Ein Mieder Fuer Die Braut

Kapitel 1-7: Ein Mieder für die Braut

Sabea & Talfano

Autor: DanSch

Ingerimm 1042 B.F., Elenvina ---

´Bei allen Göttern, was ist jetzt schon wieder los?´ Das waren die Gedanken von Hamar von Altenberg, als er vor seiner eigenen Haustür stand und die fast unmenschlichen, wütenden Schreie dahinter vernahm. Der alte Schreiber der Kanzley für Handel und Wandel war ein sehr schweigsamer Geselle, etwas, das man von seiner Tochter Sabea nicht behaupten konnte. Wie sehr hatte er sich ein normales, ruhiges Familienleben ohne Skandale gewünscht. Doch hatten die Götter anders entschieden und ihm ein temperamentvolles Kind geschenkt. Noch immer hing der Familie die Geschichte nach, als Sabea sich an dem Tag, als die schändlichen Thorwaler das mächtige Elenvina angriffen, sich prügelnd und mit einem Holzbalken schwingend den Barbaren entgegenstemmte. An sich eine rühmliche Tat, doch wurde sie seitdem „Nordmärker Thorwalerin“ oder „Elenviner Knochenbrecherin“ genannt. Dass sie groß, kräftig und mit flammend-rotem Haar ausgestattet war, bestätigte diese Bezeichnung. Hamar schloss die Tür auf und betrat die Stube. Er selbst hatte auch einen Kosenamen von den Bürger Elenvinas, genauer genommen von den Angestellten der Kanzley, erhalten. Der Schreiber war auch hochgewachsen, doch von dürrer Statur mit leicht gebeugten Rücken. Seine Haut wirkte immer etwas gräulich und seine Augen waren von dunkeln Augenringen umrahmt. Eine mächtige Hakennase zierte sein Gesicht und ließ seine Augen und Mund klein erscheinen. Das graubraune Haar trug er immer kurz und verbarg es meistens unter einem Filzhut. Vom Wesen her war er ein stiller, mürrischer Geselle, der sich vorsichtig und lautlos bewegte. All dies hatte ihn den Namen „der Geier“ eingebracht. So einiges hatte er mit seiner Familie erlebt, doch der Anblick, der ihn heute begrüßte, traf ihn doch sehr unerwartet. Zwischen den Türbalken zur Wohnstube hin stand seine Tochter Sabea, die sich mit ihren Armen links und rechts abstützte und ihre Finger in das Holz krallte. Ihr Gesicht war tiefrot angelaufen, sie schrie wie ein wildes Tier und ihre roten Locken, die ungebändigt abstanden, gaben ihr einen wilden Ausdruck. In einem grünen Rock und einem Mieder stand sie breitbeinig da. Genau hinter ihr stand ihre Mutter Rondela, ebenfalls in einem Kleid, stemmte sie ihren rechten, nackten Fuß in Sabeas Rücken. In beiden Händen hielt sie jeweils eine Schnur des Mieders und zog kräftig daran. Auch ihr Gesichtsausdruck war kein entspannter. Im Hintergrund saß der neunzehn Sommer zählende und einzige Sohn Talfano. Dieser wiederum hielt sich vor lauter Lachen den Bauch. „Oh Herr Praios, warum hast du mich so gestraft?“, murmelte Hamar vor sich hin und ging kopfschüttelnd in sein Arbeitszimmer.

AAAHHHRRRR, DAS PASST NICHT!!!“, schrie Sabea, während die Holzbalken, aber auch das Mieder, verdächtige, knackende Geräusche von sich gaben. „Wer einen Mann will, der braucht auch eine Figur!“ setzte Rondela dagegen, deren Tonfall ungeduldiger und lauter wurde. „AHHRR, EINEN MANN. ICH WILL KEINEN, DER MICH IN SO WAS ZWINGEN WILL, DEN ZERQUETSCHE ICH MIT MEINEN HÄNDEN!!“ Wieder erklang das Gelächter ihres Bruders. „Die Hände brauchst du doch dafür nicht, das machen deine Euter schon!“ Sabea drehte ihren Kopf seitlich und blickte ihn zornig an. „DU KLEINER BA..“ brüllte sie, löste ihre Rechte vom Balken und nestelte nach einer Bürste, die auf einer Kommode lag. Kaum hatte sie diese ergriffen, warf sie diese zielsicher in Richtung Talfano. Das schmerzerfüllte Aufheulen bestätigte ihr, dass sie getroffen hatte. „Ach Kinder, was soll das jetzt. Und du, Talfano, brauchst deine Schwester gar nicht verspotten, auch du gehst auf die Brautschau!“ Muss ich wirklich? Ich bin doch noch gar nicht mit dem Studium fertig“, fragte Talfano, der sich gerade seinen Kopf rieb. Noch einmal legte Rondela mehr Kraft in den Fuß und in die Hände. Sabea stöhnte auf. „HA, DER BEKOMMT DOCH EH KEINE AB. WENN DER SICH AUSZIEHT UND DIE SEINE NACKTEN KLÖTEN SIEHT, WILL DIE DEN DOCH EINE WINDEL ANLEGEN UND IHN WIE EINE AMME SÄUGEN!!“, schrie sie durch die Stube. Rondelas Geduld nahte sich dem Ende. „Schluss jetzt, ihr geht BEIDE! Und du kommst jetzt her und hilfst mir jetzt dieses Mieder an deine Schwester zu bekommen!“ Widerwillig setzte der junge Mann, dem der erste Flaum an Kinn und Oberlippe spross, in Bewegung. Auch er, wie seine Schwestern, sahen der Mutter am ähnlichsten, obwohl er die Nase des Vaters geerbt hatte. Mutter und Sohn zogen nun an den Schnürbändern des Mieders. „Nur noch kurz durchhalten, mein Schatz, wie haben das gleich geschafft. EINS, ZWEI, DREI!“ Ein Knirschen, ein lauter Aufschrei und das Mieder war geschlossen. Geschickt knotete Rondela die Bänder zu. Sabea spürte wie der Schmerz nachließ und sie in eine gerade, ungewohnte Haltung gepresst war. Sie drehte sich um. Talfano starrte sie an, während ihm die Kinnlage hinunterfiel. Rondela schaute kritisch und lächelte dann etwas gequält. „Ach ja. Äh, komm zum Spiegel und sag mir ob es dir … gefällt“, sagte sie vorsichtig. Ihre Mutter nahm sie an die Hand und führte sie zu dem Spiegel. Schnaufend betrachtete Sabea sich. Ja, sie hatte jetzt eine Taille, doch war das Mieder so fest, das es sie streckte und ihr noch breitere Schultern verlieh. Der mächtige Busen war dermaßen nach oben gedrückt worden, das ihr Dekolletee die Größe von zwei kopfgroßen Wölbungen hatte. Allerdings saß es so hoch, das ihr Hals kaum zusehen war. Ihr Gesicht war puterrot und nahm allmählich eine violette Färbung an. „Also, ich meine, wenn es das ist, was frau so trägt“, sagte sie Luft schnappend. Jetzt bemerke sie die lustig tanzenden, dunkeln Flecken im Spiegel. Auch fing der Raum zu schwanken an. „Ich glaube … warum … wer ...“ Die Welt begann sich an zu drehen und Sabea hatte das Gefühl sie würde fallen. Irgendwo in der Ferne hörte sie die Stimme ihrer Mutter. „Sabea? … SABEA! TALFANO HOL DAS MESSER. BEEILE DICH!“ Dann wurde es schwarz.

-- Main.DanSch - 07 Oct 2019