Der Aufbruch

Der Aufbruch

„Was soll eigentlich dieses ganze Gefasel?“ Verema war zornig geworden. „So verständlich das Motiv dieses Quindans auch sein mag, beinahe wurde Prianna getötet. Das nächste Mal nimmt er sich vielleicht die kleine Schwester vor, er wird es jedenfalls wieder versuchen. Wir müssen ihn also schleunigst erwischen und vor Gericht bringen. Hätte er Ehre, würde er sich direkt an den Baron wenden, nicht an die Kinder. Vielleicht hätte es der Herr Baron verdient, ich kenne ihn nicht und werde nicht darüber urteilen, aber bevor wir in unendliche theoretische Dispute versinken, sollten wir uns um den Täter kümmern!“ (Verema)

„Beinahe! Vielleicht!“ Maeve hob die Worte Veremas nochmals deutlich hervor. „Niemand hat bezweifelt, dass wir Quindan aufhalten müssen, aber es ist auch keine Verschwendung seine Beweggründe zu verstehen, da ihm sein Kind genommen worden ist!

Und dass der Baron – den ihr sehr wohl auf dem Bunten Schloss kennengelernt habt – sich vor Tsas Gesetzen schuldig gemacht hat, indem er ein junges Mädchen in seinem Kerker hat verrotten lassen, steht wohl außer Frage!“ (Maeve)

Schon wieder so ein irrsinniges Gerede... „Maeve..“ Verema blieb ruhig.

„Mehr als Floskeln zur Begrüßung habe ich mit dem Baron nicht gesprochen, so bilde ich mir kein Urteil. Und wie die Beweggründe des Attentäters auch gewesen sein mögen, habt ihr nie an die Baronin gedacht? Die Frau hat ein Kind verloren und er wollte ihr noch eines nehmen. Hat SIE das etwa verdient? Warum hat er sich nicht direkt dem Baron zum Kampf gestellt oder ihn in eine Falle gelockt?“ sie seufzte genervt. (Verema)

„Weil er kein Kämpfer ist!“, stieß Maeve unwirsch hervor. Sie spürte wachsende Unruhe in sich, die über die Leidenschaft hinausging, die sie empfand, wenn sie mit Rhys disputierte.

„Warum sollte ich an die Baronin denken, deren Leid vielleicht erst einen Praioslauf andauert… die noch kein Kind von der Hand eines anderen endgültig verloren hat. Ihr vergesst Euch und macht hier ohne Maß die Täter zu Opfern.“ (Maeve)

„Wie auch immer. Wisst Ihr, wo er ist, oder verschwenden wir hier unsere Zeit?“ (Verema)

„Mit mehr Geduld werdet Ihr herausfinden, dass Ise die Antwort auf diese Frage bereits versucht, zu finden.“ (MAeve)

In dem Moment hörten sie wie Töne über den Wald zu ihnen schallten. Sie klangen wie die schnelle Abfolge von Lauten, die die Kinder gestern gesprochen und Ise gerade eben gerufen hatte, und doch weniger menschlich. Guttural, urtümlich, mächtig. Und dennoch wenig furchterregend.

„GENUG!“ Bisher auffällig still, platzte es aus Baldos heraus. „Keiner von euch kann sich vorstellen, welches Leid meine Base zu durchleiden hatte! Und maßt es Euch dergleichen gar nicht erst an!“ (Baldos)

Bevor er jedoch weiter reden konnte, legte ihm Tassilo die Hand auf beruhigend auf die Schulter. Auch dieser hatte sich aus dem Disput herausgehalten und seinen eigenen Gedanken nachgehangen. (Tassilo)

Der anmaßende Ausruf des Ritters hatte sie sprachlos gemacht. Glaubte er denn, dass die Baronin die einzige war, die Opfer gebracht hatte und deshalb ein höheres Recht für sich beanspruchen konnte? Hatte er ihr zugehört, was alles zusammengekommen war, bei diesen tragischen Ereignissen? (Maeve)

„Es reicht jetzt. Das Gesetz des Reiches gestattet dem Baron, Recht zu sprechen. Es ist eine Schande, das jemand ohne Urteil in seinem Kerker verstirbt, doch will man deshalb wider den Baron Klage erheben, so hat dies vor dem Reichsgericht zu erfolgen! Lynchjustiz kann und WIRD vom Reich nicht geduldet werden und genauso halten es die Kirchen.“

