Das Abendessen

Das Abendessen

Im Speisesaal, festlich geschmückt mit den Bannern der Grafschaften und Baronien an den Wänden, fandet ihr eine kleine, aber feine Tafel vor. Auslandende Kandelaber über dem großen langen Tisch spendeten mit unzählbar vielen Kerzen ein warmes Licht, ließen aber so manche der Wappen an den Wänden im flackernden Schein trügerisch lebendig werden, denn von draußen drang nur nächtliche Dunkelheit durch die buntglas-verzierten Fenster. Der Tisch war mit feinstem Silber gedeckt, dazwischen Schüsseln und Platten mit einem ‚bescheidenen‘ Abendessen, das sich jedoch durchaus sehen lassen konnte. Bewirtete man etwa alle Gäste hier so fürstlich? Es duftete nach frischgebackenem Brot und würzigem kaltem Braten, Wein und Bier. Eine aufsehenerregende Käseplatte bot den Liebhabern vergorener Milch reichen Schmaus. Daneben lagen Würste in allen Formen und Geschmäckern auf silbernem Grund, dazu mehrere Varianten von Sülze sowie Kräuterbutter, herzhafter Rettich, süßes Obst.

Platzkärtchen wiesen jedem von euch einen Sitzplatz zu. Auf der Suche nach dem euren konnten eure Augen folgende weitere Namen erkennen:

Arlan von Kranickteich

Lioba von Schleiffenröchte

Veralidhana von Hamrath

Borindrax, Sohn des Barbaxosch

Ingrawin von Wolfentrutz

Boromar von Rodenbrück

Imma von Schellenberg zu Rickenbach

Hechgard von Hetzenberg

Radulf von Grundelsee

Saria Hartsteig

Ein großer rundlicher Mann mittleren Alters betrat den Speisesaal und betrachtete die Banner im Vorbeigehen. Am Banner von Kranick verharrte er einen Moment länger. Es war als würde er nachdenken, während er sich eine fettige Haarsträhne aus dem schiefen Gesicht strich. Nur für einen Moment verharrte der dunkelhaarige Mann dort, ehe er sich kopfschüttelnd zur Tafel aufmachte um rauszufinden, welcher Platz ihm zugedacht war. Das Abendmahl war sehr ansprechend und der Verwalter von Kranickteich musste sich zurücknehmen um nicht direkt mit dem Essen anzufangen. (Arlan)

Borindrax, der Sohn des Barbaxosch, welcher bei der ersten Begrüßung durch den Haushofmeister mit zwei anderen Angroschim, aufgetreten war, trat nun allein in den Saal und blieb nah dem Eingang stehen. Sichtlich nervös zog er seine moosgrüne Weste glatt, welche mit goldener, zwergischer Ornamentik verziert war und sah sich suchend um. Sein feuerroter Bart, ganz im Kontrast zum ersten Antreffen, war nun zu acht perfekt geflochtenen Zöpfen drapiert, in den Metalldrähte und -kügelchen eingebunden waren. Er roch nach Öl, oder war es das blitzende, lange Kettenhemd, welches er unter der Weste trug und was durch einen breiten, ledernen Gürtel samt achteckiger, verzierter Schnalle eng an den Körper gebunden war und seinen kleinen Bauchansatz hervorhob? Seine Beinkleider bestanden aus einer hellen Wildlederhose, welche in dunkelbraunen, polierten Stiefeln steckten. Als seine grünen, gold- gesprenkelten Augen den oder das Gesuchte gefunden hatten, eilte er sogleich eilig durch den Raum. Während er den Saal durchmaß, grüßte er jeden höflich mit einem Nicken, einer angedeuteten Verbeugung und einem freundlichen Lächeln. Man sah dem jungen, dennoch stattlichen Angroscho mit den breiten Schultern und dem hohen Wuchs an, dass er diese feine Gesellschaft nicht gewohnt war. Borax, so war er freundschaftlich von seinen Begleitern am Nachmittag genannt worden, ging zügig auf ein Wappen am anderen Ende des Saales zu und stellte sich darunter. Es trug den goldenen Gebirgsbock auf grün. Es war das Wappen der gräflichen Vogtei Nilsitz.(Borax)

Als er sich wieder dem Saal zuwandte, schien sein Blick nur beiläufig über die erlesenen Speisen zu huschen. Einzig die Weinkelche schienen seine Aufmerksamkeit für einen kurzen Moment erringen zu können. Nur kurz rümpfte er die Nase, was ein Zeichen dafür sein mochte, dass es wohl kein Bier zum Essen geben würde. Eingehend hingegen wurden die Anwesenden und eintreffenden Gäste betrachtet. Wobei er darauf wert zu legen schien, niemanden zu lange anzusehen. Seine Mimik hätte einem Kenner verraten, dass seine Unsicherheit einer freudigen Erregung, ja Abenteuerlust gewichen war. (Borax)

