Zwerg Findet Freund

Ein Zwerg findet einen Freund

Währenddessen setzten Dhana und Borax ihr Gespräch fort:

"Dann scheint es jemand gut mit Euch und mir gleichermaßen zu meinen. Denn wie es der Zufall will, führe ich etwas erlesenes Rauchkraut aus dem schönen und lebhaften Khunchom bei mir." Ihr Blick wanderte offensichtlich zu dem kleinen, in seidenes Papier eingewickelten Päckchen, welches auf dem Tisch vor ihr lag. Es war nicht groß, doch für ein Gastgeschenk oder kleines Mitbringsel genau richtig. Sie lächelte aufgrund seines Kommentares zu ihrer Kleidung, auch wenn diese hier wahrlich nicht heimisch ward: "Recht habt ihr, was die Kleider der Tulamiden betrifft. Dies ist einer der Vorzüge der großen Stadt, in der viele unterschiedliche Völker wohnen. Tagelang könnte ich von dem jährlichen und bunten Gauklertreffen erzählen, dem Viertel der Maraskaner, in welchem es immer laut und familiär zugeht, egal wie die Sonne oder der Mond stehen. Oder wenn es Markttag ist, dann kommen tulamidische Händler aus dem ganzen Umland, um die vielen Waren feilzubieten. Und wie alles duftet! Die Luft der See, der Duft der vielen Teehäuser und ja, auch dem Unrat der Tiere. Doch riecht es nicht unangenehm wie in anderen Metropolen, nein, vielmehr nach Abenteuer und Fremde, wobei man dort recht schnell auch Heimat findet. Denn es ist die Art der Tulamiden, einen jeden Fremden freundlich zu empfangen, wie Travia es will. Nur da es auch Phex ihnen angetan hat, sollte man bei Geschäften genau auf die vielen Worte hören, die sie sprechen. Denn Handel scheint ihnen allen im Blute zu stecken." die Augen, fast an Bernstein erinnernd, leuchteten bei den Erinnerungen an die Wahlheimat. Man glaubte ihr sofort, mit Geschichten über die Stadt ganze Abende füllen zu können: "Später, wenn die Familie nichts dagegen hat, dann will ich wieder dorthin. Denn warm ist jeder Tag und auch die Nächte, kaum nass und klamm der Herbst. Jedoch, Angroschim sah ich kaum. Nur jene, welche auf der Durchreise waren, und auch davon nicht viele. Kaum Berge gibt es dort, liegt die Stadt doch in einem Tal aus vielen Flüssen, und Schiffe sind für die Hafenstadt ein gewohnter Anblick." Sie lachte leise ob seiner Worte, doch nicht gegen ihn, vielmehr sprach er ihr aus dem Herzen: "Werter Borindrax, auch ich bin nicht das, was meine Familie sich wünschte. Sind mir doch Waffen fern und liebe ich einen langen Ritt mehr als ausschweifende Reden einzustudieren. Ich kann euch also gut verstehen, denn nicht immer sind die althergebrachten Dinge solche, die einem das Herz erfreuen. Umso glücklicher macht es mich, zu hören, dass Ihr Erfüllung in Eurem Beruf findet." (Dhana)

“Ihr habt Recht, Angroschim von bedeutender Zahl gibt es dort nur im Raschtulswall, in der neu entstehenden Stadt der Brilliantzwerge, Angralosch. Und doch, wenn ihr Kenntnisse über das Rogolan oder das Angram hättet, würdet ihr wissen, dass die Sprache der Tulamiden von der Sprache der Angroschim beeinflusst ist, es gibt diverse Parallelen. Zwerge und Tulamiden waren es, die die Echsen in den Süden vertrieben, welche den güldenen Drachen anbeteten. Das war lange bevor Bosparan den Kontinent bevölkert hat und mit ihm ihre Sprache Einzug erhielt. Ihr seht also, wir sind auch dort präsent, nur eben anders.“ Er zwinkerte ihr zu. “So sind wir also beide Opfer gesellschaftlicher und familiärer Zwänge.“ Er hob den Kelch und stieß mit ihr an. “Ein guter Grund, dass wir heute Abend von anderen Dingen sprechen. Es wird mir ein Anliegen sein euch das für die nächsten Stunden vergessen zu lassen.“ Er wendete den Blick nicht von ihr ab, jedoch deuteten seine Augen kurz auf die Tafel und die anderen Gäste. “Sagt, werte Dame, was wisst ihr über dieses bunte Gemisch an Persönlichkeiten, welche sich hier versammelt haben?“ (Borax)