Sich in einer geschmeidigen Bewegung aufrichtend, blickte er, mit seinen fast zwei Schritt Körpergröße auf die anderen herab. „Ich denke, wir sollten nun einen Verdächtigen finden. So er noch Anklage erheben möchte, ist dies sein gutes Recht – das er, sofern Verdacht besteht, am Attentatsversuch schuldig zu sein, angeklagt wird, erachte ich für sehr wahrscheinlich.“ (Tassilo)

Maeve hielt den Mund, doch schüttelte sie missbilligend den Kopf. Tassilos Worte waren neutrale Feststellungen – von ihm als Geweihten der Schönen Göttin hatte sie sich mehr erhofft. Zudem sah sie hier niemanden, der bereit sein würde, gegen den Baron zu sprechen. Sie kam sich schrecklich naiv vor, da sie nun das Gefühl hatte, dass sich Rhys‘ herausfordernde Worte als wahr erweisen konnten. (Maeve)

Mit langsamen Schritten trat nun Ise wieder an die Gruppe heran. Traurigkeit hatte sich über ihre Züge gelegt. „Ihr solltet nicht streiten.“

Sie schüttelte den Kopf. „Eure Kraft braucht ihr später noch. Für wichtigere Dinge.“ Dann sog sie einmal tief Luft in ihre Lungen und sah alle nacheinander an. Das, was sie zu sagen hatte, fiel ihr offensichtlich mehr als schwer: „Wenngleich Quindan mein Freund ist und im Herzen ein guter Mensch, dessen bin ich immer noch sicher, ist es unverzeihlich, dass er versucht hat, ein anderes Leben zu nehmen. Die Ewigjunge wird für ihn einen Weg finden, wieder in ihren Schoß zurück zu finden. Doch, dass ihr hier seid, zeigt mir, dass ihr ein Teil dieses Weges seid. So wie vielleicht er ein Teil eures Weges ist.“ Sie atmete erneut tief ein. „Ich weiß nun, wo er ist. Und ich kann euch zu ihm bringen.“

Endlich. "Danke, Ise, auch wenn es schwer für Euch war. Es ist sicher besser, Ihr bringt uns zu ihm, bevor wir uns alle noch im Streit trennen." (Verema)

Borindarax sprang auf, behänder als man es dem Zwergen zugetraut hätte. Er versprühte förmlich Tatendrang mit den Augen. „Und ich dachte wir würden uns hier ewig in sinnlosen Diskussionen gegenseitig zerfleischen müssen. Werden wir wieder in unsere Welt zurückkehren? Ich meine, verlassen wir Tsas heiligen Ort?“ (Borax)

„Habt ihr alles? Eure Schuhe und Umhänge? Seid ihr satt? Nehmt euch gerne etwas von den Beeren oder Früchten mit. Wir werden eine Weile zu gehen haben.“ Damit wandte sie sich ab und verschwand in ihrem Zelt und trat nur Augenblicke später mit einem stabilen und reich verzierten Wanderstab wieder heraus.

Mit vor der Brust verschränkten Armen wartete Rhys darauf, dass alle erneut zusammenkamen, diesmal jedoch um aufzubrechen. Er wirkte jetzt aufgeräumt und fast ein wenig distanziert. (Rhys)

Es hatte etwas gedauert, aber letztlich hatte es Tassilo geschafft, beide Sandalen wiederzuerlangen. Doch kaum war ihm dieses Meisterstück an Detektivarbeit gelungen, war er auch schon bereit für den Aufbruch. (Tassilo)

Bevor sie jedoch losgehen konnten, erhob noch einmal die alte Geweihte das Wort.

„Ihr mögt es nicht so empfunden haben, aber dieser Ort - er birgt Harmonie. Er hilft den Menschen, ihren Ängsten glückliche Gedanken und überschwänglicher Leidenschaft Beherrschung entgegenzusetzen. Wenn wir diesen Tempel verlassen, kann es passieren, dass eure Ängste euch einen Moment lang übermächtig erscheinen mögen. Oder welche Gefühle auch immer gerade in euch die Oberhand haben.“ Sie atmete mehrmals tief ein und dann durchkämmte sie den Wald bis sie dort stand, wo die Gäste den Wald betreten hatten. Tränen rannen ihr aus den Augen, liefen in ihre tiefe Falten und sie umklammerte Yoldes Hand, die sich offensichtlich schwer tat, den Magus und die Baroness nicht hasserfüllt anzublicken und der die Ablenkung gut zupass kam. Die Jüngere stand wartend neben der weinenden Ise, während die anderen ihre Waffen einsammelten. Scharfe Missbilligung und Ekel zeichneten ihre Züge. Waffen ekelten sie an. Widerliches Dämonenwerk.

