Die Zofe

Kapitel 1-6: Die Zofe

Durinja

Peraine 1042 B.F., Elenvina ---

Schallend versetzte sie der Magd eine Ohrfeige. „Du dumme Gans! Wie Ungeschick du bist, so ein nutzloses Ding wie dich sollte man davon jagen! Ich werde der Baroness von dir erzählen“ , fauchte Durinja die junge Hetta an. Diese hielt sich schluchzend ihre Wange und fing an, die Scherben des zerbrochenen Kruges einzusammeln. Ihr Blick wanderte durch den Raum und blieb bei dem schönen Brun, dem Knecht, hängen. Dieser schaute leicht erschrocken und etwas blass der Magd beim Aufräumen des Kruges zu. „Und du, steh nicht so unnütz herum. Du kommst mit mir in den Weinkeller. Die Baroness wird nicht den ganzen Tag warten wollen.“ , schnauzte sie ihn herrisch an und lief zielsicher die Treppe zum Keller hinunter. Brun zögerte nicht lange und folgte ihr. Kaum das er unten war, drehte Durinja sich zu ihm um. Nun hatte sie ein Lächeln aufgesetzt und ergriff eine Strähne von ihrem langen, hellbraunen Haar. Mit ihren schlanken Fingern, spielte sie damit und ging langsam auf den Knecht zu. Die Zofe der Baroness von Immergrün wusste um ihr Erscheinungsbild und die Wirkung, die sie auf Männer hatte. Nicht viele widerstanden ihr, auch wenn manchmal ihre zweifarbigen Augen,das eine braun das andere grün, bei dem einen oder anderen Misstrauen schürte. Fragend schaute er sie an, während sie langsam auf ihn zu kam. „Edle Dame von Altenberg, wollt ihr, dass ich den Wein hole?“, fragte er etwas unbeholfen. Ohne ein Wort zu sagen, legte sie ihre Hände auf seine Schultern und drückte ihn gegen die Wand. „Du Dummerchen. Um diese Zeit trinkt die Baroness doch gar kein Wein. Aber hier können wir ungestört sein!“ , gurrte sie verführerisch. Sie drückte ihren schlanken Leib gegen seinen und küsste ihn, mit ihren vollen Lippen. Langsam wanderten ihre Hände über seinen Körper, von der Brust, über seinen Bauch bis zu seinem .. Durinja war bestätigt. Offensichtlich war auch Brun ihr
verfallen. Als er allerdings seine Hände auf ihre Taille legte und langsam zu ihren Gesäß wanderte, stieß sie ihn von sich.
„Nicht so stürmisch, mein holder Recke. Das heben wir uns für ein anderes mal auf. Und nun geh, und helfe der nutzlosen Gans, das Frühstück für die Baroness vorzubereiten.“ Sichtlich verwirrt verbeugte er sich vor der Zofe und verließ den Weinkeller. Durinja von Altenberg war zufrieden.



Guten Morgen, Euer Wohlgeboren, habt Ihr gut geschlafen?“ Mit eiligem Schritt und einem Tablett, geladen mit einem süßen Frühstück, in den Händen, betrat Durinja das Schlafgemach der Baroness.

