Firunsteg

Firunsteg

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Winzige eisblaue Blüten tauchten in kleinen Grüppchen am Rand des Geländers auf und häuften sich in Richtung des Gartenrandes, wo sich der Felsen seitlich immer noch hoch in den blauen Himmel reckt. Dort am Rand, wo die kleinen hellblauen Blumen in großer Zahl zusammenstanden, endet die metallene Grenze des Gartens und ein felsiger, schmaler Pfad konnte von dort aus betreten werden.

Er führte in Richtung des Wasserfalls hinab und nur wer schwindelfrei genug war und sich zu überwinden verstand, konnte diesen schmalen Stieg hinter dem Wasserfall vorbei bis zu einem kleinen Plateau hinabklettern. Auf flachen Steinen konnte man hier Platz nehmen, die wilde Landschaft unter dem Garten betrachten oder sich einen der bereitstehenden Becher mit Wacholderbeerschnaps füllen.

Maeve fühlt sich von dem Firunsteg angezogen. Sie gibt sich dem Alten vom Berg hin. Der Knappe Lares beobachtet sie dabei und zeigt sich von seiner fürsorglichen Seite.

Gemeinsam schritten Lehrerin und Novizin durch das hohe Gras der Wiese zum Geländer hinüber - a uch Rozen genoss einen langen Moment die feinen Wassertröpfchen, die auf ihrer Haut tanzten und die atemberaubende Aussicht. Was für ein herrlicher Ort!

Mit einem aufmunternden Lächeln verabschiedete Rozen sich und ging weiter in Richtung des Rahjagartens, gespannt, was sie dort an Schönem und Neuem finden würde. (Rozen)

Dankbar blickte Maeve ihrer Lehrmeisterin hinterher, froh, dass Rozen sie behütete und dennoch versuchte, ihr behutsam den Weg der Schönen Göttin zu weisen.

Wieder schloss sie die Augen und genoss das Dasein mit allen Sinnen: Sprühnebel kühlte ihre Haut von der nachmittäglichen Hitze und durchnässte langsam Haare und Tunika. Sanfte Aufwinde aus dem Tal strichen über ihr Gesicht während ihre bloßen Sohlen fest inmitten der blauer Blüten standen. Für einen kurzen Moment war sie Falke und Maus zugleich, bis die Unwirklichkeit dieses Eindrucks sie veranlasste, die Augen wieder zu öffnen.

Tröpfchen an den Wimpern färbten ihre verschwommene Sicht ins Tal in den Farben des Regenbogens: langsam - fast bedacht - wischte sich Maeve die Nässe aus dem Gesicht und bemerkte neben dem Wasserfall einen Stieg – dort wo das Geländer endete.

Langsam trat sie näher und blickte die nassen nur grob behauenen Stufen in der Felswand hinab, die hinter dem fallenden Wasser außer Sicht kamen.

Wie von selbst tasteten ihre Finger nach dem Saum ihrer Tunika. Langsam streifte sie sich das durchnässte Leinen ab und ließ das Kleidungsstück achtlos über die Blüten fallen. Entblößt, nur die kleine Holzflöte baumelnd auf der Brust, setzte sie einen ersten Schritt auf das kalte Gestein der obersten Stufe.

Lares betrat das obere Gartenareal und blickte sich um, um Überblick über die Anwesenden zu gewinnen. Insgeheim, aber das hätte er auf Nachfrage nie zugegeben, sah er sich nach der jungen Geweihten um. Vielleicht würde sie eine höfliche und angemessene Gesprächspartnerin abgeben. Womöglich konnte dieses Fest noch etwas Erheiterung bringen? Als er jedoch den Weg verließ und näher trat, wurde er der Silhouette des Mädchens gewahr. Er schaffte es gerade noch, seine Kinnlade mit einer Hand einzufangen. Die andere bedeckte sofort seine Augen und er wandte sich ab. ‚Herrin Travia, Herr Praios, steht mir bei!‘, sandte er ein Stoßgebet gen Alveran. Wenn sein Schwertvater wüsste, wohin er ihn da geschickt hatte… Nach einem Augenblick, es konnten kaum einige Sekunden gewesen sein, überkam ihn jedoch die Neugier. Die Hand vor den Augen wanderte langsam in sein Haar und sein Blick auf die Frau vor dem Wasserfall zurück. Vollkommen fasziniert betrachtete er die Zeichnungen auf der Haut Maeves. In seiner Zeit in der Elenviner Rechtsschule hatte er einiges über die Traditionen der zwölfgöttlichen Kirchen gelernt. Von den Hautbildern der Rahja-Kirche wurde wenig gesprochen, doch unter den Studenten waren sie das Thema Nummer eins nach den Vorlesungseinheiten gewesen. Jedoch dachte Lares bisher immer diese seien permanent. Darüber würde er mehr wissen wollen – eine weitere innere Ausflucht, um das Mädchen besser kennen lernen zu können. Ohne es zu merken, durchmaß er schnellen Schrittes das Gartenareal. Erst da wurde ihm bewusst, in welche Gefahr sich Maeve eigentlich brachte.