Maeve war Yolde dicht gefolgt und fasste nun besitzergreifend nach deren anderer Hand. Das erste Mal seit ihrer Kindheit spürte sie, wie Neid und Missgunst sie zu beherrschen drohten – sie wollte Yolde für sich haben. Warum ließ Ise die Jüngere nicht einfach los? Unwillkürlich verstärkte sich Maeves Griff an Yoldes Hand. (Maeve)

Auch Prianna hatte die Hand ihrer Schwester umklammert. Das Kind war nicht sehr glücklich aus der friedvollen und freien Umgebung gerissen worden zu sein und bemühte sich nach Kräften sich aus der Umklammerung der Schwester zu befreien, deren primärer Antrieb es momentan zu sein schien, diese nicht von ihrer Seite zu lassen. „Bleib ja bei mir.“ Fauchte sie der Kleinen unfreundlich ins Ohr. (Prianna)

Der Geweihte der Schönen Göttin hatte hier an diesem Ort nichts zurückgelassen, so blickte er sich nur gelassen um. (Tassilo)

Ritter Baldos hingegen betrachtete zufrieden sein Schwert, das er am Vortag an einem Ast hängend zurückgelassen hatte. Zärtlich strichen seine Finger über das Heft, eh sie sich fest darum schlossen und der Münzberger es vom Baum nahm. In einer fliessenden Bewegung gürtete er seine Klinge. Das Symbol seines Standes, weder Dämonenwerk noch Kriegswerkzeug – sondern ein stählerner Bestandteil seines Körpers. [Baldos]

Rhys Augen weiteten sich und während Tränen seine Wange herabliefen, verzog sich sein entstelltes Gesicht zu einer Fratze, die dem Wahnsinn wohl sehr nahekam.

Fast im selben Augenblick sprang sein langer Stecken mit der Kristallkugel in seine linke, kurze Zeit später ein schlankes, verziertes Rapier in seine Rechte, welches sich seinen Weg von oben, von der Burg hinab ins Tal gesucht hatte. Nur langsam senkte sich die Spitze der Klinge gen Boden, einer Drohung an alle gleich, die glaubten, er könne mit ihr nicht umgehen. Demonstrativ stellte er sich zur Baroness und ihrer Schwester.

In Wahrheit war das, was in ihm vorging, Anlass dieser Gesten. Es war das Verlangen nach Selbstschutz. Rhys war zutiefst verunsichert wegen dem Chaos der über ihn hereinbrechenden Gefühle und er hasste dieses Gefühl abgrundtief. Selbstkontrolle war das was ihn normalerweise auszeichnete. [Rhys]

Sie hatte nicht viel mitgenommen, so war sie rasch fertig und stand mit den anderen zusammen. Verema suchte die Nähe Borax, verzichtete aber auf unnötige Worte. Sie hing eigenen, plötzlich düsteren Gedanken nach. Wie würden gewisse Männer auf das Kind reagieren ? Wäre sie am Ende ganz alleine? Es würde sich zeigen. Rhys schien es schwerer getroffen zu haben, er wirkte mehr als nur etwas ramponiert. (Verema)

