Von hüpfenden Bällen in Rahjas Garten


Autor: StLinnart

Zeit: Rahja 1042 BF

Ort: Albenhus

Kurzbeschreibung: Erlebnisse beim 1. nordmärker Pelura-Wettbewerb

Dramatis Personae:

Von hüpfenden Bällen in Rahjas Garten

Rosentempel, Stadt Albenhus, 2. Rahja 1042 BF

Linnart vom Traurigen Stein seufzte erleichtert. Endlich hatte der sich hier bietende Spuk ein Ende. Soeben war seine jüngere Schwester Rahjalind, eine Novizin der schönen Göttin, als Siegerin im Stechen um den dritten Platz hervorgegangen, was das Ende des ersten nordmärker Pelura-Turniers markieren sollte. Warum genau man sich noch einmal darum duellierte, wer denn nun der oder die Zweitbeste unter den Verlierern war, konnte der Bannstrahler dabei nicht nachvollziehen. Dennoch zauberte ihm die Freude seiner Schwester ein Lächeln auf die Lippen. Rahjalind war der eine Mensch in seinem Leben, der Linnart um alles bitten konnte - neben den Ordensoberen natürlich, wobei diese nur selten baten und mehr befohlen - und genau deshalb musste sich der Ordensritter auch dazu breitschlagen lassen bei diesem Schauspiel mitzumachen. Wiewohl er mit Sicherheit das erste Mitglied der Gemeinschaft des Lichts war, das bei einem solchen Turnier partizipierte, empfand er sich dennoch in guter Gesellschaft. Hier waren nicht nur Diener der Lieblichen vertreten. Es gaben sich auch Adelige aus allen Ecken des Herzogtums die Ehre und immerhin trat niemand geringeres als die Herzogengemahlin als Schirmherrin dieses, wohl aus ihrer Heimat Almada stammenden Spiels auf.

Es war seine Schwester gewesen, die sich dieses Turnier in den Kopf gesetzt hatte. Linnart selbst musste diesbezüglich beim kurz darauf ausbrechenden Zickenkrieg zwischen Rahjalind und Alegretta vermitteln. Die Tempelobere meinte nämlich, dass die Novizin mit der angedachten Brautschau und diesem Turnier ein viel zu großes Maß an Umtriebigkeit an den Tag legte - gerade jetzt, da ihre Weihe bald bevorstehen würde. Der Bannstrahler selbst kannte auch die Hochgeweihte des Rahjatempel Linnartsteins sehr gut und wusste, dass in eben jenem Versuch eines Verbots vor allem die Verlustängste Alegrettas mitschwangen. Galt das Wort eines Vorgesetzten in der Praioskirche als Gesetz, so wurde es innerhalb der Rahjakirche oft nicht so genau genommen. Mit Emotionen wurde in eben jener Gemeinschaft selten bis nie hinter dem Berg gehalten und so gab es auch dieses Mal Geschrei, fliegende Türen und Tränen, mit dem Ende, dass Rahjalind ihren Willen bekam und zum Turnier und der Brautschau ziehen durfte.

Mit dem Flusssegler Tristezza brachen sie von Taindoch aus auf nach Albenhus, während Teile des Gepäcks und der Wein für die Brautschau den Landweg über die Reichsstraße nach Honingen und weiter nach Herzogenfurt nahmen. Während der gesamten Fahrt hatte sich seine Schwester dabei nicht anmerken lassen, was Linnart bei der Ankunft in Albenhus offenbart wurde. Auch er musste am Turnier in einem Spiel teilnehmen, dessen Namen und Regeln er nicht kannte. Dementsprechend genervt war der junge Ritter auch als sie den hübschen Rosentempel - ein schön verzierter Fachwerkbau inmitten der Stadt am Großen Fluss - betrat, in dessen Garten das Turnier stattfinden würde. Kinderleicht sollten die Regeln sein, versprach die nette Namensvetterin seiner Schwester, Rajalind von Zweibruckenburg, und es sollte nicht allzu lange dauern ihn zu überzeugen. Linnart willigte ein, einer charmanten jungen Frau konnte er nur sehr schwer einen Wunsch abschlagen, auch wenn er immer noch nicht sonderlich begeistert war.