Bevor er jedoch das Geländer erreichte,<a name="__DdeLink__897_783739079"></a> kam die junge Frau bereits dahinter außer Sicht – für einen Moment schien es Lares, als ob sie in den Abgrund gefallen wäre, so schnell war sie verschwunden.

„Was, wohin … ?“, rief der junge Mann, dann blickte er über das Geländer und konnte sie einige Schritte unter sich auf einem gefährlich steilen Stieg sehen, der sie mit jedem Schritt dem rauschenden Wasserfall entgegen führte.

Ohne lang e nachzudenken, stieg er hinterher. Der feuchte Stein war rutschig unter seinen ledernen Sohlen. Er hielt sich nach Möglichkeiten an dem Felsvorsprung fest und folgte der jungen Frau, die nun bereits fast den Vorhang aus fallendem Wasser erreicht hatte.

Wasser perlte kalt von ihrem bloßen Körper ab, als Maeve mit dem nächsten Schritt in den Schatten des Überhangs trat. Hier im Zwielicht - zwischen dem nassen moosbedeckten Fels zur Linken und den schäumenden, weißblauen Fluten – lockte die Helligkeit der gegenüberliegenden Seite und doch hielt Maeve inne: Kälte durchdrang sie bis auf die Knochen als sie neugierig die Rechte ausstreckte und in den Wasservorhang tauchte. Ihre Hand verschwand darin und kaltes Nass sprudelte über ihren Arm und ergoss sich auf ihre Beine. ‚Wie die Blüten‘, staunte Maeve. Das eiskalte Wasser mit dem blauen Himmel dahinter hatte tatsächlich fast diese Farbe und verursachte schnell ein Kribbeln in ihren Gliedern, das fast an ein Brennen erinnerte. Maeve hieß den heraufziehenden Schmerz willkommen und öffnete sich ihm neugierig, um die reine Lehre der Ekstase zu erfahren, über die sie gelesen hatte.

Langsam schloss sie die Augen und tastete im rauschenden Wasservorhang nach dem Wechsel der Strömung, liebkoste dieses reine Wesen, dass hier jenseits der Schranken des Gartens seine Freiheit wiedergewonnen hatte.

Ihre Muskeln fingen an zu zittern und sie spürte, was es bedeutete, sich Firuns Element zu stellen. Doch war sie bereit, hier ihre Grenzen durch das Element zu erfahren, das viele ihrer Träume und Visionen beherrschte. Langsam wandte sie sich dem Wasserfall vollends zu und streckte auch die zweite Hand aus. Als ihr das eisige Wasser nun unvermittelt vor die Brust sprudelte, hielt sie nur kurz inne: Rozens Lektionen hatten ihren Willen gestählt, Unbill zu ertragen. Hier und jetzt wollte sie sich in die Hand der Himmlischen und ihrer alveranischen Geschwister geben - in der Hoffnung, eine Weisung zu erfahren. Mit jedem Wimpernschlag, den sie nun<a name="__DdeLink__4602_1967963475"></a> hier verharrte, wurden ihre Gedanken langsamer, behäbiger und bald gefährlich gleichgültig.

Nur wer stark an Geist und Körper war und seiner Selbst zu beherrschen wusste, würde die Wunder dieses Ortes ohne Schaden überstehen.

Will sich das Mädchen umbringen?, schoss es dem Knappen durch den Kopf. Was macht sie nur? Das ist verdammt gefährlich! Er trat einen Schritt nach vorne und sofort glitt sein Fuß weg. Er klammerte sich an den Fels und fand den Halt wieder. So ging das nicht. Rufen würde auch nicht helfen. Der Wasserfall wa r dort, wo sie stand, sicherlich laut. Verdammt, fluchte Lares innerlich und zerrte an seinen Schuhen. Mit Mühe bekam er sie von den Füßen und stopfte die Socken hinein. Er stellte die Schuhe an die Innenseite des Weges, sodass sie nicht nass wurden und schritt der leichtfüßigen Geweihten vorsichtig hinterher. Seine schwarze Samtrobe saugte sich mit dem Spritzwasser voll und hing wie ein nasser Lappen an ihm. Das würde dem Stoff nicht gut tun. Er sollte doch ein vermaledeites Konzert hören und nicht solche abenteuerlichen Rettungsaktionen vollführen! Dafür war er nicht ausgerüstet.

Maeve macht eine aussergewöhnliche Erfahrung, durch die sie nicht nur ihrer Herrin Rahja näher kommt. Gefangen in der Intensität der Erfahrung bringt sich die junge Novizin dabei aber vermeintlich in große Gefahr. Lares greift ein, um dem Mädchen das Leben zu retten. Dabei geht er ungewöhnliche Weg.