Auch Lares hatte sein Schwert wieder gegürtet. Ehrlicher Stahl schafft Sicherheit. Er hatte die letzten Stunden geschwiegen. In der geschützten Umgebung des Tempels hatten sich verschiedene Leute aus der Gruppe offenbart, ihr Inneres offen gelegt und damit für ihn gezeigt, dass es sich um Verräter an der praiosgewollten Ordnung handelte. Tief traf ihn die verschrobene Auffassung der jungen Rahjani im Angesicht der großen Bürde des Richters. Innerlich konnte er nur den Kopf schütteln, doch hierzu etwas zu sagen, stand ihm nicht zu. Er hatte sich, entgegen seiner Art, auf zu viel Nähe eingelassen. Damit musste er jetzt leben – und es bestätigte ihn zugleich erneut darin, wieder mehr auf der Hut zu sein. In jedem konnte ein Verräter an der hohen Sache des Herzogs und der Würde des Kaiserhauses lauern. Leider auch die unmittelbaren Diener der herzoglichen Autorität – dass in dem Magus ein solch kranker Geist schlummerte, hatte er nicht erwartet. Gut, wer von Madas Frevel heimgesucht wird, bei dem musste man immer besonders Acht geben. Aber der Magus sollte doch mental gestählt sein – konnte man meinen. Ab sofort würde er die Klinge im Nacken des Zauberers sein, bis sich ihre Wege trennten. Doch noch einer viel wichtigeren Aufgabe hatte er sich verschrieben. Lares ging auf die kleine Basilissa zu und beugte sich zu ihr herab. „Junge Dame, wenn wir jetzt den Ort hier verlassen, dann möchte ich Euch bitten, bei mir zu bleiben. Ihr habt noch früh genug die Chance, viele Abenteuer zu erleben. Doch ich glaube, für die letzten Tage war es Abenteuer genug – auch für eine kleine Ritterin, oder?“ (Lares)

Als alle sich mit ihren Habseligkeiten in Ises Nähe zusammengefunden hatten, lief die Geweihte in den Wald hinein.

Kein Fußweg, nicht einmal ein Trampelpfad führte ihre Schritte, so dass sie des öfteren einige Beschwerlichkeiten wie tief hängende Äste, dornige Zweige oder dichtes Gebüsch zu bewältigen hatten. Ises Tränen waren lange nicht versiegt. Die tiefe Traurigkeit, die sich über ihre alten Gesichtszüge gelegt hatte, ließ sie zerbrechlich wirken. Das Tempo, das sie vorgab war gemächlich, so dass alle einfach folgen konnten, dennoch blieb sie des öfteren stehen, um nach Atem zu ringen. Einmal nötigte Yolde die Ältere sogar sich auf einem größeren Stein auszuruhen.

Der Wald, den sie durchquerten, war an einigen Stellen so dunkel, dass man kaum fünf Schritt weit sehen konnte, an anderen, lichtdurchfluteten Stellen hingegen wucherten Hecken, an denen prall und saftig reife, dunkle Beeren hingen, welche sich beide Tsageweihte im Vorbeigehen genüsslich in den Mund steckten.

Mehr als zwei Stundengläser mochten es gewesen sein, die sie nun hinter den Tsageweihten durch den dichten und dunklen Nadelwald liefen, ab und an meinte der ein oder andere ein Kichern hinter sich zu hören, doch merkwürdige Begebenheiten wie bei ihrem Eintritt in diesen Wald am gestrigen Tag, blieben aus. Irgendwann schließlich wurde der Waldboden feucht, denn kleine Quellen drangen hier an die Oberfläche. Sie vereinigten sich zu einem winzigen, plätschernden Wasserlauf, der sich schließlich nach einer weiteren gefühlten Ewigkeit in ein Bächlein von einem halben Schritt Breite verwandelt hatte, an dem sich ein breit getretener Pfad schmiegte. Ab hier schienen die Bäume auch weniger dicht zu stehen und die untypischen und uralten Nadelhölzer standen immer häufiger Seite an Seite mit ihren Laubbaumverwandten. Das Grunzen von Schweinen in der Ferne und klitzekleine Eichenhaine waren die ersten Anzeichen wieder in der Nähe der Zivilisation zu sein. Der Bach ergoss sich schließlich irgendwann - als die Nadelbäume schon fast gänzlich vom Nutzholz verdrängt waren- in einen kleinen Fluss. Der Pfad, dem sie seit geraumer Zeit folgten, führte über eine wackelige Holzbrücke auf die andere Seite.

Ise ließ sich schwer atmend an der Mündung des Bächleins nieder, zog ihre Schuhe von den Füßen und hielt diese in das klare, kühle Wasser.

