Stippvisite Garnison

Stippvisite in der Garnison

Die beiden jungen Frauen verließen den Hesindetempel und liefen denselben Weg zurück, den sie wenige Stunden zuvor bereits genommen hatten. Diesmal allerdings wesentlich schneller, die Malerin schritt voran und Imma versuchte ihr so schnell es ging zu folgen. (Imma)

Die beiden Damen mussten nicht weit laufen. Durch den Park zurück ging es am berühmten Gasthaus ‚Einhorn‘ vorbei, welches in einem alten Stadtmauerturm untergebracht war, zwar nur Platz für 5 Tische hatte, sich aber für eine legendäre Küche rühmen durfte. Dem Turm gegenüber befand sich schon die Kaserne. In diesem dreistöckigen, aus dunklem Stein gebauten Gebäude, waren zwei verschiedene Einheiten, mehr oder weniger friedlich, untergebracht. Als die Frauen um die U-förmige, großflächige Anlage herum und in den Innenhof gelangt waren, sahen sie auch, um welche es sich handelte. Im gepflasterten Hof übten zwei Einheiten, die wohl aus jungen Rekruten bestanden, das Marschieren in Formation. Der Lärm der Stiefel, die im Gleichschritt über die Pflastersteine marschierten, war unbeschreiblich. Auf der rechten Seite trugen die jungen Männer und Frauen das grünblau der Herzogenstadt und trugen Kettenhemden samt Glefen. Auf der linken Seite marschierten die angehenden Kämpfer in einem blauen Waffenrock mit diagonal verlaufenden gelben Balken. Diese trugen Hellenbarden und bei näherer Betrachtung sahen die Damen einen roten Greif auf dem gelben Balken. Von einem Podest aus dirigierten zwei Soldaten älteren Semesters das, für ungeübte Augen undurchschaubare, Hin und Her der Rekruten. Kommandos wurden über den Hof gebrüllt, einzelne Rekruten zusammengestaucht, wenn sie nicht spurten und, nebenbei, die beiden Damen völlig ignoriert. In den Gebäudekomplex aus einem Quer- und zwei Seitenflügeln führte je eine doppelflüglige Türe, welche alle drei geschlossen waren. Viele der Fenster, die in den Innenhof schauten, waren ebenfalls, trotz der Tageszeit, mit Fensterläden geschlossen.

Seufzend stützte Imma ihre Hände in ihre Taille und atmete einige Male tief ein und aus. Dabei verlagerte sie ihr Körpergewicht fast komplett auf den linken Fuß und konzentrierte sich darauf den Schmerz in ihrem Bein auszublenden. Sie hoffte Lioba würde die Kommandanten befragen, während sie selbst zunächst unauffällig ihr ermattetes Bein lockern könnte. (Imma)

Lioba zögerte ebenfalls einen Moment, als sie im Hof der Kaserne angelangt waren. Nicht, weil sie zu Atem hätte kommen müssen, sondern, weil sie sich fragte, wie sie ihre Sache am klügsten vorbringen sollten. ‚Als erstes‘, sagte sie sich, ‚gilt es, jemanden zu finden, der uns überhaupt weiterhelfen kann und auch gewillt ist…‘ Also schickte sie sich an und schritt auf die beiden Kommandierenden zu. Dabei versuchte sie natürlich, den Rekruten nicht in die Quere zu kommen. Schließlich wollte sie weder versehentlich etwas abbekommen noch die Verantwortlichen dadurch gegen sich einnehmen. Als sie die beiden älteren Soldaten erreicht hatte, straffte sie sich noch ein wenig mehr und sprach sie, sobald sich ein einigermaßen passender Moment ergab, mit fester Stimme an: „Die Zwölfe zum Gruße!“ (Lioba)

