Die Linnartsteiner

Kapitel 2-6: Die Linnartsteiner

Autoren: StLinnart

1042 B.F., Herzogtum Nordmarken 
 Gut Linnartstein, 1042 BF

Das Geräusch von schweren Stiefeln auf auf steinernem Boden riss sie aus ihrer Konzentration. Adda von Halberg lag auf einer gemütlich gepolsterten Chaiselongue und war in ihren Schmöker vertieft gewesen. 'Schwerter der Lust', so der Name des almadanischen Werkes, den sie anfangs recht albern fand. Ein Gefühl, das sich beim Lesen des Buches jedoch nicht bestätigen sollte. Es war sehr humorvoll geschrieben und es fiel ihr schwer sich davon zu lösen. Seufzend richtete Adda sich aus ihrer bequemen Position auf. Sie war gekleidet in ein langes, fließendes Kleid aus weinrotem Stoff mit einem hohen seitlichen Schnitt, der ihr rechtes Bein entblößte, als sie ihre Beine übereinander schlug und den Störenfried in sitzender Pose erwartete.

Herein trat ein junger dunkelblonder Mann, gewandet in ein langes Kettenhemd unter einem reinweißen Wappenrock und mit einem Langschwert an der Seite. "Mutter...", grüßte der junge Mann knapp, als er an ihr vorüber hin zu einem Beistelltisch schritt. Dort angekommen füllte er einen bereitgestellten Kelch mit rotem Traubensaft und wandte sich zu ihr um wobei er sich lässig gegen die Wand lehnte - allem Anschein nach darauf bedacht so viel Abstand wie möglich zu seiner Mutter zu halten.

"Du wolltest mich sehen, Mutter...", fordernd streckte der Ritter kurz die Arme von sich, "...nun hier bin ich."

Die Angesprochene verfolgte das Gebaren ihres Erstgeborenen mit hochgezogener Augenbraue und einem schmalen Lächeln. "Warst du schon einmal in Herzogenfurt?", warf sie einige Herzschläge später in den Raum.

Linnart vom Traurigen Stein antwortete darauf nicht. Provokativ uninteressiert roch an seinem Kelch und führte diesen zu seinen Lippen.

Adda schnaubte, sie kannte diese Spielchen und auch die Ausbildung bei den Bannstrahlern konnte ihm dieses Verhalten wohl nicht austreiben. "Das Haus Altenberg wird dort im nächsten Mond eine große Brautschau abhalten."

Nun sollte sie sich doch noch der Aufmerksamkeit ihres Sohnes sonnen können, blickte Linnart sie nun gar total entgeistert an. "Brautschau...", er legte seinen Kopf schief und kurz erschien ein Ausdruck der Belustigung auf seinem Antlitz. "Das ist nicht dein Ernst?" Er stellte seinen Kelch auf den Tisch und verschränkte trotzig seine Arme vor der Brust. "Vergiss es. Ich werde nicht heiraten!"

"Sagt ja auch niemand...", mit einem gehörigen Maß an Genugtuung verfolgte Adda die schlagartige Änderung des Gemüts ihres Sohnes. "Du wirst der Familie Altenberg aber dennoch deine Aufwartung machen - gemeinsam mit deiner Schwester Rahjalind und ihr werdet ihnen ein Fass unseres besten Weines zum Geschenk machen."

"Rahjalind...", Linnart hob seine Hände zu einer abwehrenden Geste, "...ist sie hier?"

"Ist sie...", antwortete die Hausherrin knapp, "...der Tempel hielt es für eine gute Idee, dass sie einige Monde auf dem Gut ihrer Familie mithilft. Weinbau ist ja gewissermaßen auch ein Dienst an der schönen Göttin."

Linnart schien von der Idee belustigt. "So, also schickst du zwei deiner Kinder, die nicht heiraten werden zu einer Brautschau."

Als Antwort gab Adda ein kaum vernehmbares Zungenschnalzen ab. "Um das geht es nicht. Es ist meiner Meinung nach wichtig, dass ihr beiden einmal aus den Tempeln und Klöstern hinaus kommt und euch unter andere junge Adelige mischt."

"Gleichaltr...", der junge Mann schnaubte verächtlich. "Mutter, ich habe Verpflichtungen. Der Orden..."

"Der Orden wird dich ein paar Tage entbehren können...", fiel ihm seine Mutter sogleich ins Wort. Der Tonfall ihrer Stimme näherte sich immer mehr jener Lage, die Linnart signalisierte, dass sie keine Widerrede akzeptierte. "Genauso wie die Rahjakirche es ein paar Tage ohne Rahjalind durchstehen wird. Alveran wird schon nicht in seinen Grundfesten erschüttern, wenn ihr beiden eine kurze Zeit in Herzogenfurt weilt."

Es waren Worte, die den jungen Mann resignierend durchatmen ließen. "Diese Sache mit dem Heiraten...", hob er dann kleinlaut an, "...ich habe mich für 12 Götterläufe dem Orden der Bannstrahler verpflichtet. Ich denke nicht, dass die Zeit dafür reif ist."

"Muss es auch nicht. Ich werde dich und deine Schwester zu nichts zwingen oder die irgendwelche Ultimaten stellen. So bin ich...so sind wir nicht. Rahja alleine wird es fügen." Adda legte ihre schlanken Hände ineinander und auf ihren Schoß. "Du darfst nicht unterschätzen welch Gefühl der Geborgenheit dir eine eigene Familie schenken kann..."

"Mmmmh...", nun war es Linnart der seiner Mutter ins Wort fiel, "...sieht man ja an dir und Vater."

Eben jene schüttelte ihren Kopf. "Anfangs war es so. Dein Vater war genau das was ich als junge Frau ohne Perspektive und Ziele im Leben brauchte." Sie schlug ihre Augen beinahe mädchenhaft schüchtern nieder. "Es gab tatsächlich Zeiten, da hätte er mein Badewasser dem Wein vorgezogen. Das Feuer der Leidenschaft zwischen uns brannte in einer Intensität, die sogar die zwergischen Hochöfen in Xorlosch verblassen ließe..."

"Mutter bitte...", Linnart verzog sein Gesicht zu einer angewiderten Grimasse.

"Ich will damit nur sagen...", sie lächelte breit, "...dass wenn du auch nur ein bisschen was von dem in dir hast was dein Vater in deinem Alter war, dann wirst du einmal eine Frau sehr glücklich machen. Politik interessiert mich und deinen Vater nicht, auch haben wir genug Gold. Heirate wen und wann du willst."

Linnart nickte seiner Mutter zu. "In Ordnung. Wir werden gehen." Als er daraufhin das Zimmer verließ, blickte sie ihm lächelnd nach und griff nach ihrer beiseite gelegten Lektüre. Ab und zu war es zu einfach in diesem Haus seinen Willen zu bekommen.

-- Main.StLinnart - 18 Dec 2019