Während sich Borindrax angeregt unterhielt, trat einer der Diener, welche an der Seite warteten um geflissentlich zur Neige gehende Gläser und Kelche aufzufüllen, an ihn heran. Der eher kleine Mann, gekleidet im blauweiß des Herzogenhauses mit der springenden Forelle auf der Brust, verneigte sich kurz und sprach mit näselnder Stimme „Verzeiht vielmals die Unterbrechung werter Herr Angroscho. Ich sah euren verdrießlichen Blick zu den Weingläsern. Darf ich annehmen, dass euch Wein zum Abendessen weniger zusagt als ein frisches Blondes aus Ferdok?“ Wohl hatte der Diener einen Schnupfen, oder aber sein etwas geschwollener Naserücken musste der Grund seiner nasalen Ausdrucksweise sein. Etwas verdattert und leicht aus dem Konzept blickte der junge Zwerg zu dem Diener. Es dauerte einen Moment ehe sich sein Gesicht aufklarte und er mit vollem Bass erwiderte: “Bei den Mauern von Okdrâgosch, natürlich, habt Dank für diese Rettung des feinen Mahls guter Mann!“ Mit einem Strahlen wendete sich Borax wieder der Dame von Hamrath zu. (Borax)

Gerne stieß sie mit ihm an, seine Gesellschaft genoss sie sichtlich. Gerade, als sie ihm antworten wollte, trat dann der Diener an ihn heran und bot ein gutes Bier. Sie lächelte dem Diener kurz dankend zu, dass er darauf geachtet hatte, wissend, dass diese die Ohren überall hatten. Dies hatte sie beinahe vergessen. “Ich verstehe eure Bedenken und natürlich habt ihr recht, Mutmaßungen können schnell falsch verstanden werden.“ (Borax)

„Was ich über das bunte Völkchen hier im Raume weiß, ist leider nicht viel. Nicht einen sah ich vor diesem Abend, nur aus Kleidung und Verhalten könnte ich schätzen. Da man sich an einem solchen Ort allerdings kaum so gibt wie im restlichen Leben, möchte ich dies ungerne tun. Einzig das es unter diesen – wie Ihr sicherlich schon bemerkt habt – einen Geweihten des Ingerimm, eine Magierin der weißen Gilde und einen gerade eingetroffenen Streiter des Ordens des Donners gibt, vermag ich im Moment mit Gewissheit zu sagen.“ (Dhana)

„Ja, eben diese habe ich auch erkannt, wobei mir die Unterteilung der Gilden nur rudimentär bekannt ist. Naja, ich weiß zumindest, dass die meisten Magier, die öffentlichen Positionen im Reich bekleiden, meist Anhänger des Bundes des weißen Pentagramms sind. Den Geweihten habe ich natürlich erkannt, im Kosch ist der Ingerimmglauben ja am weitesten verbreitet. Eine weitere Errungenschaft, die die Menschen von den Angroschim übernommen haben, wie ihr sicher wisst. Ich bin ehrlich gespannt, was uns heute Abend erwartet. Zu bunt ist diese Gesellschaft, als dass man erahnen könnte, was dabei herauskommen mag.“ Erneut lächelte er. Als kurze Zeit später das Bier vor ihm stand, griff er zu dem Humpen, erhob ihn und grüßte den Geweihten des Ingerimm mit ruhigem und leisen Ton, da er scheinbar niemanden stören wollte, zu zahlreich waren die Gespräche am Tisch mittlerweile. “Bei Angroschs Bart, seid gegrüßt euer Gnaden!“ Danach wendete er sich wieder an die Dame von Hamrath. “Werte Dame, ihr spracht vorhin davon, dass ihr in Khunchom das Handelswesen studiert habt. Darf ich fragen, ob ihr dieses Wissen nun daheim im Sinne eurer Familie ausübt? Verwaltet ihr etwas, oder wäre diese Frage zu persönlich?“ (Borax)

