Haffax Feldzug Gallys Besuch Aus Dem Sueden

Besuch aus dem Süden (14. ING)

Inhalt:

  • Der Novadi Jahman, der im Aufgebot der Baronie Nablafurt am Feldzug teilnimmt, stattet dem Lager des Barons von Rabenstein und selbigem einen Besuch ab

Am Abend, lange nach Sonnenuntergang, kamen drei Kundschafter vom Erkundungsritt zurück und ritten langsam in Richtung der Nablafurter Zelte. Einer von ihnen war der fremdländische Jahman al Keft. Er schien das Geschehen im Lager ebenfalls genau zu beobachten, obwohl er vermutlich schon den ganzen Tag alles Mögliche beobachtet hatte. [Jahman (Klaus)]

Boronian kam gerade in geschäftigem Schritt um die Ecke, da er noch dabei war, seine Waffen und die Rüstung in den allerbesten Zustand zu bringen, welchen er gerade herausholen konnte. Dass er dabei ein wenig vor sich hin träumen konnte waren die eher angenehmen Nebenerscheinungen der doch einfachen Arbeit. Er blieb aufgrund einer Bewegung in seinem Sichtfeld kurz stehen und sah in der immer schwärzer werdenden Dunkelheit eine Gestalt auf das Lager zukommen und erkannte dann auch den Hauptmann. Während er doch ein wenig gespannt auf eine Reaktion seinen Knappenvaters wartete, hob er freundlich grüßend die Hand in Richtung des Mannes auf dem kleinen und wendigen Pferd. [Boronian (Mel)]

Der Baron stand vor seinem Zelte, sein Knappe Boronian bei ihm. Dieser schien in Gedanken versunken ob des vorherigen Anblickes des spätabendlichen Farbenspiel es Himmels, auch wenn dieses nun schon eine Weile verglüht ward. Als er die Bewegung der Reiter mitbekam, welche zurückkehrten, wurde er wieder ein wenig aufmerksamer. Hauptmann al Keft, welcher ihm und Tsalind am Nachmittag einen aeltsamen Auftrag hatte zukommen lassen, war ebenfalls unter ihnen und ritt auf ie zu. Was sich der fremdländische Reiter wohl diesmal hatte einfallen lassen? Boronian richtete sich auf und lächelte den Mann unter dem tiefschwarzen Bart freundlich an.

Als der Blick Jahmans auf den Knappen des Rabensteiners fiel, änderte er seine Richtung und ritt langsam auf das Zelt zu. Dort angekommen stellte er sich militärisch knapp vor, grüßte er den Baron und frug: "Hauptmann al Keft von den Nablafurter Kundschaftern. Guten Abend, Hochgeboren. Gehört der junge Mann zu Euch?" [Jahman (Klaus)]

„Mein Knappe.“ Beschied der Rabensteiner den Fremdling, und bedachte diesen mit einem langen, überlegenden Blick. „Was habt Ihr mit ihm zu schaffen?“ Erstaunlich genug, wohinein die Knappen manchesmal gerieten. Von dem Novadi in Nablafurter Diensten hatte Lucrann – auf einem äußerst kurzen Dienstweg – bereits gehört, doch eine Eigenheit an dem Südländer fesselte seine Aufmerksamkeit, ohne dass er genau lokalisieren konnte, was dieses war. [Lucrann (Tina)]

"Ich habe mir erlaubt, ihm die Überbringung einer Nachricht vom Rande des Lagers zum Marschall aufzutragen", antwortete der Novadi. Ihm war der Blick des Rabensteiners nicht entgangen, aber er wußte sich keinen Reim daraus zu machen. Ein Blick auf das Wappen legte den Verdacht nahe, sein Gegenüber könnte seinerzeit bei den ungläubigen Invasoren gekämpft haben, als die Pestbeule des Südens aufplatzte und Gewürm aus ihr hervorkroch. Dagegen sprach jedoch das Fehlen einer Krone auf dem Haupte des stilisierten Raben im Wappen. Nach Beendigung dieses Gedankens fügte Jahman seiner Antwort hinzu: "Darf ich fragen, wessen Knappe vielleicht ein viertel Wassermaß durch mich daran gehindert wurde, seinem Herrn zu dienen?" [Jahman (Klaus)]

Der alte Baron hob eine Augenbraue angesichts der blumigen Ausführung des Südländers.