Maeve spürte, wie sich etwas veränderte. Die Realität wich einen Schritt zur Seite und zog den Vorhang ein Stückchen auf. Sie öffnete die Augen. Aus dem beständigen Strom aus Wasser, der sich über sie ergoss, nahm sie ein sachtes Leuchten war, zart und kaum präsent wie den ersten sanften Schein der Morgendämmerung. Dann nahm das Licht an Intensität zu und wurde heller, strahlender, und noch etwas geschah. Sie konnte die einzelnen Wassertropfen erkennen, wie sie langsam und immer langsamer auf sie herabrieselten. Jeder einzelne funkelte in tausend Farben, in jedem Tropfen schien ein Regenbogen eingeschlossen der nur für sie erstrahlte.

Lares war mittlerweile nahe genug gekommen, um Maeve sehen zu müssen. Der Wasserfall rauschte herab wie eh und je und die junge Frau stand in mitten des herabfallenden Wassers. Doch dann wurde sie von einem hellen, funkelnden Leuchten umgeben, gleich Sonnenstrahlen auf einem See, wenn die Welt darum noch im Dunkeln liegt. Er konnte sie nicht mehr erkennen, es gab nur das Licht, das nach wenigen Augenblicken wieder verschwand. Dann konnte er sie wieder wahrnehmen.

Maeve hingegen hatte viel Zeit, dem Wunder der fallenden Perlen Zeuge zu sein. Sie hob den Kopf, blickte nach oben, ließ die Wassertropfen auf ihr Gesicht regnen. Und da formte sich aus dem glitzernden Wasser eine Frau. Sie war so groß wie der Wasserfall, nein, sie war der Wasserfall, sie war aus dem Element, das sie umgab. Ein sinnlicher Körper, schön und doch nicht schwach entstand aus tausenden und abertausenden einzelnen, von alveranischem Feuer erfüllter Diamanten und lächelte sie an. Öffnete die Arme, um sie in einer innige Umarmung zu empfangen. Maeve spürte die Wärme des Feuers, die Kälte der Edelsteine und das Nass des Wassers zu gleich. All ihre Sinne wurden überflutet von Empfindungen und Gefühlen. Der weiche Schoß der ewig Schönen, die zarten Hände gemacht um Ekstase zu schenken und zu empfangen, die kitzelnden Haare an ihrer Wange, die seidig nach Rosen dufteten und die sinnlichen Lippen, die ihr ihren ersten wahren Kuss schenkten. Und dann sprach die Herrin der Morgenröte:

"Scheue nicht das Neue, so du es ersehnst. Aber gräme dich nicht, am Bekannten festzuhalten, wenn du es in deinem Herzen fühlst. Folge und lausche meinem Willen darin, dann wirst du wissen, wohin dich mein Weg trägt und zu deinem wird."

Die Stimme der Göttin hallte machtvoll in ihrem Körper nach und zerbrach die Bürde der Vergangenheit. Dann schwebten die Tröpfchen, die das Mädchen eben noch umarmt gehalten hatten, fort, und wie in einem berauschenden Spiel umwirbelten sie sich, während ihr ekstatischer Tanz sie in die Höhe trug.

Ekstase. Liebe. Hingabe… erfüllten Maeve mit göttlicher Macht. Das erste Mal konnte sie ihre Befangenheit aufgeben und loslassen: Sie schwankte und fiel.

<a name="__DdeLink__958_1986243517"></a>Lares spürte nur einen warmen Windhauch, der durch das fallende Wasser glitt und eine Nieselprise des kühlen Nass mit sich in die Lüfte riss. Die wärmende Sonne Rahjas ließ jeden der aufgewirbelten Tropfen in einer anderen Farbe erstrahlen: Ein Regenbogen, der in die dunklen Wälder des Isenhag hinabglitt.

Der Knappe war gerade dabei, sein Wams und die Weste abzulegen, die er trug, um sie dem durchnässten Körper umzulegen. Mitten in der Bewegung hielt er inne und starrte auf das faszinierende Farbenspiel vor sich. Er wurde gerade Zeuge eines Wunders, dessen war er sich sicher. Das überderische Licht beeindruckte den sonst so kühlen jungen Mann und ließ ihn für einen Moment seine Umwelt vergessen. Wurde Maeve vom Kuss ihrer Herrin berührt? Welch tief ergreifende Erfahrung das sein musste. Als er den fliegenden Wassertropfen mit den Augen folgte, die in das tief unter ihnen liegende Tal hinabschwebten, wurde er sich plötzlich wieder der Gestalt im Wasserfall gewahr. Das zarte Geschöpf vor ihm taumelte.

Offenbar war eine solche Berührung auch für eine Novizin zu viel für den beschränkten menschlichen Geist.

„Nein!“, schrie er, ließ die Kleidungsstücke fallen und hechtete, so schnell es der glitschige Boden zuließ, auf Maeve zu. Er streckte seine Hände nach ihr aus und bekam ihren zerbrechlichen Arm zu fassen. Als er sie fest im Griff hatte, wurde er sich mit einem Schlag des eiskalten Wassers bewusst, das nun ungebändigt auf ihn einströmte. Die Kälte traf ihn wie einen Hammerschlag und er glaubte, für eine Sekunde würde sein Herz stehen bleiben. Wie konnte sie das nur so lange…? Nein, konnte sie nicht.