Die älteren Soldaten standen auf dem Podest hinter einem Pult, so dass nur die mit Orden dekorierten Oberkörpern zu sehen waren. Beide hatten bereits graue Haare, militärisch kurz geschnitten, und trugen einen mächtigen Schnauzer im Gesicht. Die Enden der Bärte waren nach oben gezwirbelt und, in mancherlei Gesellschaft sicher als imposant zu betrachten. Beide warteten, bis die Formationen einen Ruhepunkt erreicht hatten und gaben dann mit ihren Taktstäben ein Signal. Der linke der Beiden brüllte: „Achtung, dat jaaaanze, STILLJESTANDEN! Kompaniiiiiiie, Blick jeradeaus, Waffen zum Gruß, wir ham Damenbesuch. Präääsentiert!“ Er nahm seinen Dreieckshut, den er unter dem Arm getragen hatte, führte ihn- mit einer Verneigung vor den Damen-vor die Brust. Danach setzte er ihn schwungvoll wieder aufs Haupt, griff nach einem Stock, der wohl hinter dem Pult gestanden hatte, und humpelte auf einem Bein und sich auf den Stock stützend, zu den zwei Stufen, die den Aufgang auf das Podest bildeten. Er trug, ebenso wie die Rekruten auf der linken Seite, einen blauen Waffenrock samt diagonal verlaufendem gelben Balken und rotem Greif. Es kostete ihn erkennbar Mühe, die zwei Stufen herabzusteigen, aber er wankte nicht! Kurze Zeit später stand er schon vor Imma und Lioba, wo er sich erneut verneigte. Mit klarer und- wohl aus Gewohnheit- lauter Stimme grüßte er: „Meine Damen, ick darf Sie janz herzlichst hier in der Jarnison begrüßen. Ick habe die Ehre, mir vorzustellen. Oberst a.D. Jakoon von Sturmfels, Ausbilder dieses unfähigen Haufens angehender Greifengardisten. Derzeit zur jemeinsamen Übung hier in der Kaserne. Darf ick frajen, mit wem ick die Ehre habe und wat ick für die Damen tun kann?“ Der zweite Offizier hatte sich derweil auf einen Stuhl gesetzt, der auf seinem Podest stand, und lauschte neugierig dem Gespräch. Er fummelte dabei ein Pfeifchen aus einem Beutel, stopfte etwas hinein und zündete sich diese mit einem Span an.

Lioba beobachte durchaus beeindruckt das Schauspiel der sie grüßenden Formation und lächelte, als einer der beiden Offiziere sich auf den Weg zu ihnen machte. Und dieses schwankte auch nicht, als sie seiner Beeinträchtigung beim Gehen gewahr wurde. Bestimmt hatte er seine Unversehrtheit seinem Dienst geopfert und spätestens die Zeit, die Lioba mit dem sich ebenfalls auf einen Stock stützenden Sieggold vom Berg verbracht hatte, hatte sie gelehrt, wie stolz ein solcher Mann dennoch auf den Rest seiner Beweglichkeit sein konnte. Also bemühte sie sich, seine Versehrtheit zu ignorieren. „Sehr erfreut. Ich bin Lioba von Schleiffenröchte und dies ist Imma von Schellenberg. Wir benötigen recht dringlich eine Auskunft zu einem Siegel offenbar militärischen Hintergrundes. Und wo findet man in dieser Stadt mehr militärische Expertise als an diesem Ort?“, mit einer Handbewegung umfasste sie den Hof und das Kasernengebäude. „Ist es wohl möglich, hier Hilfe zu erhalten?“ (Lioba)

Wohlgeboren Sturmfels nickte zackig – in früheren Zeiten hätte er wohl die Hacken zusammengeschlagen – und deutete auf die Plattform hinter ihm: „Wenn die verehrtesten Damen sich noch einije Momente jedulden würden, könnte ick Ihnen meine bescheidenen Kenntnisse zu Diensten stelln. Wir müssten nur noch diesen faulen Haufen Flachpfeifen zu Ende drilln, dat werdn se sicher verstehn. Et kann sich nur noch um ein halbet Stundenglas handeln, soll ick ihnen solange Stühle und ne kleene Erfrischung bringen lassen?“