„Mein Name ist Lucrann von Rabenstein.“ Überlegend strich sich der Einäugige über den Bart. „Was fragt Ihr?“ [Lucrann (Tina)]

Boronian sah in der Zwischenzeit neugierig von seinem Herrn zu dem Mann auf dem Pferd. Was auch immer zwischen den beiden vorging, er hatte nicht die geringste Ahnung. Und doch kitzelte etwas seine Nackenhaare, als ob es fragen wollte, ob es Ärger gab für das Überbringen dieser Nachricht. [Boronian (Mel)]

"Würdet Ihr, Effendi von Rabenstein, es einem Kundschafter, der so rasch wie möglich wieder auf seinen Posten zurückzukehren gedachte, vergeben, Euren Knappen mit einem Botengang beauftragt zu haben?"

Sprachmelodie und Tonfall des Novadi klangen so, als kämen noch weitere Worte aus seinem Munde hervorgesprudelt, doch stattdessen blickte er den Baron nachdenklich an. Plötzlich schien ihm der entscheidende Gedanke gekommen zu sein, denn er frug: "Lucrann ibn Boronian? Der Lucrann ibn Boronian, den man in den Zelten der Beni Novad 'Sohn der Kühnheit' nennt? Der Lucrann ibn Boronian, der Mustapha dem Schrecklichen das Brautgeschenk des Zulhamid ibn Mehmet für Ayla saba Rastafan, der Blume von Manesh, im Alleingang wieder abgejagt hat? Der Lucrann ibn Boronian, dem ich vor über vier Jahrneunten den Weg durch das Manekh Chanebi zu weisen die Ehre hatte, als er, von jenem Sohne der Hochmut verfolgt, sich anschickte, das Brautgeschenk zur Sippe Zulhamids ibn Mehmet zurückzubringen?" [Jahman (Klaus)]

„Jahman al-Fenneq? Der Wüstenfuchs, der selbst in der Reg al’Sefra noch eine Fährte findet?“ Ein Funke blitzte im verbliebenen Auge des alten Barons auf.. „Diese Geschichten sind so alt, dass sie fast nicht mehr wahr sind.“ Übergangslos wechselte er zu fließendem Tulamidya. „Châhak huna dare-chaimaâm marhaba.” Er neigte den Kopf in Richtung seines Zeltes, den beiden anderen Nablafurter Kundschaftern, die neben dem Novadi standen, keinerlei Beachtung schenkend. [Lucrann (Tina)]

"Es ist mit eine Ehre, Euer Gast zu sein, Effendi", entgegnete Jahman im harten, angehackten Tulamidya der Khom. Er wandte sich den Nablafurter Kundschaftern zu, doch Goswin hielt ihn schon die Hand entgegen und sagte: "Gib uns, was du ablegen willst. Wir legen es aufs Lager und kümmern uns um dein Shadif." Jahman zögerte kurz und gab dann Zügel, Bogen und Klingen ab. Lediglich den Waqqif behielt er. "Trinkt nicht zuviel, wir müssen morgen wieder raus." Girte, die andere Kundschafterin der Nablafurter, entgegnete: "Wir trinken deinen Teil mit, du Sohn der Enthaltsamkeit". Beide schienen Gefallen an den blumigen, fremdländischen Formulierungen Jahmans gefunden zu haben. Mit dem Shadif des Novadi und seinen sperrigen Waffen setzten sie ihren Weg zu ihren Unterkünften fort.