Er packte sie, hob sie auf und presste den leblosen Körper so eng wie möglich an sich. Er trat aus dem Wasserfall hinaus und doch konnte er keine Körperwärme spüren. War sie tot? Das durfte nicht sein! Die schöne Göttin nahm keine Leben, sie schenkte Glück. Kurz setzte er Maeve ab, um sie mit den zurückgelassenen Kleidungsstücken zuzudecken – mehr schlecht als recht, doch andere Hilfsmittel standen ihm nicht zur Verfügung. Aber: Hier konnten sie nicht bleiben. Das sprudelnde Wasser des Wasserfalls benetzte hier noch immer jeden Fleck mit seiner Kälte. Er sah sich um, versuchte, Orientierung zu gewinnen. Zurück zur Festwiese? So weit würde er sie in diesem Zustand bei diesem Untergrund nicht tragen können. Er hatte Angst, der letzte Lebensfunken würde ihren erkalteten Körper zuvor verlassen.

Da. Auf der anderen Seite des Wasserfalls war ein Plateau. Es lag in der Sonne, hier würden die Strahlen des Herrn PRAios sie wieder zum Leben erwecken! Das warme Strahlen des Götterfürsten sehnte auch der zitternde Lares herbei.

Er umfasste den Körper des Mädchens und trug sie auf Händen zu dem kleinen Felsvorsprung. Körper an Körper, Wange an Haut. Unbewusst merkte er, wie gut sie roch. Sie zog ihn unaufhaltsam an und doch war er es, der sie so fest wie möglich hielt, damit der bibbernde Leib seinem Griff nicht entglitt.

Fast sofort schien die Sonne die Kälte des Wassers aus seinem Körper zu vertreiben als er aus dem Schatten trat. Behutsam setzte er Maeve auf einem steinernen Vorsprung ab, der den Eindruck erweckte, als Bank in den Fels geschlagen worden zu sein. Auf einem kleinen, völlig deplatziert wirkenden Tischchen stand eine Flasche Schnaps. Der scharfe Geruch des Getränks nach Tannennadeln ließ auf Wachholder schließen. Er griff sich einen Becher und füllte ihn bis zum Rand. Selbst nahm er einen kleinen Schluck und konnte spüren, wie das Feuerwasser seinen Körper von innen erfüllte. Für sie würde dies nicht reichen. Lares hatte von seinem Schwertvater gelernt, dass in eiskalten Nächten das beste Mittel, im Freien nicht zu erfrieren, war, sich so fest wie möglich aneinander zu drücken. Die Körper würden einander gegenseitig wärmen.

Der Knappe warf einen kurzen Blick an sich hinunter. Seine Kleidung war triefnass. Statt zu wärmen, würde sie Maeve und ihn kühlen. Mit hochrotem Kopf begann er, den nassen Stoff von sich zu schälen. Zuerst die Oberbekleidung, dann die Hosen. Als er am Untergewand angekommen war, blickte er noch einmal auf die junge Frau.

Nein, das konnte er nicht tun. So ein schamloses Verhalten konnte er sich nicht erlauben. Die nassen, aber bei weitem nicht triefenden Unterhosen durften also bleiben. So fast vollends nackt umfasste er den leblosen Körper, nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich. Dann prüfte er ihren Puls. Noch schlug das Herz, doch es schlug langsam und erschreckend ruhig.

Still trieb sie in einem Meer aus Liebe und Geborgenheit. Dunkelheit umfing sie, doch konnte sie auf die Macht der Göttin vertrauen, die sie warm umhüllte und durchdrang: Ihren Körper spürte sie kaum, ihr Selbst war leicht wie eine Schneeflocke im aufkommenden Wind. Sanft umschmeichelte die Dünung ihren Leib, während der Wind verheißungsvoll von fremden Gestaden wisperte.

Bald jedoch kündete der Wellengang von einem drohenden Sturm. In der Entfernung vernahm sie in der Dunkelheit den Donner der Brandung, die sich gegen eine unbekannte Küste warf – wieder und wieder. Ein vertrauter – wenn auch wilder – Klang, der große Gefahr verhieß, denn in den tosenden Fluten unter Land wäre sie verloren. Und doch trug die Strömung sie dorthin. Sie musste dagegen ankämpfen! Träge bewegte sie Arme und Beine, doch es war zu spät. Sie musste bereits in der Brandung sein, denn kalte Felsen zerschlugen ihren Leib mit ohrenbetäubenden Donner.

„Wach auf“, flüsterte Lares. „Wach bitte auf!“ [Lares]

Aus dem Schmerz wurde sie wiedergeboren: im Praiosschein, zitternd vor Kälte an der Brust eines ihr vage bekannten Mannes, dessen nackter, warmer Leib ihren Körper umschlang. Sie spürte seinen lauten Herzschlag in ihren Ohren klingen und als ihre grauen Augen in Agonie zu Lares aufblickten, meinte der Knappe abgrundtiefen Hass zu spüren. Und doch machte sein Herz einen Sprung. Sie hatte überlebt!

