten ließen. Der Novize, ein blonder, pickeliger Schlacks, hatte zuerst erschrocken ob des ungeplanten Besuchs Rat bei seiner Meisterin gesucht, sich dann aber des Klügsten besonnen und sich im Hintergrund unsichtbar gemacht. Der Rabensteiner wartete, bis die Vairningerin zu ihm aufgeschlossen hatte, und grüßte sie mit einem knappen Nicken. Gerade bis ans Knie hatte sie ihm gereicht, als er selbst unter ihrem Vater den Knappendienst verrichtete – aufmerksam, immer interessiert und stets im Wege – ein höchst lebendiges Gegenstück zu ihrem Vater, der dem Vairningers Bier oft und gerne zusprach – und der damit nach den ersten unerfreulichen Begegnungen mit diesem Gebräu der Grund dafür war, dass Gersten- und sonstiges Bräu auf des Rabensteiners Tafel nicht zu finden war. [Tina(Lucrann)24.2.16]

Hitze und Trubel waren fort als die Baronin von Vairningen den Tempel betrat, der typischen Ruhe und Kühle eines Boron-Tempels von jetzt auf gleich gewichen. Für einen Augenblick musste sie sich an die Lichtverhältnisse gewöhnen, erkannte Lucrann von Rabenstein jedoch auf den ersten Blick wieder. Gehörte doch der junge Lucrann an der Seite ihres Vaters, an der Seite von Udilbras Timerlain der seine Töchter viele Götterläufe nur als zweite Wahl betrachtet hatte, zu ihren frühsten Erinnerungen. Außerdem mochte dessen, in Berichten über ihn erwähnte, sehr einprägsame und auffällige Erscheinungsbild hilfreich gewesen sein.

Für einen kurzen Moment überlegte sie ob sie die angenehme Stille stören sollte und entschied sich dann mit einem gehauchten „Boron zum Gruße, Hochgeboren.“ sowie einem leichten Nicken zu Antworten. Dabei dachte sie an all die Geschichten über den Rabensteiner die ihr Vater heute gern zum Besten gab und ihrem Gegenüber, wenn er davon wüsste, äußerst peinlich wären. [Richtwald(Ulinai Timerlain von Vairningen)24.02.16]

Der streifte mit seinen Fingerspitzen die Schulter seiner Standeskollegin, wandte sich wieder dem Altar zu und versenkte sich erneut in seine Andacht. Wie eh und je trug der alte Baron Handschuhe – selbst hier, in den geschlossenen Räumen. Diese Eigenheit musste er sich irgendwann nach seinem Ritterschlag angewöhnt haben – aus seiner Knappenzeit war sie Ulinai jedenfalls unbekannt. Erneut senkte sich Stille über den Raum, unterbrochen nur vom neugierigen Gebrumm einer dicken Schmeißfliege, die sich in diese heiligen Hallen verirrt hatte. Das silberne Boronsrad, das der Rabensteiner als einzigen Schmuck um den Hals trug, schimmerte im matten Licht. Aus dem Nebenraum erklang Füßescharren, unterdrücktes Räuspern und ein vernehmliches Schnüffeln, als sich die Trauergemeinschaft aus dem Mauern der Toten in die Gefilde der Lebenden begab. [Tina(Lucrann)24.2.16]

Sommerlicher Abendwind wehte dem Rabensteiner ins Gesicht. Er flog. Flog, weit oben über tief unter ihm liegende Lande, von den letzten Sonnenstrahlen des Tages sanft erhellt. Heere marschierten durch die Lande, auf eine Stadt zu die fern im Osten seines Gesichtsfeldes lag. Wellen schlugen leise an eine fremde Meeresküste. Das Heer unter ihm zog einen Fluss entlang, der nicht sagen konnte, in welche Richtung er fließen wollte. Gleich einer Schlange zog sich das silbrig schwarze Band entlang, der großen Stadt im Osten zu. Der alte Recke drehte seinen Kopf hin und her und stellte fest, dass er große dunkle Rabenschwingen anstatt Arme hatte, die ihn durch die einbrechende Nacht trugen. Tiefschwarz war das Gefieder seines majestätischen Rabenkörpers, und mit einem Schlag seiner Schwingen brachte er Meilen über Meilen hinter sich.

Doch plötzlich sah er es weit unter sich, in einer felsigen Region, durch die sich der Fluss im Lauf der Zeit hindurch gegraben hatte, silbrig dumpf blitzen. Er konnte metallische Scheiben aufsteigen sehen. Bewehrt mit Zacken, Dornen und Messern drehten sich die Geschosse in die Lüfte und hielten auf Lucrann zu. Mit einem lauten, protestierenden Krächzen versuchte der Rabe auszuweichen, stürzte sich in die Winde der Nacht. Doch vergeblich. Eins der metallenen Geschosse zerfetze ihm den Flügel, trennte Federn, Fleisch und Knochen ab, die in einem blutigem Regen aus schwarz und rot in der Dunkelheit verschwanden. Schmerz pochte im Schädel des geschundenen Raben. Eine andere Scheibe fraß sich mit einem hellen, garstigen Sirren und knirschen in seine Brust und gab sich erst zufrieden, als sie das Herz in einer Fontaine aus Blut explodieren ließ. Schon trudelte der Rabe, irre Spiralen kreisend dem Boden zu, als die Dritte Scheibe ihre Dornen in den Schädel des Boron heiligen Tieres jagte. Vor Schmerzen krächzend und schreiend prallte der Rabe auf dem Boden auf. Ein letzter Blick, ein röchelnder Atemzug. Er lag inmitten unzählbarer Raben und anderer stolzer Vögel auf einem Feld der Vernichtung und des Todes. Er starb.

Und öffnete seine Augen im Tempel des schweigenden Herrn, allein, einsam und alt.

Einige Atemzüge lang blieb der alte Baron liegen und schaute in die Dunkelheit. ‚Es wird wieder einmal gefährlich, hm?’ Schweigen erfüllte den Tempelraum und die Nacht wusste keine Antwort auf diese Gedanken. Lucrann richtete sich auf, trat trotz der Dunkelheit mit traumwandlerischer Sicherheit vor den Altar und ließ sich behutsam auf die Knie nieder.

‚Du allein, Herr, kennst meine Stunde. In Deinen Händen ruhe ich.’

Laut und stetig klang sein Herzschlag in den Schatten des Tempels, aus Rabenschwingen gewirkt. Frieden verheißend, Ruhe. Und Beständigkeit gegen die Netze der alten Feindin in ihrer stinkenden Domäne aus nicht-ganz-schwarz, leichengrau und moderweiß. [Tina(Lucrann)28.2.16]

Auch Ulinai besann sich darauf wieso sie zum Tempel des Stillen Gottes gekommen war. Tief in Gedanken versunken wiederholte sie im Geiste die Gebete, die ihr die Boron-Geweihte Boriane Siebenberg einst gelehrt hatte, um ihren gemütskranken Geist zu stärken und ihn zu fokussieren. [Richtwald(Ulinai Timerlain von Vairningen)25.02.16]

Die Beichte des Herrn Hane

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Nach der Predigt konnte man den Blondschopf Hanes durch die Menge schreiten sehen. Er hatte nicht vor, sich unter die ausgelassen feiernden Kämpferinnen und Soldaten zu mischen. Vielmehr schritt er zielstrebig zu einem großen, spitz zulaufenden Zelt, neben dem ein 2-achsiger Planwagen abgestellt war. Um zwei Pferde, die wohl die traurige Pflicht hatten, den Wagen in den Osten zu ziehen, kümmerte sich in diesem Moment ein Mädchen von vielleicht 12 Götterläufen. Blonde Haare hatte sie unter einer Kappe in Sicherheit gebracht; schmerzhaft hatte sie lernen müssen, dass Zauberversuche mit kleinen Flammen aus den Händen und lange Haare nicht gut zueinander passen. Sie trug ein einfaches, hellgraues Gewand, welches ihr bis zu den Knien reichte. Während sie die Pferde striegelte, konnte man sie mit verbissenem Gesichtsausdruck und vor Konzentration nach oben gezogener Nasenspitze murmeln hören: „Honeste vivere, neminem laedere, suum cuique tribuere“, was sie stets wiederholte und sich dabei immer wieder korrigieren musste.

Hane schritt auf das Mädchen zu, musste schmunzeln und lies seinen Blick suchend zum Zelt schweifen. Eigentlich musste er das Zelt ja Jurte nennen hatte ihn seine Frau belehrt. Die Art Zeltbau stammte von ihren nivesischen Wurzeln und hatte durchaus praktische Vorteile – auch wenn sich diese ihm noch nicht erschlossen hatten. Aber der Zeltbau war nun wirklich nicht das Gebiet, in dem er sich mit seiner Frau auf Diskussionen einlassen wollte. Da gab es drängendere Themen. Als hätte sie seine Anwesenheit gespürt, trat Turi in diesem Moment aus dem Zelt, nein, der Jurte, das Gesicht mit einem Lächeln verziert als sie ihren Mann erblickte. „Na mein Goldjunge, hast du die guten Nordmärker wieder mal aufgebracht? Ich warte ja immer noch auf den Tag, an dem sie dich mit Steinen von der Kanzel jagen, weil ihnen dein, wie nennst du es, branibonisches Gedankengut, zu weit geht.“ Sie trat dabei ganz nah an den Praiosgeweihten heran, dessen Gesicht von einer normalen Hautfarbe zu einem dunklem Rot wechselte. Vom den Pferden her konnte man ein nur unvollständig unterdrücktes Lachen hören, welches schnell wieder in „Honeste vivere….“ überging. Schnaubend erwiderte Hane: „Turi, du sollst mich doch nicht so nennen, wie oft muss ich das Dir noch sagen? Lass es bitte sein, sonst muss ich auch mal öfters den einen oder anderen Spitznamen für Dich in der Öffentlichkeit herausheulen“ Er gab ihr einen schnellen Kuss auf die Nasenspitze bevor er fortfuhr: „Die Predigt war eingängig, hoffe ich, zumindest flogen keine Steine. Nun ja, so manch erbostes Gesicht habe ich schon gesehen, aber noch scheine ich nicht ketzerisch genug für meinen Bruder zu sein, wieso sollte er mich sonst immer wieder predigen lassen?“

Er setzte sich auf eine Kiste, streckte die Beine von sich und seufzte wohlig. „Ich bin ja so froh über den Wagen, meine Füße würden die Strecke nicht noch einmal auf Schuster Rappen überleben, sondern spätestens bei Gallys schon abgefallen sein. Sag, hast Du Dir das mit Maire wirklich gut überlegt? Noch können wir sie nach Elenvina zu Reo zurückschicken. Soll sie doch auf unser Kind aufpassen bis wir wieder hier sind. Ich weiß, du musst an die Lehrzeit unter Reo Lassan denken, möge er in Frieden ruhen ohne gleich Hesindes Hain anzuzünden, aber sie“ er deutete mit einem Nicken auf Maire, die den Pferden gerade Wassereimer und Hafersack herrichtete, „sie müssen wir dem nicht aussetzen, oder? Denke bitte daran, wie sehr es UNS mitgenommen hat, dort zu kämpfen! Denk dran, was es mit einem KIND anstellen wird…“

Turi hatte schon in den Augen ihres Mannes gesehen, dass er wieder einmal mit einem schwerwiegenden Gedanken schwanger ging, und verschränkte die Arme während er sprach vor der Brust. Es sah nicht nur trotzig aus, sollte auch genauso bei Hane ankommen. „Ja, wir nehmen sie mit. Es wird keine bessere Lehrzeit für sie geben. Im Gegensatz zu uns wird sie mit einem Triumpf und Sieg in die Heimat zurückkehren. Basta! Lass uns diese Diskussion bitte nicht erneut führen, das hat uns schon zu viele Nächte gekostet, die wir auch hätten durchaus anders verbringen können.“ Ein Seufzen entrang erneut Hanes Brust, als er resigniert die Hände im Schoß faltete. „Ich musste es wenigstens noch einmal versuchen. Das war ich zumindest ihrer Mutter schuldig. Ich nehme an, wir werden sie hier wiedersehen. Wir sollten es ihr schnell sagen, bevor sie es noch von jemand anderen erfährt.“ Daraufhin erhob sich der blonde Praiosgeweihte, klopfte sich kurz die Robe glatt, gab seiner Frau noch einen Kuss um dann im Heerlager nach Loriann Varaldyn von Reussenstein aufzusuchen. Dass er ihr sagen musste, dass ihre Tochter mit in die Schattenlande reisen würde, war wahrlich nichts, worauf er sich freute. Aber Maire war die Schülerin seiner Frau, weshalb ihr in diesen Fragen die Verantwortung der Entscheidung oblag.

*

Hane ging über den Zeltplatz auf der Suche nach der Firnholzerin. Er hatte ihr eine Nachricht zu überbringen, die, wenn sie ihm als jungen Vater überbracht worden wäre, ihn zur Weißglut getrieben hätte. Er überlegte hin und her, welches die passenden Worte wären, während er sich durch das Lager fragte. Hin und wieder hob er segnend die Hände und sprach ein kurzes Gebet, wenn er darum gebeten wurde.

Bei Lorianns Zelt angekommen, fand er sie an einem Feuer stehend vor, wo sie sich mit mehreren Kämpfern aus dem Firnholz'schen unterhielt. Hane trat zu der Gruppe hinzu und grüßte freundlich: „Praios und seine himmlischen Geschwister mögen euren Weg behüten. Seid gegrüßt, Firnholzer. Wohlgeboren von Reussenstein, wenn es sich einrichten ließe, würde ich gern einige Worte mit euch wechseln.“

"Euer Ehrwürden!" Loriann schenkte dem Praiosgeweihten ein erfreutes Lächeln und nickte würdevoll. Sie hatte sich nichts zuschulden kommen lassen, noch wusste sie keinen Grund, beim Besuch des ihr bekannten Gottesdieners nicht erfreut zu sein. Im Gegenteil. Sie fühlte sich geehrt über sein Hiersein - hatte Seine Ehrwürden Hane von Ibenburg-Luring, der diesen Zug als Feldkaplan und damit als oberster Götterdiener der Praioskirche begleiten würde, sicherlich massig anderes zu tun, als Freundschaftsbesuche zu unternehmen. Die anderen taten es vor dem Geweihten ähnlich, senkten ihren Kopf, einige erstarrten regelrecht ehrfürchtig, doch da allein die Adlige angesprochen war, hielten sich die Kämpfer aus einfachen Verhältnissen höflichst zurück. "Natürlich." antwortete die Junkerin vom Reussenstein und verabschiedete sich aus der Runde, was mit zuvorkommender Zustimmung still quittiert wurde. Loriann trat aus dem Feuerschein auf den Ibenburger zu. Sie trug einen einfachen Waffenrock aus dunklem Rot auf der einen und einem ebenfalls gedeckten Geldton auf der anderen Seite. Rechts auf dessen gelber Seite schmiegte sich das Wappentier, ein aufrechtstehender wehrhafter Bär um ihre weibliche Hüfte, die sie mit einem Langgürtel umbunden trug. Waffen hatte die Kriegerin keine an sich, der Waffenrock war das einzige Zeichen ihres Standes. [Tanja(Loriann) 1.3.16]

Hane verwunderte es nicht, denn er hatte die Junkerin bislang als sehr volksnah und umgänglich erlebt.

Nur ihr Essmesser, mit dem sie gerade eben noch Stücke von einem Apfel abgeschnitten hatte, steckte sie just zurück in die Scheide, die an ihrem Gürtel hing und warf die so malträtierte Frucht auf ihrem Weg zu dem Geweihten neckisch einem der Soldaten zu. Noch während die beiden Adligen im Begriff waren einige Schritte vom Feuer fort zu gehen: "Euer Wohlgeboren Ehrwürden, eure Predigt heute hat mir wieder einmal gefallen, wenn ich das sagen darf. Aber deshalb werdet ihr nicht hier sein. Also wie kann ich euch dienen?" sprach sie den Ziehvater ihrer Tochter an. Loriann lächelte.

Noch. Hane war sich sehr sicher, dass ihr das Lächeln in wenigen Momenten sehr gründlich vergehen würde. Kurz blickte er sich um, wie um einen kurzen Augenblick lang zu schauen, ob potentielle 'Verbündete' in der Nähe wären. Er wusste aber, dass er dieses Vorhaben alleine angehen musste. Innerlich seufzend gab er daher auf und lief mit der Adligen einige Schritte von ihren Bewaffneten weg.

„Loriann," sprach er sie informell an, da sie sich kannten. "Ich muss euch etwas mitteilen von dem ich weiß, dass es euch nicht gefallen wird. Schlechte Nachrichten sind wie faules Obst, umso länger man sie hinauszögert, desto schlimmer werden sie. Verzeiht mir also bitte meine Direktheit.“ Er holte tief Luft, dass sich sein Brustkorb unter seinem goldfunkelnden Kettenhemd merklich spannte und selbiges leise rasselte, blieb stehen und blickte der Reussensteinerin in die Augen.

'Schlechte Nachrichten?' - Loriann blieb ebenfalls stehen und ihr Lächeln hatte sich in Skepsis aufgelöst. "Sprecht." kam es trocken über ihre Lippen, noch während der Geweihte die Luft anhielt, ehe sie mit sorgenvoller Miene entwich: “Meine Frau hat beschlossen, Maire mit auf den Feldzug zu nehmen, um ihr die Wege und Künste der Magie im Feindesland und unter den Eindrücken eines Krieges intensiver vermitteln zu können."

"Bitte WAS?!?" Loriann glaubte, nicht richtig zu hören. Ihr entglitt das Gesicht und sie griff instinktgesteuert dorthin, wo sie jetzt gerne ihre Waffe gespürt hätte. Vielleicht sogar, um sie zu ziehen. Nein, sie musste sich verhört haben! Daher schüttelte, während der Geweihte weitersprach ungläubig den Kopf.

"Glaubt mir, wenn ich euch sage, dass wir darüber lange und ausführlich diskutiert haben. Als Maires Lehrmeisterin ist es jedoch Turis Recht, zu entscheiden, wie sie die Ausbildung Eurer Tochter vornehmen möchte.“ Hane ließ die wenige restliche Luft, die noch vom vorherigen Einatmen übrig war, vollständig entweichen, denn während seiner 'Beichte' hatte er nicht zu atmen gewagt. Innerlich froh, es hinter nun sich gebracht zu haben konnte er neu Atem holen. Er wappnete sich gegen das, was nun kommen mochte, mit vollstem Verständnis für die Mutter, die da vor ihm stand.

Die Junkerin rang mit der Fassung. "Ihr …RECHT?" brach es aus ihr heraus und der Elenviner Geweihte konnte sehr sehen, dass er es mit seinem Unbehagen nicht übertrieben hatte. Allzu deutlich stand Abscheu und Schrecken und ja, auch Wut, in dem Gesicht der blonden Kriegerin, die immer noch mit dem Kopf schüttelte, aber wohl nur deswegen, weil er ihr den Boden unter den Füßen fortgerissen hatte und sie nun nach Halt suchte. Oder nach was auch immer. Vielleicht nach einer Möglichkeit, ihre Entrüstung nicht entgegen ihrer guten Erziehung und dem Respekt gegenüber dem Götterdiener in die falschen Bahnen zu lenken. Ihre Worte waren trotz allem unverkennbar scharf: "Eure GEMAHLIN, Ehrwürden…" Loriann spieh das Wort angewidert aus und sie verschloss ihre Seelentore durch Zusammenkneifen ihrer Augenlider. "…hat ÜBERHAUPT KEIN RECHT! Nicht, wenn es MEINE TOCHTER betrifft! Mag sie Maires Lehrmeisterin sein oder Kindsfrau, vielleicht auch so was wie ihre Ziehmutter, aber es steht ihr nicht frei, zu entscheiden, ob sie MEIN KIND in den TOD führt, ganz gleich, welches hehre Ziel sie damit verfolgt! …Wer glaubt sie, wer sie ist?!"
Loriann war es egal, ob ihr Gespräch ab diesem Zeitpunkt nun Zuhörer fand. Sie hatte nicht vor, diese Neuigkeit stillschweigend hinzunehmen.

Ihre Hände zitterten, ihr Herz raste und innerlich wie auch äußerlich bebte sie. Wenn es nach der Magistra ging, sollte Maire also mit in den Krieg. Fürchterliches Schlachten zu beiden Seiten und inmitten der Blutströme Maire, ihre kleine Maire? Maire, ihr Kind, ihr Liebstes, und das einzige was ihr noch von ihrem wundervollen alten Leben auf Waldersbach geblieben war und die sie bis gerade eben noch wohl in Elenvina verwahrt geglaubt hatte. Maire. Ihr eigen Fleisch und Blut, für die sie so viele Opfer erbracht hatte. Nein - sie würde nicht zulassen, dass dieses Kind, IHR Kind, selbst auch zum Opfer würde. Nein, nein, nein! Dies würde nicht geschehen, nicht solange Lorianns Herz schlug.

Ein Gedanke blitzte in ihrem verwundeten Blick auf. "Sind sie hier? - Ehrwürden, führt mich hin! Jetzt gleich!" Und sie stapfte schon ein paar Schritte, ehe sie sich besann und sich etwas hilflos nach dem Geweihten umdrehte, dem sie die Führung überlassen musste, weil sie nicht wusste, wo in diesem großen Lager sich das Zelt des Geweihten und der Magistra befand.

In der Zwischenzeit suchte Praiosind von Schleiffenröchte, ebenfalls ein Diener des Herrn Praios, nach seiner Ehrwürden Hane von Ibenburg-Luring. Zwar hatte der erst kürzlich angereiste Praiot der Predigt Hanes noch lauschen können, den Gesuchten jedoch im Trubel danach aus den Augen verloren. Seit nun gut einer Stunde irrte daher Praiosind über den Zeltplatz, als er die laute Stimme einer Frau hörte, die einen ‚Ehrwürden‘ angiftete. Zwischen den Zelten hindurch konnte er schließlich ein golden glänzendes Kettenhemd sowie ein Sonnenzepter erspähen und schloss daraus, den Gesuchten gefunden zu haben.

Hane deutete mit seiner Rechten in die Richtung, in der er die Jurte seiner Frau vermutete und lief, gemeinsam mit einer wutschnaubenden Kriegerin in einem rotgelben Wappenrock just in Richtung des Herrn von Schleiffenröchte.

Praiosind von Schleiffenröchte war erleichtert, den Feldkaplan endlich in diesem für ihn nur schwer durchschaubaren Gewimmel von Gerüsteten gefunden zu haben. Er nahm zwar wahr, dass dieser sich in einem – offenbar alles andere als einfachen – Gespräch befand, war aber entschlossen, Hane von Ibenburg-Luring nicht erneut zu verpassen. Also setzte er sich zügig in seine Richtung in Bewegung, die braun-grünen Augen fest auf dessen Gestalt geheftet.

Für einen Moment dachte er, dass das Glück ihm nun hold zu sein schien, denn Hane kam – in Begleitung seiner Gesprächspartnerin – genau auf ihn zu. Dann jedoch bemerkte er die sprichwörtliche Gewitterwolke über dem Kopf der Frau und war sich nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee war, jetzt deren Weg zu kreuzen. Doch er atmete einmal tief durch, straffte sich und hielt weiter auf die beiden zu. ‚Nun denn, ich werde mich davon sicherlich nicht verschrecken lassen.‘

Als er eine angebrachte Distanz erreicht hatte, sprach Praiosind seinen neuen Vorgesetzten mit kräftiger Stimme, aber in respektvollem Tone an: „Euer Ehrwürden! Praiosind von Schleiffenröchte. Dürfte ich Euch sprechen, sobald Ihr einen Moment erübrigen könnt?“ Er verneigte sich kurz vor beiden. (Maren [Praiosind], 04.03.2016)

Er war überrascht. Positiv überrascht. ‚Danke Oh Herr! Danke für diesen Mann, der zur rechten Zeit am rechten Ort erscheint.‘ Schnell blieb Ehrwürden von Ibenburg-Luring stehen, machte noch einen raschen Schritt zur Seite, da er nicht davon ausging, dass die Mutter seiner Ziehtochter beizeiten stehen blieb. Ziehtochter! Hier war er von sich selbst überrascht. Das Mädchen lebte jetzt seit gut einem Jahr mit seiner Frau, seinem Sohn, dem kleinem Reo, und ihm unter einem Dach und war ihm, wie er just in diesem Moment feststellte, nicht nur dem Wort nach eine Tochter geworden. Nein, er fühlte sich auch gleichermaßen verantwortlich für sie, als wäre sie sein eigen Fleisch und Blut. Ja, er zählte sie zu seiner Familie, sah in ihr nicht nur eine Studiosi seiner Frau. Die Erkenntnis sog ihm das Blut aus dem Gesicht. ‚Oh, Herr, wie gut kann ich Loriann verstehen, ja mich in sie hineinversetzen und beinahe ihre Gedanken lesen und ihr Herz schreien hören. Erleuchte meinen Weg.‘ Er brauchte einige Momente, in denen er einfach nur dastand und seinen Gefühlen nachhing, sie erforschte und weiter ergründen wollte. Dann erinnerte er sich an Praiosind von Schleiffenröchte, den Diener seines Herrn, den ihm aus Elenvina bekannt war. Und an die wutschnaubende Loriann, die in diesem Moment neben ihm in sein Blickfeld trat, nachdem sie dem zweiten Geweihten ein zerknirschtes, um Höflichkeit bemühtes „Euer Gnaden,“ entgegengeworfen hatte, kurz bevor sie offensichtlich verärgert stehenblieb und sogar ein paar Schritte zurückkam, weil auch ihr Führer, der Ibenburger, aufgehört hatte zu gehen.

Währenddessen musterte Praiosind den Feldkaplan, irritiert von seinem Gebaren. Er hielt es jedoch für das Beste, schweigend abzuwarten, antwortete aber natürlich dessen Begleiterin: „Praios zum Gruße.“

Hanes Gedanken rasten. Dann sah er in vielleicht 50 Schritt Entfernung, etwas, das ihn frohlocken ließ. Das silbrige Leuchten eines Gardianum-Schutzzaubers. Der Größe der Kuppel nach zu urteilen musste dieser Zauber von seiner Frau stammen. Stand dieser also mal wieder auf dem Lehrplan. Und tatsächlich. Während er noch die Spitze seiner Jurte ausfindig zu machen versuchte, konnte er zwischen den Zelten hindurch eine weitere, kleinere Kuppel aufblitzen sehen.