"Effendi, ich bitte um Vergebung, wenn ich den Dreck eines halben Gottesnamens in Euer Zelt trage", wandte sich der Novadi, der tatsächlich seit fast fünf Tagen den Heerzug begleitete, aber nicht im Lager war, von der Meldung am Vormittage einmal abgesehen. [Jahman (Klaus)]

Boronian, welcher am Zelt stand und gespannt den blumigen Worten lauschte, welche der fremde Kundschafter mit seiner wettergegerbten Haut dem eigenen Obherrn entgegenbrachte, war sich noch nicht sicher, was dies alles zu bedeuten hatte. Sein Baron war mit dem Wüstenvolk geritten? Natürlich verlor er über solcherlei Dinge keine Worte. Auch wenn es sicherlich spannende Geschichten wären, welche man zu hören bekommen könnte. Als die Sprache kurz ins Tulamidya abrutschte, sah man offensichtliche Fragezeigen im Blick des Knappen. Und dann schickten sich beide an, in das Zelt zu gehen. 'Oh bitte, Hesinde, lass sie in Garethi weiterreden! Diese Geschichte will ich nicht verpassen' bat der Junge innerlich die Göttin des Wissens. [Boronian (Mel)]

„Eure Anwesenheit ehrt mein Zelt.“ Entgegnete der Rabensteiner auf die Bedenken seines Gastes im fließenden Zungenschlag des südlichen Shadifs und trat mit Gast und Knappe in sein Zelt. Er bedachte seinem Pagen, der mit großen Ohren und Augen neben der Zeltür gewartet hatte, auf Garethi mit eine kurzen „Sean, ein Bad für unseren Gast, Tee – und Abendessen.“ Wie von der Bogensehne geschnellt spurtete der Junge davon, um nur recht schnell den Knechten und dem Koch Bescheid zu geben und dennoch nichts von dem sich anbahnenden Schauspiel zu verpassen. „Erzählt, was brachte euch in den Norden?“ wechelte der alte Baron wieder ins Tulamidya des Südens. [Lucrann (Tina)]

"Gar nichts. Ich habe eine Karawane in den Norden gebracht. Ich wäre ein Sohn der Hilflosigkeit, wäre es andersherum. 'Norden' jedoch ist nur meine bescheidene Sichtweise, denn die Teppichhändler brachten ihre edelsten und feinsten Arbeiten nach Punin. Schicksalhafter war die Zeit, zu der dies geschah. Kurz zuvor hatten die ungläubigen, schwarzpelzigen Invasoren aus dem hohen Norden das Land des Kaisers überrannt, und die Werber suchten in jeder Gasse nach fähigen Klingen." [Jahman (Klaus)]

Der Knappe war vor dem Zelt geblieben, immerhin hatte sein Herr einen fremden Besuch und da wusste man nie, ob man sich jetzt dazugesellen konnte oder nicht. Doch auch so waren die jungen Ohren bis zum Anschlag gespitzt, um vielleicht doch ein Wort aufzuschnappen oder mehr mitzubekommen, als die bloßen Stimmen der beiden Männer. [Boronian (Mel)]

„Und Ihr habt dem Rufe folge geleistet.“ Lucrann erhob nur leicht seine Stimme, wechselte aber zu dem für den Knappen verständlicheren Garethi. „Boronian, hierher.“ Der Feldtisch im Zelt war von einer unschönen Mischung aus Waffen- und Rüstungspflegeutensilien, Karten, Schreibzeug und Bechern bedeckt. Der Knappe erfasste die Situation mit einem Blick – und begann äußerst gründlich das Durcheinander beseitigen.

Als habe es die kleine Unterbrechung nicht gegeben, wandte der Baron sich wieder seinem Gast zu. „Und wie seid Ihr ausgerechnet zu den Nablafurtern geraten?“ Die Baronsfamilie dieser winzigen Baronie an der Nordgrenze Gratenfels’ war mit ‚eigenwillig’ noch sehr wohlwollend beschrieben. Nicht, dass sie nicht durchaus ihre Reize besaßen. Lucrann verschob diesen Gedanken, ehe er sich als zufriedenes Schmunzeln auf seinen Zügen manifestieren konnte. Dass er die Unterhaltung im heimatlichen Garethi weiterführte, hatte er wohl übersehen. [Lucrann (Tina)]

Auch Jahman blieb beim Garethi, welches er akzent- und dialektfrei sprach. Auch bei genauem Hinhören konnte man lediglich an einigen wenigen Wörtern erkennen, daß er die Sprache im Umgange mit Liebfeldern erlernt haben mußte.