<a name="__DdeLink__2700_64536282"></a>„Du bist…“ Lares verschlug es die Sprache. Bis jetzt hatte die Gefahr, die Notwendigkeit diese intime Situation erzwungen. Nun aber: Sollte er Abstand gewinnen?...

Sie spürte das Beben der Unentschlossenheit in dem ihr fremden Körper und war selbst noch vollkommen verwirrt durch die Begegnung mit der Himmlischen. Nach ihrer Bewusstlosigkeit erfüllten gleichermaßen Schmerzen und Verzückung ihr Sein, so dass sich ihr Blick wieder verschleierte.

...Nein. Das wäre ein gewaltiger Fehler. „Geht es Euch gut? Ihr seid unterkühlt. Was…“, meinte er vorsichtig. Eigentlich wollte er dazu ansetzen, dem Mädchen Vorwürfe zu machen. ‚Was habt Ihr Euch nur dabei gedacht?‘, schoss es ihm durch den Kopf, doch die Worte wollten seine Lippen nicht verlassen. „…ist mit Euch passiert?“, fragte er stattdessen.

Zäh wie Honig rannen die Laute aus seinem Mund in ihren Geist und dann erst begann Maeve langsam den Sinn der Worte zu verstehen: Sie setzte zu sprechen an, aber über ihre blassen Lippen kam nur unartikuliertes Gewisper.

„Schont Euch. Nehmt einen Schluck aus dem Becher hier.“ Er reichte Maeve den eingegossenen Schnaps. „Trinkt vorsichtig – er ist scharf!“

Instinktiv griff sie nach dem Becher, doch ihr zitternder Arm zuckte nur kurz, obwohl sie vor Anstrengung erbleichte. Der zaghafte Griff nach dem Becher ging offenkundig ins Leere. Sie konnte den Arm nicht heben, dies war auch für den Knappen sofort zu begreifen. Vorsichtig und zärtlich legte er ihr den Kopf in den Nacken und setzte das Trinkgefäß an ihre Lippen. In kleinen Schlucken verabreichte er ihr den starken Schnaps. Vor lauter Angst, sie würde nicht schlucken, legte er eine Hand über Mund und Nase, sodass der Schluckreflex von selbst ausgelöst wurde.

Wie Feuer stürzte die Flüssigkeit ihre Kehle hinab und entfachte einen Flächenbrand in ihrem Inneren. Ein Husten quälte das bemitleidenswerte Mädchen u nd erneut wichen aus dem sonst kalten, abweisenden jungen Mann mit dem Hang zur moralischen Strenge alle Zweifel, was diese unfassbar ungewohnte körperliche Nähe betraf. Fast wie selbstverständlich hielt er die wie Espenlaub zitternde Gestalt in seinem Arm. Sie lebte. Das war das Einzige, was zählte.

Das Feuer in ihrem Leib verging rasch und beugte sich der Macht der Kälte. Frierend suchte Maeve die Wärme des knochigen Körpers, der sie hielt: Sie sehnte sich nach der vertrauten Umarmung Rozens. Und während ihr Geist wieder begann, dem Stillstand entgegen zufallen, hielt sie verzweifelt an dem vollkommenen Moment hinter dem W asserfall fest…

Es würde nicht reichen. Sie dämmerte erneut weg.

Bei den Zwölfen!‘ Ob es ein Stoßgebet oder ein Fluch war, den Lares gen Alveran sandte, wusste er im Nachhinein selbst nicht mehr. ‚Was soll ich tun?‘ Er wollte ihr nicht weh tun, doch sterben lassen – das kam als allerletztes in Frage. Er tätschelte ihre Wange.

„Hey! Nicht wieder einschlafen!“, rief er. Der Knappe klang zunehmend verzweifelt. Schnaps konnte auch auf die Haut aufgetragen wirken. Er beträufelte Maeve mit der Flüssigkeit und rieb sie damit ein – zuerst an den Armen, dann an den Beinen und schließlich an Kopf und Oberkörper. Er glitt mit seinen Händen über zarte, weiße, kalte Haut. Fort war das Unbehagen der körperlichen Nähe. Der intensive Körperkontakt war plötzlich wie selbstverständlich. Doch es schien nichts zu helfen.

Doch das Bild der kristallenen Schönen, die aus dem Wassern zu ihr sprach… entglitt Maeve langsam... …dieser duftende Kuss… ….als...

Da wurde Lares plötzlich bewusst, was notwendig war. Wenn das Mädchen tatsächlich von ihrer Herrin Rahja berührt worden war, dann würde sie nur ihr Lobpreis in dieser Welt bewahren. Sie ließ alles so selbstverständlich erscheinen. Ihr Körper, die Gefahr, ihr Geruch – warum denn zweifeln

Er beugte sich zu der zerbrechlichen Gestalt in seinen Armen hinab und legte, unbeholfen und doch vorsichtig, seine Lippen auf die ihren. Für jeden Beobachter musste die Szene perplex erscheinen und in der Tat: Der Knappe hatte nicht erwartet, dass sein erster Kuss dazu gedacht war, ein Leben zu retten. <a name="__DdeLink__2581_2098978959"></a>Und doch spendeten seine Lippen scheinbar den Odem des Lebendigen.