Prianna sah sich um. Sie hatte erst jetzt verstanden, wo sie waren: „Wir sind an der Grenze von Rickenbach und Eschenwald.“ Sagte sie mehr zu sich als zu den anderen, aber Ise nickte. (Prianna)

„Gebt mir einen kurzen Moment. Dann brauchen wir höchstens noch ein halbes Stundenglas bis zu Quindans Hütte.“

Rhys seufzte theatralisch. Diese Reise würde ihn wohl den Rest seines Lebens kosten. Missmutig ging er etwas abseits, und setzte sich auf einen großen Stein, ließ die anderen aber nicht aus den Augen. Der Magus hatte keine große Lust sich noch weiter mit welchen der anderen auszutauschen, diese Sache sollte nur endlich zu Ende gehen. (Rhys)

Maeve nutzte den Moment, um nach dem raschen Aufbruch und der Wanderung durch den Forst hier ein Bad zu nehmen. Rasch trat sie in das seichtere Wasser am Ufer, streifte ihre Tunika ab und warf diese über einen überhängenden Zweig. Dann hockte sie sich in das Strömung, genoss die Kälte auf ihrer Haut und schloss die Augen. Langsam sank sie rücklings ins kühle Nass. Für einen kurzen Moment ließ sie sich treiben – fort von der Brücke – ließ alles los, was gestern geschehen war und kehrte zu dem Moment am Wasserfall zurück. (Maeve)

Yolde beobachtete die junge Novizin lächelnd. Zuneigung stand in ihren Zügen, die sich schlagartig verflüchtigte als ihr Blick zu Rhys hinüberschwebte. Dieser arrogante Fatzke. Zuckte durch ihre Gedanken. Am meisten ärgerte sie, dass er mit einigem Recht behalten hatte, obgleich seine haarsträubenden Argumente so lächerlich waren. Nun wurde er nur in seiner kranken, götterungefälligen Lebensweise bestätigt. Ihr Blick wanderte zurück zu Maeve und die Zärtlichkeit trat zurück in ihren Blick.

Verema bedrückte die Stimmung, in der die Gruppe seit dem Aufbruch unterwegs war. Natürlich, es war eine ernste Sache und oberflächliches Geplauder ziemte sich nicht. Dennoch sprach sie Borax an "Entschuldigt, bedrückt Euch etwas? Die Atmosphäre ist so... unangenehm. Wenn Ihr Lust habt, könntet Ihr mir etwas helfen. Ich wollte es Euch gestern schon fragen, aber dann überschlugen sich die Ereignisse. Ganz trivial. Könntet Ihr mir helfen, mein Rogolan zu verbessern?" neugierig und offen sah sie den Zwerg an. Weder bei Männer, und noch weniger bei Zwergen wusste man je, woran man war, aber einen Versuch war es wert. (Verema)

Der Angroscho wirkte für einen Moment überrascht ob Veremas Worte, dann aber lächelte er und strich sich mit der linken Hand gemächlich über den langen, gepflegten Bart, während die andere die rauchende Pfeife hielt, welche einen angenehm würzigen Geruch verströmte.

„Nein, mich bedrückt nichts“, begann der Vogt im Garethi, „das kann ich euch versichern. Ich würde das Problem auch eher mit zwischen’menschlichen‘ Spannungen betiteln.“ Borax klammerte sich mit seiner Betonung ausdrücklich aus und ging dann näher darauf ein, wechselte jedoch hierzu in seine Muttersprache, wohl auch um die Sprachkenntnisse der Junkerin abzuklopfen. „Ich finde die Wortwahl des Hochgelehrten Herren nicht immer ganz glücklich und durchaus provokant, doch sehe ich dahinter die Intention einen gewissen, verbalen Druck auszuüben, um Informationen zu erhalten.“ [Borax]

Die junge Frau überlegte ein paar Augenblicke. "So, auf Garethi übersetzt, ist der Gelehrte ein arrogantes Blödarsch. Und das ist seine Art, zu dem zu kommen, was er will ?" Sie wechselte nun schüchterner und langsamer in die Sprache des Zwergen. " Tut mir Leid, das war böse... Ich verstehe, rede aber erst später besser. Vielleicht reden wir erst etwas einfaches. Woher kommt Ihr ? Ich bin aus Likan, Almada. Und schwanger, aber das ist neu, ich weiß es erst von gestern. Das ist mein Problem. Die anderen sind wohl schlimmer...." (Verema)

Borindarax musste unweigerlich lachen bei der so offenherzig gewählten Betitelung des Magus. “Das war nicht gerade diplomatisch, entspricht aber wohl den Tatsachen. Jedoch hat ER niemals einen Zweifel daran aufkommen lassen auf welcher Seite er steht.” Der Vogt nickte bedächtig, was seine Meinung unterstrich. “Ich stamme aus Senalosch”, er wechselte wieder ins Rogolan. “Bin dort geboren und am Hofe des Rogmarog aufgewachsen, dessen Urenkel ich bin.