"Die haben sich gar nicht getraut, mich anzusprechen, die wollten gar keine Söhne der Wüste in ihren Reihen. Ich habe denen dann erklärt, daß der Kaiser mich brauche. Am Ende war ich das, was man hier einen Leutnant nennt. Im Kriege gegen die ungläubigen Schwarzpelze bin ich, nur kurz, der Nablafurter Baronin begegnet. Vor kurzer Zeit lief mir in den Nordmarken, in die es mich zufällig verschlagen hatte, ein ungläubiger Schwarzpelz über den Weg. Ich habe ihn erschlagen und die Sache gemeldet. Ihr dürft raten, wem der Büttel, bei dem ich das gemeldet hatte, unterstellt war." [Jahman (Klaus)]

Der Einäugige nickte nur auf die Aussage Jahmans. Die Wege eines Lebens waren oft eigenwillig. „Und so seid Ihr hier und unsere Wege kreuzen sich erneut.“ Auch wenn die große Zeit der Abenteuer wohl ein für allemal vorbei war. Satinav trieb sein Boot voran und ließ keinen Raum für Sentimentalitäten. Sean brachte den Tee und seine Neugier mit an den Tisch, stellte alles brav ab, schlich zu Boronian und fragte treuherzig „Darf ich Dir helfen?“ [Lucrann (Tina)]

Boronian sah zu Sean und ein verschwörerisches Lächeln war in seinem Gesicht zu erkennen: „Sehr gerne. Hier, siehst du, die Utensilien sollten einmal wieder von Abdrücken befreit werden. Nimm den Lappen, den sauberen.“ Er selbst stand dort und legte in geschäftiger Ruhe die Briefe auf einen schön anzusehenden Stapel, die Umschläge gleich dazu, und wischte den Tisch erst einmal ab. Ja, er gab sich wirklich sehr viel Mühe. Und da sein Pate ihn zu dieser Tätigkeit befohlen hatte, sollte auch wirklich alles zu seiner vollsten Zufriedenheit ausfallen. Kurzum, so sauber und aufgeräumt war der Tisch wohl nie in einer solchen Zeitspanne geworden. [Boronian (Mel)]

Lucrann roch an dem Tee, goß sich einen Fingerbreit ein, befand ihn für gut und schenkte seinem Gast ein. [Lucrann (Tina)]

Jahman nahm den Tee, kostete und bestätigte die Einschätzung seines Gastgebers: "Der Tee ist vortrefflich. Euer Knappe versteht es, eine Nachricht rasch zu überbringen. Nachdem ich ihm aufgetragen hatte, die Meldung weiterzureichen, waren die Verbindungsoffiziere des Marschalls sehr rasch bei der Einheit, die ich nicht einordnen konnte und deren Herannahen ich durch Euren Knappen gemeldet habe." [Jahman (Klaus)]

Der einäugige Baron nickte knapp auf die Worte des Novadis. „Er ist recht anstellig.“ Was aus dem Munde des Rabensteiners ein beachtliches Lob war. „Zu wessen Einheit gehörte die Verstärkung?“ Die Möglichkeit, einen genaueren Überblick über die Truppenbewegungen der einzelen Einheiten zu erhalten, ließ Lucrann sich auch in diesem Fall nicht entgehen. Einiges an solcherlei Wissen ergaben die Sitzungen im Stabszelt des bedauernswert desinteressierten Grafen – der noch dazu durch seine weitläufige Verwandtschaft mit dem Marschall direkt an der Quelle gesessen wäre, wenn er denn nur mehr Wissen eingefordret hätte. Doch es galt mit dem zu arbeiten, was zu bekommen war – in dieser Situation hielt es der Rabensteiner mit gesundem Pragmatismus. [Lucrann (Tina)]