Sie folgte seinem Blick zu dem Geweihten und nickte ihm dann ebenfalls grüßend zu, bevor sie sich wieder dem Zwergen zuwandte: „Tatsächlich war mir bekannt, dass der Glaube an das alte Väterchen Angrosch dem der Ingerimm-Kirche sehr ähnelt und weit früher zugegen war. Und viel würde ich geben, einmal in den Archiven der alten Städte aus Stein zu blättern, denn groß muss das Wissen sein, welches man dort finden kann.“ Sie prostete Borindrax zu und überlegte dann einen kleinen Moment, wie sie am besten auf seine Frage antworten konnte: „Mein Herr Vater lehrt meinen Bruder, wie man ein Lehen verwaltet. Da dies viel Zeit in Anspruch nimmt, hat er diesen Sommer keine Zeit, mich weiter anzuweisen in die Geschäfte der Familie. Sicherlich helfe ich hier und dort aus, aber meinen Weg muss ich nach Aves Willen selbst finden.“ Sie nahm einen Schluck Wein und ließ den Blick über die Leute schweifen, bevor sie wieder auf dem Angroscho weilten: „Auch bin ich erst wenige Wochen wieder in der Heimat, sodass ich die Gelegenheit genieße, andere Leute kennen zu lernen.“ (Dhana)

“Das gibt euch jedoch gewisse Freiheiten. Habt ihr Pläne die freie Zeit zu nutzen? Ich weiß ich bin neugierig. Wenn ich euch zu weit gehe, bremst mich einfach, ich würde es verstehen.“ Er nickte der jungen Dame zu und sie erkannte aus seiner Mimik, dass er es aufrichtig meinte. “Ich bin für die Abwechslung, die sich mir hier in Elenvina bietet sehr dankbar. Daheim in den Hallen meiner Sippe bin ich die vergangenen Götterläufe immer häufiger mit denjenigen aneinandergeraten, die bei uns über das Handwerk wachen. Meine Experimentierfreudigkeit geht vielen zu weit, verletze ihre heiligen Traditionen und meine offene Verehrung für Simia ist für viele so etwas wie ein Rütteln an den Grundfesten unseres Glaubens.“ Sein Blick wurde nachdenklich und erneut griff er zum Bier und nahm einen tiefen Schluck. (Borax)

Dhana musste schmunzeln ob der Neugier, denn sie nahm es ihm nicht übel: „Werter Borindrax, ich möchte Euch nicht bremsen. Es tut gut, mit jemandem so frei zu reden wie mit Euch. Und nein, ich habe noch nichts vor, wenn man einmal davon absieht, dass ich eine Einladung hierher erhalten habe. Doch was sich daraus ergibt, dass vermag ich erst morgen zu sehen, nach einem angedachten Frühstück.“ Sie nahm einen kleinen Schluck vom Wein, während sie nachdachte: „Simia… dieser Name kam in vielen alten Schriften auf. Für die Elfen einer der ihren, gekommen aus dem Licht, für die Menschen ein Sohn Ingerimms und Tsas, für Zwerge eine Tochter der beiden. Selbst die Tulamiden kennen Simia, als eine Frau des Eingottes Rastullahs. Gemein haben alle, dass stets Neugier und Wissensdurst sowie große handwerkliche Geschicklichkeit dem Charakter zugeschrieben werden, ebenso wie die Freude, neues zu schaffen. Bitte, erzählt mehr von Simia und wie Ihr sie kennen gelernt habt.“ (Dhana)