Die rüstige, alte Frau saß aufrecht in ihrem Himmelbett und las einen Brief, den sie in ihren Händen hielt. Ihr langes, lockiges Haar hatte sie in einem silbrig-lavendelfarbenden Ton gefärbt und es viel ihr weit über ihre Schultern. Ihr Nachtgewand hatte ebenfalls die Farbe von Lavendel und war aus feinstem Linnen.
„Ach, gutes Kind, du bist zu gütig. Stell es auf das Teetischchen, ja?“sagte sie mit einer rauchigen Stimme, ohne den Blick vom Brief zu heben. „Wie ihr möchtet, Euer Wohlgeboren.“Mit einem gekünstelten Lächeln stellte sie das Tablett auf dem Tischchen ab. „Ich hatte wieder das Bauchgrimmen letzte Nacht, vielleicht könnt Ihr mir wieder etwas von dem Tee besorgen, das Ihr von eurer Muhme bekommen hattet.“ , fragte die alte Dame. Bei der Erwähnung ihrer Muhme verfinsterte sich die Stimmung Durinjas. Maura von Altenberg, eine Doctora, hatte die brillante Idee, eine Brautschau zu veranstalten, um die Jungen aus dem Hause Altenberg
unter die Haube zu bringen.
´Wie eine Kuh auf dem Markt´ Sie schüttelte ungläubig den Kopf. „Aber sicher, Baroness.“ Sie stellte das Tablett ab. Die Alte legte währenddessen den Brief zur Seite. „Ihr müsst ja schon ganz aufgeregt sein, meine Liebe. In zwei Monden ist es ja so weit und ihr werdet euren Prinzen finden. So eine Brautschau ist doch etwas Fantastisches!“ Durinja biss die Zähne zusammen bei den Worten der Baroness. Sie drehte sich zu ihr um und versuchte, gelassen zu wirken. Obwohl ich es ja bedauern werde. Ich nehme an, dass Ihr dann nicht mehr in meinen Diensten sein könnt, wenn ihr erst einmal einen eigenen Haushalt zu führen habt.“ Die Baroness nahm wieder den Brief zur Hand und las weiter. „Ich erinnere mich gut an eure Mutter. Möge sich Boron ihrer Seele angenommen haben“ , sie seufze,“Nun, einer meiner besten Zofen, die ich je
hatte. Glücklicherweise hatte sie euren Vater geehelicht. In meinen Augen eine etwas glücklose Wahl, aber immerhin konnte sie weiter in meinen Diensten bleiben. Nur all zu
schade, dassIhr sie nie kennenlernen konntet.“ Nun fiel ihr Blick wieder auf ihre Zofe. „Sie war auch so hübsch wie Ihr und gertenschlank. Bis die Kinder kamen.“ Ein bedauerlicher Ton schlich sich in die Stimme der Adligen. „Aber das werdet ihr ja bald selbst erfahren, wie alles vergänglich sein kann. Eure Mutter war auch recht schnell üppig und nicht mehr so ansehnlich, die Arme.“ Wieder seufzte sie auf.
Durinja straffte sich und wandte sich von ihrer Vorgesetzten ab. Sie musste schwer mit ihrer aufsteigenden Wut kämpfen.
´Noch ein Wort mehr und ich erwürge die alte Vettel, hier und jetzt!´

Durinja, Kind, bevor du noch weiter so nutzlos rumstehst, könntest du mir bitte den blauen Morgenmantel und den Silberschmuck aus meiner Ankleidekammer holen?“

Aber sicherlich, Euer Wohlgeboren.“, erwiderte die Jüngere.

Mit schnellen Schritten verließ sie das Schlafgemach, direkt in die Ankleidekammer.
„Was fällt der alten Schnepfe nur ein“ , flüsterte sie vor sich hin,“Ich bin doch nicht irgendeine Magd.“ Durinja schaute sich um und griff nach dem blauen Morgenmantel aus elfischen Bausch. Sie liebte das Gefühl von edlen Stoffen auf der Haut. Etwas, das auch nur für sie in Frage kommen würde. ´Wenn ich schon heiraten muss, dann einen Mann, der mir Geschmeide und edlen Schmuck bieten kann.´ Sie wusste, dass die Götter in ihr etwas besonderes sahen und bestimmt kein Leben in Armut vorgesehen hatten. Sie ging näher zu dem Spiegel, der in der Ecke des Raumes stand. Direkt daneben befand sich das Schmuckkästchen der Baroness. Sie öffnete diese und griff nach dem Silberschmuck. Eine Kette, zwei Ohrringe und zwei Ringe für die Finger. Fast täglich trug die Alte diese und beachtete oft nicht ihre anderen Kostbarkeiten. Wiedereinmal fiel Durinja die feine

Goldkette mit dem kleinen Smaragdanhänger auf. Eine der Kostbarkeiten, der die Baroness keine Aufmerksamkeit schenkte. ´Du hübsches kleines Ding. Dich hat die Alte gar nicht verdient.´ Die Zofe nahm die Kette in die Hand und betrachtete den Smaragd. Das funkelnde und tiefe Grün des Edelsteines faszinierte sie.
´Du an meiner Seite, wirst mir bestimmt einen edlen Mann bescheren. Er wird sofort wissen, dass nur mir das Beste gebührt. Das wird die armen Junker,Ritter und Landlosen fernhalten. Die Alte wird sich noch umschauen, wenn ich sie als Zofe einstelle! Durinja lächelte verschwörerisch. Selbstsicher ließ sie die Kette in ihrem Mieder verschwinden.

-- Main.DanSch - 08 Sep 2019