"Ich weiß es nicht. Ich war wieder auf Beobachtungsposten und hatte die anderen beiden, die mit mir ins Lager gekommen sind, etwa dreimal neunmal neun Schritt in Richtung Lager zum Lager zum Melden abgestellt, falls sie mich aufmischen, als sie mir per Hand angezeigt haben, daß der Verbindungstrupp ankomme. Dieser wurde von Leutnant von Sturmfels angeführt, der mir dann wortreich erklärt hat, daß man diese Einheit erst morgen erwartet habe und man vergessen habe, mir dies mitzuteilen."

Lucranns Blick sagte mehr als tausend Worte ... und wurde von Jahman auch richtig verstanden, doch er widersprach: "Nein, gar nicht. Die haben mir bisher immer gesagt, welche Einheit wann erwartet würde, und mich stets einen Blick auf die Karten werfen lassen. Ein paar Minuten reichen mir. Eine Karte stammt sogar von mir. Da hieß es dann 'Die kann ich doch sofort wieder wegnehmen, oder?'. Die wissen schon, wer ich bin und was ich kann. Außerdem wären morgen die anderen drei von uns in dem Bereich gewesen, und denen hätten sie es morgen früh gesagt. Bisher war das jedenfalls immer so. Ich habe also keinen Grund, mich zu beschweren."

[Jahman (Klaus)]

„Habt Ihr bereits von der jüngsten Unruhe im Lager vernommen? Ein Sölderntrupp unter dem Banner der Seelensammlering hat hier sein Lager aufgeschlagen – und führt gleichfalls den Reichsgreifen auf seiner Fahne.“

[Lucrann (Tina)]

"'Seelensammlerin' sagt Ihr? Das ist doch dieser Shaitan, der Euch, Eurem Namen nach zu urteilen, ein besonderer Greuel sein müßte, den Ihr, mehr noch als die anderen von denen, voller Haß und ohne jede Gnade bekämfen müßtet. Oder sind diese Söhne der Verderbtheit, die Zeichen der Shaitans oder ungläubigen Invasoren aus dem verbotenen Paradies in ihren Bannern tragen, vorgetreten, um ihre gerechte Strafe auf sich zu nehmen?" [Jahman (Klaus)]

„Blinder Haß schwächt nur.“ Langsam und genüsslich trank der alte Baron einen Schluck des dampfenden Tees. Der sich über dem Becher kräuselnde Wasserdampf erzählte eine Geschichte von dampfenden Plantagen, dem herben Geruch frisch gebrochener Blätter und einer Ahnung von Wüstenstaub, knirschend zwischen den Zähnen. „Die Bannerträger der Widersacherin fühlen sich in Fug und Recht und hissen ihr Banner in dreister Frechheit. Unser Herold ist der Ansicht, dies gehe mit rechten Dingen zu.“ Gelassen lehnte der Baron sich zurück. „Und der Lagerfrieden schützt selbst solcherlei Gesindel.“ Er nahm noch einen Schluck aus seiner dampfenden Teetasse und stellte diese auf den frisch abgeräumten Tisch. „Unerquicklich.“ Seine ganze Gestik drückte Gelassenheit aus – was sich jedoch in seinem verbliebenen Auge spiegelte, hätte Stahl zerbersten lassen. [Lucrann (Tina)]

"Habe ich von blindem Haß gesprochen?" entgegnete der Novadi kühl und in einem Tonfall, wie der von einem intriganten Potentaten aus Fasar hätte stammen können. Jahman schaffte es sogar unvermittelt, das im Mhanadischen gesprochene Tulamidiya nachzuäffen, obwohl er die ganze Zeit akzentfreies Garethi gesprochen hatte. Er wechselte jedoch sofort wieder zum Garethi zurück: "Sind es Mercenarios, die sich wieder den Rechtgläubigen angeschlossen haben, nachdem sie sich bei den Dienern der Shaitans verdingt hatten? Oder sind es Verräter, Saboteure, deren Hast es ist, uns in den Rücken zu fallen? Bei Rastullahs Lockenpracht, wieso ist diese Tochter der Neugier, diese Schwester des Übermutes nicht hier? Die bekäme nämlich im Handumdrehen heraus, wes Geistes Kinder diese Burschen sind. Aber sie mußte ja in Witzichenberg bleiben. Und seit wann entscheidet ein Herold, wer da aufrecht ist im Glauben?" [Jahman (Klaus)]

