VGDer Hauptmann

Der Hauptmann

Die letzten Nächte hatte Donewald darauf gefiebert, endlich wieder einen seiner Träume zu haben. Das Leben dieses von Gisbinga faszinierte ihn, gab es ihm doch vollkommen neue Einblicke in die Zeit des Umbruches. Als er die Augen aufschlug, fand er sich in einem Arbeitszimmer wieder. Es wurde von einem massiven Schreibtisch, einem Rüstungsständer und einem Kartentisch dominiert. Eine Gruppe von Männern stand um den Tisch herum und betrachtete die Karte. Offensichtlich Offiziere die sich über die aktuelle Lage austauschten.

„Was haben wir davon, dass wir uns von Bosparan befreit haben?“ fragte einer von ihnen aufgebracht. „Nichts! Nichts und wieder nichts!“ Regte er sich weiter auf. „Gareth interessiert sich nicht für uns, außer ihren Steuereintreibern kommen doch nur unsere Steuern über die Koschberge.“ Zustimmendes Gemurmel kam von den anderen Offizieren, war es doch die allgemeine Wahrnehmung, dass sich Gareth nur um den Rahja des Reiches kümmerte und den Efferd ignorierte. Da zudem der Schwung des Aufstandes verloren gegangen war, machte sich seitdem Lethargie im Reich breit.

„Wenn wir wenigstens im Herzogtum für Ordnung sorgen dürften.“ Monierte ein sehr junger Offizier und traf damit einen wunden Punkt.

„Der Herzog hat nicht genug Männer, um den Grafschaften Treue einzubläuen.“ Stellte ein erfahrenerer Mann zähneknirschend fest.

„Sprechend wir es doch offen aus, das herzogliche Aufgebot reicht lediglich dafür, dass Elenviner Becken zu schützen und uns auszusenden, um den aufmüpfigen Sippen im Windhag den Kopf zurechtzurücken.“ Bitterkeit und Wehmut waren dem Mann deutlich anzuhören. „Gratenfels liegt in Fehde mit Albenhus und gleichzeitig streiten sie mit den Bergkönigreichen. Wir können froh sein, dass sie nicht auch uns auf der Pike haben.“

„Hätte wir das geahnt, …“ Begann ein kahlköpfiger Mittvierziger. „… hätten wir uns vor Bosparan nicht aufreiben lassen und stattdessen hier in den Nordmarken für Ordnung gesorgt.“

Von Donewald unbemerkt war der Hauptmann eingetreten und diesen erkannte er sogleich wieder. Es war der gealterte Centurio von Gisbinga, der die Auxilia nach ihrer Rückkehr feierlich aufgelöst hatte. „Schluss mit dem weinerlichen Herumgeheule, ihr Memmen! Es gilt ein in paar Sippenärsche zu treten, also bereitmachen und Abmarsch.“ Die Worte duldeten keinen Widerspruch und so verließen die Offiziere mit einem kleinlauten „Ja Herr!“ oder „Zu Befehl Herr!“ das Zimmer. Der Hauptmann hingegen warf einen unzufriedenen Blick auf die Karte und fluchte Leise. „Wieso nur verfolgen wir Windhager in ihren öden Landstrich? Wieso können wir nicht stattdessen den Gratenfelsern oder Albenhuser in den Arsch treten?“

„Weil wir zu wenig Männer haben und du deinen Neffen damit in eine schwierige Situation bringen würdest, Vater.“ Kam es aus der Tür, in der ein weiterer Offizier stand. „Oder möchtest du dich künftig nicht mehr Hauptmann Griffon von Gisbinga, Baronet von Vairningen nennen dürfen?“ „Wir haben Befehl auszurücken, geh und überwach die Männer! Und Jolen, lass sie Proviant für zwei Wochen mitnehmen. Ich will, dass die Männer sich an ein paar Rotpelzen auslassen können. Die Theaterritter treiben mir das diebische Pack zu sehr in unserer Richtung.“

--- Kategorie: Briefspielgeschichte

-- Main.VonRichtwald - 17 Mar 2020