„Ja, die Kulturen unserer Völker haben eine unterschiedliche Auffassung, wer oder was Simia ist, was sie oder er verkörpert, welche Aspekte ihm oder ihr zugesprochen werden. Ich suche seit dem Fall Lorgoloschs, dem alten Bergkönigreiche der Brillianzwerge in den Beilunker Bergen nach Schriften über Simia. Wisst ihr, dass es dieses Wesen gewesen seien soll, welches die eingeschlossenen Angroschim vor dem sicheren Tod gerettet hat. Außer Frage steht, dass die Flammen der Simia, durch Xenos von den Flammen aus dem heiligen Stein der Simia herausgetrennt, Elfen und Zwergen überreicht wurden als Zeichen, dass sie auch im neuen, anbrechendem Zeitalter ihren Platz finden, so wird es gesagt. Ich bin kein Philosoph, aber mir lässt all das keine Ruhe. Es muss eine tiefere Bedeutung haben, welche grade die dickköpfigen Erzzwerge erst dann erkennen werden, wenn sie ihr Köpfe auch einmal aus den Stollen recken und nicht alles Neue verfluchen würden.“ In seiner Stimme schwang ein wenig Resignation, bevor er kämpferischer fortfuhr. “Aber ich bin auch dickköpfig und vor allem bin ich jung und habe, so Angrosch will, noch viel Zeit die Stammväter zu nerven bis sie mir Gehör schenken und es zulassen, dass ich meine Innovationen praktiziere.“(Borax)

Die junge Adelige nickte, nur zu gut verstehend, dass Neues nicht immer gerne gesehen wurde: "Gibt es etwas Spezielles, an dem Ihr gerade arbeitet oder forscht?" Und nach einem kurzen Blick in die Runde: "Meint Ihr, dass die restlichen Gäste in den nächsten Augenblicken eintreffen werden? Zwar gibt es nichts Warmes auf diesem Tisch, doch wird der gute Weißwein sonst zu sehr erwärmt. Und ich bin ehrlich neugierig, wer sich hinter den Namen verbirgt." (Dhana)

“Werte Dame, ich verhütte Erze am Ofen. Meine Innovationen sind neue Feuerungstechniken, neue Stapelungstechniken der Brennmaterialien, neue Formen von Öfen, beides zur besseren Belüftung für stabilere, höhere Feuerraumtemperaturen. Ich will mich aber auch an anderen, neuen Legierungen versuchen. Bisher jedoch sind alle meine theoretischen Abhandlungen als Fantastereien eines jungen Narren abgetan worden. Zum Glück habe ich daheim in Senalosch meinen eigenen, kleinen Ofen, an denen ich die Grundlagen meiner Arbeiten bereits nachgewiesen habe. Dennoch, selbst mein Vater lässt mich nicht an den großen Öfen unserer Sippe testen, sie seien für solche Träumereien nicht gebaut worden und wir dürften Angrosch nicht erzürnen. Dabei liegt mir nichts ferner als das. Ganz im Gegenteil, es ist mein inniger Wunsch ihm so zu huldigen, denn es kann unmöglich sein Wunsch sein, dass wir die Augen verschließen vor Neuerungen in den uns heiligen Handwerken, mehr noch, dass wir sie verhindern. Nein, das ist nicht Angroschs Wille.” Er sah in den fast leeren Bierkrug. “Verzeiht meine Dame, ich habe mich ein wenig in Rage geredet. Bitte lasst uns endlich etwas essen. Darf ich euch etwas reichen? Ich bin der Meinung, dass wir hier noch eine Weile ausharren müssen und es ist sicher nicht Sinn der Sache, dass wir währenddessen verhungern, wo doch so erlesene Speisen vor uns stehen.” Als er den Kopf wieder zu ihr drehte lag ein versöhnlicher Ausdruck auf seinen Zügen. Scheinbar hatte er hier, an diesem Ort seinen Frieden mit der Situation daheim gefunden und wollte sich nicht die Laune verderben lassen.(Borax)

-- Main.CatrinGrunewald - 22 Feb 2019