„Der Fluch der neuen Zeiten.“ Stimmte der Rabensteiner seinem Gast zu. Langsam drehte er seinen Becher in den Händen, stellte ihn schließlich ab und stützte seine Fingerspitzen gegeneinander. „Ihre Duldung ist ein äußerst gefährliches Spiel – das uns keinen Gewinn, im ungünstigsten Fall aber eine Niederlage beschert.“ Er betrachtete seinen Gast. „Ihre Hochgeboren von Rickenhausen hat eine Seelenprüfung der Anführerin der Truppe vorgenommen. Einige besorgte Gemüter hat dies beruhigt.“ Ob die Witzichenbergerin, der Jahman nicht zu unrecht den Namen ‚Tochter der Neugier’ zuschrieb, jedoch besser hinter die Masken der Söldnerin hätte blicken können, wenn sie denn dem Tross angehörte, darüber hegte der Einäugige so seine Zweifel. .Oder aber der Novadi meinte damit jemand ganz anderen. Lucrann vermerkte diesen Tatbestand, um ihn zu gegebener Zeit anzubringen. Nicht jetzt. [Lucrann (Tina)]

"Aber Ihr scheint diesem erlauchten Personenkreise nicht anzugehören." Bei dieser Satz Jahmans klang jetzt deutlicher durch, wo er die Sprache erlernt hatte. Er blickte in das Auge seines Gastgebers und fügte fragend hinzu: "Oder nicht angehören zu wollen?" Er machte eine Pause und frug dann weiter: "Wer nahm diese, wie Ihr es nennt, 'Seelenprüfung' vor? Wer ist das, was kann die? Hat sie sich Euren Zwölfen verschrieben?" Der Tonfall der letzten Frage Jahmans trug deutliche Anzeichen von Entmutigung. "Wenn man dieses Weib mit ihrem Banner aus dem verbotenen Paradies bis jetzt hat gewähren lassen, wird man es auch weiterhin tun. Wie lautet der Spruch in Eurer Sprache? 'Es nicht sein kann, was nicht sein darf.' oder so?" [Jahman (Klaus)]

„Ihre Hochwürden von Rickenhausen hat ihr Bestes gegeben, und ihre Macht ist groß. Doch prüfte sie nur die Anführerin. Diese eine besagt nichts über die Gedanken ihrer Leutnants – wie auch anderer Mitglieder ihrer Gruppe.“ Was ein Problem an der Sache war. Ein Köder – und dahinter, an unbeachteter Stelle, der Angelhaken. [Lucrann (Tina)]

Sinnierend blickte der Novadi an das Dach des Zeltes. "Das Weib wird sich beweisen müssen und vielleicht auch wollen." Jahman dachte laut weiter: "Man wird ihr die Sicherung des Rückraumes ebenso wenig anvertrauen wir die des Feldherrnhügels." Jahman kratzte sich am Kopf. "Sie wird sich in der HKL wiederfinden, sei es freiwillig, sei es auf Befehl." Jahman sah Lucrann ins Auge. In der schon bekannten Mundart eines Potentaten aus Mhanadistan vollendete er seine Gedanken: "Dort kann alles mögliche geschehen. Die Gebeinfelder sind voll von den sterblichen Überresten von Helden oder von jenen, die sich dafür hielten." [Jahman (Klaus)]