Praiosind folgte mit den Augen dem plötzlich so erfreuten Blick seines neuen Vorgesetzten, obwohl er sich dazu nahezu umdrehen musste – und zog die Brauen zusammen. Auch er erkannte das silbrige Leuchten als angewandte Magie. ‚Was, bitte, soll daran erfreulich sein?‘ Praiosind wusste natürlich, dass sich auch Magier unter den Anwesenden befanden, hielt es jedoch für gänzlich unnötig und deshalb für eigentlich sträflich, jetzt schon Magie anzuwenden.

Ruckartig drehte er seinen Kopf, um die Augen der Reussensteinerin einzufangen. „Loriann, seht dort, dort wo es jetzt zweifach silbern leuchtet, dort findet ihr meine Frau und ihre Schülerin bei ihren Übungen. Geht bitte voraus, ich folge sogleich.“

Loriann warf den Blick in die angegebene Richtung, beiden Geweihten noch einen selbigen zu, dem Neuankömmling sogar ein kurzes Nicken, und machte sich davon.

‚Ach, richtig…‘, erinnerte sich Praiosind, während er seinen Blick wieder auf Hane richtete. ‚Er ist ja mit einer Magierin verheiratet…‘ Er gab sich Mühe, diesen Gedanken sogleich wieder beiseite zu schieben, und nickte der Davonstapfenden ebenfalls kurz zu.

Als die Mutter seiner Ziehtochter zu seinem Zelt stapfte, wendete sich Hane Praiosind zu, wobei er deutlich hörbar die Luft aus seinen Lungen entweichen ließ. Erneut brachte dies sein goldenes Kettenhemd zu klirren – ein Umstand, den er sich ärgerlich merkte, um mit einem Schmied darüber zu sprechen.

„Der Segen unseres Herrn sei mit euch, euer Gnaden Praiosind. Bitte, begleitet mich zu meinem Zelt, dort kann ich euch eine Erfrischung anbieten.“ Kopfschüttelnd fügte er hinzu: „Und euch wohl auch eine höchst spannende Lehrstunde zwischenmenschlicher Konflikte ermöglichen. Auch wenn ihr mich wahrscheinlich nicht zur Vertiefung eurer Kenntnisse der menschlichen Seele aufgesucht habt.“

Hane deutete Praiosind, ihn zu begleiten. „Sagt, was kann ich für euch tun?“ [Chris(Hane)06.03.2016]

„So auch mit Euch, Ehrwürden“, entgegnete Praiosind etwas steif. ‚Großartig… So viel dazu, nicht darüber nachzudenken, dass er mit einer Magierin zusammenlebt…‘ Dann schalt er sich selbst über seine Unhöflichkeit – fand sie auch nur in seinen Gedanken statt - und neigte für einen Moment das Haupt. „Nun, ich danke Euch jedenfalls für die Einladung.“ Praiosind schloss sich Hane an und erklärte im Gehen: „Ich bin erst vor kurzem hier eingetroffen – man hat mich in Eure Dienste gestellt, Ehrwürden. Und so wollte ich bei Euch als meinem neuen Vorgesetzten vorstellig werden.“ (Maren [Praiosind], 07.03.2016)

Hane blickte mit Erstaunen in den Augen den anderen Geweihten an. „Wie, in meine Dienste gestellt? Darüber wurde ich nicht informiert.“ Mit einem kurzen Seitenblick vergewisserte er sich davon, dass Loriann seiner Frau noch nicht den Kopf herunterriss, bevor er sich erneut Praiosind zuwendete. Er lachte kurz, schüttelte den Kopf ob der schon klassischen Ineffizienz seiner Kirche in Kriegsdingen und fuhr mit warmer Stimme, die sein Lachen transportierte, fort. „Nun, wie dem auch sei, ich freue mich darauf, mit euch zusammenarbeiten zu können. Erzählt mir doch ein wenig von euch, wieso wollt ihr Praios‘ Wort in den Osten tragen? Ihr begleitet uns doch auch über Gallys hinaus in den Krieg? Wo ich es gerade erwähne, seid ihr im Kampf geschult oder bleibt ihr in den hinteren Reihen, wenn es gegen den Feind geht?“ [Chris(Hane)07.03.16]

Praiosind hob leicht beide Brauen, als Hane ihm eröffnete, er sei nicht informiert worden. Aber immerhin nahm der Feldkaplan ihn dennoch positiv auf und so gab es auch für ihn keinen Grund, weiter auf diesem Umstand herumzureiten. „Sehr freundlich, Ehrwürden. Ich bin froh darüber, mit Euch einen Vorgesetzten zu bekommen, der…“ – Praiosind ließ den Blick kurz über all die Zelte und Krieger schweifen – „in solchen Angelegenheiten über einen nicht geringen Erfahrungsschatz verfügt. Allerdings habe ich vor, diesen Weg zur Gänze zu gehen. Und wohin könnte es nötiger sein das Licht des Herrn zu tragen, denn an jenen dunklen Ort?“, erklärt er mit großem Ernst, muss dann jedoch zugeben: „Ich kann mich meiner Haut erwehren, doch ein Krieger bin ich nicht. Nützlicher bin ich also vermutlich in den hinteren Reihen.“ (Maren [Praiosind], 08.03.2016)

„Gegen die Feinde, denen wir als Geweihte uns entgegenstellen müssen, wird kaum eine Waffenkunst helfen. Wir müssen als leuchtende Beispiele vorangehen und den Mut derer stärken, die ansonsten durch die jenseitigen Wesenheiten in die Flucht getrieben werden. Wir werden, wenn es in die Schlacht geht, also genau beobachten, welche Gegner sich unseren Truppen entgegenstellen und flexibel, je nach Situation, reagieren. Sagt, welche Liturgien hat man euch beigebracht? Vermögt ihr es, die goldene Rüstung des Herrn um euch zu legen oder des Herrn Praios güldenen Bannstrahl aus Alveran auf Dämonen herab zu beschwören?

Auf jeden Fall müssen wir uns um die Moral der Menschen, deren Mut und Entschlossenheit kümmern, bereits jetzt schon, wenn die Schlacht noch fern ist. Wenn ihr genau den Gesprächen der Soldaten beim Würfeln, saufen und essen zuhört, werde ihr feststelle, bei wem sich die Angst jetzt schon in deren Seelen festfrisst. Und ich möchte, dass ihr genau dies tut. Geht durchs Lager und hört ihnen Menschen zu. Und wenn ihr die Angst wahrnehmt, die finstere, dunkle Angst in den Herzen der Menschen, dann bringt das Licht unseres Herrn Praios zu ihnen.“ [Chris(Hane)09.03.2016]

Praiosind hörte Hane aufmerksam zu und nickte zu seinen Worten, entschlossen, sie sich zu Herzen zu nehmen. Auf die Frage nach seinen Fähigkeiten, antwortete er ehrlich: „Einen Bannstrahl vermag ich nicht herab zu beschwören. Die goldene Rüstung um mich zu legen, hat man mich hingegen gelehrt. Ebenso ein göttliches Zeichen unseres Herrn zu erbitten, um den Mut der Unsrigen zu stärken. Und zumindest einen Blendstrahl vermag ich aus Alveran herabzurufen.“

Praiosind ließ Hanes Anweisungen einen Moment auf sich wirken und sein Blick wanderte kurz in die Ferne. Er begriff, dass die Moral ihrer Truppen ein wichtiger Faktor war und ahnte, dass sie einer schweren Probe unterzogen werden würde. Er blickte Hane fest in die Augen und nickte erneut – knapp, aber mit dem Leuchten des Eifers in seinem Blick. „Das werde ich, Ehrwürden.“ Sein Blick glitt noch einmal kurz über seine Umgebung – fast so, als würde er schon nach einem Ort suchen, an dem er mit dieser Aufgabe beginnen konnte – bevor er zu Hane zurückkehrte. Schließlich sollte er besser zuvor herausfinden, ob er damit entlassen war oder der ältere Geweihte noch weiter mit ihm zu sprechen wünschte. (Maren [Praiosind], 11.03.2016)

„Solltet ihr keine Fragen mehr an mich haben, dürft ihr euch an eure Aufgabe begeben. Die Andachten des Tageslaufs möchte ich mit euch gemeinsam abhalten. Ich freue mich sehr darauf, eure erste Predigt zu hören. Habt ihr einen bevorzugten Stil? Und bevor ich es vergesse, wo werdet ihr schlafen? Habt ihr ein Zelt?“ Mit Sorge im Blick lauschte Hane derweil der Konfrontation zwischen seiner Frau und Turi, bereit, einzugreifen sollte es die Situation erfordern. Die Anspannung war seinem Gesicht anzusehen, er kniff die Augen leicht zusammen und neigte den Kopf zum Ursprung des lauter werdenden Gesprächs. [Chris(Hane)14.3.16]

Praiosind verneigte sich leicht – Fragen hatte er im Moment nicht mehr – verharrte dann aber natürlich, als Hane seinerseits noch einiges von ihm wissen wollte. „Sehr gern“, antwortete er, ehrlich erfreut darüber, so gut mit eingebunden zu werden. Auf die Frage nach einem bevorzugten Stil hob er leicht die Augenbrauen. Er beantwortete jedoch zunächst die einfachere Frage: Ich besitze in der Tat ein Zelt. Ebenso ein Reitpferd.“ Sein blick ging ebenfalls in Richtung der Streitenden. „Ich werde also niemandem zur Last fallen. Was haltet ihr davon, wenn ich mein Zelt jeweils in einem anderen Teil des Lagers aufschlage als Ihr? So wären wir präsenter.“ Praiosind suchte wieder Hanes Blick und erklärte dann: „Und ich würde nicht sagen, dass ich in einem bestimmten Stil predige – ich versuche stets, die Botschaft unseres Herrn und die Lehren unserer Kirche so wahrhaftig und überzeugend zu verkünden, wie es mir möglich ist. Sicherlich gilt es dabei, sich der jeweiligen Situation ein wenig anzupassen“ – erneut ließ er seinen Blick über das Heerlager schweifen. ‚Wie ich mich an diese Situation anpasse, muss ich allerdings erst herausfinden. Möge der Herr mich leiten…‘ (Maren [Praiosind], 19.03.2016)

Hane dachte einen kurzen Moment über den Vorschlag Praiosinds nach, sein Zelt an einem anderen Ort aufzustellen. „Ehrwürden Praiosind, ich würde es bevorzugen, euch in meiner Nähe zu wissen. Einigkeit ist in den kommenden, gefährlichen und düsteren Zeiten die vor uns liegen, dringend Erforderlich. Sei es, uns gemeinsam finsteren Kräften des Feindes entgegen zu stellen oder aber auch nur um uns kurzfristig über wichtige Fragen abzustimmen.

Praiosind senkte kurz den Blick, die Lippen zusammengepresst. Er hatte wirklich vermeiden wollen, sein Lager ausgerechnet neben einer Magierin aufzuschlagen. Und er war sich nicht sicher, ob die Tatsache, dass sie die Frau seines Vorgesetzten war, es unbedingt besser machte. Es machte die Angelegenheit sicher vor allem komplizierter.

„Wisst Ihr - “ Der ältere Geweihte stockte kurz, schmunzelte, als ob er über etwas Lustiges lachen musste, dass nur er verstehen konnte, und fuhr dann mit einem, an diesem Ort beinahe unpassenden Lachen fort. „- entschuldigt bitte vielmals. Wisst ihr, es ist eine neue Situation für mich, auf einmal für einen weiteren Diener unseres Herrn Verantwortung zu tragen. Bisher konnte ich mein Leben im Dienste des Herrn überwiegend derart gestalten, wie ich es, natürlich gemäß den Grundsätzen unserer Kirchenführung, für richtig erachtete. Mich nun mit einem weiteren Geweihten gemeinsam den Aufgaben unserer Kirche zu stellen ist, sagen wir es so, eine spannende Herausforderung.“

Die Erheiterung Hanes ließ Praiosind wieder aufblicken, die Augenbrauen leicht gerunzelt. Dieser Mann irritierte ihn. Er war an straffe Führung gewöhnt – schon von Kindesbeinen an – und war selbst recht traditionell eingestellt. Sein neuer Vorgesetzter schien eher an Kooperation denn an Hierarchie interessiert zu sein und das hatte Praiosind nicht erwartet. ‚Nun gut, er sagt ja selbst, er hat darin keine Erfahrung…‘ der jüngere Geweihte nickte ernst und entgegnete: „Mir scheint, als könnten wir beide aus dieser Erfahrung Lehren ziehen.“

Hane wurde wieder ernster, als er auf einen weiteren, dunkleren Aspekt der kommenden Tage einging: „Ich möchte euch auch, als ein weiterer Mensch für den ich verantwortlich sein werde, gerne in meiner Nähe wissen. Ich war in den verlorenen Landen, ich weiß was uns droht und, vor allem, wie schnell ein Leben beendet sein kann. Mit nahezu unglaublicher Leichtigkeit vermögen es die Diener der Jenseitigen Herrn der Niederhöllen einem Mann zu zerfetzen, zu zerfleischen oder ihm gar die Seele aus dem Leib zu reißen. Ihre bloße Erscheinung reicht aus, um gestandene Soldaten vor Wahnsinn und Furcht fliehen zu lassen. Nachdem sie sich die Augen ausgerissen oder einen Dolch in die Ohren gerammt haben. Es… ich…. wir…..“ Hane fing an zu stammeln, die aufgelöste Stimmung, in der er noch vor wenigen Momenten scherzte, war verflogen. Sein Gesicht wurde bleich, die Augen erschlossen und abwesend, es schien so, als ob sich Tränen den Weg bahnten. „Das Grauen ist unvorstellbar. Meine Frau und ich, wir waren am Wall als der Sphärenschänder tanzte. Wir waren im Lazarett, als Haffax mit seinen Garden die Reichstruppen Emers hinwegfegte. Wir kämpften vor Perainefurten im Dreck, in Gräben und Häusern, jederzeit auf Angriffe von Finsterkutten mit Peitschen, Irrhalken ausglühenden Feuerleibern oder albtraumbringenden Fratzen vorbereitet. Und schließlich mussten wir feststellen, dass man sich nie, niemals vorbereiten kann auf, dass, was aus der finsteren Nacht kommt. Das überlebt Ihr nur, wenn Ihr dem neben euch vertraut. Blind und bedingungslos.“ Hane schaute Praiosind drängend und ernst tief in die Augen und legte ihm die rechte Hand auf die Schulter. „Ich will Euch wieder zurück bringen in eure Heimat. Heil an Körper und Geist. Das geht nicht, wenn ich Euch erst in Eurem Zelt auf der anderen Seite des Lagers suchen muss. Heute Nacht ist es egal, wo Ihr nächtigt, aber in Gallys möchte ich, dass Ihr Euer Zelt nahe dem unserem aufbaut.“ Er nahm die Hand wieder von der Schulter des Jüngeren und trat einen Schritt zurück. Nachdem er einmal tief ein- und ausgeatmet hatte, wurde sein Gesicht wieder gefasst, die Augen wieder zuversichtlicher als noch vor wenigen Momenten. „Und ich wünsche, dass Ihr am ersten Morgen nach unserer Ankunft in Gallys die Morgenandacht haltet.“ [Chris(Hane)20.03.2016]

Praiosind bekam den Eindruck, dass sich Hane das alles von der Seele reden musste. Also unterbrach er ihn nicht in dieser emotionalen Aufzählung all der Schrecken, die er schon erblicken musste, und natürlich ging dies nicht gänzlich an ihm vorbei. Er versuchte, sich vorzustellen, was sie in Mendena erwarten mochte, vermutete aber, dass es ihm nur unzureichend gelang. Er würde es erleben müssen, um es wirklich erfassen zu können.

‚Blindes Vertrauen‘, wiederholte Praiosind in Gedanken und wusste nicht, ob er dazu in der Lage sein würde. Gehorsam zu leisten, daran war er gewöhnt. Doch Vertrauen musste er erst aufbauen. Gerade in diesen Mann, der offenbar weniger Gehorsam forderte als er Verständ-nis suchte und ausgerechnet eine Magierin zur Frau genommen hatte. ‚Aber setzt nicht Gehorsam auch Vertrauen voraus? Vertrauen darauf, dass der Herr uns beide an die richtige Stelle gesetzt hat?‘, fragte er sich und atmete einmal tief durch, während Hane ihm die Hand auf die Schulter legte. ‚Komm schon‘, schalt er sich selbst. ‚Schwerere Aufgaben liegen vor dir, als eine Magierin als Nachbarin zu ertragen und Vertrauen zu deinem neuen Vorgesetzten zu fassen. Also fang besser gleich damit an!‘

Praiosind hörte auch Hanes letzte Worte mit ernstem Gesichtsausdruck an, holte dann tief Luft und sagte, wenn auch etwas steif: „Ich danke Euch, Ehrwürden, dass Ihr mir Eure Gründe so deutlich dargelegt habt. Da ich mein Zelt noch nirgends aufgebaut habe, sehe ich keinen Grund, es nicht schon heute in Eurer Nähe zu tun. Ich werde sogleich mein Pferd holen gehen. Und in Gallys die Morgenandacht halten zu dürfen, wäre mir eine Ehre.“ Er verneigte sich erneut leicht vor Hane. (Maren [Praiosind], 22.03.2016

Stolz und Mutterlieb

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Es war ihr sicherlich selbst am allerwenigsten aufgefallen, aber die Entschlossenheit, mit der sich die Junkerin vom Reussenstein auf dem Weg zu den glänzenden Kuppeln durch die Zeltstadt gebahnt hatte, war nur ein Grund gewesen, warum sich ihr niemand in den Weg hatte stellen wollen. Ein anderer, viel offensichtlicher Grund war, dass die Zelte immer weniger dicht standen, umso näher sie dem Lagerplatz des Feldkaplans und seiner magisch begabten Angetrauten kam. Als Loriann hinter der letzten Reihe Zelte hervortrat, war klar, warum: nicht nur das runde, ausladende Zelt, das mit seiner Holztür und dem spitzen Dach beinahe an eine kleine Hütte erinnerte, brauchte Platz. Auch die Fläche, auf der gezaubert wurde, vereinnahmte etliche Schritt Durchmesser Wiese für sich. Daneben stand, in trauter Harmonie und beinahe als Kontrast zu dem unsteten Madastrom, ein geschlossener kleiner vierrädriger Wagen neben der Behausung, drei Pferde grasten an einer langen Leine, die an einer Ecke des Wagens angebracht war, auf einer weiteren Leine zwischen Unterkunft und Wagen war Wäsche aufgehängt.

Loriann musste unwillkürlich lächeln, als sie ihre Tochter sah. Das Mädchen vollführte mit einem kleinen Abbild des Magierstabs seiner Lehrmeisterin genau die gleichen Bewegungen wie die Magistra neben ihr. Gerade schien die Nivesin die Armhaltung des Mädchens zu korrigieren. Wie groß sie doch geworden ist. Loriann hatte nicht gedacht, ihre Tochter so schnell wieder zu sehen und sah sich just an den schmerzlichen Moment des Abschieds erinnert, der, so kam es ihr vor, noch gar nicht so lange zurücklag, obwohl es einige Monde her war, aber der in ihr wieder das Gefühl von Zerrissenheit und ja, auch Schuldgefühle hervorholte. Diese gepaart mit der Wut, die sie empfand, ließen ihr Lächeln erlöschen. In der Obhut DIESER Frau hatte sie ihr liebstes Kind zurückgelassen, in der tröstenden – aber wie es nun aussah: verblendeten – Hoffnung, Maire in Sicherheit zu wissen. Diese Frau, die gerade bemängelte, dass Lorianns Tochter das Stäbchen in ihren Händen nicht zu ihrer Zufriedenheit schwang.

„MAGISTRA!“ tönte Lorianns Stimme mit der Gewalt einer Truppenführerin über den Platz. Und wieder war es ihr herzlich egal, ob und wer sie dabei hörte, wenn nur Turi es tat. „Auf ein Wort. JETZT GLEICH! Lasst dieses alberne Gezaubere - wir müssen reden!“

Ein paar Recken, die dem ungewöhnlichen Piff-Paff-Puff der beiden Zaubernden auf der anderen Seite des Wiesenstücks teils vergnügt, teils kritisch, in jedem Falle aber gut unterhalten zugesehen hatten, spitzten die Ohren, als die als Angehörige des kämpfenden Adels Gekennzeichnete mit energischen Schritten auf den Platz polterte, direkt auf die Magistra und ihren kleinen Schützling zu.

Gereon war einer von ihnen und der Übungen der beiden Magierinnen gewahr geworden. Er wollte sich eigentlich einer Partie „Zwerge Stapeln“ anschließen, doch nun betrachtete er erstaunt und interessiert die beiden Zauberinnen. Die erwachsene Frau schien das Mädchen zu unterweisen. Sie war blond und er fand sie sehr anziehend, obgleich er auf die Entfernung ihr genaues Alter nur erahnen konnte, mochte sie wenige Götterläufe weniger als er selbst auf Dere weilen. Ihre anmutigen Bewegungen paralysierten ihn und er beobachtete sie mit offenem Mund. (Catrin (Gereon) 12.03.16)

„Mama!“ Maire ließ ihren Zauberstab ins Gras fallen und eilte auf das bekannte Gesicht zu. Ohne Zögern warf sie sich gegen den Körper der Junkerin, deren forsche Schritte damit erst einmal gebremst wurden. Viel zu lange hatte sie ihre Mutter nicht mehr gesehen. Da hatte auch der tadelnde Blick ihrer Meisterin nicht verhindern können, dass sie mitten in der Übung davonstürmte, um sich dem unerwarteten Besuch in die Arme zu stürzen. [Maire (Tanja)]

Turi blickte aus ihren schräg stehenden Augen der heranstürmenden Reussensteinerin unbeeindruckt entgegen. Sie hielt ihren Zauberstab locker umfasst, legte die linke Hand an die Hüfte und wartete ab, was geschehen möge. Erst einmal warf Maire ihre Mutter aus dem Konzept, das verschaffte ihr die Zeit, welche sie benötigte, um sich auf mögliche tätliche Angriffe einzustellen. Schnell ging sie im Geiste die gespeicherten Zauber ihres Stabes durch. Ein wölfisches Grinsen legte sich über ihr Gesicht. ‚Oh ja, dies könnte eine wertvolle Lektion für Maire werden, wenn sie versuchen müsste, ihre paralysierte Mutter zu entzaubern.‘ Dann erblickte sie ihren Mann mit einem weiteren Praiosgeweihten im Schlepptau in ihre Richtung schlendern und verwarf mit einem seufzen den Plan. ‚Spielverderber, wieso müssen die jetzt auftauchen. Das wäre mal wieder richtig lustig geworden. Nun gut, erledigen wir das Problem ebenso, wie es mein Goldjunge predigt, mit Worten.‘

„Loriann“ sprach sie die Mutter in ihrer Umarmung mit einem blitzenden lächeln an „Wie schön euch hier zu sehen. Ich hoffe es geht euch gut?“ [Chris(Turi)07.03.16}

Hane hörte seine Frau Loriann ansprechen und eine Gänsehaut überzog seine Arme. ‚Arme Loriann‘, dachte er bei sich. [Chris(Hane)07.03.16]

Die junge Mutter herzte ihr Töchterlein warm und herzlich mit Küssen und geraunten Worten, die kaum ausdrücken konnten, wie sehr Loriann ihre Tochter vermisst hatte, seit diese in Elenvina lebte. Als ihr Blick jedoch über Maire hinausging, der Magierin entgegen, fror Lorianns Miene zu Eis und sie beendete die Umarmung, in dem sie das Mädchen sanft aber bestimmt und mit einem liebevollen "Schatz, Mama muss etwas klären!" von sich schob, um der Frau mit dem Stab entgegen zu treten.

Maire folgte verwirrt, aber brav.

"Turi..." hob Loriann an und in ihrer Stimme schwang schon allein bei diesem einen Wort so viel Ärgernis und Verachtung mit, dass Maire ein leises, verstörtes "Mama, was ist los?" von sich gab, das allerdings keine Beantwortung fand.

Loriann hatte nicht vor, sich mit Geplänkel aufzuhalten. Weniger zynisch, dafür geradeheraus und von einer entschiedenen Härte kam es aus ihrem Mund: "...spricht euer Gatte wahr, ihr wollt MEINE TOCHTER mit gen Mendena nehmen? Sagt mal, habt ihr gänzlich euren Verstand verloren?!? SIE IST NOCH EIN KIND!!! Und sollte jetzt da sein, wo alle Kinder sind: IN SICHERHEIT! ...Was von dem, WAS WIR ZU BEGINN UNSERER ÜBEREINKUNFT BESPROCHEN HABEN, habt ihr nicht ganz verstanden, häm? Sagt! WAS!" Loriann hatte die Magierin und die Mitte der Freifläche erreicht und ihr Blut kochte. Trotzdem zwang sie sich, der Bekannten nicht sofort eine in ihr breit grinsendes, selbstgefälliges Gesicht zu schlagen, sondern erst einmal abzuwarten, was die Magistra zu ihrer Verteidigung zu sagen hatte. Mit ihrer ganzen Präsenz schlug sie daher erst einmal nur vor Turi auf. Und nicht gleich zu. Dazu würde sich bestimmt noch Gelegenheit bieten, Duellverbot hin oder her. Loriann wollte im Falle des Falles mit Freuden jede Strafe für das unerlaubte Zuschlagen annehmen, wenn sich damit nur der Schmerz lindern ließ, den sie empfand, und die Wut.

"Ist es der Teil, in dem ihr euch mit eurem WORT, eurer EHRE und EUREM LEBEN dafür verpflichtet habt, für Maires Wohl zu sorgen, als wäre sie auch euer Kind???" Aus Loriann Augen blitzte so viel Unverständnis, wie diese dem Herz einer Mutter entspringen konnte, die das Leben ihres Kindes ernsthaft in Gefahr und verraten sah. "Oder dauert euch euer eigenes tobrisches Schicksal so an, dass ihr Maire für eure perfiden Zwecke und ...Rachepläne... verwenden wollt??? Wie gut nur, dass wenigstens EUER GEMAHL den Anstand hatte, mir davon zu berichten!"