Maeves Mund öffnete sich leicht, als wollte sie seine Zunge ermutigen, doch es war das scharfe Einatmen der Überlebenden als sie wieder zu Bewusstsein kam.

Eingehüllt in den ätherischen Geruch des Wacholders wurde sie von unterschiedlichsten Empfindungen bestürmt: Noch immer war ihr entsetzlich kalt, aber endlich spürte sie auf ihrem gläsernen Körper Wärme – Praiosschein und die Nähe des erhitzten Jünglings, der sie hielt wie ein kostbares Kleinod. Seine Lippen liebkosten die ihren wie Schmetterlinge, so dass sie verwirrt die Augen aufschlug. Ihr Blick streifte seine dunklen Augen und verwundert sah Maeve eine Feder über sich und den Knappen hinweg schweben. Sie war von einem solch reinen Weiß, wie sie es höchstens im Winter bei frisch gefallenem Schnee gesehen hatte. Langsam und bedächtig wurde die Schwanenfeder von einem milden Lufthauch, der ihr eine Ahnung von Leben und Frühlingserwachen schenkte, dahingetrieben.

Lares beherztes Eingreifen ist von Erfolg gekrönt. Unterstützung erfährt er überraschend von Mikael, den Ifirn leitete, um dem grausamen Wirken ihres Vaters etwas entgegenzusetzen.Schliesslich gelangen auch die beiden Rahjageweihten Rozen und Tassilo zu Maeve und Lares und die beiden Durchfrorenen werden zurück in den Rahjagarten gebracht.

Lares nahm ihr Erwachen zufrieden zur Kenntnis und löste den Kuss. Geschickt fischte er die Feder aus der Luft. Weich fühlte sie sich in seinen unterkühlten Händen an. Vorsichtig und behutsam strich er mit der Feder über Maeves zitternden Körper. Die se Berührung spendete ein wenig Erlösung. Hierbei bemerkte er, dass sich seine Hände leicht dunkel gefärbt hatten, während sich viele der Hautmalereien auf ihrer weißen, zarten Haut abgelöst hatten. Sein Tun hatte Spuren hinterlassen, ohne Frage.

Das fragile, noch immer schlotternde Mädchen wollte er um jeden Preis vor dem Tod bewahren. Noch einmal beugte er sich über sie, nahm sie so fest wie möglich in den Arm, ohne ihr dabei weh zu tun und küsste sie wieder. Dieses Mal nicht, um sie wachzurütteln – das musste er sich zugestehen. Als seine Lippen ihre Wange streiften, bemerkte er wieder, wie unfassbar sie roch. Das eiskalte Wasser hatte ihren Körpergeruch zuvor ungehörig hinfort gewaschen, doch jetzt, wo sie dessen Fängen entkommen war, kehrte er wieder zurück und nicht einmal der Schnaps konnte diesen süßen Duft verdrängen. War dies etwa Rahjas Geschenk? Warum wurde gerade ihm diese Gunst zuteil? Doch als er meinte, dieser Augenblick würde nie enden, hörte er eilige Schritte. Schon wollte Maeve glauben, erneut in der Kälte des Wasserfalls zu versinken, als sie, wie durch einen kalten Vorhang aus Eisblumen hindurch, andächtig gesprochene Worte vernahm:

„Weiße Federn, deren milde Schwingen auf kaltem Luftzug gleiten, sich warm über Schnee decken. Schwarze Augen, deren zarte Tiefe voll Vertrauen des Wanderers Auge blickt, schauen dunkeln in Abgrund und Seele. Zaudere nicht, schönes Geschöpf, deine leise Klage an die Sterne zu richten, den weißen Hals dem Himmel zugewandt. Gesang, der Dich umspielt, Dein sanftes Gemüt zu beschreiben und doch Deiner Anmut nicht gerecht wird, zartes Wesen, dessen silbergleiches Antlitz zu Tränen rührt und auf ewig Güte in die Herzen jener setzt, die Dich geschaut. Weise Du ihr den Weg, silberweiße Schwänin. Aus tiefster Sehnsucht bebt ihr Herz, Dir zu folgen.“

Maeve versank beinahe erneut in der Stimme. Sie konnte nicht sagen, von welcher Welt sie stammte oder wer sie sprach, auch Lares, der zwar einen Ifirngeweihten herbeieilen sah, wusste nicht, ob es seine Worte waren oder ob sie nicht doch von einer Frau stammten. Was er aber sagen konnte war, dass der junge Mann mit den Schwanenfedern am Mantel folgendes rief, als er die Situation und vor allem den eisblauen Körper Maeves erkannte.