Ich beglückwünsche euch zu eurem Kind”, er lächelte aufrichtig, “und versichere euch, dass ich von nun an ein Auge auf euch haben werde, bis wir wieder im Bunten Schloss sind.” [Borax]

Belustigt und irritiert sah die Frau den Zwerg an. "Ich bin leider zu wenig diplomatisch, man findet mich oft unhöflich." Sie ging etwas in sich, überlegte. "Senalosch, dort war ich nicht. Noch nicht. Der Name ist mir ein Begriff, nicht weit von Rabenstein, oder? Mit Dom Lucrann habe ich viel zu tun. Die Pferde... Danke, ich habe Sorge wegen dem Kind, man weiss bei Männern nie" Sie stiess eine almadanischen Fluch aus. "Wie zäh! Aber es wird noch werden. Ich war in Rabenstein und werde vielleicht dorthin zurückkehren, oder nach Punin, um in privater Sache mit einer Priesterin zu sprechen. Gerade wegen des Kindes, und diverser Dinge in Almada, die ich nicht im Kopf sortieren kann... Aber was belästige ich Euch damit?" (Verema)

„Senalosch liegt in der Vogtei Nilsitz, Rabenstein ist unser direkter, praioswärtiger Nachbar“, entgegnete der Zwerg, bevor er einen tiefen Zug an der Pfeife tat und offenbar nicht genau wusste, wie er auf den Rest reagieren sollte, den Verema gesagt hatte.

Schließlich rang er sich durch und sagte ein wenig verlegen, „wisst ihr. In meinem Volk gibt es bedeutend weniger Frauen als Männer. Viele von uns sind dazu verdammt ewige Junggesellen zu bleiben. Unverheiratete Angroschna werden von meinen Brüdern regelrecht umworben, oft sind es mehrere zugleich die sie umwerben. Glaubt mir wenn ich sage das dies ‚zäh‘ und äußerst ‚kompliziert‘ ist.“ [Borax]

"Oh, ich wusste nur, dass es wenige gibt, aber über die Konsequenzen habe ich mir noch keine Gedanken gemacht...Die müssen es guthaben, Eure Frauen, oder auch nicht. Dürfen sie denn selbst wählen, oder wird ihnen ein Mann vorgesetzt?" Das Thema war ihr anscheinend zu kompliziert in der fremden Sprache. "Mein Baron ist ein Elf, also auch jemand, der für meine Verhältnisse uralt wird. Allerdings hat er ein zwergisches Patenkind und ist auch so eng mit Zwergen befreundet. " Sie sinnierte etwas, den Himmel beobachtend. "Dom Danilo ist seltsam. Er freut sich sicher nicht über das Kind. Von ihm ist es nicht. Aber Probleme kommen." (Verema)

„Moment“, Borindarax war verwirrt ob der abstrusen Verhältnisse die ihm beschrieben wurden. „Ihr sagt dieser… Elf… habe ein Patenkind aus meinem Volk und er sei auch mit anderen Angroschim befreundet?“ Deutlich rümpfte der Vogt die Nase bei dieser für ihn sonderbaren Vorstellung. „Ich kenne Almada kaum“, gestand er, „dass werde ich wohl bald ändern müssen. Sowas…“, Kopfschütteln folgte.

Ein wenig geistesabwesend und sichtbar immer noch mit dem vorher thematisierbaren Sachverhalt beschäftigt, ließ sich es Borax dennoch nicht nehmen Veremas Frage zu beantworten. „Ob sie es ‚gut‘ haben wage ich als männlicher Angroschim kaum zu beurteilen. Fragt bitte eine Angroschna, wenn ihr sie trefft, sie kann das sicher besser wiedergeben. Sie sind jedoch weit freier in ihrer Wahl des Partners, als es in eurer Gesellschaft der Fall ist. Jedenfalls soweit ich das beurteilen kann. Eine hochgestellte Angroschna, wie die liebreizenden und darüber hinaus noch so eloquente Tochter des Grafen, muss jedoch auch das Einverständnis ihres Vaters hoffen.“ [Borax]

"Ja, ich gebe zu, das mit Danilo ist verwirrend. Seine Beziehungen zu Eurem Volk sind schon alt, aus den Zeiten Answins. Er ist mit Baron Barytoc von Braghan befreundet und reagiert oft nicht so, wie man es von Elfen erwartet." Sie machte eine kurze Pause und musterte den Zwerg. "Ich versuche es nochmal, dieses Thema ist leichter. Wie alt seid Ihr? Ich kann das schlecht bestimmen, aber noch jünger, oder? " sie lachte herzlich "Also im Vergleich zu mir nicht, unter Zwergen meine ich."