Loriann trat schnell und ohne die Magierin zu Wort kommen zu lassen, noch einen Schritt auf Turi zu, dann stand sie direkt vor ihr. Das Feuer loderte heiß in ihr, ihr Blick war wie der eines wilden Tieres, zu allem bereit. Loriann ignorierte sogar Maire, die sich versuchte bemerkbar zu machen, indem sie am Wappenrock der aufgebrachten, nur schwer beherrschten Junkerin zupfte. Derweil drängte sich Lorianns messerscharfer Blick aus zusammengekniffenen Lidern in die Augen Turis. Ihre Hände wollten schon in das weiße Gildengewand greifen, zogen sich dann doch tatenlos und zuckend zurück. "Wann --!" Loriann rang mit dem letzten Rest Etikette um ihre Selbstbeherrschung. "Wann hättet IHR es mir gesagt, hm? ...Nachdem ihr mir ihre kopflose Leiche überbracht habt, ja, sagt, ist das so?" zischte die Reussensteinerin der anderen aus angespannten Kiefern zu und allein Turi konnte sehen, dass Loriann bei den letzten Worten Tränen kamen.

Bei der Erwähnung ihres Todes quiekte Maire erschrocken auf und strauchelte ihrerseits verstört ein paar Schritte zurück. "Mama ... nein!... Ich will doch DICH beschützen!"

"Was willst du?" Lorianns Fokus verschob sich. Weg von der Magierin, - die immer noch überheblich lächelte und der sie am liebsten den Essdolch zwischen die Rippen gerammt hätte, damit diese spürte, wie sehr ihr der Verrat ins Herz schnitt - hin zu der kleinen schmächtigen Person Maires, die jetzt ebenso aufgelöst zwischen ihrer Mutter und ihrer Lehrmeisterin hin und her blickte, aber die es erneut innerhalb kürzester Zeit Geschäft hatte, die Wut ihrer Mutter verpuffen zu lassen wie Feuerrauch.

Loriann ließ nun ganz von Turi ab, wandte ihr sogar den Rücken zu, da sie sich hinkniete und mit zitternden Händen die Hände ihrer Tochter ergriff. Sie drückte selbige fest, während ihr die Tränen die Wange herabliefen und sie mit einem Anflug von rührendem, gequälten Schmunzeln kopfschüttelnd entgegnete: "Nein, mein Schatz, nein... das, ...das ist der falsche Weg!"

Maire blickte ihrer Mutter mit eigenen Tränen auf den Wangen, aber festem und entschlossenem Blick, in die Augen. Sie holte einige Male tief Luft, entzog ihre Hände dann denen ihrer Mutter und legte diese dann an die Hüften. “Mama! Du hast mir oft erzählt, dass Vater im letzten Krieg gestorben ist. Und jetzt gehst du in einen Krieg, der viel schlimmer wird, als alle sagen. Ich bin schon ohne Vater aufgewachsen, da will ich DICH nicht auch noch verlieren.!... Gut, Roric hat mich auch lieb, und er war schon immer so was wie ein Vater, aber er ist halt kein richtiger Vater, du weißt schon…. Meine Meisterin Turi bringt mir Zauber bei, mit denen ich DICH beschützen kann. Was soll denn aus mir werden, wenn du auch stirbst? Und überhaupt, wer hätte mir denn neue Sachen beibringen sollen, wenn Turi im Krieg ist und ich alleine in Elenvina?“

Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass Hane nicht in Hörweite war, fügte sie leise hinzu: „In Elenvina hätte ich doch Hanes großen Bruder, seine Eminenz, oft sehen müssen, weil der sich ja um den kleinen Reo kümmert. Und der schaut mich immer so grimmig an.“ [Maire (Tanja)]

Der überaus angenehme bisherige Anblick war mittlerweile in das Gezänk mit einer Ritterin übergegangen, die scheinbar die Mutter des Mädchens war. Auch nicht uninteressant. Als die Kleine schließlich zu weinen anfing, verzog Gereon doch das Gesicht. `Zu weich für diesen Ort‘ dachte der Isenhager, unangenehm berührt durch ihren Mangel an Disziplin und dennoch so fasziniert von diesem Geschöpf, dass er seinen Blick nicht abzuwenden vermochte, beobachtete er die Szene. (Catrin (Gereon) 12.03.16)

So konnte der Knappe sehen, dass es der armen Mutter nun endgültig den Boden unter den Füßen fortriss. Wie von einem, nein eher mehreren unsichtbaren Hieben getroffen, sackte sie bei jeder Aussage des kleinen Blondschopfs mehr und mehr ein. Die wilde Bestie gebannt durch Kindermund.

„Maire-Schatz, ich wusste ja nicht --“ Mehr brachte Loriann nicht zustande. Sie fasste noch ein paar Mal nach den Händen ihrer Tochter, doch diese entzog sich ihr wieder und wieder. Schließlich gab sie müde auf und blickte das Mädchen einfach nur fassungslos an. Loriann fragte sich ernsthaft, was sie nur falsch gemacht hatte, in ihrem Leben, als Mensch, Eheweib, Kriegerin, ...als Mutter. Sie kam auf vieles und doch auf nichts. Aber egal, was auch immer es gewesen sein mochte, in diesem Moment verstand die Junkerin vom Reussenstein die Welt nicht mehr.

Leise drang jetzt auch die Stimme Turis in Lorianns Bewusstsein. „Meinen Verstand habe ich nicht verloren, sondern ich bin mir sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Mich kränkt aber, dass ihr mir zutraut Maire mit ins Schlachtgetümmel zu nehmen. Sie wird selbstverständlich beim Tross und den Zelten bleiben, wenn es gefährlich wird. Wollt ihr, dass sie zwar in Sicherheit aufwächst, aber von der Welt und den Geschehnissen keine Ahnung hat? Ich nehme meinen Teil der Vereinbarung sehr wohl ernst. Ich muss sie ausbilden, vorbereiten auf die Welt da draußen. In Elenvina kann ich sie nicht beschützen, wenn ich im Osten bin, in unserem Wagen dagegen wohl. Ich schlage eindringlich vor, euch zu beruhigen und nichts zu tun, was ihr später bereuen würdet.“

Noch leiser fügte sie hinzu: „Außerdem war es eure Tochter, die mich bat, uns begleiten zu dürfen. Sie ist kein Kind mehr, sondern fast eine junge Frau. Sie interessiert sich nicht mehr für Valpobären, sondern fängt an, sich mit jungen Scholaren der Akademie oder Novizen im Tempel auseinander zu setzten. Ich rate euch, in ihr nicht mehr ein kleines Kind zu sehen.“ [Chris(Turi)10.03.16]

Just einen Moment zuvor noch orientierungslos, lag jetzt etwas in den Worten der Magistra, das Loriann wieder eine Richtung gab und was sie jetzt wieder schmerzlich daran erinnerte, warum sie hier war: Weil sie Turi nicht alles durchgehen lassen konnte!

Man sah deutlich, wie die Kraft in sie zurückströmte, sie sich aufrichtete, die feuchten Wangen trockenwischte und langsam aufstand. Sie hatte noch immer den Blick auf Maire gerichtet. „Mein Schatz,…“ Loriann suchte bei den nahen Zelten nach geeigneten Worten und wurde den Schaulustigen gewahr. Das erfüllte sie plötzlich mit Scham. Nun, es ließ sich nicht mehr ändern. „…lass uns später noch einmal über deinen Vater sprechen. Und über dein Vorhaben. Und alles andere. Ja? Ich verspreche, dass ich mir Zeit nehme, dich anzuhören.“ sprach sie sanft und lächelte dabei milde auf die 12-jährige herab.

Maire nickte und wischte sich ihrerseits die Tränen von der Backe.

„Und jetzt geh schön üben, kleine Varaldyn, geh schön üben. Zeig den Gaffern, was du kannst. Na, los doch, Mäuschen! - Ich halte deine fleißige Lehrmeisterin auch nicht mehr lange mehr auf, ich versprech’s, nur noch einen kurzen Moment.“

„Ähm, ist gut - Hab dich lieb, Mama!“ entgegnete Maire, warf sich kurz noch einmal gegen den Körper ihrer Mutter und flüsterte ihr leise zu: „Aber nenn mich in der Öffentlichkeit nicht mehr Mäuschen, das ist mir peinlich.“

Loriann wuschelte ihr noch einmal durchs Haar und schmunzelte.

Maire warf der Magistra einen Blick zu und ließ die beiden Frauen allein, um etwas weiter weg das Zaubern wiederaufzunehmen.

Sie warf dem fremden Jungen in dem Wappenrock, der sie vom Rand der unbebauten Wiese ansah, als habe sie zwei Nasen im Gesicht, ein verlegenes Schmunzeln zu, bevor sie an ihre Übungen von vorhin anknüpfte. [Maire (Tanja)]

Loriann wartete noch einen Moment, bis Maire außer Reichweite war. Die Junkerin vom Reussenstein wirkte ruhig und so wie sie eben noch mit ihrer Tochter gesprochen hatte, war da augenscheinlich keine Spur mehr von Groll in ihr. Erst als Maire den ersten Zauber in Form einer wunderschön glänzenden kleinen Kuppel in den Himmel zauberte, wandte sich die Kriegerin der Magistra zu. Und es brach ohne Vorwarnung erneut aus ihr heraus, wie ein steinerner Wasserfall.

„Was wisst ihr schon von der Welt da draußen und von der in meiner Tochter? Ihr mögt in Tobrien gekämpft haben, an der Seite der Gezeichneten, ach, was auch immer, … vielleicht mögt ihr auch selbst Mutter geworden sein und ich euch deswegen ein gewisses Maß an mütterlichem Instinkt anrechnen... Dennoch! Wie könnt ihr es wagen, mir Ratschläge geben zu wollen, wie ich mein eigenes Kind anzusehen habe? Wenn ihr den kleinen Reo ohne Vater und in Gefangenschaft aufgezogen und Dinge ertragen habt, die euch allein seine kindliche Unbefangenheit hat ertragen lassen, und wenn ihr ihn dann weggegeben habt zu einer Fremden, von der ihr erfahrt, dass sie eure Mutterliebe mit Füßen tritt, welche euch die letzten 10 Jahre eures und die ersten 10 Jahre seines Lebens am Leben erhalten hat, und wenn ihr dann auch noch den Ratschlag bekommt, dass alles doch gar nicht so schlimm sei und ihr euch nicht aufregen braucht… Dann, Turi, DANN sprechen wir beide uns wieder!“

Lorianns Worte waren nicht so laut wie vorhin, aber ihr Tonfall dennoch erneut scharf. Wenn auch ihre Körperhaltung etwas weniger bedrohlich wirkte, als noch vorhin, als sie angestürmt gekommen war wie die Königin der Amazonen höchst selbst.

Etwas moderater fuhr Loriann fort und schüttelte den Kopf dabei: „Ihr seid euch sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben? Ich bin es nicht. Und es dauert mich, dass es vielleicht doch Dinge gibt, die mit euch zu tun haben, die ich später bereue. Aber jetzt ist es, wie es ist und der Herr der Zeit dreht selbige nicht zurück. Reo ist in Elenvina, Maire ist hier. Wir sind beide Mütter, beide werden wir im Osten kämpfen, darum sind wir an diesem gemeinsamen Fleck. Nur mit dem Unterschied, dass ICH mich auf euch VERLASSEN MUSS, was das Leben meines Kindes angeht, während das eure den Schutz starker Mauern genießt, und ihr meines mit einem – entschuldigt den Ausdruck – lächerlichen Zauberstäbchen und völlig selbstüberschätzt diesen blutigen Weg einschlagen lasst, Tross hin oder her. Ich dachte, ihr würdet es besser wissen, dass das eine falsche Sicherheit ist, die ihr mir da verkaufen wollt….“ Sie sah Turi einfach nur müde an und seufzte tief. Mittlerweile war der Wasserfall ihrer Wortgewalt nun mehr ein kleines gurgelndes Bächlein. „Aber nun gut, ich werde kein Wort mehr deswegen an euch verlieren. Doch lasst es euch gesagt sein, Turi: wäre dies eine andere Zeit und ein anderer Ort, dann würde ich meine Tochter über die Schulter werfen, zurück auf den Reussenstein reiten und euch in meinem ganzen Leben mit dem Arsch nicht mehr ansehen!“

Turis Gesicht war hart geworden. Hart und ungnädig, als die Frau – der sie damals, beim Bankett vor dem Turnier in Elenvina, den Arsch gerettet hatte – ihr androhte, sie nun mit selbigem nicht mehr ansehen zu wollen. „Edle von Reussenstein, Ihr vergesst, dass wir eine Vereinbarung unterzeichnet haben….“

„Ach, Ihr meinte diesen Vertrag, auf den euer werter Gemahl so Wert gelegt hat?“ sprach Loriann Turi einfach dazwischen, während diese unbeirrt fortfuhr.

„…Eine Vereinbarung, wer und wie die Ausbildung eurer Tochter zu einer VON DER ÖFFENTLICHKEIT ANNERKANNTEN UND GEACHTETEN MAGIERIN durchführt. Solltet IHR das Schicksal nicht ausgebildeter Zauberer vergessen haben, erinnert euch an den letzten Hexenprozess in eurem rückständigen Kaff, aus dem ihr stammt, und denkt vor allem an den AUSGANG!“

Loriann blies verächtlich Luft aus ihren Lippen. „Jetzt macht aber mal einen Punkt! Das ist ja lächerlich!“

„ICH bestimme, wo sich eure Tochter aufhält, wie und was sie lernt, was sie isst und wann sie schläft. Ihr seid ihre Mutter, ja. Aber mit der Unterzeichnung der Vereinbarung habt ihr das Schicksal eurer Tochter in MEINE Hände gelegt.“

„Hört. Wenn ich gewusst hätte, wohin dieses Schicksal führt, hätte ich vielleicht lieber vom Herzog die Ehrenstrafe ertragen. Mehr Schmerzen würde sie mir sicherlich nicht gemacht haben, als Maire auf diesem Feldzug anwesend zu wissen.“ Nach wie vor sahen sich die beiden Frauen mit harten Blicken und verengten Augen an. Abermals wünschte sich Loriann eine Waffe, aber nur, weil sie sich vielleicht mit dieser nicht ganz so nackt gefühlt hätte.

Turi hatte mittlerweile ihren Zauberstab in weißen, weil blutleeren Händen zwischen sich und die Ritterin erhoben und war leicht in die Knie gegangen. „Und noch eins vergesst ihr, werte Frau von Reussenstein. Wenn Ihr unsere Kinder vergleicht, vergesst ihr einen Unterschied. Mein Sohn ist noch keine zwei Götterläufe alt, kann gerade erst selber laufen. EURE TOCHTER KANN TÖTEN! Und im Gegensatz zu euch benötigt sie dazu kein Schwert. Nun geht. Ihr dürft zurückkehren, wenn ihr euch beruhigt habt und über eure Worte nachdenken konntet.“ Damit machte die Magistra auf dem Absatz kehrt, um sich um die besagte Ausbildung besagter Schülerin zu kümmern: „Maire, den Stab höher! Bei allen Niederhöllen, wie oft muss ich dir das noch sagen? Dein Leben hängt davon ab, den Stab hoch über dir kreisen zu lassen!“ drang ihre ungnädige Stimme über den Platz, noch ehe sie bei dem Mädchen angekommen war.

Einen Moment lang sah Loriann der Magierin nach. Ihre Fäuste ballten sich unrhytmisch, während ihr die Erkenntnis ins Herz schnitt, dass Turi im Grunde Recht besaß. Und auch, dass sie und die Magistra nun wohl nicht mehr so schnell Freunde werden würden, trug nicht zum Wohlbefinden der Kriegerin bei. ‚Dämlicher Scheißvertrag! Dämliche Magie! Scheißkrieg!‘ Im Geiste zerriss sie das praioskirchliche Pergament in Fetzen.

Dann wandte sie sich ab und verließ die Wiese in die Richtung, aus der sie gekommen war. Sie wollte schnell zurück ins Lager der Firnholzer, denn sie musste Roric berichten! Und sich mit einem Schwert gürten. Unbedingt. Ach ja, und etwas Hochprozentiges trinken. Aber nicht gegen den Durst.

„Loriann?“, drang vom Rand der Wiese eine Stimme zu der Reussensteinerin und ein Mann kam auf sie zu. Vorsichtig legte sich eine behandschuhte Hand die rechte Schulter der Ritterin. „Ihr seht aus, als ob Ihr einen Geist gesehen habt. Ist Euch nicht wohl?“

„Elko,“ grüßte Loriann ihren Nachbarn, wirkte aber wenig zum Plaudern aufgelegt. Die dunklen Wolken von Ärgernis, Frust und Enttäuschung standen beinahe sichtbar über ihr. „Einen Geist? Wohl eher einen Fehler.“ Die Junkerin lachte gequält. „Ihr habt alles mitangehört? Nun, wie wohl wäre es euch?“

Die Reussensteinerin blickte in das fragende, aber durchaus freundlich dreinblickende Gesicht des Firnholzer Ritters Elko von Falkenswart. Als dieser mit nicht zu verhehlender Abscheu im Blick die beiden Magierinnen betrachtete, kommentierte er dies mit einem Brummen in der Stimme. „Jetzt weiß ich wenigstens, woher der plötzliche Kopfschmerz stammt.“
Er rümpfte abfällig die Nase und reichte der Reussensteinerin eine kleine, irdene Flasche. „Trinkt, das wird Eure Lebensgeister wiedererwecken.“

Er nickte auffordernd, während seine Augen doch immer wieder zu den Magierinnen wanderten, die unweit von ihnen ihr ‚Werk‘ taten. Würde Loriann den Ritter nicht gut kennen, könnte sie ihn für einen einfachen Waffenknecht halten. Eine schlichte dunkelgrüne Wolltunika, darunter eine fleckige dunkelbrauen Hose aus grobem Leder und verschlammte Stiefel. Einzig das schmucklose Langschwert an seinem Gürtel war ein kleiner Hinweis auf seinen Stand. Die wirren, braunen Haare und der stoppelige Bart waren es jedenfalls nicht. Zudem stank der Falkenswarter, als hätte er mindestens eine ganze Woche in der verrufensten Kneipe in Gratenfels verbracht. [Roland(Elko von Falkenswart)15.03.2016]

Loriann folgte kurz Elkos Blick über die Schulter hinweg, sah doch nur wieder ihre schmerzhafte Niederlage und griff schließlich das Dargereichte gerne. „Danke. Im Namen meiner ‚Lebensgeister‘… Auf die Verlierer dieses Krieges.“ grummelte sie düster, ehe sie die Flasche, ohne vorher daran zu schnuppern, ansetzte.

„Na, na, wer wird denn bereits so früh derart finstere Gedanken haben“, grinste der Firnholzer Ritter schief. „Mitangehört habe ich nur ein paar Fetzen, aber ich denke, es geht um Eure Tochter? Ihr wisst, dass ich weder Kinder noch Weib mein Eigen nennen. Es mag wohl sein, dass mir dies in der Situation dieses Feldzuges durchaus zum Vorteil gereichen mag. Niemand, um den ich mir Sorgen machen müsste. Niemand, dessen Herz in ewigem Gram verkümmern würde, falls ich in Tobrien fallen sollte.“

Elko schien selbst kurz über seine Worte nachzudenken, dann zuckte er kurz mit den Schultern und nahm ebenfalls einen Schluck aus der Flasche. Der Inhalt brannte ordentlich auf der Zunge und man konnte fühlen, wie der hochprozentige Brand sich seinen Weg bis ins Körperinnere bahnte.

„Dummerweise hilft das Zeug nicht gegen meine Kopfschmerzen.“, murmelte er abwesend, während er wieder die beiden Magierinnen beobachtete. An Loriann gewandt setzte er dann jedoch das bekannte, jungenhafte Grinsen auf.

„Grämt Euch nicht, Loriann. Ich bin sicher, Ihr werdet alles tun, was in Eurer Macht steht um Eure Tochter wieder nach Hause zu führen. Das Problem ist doch viel eher, dass die meisten von uns Schwierigkeiten haben, Vertrauen zu haben.“

"Vertrauen zu wem? Zu der …Magistra?" Loriann sprach das letzte Wort fast verächtlich aus und wandte sich ab, damit sie ihr eigenes Elend, ihre eigene Niederlage nicht mehr vor Augen hatte. Es tat trotzdem weh. "Elko, was bleibt mir anderes übrig." Ohne zu fragen, nahm sie sich noch einmal des Fläschchens an, spülte den Inhalt gierig die Kehle hinab und gab es am Ende dem Ritter wieder. (Tanja [Loriann] 22.3.16)

Er zog eine Augenbraue nach oben, als er in die fast leere Flasche schaute. „Bei den Zwölfen, Ihr habt einen ordentlichen Zug am Leib. Wo soll das nur enden?“ Wieder grinste der Ritter frech und legte Loriann aufmunternd die Hand die Schulter. (Elko [Roland] 22.03.2016)

Loriann versuchte ein Lächeln, aber es gelang ihr nicht. Sie wusste, er meinte es ja nur gut und wollte sie wirklich nur aufmuntern. "Ach, euren Schalk möchte ich haben."

„Noch Durst?“

"Nein, ich muss … " von hier weg, dachte sie, aber sie sagte: "…zurück."

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Der Zwerg und der Herold

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Rondrian von Berg-Berg zum Berg betrat sein zeitweiliges, jedoch städtisches Refugium, welches von Mauern und nicht von Stoffbahnen umgeben war, und pfiff zu den letzten Worten des Feldkaplans eine kleine, fast unpassend heitere Melodie. Sie hörte sich wie ein Kinderlied an. In Gedanken aber summte er die Heilsverkündigungen mit, die der charismatische blonde Geweihte als Aufmunterung über das lauschende Heer hatte schallen lassen - IN VERZWEIFLUNG UND FINSTERNIS SIEGT DAS LICHT! GEGEN DÄMONEN UND FINSTERMACHT SIEGT DAS LICHT! DURCH FEUER UND SCHWERT SIEGT DAS LICHT! - und fand, dass seine Komposition gar nicht mal so schlecht klang. Er hatte sie den ganzen Weg vom Versammlungsplatz bis in die Stadt in den Ohren getragen. Allerdings würde er sie für sich behalten, fand er es bei allem nötigen Ernst, den diese Zeiten erforderlich machte, äußerst unangemessen, daraus ein frohlockendes Liedlein zu machen. Er rief nach seinem fleißigen Sekretär, einem hageren immer recht blassen Mann, dem das Nächtigen bei offenem Fenster doch tatsächlich einen Schnupfen beschert hatte. Die Schniefnase war selbst schuld, fand der Adlige, denn der dumme Kerl wollte den Geruch von faulen Eiern aus dem Zimmer vertreiben, der sich tagsüber mit einem Windstoß hinein verirrt hatte. Nun, Gratenfels war beileibe nicht Elenvina, auch wenn die Herzogenstadt nicht immer nach Peraineglöckchen roch, so ward man dort doch vom dem beißenden Geruch der Schwefelquellen verschont, den der Launische immer mal wieder über die Stadt wehte. Unabhängig davon: es war noch keine Zeit, um bei offenem Fenster zu schlafen, vor allem nicht, wenn man genau unter selbigem lag und einem der kalte Nachtwind um die Ohren blies.

Der Adlige, den man im Herzogtum nur unter seinem Amtsnamen ‚Nordmark‘ kannte, orderte eine kleine Erfrischung von dem verschnupften Angestellten, während er seinen Blick auf die improvisierte Amtsstube fallen ließ, die eigentlich die Schreibstube des Kämmerers gewesen war. Nun befanden sich statt Bücher mit Zahlen von Ein- und Ausgaben Bücher und Schriftrollen mit Berichten und allerhand bunten Wappen auf den Ablagen. Eines dieser Bücher war das Feldregister, eine Art Berichtsheft oder Kartei könnte man sagen, in welcher die letzten Tage über seine Persevanten fleißig jeden anwesenden Recken namentlich eingetragen hatten, sofern dieser von Stand war. Rondrian von Berg-Berg war zwar in seinem Amt als Herold des Herzogtums bei den Meldungen der Teilnehmer anwesend gewesen, doch war er froh, in der richtigen Position zu sein, um all die Namen nicht selbst notieren zu müssen. Die beiden Damen, die ihm bei dieser Aufgabe zur Hand gingen, hatten selbige seiner Meinung nach gewissenhaft erledigt und dabei noch einen langen Atem bewiesen, denn keiner der hohen Damen und Herrschaften durfte in der folgenden Chronik der Geschehnisse unerwähnt bleiben, was letztlich hieß, dass einige der Namen persönlich vor Ort am Zelt erfragt werden mussten. In mühevoller Fußarbeit. Hin und wieder hatte er die beiden wohlgeborenen Damen mit Stichproben kontrolliert. Allerdings so gut wie keine Fehler festgestellt.

Nach dem erhebenden Auftakt mit den Reden eines souveränen Herzogs wie auch des charismatischen jungen Ibenburg-Luring war es dem Adligen aus bestem Hause nun erst einmal nach einer kleinen Mahlzeit. So ließ er sich eine Kleinigkeit aus der Küche der kleinen Burg, auf der ihm als Unterkunft Räume gestellt worden waren, bringen, bevor er sich an die Arbeit machte, das Feldregister durch zu sehen. Es sollte sich schließlich niemand mit fremder Zier schmücken.

Er hatte damit noch nicht lange erst begonnen, das dicke Buchwerk zu studieren, um hin und wieder einen kleinen zusätzlichen Eintrag in seiner perfektionistischen Art vorzunehmen, da wurde ihm ein Besuch gemeldet.

Nachdem er seinem Untergebenen gebeten hatte den Gast herein zu lassen und der Bedienstete davongeeilt war, hörte er schwere Schritte und das leise Scheppern von Kettenteilen einer Rüstung näherkommen.

Die Person, die vor ihn trat, war ein Angroschim, ein besonders grimmiges, stiernackiges Exemplar, ja so hätte er ihm wohl beschrieben, wenn man ihn gefragt hätte. Der enorm breit gebaute, leicht untersetzte Zwerg von hohem Wuchs für seine Rasse hatte wildes, schwarzes Haar und einen ebensolchen Bart, beides war mit grauen Strähnen durchwirkt und war nicht grade als gepflegt zu bezeichnen. Er trug schwere, dunkle Stiefel, welche verdreckt waren, ein intaktes, langes, scheinbar frisch geöltes Kettenhemd, dazu passende Kettenteile als Beinlinge, Kragen und Haube. Unter dem Arm geklemmt hatte er einen Helm, wie ihn eher die Südländer trugen mit Rosshaar als Mähne und unter den Öffnungen für die Augen ebenfalls Kettenteile um das Gesicht zu verschleiern, vielleicht ein Beutestück. Stutzig konnte man auch bei dem lichten, grauen Wappenrock werden, welcher schon bessere Zeiten gesehen hatte, geflickt war und kein Wappen trug. Hatte der Angroschim das, was es einst zierte, entfernt? Aber nicht diese Tatsache war an dem kompakten Recken verwunderlich, nein, es waren die zwergischen Abzeichen, die an der Brust des Angroschim zur Schau hingen. Es waren wirklich einige und es waren jene dabei, die ihn als wirklichen Veteranen aufwiesen. Der Blick Nordmarks blieb aber auf dem einen Orden hängen, welcher nur von einem Menschen verliehen worden seien konnte: der Greifenstern in Gold. Der tiefe Bass der Stimme seines Gastes holte den Mann aus seinen Gedanken.