Vorsichtig in den Raum schauend betrat ein mittelgroßer Mann kräftiger Statur den Raum. Als er die anderen Anwesenden bemerkte, fixierte er sie mit einem Augenkneifen. „Die Zwölfe zum Grüße“ sprach er, während er sich dem Tisch näherte und mit Augenrunzeln die Tischkarten aus der Nähe nacheinander prüfte. Als er sein Platzkärtchen mit dem Namen Hechgard von Hetzenberg fand, nahm er mit einem leichten Seufzer Platz. (Hechgard)

Es dauerte nicht lange, dann trat nach dem Mann eine weitere Gestalt in den Raum. Grün-braune Augen schauten unter kurzem, braunen Haar neugierig auf die vielen geschichtsträchtigen Bilder an den Wänden, das hübsche Gesicht der jungen Frau fand kaum den Blick zu dem Essen, welches hier angerichtet war. Nach einem kurzen Augenblick besann sie sich dann, sah zu den bereits anwesenden Menschen und Zwergen und nickte diesen huldvoll zu. Ein angedeuteter Knicks, dann suchte sie die Namen überfliegend den eigenen Platz an der Tafel. Gekleidet war sie in eine beige, seidene Hose mit weitem Schnitt, welchen man eher in den südlichen Landen fand, darüber eine weiße Tunika aus feinem Leinen mit dünner Borte. Die Füße steckten in weichen, braunen Lederstiefeln, über der Tunika trug sie eine schwere Samtweste aus dunklem Braun. Die Haare, kurz geschnitten, waren artig gekämmt und doch schien sich eine einzelne Strähne immer einen Weg in das Gesicht zu bahnen, während die Lippen ein stetiges Lächeln umspielte. Wer genauer hinsah, erkannte, dass sie an der rechten Handkante Reste blauer Tinte hatte, obwohl sie aussah als hätte sie das letzte Bad erst in der Frühe genommen. Sie ging um die Tafel, fand dann schließlich den eigenen Namen und setzte sich, ein kleines, in Seidenpapier eingewickeltes Geschenk neben sich legend. Veralindhana von Hamrath war eingetroffen. (Dhana).

Ein riesiger breitgebauter Mann betrat den Speisesaal. Seine roten Haare waren an den Seiten entfernt und gingen am Rücken in einen langen geflochtenen Zopf über. Sein stattlicher Vollbart war formvollendet gestutzt. Wäre er nicht so riesig, könnte man ihn glatt mit einem Zwerg verwechseln. Er war in dem typischen Ornat eines Ingerimmgeweihten gekleidet und trug eine rotbraune Schmiedeschürze und darunter ein schwarzes, enganliegendes Leinengewand. Um die Taille lag ein breiter, schwarzer Gürtel, an dem eine kleine Tasche befestigt war. Der Gürtel wurde von einer wunderschönen Schnalle zusammengehalten, die Hammer und Amboss zeigte. In der Linken hielt er eine filigrane Laterne, in der eine Flamme tanzte. Auf seinen nackten Unterarmen zeigten sich zwei Tätowierungen. Links ein Amboss und rechts ein Schmiedehammer, beide von Flammen umgeben.

Er blickte kurz in die Runde „Seid gegrüßt im Namen des himmlischen Schmieds.“ Dann besah er sich die Kärtchen am Tisch. Als er bei Ingrawin von Wolfentrutz angekommen war, setzte er sich, und stellte die Laterne vor sich auf den Tisch. (Ingrawin)

Ein leises TOCK, TOCK von Holz auf Stein kündigte die nächste Teilnehmerin des Abendessens an. Einen langen, gerade geschnittenen Stab tragend schritt eine Magierin in den Saal. Das Weiß der Robe, auch diese lang und einfach, von einem schmalen Gürtel gebunden, sowie ein Siegel auf der Hand wiesen sie als Mitglied der Weißen Gilde aus. Die blauschwarzen Haare waren zum kurzen Bürstenschnitt nach Wehrheimer Art geschnitten und rahmten ein scharfes, kühl wirkendes Gesicht ein. Graue Augen blickten emotionslos von einem Anwesenden zum anderen, hier und dort sachte nickend. Gemächlich, aber zielstrebig ging sie zur Tafel, musterte die Speisen und quittierte die Auswahl mit einer nach oben gezogenen Augenbraue und einem kurzen Lächeln. ‚Was dieses Zusammenkommen wohl zu bedeuten hatte? Welcher Zweck verbarg sich hinter der Zusammenstellung dieser Gästeliste?‘ (Saria)

Sie blickte, suchend, erneut die Anwesenden an und studierte die Namen. ‚Unbekannte Menschen, ohne Rang und Ansehen. Pah, dies ist der Zirkus der Verlierer, so wie die Idioten hier stolz und artig, dressierten Affen gleich, zum Schaulaufen antreten.‘ Sie nahm sich einen Kelch mit Wein und prostete, ohne konkretes Ziel, in die Runde. ‚Prost ihr Affen‘, dachte sie und lächelte. Dann setzte sie sich zu ihrem Kärtchen. Saria Hartsteig, Adepta Minor war darauf zu lesen. (Saria)