(Verema)

Schmunzelnd nahm Borax die Pfeife aus dem Mund, um zu antworten. „Nach Maßstäben meines Volkes bin ich sehr jung, ja. Ich habe noch keine acht Mal acht Jahre gesehen. Deswegen werde ich politisch auch immer noch nicht von allen ernst genommen, trotz meines Amtes und meines Vaters.“ Diesmal achtete er darauf, dass seine Aussprache möglichst klar war, damit die Junkerin ihn möglichst gut verstand.

„Darf ich fragen wer der Vater eures Kindes ist?“ [Borax]

Sie errötete und senkte leicht den Kopf, dann lächelte sie etwas schüchtern. "Das darf ich noch nicht sagen, es wäre ihm gegenüber nicht fair. Er ist gebunden...aber er ist ein guter Mann, er wird sich um uns kümmern." Gerne hätte sie mehr gesprochen. "Ich treffe ihn wohl erst im Praios wieder, und Gerüchte sind oft schneller. Später vielleicht" (Verema )

„Oh“, entfuhr es dem Zwergen überrascht. Auch wenn er kein Mensch war, so wusste er selbstverständlich um die gesellschaftliche Missbilligung von Bastarden. Mehr als ein ehrliches, „ich hoffe ihr irrt euch nicht“, konnte er dazu nicht beitragen.

Sichtlich darum bemüht das heikle Thema zu beenden, schnitt er ein anderes an und fragte, „Gesetzt den Fall, dass dieser Quindan der Schuldige ist. Meint ihr er wird den Baron von Eisenstein im Zuge seiner eigenen Verhandlung anklagen, seine Tochter gemordet zu haben? Das würde vermutlich zu großem Aufsehen führen.“ [Borax]

Verema verstand die Reaktion des Zwerges, war es wahrscheinlich noch die Angenehmste, mit der sie in nächster Zeit konfrontiert werden würde. "Schon in Ordnung, es wird Ärger geben, es wird sich legen, der Vater wird sich kümmern, ich vertaue ihm. Vielleicht sehen wir uns mal wieder, dann werde ich mehr erzählen können. Durch die Pferdezucht des Barons bin ich des öfteren in Rabenstein, Senalosch ist ja nicht weit weg." Wenn nur alles so einfach wäre. "Zu Eurer Frage...ich weiß es nicht, ich glaube eher nicht, hätte er es nicht schon gleich tun können ? Jetzt steht er ja viel schlechter da. Aber ich kenne die Gesetze hier auch nicht." (Verema)

Der Vogt nickte bedächtig, als Verema ihre Meinung zu der Kausa Quindan kundtat. Diese entsprach in etwa auch seiner Einschätzung und er hatte viel über Rechtskunde studiert, wenn er sie auch praktiziert nur vom Hofe des Rogmarog kannte. Auch hier gab es gravierende Unterschiede zwischen Menschen und Zwergen.

Als dann die Sprache wiederum auf Senalosch kam leuchteten Borindaraxs Augen voller Enthusiasmus. “Es gibt kaum einen besseren Ort um die Sprache meines Volkes zu erlernen oder seine Kenntnisse darin zu vertiefen. Nirgendwo in den Nordmarken gibt es mehr Angroschim in einer frei zugänglichen Stadt. Dort leben ebenso viele meiner Brüder und Schwester wie es Menschen tun und zu großen Feiertagen der Zwölf kommen häufig noch ganze Scharen aus den Stadtteilen unter dem Berg hinzu. Jeder der dort geboren wird wächst zweisprachig auf. Das verbindet ungemein, wie ihr euch sicher vorstellen könnt. Allerdings ist die Stimmung etwas ernster als in Ferdok oder Angbar, wenn ihr dort bereits einmal gewesen seid. Senalosch ist stark durch das Handwerk geprägt, das spiegelt sich im ganzen Stadtbild wieder.” [Borax]

Sie musste an das bevorstehende Gespräch mit zwei Männern denken und in ihr zog sich ein Knoten unangenehm zusammen. Wie einladend wirkte da die so liebevoll beschriebene Stadt. Nachdenklich sah sie den jungen Zwerg an. "Wenn sie mich überall verachten, flüchte ich dorthin."