“Dwarosch, Sohn des Dwalin mein Name. Ich bitte um Aufnahme in Euer Heer. Ich bin ausgebildet in Einheiten wie dem des schweren Fußvolkes, kann aber auch mit der Armbrust umgehen, wenn dies gewünscht ist.”

Die erwartungsvollen hellbraunen Augen des Angroschim lagen auf dem Herold und ihm stellten sich einige Fragen zu diesem Gast. [Stefan(Dwarosch) 6.3.15]

„Garoschem Angroscho! Xorloscho-romdra!“ grüßte der Herold den vor ihm stehenden Kämpfen und neigte vor dem hochdekorierten Veteranen vieler Schlachten huldvoll den Kopf, bevor er sich dessen Anliegen annahm. Ein wenig überrascht wirkte er dabei schon, denn er legte die Stirn in Falten, während er den Zwergen betrachtete. Etwas Verwirrung stand im Gesicht des hochgewachsenen, kräftiger Adeligen und er fasste sich einen Moment lang in die an den Schläfen bereits eisgrauen dunkelbraunen Haaren, als ihm eine Erkenntnis kam. „Sagt, schickt euch Seine Hochwohlgeboren Ghambir? So ist eure Meldung nicht nötig, sofern ihr bereits in einer Einheit…“ dabei fixierte er noch einmal das bunte Metall an der Brust des Angroschim. „…Aufnahme gefunden habt, werter Herr. Und ich glaube, nein, bin mir fast sicher, dass man auf jemanden wie euch nicht verzichten konnte.“ Nordmark lächelte kurz, blieb aber offen für einen eventuellen Irrtum. Denn alles konnte der Adlige nun doch auch nicht wissen. Obwohl er über bereits viel Wissen verfügte. Jedoch die Details in den Begebenheiten innerhalb des Zwergenvolks entzogen sich ihm aufgrund Mangels an Zeit. Wie froh war er da, dass er mit ‚Isnatosch‘ nun jemanden an seiner Seite wusste, dem er diesen Überblick anvertrauen konnte. Sie war zwar noch lange nicht so weit, dass er sie von der Leine lassen konnte, aber sie würde mit ihren Aufgaben wachsen, da war er sich sicher.

„Nein mein Herr, so ist es nicht. Der Marschall, Turam Sohn des Fanderasch schickt mich zu Euch. Ich soll mich Verbindungsoffizier zu den menschlichen Truppen bei Euch melden. Ich habe in einigen Schlachten an den Seiten der Menschen gekämpft und weiß, dass es auf schnelle, präzise Abstimmungen zwischen den einzelnen Heeresteilen ankommen kann.“ Während er sprach schien die scheinbar greifbare Anspannung des scheinbar weit herumgekommenen Kempen nicht weichen. Er fixierte einen Punkt hinter dem Herold als er die scheinbar vorher zurechtgelegten Worte sprach. „Ich hoffe diese Entscheidung ist in Eurem Sinne.“

Die Miene des Herolds zeigte Freude. "Ah, warum sagt ihr das nicht gleich! - Nun, dann nehm doch Platz!" erwiderte Nordmark und deutete auf einen Stuhl. Er lächelte dem älteren Angroschim aufmunternd zu, während er das dicke Feldregister zuklappte und hinter seinem Arbeitsplatz hervorkam. Seine Aufmerksamkeit war nun völlig auf seinen Gegenüber gelenkt und er zog einen Stuhl zu dem seines Besuchers.

"Schnelle und präzise Abstimmung. Ja, in der Tat wird das notwendig sein. Hm, seid ihr mit diesem Posten denn schon vertraut?" Er schien kurz etwas zu überlegen, aber den Gedanken zu verwerfen. Stattdessen führt er fort, ohne eine Antwort zu erwarten. "Sagt. Wie gut ist es um euer Wissen über die Heraldik der Nordmärker Geschlechter gediehen? Bei Bedarf kann ich euch eine Abschrift der Wappenrolle zur Einsicht mitgeben." An dieser Stelle gab er dem Sekretär einen Wink, der daraufhin aufstand und in einer der vielen Kisten, die in der Kammer herumstanden, zu hantieren begann. "Seine Hoheit, der Herzog pflegt zu Felde einen rauen, prägnanten Umgangston, der, je nach Situation recht kurzgehalten sein kann. Es obliegt also unserer Aufgabe, mögliche Interpretationen auszuräumen, und schnell zu handeln, das zum einen. Zum anderen: Seid ihr beritten? Es wäre von Vorteil, da sich die Einheiten weit verteilen werden und es notwendig sein wird, die Distanz praktikabel, präzise und ohne Umschweife zu überwinden. ... Ach ja, es wäre ebenfalls von Vorteil, wenn ihr mit meinen Persevanten bekannt werdet. Die beiden Damen von Binsböckel und von Reussenstein sind äußerst versiert im Umgang mit den Bildzeichen der Häuser - allerdings im Moment mit anderen Aufgaben betreut und daher nicht hier. Sie und ich werden auf unserer Seite des Kommandos für den reibungslosen Ablauf Garant sein. Ihr auf der euren. Schnelle Absprachen, wie ihr sie eingangs erwähntet, setze ich voraus. ... Da Wohlgeboren von Reussenstein in ihrer Position als 'Isnatosch' Kontaktfrau für alle Angelegenheiten eures Volkes ist, trage ich euch an, dass ihr eine Unterredung mit ihr führt. Ihr solltet sie im Lager der Nordgratenfelser und dort im Gefolge des Barons von Firnholz, Seine Hochgeboren Ulfried von Firnholz, finden. Nun, das von meiner Seite. ...Habt ihr denn eurerseits ein Anliegen, das wir besprechen sollten? Dann sprecht frei heraus, mein Freund."

Der Herold ließ seine Worte so stehen und wartete ab. Er schien weder gehetzt noch gelangweilt, aber von einem inneren Streben nach Effektivität getrieben. Da er dieses Amt bei Hofe - für einen Menschen zumindest - schon lange begleitete, konnte seine Art, die Dinge anzupacken, nicht verkehrt sein.

Dwarosch schien sich etwas zu entspannen, nur einmal, als der Herold das Wort Isnatosch in den Mund nahm trat Verwunderung auf sein Gesicht. Als sein Gegenüber geendet hatte dachte der alte Kämpe kurz nach und erhob dann zu einer Antwort.

„Ich diente der Söldnereinheit der Korknaben für 52 Jahre. Ich kenne jedes Banner das sich im Mittelreich findet und in dieser Zeit Krieg geführt hat und ich weiß viele Häuser ihren Wappen zuzuordnen. Aber bitte gebt mir diese Abschrift mit auf den Weg, es kann nicht schaden sie mir anzusehen. Ich danke Euch für diesen Hinweis.

Um auf die andere Frage zurückzukommen, nein, ich habe noch nicht als Verbindungsoffizier gedient, aber Strategie und Taktik lernte ich von den besten meines Volkes und mein Studienzimmer war das Feld. In ihm lernte ich auch die Truppenkoordination im Gefechtsfall.

Danke für den Rat betreffend der Kontaktpersonen der anderen Truppenteile. In der Tat ist dies der Grund warum ich Euch aufsuchte. Da ich jetzt ihren Namen und ihren Aufenthaltsort kenne werde ich mich mit ihr sofort in Verbindung setzen. Und nur um Missverständnisse vorzubeugen, natürlich werde ich zu Pferde im Feld agieren."

Der Herold nickte. Wahrscheinlich hatte er es genau so erwartet.

"Wenn ihr mir diese Frage erlaubt, ihr nennt die Dame, ihre Wohlgeboren von Reussenstein, Isnatosch? Wie kommt ihr auf diese Bezeichnung?"

Bei dieser Frage schmunzelte der Adlige. Wahrscheinlich hatte er auch diese Frage erwartet. "Isnatosch - das ist ihr Amtsname. So wie der meinige Nordmark und jener von Wohlgeboren von Binsböckel Elenvin lautet." erklärte er und fuhr fort: "Dabei bezeichnen diese Namen auch die Zuständigkeiten. 'Isnatosch', wie es dem Rogolan entlehnt ist, hat, wie schon erwähnt, den Schwerpunkt, diplomatische Beziehungen zum Volke Angroschs in den Bergkönigreichen zu pflegen. Falls sie dabei etwas verstörend wirken sollte, nehmt es ihr nicht krumm. Wohlgeboren von Reussenstein bekleidet dieses Amt erst seit dem letztjährigen Grafentag. Ich sehe allerdings großes Potenzial in ihr! ... Nun denn..."

Nordmark klatschte sich mit den Handflächen auf die Schenkel. "...Solltet ihr sonst keine Fragen mehr haben, werter Dwarosch... - Wir werden euch zur ersten Stabs-Besprechung der Offiziere in Gallys sicherlich noch einmal persönlich beiden Damen vorstellen. Bis dahin macht euch gern selbst mit ihnen bekannt, denn hier in Gratenfels ist keine Zusammenkunft mehr angesetzt."

Es sah so aus, als habe der Herold das Gespräch beendet, dennoch wartete er höflich, ob der Angroscho noch etwas auf dem unter Orden versteckten Herzen hatte.

"Habt Dank für die Auskünfte. Verratet mit nur noch welchen Amtstitel ich bekleiden werde, nur damit ich weiß, wann ich mich angesprochen fühlen muss?" Ein durchaus breites Schmunzeln zeigte sich auf Dwaroschs Zügen. Bei seiner massigen Statur, den wilden Kopf- und Barthaaren und vor allem dem bisher als griesgrämig zu deutende Blick hätte sein Gegenüber fast nicht erwartet das er dazu imstande war.

„Von Seiten des Herzogs ist bislang keiner für die Position, die ihr ausfüllt, vorgesehen, aber ich merke, dass euch die Sache mit den Namen doch recht beschäftigt, daher will ich euch einen in eurer Sprache geben. Euer Amtsname wird ‚Malmar‘ sein – ich denke, der Name ‚Hammer‘ passt zu euch wie selbiger in eure kampferprobte starke Hand. Schmiedet Worte wie Eisen und seid schnell wie die Wucht eines Schlages. – Ich werde dies wie auch euren klangvollen Namen sogleich notieren, wenn ich wieder an der Schlachtenchronik sitze.“

Oh ja, der Herold wusste zu schmeicheln und vor allem wusste er zu motivieren, das war seine Aufgabe. Nach diesen wohl gewählten Worten erschien ein entschlossener, finsterer Ausdruck auf den Zügen des Angroschim. Dieser alte Recke würde ein williges Werkzeug sein, das konnte er deutlich spüren. „Habt Dank für diese schmeichelnden Worte, ich werde alles in meiner Macht stehende tun das in mich gesetzte Vertrauen zu erfüllen und meinen Teil dazu beizutragen das wir den Sieg davontragen.“

„Des Weiteren werde ich noch heute darum bitten mit Isnatosch", man merkte ihm an, dass er diese Bezeichnung als etwas befremdlich ansah, "sprechen zu dürfen. Ich denke es wird ratsam sein, alles mehrfach durchzugehen bis wir unser Ziel, Mendena, erreichen. Aber das Heer wird ja auch einige Zeit benötigen."

Dwarosch machte eine Pause, wusste nicht ob es angebracht war eine persönliche Bemerkung zu machen, doch seine Impulsivität gewann wie so oft über die Zurückhaltung. In jungen Jahren war dies auch im Gefecht ein Problem gewesen, aber dort war er nach vielen Jahrzehnten so kühl und berechnend wir der Fuchs vor dem Ganter. Verbal jedoch leistete er sich des Öfteren Schnellschüsse, die ihn schon das eine oder andere Mal in Erklärungsnot gebracht hatten. "Ich habe Haffax‘ Karriere verfolgt, mit den Korknaben an der Seite des Reichsmarschalles im Orkenkrieg gekämpft und sein Genie auf der gegnerischen Seite an der Trollmauer erleben müssen." Seine Miene verfinsterte sich, seine Augenbrauen zogen sich zusammen und bildeten eine buschige Linie. "Ich habe viele tapfere Brüder und Schwestern durch Dämonengezücht und Untote fallen sehen, wurde auch welchen gewahr, die auf der Seite des Verräters standen, und habe selbst nur knapp den Kampf mit einem Zant überlebt. Es gibt keine Alternative, wir müssen ihn aufhalten, solch Unrecht darf nicht ungesühnt bleiben - beim Karfunkelherzigen."

„Ihr sprecht wahr. So die Götter uns hold sind – alle Götter meine ich! – werden wir der Dunkelheit die Stirn ein letztes Mal bieten und sie dorthin zurückstoßen, woher sie einst hervorgekrochen ist, damit die wahnsinnige Seelenernte ein Ende hat. Es erscheint angesichts der bevorstehenden Strapazen, sehr beruhigend, dass wieder einmal Angroschim und Xomascho Seite an Seite stehen, wie sie es immer schon getan haben. Ihre Kaiserliche Hoheit ist sich der Unterstützung sehr bewusst und auch des Blutzolls, den wir alle werden lassen müssen – machen wir uns nichts vor. Doch hege ich die Hoffnung, nein, weiß ich, dass es uns diesmal gelingen wird. Noch einmal werden der Reichsverräter und seine Schergen nicht über unsere Ängste gebieten! - So…“ Der Adlige wirkte, als hätte er noch gerne weitere Worte verloren, aber er zügelte sich und beendete nun endgültig das Gespräch. „Wir haben viel vor.“ schloss er die Unterredung, was aber auch auf den Kampf gegen die Seuche im Osten gemünzt gewesen sein konnte.

Als der Angroschim die Amtsstube verlassen hatte, ließ Rondrian von Berg-Berg seine Schreibfeder über eine ganz bestimmte Seite des Feldregisters gleiten. Dort stand ab sofort ein neuer Name: _Malmar_

Auf der Suche nach Isnalosch

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Dwarosch schritt durch das Heerlager. Er war nur leicht gerüstet, trug lediglich sein Kettenhemd und den alten Wappenrock, die anderen Kettenteile hatte er in seinem Lager gelassen, hier drohte schließlich keine Gefahr. Der Platz auf dem die Truppen lagerten war groß, doch es würde noch weiterwachsen und mehr Platz erfordern. In Gallys würden weitere Truppenkontingente zu ihnen stoßen bevor es weiter Richtung Osten ging.

Dwarosch nahm die Stimmung in sich auf, spürte die Anspannung, die Angst vor den bevorstehenden Schlachten, aber auch Mut und Entschlossenheit. Ja, dies war der Hochofen in dem das Eisen von Schlacke getrennt werden würde. Auf dem Amboss des Krieges würden Waffen geschmiedet werden, die bestanden oder brachen, so einfach war es. Er fluchte, zu oft hatte er vielversprechende Männer im ersten Scharmützel sterben sehen. Aber er war hier Zuhause, hatte mehr als fünf Jahrzehnte seines Lebens den Korknaben gedient und wusste auch das er zu nichts anderem als Krieg geschaffen war. Der der lachend über das Schlachtfeld schritt schien ein Auge auf ihm zu haben, sonst wäre er längst tot und zu Asche verbrannt, wie so viele seiner Kameraden, seiner Freunde. Der karfunkelherzige Sohn Rondras kannte keine Gnade, aber er machte auch keine leeren Versprechungen wie andere. Als er an einer Gruppe gerüsteter vorbeiging, die sich unterhielten und bei seinem Anblick das Gespräch unterbrachen hielt er inne.

“Ich suche Ihre Wohlgeboren von Reussenstein, könnt Ihr mir sagen wo ich sie finden mag?” (Stefan [Dwarosch] 14.03.2016)

Am Rande der Truppen aus Schnakensee hatte die Gruppe um Basin von Richtwald ihr Lager aufgeschlagen. Leicht konnte die Zusammengehörigkeit der Anwesenden anhand der getragenen Farben erkannt werden, doch ebenso so einfach konnte man erkennen das hier gleich mehrere Verwandte zugegen waren. Keiner der kleinen Schar sprach übermäßig dem Alkohol zu, dafür wurde umso mehr gescherzt und gelacht. Ein starker Kontrast zu den grölenden und zechenden Gestalten um sie herum. Als Dwarosch seine Frage in die Gruppe richtete, verstummte das Geschehen für einen Augenblick, als jedoch ein junger Mann mit Kettenweste auf den Ankömmling zuging, scherten sich die anderen nicht weiter um diesen. Erneut stimmte eine junge Frau eine Melodie auf ihrer Knicklaute an und ein bärtiger Kämpe begann das zuvor gesungene Lied auf den heiligen Hlûthar, in seinem tiefen Bass, einfach von vorn.

Basin von Richtwald derweil näherte sich Dwarosch mit einem offenen und freundlichen Lächeln. „Die Zwölfe zum Gruße Väterchen. Loriann von Reussenstein sucht Ihr? Vor einer ganzen Weile sah ich sie bei der Eintragung ins Feldregister. Doch verratet mir freundlicher Weise zuerst mit wem ich die Ehre habe, bevor ich Euch den Weg weise.“ [Richtwald(Basin von Richtwald)15.03.2016]

Im gleichen Augenblick löste sich ein Ritter mit breiteren Schultern, von normalem Wuchs, mit einem ordentlich gestutzten Bart von der Gruppe, die Dwarosch angesprochen hatte, und sah nun sowohl den Zwerg als auch Basin von Richtwald an. Sein Wappenrock, ordentlich und sauber trug deutlich sichtbar die Eiche auf grünem Grund, das Wappen der Baronie Firnholz. Kaum hatte Basin geendet, trat Belfionn, erster Ritter von Fedora Madalin, Baronin von Firnholz, auf die beiden Männer zu. [Vera(Belfionn)15.03.2016]

Der Angroschim wendete sich an den jungen Mann in Kette, der ihn angerufen hatte. “Rondra und ihr karfunkelherzige Sohn zum Gruße“, erwiderte er und nickte dem anderen, breiter gebauten Ritter zu. „Habt Dank dafür, dass ihr mir weiterhelfen wollt. Mein Name ist Dwarosch, Sohn des Dwarlin und ich bin in meiner Funktion als Verbindungsoffizier des Garderegimentes Ingerimms Hammer auf der Suche nach Ihrer Wohlgeboren von Reussenstein. Ich muss mich mit Ihr abstimmen, da sie meine Kontaktperson zum Heeresstab ist.” Ein Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht des Zwergen. „Bevor ich einen Eklat verursache, weil ich die Regeln der Etikette allzu sehr verletzte, bitte verratet auch mir mit wem ich die Ehre habe.“ (Stefan [Dwarosch] 15.03.2016)

Bei den Worten des Angroscho konnte sich Basin ein Lachen nicht verkneifen. „Nun Väterchen, es ist mir eine Ehre Euch kennen zu lernen. Mein Name ist Basin von Richtwald und die Frohnatur die dort auf uns zukommt ist Ritter Belfionn. Wie ihr an seinem Wappenrock seht gehört er eigentlich genau dorthin wo ihr vermutlich eure Gesuchte finden werdet. Allerdings zog er die zuvorkommende Gesellschaft hier und wohlklingende Gesangsstimme meines Vetters der Alternative vor.“ An den sich nähernden Ritter gewandt rief Basin dabei belustigt: „Hab ich nicht Recht?“ [Richtwald(Basin von Richtwald)15.03.2016]

Dwarosch lachte, dieser Mann gefiel ihm. Er war nicht so verstockt wie viele der edlen Damen und Herren in der Ritterschaft oder der Heeresführung. Sein Humor war nicht so derb wie der den man in den Hilfstruppen, oder dem Tross hören konnte und seine Sprache war gewählt, zeigte das er von Stand war. Er musste jemand sein der trotz seiner Herkunft nicht vergessen hatte das er am Ende nur ein einfaches Geschöpf seiner Götter war, wie jeder andere Mensch auch. Diese Geisteshaltung respektierte Dwarosch.

Er wandte sich an den Ritter Belfionn. “Werter Herr, könnt ihr mir sagen wo ich die gesuchte Dame, Ihre Wohlgeboren von Reussenstein finden kann?“ (Stefan [Dwarosch] 16.03.2016)

„Die Zwölfe zum Gruße Dwarosch, Sohn des Dwarlin. Verzeiht mir, ich weiß im Moment ebenfalls nicht, wo sich Ihre Wohlgeboren von Reussenstein aufhält, da ich mich schon seit einiger Zeit selbst nicht im Lager der Firnholzer aufhielt. Wie Euch Basin von Richtwald bereits gesagt hat, saß ich mit ihm und seinem Vetter zusammen hier am Lagerfeuer. Aber ich bin durchaus bereit, Euch zumindest in das Lager der Firnholzer zu begleiten, um zu sehen ob Ihre Wohlgeboren dort ist. Soweit ich weiß, ist sie tatsächlich mit allerlei Aufgaben betraut, die die Aufzeichnung aller vertretenen Wappen und der Kundschafterdienst im Auftrage des Herolds der Nordmarken mit sich bringen.“ [Vera(Belfionn)16.03.2016]

„Habt Dank für dieses Angebot. Es wäre mir eine Ehre, wenn ich mit in das Lager der Firnholzer begleitet werter Ritter Belfionn. Ich möchte Euch aber auch nicht von den Euren losreißen, ich weiß wie wichtig Freunde vor und während eines Feldzuges sind. Ihr könnt mir auch die Richtung nennen, ich überlasse es Euch.“ (Stefan [Dwarosch] 17.03.2016)

Schreckliche Wahrheit

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Beinahe zeitgleich war die Reussensteiner Junkerin Loriann Varaldyn zurück im Lager. Und ihre Stimmung war immer noch mies. Sie hatte das Fläschchen, das ihr der Falkenswarter gereicht hatte, gänzlich ausgetrunken und, was auch immer es gewesen sein mochte, es hatte nicht im Ansatz das taube Gefühl vertrieben, welches Loriann tief in ihrer Brust empfand. Da konnte auch ein lockerer Spruch von den Lippen ihres Hauptmanns, des Alberniers, nichts ändern. Sie hatte ihn nur düster angestarrt, nach einer der hölzernen Übungswaffen gegriffen und dem blonden Krieger eine andere zugeworfen mit den Worten, er möge sich bereitmachen. (Tanja [Loriann] 18.3.16)

Roric musste kein Meister sein, um zu erkennen, dass seine Freundin voller Frust steckte. Er kannte Loriann nur zu gut. Genauer gesagt seit Kindertagen. Und wenn sie nicht weiterwusste, sich in die Ecke gedrängt oder ungerecht behandelt fühlte, dann prügelte sie sich, damit ihre Wut verflog. So war es auch diesmal, daher nahm er es ihr nicht weiter krumm, dass sie auf ihn eindrosch, als sei er der Reichsverräter persönlich. Er kannte Möglichkeiten, sich ihre Hiebe vom Hals zu halten, versuchte sie jedoch trotzdem zu anfangs auf den bestehenden Kaiserfrieden hinzuweisen, der Duelle verbot und sonstige Kampfhandlungen, die böswilliger Absicht waren. Mit den hölzernen Waffen konnte die Junkerin zwar nicht so viel Schaden anrichten, im Prinzip nur blaue Flecke, aber Roric merkte rasch, dass es dieses Mal nicht genügen würde, ihr einen Übungskampf zu liefern. Deutlich zu tief steckte da ein Dorn in ihrem Fleisch und der ledige Mittdreißiger wusste, es würde auch nicht besser werden, umso mehr seine Freundin ihm nebenbei von allem erzählte, während sie ihn durch das Firnholzer Zeltlager klatschte. Weder ihre Unterredung mit dem Geweihten, diesem Hane, noch mit dessen Gemahlin war wohl so gelaufen, wie Loriann es sich vorgestellt hatte. Wütend schimpfte sie sich selbst einen dämlichen Narren, sich jemals auf einen Vertrag mit beiden eingelassen zu haben und verdammte zwischen einer Finte und einem derben Schlag auf Rorics Knie wortwörtlich den Tag, an dem sie ihr Einverständnis gegeben hatte, ihre Tochter in die Hände dieser Magierin zu geben. Roric seufzte innerlich. Er hatte nämlich von Anfang an das Gefühl gehabt, dass es irgendwann einmal Ärger zwischen der Magistra und Loriann geben würde, denn die beiden Frauen besaßen seiner Meinung nach so unterschiedliche Ansichten von der Welt, dass es unweigerlich früher oder später zu Differenzen mit diesem Schlagabtausch kommen MUSSTE. Da Loriann nicht gern klein beigab und auch schon immer ein Problem damit hatte, wenn ihr die Hände gebunden waren, vor allem, wenn es um ihre Tochter ging, fraß sich ihr Frust mit jedem Hau, den sie auf ihren Hauptmann niederfahren ließ, tiefer. Schätzchen ich hab dich gern, aber jetzt ist genug! Roric wusste, er musste etwas unternehmen, bevor sie sich wirklich ernsthaft etwas antat – oder sich restlos vor den Männern und Frauen hier zum Deppen machte. Also griff er zu einer List und ließ mitten im Winden das Holzschwert sinken und deutete mit völlig überraschter Miene hinter seine schlagsüchtige Herrin: "Oh, Maire, was machst du hier?"

Als Loriann nun den Kopf zu ihrer Tochter wandte, die dort angeblich stand, beendete Roric den Kampf mit einem gezielten Schlag mit der Parierstange gegen den Kopf der Reussensteinerin. Innerlich seufzend, dass er es mal wieder richten musste und genauso darüber seufzend, dass sie wieder einmal auf den gleichen Trick hereingefallen war, fing er sie auf, noch bevor sie zur Erde sackte und schleppte die Weggetretene ins Zelt. Loriann hatte eine Pause nötig. Und er brauchte jetzt auch erst mal eine. Sie hatte ihm in ihrem unrühmlichen Eifer ganz schön zugesetzt. Er schmunzelte dennoch zufrieden. Götter, wie er diese Frau liebte...