„Gütige Mutter Travia, die du meiner Herrin ein Daunenkleid geschenkt, erweise diesen Frierenden Deinen Dienst. Ich bitte Deine Heilige um Beistand in Ifirns Namen und rufe den Mantel der Mascha zu mir. Ifirn und Travia sei Dank!“

Dabei hatte er sich neben Maeve und Lares gekniet und die Arme mit nach oben gekehrten offenen Händen ausgestreckt. Und siehe, ein Mantel erschien darin, silbern glänzend im Mondlicht unter dem Praiosmahl über ihnen! Er schien so weich zu sein, dass er beinahe über Mikails Arme floss. Mikail erhob sich und zog sein Jagdmesser, schnitt den wunderschönen Mantel in zwei Hälften und legte sie über die Frierenden. Sogleich wich die Kälte des Herrn Firun, und milde Wärme durchdrang ihre Glieder, hüllte sie ein wie eine warme Daunendecke und schenkte Geborgenheit, wie sie in den Armen der liebenden Mutter ein jedes Kind erfährt.

Für einen Moment erbrannte der Mersinger Knappe in hell lodernder Eifersucht. ‚Warum wagt es dieser Irre, der sich zuvor bereits so daneben benommen hat, auch diesen Moment zu ruinieren?‘, dachte er und die Gedanken wurden scharf wie seine Klinge. Doch was bei allen Zwölfen meinte er, in dieser seiner Situation noch an Etikette denken zu können? Wer saß hier nackt herum, eine genauso splitterfasernackte Frau in den Armen, mit der er Zärtlichkeiten in aller Öffentlichkeit austauschte?! Was würde sein Schwertvater denken? Was seine ehemalige Schwertmutter Yolande? Er würde sicherlich verstoßen.

In diesem Moment war ihm das alles egal. Er hatte Maeve das Leben gerettet – es zumindest versucht. Das zählte. „Danke“, sagte er stattdessen und wickelte die weiche Decke um die Novizin. „Hättet Ihr womöglich auch trockene Kleider oder so etwas Derartiges? Wir können sie nicht wieder in ihren Hauch von nichts stecken. Ach ja: Mein Name ist Lares von Mersingen.“

Still und entrückt, spürte Maeve der Stimme nach. Kristallklar - wie bereits die Erste - hallte sie in ihrem Geist, füllte ihn aus und verdrängte nun aber jeden anderen Gedanken. Als aber die Wärme wohltuend zurückkehrte und wie eine sanfte Flut durch ihre Adern strömte, begann sich ihr verkrampfter Körper langsam zu entspannen: Lares spürte wie sich ihre Finger das erste Mal nach Halt suchend in seine Haut gruben.

„Es ist alles gut. Mach langsam“, murmelte er und zog die Decke fester um sie. „Du bist wieder auf Deren. Da ist es nicht so schön, das ist mir klar. Aber du lebst“, flüsterte er dem Mädchen zu. <a name="__DdeLink__1112_1668190739"></a>Doch der Blick ihrer grauen Augen war leer und galt Dingen, die er nicht zu sehen vermochte.

Den Kopf ihr zugewandt, achtete derweil Lares jedoch immer darauf, ob Mikail antworten würde. Doch auch Mikail war zu entzückt, um dem Knappen zu antworten.

Versonnen betrachtete er die Feder in Lares Hand, spürte seine milde Herrin nah an seinem Herzen und wusste, er hatte wohlgetan. Mehr war jetzt nicht nötig, andere würden seine Tat weiterführen. Und, ehrlich gesagt, wollte er jetzt auch kein Gespräch, keine Worte suchen müssen, nein, alles was er wollte war dem Gefühl nach zu träumen, welches die Anwesenheit der Schwanengleichen in seiner Seele zum Erklingen gebracht hatte. Und so stand er einfach nur da, die Arme schlaff an seinem dünnen Körper, und lächelte in die Ewigkeit. [Mikail]

Das Mädchen in seinen Armen jedoch reagierte plötzlich träge, als ein Name von oben laut gerufen wurde und noch den Wasserfall übertönte: „MAEVE!“ Durchdringend, doch hörbar beängstigt schallte Rozens Stimme vom Geländer herab. Die Szene die sich ihr bot war verwirrend – Maeve nackt am Boden liegend, ein junger Mann halbnackt, der sie hielt, daneben der Geweihte der Ifirn… Es sah auf den ersten Blick seltsam aus, aber irgendwas in ihr sagte ihr, dass die beiden Maeve nichts Böses wollten. Jetzt war es nicht wichtig, was genau passiert war. Ihr Instinkt trieb Rozen an.

Ohne zu zögern, streifte auch sie ihre Schuhe ab und begab sich auf den gefährlichen Abstieg.

Nur wenige Schritte hinter Rozen kam auch der albenhuser Rahja-Geweihte an das Geländer. Mit Verwunderung beobachtete er wie der junge Lares ein nacktes und scheinbar ohnmächtiges Mädchen hielt.

