Bande und Bünde - Brief von Lupius an Ira

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(Begriffe in xxx(…)xxx sind im Brief durchgestrichen worden)


Rahja 1042

Liebe Ira,

zunächst sei dir versichert, dieser Brief ist einzig und allein die Idee meiner Schwester gewesen. Sie bestand darauf, dass ich dir einen Brief schreiben solle.

Und da du sie kennst, brauche ich dir ja nicht zu sagen, wie unfassbar starrsinnig sie manchmal sein kann. Jedenfalls habe ich mich entschieden, ihr den Gefallen zu tun, um ihren ewigen Mahnungen ein Ende zu bereiten und meine Ruhe mit diesem Schriftstück zu erkaufen.

Ich weiß wir haben schwierige erste Monate der Ehe hinter uns. Womöglich bist du sogar glücklich, endlich fortzukommen aus den Nordmarken xxxund fort von mirxxx an einen Ort, an dem du vergessen kannst, dass du xxxmit mirxxx verheiratet bist. Ich bin der letzte, der dir das übelnehmen wird. Mir ginge es womöglich ähnlich, wüsste ich nicht, dass du mit ihm dort bist. Mit ihm in einem Krieg.

Versteh mich nicht falsch. Und rege dich nicht auf, wenn ich das sage. (Aber was schreibe ich, du wirst dich natürlich aufregen. Womöglich hast du an dieser Stelle schon den Brief zerknüllt fortgeworfen.) Ich habe gesehen, wie du kämpfst. Womöglich hast du es nicht bemerkt. Aber ich habe dich dabei beobachtet. Und bei den Göttern, ich habe nicht so gekämpft als ich erst zwanzig Winter alt war. Es sei dir versichert: es ist nicht deine Kampffertigkeit und nicht dein Kampfgeist, der mich ängstigt. Es ist deine xxxmangelnde Selbstkontrollexxx manchmal etwas zu unbeherrschte Art. Sie kann tödlich enden, wenn man im Krieg ist. XxxArroganz Selbstüberschätzungxxx Arroganz und Selbstüberschätzung können gefährlicher sein als mangelnde Kampfkraft, ich bitte dich inständig dies nicht zu vergessen. Ich möchte unserem Sohn nicht erklären müssen, dass seine Mutter von einem tumben, tobrischen Bauern niedergemetzelt wurde, obwohl sie es besser gekonnt hätte. Ich bete zu Travia, sie möge dich Leuhart gesund zurück bringen.

Dein Ehegatte Lupius


Liebe Ira,

an dieser Stelle schreibe ich weiter, weil meine Schwester mich gerügt hat, ich solle mehr schreiben als eine Seite und ich solle dir etwas Nettes schreiben. Etwas Persönliches. Und – was soll ich sagen, sie ist hartnäckig. Manchmal wünsche ich sie zu Mada, wenn sie so insistierend ist. Warum sind es nur immer die Menschen, die man am meisten liebt, die einem am meisten am Gemüt zerren?

Aber gut, ich vervollständige diesen Brief mit etwas Persönlichem. Ich sage die Sachen, die ich oben geschrieben habe nicht, weil ich dir nicht traue oder weil ich glaube, du seist zu jung oder nicht fähig.

Ich war selber im Krieg, das weisst du. Du warst auch bereits in einem und kennst die Gefahren, warst selber schwer verletzt. Ich hoffe du verstehst, dass es Besorgnis ist, die mich treibt, nicht der Wunsch dich zu verletzen. Der Krieg nimmt Leben, schnell, unerbittlich. Ich weiss, dass das nötig ist. Nötig um die Ordnung aufrecht zu halten und weil es unsere Aufgabe als Ritter ist. Aber wenn ich Leuhart hier vor mir auf dem Boden sitzen und spielen sehe, macht mich die Vorstellung ganz krank, dass du niemals wieder sein helles Lachen hören wirst, wenn dir etwas zustoßen sollte. Wenn ich an unsere Hochzeit denke, dreht sich mir der Magen um, mir vorzustellen, deine Schönheit an Tobrien zu verlieren. Auch wenn du mir das nicht glaubst, Ira, xxxich mag dichxxx ich sorge mich um dich.

Ich habe mir immer vorgestellt, wenn ich mal heiraten würde (was ich nie vorhatte), jemanden wie meine Schwester zu heiraten, jemanden, der nicht selber kämpft. Jemanden, den ich beschützen muss. Nun zieht meine Gattin in einen Kampf, der so weit weg ist, dass ich sie nicht unterstützen kann, dass ich sie nicht beschützen kann. XxxDas ist schwer für mich.xxx

XxxNichts wünsche ich mir mehr, xxx Ich wünsche mir dich zur Gänze, heil an Leib und Seele wieder in den Nordmarken zurück. Für unseren Sohn. XxxUnd ich würde mich freuen, wenn du mir gestattest, dich bei deiner Rückkehr in den Arm zu nehmen. Nur einmal. Muss auch nicht lange sein.xxx Vergiss xxxunsxxx Leuhart nicht. Sein Lachen und sein Starrsinn erinnern mich an dich. Und auch wenn er nach Hagrian kommt, steckt so viel von dir in ihm. Ich werde es bewahren, xxxfallsxxx

Es umarmt dich: Lupius


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