*

Loriann erwachte irgendwann später und fand sich auf einem Feldbett wieder. Ihr Hinterkopf schmerzte. Aber als sie hinfasste, spürte sie nur ihr Haar, keinen Verband. Ein gutes Zeichen. Einen Moment brauchte sie, um zu realisieren, dass sie in ihrem eigenen Zelt lag, auf ihrer eigenen Liege wohlgemerkt. Einer der Schemen vor dem nur locker verschlossenen Zelteingang gehörte dem Albernier, mit dem sie sich erst noch geprügelt hatte. Als sie sich stöhnend aufsetzte und nach dem Becher Wasser griff, den er ihr neben die Liege auf eine herbeigezogene Kiste gestellt hatte, ließ ihr Freund den Kopf blicken, schmunzelte sie kurz an und verschwand dann wieder nach draußen, wo er sich offensichtlich mit jemandem im Gespräch befand, denn er sagte zu demjenigen:

"Ja, sie ist jetzt wach. Ich denke, sie wird sich über etwas Abwechslung freuen."

Sogleich ging das Zelt auf und ein Angroschim trat in das Zelt. Er war nicht überdurchschnittlich groß schätzte sie, aber von massiger, enorm breiter Statur mit einem Stiernacken, welcher sich sogar unter Ringelpanzer und abgenutzten Wappenrock abzeichnete. Eine Zugehörigkeit war auf letzterem nicht aufgenäht, was sie kurz stutzig machte. Er hatte wilde, fast schon zerzauste schwarz-graue Haare und einen ebenso farbigen, langen Bart, welcher zu schweren Zöpfen geflochten war, die ihm bis zur Gürtelschließe reichten. Unter dem Arm trug er einen Barburiner Hut, welcher er anscheinend noch über Kettenkragen und -Haube trug, denn die waren ebenfalls angelegt, letzteres aber zurückgeschlagen. Der Zwerg trat näher bevor er das Wort erhob.

“Mein Name ist Dwarosch, Sohn des Dwarlin Eure Wohlgeboren. Ich bin ein ehemaliger Korknabe und nun Euer Verbindungsoffizier zum Regiment Ingerimms Hammer. Nordmark gab mir den Rat, mich mit Euch abzusprechen, bevor der Heerzug sein Ziel erreicht.” (Stefan [Dwarosch] 19.03.2016)

Loriann wusste, dass ihr Rogolan nicht perfekt war, aber sie wusste aus dem Stehgreif einen höflichen Gruß zu erwidern – auch wenn ihr eine gewisse Verwunderung über den unerwarteten Besuch des fremden Zwergenkriegers, der zwar sie kannte aber ihr unbekannt war, ins Gesicht geschrieben stand. "Fortombla hortomosch, Dwarosch." Loriann fand, dass es nie verkehrt war, einen Gegenüber erst einmal mit 'Frieden und Wohlstand' zu begrüßen.

Sie fuhr sich eilig mit den flachen Händen über den Kopf, um ein paar wirre Ausreißer ihres dunkelblonden Haupthaars glatt zu streichen. Selbiges trug sie im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden. Den zog sie bei der Gelegenheit enger, was ihr, als sie eine bestimmte Stelle am Hinterkopf berührte, einen kurzen Augenblick lang einen gequälten Gesichtsausdruck gab, und streifte ihn im Nacken aus, bevor sie sich den Gürtel zurechtrückte, der ihren farblich zweigeteilten rot-gelben Wappenrock an der Hüfte einfasste, bevor sie auf den Zwerg zuging. Ihr Wappentier, ein angreifender Bär, schmiegte sich auf der gelben Stoffseite vom Saum aufwärts an ihre Hüfte. Sie hatte eine recht weibliche Gestalt, war nicht so drahtig wie andere Menschinnen, die sich der Kampfkunst verschrieben hatten, und so richtig jung sah sie auch nicht mehr aus. Tatsächlich konnte jemand, der etwas davon verstand, sehen, dass die Junkerin vom Reussenstein nicht unbeschwert war. Ihrem Blick wohnte viel mehr ein drückender Ernst inne. Sie schien jedoch über den Besuch des Zwergen nicht verärgert, sondern untermauerte ihr freundliches Lächeln mit einem festen Händedruck und einer Geste des Willkommens.

Da sie wusste, dass es unter den meisten Angroschim besser ankam, wenn man sich als 'Kurzlebiger' erst einmal nicht zu wichtig nahm, stellte sie sich wie immer nur mit zwei der Namen, die sie tragen durfte, vor: "Ich bin Loriann Varaldyn. - Nun, wenn euch Nordmark hergeschickt hat, wird er Gründe haben. Wir können gern sprechen, setzt euch doch! Ich kann euch allerdings nur diesen Hocker anbieten. Wie ihr vielleicht seht reisen wir mit wenig Gepäck." Sie deutete auf einen Schemel, der zum Sitzen allerdings gut genug war. Sie selbst nahm Platz auf einem Eck der Kiste, die neben der Liege stand. Tatsächlich befand sich in der bescheidenen Unterkunft kein schmückender Tand, sondern ausnahmslos Dinge, die man auf dieser Unternehmung brauchte: Waffen, Rüstungsteile, zwei Sättel,… In einer Ecke hing ein blau-grüner kurzer Waffenrock mit einem silbernen Barsch darauf auf einem Bügel aus.

"Und bitte verzeiht, dass alles an mir etwas, hm, zerknittert ist…" Sie sah mit trockener Selbstironie an sich herab und strich erfolglos über ein paar Falten im Stoff. "Ich hatte mich…hingelegt." Dabei warf sie einen kurzen – wie es Dwarosch schien – mürrischen Blick aus zusammengekniffenen Augen in Richtung des Zelteingangs. Sie riss sich allerdings schnell wieder von dem Gedanken an ihren zurückliegenden Kampf mit Roric los und fand schwer seufzend, weil sie jemand anderem nicht so einfach verzeihen konnte wie dem Albernier, zu ihrem Gast zurück. Die Erwähnung, er sei einst Mitglied der legendären Korknaben gewesen, ging die Junkerin nicht ein. Es interessierte sie vielmehr, was sie nun heute und hier für den Angroscho tun konnte. Denn sie musste sich eingestehen: etwas überfordert war sie dann doch, ein Gespräch führen zu müssen, über dessen Inhalt sie nur spekulieren konnte.

"Also Verbindungsoffizier seid ihr… Ingerimms Hammer…. verstehe. Ich gebe zu, bis gerade eben wusste ich nicht, dass es einen solchen überhaupt gibt." Sie schmunzelte. "Hat Nordmark gesagt, was genau wir besprechen sollen?" tastete sie sich vorsichtig in das Gespräch hinein und hoffte, dass ihr Gegenüber sie aufklären würde. Mit ihren Gedanken war sie nämlich momentan eher auf einer Wiese, auf der Zauberkuppeln geübt wurden.

Dwarosch setzte sich und nickte ihr dankend zu, wobei seine Rüstung deutlich vernehmbar schepperte. Er schien weniger ein Mann großer Worte zu sein, danach sah er aber auch nicht aus. Es dauerte einige Zeit bis er Antworte, war er anscheinend darauf bedacht sich nicht falsch auszudrücken.

„Soweit ich den Herold verstanden habe ging es ihm wohl darum, sicherzustellen, dass ich Eure Zeichen richtig interpretiere und an das Regiment ordnungsgemäß weitergeben kann, wenn der Ernstfall dies im Felde erfordert.“

„Nun, ich werde weitergeben, was und wie man es mir sagt. Ich denke – nein, wir werden mit Sicherheit Angaben bekommen, die präzise genug sein dürften, dass wir uns Interpretationen sparen können. Wie ihr vielleicht schon wisst, ist Nordmark kein Freund von langem Drumherumreden. Das hat er uns Persevanten oft schon mehr als deutlich gemacht.“ Sie schmunzelte leicht und seufzte dabei, als wäre diese Erfahrung nicht immer einfach gewesen. „Geht also davon aus, dass wir mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht über irgendwelche Inhalte diskutieren werden müssen. … Aber, bitte, ich wollte euch eigentlich nicht unterbrechen, Dwarosch, fahrt doch bitte fort!“

Der Zwerg nickte und tat es. „Ich habe von ihm bereits eine Abschrift der Wappenrolle erhalten, in die ich mich derzeit einarbeite. Die meisten stehenden, mittelreichischen Heereskontingente erkenne ich anhand ihrer Wappen und Banner, so auch den Großteil Eurer hohen Häuser, aber bei den… kleineren gibt es durchaus Lücken, was mein Wissen angeht.“ Er lächelte, überspielte so seine Unsicherheit in der Wortwahl, „um niemanden zu brüskieren gebe ich mein Bestes diese Lücken zu schließen.“

Alles was er sagte schien einstudiert, seine Miene verriet immer wieder, dass er darüber nachsann, was als nächstes kommen müsse, wie der folgende Satz in seiner Vorbereitung ausgesehen hatte. Darüber hinaus merkte man ihm an, dass die gewählte Sprache ihm nicht fremd, er aber sehr wohl ungeübt darin war.

„Ich wollte Euch um eine Abschrift der entsprechenden Feldzeichen und Kommandos bitten. Wenn es ein solches Dokument nicht gibt, räumt mir auf dem uns bevorstehenden Feldzug bitte Zeit mit Euch oder einem Eurer Untergebenen ein, so dass ich die Gelegenheit bekomme diese Kommandos zu lernen.“

Als er geendet hatte hellten sich seine Gesichtszüge auf, er schien zufrieden mit dem zu sein was er vorgetragen hatte. „Und wenn ihr mir eine persönliche Bemerkung erlaubt, ich war erschreckt wie viele Männer und Frauen strahlende, glatte, neue Wappenröcke tragen in diesem Feldlager. Um ehrlich zu sein habe ich mich in meinem Leben immer wohler gefühlt, wenn es keine solchen in den Kampfreihen gab, wenn es in die Schlacht ging.“

Nun gab es zuhauf Adlige, die mit ihren Gedanken und Gefühlen so sehr hinterm Haus hielten, dass sie eine beinahe starre Maske trugen. ‚Isnatosch‘ schien allerdings nicht dazu zu gehören, denn einen Moment lang war ihr anzusehen, dass sie darüber nachdachte, ob auch sie vielleicht bei der Sache mit den strahlenden jungen Wappenröcken gemeint sei. Ihrer war zwar etwas zerknittert und fleckig durch die Prügelei mit Roric, aber auch neu. Zumindest hatte sie dieses Wappen noch nie in einer Schlacht getragen. Das der Varaldyns, ja. Aber noch nie den Reussensteiner Bären!

Die Junkerin von Reussenstein machte einen sehr umgänglichen und bodenständigen Eindruck und wirkte beileibe nicht wie jemand, der sich brüskierte, wenn etwas nicht perfekt lief. Auch ihr nachfolgendes Geständnis machte sie irgendwie sympathisch: „Hm, ja, es sind viele junge Ritterinnen und Ritter hier, das stimmt, und aus eurer Sicht – ihr habt ja schon in vielen Kriegen gestritten – müssen diese jungen Nordmärker auf euch etwas...hm… sagen wir befremdlich‘ wirken. Das kann ich gut verstehen. Naja. Hoffentlich seid ihr nicht auch von mir erschreckt. Ich selbst habe nämlich auch bisher ‚nur‘ gegen die Schwarzpelze im Westen gekämpft… damals… 26… als der Sadrak Whassoi durch Albernia pflügte.“ Sie ließ eine kurze nachdenkliche Pause und fuhr sich noch einmal mit der Hand über den Kopf. Ihr Blick rutschte kurzzeitig in die Vergangenheit, die sich auf dem niedergetrampelten Grasboden befand. An ihrem Mienenspiel war kein Triumph lesbar. Dann sah sie wieder auf. „Ich war damals auch kaum älter als mancher meiner Landsleute heute – Gebt ihnen eine Chance! Sie sind vielleicht nicht erfahren und vielleicht fehlt es ihnen an der Weitsicht, wie man sie nur haben kann, wenn man schon an der Trollpforte gestanden hat, aber sie sind beseelt von dem Wunsch, sich einzubringen und nicht wenige davon sind hier, wegen der Ideale und der Freiheit, die es zu verteidigen gilt und nicht nur, weil der Lehenseid sie zwingt.“

An dieser Stelle lachte die Junkerin zynisch: „Ach, der Eid, ja… Ich würde sagen, es gibt hier junge Recken, die mehr Arsch in der Hose haben, als die nicht wenigen alten Barone, die diesen Krieg lieber zuhause im bequemen Sessel aussitzen, statt hier zu stehen, wohin sie eigentlich gehören. Aber,“ Loriann machte eine wedelnde Handbewegung, wie als würde sie eine Mücke vor dem Gesicht verscheuchen wollen. Sie wollte das endlose Thema um Loyalität und Verweigerung wieder zu verbannen, nachdem sie sich aus dummen Gefühlen heraus hinreißen ließ, darüber zu sprechen. „das ist eine leidige Sache, die jetzt nun mal so ist wie sie ist und sich bedauerlicherweise nicht mehr ändern lässt."

Sie räusperte sich. „Dwarosch, tut mir leid, wir wollten uns ja über Kommandos und Feldzeichen unterhalten.“ Sie legte ein entschuldigendes Lächeln auf.

„Nun,“ nur zögerlich ergriff Dwarosch wieder das Wort, „es lag mir fern Euch mit dieser Äußerung zu kränken, natürlich wart Ihr damit nicht gemeint! Verzeiht, ich bin ein einfacher Mann und denke einfach zu wenig darüber nach wie meine Worte mein Gegenüber erreichen. Diese Schwäche konnte ich nie ablegen, egal wie alt ich wurde.“ Er machte eine kleine Pause, sah kurz zu Boden und sammelte sich.

Sie nutzte diesen Moment, um ihr wildes Kopfschütteln zu erklären: "Aber nein, nicht doch. Ihr habt mich nicht gekränkt. Wenn ich mich gerade hinreißen ließ, dann deswegen, weil ich nicht verstehen kann, wie man dem Heerbann der Kaiserin nicht folgen kann. Eigentlich dürfte es keine Frage sein, ob, sondern eigentlich nur eine nach dem wie." Erneut merkte man ihr den Ärger darüber an der Stimme an.

„Das was ich sagen wollte war, dass dieses junge, meist unerfahrene Heer einen hohen Blutzoll wird zahlen müssen. So sehr ich Haffax verachte, er ist ein taktisches Genie und er wird Vorbereitungen getroffen haben für den Fall, dass wir ihn angreifen. Er weiß, dass wir kommen! Ich wünschte einfach, es gäbe mehr erfahrene, reife Männer und auch Frauen die dieses Leben schon gelebt und genossen haben, so wie mich. Wenn diese, so wie auch mich, der Tod ereilt, dann gibt es zumindest etwas aufzuwiegen, wenn man vor Rethon steht. Diese jungen Leben sind einfach…“, er stockte, seine letzten Worte waren unsicher gewesen und schüttelte den Kopf. Sie erkannte dass seine weit geöffneten Augen hin und her huschten. Ohne den vorherigen Satz zu beenden nahm er das Gespräch wieder auf. „Es ist einfach so, dass ich nie akzeptieren konnte, dass die Götter es gut heißen, dass Kinder zur Schlachtbank geführt werden."

An dieser Stelle härtete der verärgerte Gesichtsausdruck der Reussensteinerin zu einer Fratze aus. Deutlich für Dwarosch sichtbar hielt sie die Luft an.

"Ich habe so viel Elend und Tod gesehen und lebe damit, kann damit leben, doch die Bilder der Toten, teils geschändeten, oder verstümmelten Kinder werde ich nie vergessen können. Aber es muss sein, das ist die Tragik dahinter. Wir müssen Haffax Einhalt gebieten!“ Mit jedem Wort war die Sicherheit mehr und mehr in seine Stimme zurückgekehrt. Erneut schüttelte er den Kopf. „Verzeiht mir erneut Eure Wohlgeboren, ich möchte Eure Zeit nicht ungebührend verschwenden, Ihr werdet Bedeutenderes zu tun haben als mit mir zu plauschen.“ Er räusperte sich und fand einen erneut sachlichen Ton. „Also, was muss ich wissen, wenn wir ins Feld reiten?“

Noch während der Zwerg weitergesprochen hatte, war Loriann mit einem Ruck aufgestanden und hatte sich von ihm abgewandt. Ihre Linke ging zu ihrem Gesicht, das sie zur Erde neigte. Mehr konnte Dwarosch jedoch von hinter ihrem Rücken nicht erkennen. Als er ihr seine letzte Frage stellte, dauerte es einen gefühlt ewigen Augenblick, bis sie überhaupt reagierte. Es kam nur ein leises, abwesendes "Ja…" über ihre Lippen. Noch immer stand sie mit dem Rücken zu dem Gast und starrte gedankenverloren zu Boden. 'Kinder zur Schlachtbank'… Loriann wurde schlecht und sie musste sich an der Stange festhalten, die in der Mitte das Zeltdach stützte.

Hinter sich hörte sie den Angroscho vorsichtig ihren Namen sprechen. Aber es klang nur dumpf an ihr Ort, wie von fern. In Gedanken sah sie all jene Kinder, von denen er gerade gesprochen hatte. Bilder ihrer eigenen Erinnerungen von der Schlacht um Hammer und Amboss und ihre Ängste, ihre eigene Tochter betreffend, mehrten sich zu einem grausamen Tagtraum. Irgendwo hörte sie die Magistra Turi Eslebon sprechen: 'Mein Sohn kann eben erst laufen, Maire kann töten. … Ich werde eure Tochter mit in diesen Krieg nehmen, weil ich es für richtig halte.' Auch deren Behauptung 'Maire ist kein Kind mehr' - ging Loriann tief und schnitt, gepaart mit den Bildern, die Dwaroschs Worte in ihr heraufbeschworen hatten, wie eine heiße Klinge in ihr Herz. Sie fasste sich an selbiges, nur um zu spüren, dass es viel zu schnell und zu oberflächlich schlug. Und dann entglitt ihr der Halt und sie fuhr wie ein Sack Steine zu Boden.

Dwarosch riss die Augen auf, ließ den Helm, den er bislang artig in der Hand gehalten hatte, fallen und machte einen Satz vorwärts. Er warf sich aus dem Sitzen nach vorn und stieß sich im Fallen mit beiden Füßen ab, dachte nur daran ihr Kopf nicht auf dem Boden prallen zu lassen. Mit Wucht und enormen Gewicht durch seine Rüstung schlug er der Länge nach hin. Die Arme nach vorne gerissen, berührten erst die Knie, die Oberschenkel, dann sein tonnenartiger Torso den Boden. Im selben Augenblick spürte er ihr Gewicht, ihren Nacken und Kopf auf seinen Unterarmen. Die Sehnen schmerzten durch die plötzliche Belastung auf kalte Muskulatur, seine Ellbogengelenke schienen zu bersten, wurden ruckartig überdehnt. Dann schlugen auch seine Arme auf dem Boden auf. Stoßartig entleeren sich seine Lungen und er stöhnte auf. Sein nach hinten überstreckter Nacken konnte nicht verhindern das sein Kopf, welchen er seitlich gedreht hatte ebenfalls auf den Boden aufschlug. Es wurde für den kurzen Moment zweier Herzschläge dunkel um ihn, dann setzte sein Herzschlag wieder brachial ein und er kam hustend zu sich. Einen langen Moment brauchte er um zu erfassen was geschehen war. Noch unter dem Eindruck ihres Zusammenbruchs stehend brüllte er mit seinem tiefen Bass. “Soldaaaten!”

Fast augenblicklich hechteten nacheinander zwei Reussensteiner Soldaten, ein großer Mann mit Schnauzbart und ein kleinerer mit einem breiten Kreuz wie das eines Holzfällers, ins Zelt ihrer Herrin.

Dwarosch ließ es nicht erst zu Fragen kommen, sondern gab wie er es gewohnt war rasche Kommandos. “Schnell, einen Eimer mit kalten Wasser, einen sauberen Lappen und schickt nach dem Medikus. Worauf wartet ihr? Los!”

Die beiden Untergebenen verständigten sich kurz, wer von ihnen Medicus und Hauptmann informieren und wer den Eimer Wasser besorgen würde, dann sprühten sie auseinander und verschwanden außer Sicht.

Dwarosch legte den Kopf der Frau, so sanft er es in dieser Haltung vermochte, auf dem Boden ab, dann kam er langsam und unter beträchtlichen Schmerzen hoch. Ihm brummte der Schädel. Blut quoll ihm aus einer Platzwunde seitlich der Stirn vor die Augen. So kniete er sich vor sie, achtete darauf das sein Blut sie nicht beschmutzte und bettete ihr Haupt auf seinem eilig zusammengerollten Wappenrock.

Als kurz darauf der Kerl mit dem Schnauzer das Zelt stürmte, streckte Dwarosch ihm den Arm entgegen und nahm Eimer und Tücher entgegen.

Nach dem Soldaten betrat auch jener Recke, der sich Dwarosch vorhin erst noch als Hauptmann vorgestellt und mit dem er sich eine Weile ganz nett vor dem Zelt der Junkerin unterhalten hatte, das Zelt.

"Was ist passiert?" wollte der blonde Albernier als allererstes wissen, da war er noch nicht einmal durch den Zelteingang getreten. [Roric (Tanja)]

Dwarosch sah den Hauptmann mit einer Mischung aus Entsetzen und Verwunderung an. Er schüttelte fast unmerklich den Kopf. “Ich weiß es nicht. Wir unterhielten uns. Allein, ich denke ich habe sie an etwas erinnert, etwas Schmerzliches aus ihrer Vergangenheit wie mir schien. Erst drehte sie sich von mir weg, ich hatte das Gefühl das sie sich grämte, dann fasste sie sich an die Brust und brach zusammen.” Seine Augen huschten wie gehetzt hin und her. “Dann prallte ich auf den Boden und fing ihren Kopf, es war ein Reflex, keine bewusste Handlung.”

Seine Augen ruhten auf ihrem Gesicht, seine grobe, scheinbar riesige Hand, schwielig, muskulös und vernarbt auf ihrer Schulter. “Bitte Mütterchen Peraine, schenkt dieser Frau neue Kraft, ihrem Körper und ihrer Seele. Es lag mir fern sie innerlich durch meine Worte so zu treffen, sprach ich nur aus was mich bewegt in diesen dunklen Tagen. Und bitte verzeiht meine schlichten Worte, ich bin ein einfacher Mann.” (Stefan [Dwarosch] 23.03.2016)

Der sehnige Krieger, der wie die Junkerin einen gelb-roten Wappenrock mit einem großen Bären darauf trug, fasste den Zwerg vertrauensvoll bei der Schulter. „Ihr habt richtig gehandelt und allein das zählt.“ Gemeinsam hievten die beiden Männer die Ohnmächtige auf ihre Liege und verharrten dort einen Moment lang schweigend.

Bald schon war ein Eimer mit Wasser vor Ort und der Hauptmann übernahm es persönlich, der Herrin vorsichtig die Stirn mit einem Lappen zu kühlen.

Beruhigend war, so fand Roric, dass ihr Atem gleichmäßig ging. Das hielt er für ein gutes Zeichen, auch wenn er sich ansonsten große Sorgen um Lorianns Wohl machte, denn es war nicht unbedingt ihre Art, einfach umzukippen. Er machte er sich selbst Vorwürfe. Hatte er vorhin etwa zu stark zugeschlagen und sie hatte etwa seinetwegen diesen Zusammenbruch erlitten? Oder mochte es mit dem Streit mit der Magistra zu tun haben? So aufgewühlt hatte er Loriann nämlich nur selten erlebt. Was auch immer es war, er mochte aus Furcht vor etwaigen weiteren Fehlern lieber auf die heilkundige Expertise eines Geweihten oder Medicus vertrauen, als auf sein Gefühl, Loriann einfach durch sanftes Tätscheln des Gesichts wiederzuerwecken, um sie zu befragen.

„Der Heiler wird sicher bald kommen,“ versuchte Roric die Stille zu unterbrechen, die im Zelt herrschte, weil auch der bullige Angroscho recht still geworden war. [Roric (Tanja)]

Dwaroschs Mund war trocken und so schluckte er schwer. Er konnte nichts auf die Worte des Mannes erwidern, alles hätte in seinen Ohren wie eine leere Phrase geklungen. Lediglich ein Nicken auf dessen aufmunternde Worte war von ihm zu vernehmen. (Stefan [Dwarosch] 23.03.2016)

So schnell ihre Füße sie trugen, hetzte die Geweihte in dem grünen Ornat der Kirche Peraines hinter dem Soldaten, der ihr Kunde gebracht hatte, her. Ihr Umhang flatterte im Wind, ihr Beutel schlug ihr immer wieder an die Hüfte. Hinter ihr keuchte ein Novize unter der Last des schweren, ledernen Heilerkoffers, den sie mit sich führte.

Als der Aufruf des Herzog, des jungen Herzogs Hagrobald vom Großen Fluss, ertönt war, gemeinsam gen Gallys zu ziehen und Haffax zu schlagen, hatte sie hart mit sich gerungen. Ivetta von Leihenhof, Hüterin der Saat, Hochgeweihte der Peraine-Kirche und Vorsteherin des Perainetempels zu Storchengarten sowie Äbtissin des Therbûniten-Klosters Storchengarten, war keine Kriegerin. Sie war Heilerin, Priesterin. Doch auch sie war im Osten gewesen – wie auch im Westen, in Albernia. Sie hatte schreckliche Leiden an Körper und vor allem der Seele der Menschen erlebt. Und sie war dabei gewesen, als Xeraan, der verdorbene Tyrann von Mendena durch das heilige Wunder ihrer Göttin seiner Macht beraubt wurde. Es war ihr eine innere, beinahe heilige Pflicht, diesen Kriegszug zu begleiten, um Körper und Seele der Heerführer und Soldaten zu beschützen. So also war sie, selbst Junkerin von Storchengarten in der Herzoglichen Baronie Fuchsgau, an ihren Neffen Baron Roklan von Leihenhof zum Galebquell herangetreten. Als Priesterin und Familienmitglied, nicht als Junkerin vom Storchengarten. Dieses Kontingent würde ihr Vogt und Verwalter Hilberian vom Berg führen. Und Roklan hatte sie auf ihr inniges Bitten hin mitgenommen. Die Geschäfte im Tempel führte derweil ihr Stellvertreter.

Und so war sie nun im Heerlager der Nordmärker in Gallys und rannte einem Reussensteiner Soldaten hinterher und einem Novizen ihres Tempels voraus zu einer bewusstlosen Firnholzer Junkerin.

