Dei Quid Est Veritas Text

Dei, eine Anfütterung

Bunt gemischt war das Völkchen, das sich im bunten Schlößchen eingefunden hatte, um in der lauen Abenddämmerung Obenas dem „Eisensteiner Sommerkonzert“ beizuwohnen. Seit etlichen Jahren veranstaltete Rajodan von Keyserring, seines Zeichens Baron von Eisenstein, vierteljährlich Musikveranstaltungen - passend zu jeder Jahreszeit.

Und neben einigen seiner Lehnsmänner, waren stets etliche Künstler und Kunstliebhaber zu Gast- Musiker, Komponisten und Musiktheoretiker- sie alle wussten, um Rajodans Talent seltene Perlen der Musik- oder Gesangskunst zu finden und zu fördern. Neben einem prominenten Teil der Nordmärker Kunstszene verschlug es auch immer wieder Albernier, Horasier oder andere weitgereiste Gäste in die Ausläufer der Ingrakuppen und auch die Rahjakirche, mit der der launische Baron ein gutes Verhältnis pflegte, war oft mit einigen Vertretern präsent.

Dei, quid est veritas?

Eine Briefspielgeschichte aus den Eisensteinen

Heute Abend saßen die Musiker inmitten eines großen Podestes, das am Vortag extra für den Anlass im privaten Garten des Barons aufgestellt worden war, und entlockten ihren Instrumenten die sanftesten, wundervollsten Töne – ein Hochgenuss selbst für das geübteste Ohr. Würden die Zuhörer gefragt, was den Klang ausmachte, was das Gehörte so besonders machte, könnten sie es vermutlich nicht benennen und würden nur ein Achselzucken für den merkwürdigen Fragensteller übrighaben. Sie würden weiterhin fasziniert lauschen, mit diesem leichten Prickeln auf der Haut, wenn sich die Härchen an ihrem Körper ein wenig aufrichten und einem verzückten, fast entrückten Blick, wenn die Welt um sie herum versinkt.

Erst als die Musik endete, erwachten sie alle wieder aus der sanften Umarmung der Musik und schlenderten durch den Garten des Barons mit den wunderschönen, blühenden Beeten und den Hecken, in denen Blüten der Rose in unterschiedlichsten Farben leuchteten. Grillen zirpten. Und die vielen Stimmen, deren Besitzer sich angeregt unterhielten oder in romantischer Zweisamkeit durch die Winkel des Gartens streiften, erzeugten ein Surren und Summen, welches dem sonst so stillen Garten an diesem Abend eine eigene Seele verlieh.

Plötzlich zerriss ein markerschütternder Schrei die friedvolle Stimmung und der Gastgeber hetzte mitsamt seinen Knappen und der Ritterschaft dem Schrei entgegen – in seine Privatgemächer.


-- Main.CatrinGrunewald - 12 Apr 2017