Das Turnier selbst fand dann in sechs Gruppen á vier Teilnehmern statt. Es galt jede Runde zwei Bälle - man hatte Linnart erst darüber aufklären müssen, dass man bei den verwendeten Utensilien eher von Kugeln sprach - so nahe wie möglich an eine kleinere Kugel heran werfen musste. Jeweils abwechselnd, sodass es im zweiten Durchlauf jeder Runde auch möglich war die Kugel eines anderen Teilnehmers weiter weg von der kleinen Kugel zu bugsieren.

Empfand der Ritter diese Idee erst als witzig, so sollte es dennoch nicht lange dauern bis er seine Lust daran verlor. Bereits seine ersten beide Würfe verkamen zu einem kompletten Desaster, war die Aufmerksamkeit des Traurigsteiners da nämlich bereits von anderen Bällen eingenommen worden, mit denen er für gewöhnlich mehr anzufangen wusste als mit diesen Pelurakugeln … eine schon etwas reifere Adelige unter den Teilnehmern geizte nicht damit ihre weiblichen Reize zu betonen und schaffte es dabei in ihrer Aufmachung ästhetisch und gut auszusehen. Zwischen den Runden nutzte der Ritter die Gelegenheit ihr seine Aufwartung zu machen. Die Dame hieß Dora von Guglenberg und war in etwa im Alter seiner Mutter. Sie stellte sich, warum auch immer, als Witwe vor - als würde das hier im Angesicht Rahjas einen Unterschied machen - und kam ihm dabei körperlich sehr nahe. An ihrer Reife störte sich der Traurigsteiner nicht - im Gegenteil, lernte man doch schließlich auf älteren Pferden das Reiten, sofern man ihm dahingehend denn überhaupt noch etwas beibringen konnte.

Auch in der nächsten Runde konnte Linnart die Blicke der Edlen deutlich fühlen und der Bannstrahler ließ es sich nicht nehmen, sich besonders provokant nach seinen Kugeln zu bücken. Ein kleines, unschuldiges Geplänkel am Rande, das ihn jedoch auch zu neuen Höchstleistungen im Pelura-Wettbewerb anspornte. Vom männlichen Ehrgeiz getrieben, sich vor dem paarungswilligen Weibchen nicht zu blamieren, lief die zweite Runde um ein Vielfaches besser, auch wenn er schlussendlich nicht besser als einen Platz hinter dem Zwölften abschloss.

Sinn und Zweck sich dieser Veranstaltung auszusetzen war es für ihn seine Schwester glücklich zu machen und genau das schien gelungen. Die junge Novizin kicherte vergnügt und ihre Wangen hatten einen leichten Rotton angenommen als sie ihn umarmte.

“Na denen hast du es gezeigt, Schwester …”, versuchte sich Linnart eines Lobes, “... doch vergiss nicht, dass wir morgen vor Sonnenaufgang Richtung Herzogenfurt losmüssen.”

Rahjalind schürzte daraufhin ihre Lippen. “Jaja …”, raunte sie, “... aber für heute können wir noch die Feier genießen.” Nach einem flüchtigen Kuss auf die Wange ihres Bruders lief Rahjalind zurück zu den anderen.

Abermals entfleuchte der Kehle des Bannstrahlers ein Seufzen. Dennoch gab es freilich Schlimmeres als ein Fest in einem Rahjatempel und an interessanten Menschen sollte es hier auch nicht mangeln. Linnart nahm zwei Kelche vom Tablet eines Dieners und machte sich auf zur Edlen von Gugelhof.

-Fin-