Vor dem Zelt standen zwei andere Soldaten, beharrlich darauf bedacht, niemanden überflüssiges hineinzulassen. Grimmig richteten sie ihre Blicke auf die Entschlossenheit der Geweihten – und prallten daran ab, wie Holzpfeile an einer Koschbasaltmauer. Ivetta packte ihren schulterhohen Stab, ein glatt poliertes Gerät, dessen Kopf den fein geschnitzten Schädel eines Widders zeigte, und deutete erst auf den einen Wachmann, dann auf den zweiten. „Im Namen der Gütigen Mutter Peraine, lasst mich durch. Hier benötigt man meine Hilfe.“

Als sei es der Heilige Befehl eines Priesters des Praios hüpften die beiden Gardisten beiseite und gaben den Durchgang frei.

„Komm, Bran.“ wies sie den jungen Mann, der kaum 15 Götterläufe zählen musste an. Dieser wuchtete den Koffer, den er einen Monat abgesetzt hatte, hoch und folgte seiner Mentorin auf dem Fuße.

Die beiden Männer im Zelt, von denen einer ein Angroschim war, schauten auf, als die Zeltflügel beiseite schwangen und eine Priesterin Peraines mittleren Alters mit einem ernsten Ausdruck auf ihrem freundlichen Gesicht eintrat. Das dunkle Haar war zu einem praktischen Knoten gebunden und durch das grüne Kopftuch bedeckt. Über einer hellgrünen Leinenkutte trug sie einen dunkelgrünen Lodenüberwurf, beides gehalten durch einen Ledergürtel. Eine große, gelbe Ährenstickerei prangte auf dem Überwurf, eine einfache Stola aus demselben hellgrünen Leinen lag ihr über den Schultern. Ihr folgte schnaufend ein junger, hagerer Novize in einer einfacheren Kutte. Das rotbraune Haar umrahmte ein schmales, spitz zulaufendes Gesicht mit einer kecken Nase und zahlreichen Sommersprossen. Er stellte einen schweren, dunkelbraunen Lederkoffer auf den Boden und holte tief Luft.

„Ich bin Ivetta von Leihenhof.“ grüßte die Priesterin und sah erst den Zwerg, dann den Menschen an. „Bitte, was in Peraines Namen, ist geschehen, wie kann ich helfen?“ (Nils [Ivetta] 24.03.2016)

In Dwaroschs Miene sah man Hoffnung, als er die Geweihte erblickte, und so ergriff er sogleich das Wort, ohne jedoch sich einen Spann von der Kopfseite der Bewusstlosen fort zu bewegen. „Eure Gnaden, ich war dabei mich mit Ihrer Wohlgeboren zu unterhalten. Ich hatte das Gefühl, sie sei aufgewühlt und dass sie seelisch an Geschehnissen der Vergangenheit litt. Dann fasste sie sich ans Herz und brach zusammen. Ich konnte nur noch verhindern, dass ihr Kopf auf den Boden aufschlug.“ Er rang nach Worten, holte Luft und sah die Dienerin Peraines hilfesuchend an. „Oh bitte helft ihr eure Gnaden!“ (Stefan [Dwarosch] 23.03.2016)

Rasch nahm die Priesterin die Stola von ihren Schultern und reichte sie wortlos dem Novizen. Dieser nahm sie ebenso wortlos entgegen und verstaute sie im Koffer. Die Geweihte führte ihr Gesicht erst zum Kopf der Bewusstlosen.

‚Loriann von Reussenstein…‘ Persevantin Isnatosch – Ivetta kannte sie von der letzten Versammlung des Nordmärkischen Adels. Von der Neubesetzung des Eichenen Gemachs und erinnerte sich an den überraschten Blick der Junkerin aus dem Firnholz‘schen, als sie als Persevantin benannt wurde.

Vorsichtig drehte Ivetta das Gesicht und kam mit ihrer Wange an den Mund der Frau. Sie atmete. „Der Göttin sei Dank!“ hauchte die Priesterin. Sie richtete sich auf und betrachtete den Oberkörper. Glücklicherweise trug die Junkerin ihre Rüstung nicht. So legte Ivetta vorsichtig eine Hand flach auf die Brust, über dem Herzen. Es schlug. Viel zu schnell. Wie ein kleiner Zaunkönig mit den Flügeln. Sie runzelte die Stirn. So etwas hatte sie schon einmal erlebt. Sie heftete ihren Blick auf Dwarosch. „Hatte Ihre Wohlgeboren schon einmal einen solchen Anfall?“ (Nils [Ivetta] 24.03.2016)

Dieser sah die Geweihte nur verständnislos an. Die Frage drang nicht zur Gänze zu ihm durch. Er begriff nicht, dass die Geweihte nicht wissen konnte, dass er auf ihre Frage keine Antwort zu geben vermochte. (Stefan [Dwarosch] 24.03.2016)

Es war allerdings der Recke, der eben noch auf einer Kiste neben der Liege gesessen hatte, aber dann aufgestanden war, um der Götterdienerin Platz zu machen, der Antwort gab. Er räusperte sich kurz. „Euer…“ Er suchte einen Moment lang an der Geweihten ein Abzeichen ihres Kirchenrangs. Er schätzte ihr Alter, aber das musste ja nicht unbedingt ein Hinweis sein. „...Gnaden? Ehrwürden? Ich denke, ich kann Euch besser Auskunft geben, als der werte Herr Angroscho, er weilt als Gast hier. Ich weiß nur von einem einzigen Vorfall, der ähnlich war: und zwar war das, als ich ihr Kunde vom Schlachtentod ihres Mannes brachte.“ An seinem Zungenschlag war der hochgewachsene blonde Mann, der den gleichen Wappenrock wie die Junkerin trug, eindeutig als Albernier zu erkennen. „Ich bin ihr Hauptmann, aber auch ein Freund,“ fuhr er jedoch rasch fort, noch bevor die Geweihte zu seiner Antwort etwas sagen konnte. Augenscheinlich war da noch etwas, was er mitteilen wollte, denn er trat noch einen Schritt näher und sah besorgt auf die Ohnmächtige herab. „Ich kenne Ihre Wohlgeboren Loriann schon lange, wir waren im selben Jahrgang auf der Akademie, und ich stehe ihr mehr als unser halbes Leben lang schon als enger Freund zur Seite, umso mehr beschäftigt mich die Tatsache, dass möglicherweise ICH es war, der ihr das angetan hat. Versteht doch: Als sie vorhin von einer…“ Roric suchte nach einem Wort und entschied sich, sachlich zu bleiben, „unschönen Unterredung zurückkam, völlig aufgebracht war und beinahe nicht mehr Herrin ihrer selbst, da habe ich mir erlaubt, ihrem Wahn durch einen Schlag auf den Kopf Einhalt zu gebieten.“ Man konnte erkennen, dass ihn diese Tatsache quälte und dass er versuchte, ehrlich zu sein, auch wenn er sich damit eine Schuld auflud, die Konsequenzen haben konnte. Der Albernier wirkte gefasst und routiniert, wenngleich er feine Anzeichen zeigte, nervös zu sein. „Sie hätte sich sonst mit Sicherheit vor lauter Wut noch etwas angetan! Wenn auch nur aus reinem Versehen. – Ihr versteht, dass ich eingreifen musste, um sie vor sich selbst zu schützen? Es war nur ein Schlag, ein gezielter, ein einfaches Manöver gegen den Hinterkopf mit dem stumpfen Ende einer hölzernen Übungswaffe, wie man es auch in der Ausbildung lernt. Mehr nicht. Ich übe den Dienst an der Waffe schon so lange aus und ich weiß, wie ich einen solchen Schlag ansetzen muss…“ Seine Stimme brach ab und er trat den Schritt, den er eben noch gemacht hatte, zurück. „Wie konnte ich ahnen…“ [Roric (Tanja)]

“Grämt euch nicht guter Mann. Ich bin mir sicher, dass ihr Zusammenbruch nicht daher rührt. Versteht doch, ich sprach mit ihr über die grausame Seite des Krieges, über all die jungen Menschen, gar Kinder, die ich habe sterben sehen in so vielen Jahren, die ich mich als Söldner verdingte...“

An dieser Stelle atmete der Hauptmann scharf ein. Ihm entfuhr beim Ausatmen ein leises „Scheiße!“, während sich sein Körper anspannte und er den weiteren Worten des Zwergs mit wütendem Blick und zu Fäusten geballten Händen beiwohnte.

Dieser jedoch war der Geweihten zugewandt und nahm all dies nicht zur Kenntnis. “Ich sagte Dinge, die sie scheinbar sehr bewegt haben. Sie erzählte mir vom Krieg gegen die Orks, vom Schwarzen Marschall und dabei wirkte sie seltsam abwesend. Erst dachte ich, sie wäre aufgebracht, würde aus der Haut fahren und mich zurechtweisen, doch ich begriff zu spät, dass sie zwar mit ihrer Fassung rang, aber nicht vor Zorn. Sie griff sich an die Brust bevor sie zu Boden viel. Sie stand zwar mit dem Rücken zu mir, aber ich erkannte es dennoch. Glaubt mir, die Ursache ist ihr Herz, nicht ihr Kopf. Man kann von solchen Schlägen auf den Hinterkopf das Bewusstsein verlieren, aber bisher ist das immer sofort eingetreten, soviel ich weiß. - Nein, es ist meine Schuld!” (Stefan [Dwarosch] 24.03.2016)

„Ja. DAS STIMMT!“ brach es aus dem Albernier heraus, als Dwarosch seinen Bericht beendet hatte. Der Mann ließ er seine Stimme erbeben: "Bei den Göttern, da mache ICH mir die größten Vorwürfe - und IHR, Herr Zwerg, musstet sie auf das EINZIGE ansprechen, was dieser Frau weh tut! NATÜRLICH tragt ihr Schuld!" Roric musste mit seiner Selbstbeherrschung kämpfen, während er den Zwergen aus zornigen, zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen anstarrte. Am liebsten hätte er diesen Kerl am Kragen gepackt und windelweich geprügelt. Wie konnte der nur in Lorianns Gegenwart von sterbenden Kindern sprechen? Für Roric in diesem Moment unbegreiflich – selbst, wenn ein klitzekleiner Teil in ihm mahnte, dass der Zwerg ja von alledem nichts wissen konnte. [Roric (Tanja)]

Bevor es jedoch zu einer Erwiderung des Zwerges oder zu etwas anderem kommen konnte,unterbrach die Geweihte sanft, aber bestimmt die beiden Anwesenden. „Wenn Ihr eine Schuldfrage klären wollt, wendet Euch bitte an einen Richter oder einen Praiosgeweihten.“

Ihr Blick aus den grasgrünen Augen glitt von Roric zu Dwarosch. „Mir geht es um das Wohl der Junkerin.“ Sie richtete ihren Oberkörper auf und bat den Zwergen vorsichtig, Lorianns Kopf zu heben. Blut war keines ausgetreten, bei einer Kopfverletzung, selbst bei einer schwachen, wäre schon eine Blutlache vorhanden. Vorsichtig glitt ihre Hand auf den Scheitel, von dort aus über den Hinterkopf der Verletzten. Sie fühlte keinen Knochenbruch, lediglich eine beginnende Schwellung. „Hauptmann Roric, sie hatte Glück. Selbst ein Schlag mit einem Holzknauf hätte ihr einen Schädelbruch beibringen können.“ Streng sah die Priesterin ihm in die Augen. „Seid vorsichtig mit Euren Kräften. Ihr seid stärker, als ihr denkt. Aufgebrachtheit beendet man nicht durch einen Schlag auf den Hinterkopf.“ [Yvetta (Nils)]

Der Angesprochene brummte nur kurz ob der Weisung der Geweihten.

„Hat Ihre Wohlgeboren irgendetwas eingenommen?“ bohrte die Geweihte. „Alkohol? Ein Rauschmittel oder ein Medikament?“

"Soweit ich weiß nicht, euer Gnaden-Ehrwürden. Ich möchte aber meine Hand dafür nicht ins Feuer legen. … Sie verließ das Lager schon sehr aufgebracht, nachdem sie von Ehrwürden von Ibenburg-Luring auf ein Wort gebeten wurde, und kam vorhin nur wutentbrannt hier an, warf mir besagtes Holzschwert zu und verlor sich bei unseren Übungen. Sie erzählte mir aber, was sie so aufgewühlt hatte und ich kann sie verstehen: Sie hat erfahren, dass ihre zwölfjährige Tochter n der Seite ihrer Lehrmeisterin, einer Magistra, mit in diesen Krieg zieht. Bisher dachten wir," Er hielt inne und korrigierte sich rasch "…dachte Loriann, das Mädchen sei in Elenvina in Sicherheit … Dass der Herr Zwerg," und jetzt ließ der Hauptmann dieses Wort durchaus verächtlich klingen, "von Kindern, die im Krieg sterben, gesprochen hat, muss ihr den Dolch der Magistra noch tiefer gerammt haben."

Der Hauptmann sah nach wie vor zornig und zu allem bereit drein. Sein Augenmerk galt nichts anderem als dem fremden Angroscho, den er ganz genau im Auge behielt. Auch, wenn sich seine Linke bislang nur am Schwertgurt festhielt, zuckten die Finger seiner rechten Hand doch immer mehr. [Roric (Tanja)]

„Bran, gib mir die Tinktur aus Rotem Fingerhut und Frühlings-Khabla.“ Der Novize öffnete den Koffer warf suchend einen Blick hinein und griff dann gezielt in eine Halterung. Ein Fläschchen mit einem rotgefärbten Wasser hatte er in der Hand und reichte es der Geweihten. „Hier, Hochwürden.“ Ivetta nahm das Fläschchen mit ihren schlanken Fingern und entkorkte es vorsichtig.

Mit ruhiger Stimme wandte sie sich an Dwarosch, der immer noch am Kopf Lorianns saß. „Bitte, haltet vorsichtig den Kopf leicht schräg hoch. Nehmt eure Hände sanft an die Wangen und unter den Nacken und hebt den Kopf leicht an, ohne Druck. Lasst ihn in euren Händen einfach liegen.“ Sie nickte ihm aufmunternd zu. „Ich werde der Junkerin ein Mittel verabreichen, das den Herzschlag beruhigen sollte.“

An den Reussensteiner Soldaten gewandt, welcher den Zelteingang bewachte: „Holt mir kaltes Wasser, sehr kaltes Wasser. Und möglichst flachen, breiten Stahl – wie ein Axtblatt!“ (Nils [Ivetta] 25.03.2016)

Dwarosch tat wie ihm geheißen. Seine Wangenknochen malmten vor Wut, aber er beherrschte sich. Wäre die Geweihte nicht zugegen, hätte er diesen Knaben übers Knie gelegt und ihm den noch haarlosen Hintern versohlt, bis er nach seiner Mama rief, was zweifelsohne nicht lange würde dauern. So jedoch gab er sich einfach die größte Mühe vorsichtig mit dem Kopf der Bewusstlosen zu sein, was ihn ausreichend von den Verschmähungen ablenkte.

Roric zersprang innerlich. Eifersucht flammte in ihm hoch und mit dem Zorn, den er auf den Gesandten empfand, herrschte er selbigen an: "Tretet beiseite, Zwerg, das ist MEINE Aufgabe!" und er schob sich nun endgültig zwischen die Geweihte und den Zwergenkrieger ans Kopfende der Liege. [Roric (Tanja)]

Bisher hatte sich Dwarosch zusammengerissen, hatte alle Wut unterdrückt, die Beleidigungen und Blicke ertragen, doch jetzt war seine Geduld am Ende.

“An dieser Stelle darf ich mich bei Euch verabschieden Eure Gnaden. Habt Dank für Eure Hilfe. Ich hoffe, Ihre Wohlgeboren kommt schnell wieder auf die Beine. Meine besten Wünsche an sie. Sagt ihr, es tut mir leid, ich wusste nicht, dass ich einen wunden Punkt mit meinen Worten traf. Bitte richtet ihr weiterhin aus, dass ich es ihr gerne selbst gesagt hätte. Da man hier aber mit offenem Hass begegnet werde ich mich zurückziehen.”

Dann erst warf er einen Blick zur Seite zu Roric und alles was in seinem Gesicht zu lesen war, war Mitleid. “Es macht mir sehr traurig, dass Angroschim für Menschen wie Euch ihr Blut vergossen haben und in diesem Feldzug vergießen werden!” Dann erhob er sich, langsam und mit Augen, die auf jede Regung des Hauptmannes achteten. Die Anspannung in seiner Bewegung war deutlich zu sehen, jede Faser seines Körpers war gespannt. Instinktiv wanderte seine Rechte zum Griff des Lindwurmschlägers im Gehänge am Gürtel und mit festem Griff um diesen ging er, ohne dass ein weiteres Wort gesagt wurde und verließ das Zelt.

Wortlos blickte die Priesterin erst dem davoneilenden Angroscho hinterher, dann den Hauptmann an, der den Platz des Zwergen am Kopfende der Junkerin einnahm.

Nervös sah sich ihr Novize um. „Und, äh, was…machen wir nun?“

Ivetta drehte sich wieder zu ihrer Patientin. „Das, wozu wir hergekommen sind.“

Bran trat heran, merkte aber, dass der Krieger schon am Werk war.

Vorsichtig hob der Albernier nun den Kopf Lorianns so an, dass die Frau das Fläschchen mit dem Herzmittel ansetzen konnte.

Sachte flößte die Heilerin den Trank ein. Mit sanften Bewegungen strich sie mit ihrer linken Hand den Hals und die Kehle der Junkerin hinab nach unten, damit die Flüssigkeit die Speiseröhre heruntergleiten konnte.

„Soll ich…“

Ivetta unterbrach Bran: „Nein. Es ist gerade gut so, wie es ist.“ Sie selbst drehte sich um, drapierte den Überwurf um sich und langte nach dem Koffer. Sie reichte nicht heran. „Bran. Würdest du bitte so freundlich sein und mir den Koffer reichen?" Der Novize schob den Koffer näher. Die Priesterin Peraines griff hinein und holte einen Tiegel hervor. Schon meinte sie den scharfen Kampfergeruch durch den Ton riechen zu können.

„Bran, wir werden versuchen, die Junkerin wieder zu uns zu holen.“ Sie schaute ihren Novizen direkt an. Der nickte. „Nur sie kann uns sagen, ob sie etwas zu sich genommen hat.“

„Aber Ihr könnt doch…“

Ivetta schüttelte den Kopf. „Ich weiß, aber Peraine hat uns Augen gegeben, um zu sehen, eine Nase, um zu riechen und Ohren, um zuzuhören. Ein guter Heiler, mein Sohn, hört auf die Anzeichen des Körpers und auch auf das, was der Patient sagt und auch das, was er nicht sagt.“ Sie lächelte ihm zu. „Und ihr Herz schlägt, wenn auch schnell, ihr Atem geht, wenn auch etwas schwach. Vielleicht werden wir gleich mehr wissen.“

„Und wofür braucht ihr das Axtblatt?“

Die Geweihte blinzelte. Dann verstand sie. Ihr Lächeln wurde breiter. „Ach so, ja. Eigentlich tut es jedes breite Stück Metall. Aber ich glaube, Äxte finden wir hier im Lager sofort. Die Junkerin hat eine ganz schöne Schwellung, fühle vorsichtig ihren Hinterkopf entlang.“ Der Junge tat wie ihm geheißen – nachdem ihm der Krieger mit einem Nicken versichert hatte, dass er damit einverstanden war – und der Novize sog scharf die Luft ein. „Siehst du, mein Sohn. Und Kälte kann eine Schwellung lindern. Den kalten Stahl – dafür brauche ich das möglichst kalte Wasser – drücke ich auf die Schwellung und zähme sie so. Jetzt aber Obacht!“

Sie beugte sich vor, entkorkte den Tiegel mit der Kampfer-Salbe und führte den Tiegel in die Nähe der Nase Lorianns – nicht direkt darunter, sie wollte die Bewusstlose zurückholen und nicht mit aller donnernden Gewalt aus dem Traumreich zu Boden schleudern. Jetzt war es spannend… (Nils [Ivetta] 28.03.2016)

Der Albernier unterdrückte ein Würgen, als der scharfe Geruch in seine Nase drang. Er wandte den Kopf ab und versuchte, nicht zu tief zu atmen. Doch der Gestank war nicht umsonst. In seinen Händen bewegte sich Lorianns Kopf. Regung kam in ihr gerade noch lebloses Gesicht, die Augen zogen sich angewidert zusammen ob des Geruchs, der sie in die Wirklichkeit zurückholte. [Roric (Tanja)]

… und die Junkerin schlug die Augen auf. Ihr Blick flog wirr umher auf der Suche nach einer Quelle für diesen unsäglichen Gestank. Loriann wurde Händen gewahr, die ihren Kopf hielten. Ihr erstes Wort aber war: "Maire?" [Loriann (Tanja) 29.3.16]

„Ruhig, mein Kind.“ Ivetta stellte den Tiegel mit der Salbe wieder zurück. Sie beugte sich vor und nahm das Gesicht der Junkerin in ihre beiden kräftigen, warmen Hände. „Schau mich an.“ Die Priesterin lächelte aufmunternd. „Schau mich an und sag mir, wie du heißt.“ Neugierig betrachtete Bran das Geschehen. Er sah zu dem Hauptmann, der immer noch am Kopfende der Junkerin saß. Als Loriann etwas stotternd ihren Namen nannte, hakte Ivetta lächelnd nach: „Weißt du, wo du bist?“(Nils [Ivetta] 30.03.2016)

"Gratenfels. Heerlager…." Loriann sah sich die Frau, die sich mit ihr beschäftigte, die sogar ihr Gesicht hielt, was Loriann als etwas unangenehm empfand, nachdenklich an. Sie kannte sie von irgendwoher, aber sie erinnerte sich gerade nicht mehr. Denn die Junkerin hatte eher einen anderen Gedanken: "Wo ist meine Tochter?" [Loriann (Tanja) 30.3.16]

Die Geweihte Peraines sah Roric fragend an. Dieser nickte und Ivetta verstand. Sie wandte sich wieder Loriann zu und streichelte ihr über die Wange. „Deiner Tochter geht es gut. Du wirst sie bald wiedersehen. Jetzt kommt erst einmal zu euch.“ Sie ließ sich von Bran einen der auf dem Tisch stehenden Kelche reichen, in den der Novize Wasser gefüllt hatte. „Trink erst einmal. Kannst du dich aufrichten? Wie geht es dir?“ (Nils [Ivetta] 31.03.2016)

Das Aufrappeln holte ein gewisses Druckgefühl zurück, das sie vorhin nach dem Aufwachen schon verspürt hatte, und das seinen Ausgangspunkt an ihrem Hinterkopf besaß. Erst als Loriann sich aufgesetzt hatte, merkte sie, dass sie mit ihrem Kopf auf Rorics Schoß gelegen haben musste. Ihr Freund, der nun seinen Platz auf ihrer Liege verließ, schenkte ihr ein sanftes Lächeln, als sie zu ihm hinsah. Er wirkte angespannt, sein Lächeln war von Sorgen verzerrt.

Nachdem sie ein paar Schlucke von dem Wasser getrunken und dem jungen Mann den Becher dankbar zurückgereicht hatte, dämmerte es Loriann auch, warum Roric so ein Gesicht machte und sie erinnerte sich an beinahe alles. Den Streit mit Turi, das Wiedersehen mit Maire, wie sie im Trost der Schnapsflasche ihres Nachbarn Elko zugesprochen hatte, an den Kampf mir Roric, an ihr Aufwachen, den schmerzenden Kopf, zuletzt an den Besuch des Zwergen. Ach ja, wo war er abgeblieben? Loriann kam nicht dazu diese Frage zu stellen, denn Roric deutete auf die beiden Fremden im Zelt.

"Das ist Ihre Gnaden Ivetta von Leihenhof, eine Dienerin der Herrin Peraine und Bran, er gehört zu Ihro Gnaden." machte der Albernier die Junkerin mit beiden bekannt.

"Per- Ja, das dachte ich mir…" antwortete Loriann und fand es nett, wie sehr er sich um sie sorgte. Für ihre Begriffe manchmal beinahe zu viel.

"…Ich kenne euch." Das Gesicht der Frau legte sich über eine Erinnerung. Die an eine grünbekleideten Perainegeweihten an der Hochzeit des Herzogs. Kleine Gänschen aus Teig hatte diese Frau gebacken und durch die Reihen der Gäste gehen lassen, die Segensworte der Gütigen über das hochherrschaftliche Paar gesprochen… Ihre Gnaden Ivetta, ja, zweifelsohne, Loriann erkannte die Heilerin wieder, fühlte sich geehrt über ihr Hiersein und auch erfreut und fand auch eine Antwort auf deren noch ausstehende Frage: "Mein Kopf dröhnt, als hätte ein Schmied ihn als Amboss benutzt." Sie fasste sich erneut an die schmerzende Stelle, zuckte, und bemerkte im Augenwinkel eine Bewegung Rorics, die sie jedoch nicht deuten konnte.

"Euer Hochwürden," Loriann kannte zumindest die korrekte Ansprache, "wieso seid ihr hier? Etwa wegen meinen Kopfschmerzen? Das ist lieb. Aber ich glaube, die gehen auch wieder weg. Hatte schon Schlimmeres. Hm, war einfach etwas viel heute. Etwas Schlaf sollte das kurieren," stellte die Junkerin vom Reussenstein selbst eine Diagnose und lächelte gequält, denn 'viel' war untertrieben. An die Tatsache, dass ihre Tochter, gerade mal 12 Götterläufe alt, diesen Feldzug begleiten würde, musste Loriann sich erst noch gewöhnen. [Loriann (Tanja) 1.4.2016]

*

Nachdem die Geweihte wieder gegangen war und ihre Anwesenheit eine wohltuende, friedselige Stimmung im Zelt der Junkerin hinterlassen hatte, stemmte sich Loriann seufzend von der Liege auf und sah Roric nachdenklich an. Irgendetwas hatte er. Sie merkte das. Es gab nicht viel, was er vor ihr verheimlichen konnte, auch, wenn er das vielleicht dachte. Aber dafür kannte sie diesen Kerl schon zu lange.

"Sag mal…" Sie nahm noch einen Schluck aus dem Kelch und blickte über dessen Rand zu ihrem Hauptmann hinüber. "Was ist los?"

"Was soll los sein?" Roric musterte die Herrin.

Aber die hatte ihn durchschaut. "Mein Kopfweh hab ich von dir, nicht wahr? Und jetzt grämst du dich. Vorwürfe hast du dir auch schon gemacht." Sie schmunzelte und trat an ihn heran, legte eine Hand auf seine Schulter. "Ist schon in Ordnung. Wahrscheinlich hab ich das dann wohl… gebraucht."