Was bei Rahja treiben die denn dort unten, hätten sie sich nicht lieber eine lieblich duftende Wiese oder ruhige Kammer suchen können?‘, fragte er sich halb aus Spaß, wobei der Ernst der Situation ihn schnell zu einer hilfreichen Handlung trieb. Während die Albernierin sich an den rutschigen Abstieg wagte, machte er sich auf die Suche nach Decken, um die wahrscheinlich ausgekühlten Leiber wärmen zu können.

Rozens Füße und Hände fanden sicheren Halt auf den schmalen und gefährlich nassen Stiegen, wobei sie kaum hinsah, wo sie hinging. Sie kniete sich auf die andere Seite von Maeve und legte ihre Hände auf den schmalen Leib ihrer Novizin. „Maeve!“ war alles, was sie sagen konnte. Tränen strömten über ihr Gesicht, hinterließen allmählich dunkle Spuren ihrer schwarz-betonten Augen. „Maeve!“

Eilig machte sich Tassilo daran und sammelte die hier Oben liegenden Kleidungsstücke von Maeve und Lares zusammen, während er zugleich den erstbesten Diener mit der Aufgabe betraute Decken zu holen. Kaum damit fertig entledigte er sich seiner Schuhe und folgte Rozen mit bedachten und wohl gesetzten Schritten. Mit seiner wohltönigen Stimme rief er seiner Glaubensschwester hinterher: „Wir müssen die drei schnell hochbringen und sie wärmen.“

Es dauerte einen kurzen Augenblick, bis Rozen sich der Worte Tassilos bewusst wurde. Aber sicher, er hatte Recht. Sanft, doch bestimmt, legte sie die Hände auf das Gesicht des ihr unbekannten jungen Mannes, der Maeve noch fest in den Armen hielt. Sanft drehte sie es in ihre Richtung, zog so seine Aufmerksamkeit auf sich, bis er sie ansah. Die Kälte seiner Haut erschrak Rozen, doch gefasst sprach sie ihn an: „Was immer Ihr für sie getan habt: Danke. Lasst jetzt uns helfen.“

Langsam wanderten ihre Hände von seinem Gesicht über Schultern und Arme hin zu Maeve, bereit, sie an sich zu nehmen. „Lasst jetzt los, bitte.“ sanft umwarb ihn ihre Stimme. „Bitte…"

Lares nickte und ließ los. „Achtet auf Sie. Sie muss unbedingt gewärmt werden. Ihr seid die Mentorin, richtig? Ihr wisst, was zu tun ist.“ Der Knappe sammelte sich und richtete sich auf. Er selbst fror ungemein und sah kaum eine Chance, sich aufzuwärmen.

Als Maeve in ihren Armen lag, schossen Rozen unwillkürlich die Tränen wieder in die Augen. So kalt – sie war so kalt! Doch der Funke des Lebens war noch in ihr, da war Rozen sich sicher. Mit einer Kraft, die Lares und Tassilo der schlanken Frau vielleicht nicht zugetraut hätte, hob sie ihre Schülerin hoch. „Tassilo, könnt Ihr sie auf den Rücken nehmen, und die Stiege hochtragen? Der Weg ist zu schmal, als dass wir sie zu zweit tragen könnten. Lasst sie uns in euren Garten bringen. Was immer geschehen ist, sie braucht die Nähe der Herrin.“ Diese Worte waren ohne große Überlegung über Rozens Lippen gekommen.

„Helft mir kurz dabei sie aufzunehmen, dann geht es schneller.“ Sein eigenes Hemd bot, jetzt da es nass war, wenig Sichtschutz, doch war es weit besser als gänzlich ohne. Dass das Mädchen nackt war, scheute ihn nicht. Nachdem er Maeve sein Hemd übergelegt hatte, drehte er ihr den Rücken zu und ging ins Knie. So konnte Rozen die Novizin leichter auf seinem Rücken platzieren und Tassilo sie anschließend Huckepack nach oben tragen.

Derweil war Lares vorausgegangen und hatte seine Kleidung, die Tassillo gebündelt neben den engen Stieg gelegt hatte, wieder an sich genommen. Er hielt Abstand vom Rest der Anwesenden, konnte jedoch nicht umhin, einen Diener nach frischer Kleidung zu fragen. Zuvorkommend und höflich brachte dieser auch ein Tuch, um sich abzutrocknen.

Nochmals prüfend, dass das Mädchen zu ihrer beider Sicherheit gut und fest auf seinem Rücken saß, machte sich Tassilo langsam an den Aufstieg. Vorsichtig tastete er sich Stufe für Stufe den Weg nach oben. Wobei er sich lieber etwas mehr Zeit ließ und festen Stand hatte, als übereilt und unsicheren Schrittes nach oben gelangte. Wenn auch das zusätzliche Gewicht ihn scheinbar nicht über Gebühr belastete, so war ihm trotz des kalten Nieselregens doch warm von der Anstrengung.

Als er endlich am Ende der Treppe angelangte, stand nicht nur feiner Sprühnebel auf seiner Stirn, sondern auch Schweiß. Vorsichtig setzte er sie in der Nähe des Abstiegs ab und wickelte sie in eine der wärmenden Decken.

-- Main.CatrinGrunewald - 14 Dec 2018