Bereits vor dem Betreten des Saales war einigen der bereits Anwesenden eine junge, hochgewachsene Frau aufgefallen, die sich sehr gemächlich in Richtung des Speisesaals bewegt hatte und an der sie vorübergeschritten waren. Immer wieder war sie stehen geblieben, hatte sich interessiert umgesehen und auch jetzt bewegte sie sich sehr langsam durch den Raum und musterte fast übertrieben interessiert jedes einzelne Banner, bis sie schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit an ihrem Platz an der Tafel angelangt war. Sie trug ein leinenes Gewand, welches mit einer interessanten und aufwendigen Schnürung ihre Figur vorteilhaft betonte. Der dunkle Mantel, den sie darüber trug, war mit einem feinen, roten Band abgenäht, in welches in regelmäßigen Abständen kleine Miniaturen ihres Familienwappens eingestickt waren. Das gleiche Band trug sie auch als Hauptschmuck über der Verschnürung ihres Haarnetzes, welches ihren Hinterkopf drapierte und in dem sie schiere Massen hellbrauner Haare untergebracht zu haben schien. Obwohl das dunkle Geflecht sehr fein und kunstvoll verschlungen war, drehten sich hier und da die Ansätze ihrer Locken aus den winzigen Lücken des Gewebes heraus.(Imma)

Die Musterung ihrer Umgebung beendete sie auch nicht, nachdem sie sich -weniger elegant als man vermutet hätte- auf ihrem Sessel niedergelassen hatte. Ihre Augen, deren Farbe an das Grün der tiefsten Nadelurwälder in den Ingrakuppen erinnerten, betrachteten forschend sämtliche Gerichte, die man aufgetragen hatte und schweiften dann hinüber zu ihrem Sitznachbarn, dem sie mit einer samtenen und freundlichen Stimme ein „dem alten Väterchen zum Gruße“ entgegenschickte. (Imma)

Eine schlanke junge Frau betrat den Saal und blieb fast abrupt in der Türe stehen – für einen Moment eindeutig einen Ausdruck der Überraschung auf dem Gesicht – bevor sie sich wieder fing, ein Lächeln aufsetzte und ihren Weg ins Innere des Raumes fortsetzte. Dabei ließ sie den Blick ihrer grünen Augen durchaus neugierig vor allem über die bereits Anwesenden, aber auch über die Raumdekorationen und das reichhaltige Mal gleiten, das auf der Tafel angerichtet war. Sie strich dezent im Gehen das dunkelgrüne, mit schmalen Borten bestickte Kleid glatt und eine vorwitzige Strähne ihres blonden, offenbar leicht gewellten Haares zurück, die sich aus dem ansonsten sehr sorgfältig und durchaus kunstvoll verflochtenen Schopf gelöst hatte.(Lioba)

Als sie sich dem Tisch näherte, blieb sie erneut stehen und musterte ausgiebig – vielleicht auffallend lang – die Tischkarten, bevor sie schließlich den Platz, der Lioba von Schleiffen-röchte zugewiesen war, ansteuerte. „Praios zum Gruße“, richtete sie das Wort nicht übermäßig laut an die junge Frau, die bereits auf dem benachbarten Platz saß und schenkte ihr ein Lächeln, während sie sich ebenfalls niederließ. Sie schien fast erleichtert darüber, zu sitzen und blickte aufgeschlossen in die Gesichter derjenigen, die ihr am nächsten saßen – bereit, jenen, die ihren Blick erwiderten, zuzulächeln. (Lioba)

Jetzt, da viele der angekündigten Gäste bereits eingetroffen waren, sich der Saal gefüllt hatte und einige von ihnen auch schon am Tisch Platz genommen hatten, trat auch Borax an die Tafel und sah sich nach seinem Platz um. Er las aufmerksam die Namenskärtchen und stellte sich dann hinter den Stuhl, der neben Veralindhana von Hamrath stand. Er wartete bis sie ihm ihre Aufmerksamkeit schenkte und eröffnete dann in ruhigem, respektvollen Ton “Einen wunderschönen, guten Abend werte Dame, mein Name ist Borindrax, ich bin der Sohn des Barbaxosch und mir wird die Ehre zu Teil heute Abend Euer Tischnachbar zu sein.” Erst dann setzte sich der junge Angroscho, dessen gegenüberliegender Platz noch leer war. (Borax)

Hinter einer Wand, unsichtbar für alle Anwesenden, sah der Haushofmeister durch einen geheimen Sehschlitz ins Innere des Saals und zählte durch. Er hakte gedanklich ein paar Namen ab. Ja, ein paar Gäste fehlten noch. Aber er gab sich zufrieden. Bislang hatte jeder dieser jungen Leute etwas Ordentliches an und – beileibe – das schafften oft manche Hochadlige nicht einmal.

-- Main.CatrinGrunewald - 22 Feb 2019