Er hielt ihrem Schmunzeln mit einem recht harten, eher missmutigen Gesichtsausdruck stand und brummte, während er das Kinn hob und die Distanz wahrte, in dem er nach ihrer Hand, die auf seiner Schulter lag, griff. Er streifte sie nicht ruppig ab, sondern nahm sie vorsichtig an sich und hielt sie einen Moment lang fest. Sein Blick verharrte auf ihrer Handfläche. "Hm. Einigen wir uns darauf, dass du nicht du selbst warst." Er blickte auf und hätte sie gern an der Hand zu sich gezogen, zu, ja, etwas, was er sich nicht leisten konnte. Da er wusste, dass sie es missbilligen würde, gab er ihre Hand frei. Er hatte immer noch die Vorwürfe in sich und auch Sorge um ihr Wohl, für das er eigentlich verantwortlich war. Und ja, bei dem Gedanken, ihren Kopf auf den Knien des Zwergenkriegers ruhen zu sehen, verfinsterte sich sein Blick. Selbst, wenn es nur ein Angroschim war, den er nicht als Konkurrent betrachtete, empfand er dessen Einmischung in Dinge, die nach Rorics Meinung nur ihn und die Herrin etwas angingen, nach wie vor als ärgerlich.

Sie lächelte hingegen weiter und fixierte ihn neckisch. "Kann es sein, dass es etwas gibt, was du mir sagen willst?"

Er wollte ihr so vieles sagen. Aber nicht jetzt. "Nein," antwortete der Albernier etwas patzig, wofür er einen skeptischen Blick aus Lorianns Augen erntete.

"Dann hör auf so finster dreinzuschauen. Es reicht, dass ich über den Ärger mit Turi die Beherrschung verloren habe. Wäre das auf dem Schlachtfeld passiert, hättest du mich nicht vor mir selbst schützen können. Aber es war nicht auf dem Schlachtfeld und du wusstest, was zu tun ist. Ich nehm dir das weder krumm, noch trage ich es dir nach. Ist ja nur eine kleine Beule. - Hilf mir lieber zu überlegen, was ich mit Maire machen soll. Ich kann doch nicht zulassen, dass sie sie wirklich mitnimmt!" Die letzten Worte kamen recht flehend aus ihrem Mund.

Die Sorge drängte sich zurück in den Blick der Reussensteinerin und das Neckische verschwand unter den Ängsten, die er nur zu gut verstehen konnte. Er liebte Lorianns Töchterchen, als wäre sie sein eigen Blut, doch anders als Loriann, die durch ihre Muttergefühle ein verwaschenes Bild vor Augen hatte, war Rorics unverklärte Meinung die, dass es wenig Sinn machte, sich der Magistra und ihrem Willen entgegen zu stellen. "Ich glaube, das hast du nicht mehr zu entscheiden, Loriann. Wenn es so ist, wie du erzählt hast, und du der Magistra alle Rechte und Pflichten hm… abgetreten… hast, dann kann sie bestimmen was --"

Ihr Blick war voller Zorn, als seine Augen ihre erneut fanden. Schallend traf ihre entrüstete Ohrfeige sein Gesicht.

Roric unterdrückte das Bedürfnis, sich an die Wange fassen zu wollen, die nun brannte und die sich bestimmt in Kürze rot einfärben würde.

"Du wagst es? Grade DU, Roric?!" Lorianns Stimme war leise, aber sie bebte dennoch. "Das ist Maire, von der wir hier sprechen. MAIRE! Nicht IRGENDWER! Also wie KANNST du nur behaupten…?" Ihre Worte erstarben, als sie sich ohne Vorwarnung gegen seine Brust schmiss, und dort in Tränen ausbrach.

Roric umfasste seine Freundin vorsichtig. Er würde sie halten, einfach nur halten. Denn helfen konnte er ihr leider nicht. Nicht gegen die Magistra. Auf diesem Schlachtfeld konnte er ihr nicht zur Seite stehen, denn der Kampf, den sie führte, war der ihrige ganz allein. Er konnte ihr nur das Schwert reichen und die Wunden lecken, aber ihr keinen Sieg verschaffen. Er wusste das. Sie hingegen hatte ihre Niederlage wohl noch nicht ganz begriffen. Aber das würde sie noch, da war er sich sicher. Und es schmerzte ihn schon jetzt, weil er wusste, dass sie noch tiefer fallen würde als in diesem, jenen, Moment.

Der Hauch von Abschied

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Der Nachmittag ging in den Abend über. Phex zeigte seine ersten Schätze am Himmel, noch schwach leuchtend gegen das Praiosgestirn. Vor vielen der Zelte vor den Toren der Stadt konnte man die Kochfeuer aufflammen sehen – der Duft von Haferbrei, Brot und Gemüseeintopf wehte in einer sanften Brise über das Feldlager. Man konnte Soldaten an den Bierständen Schlange stehen und Lustknaben und Huren verführerisch ihre Vorzüge anpreisen sehen. Priester der Rondra und des Kor spendeten Mut und Trost, während Ingerimm- und Angroschgeweihte alle Hände voll zu tun hatten, die Waffen zu segnen und Rüstungen auszubessern.

Der Herzog selbst schritt mit seinen Knappen durch das Lager. Er verbreitete lachend Zuversicht, scherzte hier mit einem Baron, betrachtete dort kritisch ein Schwert und fachsimpelte über mögliche Ziele in der Fürstkomturei. Für später hatte er zu einer Besprechung mit seinen Grafen und Marschall geladen; jetzt wollte er jedoch `Blut und Erde‘ seiner nordmärker Jungs und Mädels schmecken, wie er es nannte. Daher stieß er nicht nur einmal mit seinem Bierhumpen an, probierte den Fraß seiner Soldaten und hörte so manchen Veteranen vergangener Schlachten genauso aufmerksam zu wie blutjungen Landwehrtrommlern.

Mit Einbruch der Nacht zog er sich dann in die Stadt zurück um in der Halle des heiligen Hlûthar gemeinsam mit den Grafen zu beten, bevor sie in der gräflichen Residenz die kommenden Tage besprachen.

Derweil verabschiedeten sich die Kämpfer, Soldaten, Ritter und Knappen auf ihre eigene Weise aus den Nordmarken. Manche im Suff oder den Armen eines Lustjungen, andere im stillen Gebet oder dem lauten Gesang von heimatlich traurigen Liedern.

Die Junkerin vom Reussenstein verabschiedete sich von dem Gedanken, in ihrer Tochter weiterhin das unschuldige kleine Mädchen zu sehen, das sie all die letzten Jahre, und zuletzt heute noch einmal vehement vor Schaden versucht hatte zu schützen. Nun lag es nicht mehr in ihrer Hand. Jemand anders entschied - und sie musste sich widerstrebend beugen, ob ihr das nun gefiel oder nicht. Nachdem sie sich lange der eigenen Seelenqual ausgesetzt hatte, war Loriann Varaldyn von Reussenstein irgendwann doch zu einigen anderen Firnholzern ans Feuer gesessen. Mit etwas Gebranntem im Bauch ließ zumindest das Gefühl der Ohnmacht nach und die Kriegerin vergaß tatsächlich für einen Moment in den berauschenden Armen Rahjas, dass es diesen Schmerz überhaupt gab. [Loriann (Tanja) 8.4.]

Die Streiter des Alten Landes

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Ankunft der Windhager:

Ausgelassenheit schlug den staubbedeckten Männern und Frauen entgegen, die mit dem letzten Licht der Dämmerung in das von unzähligen Feuern beleuchtete Heerlager einritten: An diesem strahlenden Tag hatten sie von hinter Kefberg einen weiten Weg unter dem Banner der silbernen Bireme auf Blau zurückgelegt und weder sich selbst noch ihre Tiere geschont.

Das schwindende Licht und der warme Feuerschein beleuchteten wohl ein Dutzend Banner, die dem des Windhag folgten. Deren Größten an der Spitze des kleinen Heerzugs zeigten dem Kundigen die beteiligten Lehen des Alten Landes am Großen Fluss: Greif, Hirsch, Fallgitter und Widderkopf bezeugten, dass sich hier Streiter aus Gräflich Greifenklamm, dem Reichsland Flachstein, der Pfalzgrafschaft Weißengau und der Baronie Widdernhall eingefunden hatten. Dahinter reihten sich die Banner der Afterlehen ein, ehe Fußkämpfer, Tross und die kruden Sippenkämpfer der Gerfin und Garan folgten.

Der führende Sigman von Karrenstein trug zwar selbst kein Banner, da er die junge Bannerträgerin an seiner Seite beschirmte, doch verfügte der erfahrene Ritter auf seinem Schild sicherlich über eines der auffälligsten: in der hereinbrechenden Dunkelheit leuchtete der schwarze Drillingssturzsparren auf silbernem Grund. Neben ihm zeigte das Schild von Rodram von Widdernhall den Widderkopf und die Bärentatze seines Hauses. Der Junker von Rautengrub, war ebenfalls in den mittleren Jahren, nur unwesentlich jünger als er und doch zählten die beiden Anführer der Windhager damit bereits zu den Ältesten.

Viele junge Ritter hatten sich dem Heerbann des Alten Landes angeschlossen, während Herzog Cusimo mit den schlagkräftigen stehenden Truppen und dem eigentlichen windhager Kontingent vermutlich bereits durch Almada marschierte.

Sigman war erschöpft und hoffte die Formalitäten rasch hinter sich zu bringen. Doch wenn er ehrlich war, dann glaubte er aufgrund der späten Stunde nicht, dass sie vor der Mitte der Nacht Schlaf finden würden. Die feiernden Nordmärker würden zu wenig nutze sein und zusätzlich Schwierigkeiten bereiten, ihre Offiziere und Anführer zu finden. ‚Bei Hesinde, hoffentlich gibt es einen Weg das abzukürzen‘, dachte er und warf der neben sich reitenden Quelina von Hardt einen kurzen Blick zu. Die junge blonde Frau war erst vor wenigen Monden aus Harben vom Hof der Burggräfin Rianod als Ritterin nach Gräflich Greifenklamm zurückgekehrt und falls sie den Feldzug überleben sollte von ihrem Vater Udilbert zur Burgvögtin von Grötzenhall vorgesehen. Doch bis dahin konnte sie sich hier verdient machen und die wichtigsten Erfahrungen ihres Lebens sammeln – im Kampf gegen den gefährlichsten und verschlagensten Heerführer, den Aventurien wohl je gesehen hatte.

Die junge Ritterin verschwendete allerdings gegenwärtig keinen Gedanken an Haffax, da sie aufgeregt und stolz zugleich ihren Körper straffte. Auf diesen Moment hatte sie gewartet! Erst jetzt begann es - begann der Feldzug für sie tatsächlich. Alles andere war nur Vorbereitung gewesen...

Weiter hinten – hinter dem Banner des schwarzen Hirschen des Reichslandes Flachstein – brütete Aeladir von Waldbachtal dagegen missmutig vor sich hin, während er seinen Blick vom ansehnlichen Hinterteil der übellaunigen Tochter des Reichsvogts abwandte und über die Zeltstadt des nordmärkischen Heeres schweifen ließ. Das ganze Unternehmen war eine Torheit und Zeitverschwendung, da der späte Abmarsch ihre rechtzeitige Ankunft in Gallys mehr als unwahrscheinlich machte: die Albernier hatten es richtiggemacht und waren rechtzeitig vor dem Winter aufgebrochen. Er hatte sogar gehört, dass das albernische Fürstenhaus für die Ausgaben des langen Winterlagers aufkommen würde und wenn er ehrlich war, konnte er sich auch nicht vorstellen, dass die gebeutelten Westländer in der Lage waren, diese Ausgaben selbst zu stemmen.

Aber das war glücklicherweise nicht seine Sorge. Ihm galt es heute Abend noch rasch Thyria und Ulfert beim Aufrichten des Zeltes zur Hand zu gehen und nach seiner Schwester Richild zu sehen. Dann wollte er die Gelegenheit nutzen und sich nach langer Zeit wieder zwischen die Schenkel einer willigen Frau legen, die nichts mit dem heimischen Gut oder den komplizierten Ränken des Adels zu tun hatte. Aeladir hoffte nur, dass sie hübsch war und sauber. [Maik]

Ein einzelner, schwer in Kette gerüsteter Zwerg trat aus den Meer aus Feuern und Zelten und besah sich interessiert der Einzug der Windhager. Er nahm den Helm ab, streifte die Kettenhaube in den Nacken und gab den Blick frei auf wildes, schwarz-graues Haupthaar. Sein langer, durch den breiten Ledergürtel um seine Hüften gezähmter Bart war von der gleichen Farbe, aber sauber in schwere, dicke Zöpfe geflochten. Die Augen des Zwergen wanderten über die Banner und Wimpel, welche im leichten Wind nur wenig Bewegung zeigten. Dann hielten sie inne und er nickte bedächtig, bevor er sich an den Mann wandte, welcher den Widderkopf als Wappen trug.

“Werter Herr, sagt ist Gringulf, der Sohn des Gromosch noch Baron von Widdernhall? Ich lernte ihn und seine wunderschöne Tochter einst kennen, als wir den Wurm von Windhag jagten?” (Stefan [Dwarosch] 04.04.16)

Müde blickte Rodram von seinem Warunker auf den wehrhaften Zwergen herab, der das Aufgebot der Windhager aufmerksam beäugt hatte und schüttelte den Kopf: „Eure Erinnerung muss Euch einen Streich spielen, werter Herr Zwerg: Meines Wissens hat der Baron bislang keine Kinder – und begleitet auch nicht die Streiter des Alten Landes. Wenn ihr mit ihm bekannt seid, so kommt gerne morgen früh zu unseren Zelten. Ich bin mir sicher Ihr werdet unser Banner finden. Sucht nach Rodram von Widdernhall und ich werde mit Euch, zusammen mit den anderen Streitern aus Widdernhall, gerne das Brot teilen. Und wenn Ihr eine gute Geschichte erzählen könnt, werde ich Euch gerne in meinem nächsten Brief an den Baron erwähnen.“

“Habt Dank werter Herr, ich werde mich nach ihm erkundigen. Was seine Tochter betrifft so werdet ihr sicher recht haben. Es ist viele Jahre her und manchmal bringe ich tatsächlich Dinge durcheinander. Das mag daran liegen, dass es immer so schrecklich hallt, wenn ich etwas auf meinen Helm bekomme.” Er hob das besagte Stück, welches er unter dem Arm trug eine Hand breit höher als wolle er auf ihn aufmerksam machen und lachte in seinem tiefen Bass. Einige Augenblicke später, sein Lachen war verklungen, der Trupp war am ihm vorübergezogen, rief er ihnen hinterher: “Möge die himmlische Leuin und ihr karfunkelherziger Sohn eure Herzen mit Mut und die eure Feinde mit Schrecken erfüllen!” (Stefan [Dwarosch] 05.04.16)

Rodram war zu müde, um den Denkfehler des Zwerges zu verbessern, zumal er in dessen Heiterkeit einfiel: „Wie ist Euer Name? Dann werde ich mich morgen an Euch besser erinnern!“

“Mein Name ist Dwarosch, Sohn des Dwalin. Ich wünsche Euch eine angenehme erste Nacht hier im Feldlager. Ich hoffe Eure Nachbarschaft ist der Trinklieder müde.” (Stefan [Dwarosch] 06.04.16)

Rodram lächelte erneut und hob zum Abschied grüßend die Hand: „Habt Dank für diese segensreichen Wünsche – ich hoffe inständig sie gehen in Erfüllung. Die Donnerin auch mit Euch.“

*

Richild sah Thyria nach. Sie empfand Zuversicht und erkannte sogleich den Hochmut ihrer adligen Geburt: Lehrte die Gütige Säerin nicht Demut und Bescheidenheit?

Hoffnung aber würde sie sich zugestehen. Hoffnung, dass das Mädchen, dass nun wohl auf seinen 16. oder 17. Sommer zuging, nicht zerbrechen würde an dem Ziel des Feldzugs und der Bürde, die damit einherging. Eine Bürde, die sich die junge Waffenmagd nur aus Treue und Loyalität zu Richilds Vetter selbst auferlegt hatte. Aeladir.

Richilds eigene Gefühle für ihren Blutsverwandten waren bei weitem verworrener als Thyrias klare Entscheidung, aber vermutlich lag das auch daran, dass sie vorhin wegen den Dirnen gestritten hatten. Er war ein Sturkopf, sie war es nicht minder. Und natürlich hatte er sich durchgesetzt und lag nun vermutlich bereits bei einer Frau, während sie selbst noch den Weg durch das Lager zur Stadt vor sich sah, um Trost im Tempel der Lebensspenderin zu finden.

Sie seufzte leise, erhob sich und strich sich das einfache grüne Pilgergewand glatt. Rasch nahm sie ihren Rucksack auf, beugte sich unter den getrockneten Joruga-Blättern hindurch und trat vor das Zelt. Mit der Zeltplane in der Linken ließ sie einen letzten Blick über ihre Habseligkeiten schweifen, atmete den vertrauten Duft von eingelegtem Knoblauch und dem frisch geernteten Wiesentraumkraut ein. Dann ließ sie mit salbungsvoller Endgültigkeit die Zeltbahn los und wandte sich zum Gehen. In ihrer Gürteltasche wusste sie ein Bündel Waldmeister als Gabe an die Säerein. Blieb nur noch das Problem den Weg zu finden und überhaupt eingelassen zu werden zu dieser späten Stunde. Aber die Alte Mutter würde einen Weg finden – hoffte sie. [Maik (Richild von Waldbachtal) 30.03.16]

In der einsetzenden Dunkelheit, die in dieser Jahreszeit immer noch früh begann, war noch immer viel Leben im Lager. Gröhlende Soldaten hier, Gesang dort und immer mal wieder mit Lustknaben und Huren beschäftigte Soldatinnen und Soldaten. In ihrer aus Unkenntnis geborenen Orientierungslosigkeit schaute sich Richild um, ihr Blick glitt hin und her. „Vorsicht.“ Eine nicht unfreundliche Frauenstimme ließ die windhager Geweihte innehalten – nicht einmal einen Schritt vor ihr stand die Frau, die sie angesprochen hatte. Sie war etwa ebenso groß wie Richild, aber bestimmt zwanzig Jahre älter. Auch sie trug einen Ornat, eine einfache Leinenkutte in hellem Grün und darüber einen festeren Lodenstoffüberwurf – mit einer eingestickten gelben Ähre. Eine ebenfalls hellgrüne Stola hing ihr über die Schultern. Eine Priesterin der Säerin! Sie stützte sich auf einen schulterhohen Stab mit einem Steinbockkopf am oberen Ende.

Hinter ihr stand ein großer, schlanker Ritter mit einem grünen Wappenrock, darauf ein naturfarbener auffliegender Storch zwischen zwei gebogenen goldenen Ähren. Er trug Kettenhemd und ein Schwert, ansonsten wenig Auffälliges.

„Meine Schwester in Peraine, ich grüße dich.“ Warm klangen die Worte der anderen Geweihten. „Ich bin Ivetta von Storchengarten. Sag, du schaust so suchend, kann ich dir helfen?“ (Nils [Ivetta] 30.03.2016)

Richild dankte der Alten Göttin und sah in Ivettas Worten ein gnädiges Zeichen: Die freundliche Stimme der anderen linderte ihre Unruhe und wärmte ihr die Seele. Freudig streckte sie die Hände aus und nahm Ivettas in die ihren: „Ich freue mich dich zu sehen, Schwester!“ Rasch hob sie Ivettas geborgene Hände zu ihren Lippen, deutete einen Kuss an und gab die Ältere dann behutsam frei: „Die Alte Mutter muss dich mir über den Weg geschickt haben...“, stellte sie fest und suchte den Blick Ivettas einzufangen. „..., möge dein Leben lang und erfüllt sein! Mein Name ist Richild... Richild von Waldbachtal.“ Ihre Stimme war sanft und einfühlsam, doch verhieß sie auch Stärke und Entschiedenheit, was sicherlich auch der ungeschliffene windhager Zungenschlag unterstrich.

Die Nordmärkerin runzelte einen Hauch die Stirn. Alte Mutter? Sie hatte gehört, die traditionell lebenden Windhager nannten die Götter aus einem seltsamen Aberglauben heraus nicht beim Namen. Ihre Stirn glättete sich augenblicklich wieder und sie erwiderte den Blick der jüngeren Priesterin offen. „Du bist mit den Windhagern gekommen? Und suchst bestimmt einen Zufluchtsort unserer Göttin?“

„Den Tempel suche ich - ganz Recht“, etwas vorsichtig aufgrund des Innehaltens und der etwas irritierenden Wortwahl der Älteren. „Ich habe nach langem Tagwerk, gerade mein Zelt gerichtet und hoffte als Pilgerin Ruhe und Beistand in den Hallen der Ältesten zu erhalten. Zudem habe ich während der Praiosmahlsrast heute in einem Waldstück etwas Waldmeister geschnitten, den ich gerne den Dienern der Alten hier in Gallys als Zeichen meiner Verbundenheit überbringen wollte und als Dank für ein gemeinsames Pilgergebet.“

Dann wandte sie sich Pilgerin dem Kämpfer zu und selbst im Flammenschein eines nahen Lagerfeuers war zu erkennen, dass die Augen der jungen Geweihten von reinem Grün waren: „Seid auch ihr mir gegrüßt mit dem Segen der Göttlichen Säerin.“ [Maik (Richild von Waldbachtal) 31.03.16]

Der hochgewachsene Ritter nickte der Geweihten freundlich zu. Er schien im selben Alter wie Richild zu sein, wies dabei ein scharf geschnittenes spitz zulaufendes Gesicht auf – und eine kecke, zum Himmel strebende Nase. Erstaunlich für einen Kämpfer der Krieger waren seine großen Augen mit den beinahe weiblich dicht wirkenden Wimpern. So wie Richilds Augen von reinem, klaren Grün waren, frisch wie Gras im Morgentau, so waren seine Augen blau wie ein See im frostkalten Winter im Sonnenlicht.

„Hartuwal von Hornisberg, Ritter aus Galebquell, es freut mich Eure Bekanntschaft zu machen, ehrwürdige Schwester.“ (Nils [Ivetta] 31.03.2016)

Auch den Ritter begrüßte die Pilgerin aus dem Windhag auf die gleiche Weise wie zuvor schon die Geweihte und umfing seine Hände behütend.

Der Ritter ließ es geschehen und neigte dankend sein Haupt.

Dann wandte sie sich wieder Ivetta zu: „Ich wäre euch zu Dank verpflichtet, wenn ihr mich im Dienste der Säerin in den Tempel geleiten wollt, da ich davon ausgehe, dass ihr ihn und den Weg dorthin weit besser kennt.“

Ivetta lächelte Richild an. „Dann komm doch mit uns.“ Sie wies mit ihrem Arm in eine bestimmte Richtung. „Ich kenne den Weg. Bruder Rudon Hainert ist ein freundlicher Priester und wird sich über Besuch sehr freuen. Der Tempel liegt am Marktplatz der Stadt. Es ist nicht weit.“ (Nils [Ivetta] 01.04.2016).

„Habt Dank für Eure Freundlichkeit. Ich bin erstaunt, dass ihr einen perainegefälligen Streiter an Eurer Seite wisst. Ich habe noch nicht davon gehört, dass es dergleichen gibt oder dass ein Ritter den Weg der milden Schwester eingeschlagen hätte,“ meinte sie zur Ivetta und bezog dann deutlicher Hartuwal ein, indem sie ihn direkt ansprach.

„Verzeiht meine Neugier, Herr Ritter. Habt ihr der Alten Mutter einen heiligen Eid geschworen und verpflichtet oder folgt ihr aus anderem Grund, der Schwester der Säerin an Eurer Seite?“

„Ich habe mich als Ritter dem Junkergut Storchengarten verpflichtet.“ Erklärte der hochgewachsene junge Mann. „Und auch dem Kloster Storchengarten und dem Perainetempel. Die gütige Mutter ist auch die Schutzgöttin meiner Familie und in diesen Tagen benötigen auch ihre Priesterinnen und Priester oft den Schutz der Ritterschaft.“ Er lächelte erst Richild, dann Ivetta an. Sein Lächeln war breit und offen. „So beschütze ich, wenn die Notwendigkeit besteht, die Dienerinnen der gütigen, helfenden Peraine und bin ihnen Schild und Schwert in der Not.“

„Ihr müsst einem reichen Geschlecht entstammen, dass es Euch der Ältesten zum Wohlgefallen ziehen lässt, Herr Ritter? In den Landen, die ich durchwandere, wird kaum eine Familie in diesen Zeiten einen Ritter ziehen lassen und seien die Gründe noch so edel. So kann sich das Kloster und meine Schwester im Bunde glücklich schätzen, Euch an ihrer Seite zu wissen.“

Im Borontempel 2

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Die Nacht war schon fortgeschritten, als Fiona den Tempel des Schweigsamen betrat. Nachdem sie ihre Geldkatze im Opferstock entleert hatte, ließ sie sich schweigend vor dem Altar nieder, zuerst auf die Knie, dann lag sie davor. Tränen rannen ihr über das Gesicht, während sie es schweigend genoss, nicht weiter vom Schweigenden übersehen zu werden. Was auch immer ihr bevor stand, sie war bereit. [Max(Fiona von Tandosch)26.2.16]

Der alte Rabensteiner fuhr aus seinen Gedanken auf, als die junge Tandoscherin in den Tempel schritt. Schlich. Tränenüberströmt. Der Einäugige hob eine Augenbraue, betrachtete das seltene Bild und vermerkte es. Eine seltsame Facette der nach außen so hartgesottenen Kämpferin – eine, die er sich merken würde. [Tina(Lucrann)05.03.16]

Im Morgengrauen, nachdem er seinen morgendlichen Dienst verrichtet hatte, ging auch Boronian in dem Tempel des Schweigenden. Die erste Schlacht stand bevor, was den jungen Knappen ein wenig nervös zu machen schien. Training war das eine, doch ernsthafte Kämpfe etwas vollkommen anderes - und neu. So umfasste er seine Handschuhe mit der linken Hand, welche er aus Gründen des Respektes ausgezogen hatte, und trat ein. Er wusste, dass sein Herr noch hier verweilen würde, also ließ er sich auf einer der hinteren Bänke nieder, um in ein stilles Zwiegespräch mit dem Schweigenden zu treten. Einige Zeit würde er hier verbringen, in für den Schwertvater fast schon ungewohnter Stille, die Augen auf den Altar gerichtet und die Hände zum Gebet gefaltet. Er rutschte nicht einmal unruhig auf der Sitzfläche hin und her, wie er es oftmals tat, wenn eine Andacht gar sehr lange dauerte. Auch sein Blick zeigte, dass er gedanklich gerade nicht im Hier und Jetzt war. [Boronian (Mel) 22.03.2016]

Später – es mochten Augenblicke sein oder Stunden – tauchte Boronian wieder aus seiner Versunkenheit auf. Nur um zu bemerken, dass sein Knappenherr neben ihm stand, reglos wie ein Felsen und ebenso ungerührt. Als der Knappe sich regte, wies der Rabensteiner ihn mit einer schweigenden Kopfbewebung zur Tür, offensichtlich nicht gewillt, im Tempel selbst unnötig Worte zu verschwenden.