„So ist der Lauf der Dinge.“ Stimmte der Rabensteiner zu. Der Baron hatte es seinem Gast gleich getan und wieder in den schleifenden Shadif-Dialekt gewechselt, den er zuvor schon benutzt hatte. Im Gegensatz zu dem affektierten Fasarer Zungenschlag war jener des Shadif leicht und schnell und erinnerte an den wehenden Sand der Wüste. Kurz hielt fing er den Blick Jahmans, Frage und Antwort die Sache eines Lidschlags nur. [Lucrann (Tina)]

Jahman wechselte das Thema und die Sprache: "Wißt Ihr eigentlich, was aus Ayla saba Rastafan geworden ist? Die alten Geschichten sind nämlich keineswegs 'fast nicht mehr wahr', im Gegenteil! In den Nordmarken habe ich mal gehört, altes Recht sei gutes Recht. Ich sage: 'Alte Geschichten sind gute Geschichten'. Laßt Euch sagen, daß die Blume von Manesh ihrem Gemahl zweimal drei gesunde Söhne geschenkt hat." [Jahman (Klaus)]

„Das ist gut zu hören.“ Was da im Auge des alten Barons aufblitzte, ließ sich schwerlich lesen – doch unangenehme Erinnerungen waren dies gewiss nicht. „Seid Ihr ihr nochmals begegnet?“

"Ihr nicht, aber einem ihrer Söhne."

Den Ausführungen der beiden Männer lauschte der Knappe sehr genau. Viel von den alten Geschichten, den Erlebnissen und Taten seines Herren wusste er nicht. Gut, der Rabensteiner war niemand, der große Worte verlor um solcherlei Dinge. Und wann hatte er ihn das letzte Mal so ausführlich reden hören? Mit Sean zusammen räumte er, nachdem der Tisch ordentlich glänzte, dann auch gleich den Rest des Zeltes auf. Drei mal drei Kinder? Ob er auch einmal welche haben würde? Gedanken wie diese zogen an ihm vorbei und ließen ihn schmunzeln. Wenn er irgendwann einmal Ritter war, dann würde er sich eine Frau erobern. Mit Worten und Taten. [Boronian (Mel)]

Einer der Knechte trat ein und meldete, dass das geforderte Bad bereitet sei.

"Habt Dank. Dann werde ich mich mal vom Dreck befreien. Einzelheiten aus dem Herzen der Khom erfahrt Ihr dann später."

Lucrann erhob sich. Er bedachte Boronian und Sean, die inzwischen an ihrer makellosen Ausrüstung polierten und wischten, mit einem unergründlichen Blick.

„So darf ich Euch Eurer Erfrischung überlassen. So ihr noch einen Wunsch hegt, werden Boronian und Sean sich für euch darum kümmern. Mich entschuldigt für eine kurze Zeit.“

Die Abendandacht rief. Die Knappen hatten ihre Aufgaben – doch Lucrann selbst würde ihr beiwohnen, Gast hin oder her. [Lucrann (Tina)]

Als der Baron aus dem Zelt getreten war, schickte Boronian den murrenden Sean los, um nach dem Badewasser zu sehen. Er selbst hatte gerade noch einmal den Schreibtisch im Zelte abgewischt, so dass es jetzt nicht mehr viel gab, was er tun konnte, um den Aufenthalt hier zu verlängern. Er brauchte einen Moment, dann nickte er dem Gast höflich zu, verbeugte sich: "Hauptmann al Keft, bitte verzeiht, dass ich heute Mittag nicht gleich gerannt bin. Doch hatten wir von unserem Herren einen anderen Auftrag erhalten. Nächstes Mal werde ich schneller reagieren." es war dem jungen hochgewachsenen Mann scheinbar ein Bedürfnis, dies noch einmal loszuwerden. [Boronian (Mel)]

"Ist gut. Nachrichten gehen im Kriege immer vor. Die müssen dir das aber regelrecht aus den Händen gerissen und sich sofort auf dem Weg gemacht haben. Wir waren nämlich noch nicht lange wieder auf Beobachtung, da kam der Verbindungsoffizier. Jedenfalls war ich auf eine deutlich längere Wartezeit eingerichtet. Wo steht denn der Zuber?"

„Bitte hier entlang.“

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Kategorie: Briefspielgeschichte