Das Mustern

Das erste Mustern

Die junge Frau musterte aufmerksam die Neuankömmlinge, ja, sie schien jeden einzelnen genau zu betrachten. Die Magierin, der weißen Gilde angehörend, wurde einen Moment länger höflich betrachtet. So jemanden sah man nicht alle Tage. Auch die Zwerge, welche man vom Volke her auf dem elterlichen Lehen bereits gesehen hatte, wurden interessiert angesehen. Den hereinkommenden Ingerimmgeweihten und die Fackel, welche er mit sich führte, betrachtete man voller Respekt, immerhin war er ein direkter Diener der Götter. Den Gruß der edlen Dame, welche sich neben sie gesetzt hatte, erwiderte sie mit „Praios zum Grüße.“, ein ehrliches Lächeln stahl sich dabei über das hübsche Gesicht. Bald schon, nachdem alle Damen hier so hübsch und adrett im Kleid erschienen waren, da kam der Gedanke, dass es vielleicht angemessen gewesen wäre, ihnen dies gleichzutun. Nach einem kurzen innerlichen Gedankenspiel verwarf sie diese Gedanken jedoch wieder. Der Blick glitt zu dem Angroscho, welcher neben ihrem Platz am Stuhl stand. Sie lauschte aufmerksam seinen Worten und sah ihn lächelnd an: „Seid gegrüßt, Angroscho. Mein Name ist Veralindhana von Hamrath, und die Ehre ist ganz meinerseits. Bitte, setzt euch. Erzählt, wo kommt Ihr her?“ Sie sah ihn freundlich an, die Frage schien keine einfache Floskel zu sein, es schien sie ehrlich zu interessieren, woher der Herr Zwerg kam. (Dhana).

Ein verschmitzter Ausdruck stahl sich auf die Züge des Zwerges. “Werte Dame, ich entstamme dem Bergkönigreich Eisenwald, oder wie wir sagen Isnatosch. Die Reise war also nicht so weit, liegt dieses doch unter der Vogtei Nilsitz in der Grafschaft Isenhag. Und ihr werte Dame, nach eurer Gewandung zu urteilen war eure Reise länger, darf ich fragen woher ihr stammt? Ich habe viel über die tulamidischen Lande gehört, doch wäre ich nicht so vermessen zu behaupten, dass Stil und Schnitt daher entstammen, zumal euer Name eher dem alten Reich bzw. dem lieblichen Feld entstammen könnten. Aber wahrscheinlich liege ich mit beidem weit daneben, denn viel herumgekommen bin ich bisher nicht. ” Er zog die Schultern mit einem Schmunzeln nach oben und schenkte ihr ein warmes, ehrliches Lächeln. “Aber wartet, seid ihr mit Rupo von Hamrath-Salmfang verwand? Wenn dem so wäre würdet ihr eventuell gar Elenvina euer zuhause nennen.“ (Borax)

Sie blickte den Zwergen freundlich an, froh, einen Gesprächspartner gefunden zu haben: "Der Ehrenwerte Rupo war mein Onkel, der Bruder meines werten Herrn Vaters. Ich stamme aus Kronau, einem kleinen Lehen am Rodasch und bei weitem nicht der Nabel der Welt. Auch Elenvina sah ich nur ab und an einmal." Stahl sich da gerade etwas Röte in das Gesicht? "Bis in den Eisenwald habe ich es nie geschafft, auch wenn es recht nahe ist. Aves führte mich auf anderen Wegen südlich in das ferne Khunchom. Ich lebte dort einige Jahre bei einer befreundeten Familie, die hohe Kunst des Handels zu erlernen... Ich gebe zu, hätte ich um den Umstand gewusst, solch geschmackvoll gekleideten Damen in edlen Kleidern an der Tafel zu treffen, ich hätte mein eigenes Kleid herausgesucht." dann beugte sie sich ein paar Fingerlängen zu ihm und flüsterte: "Doch ist das, was ich trage, weitaus bequemer". Dann zwinkerte sie ihm zu und setzte sich wieder gerade auf. (Dhana)

“Mein Beileid, ich wusste nicht, dass er nicht mehr unter den Lebenden weilt.” Borax machte ein betretenes Gesicht, wollte er doch kein unangenehmes Thema ansprechen. “Ich hatte das Vergnügen ihn kennenzulernen, das heißt nicht direkt, aber ich saß mit ihm an einer großen Tafel wie dieser und ich lauschte seinen Worten. Werte Dame, ich bin der Urenkel des Bergkönigs Fagol, dem Sohn des Fanderam vom Eisenwald. Durch diese Familienbande war es mir des Öfteren vergönnt an Festen und Empfängen für höhergestellte Persönlichkeiten aus adligem Hause beizuwohnen. Ich gebe zu, dass es in meiner Jugend nicht zu den Dingen gehörte mit denen ich mit Vorliebe meine Zeit verbrachte, aber ein gewisser, gesellschaftlicher Umgang hat mir nicht geschadet. Und mit Verlaub, wenn ihr mir diese ehrlichen Worte verzeihen mögt, jede langweilige Stunde, die ich Anekdoten von Herolden und Lakaien am Ende einer langen Tafel lauschen musste, war es wert, denn heute verdanke ich diesem Umstand, dass ich mich mit einer wunderschönen Dame von Stand unterhalten kann, ohne zu stottern.” Er grinste breit, griff zum Weinpokal und hoffte mit diesem Kompliment die Situation gerettet zu haben. (Borax)