Das helle Licht des Morgens traf beide wie ein Hieb.

„Nervös?“ Mit ruhiger Miene betrachtete der einäugige Baron seinen Knappen, der ihn um fast Haupteslänge überragte – und schaffte es dennoch mühelos, auf den jungen Mann herabzusehen. [Lucrann (Tina) 22.03.2016]

Als der Blick, welcher gerade noch auf den Altar gerichtet war, nach ungewohnt vielen Augenblicken auf seinen plötzlich neben ihm stehenden Herrn traf, wirkte Boronian ein wenig verlegen. Sicherlich war ihm nicht bewusst gewesen, dass er sich so sehr auf den Tempel konzentriert hatte, um nicht mitzubekommen, wie sein eigener Knappenvater sich neben ihn begab. Auf dessen Kopfbewegung erhob er sich, ein wenig ungelenk durch das lange Sitzen, und folgt ihm nach draußen.

Als die Sonne beide traf hob er instinktiv die Hand vor die Augen, brauchte jedoch einen Moment, um sich an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen.

Anschließend sah er zu dem Baron und nickte nur leicht. Er wollte ansetzen, etwas zu sagen, schluckte dann doch erst einmal um die trockene Kehle wieder etwas zu befeuchten: "Ja, Herr." er sah verlegen zu Boden, bis ihm einfiel, dass sein Herr dies nicht mochte, und blickte ihn wieder an. Schon ein Bauer konnte erkennen, dass der junge Knappe zu ihm aufsah, egal, ob der Herr körperlich größer oder kleiner war. "Seit einigen Tagen... nun... habe ich ein beklemmenden Gefühl in der Brust. Beschreiben konnte ich es nicht, daher ersuchte ich den Tempel." er hielt inne, als ein ernster Gedanke sich in ihn schlich, welcher sich in den letzten Stunden gefestigt hatte: "Viele, welche wir gut kennen und auch jene, welche unsere Freunde sind, werden zu Boron gehen, nicht wahr?" diese Erkenntnis war tief in ihm angelangt und er schien sich dessen bewusst zu sein, wie schmerzlich der Gedanke auch war, und dies schien ihn nachdenklich zu machen. [Boronian (Mel) 23.03.2016)

„Das ist der Lauf der Dinge.“ Ungewohnt gesprächig war der alte Baron an diesem Morgen. „Du warst auf Crumolds Auen dabei. Diese Schlacht wird größer. Doch Golgari holt seine Ernte hier wie dort.“ Er betrachtete den Knappen, der mit hängenden Schultern dastand, und setzte dann doch noch hinzu. „Solange er Dich auf seinem Rücken trägt, sind die Götter mit Dir. Sorge Dich nicht.“ [Lucrann (Tina) 23.03.2016]

Der junge Knappe blickte seinen Herren einen Moment schweigend an, dann nickte er und straffte sich wieder, nahm Haltung an: "Danke." Ein Wort nur, doch sprach es tief aus der Seele. Er zog geistesabwesend seine Handschuhe wieder an und blickte sich um. Es war früher Morgen, die Feierwütigen gerade erst in die Betten gefallen und die Stadt nur von den Einwohnern und einigen wenigen aus dem Lager bevölkert. Sein Knappenvater hatte sicherlich die ganze Nacht in diesem größeren Tempel verbracht. Die Augen suchten den Ort, an dem er sein Pferd abgestellt haben mochte, doch vermutlich wartete dies bereits in den Stallungen des Tempels: "Soll ich Euer Pferd aufsatteln für den Rückweg ins Lager oder ist Euch nach einem frühen Mahl?" [Boronian (Mel) 23.03.2016]

„Das mache ich.“ Wie nahezu immer. Im Gegensatz zu Boronian hatte der alte Baron seine Handschuhe auch im Tempel getragen – eine Eigenheit, die der Knappe längstens als gegeben nahm. Noch nie hatte er seinen Knappenherrn mit bloßen Händen gesehen. Der Rabensteiner schritt in die Tempelstallungen und holte seinen Elenvinerhengst aus einer der Boxen, zäumte und sattelte das Tier mit geübten Griffen. Konya, wie der Rappe hieß, warf den Kopf und tänzelte aufgeregt, begeistert von der Aussicht auf Bewegung, nachdem er die Nacht in der Box verbringen musste. „Ins Lager.“ Er musterte den Knappen. „Wo ist Dein Pferd?“

"Talloro habe ich ebenfalls in die Stallungen gegeben." mit diesen Worten stahl sich ein verträumtes Lächeln in das Gesicht das jungen Mannes, denn so groß und kräftig er auch war, bei dem Gedanken an sein Pferd wurde er stets weich. So ging er noch ein wenig nach Hinten in die Stallungen zu seinem schwarzbraunen Tier und begrüßte es kameradschaftlich. Und während er gewissenhaft über das glänzende Fell bürstete und sein Pferd sattelte, suchte der Hengst fast schon zärtlich die Taschen des Knappen ab. Er wusste, dass dieser immer ein Leckerchen für ihn dabeihatte, wie auch dieses Mal. Und als er vorm Trensen ein Stück Karotte, welche Boronian geschickt aus einer Tasche fischte bekam, musste dieser plötzlich schmunzeln: "Ich verwöhne dich gar zu sehr, meinst du das nicht auch?" und klopfte ihm freundschaftlich auf die Flanke, bevor er das dann fertig gemachte Tier nach draußen führte.

Lucrann betrachtete, die der Junge sein Pferd umsorgte. Achtsam mit den ihm anvertrauten Pferden umzugehen, dies war eine Sache, die der Knappe von klein auf gelernt hatte. Gut gelernt. Zu gut. Vielleicht aber waren die Götter gnädig und er würde nicht schon auf diesem diesem Feldzug lernen müssen, dass ein Streitross zu eben jenem Zeck geboren und ausgbildet wurde – einen Herrn in die Schlacht zu tragen und, sofern nötig, dessen Wohlergehen mit dem eigenen Leben zu bezahlen. Der Rabensteiner strich seinem jungen Hengst durch die dichte Stirnlocke und klopfte den glänzenden, pechschwarzen Hals des schönen Tieres. Seine Großmutter, eine der ersten selbstgezogenen Al-Damacht-Elenviner, war damals, am Vorabend der Invasion des Sphärenschänders, hinter der Trollpforte geblieben – damals. Einigen der halsbrecherischen Kommandounternehmen aus dieser Zeit trauerte Lucrann nicht hinterher, und am besten blieben sie, wie sie waren – bedeckt mit dem Mantel des Schweigens. Immerhin befand sich dieses Mal ein ganzes Heer an seiner
Seite – eine angenehme Abwechslung.

Konya beschnubberte seinen Herrn und spielte mit den Ohren, ein Bild an vollkommener Entspannung und Zufriedenheit. Was den Schwarzen anbelangte. Die Möglichkeit, sich zu strecken und zu bewegen – und dann ein gutes zweites Frühstück. Was den Rapphengst anbelangte, war diese ein sehr verheißungsvoller Auftakt des Tages.

Der einäugige Baron saß auf und lenkte sein Roß aus dem Gewimmel der Straßen hinaus ins Feldlager, seinen Knappen eine halbe Pferdelänge hinter sich wissend. Schnell schluckten die Stimmen und die Betriebsamkeit des Heerlagers die beiden Reiter – die kurze Zeit der Ruhe war vorbei. [Lucrann (Tina) 24.03.2016]

Im Lager der Windhager

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Der Morgen war hereingebrochen. Träge wie viele Teilnehmer des Feldzuges erhob sich Praios Antlitz über Gratenfels und das Heerlager. Überall schwelten noch die Feuer der Nacht zwischen der Vielzahl an meist chaotisch angeordnete Zelten. Nur wenige waren bereits wieder angezündet worden, um das Frühstück vor dem baldigen Aufbruch zu bereiten.

Überall erhoben sich die müden Rittersleut, aber auch Krieger und Söldlinge. Einige männliche und weibliche Knappen schwirrten schon herum, um die Wünsche ihrer Herren zu erfüllen, als Dwarosch aufbrach, um den Lagerplatz des Alten Landes aufzusuchen. Sein Weg führte zunächst in den Außenbereich des riesigen Lagerplatzes, zum Tross. Er wusste das er zu früh war, darum dachte er daran seinen Beitrag zum Frühstück selbst mitzubringen, wenn er die Windhager aufsuchte. So erstand er ein gerade frisch gebackenes, verlockend duftendes Graubrot und einen irdenen Tiegel würzigen Schmalz.

Als er sich zum Lagerplatz der Ritter aus der Marktgrafschaft an der stürmischen Westküste begab, war sicher ein halbes Stundenglas vergangen und es herrschte dort mittlerweile reger Betrieb. Den ersten, jungen Mann, wohl ein Knappe rief Dwarosch an. “Kor zum Gruße, sagt wo kann ich Rondram von Widdernhall finden, ist er schon auf?” (Stefan [Dwarosch] 06.04.16)

„Junker Rodram?“, verbesserte der Knappe den Zwerg, „...dort drüben könnt ihr ihn finden. Er ist schon seit längerem wach, da der Stab sich gerade besprochen hat und sogleich beim Herzog vorsprechen will.“

Dwarosch sah überrascht, aber auch ein wenig verlegen drein. Namen waren nie seine Stärke gewesen, soviel stand fest. “Ja, genau den meinte ich, habt Dank.”

Rodram von Widdernhall genoss den heißen Kräutertee, den er von der wohlmeinenden Dienerin der Säerin erhalten hatte und atmete den süßlich-herben Geruch des Waldbarts ein. Tatsächlich hatten seine morgentlichen Magenbeschwerden Linderung erfahren, soviel war sicher. Während sein Blick über das Lager schweifte, dass sie erst des Nächtens aufgebaut und heute morgen wieder abreißen würden, bemerkte er den wackeren Vertreter des kleinen Volkes, der sich gerade den Weg zu ihm bahnte. „Dwarosch, nicht war?“

Der angesprochene strahlte den Ritter an. “Ah, ihr erinnert euch. Wie war die Nacht, haben euch eure Nachtbarn Ruhe gegönnt? Ihr müsst wissen, oftmals machen sich Störenfriede einen Spaß daraus Neuankömmlinge im Lager nicht schlafen zu lassen in der ersten Nacht.”

„Wie es scheint, habe ich gestern zu viel versprochen, da bereits heute der Abmarsch anberaumt ist, womit ich nicht gerechnet habe! Doch ich will mich nicht lumpen lassen!“, er wies auf einen kleinen Holztisch mit Dreibein. Dort war mit einfachem grün-beigen Geschirr Grütze und Brot angerichtet. Daneben stand perlende Butter aus einer irdenen Dose und Honig.

Der Junker schien sich an sein Versprechen erinnert zu haben und gab sogleich einem Jungen Zeichen, auch dem Zwerg einen Tee einzugießen.

Der Angroschim nickte anerkennend, nahm das mitgebrachte Brot sowie den Schmalz und stellte es ebenfalls auf den Tisch. Als er auf ein Zeichen Rodrams hin zugriff, erhob er erneut das Wort. “Ich werde euch nicht lange aufhalten. Ich wollte euch nur bitten, den Baron von Widdernhall meine besten Grüße auszurichten. Ihr müsst wissen, das mein Jagdtrupp damals als Späher fungierte. Wir wurden jedoch einige Tage, bevor der Drache erlegt wurde, von eben diesem angegriffen und fast vollständig aufgerieben. Aber wir konnten sein Revier auskundschaften. Ich war wie alle Überlebenden schwer verletzt, als wir das hohe Haus zu Widdernhall erreichten. Der Baron ließ uns beste medizinische Versorgung angedeihen. So konnte ich zum Gelage, das es gab, als der Riesenlindwurm vier Tage später erschlagen ward, wieder aufrecht stehen, nicht schmerzfrei, aber ich konnte es und bedeutend wichtiger: trinken.”

Rodram lachte laut und herzlich, da nun nach langen Götterläufen seine Erinnerung verblasst war an das Treiben des Wurmes, der vor mehr als einer Dekade die Alten Berge in Atem gehalten hatte...

Dwarosch zeigte ein breites Lächeln und biss herzhaft in ein Stück Brot mit Schmalz. Er wollte grade weitersprechen, als er wohl merkte das sein Mund noch voll und er beim Kauen war. So riss er sich zusammen, schluckte und setzte dann neu an. “Ich habe selten eine solch freudige Aufregung erlebt und ich habe in meiner Zeit als Korknabe viele Siege zu feiern gehabt.” Gedankenverloren verlor er den Augenkontakt und sah er an dem Ritter vorbei. “Aber genug davon.”

Dwarosch schüttelte die Gedanken an ferne Tage ab. “Darf ich fragen wie viele Bewaffnete der Windhag diesem Feldzug begleiten?” (Stefan [Dwarosch] 08.04.16)

„Hier in Gratenfels zählen wir Altländer wohl nur nur knapp unter 3 Bannern und das zusammen mit dem Tross! Aber der Markgraf marschiert derzeit mit seinen stehenden Truppen von Almada hinauf nach Gallys und wird den nordmärkischen Herzog wohl hinter sich lassen“, Rodram zwinkerte Dwarosch zu. „Warum fragst du? Vermisst du die harten Mädchen und Jungs der Goldenen Legion?“

Ein Schmunzeln war Dwaroschs Antwort auf seine Worte. „Nun, zumindest könnte diese doch den Grad der Erfahrung in diesem Heer deutlich heben. Und ja, die Goldene Legion wüsste ich gerne auf unserer Seite, auch wenn ich mit meiner Frage nicht auf sie abzielte.

Nein, ich dachte mir das diese drei Banner nicht alles seien konnte und damit lag ich ja nun richtig. Mir war nur in diesem Moment nicht bewusst, das der Marktgraf aus Grangorien bzw. Phecadien her marschieren würde. Politik und die Lehensaufteilungen gehören nicht zu meinen ausgewiesenen Stärken.“ Jetzt war es an dem Angroscho zu zwinkern.(Stefan [Dwarosch] 14.04.16)

Rodram zuckte mit den Schultern, da ihm dies von den Gemeinen bekannt war und selbst für einen Adligen wie ihn - aus einer solch einsamen Region wie dem Windhag – war es nicht leicht den Überblick zu behalten.

„Herr Rodram? Es wird Zeit...“, erklang eine tiefe und ernste Stimme hinter Dwarosch und dem leisen Klirren nach, näherten sich mehrere Personen.

Ein stämmiger und nicht allzu großer Ritter in mittleren Jahren mit einem auffälligen Wappenrock trat nun in Begleitung mehrerer weiterer Adliger hinzu - ein schwarzer Drillingssturzsparren zeigte sich auf seiner Brust. „Sigman von Karrenstein, ist mein Name und wie ist der Eure?“, kam er ohne Umschweife zur Sache und streckte seinen rechten Unterarm zur Begrüßung aus.

Aeladir von Waldbachtal hielt sich derweil hinter der jüngeren, neugierigen Quelina von Hardt und wartete ruhig diese kurze Verzögerung ab. Er nutzte die Zeit, um den Zwerg gründlich zu mustern – vielleicht mochte eine solche Begegnung oder flüchtige Bekanntschaft auf dem Weg ins Dunkel noch nützlich sein. Immerhin war der Vertreter des kleinen Volkes nicht der erste den er gesehen hatte und einen Söldner erkannte er, wenn er einen sah. Immerhin konnte ja auch nicht jeder wie der Baron von Widdernhall auf seinem alten Arsch den Krieg in der Heimat aussitzen.

Dwarosch stand auf und begrüßte den Mann auf die von ihm scheinbar bevorzugte Weise. „Dwarosch, Sohn des Dwalin, Verbindungsoffizier des Garderegimentes Ingerimms Hammer. Ich bin hier um dem Baron von Widdernhall einen Gruß ausrichten zu lassen. Ich lernte ihn während der Hatz auf den Wurm vom Windhag kennen. Mir war nicht viel Glück beschert, meine Wunden wurden unter dem Dach des Barons versorgt.“ Er wandte sich an Rodram. „Eure Wohlgeboren, habt Dank für das Frühstück. Ich werde euch nun nicht länger aufhalten. Für das Kommende wünsche ich euch nur eines, das sich die Daheimgebliebenen freuen können, das ihr nach Hause kommt.“ (Stefan [Dwarosch] 19.04.16)

Auf gen Rahja!

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23. Peraine 1039.

Kalt und blass ging die Sonne über dem Koschgebirge auf, sandte ihre Strahlen über das verschlafene und verkaterte Gratenfels. Einige Gockel erkannten die Zeichen der Zeit und krähten zurückhaltend ihr „Guten Morgen“ in die Zelte und Herbergen der nordmärkischen Truppen. Eifrig packten die Diener und Knappen die Zelte zusammen, viele fluchend über den üblen Kater nach einer zu kurzen Nacht. Kein Wunder, dass der Brei der über den Kochfeuern bereitet wurde, kaum Abnehmer fand. Zur zehnten Stunde traten die Truppen, nach Grafschaften sortiert, vor den Mauern der Stadt zusammen. Die kalte Brise aus den Bergen brachte die Fahnen und Abzeichen der Besten der Nordmärkischen Einheiten zum wehen. Raduvera von Berg hielt eine motivierende Predigt, die sie, wie der Ibenburg-Luringsche Praiosgeweihte gestern, mit einem SIEGT DAS LICHT‘ schloss. Majestätisch war den Anblick, als Reihe auf Reihe ihre Waffen blitzend in die Luft reckten, um den Segen der Rondra auf die Waffen und in die kampfbereiten Herzen fahren zu lassen.

Nach dem Segen der Göttin brachen zwei Lanzen leichte Reiterei als Voraustrupps auf, um die Reichsstraße rahjawärts zu erkunden und den Platz für das Abendlager vorzubereiten. Nach dem Abmarsch der Reiter unter dem Banner der Flussgarde gab Turam Sohn des Fanderasch, in seiner Position als Provinzmarschall des nordmärkischen Heeres, die Befehle für den Marsch gen Gallys in die Truppen heraus. Der dunkelhaarige Zwerg im besten Alter händigte die Marschvorgaben in gesiegelten Pergamentrollen an die hervortretenden Grafen und Hauptleute der Gardetruppen. Später enthüllten die Barone selbst ihren Streitern die wichtigsten Punkte:

  1. Jeder Baron sorgt für die Verpflegung seiner Truppen und ist für diese verantwortlich
  2. Duelle sind bis zur Beendigung des Heerbanns durch Ihre Kaiserliche Majestät verboten
  3. Plünderungen und Konfiszierungen sind bis hinter das jüngst befreite Altzoll untersagt
  4. Die Städte Angbar, Gareth und Wehrheim dürfen von den Truppen nicht betreten werden. Erlaubt sind Proviantmeister und zivile Köche aus dem Tross, die Lebensmittel einkaufen, sollten nicht ausreichend Händler ihre Waren außerhalb der Stadtmauern anbieten
  5. Die Truppen übernachten, sollte es das Wetter erfordern, in Zelten außerhalb der Städte und Dörfer. Den Angehörigen der Stände, Magiern und Geweihten ist es freigestellt, angemessene Herberge zu suchen. Seine Hoheit, der Herzog sowie die hochwohlgeborenen Grafen werden Gastung bei den lokalen Würdenträgern in Anspruch nehmen.

Nach dem die Befehle ausgegeben wurden, trat der Provinzmarschall zurück und überlies Herzog Hagrobald das Feld. Dieser, dunkle Augenringe als eine Erinnerung an die letzte Nacht tragend, trat hervor. Groß war er, breite Schultern spannten sich unter seinem Umhang und aus seinen braunen Augen blitzte die Vorfreude auf gute Kämpfe hervor. Der kalte Bergwind zauste seine schwarzen Haare, die er sich wiederholt mit seiner Linken aus dem Gesicht hielt. „Ihr macht Uns stolz. Wenn wir euch hier versammelt stehen sehen sind wir sicher, dass es nichts gibt, was ein Nordmärker nicht zu bewerkstelligen wüsste. VOR ALLEM, WENN ES DABEI SCHÄDEL ZU SPALTEN GIBT! Wir haben mit Prinz Arlan von Löwenhaupt eine Wette geschlossen. Der Weidner behauptet doch, seine Ritter würden mehr Feldzeichen der verfluchten Dämonenarschküsser erbeuten als die Unseren. Lasst mich hören was Ihr dazu zu sagen habt!“

Der alte, zwergische Kämpe stand in der ersten Reihe des Regimentes, dem er zugeteilt worden war, inmitten von Ingerimms Hammer. Dwaroschs Wappenrock, welcher viele zwergische Orden und Abzeichen, aber eben auch den Greifenstern in Gold trug und mehrere Jahrzehnte das Wappen der Korknaben getragen hatte war alt, zerschlissen und geflickt, aber er schätze ihn dennoch. Es hatte noch keine Zeit gegeben das Wappen seiner neuen Einheit aufzunähen, aber er war stolz Teil des Garderegimentes seien zu dürfen. Auf dem Heerzug würde sich Zeit finden und er würde alles tun um dem stolzen Banner Ehre zu bereiten.

Mit diesen Gedanken stützte sich Dwarosch auf die Blätter seines Felsspalters, dessen Griffende auf einem der wenigen nicht matschigen Flecken den Platzes ruhte. Er lauschte den Rednern angeregt, nickte bei manchen Worten kaum merklich, war aber dennoch gelassen und scheinbar völlig unbeteiligt. Zu viel hatte er gesehen und durchlebt, fünf Jahrzehnte Krieg. Es spieh aus. Es gab es nichts weiter zu gewinnen als das eigene Leben, das der Schwachen die es zu beschützen galt und letztlich die Gunst Kors. Dennoch mussten Kriege geführt werden, um Unrecht auszumerzen und in diesem Falle die Weltenordnung des Allvaters zu bewahren. So war es schon in anderen Zeitaltern gewesen, als seine Ahnen gegen die Drachen Krieg führten und so würde es immer sein, beim Barte des himmlischen Schmieds.

Erst als Herzog Hagrobal das Heer lauthals nach dessen Meinung fragte wurde Dwarosch aus seinen Gedanken gerissen, spannte sich, hob die wuchtige Axt mit beiden Händen über den Kopf und drehte sich dabei für alle sichtbar zu den Seinen. Als sie seine Bewegung bemerkten hoben sie ihre Kriegshämmer gen Himmel, als hätten sie nur darauf gewartet. Immer mehr der Gefrechtsreihen hoben die Waffen und es dauerte nicht lange und das Bergköniglich Eisenwalder Garderegiment schrie aus voller Kehle und mit einem tiefen Bass den Namen ihres Gottes in die goldene, einen neuen Tag verheißende Morgendämmerung “AAAAANGROSCH!”

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Ihr war klar das die Ansprache seiner Hoheit nötig war, ihren Zweck erfüllte und nicht unwahrscheinlich auch voll und ganz die Ansichten Hagrobalds entsprach. Doch noch gab es nichts zu feiern, noch war keine Schlacht geschlagen und es gab auch keine Toten zu beklagen. So traurig es war, würde sich das viel zu bald ändern und viele derer die hier und jetzt jubelten würden nicht mehr zurückkehren.

Ulinai Timerlain von Vairningen blieb deshalb stolz, aufrecht ohne jedwede Regung und genauso hielten es auch ihre Gefolgsleute – weil sie es genauso hielten wie ihre Lehensherrin oder schlicht, weil sie bei dieser nicht negativ auffallen wollten. Schließlich sollte man erst feiern, wenn es etwas zu feiern gibt. [Richtwald(Ulinai Timerlain)15.03.2016]

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Zadrada von Richtwald verzog bei den derben Worten missbilligend den Mund, was bei ihrem alten Gesicht nur noch mehr Falten aufwarf. Obwohl der Krieg aus vielen Leuten Schwarzhumorige machte, war sie noch lange kein Freund unbedachten Redens. Da lobte sie sich im Stillen viel eher die beherrschte Art Ulinais. Im Lauten allerdings gab die kleine Frau wie der Malmar ihren Leuten das Zeichen. Sie hoben die Waffen und brüllten ihre Zustimmung gen Alveran. Was wäre auch eine Ansprache, ohne schreiendes Heer? Sollten sie alle hier stehen und schweigen wie die Lämmer? Nein, ihr Anführer rief und sie mussten mitheulen wie die Fische mit dem Strom schwammen. Doch welche der Lachse vom Bären gefressen würden und welche es schafften stromaufwärts zu springen, dass würde sich noch zeigen müssen. Mit grimmiger Entschlossenheit blickt sich Zadrada nach rechts und links um, um die Reaktionen auf des Herzogs Worte zu beobachten. [Jerri (Zadrada von Richtwald) 4.4.16]

„Nun, nachdem dies geklärt ist, werden wir zur Praiosstunde aufbrechen. Wir werden nicht auf Nachzügler warten, daher raten Wir Euch zur Eile.“ Hagrobald machte kehrt. Kurz darauf konnte man hören wie er seine Knappen durch das Lager und seine Gemächer scheuchte um auch ja alles rechtzeitig fertig gepackt zu haben.

Pünktlich zur Mittagsstunde – im Praiostempel zu Gratenfels erklang der große Gong – zog das nordmärkische Heer gen Greifenpass und wendeten der Heimat endgültig den Rücken zu.

Weit oben wunderte sich der Adler über die kleinen Menschlein, wie sie, einer silbernen Schlange gleich, in die Berge zogen. Kurz machte er sich Sorgen, ob sie es wohl auf seinen Horst abgesehen haben mögen, verwarf den Gedanken aber wieder. Zu hoch für die Zweibeiner lag sein Revier. Er kreischte noch einmal laut zum Abschied, wendete und flog wieder in südwestlicher Richtung davon – entgegengesetzt zu den Menschen dort unten, deren Ziel tief im Osten lag.

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Kategorie: Briefspielgeschichte