Sie spielte unbewusst mit einer ihrer Locken. "So natürlich auch, es hört sich so einladend und interessant an." (Verema]

Innerlich aufgewühlt folgte Baldos den anderen und mit malmendem Gebiss versuchte er, seine Gefühle im Zaum zu halten. Zorn und Entrüstung darüber, dass soeben die törichten Sorgen eines Bauern über die Verluste einer Adligen – seiner Base! – gestellt wurden. (Baldos)

Tassilo hingegen fragte sich im Stillen, ob einige der Anwesenden tatsächlich derart naiv waren, wie es ihre Worte nahe legten. Was dachten sie, wie diese Welt funktionierte? Gingen sie davon aus, dass die Schatulle stets prall gefüllt ist und man einfach den Knecht ausschickte, um alles Notwendige und Gewünschte zu kaufen? Nein, Dere brauchte Ordnung, es brauchte Harmonie! Die Bauern bestellten die Felder, um die Menschen zu ernähren, der Adel verteidigt Menschen und die Handwerker liefern beiden die notwendigen Werkzeuge. Das war die Harmonie, das Gleichgewicht auf dem das Reich, auf dem alle Reiche basierten. Glaubten sie wirklich, dass in dieser Ordnung das Wort eines Umherziehenden, eines Mannes, der nicht einmal einen festen Platz an Travias Herdfeuer hatte, einen Baron stürzen würde? Glaubten sie allen Ernstes, dass es zu dieser Anklage kommen würde? Der Baron konnte über diesen Mann richten, sofort, an Ort und Stelle und niemand würde ihm dieses Recht verwehren können. Zumal sich Tassilo recht sicher war, dass, sofern dieser Mann der Täter war, er wohl kaum seine Unschuld belegen konnte. Doch selbst wenn, musste Quindan hingegen eine Klage vor dem hochadligen Kammergericht einreichen, sodass Männer und Frauen vom gleichen oder höheren Rang des Barons über ihn befinden konnten und keiner von denen würde einen Präzedenzfall schaffen, in dem ein Bauer einen Baron stürzte. Ganz zu schweigen davon, dass es für den Baron ein leichtes war zu belegen, das ihn keine Schuld traf, immerhin war er nicht für seinen Kerker zuständig, dafür hatte er ja einen Kerkermeister, der dafür den Kopf hinhalten müsste.[Tassilo)

Schließlich kehrte Maeve wieder in die Wirklichkeit zurück, erhob sich und watete am Ufer des Flusses wieder zurück. Rasch streifte sie sich die Tunika über, da sich die alte Tsapriesterin gerade wieder erhob und stumm über den Fluss wies. (MAeve)

Langsamer noch als zuvor überquerte sie die kleine Brücke und folgte dann immer eiliger im herrlichsten, klaren Praiosschein dem Feldweg, der mitten durch gelbe, hoch aufragende Kornfelder führte. Schmetterlinge und Insekten flogen über die Gruppe hinweg, ohne sie zu beachten. Die Luft, warm und voll der Sommergerüche, zitterte vor ihren Augen, als Ise an einer Kreuzung zwischen den Äckern stehen blieb und in den schattigen Bereich eines kleines Waldausläufers deutete. Dort unter einigen Bäumen, im kühlenden Schatten stand ein kleines Haus. Das Dach hatte schon bessere Tage gesehen und der kleine Gemüsegarten sah so verwahrlost aus, als ob sich seit Jahren niemand mehr den Unkräutern angenommen hätte. Etwas abseits auf einem kleinen, brachliegenden Acker stand ein Kirschbaum und auf einer kleinen, windschiefen Bank darunter saß ein Mann, der grüßend die Hand hob als sich die Gruppe näherte.

Ise atmete tief ein: „Das ist Quindan.“ Bevor auch sie den Arm in die Höhe streckte und lächelnd auf ihn zuschritt.

-- Main.CatrinGrunewald - 21 Jul 2020