"Mein lieber Onkel ruht seit über 10 Götterläufen in Borons ewigen Hallen. Beinahe hatte ich vergessen, dass die Angroschim ein weit längeres Leben vor sich haben als wir Menschen." sie nahm es ihm nicht übel, ein solches Thema angesprochen zu haben. Der Onkel war immerhin durch Tätigkeit und Heirat eine bekannte Person gewesen. "Ihr redet sehr gewählt, dafür dass es Euch einst nicht die liebste Beschäftigung war, solchen Tafeln beizuwohnen. Doch auch ich gebe zu, den Rücken eines Pferdes in der Regel langwierigen Tagen bei Hofe vorzuziehen. Nur ist diese Einladung etwas Besonderes und ich folgte ihr gerne." sie blickte kurz zur Tafel und den Getränken, wählte einen leichten Wein ohne große berauschende Wirkung, und sah zu dem Zwerg: "Sagt, Borindrax, bei solchen Ahnen liegt doch sicher auch die Bürde schwer, ihnen nachzufolgen?" sie trank einen Schluck, dann dämmerte ihr etwas "Verzeiht, das war eine unangemessene Frage." sie sah ihn entschuldigend an, hatte schon wieder ihre Neugier über den Verstand und die höfliche Zurückhaltung gesiegt. (Dhana)

Als Borax sicher war, dass seine Gesprächspartnerin ihm nicht übel nahm, dass er sie auf ihren verstorbenen Onkel angesprochen hatte, war er erleichtert. “Werte Dame, bevor ich auf eure Frage antworte, muss ich noch auf eine andere Sache zurückkommen. Seit gewiss, dass eure Gewandung es mit jedem Kleid der hier anwesenden Damen aufnehmen kann. Ich kenne Khunchom leider nur aus etlichen Reiseberichten die ich sehr interessiert gelesen habe, aber ebenso wie ihr sie tragt, habe ich mir die Mode der Tulamiden immer vorgestellt. Ihr müsst mir von der Perle am Mhanadi berichten! Ich bin bisher nur in den Genuss des hervorragenden Tabaks gekommen, der von dort stammt.” Er klopfte sich zwinkernd an eine kleine Gürteltasche unter der Weste.(Borax)

“Eure Frage ist schnell beantwortet. Auf mir lastet keine Bürde, dies sei versichert und noch eins, ich beantworte sie gerne. Ich bin zum Bergmann ausgebildet worden und gehöre der Gilde der Verhüttungsmeister vom Eisenwald an. Ich tue das, was uns Angrosch beigebracht hat: Ich entlocke dem Gestein seinen Schatz und schmelze ihn ein. Es ist das was ich immer tun wollte, was mich glücklich macht und erfüllt. Ihr seht also, ich bin hier eigentlich nur das, was ich an der Tafel des Bergkönigs bin, ein Gast unter vielen, aber einer der unbedeutend ist und somit das Privileg hat, sich nicht um Kopf und Kragen reden zu müssen.” Er grinste, empfand er diesen Umstand doch tatsächlich so, wie er ihn umschrieben hatte. “Und noch eines lasst euch gesagt sein, werte Dame. Dass ich hier bin ist nur dem Umstand geschuldet, dass ich den Vogt von Brüllenbösen, einem alten Freund meines Vaters nach Elenvina begleiten durfte. Niemand in Isnatosch hält mich für traditionsbewusst genug die Angroschim auf hohem Parkett wie diesem zu vertreten. Naja, zumindest war das immer mein Eindruck. Ich bin sowas wie ein, ich glaube die Menschen sagen schwarzes Schaf. Mir sind wenige Dinge heilig, die nur Bestand haben, weil sie immer so waren. Das ist unter den Erzzwergen sowas wie offene Revolution.” Er zwinkerte ihr zu und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Weinkelch. “Oh, was würde ich für ein gutes Ferdoker tun, selbst Jaquiertaler kann den Wert einer solch angenehmen Unterhaltung in meinen Augen nicht genug würdigen. Aber vielleicht darf ich in eurer Gegenwart nach dem Essen ein wenig Kraut aus fernen Ländern rauchen und blumigen Erzählungen über das Mhanadi- Delta lauschen?” (Borax)

-- Main.CatrinGrunewald - 22 Feb 2019