Kurz zuckten Immas Augenbrauen zusammen, als sie ihre Stirn runzelte. Es musste jetzt etwa Rondrastunde sein, und wenn sie warteten hieße das, sie würden erst zur Efferdstunde zurück bei den anderen sein. Aber da sie glaubte in Jakoon von Sturmfels einen guten Ansprechpartner gefunden zu haben, war dies vermutlich die Wartezeit wert. Sie blickte Lioba kurz an, um sicherzugehen, dass diese das genauso sah. Und dann sprach Imma zu dem älteren Kommandanten: „Vielen Dank, unser Anliegen wird auch nicht allzu viel eurer Zeit in Anspruch nehmen. Wir warten gerne. Ich hoffe, wir werden dabei keine allzu große Ablenkung für diese jungen Männer darstellen.“ Sie seufzte ein wenig, sie wusste, der Schmerz in ihrem Bein würde nicht weniger werden, sollte sie die Wartezeit im Stehen verbringen und hegte gleichsam den Verdacht, dass die junge Malerin an ihrer Seite langes Stehen sicher gewohnt war. Daher beeilte sich Imma hinzuzufügen: „Eine Bank wäre uns sehr genehm, und,“ Eigentlich hatte sie großen Durst, war es doch Stunden her, dass sie etwas getrunken hatte. Doch der furchtbare Verdacht einer mächtigen und intriganten Geheimorganisation Borbarads auf der Spur zu sein, machte sie für diesen Moment ein wenig vorsichtig, „macht euch keine Umstände uns auch noch zu bewirten.“ Sie lächelte ihn dankbar an und hoffte, er möge sehr rasch diese verdammte Pritsche herantragen lassen. (Imma)

Lioba seufzte innerlich bei der Aussicht, eine halbe Stunde herumwarten zu müssen. Andererseits waren sie ja froh, dass man ihnen so bereitwillig helfen wollte. Sie tauschte einen Blick mit Imma aus und bestätigte deren Erwiderung mit einem Nicken und einem Lächeln. (Lioba)

„SEMJO, wo bist du, nichtsnutzijer fauler Esel von einem Knappen?“ Jakoon brüllte in die Reihen der strammstehenden Rekruten. Einer der jungen Kämpfer trat einen Schritt aus der Reihe, schlug die Hacken zusammen und rief zurück: „MELDE GEHORSAMST, HIER!“. „Los, spring und hole unserem Besuch Stühle, Getränke und einen Schirm, et wird ja langsam janzschön warm unter dem Praiosmal. Und zwar zackig zackig wenn ick bitte darf, siehste nich, dass die Dame erschöpft ist? IIIIM LAUFSCHRIT, MARSCH MARSCH“.

Der Knappe befolgte den Befehl ohne Zögern und rannte, als ob alle Dämonen der Niederhöllen hinter ihm her wären, in Richtung des zentralen Flügels. Von dort tauchte er auch wenige Momente später mit zwei einfachen Stühlen schon wieder auf, die er sogleich auf dem Podest, neben dem Pult des Herrn Oberst A.D. abstellte. Dann half er den Damen auf das Podest, indem er beide an einer Hand die Stufen hinaufführte. Oben verbeugte sich der junge und durchaus adrette Mann – enge Uniformen und straffe Männerkörper passen einfach gut zusammen – und richtete noch eine Frage an die Damen: „Edle Damen, was darf ich Ihnen zu trinken bringen?“

Nachdem die Damen ihre Wünsche geäußert hatten, brachte er noch einen kleinen Beistellstisch, auf welchem er rasch und mit geübter Hand zwei Becher und einen Krug abstellte. Während die Rekruten weiterexerzierten, stand er hinter den Stühlen der Damen von Schleiffenröchte und von Schellenberg und hielt einen Sonnenschirm über ihre Häupter.

Tatsächlich dauerte es nur noch das versprochene halbe Stundenglas, und die Herren Ausbilder entließen ihre Zöglinge in eine kurze Mittagspause.

Rasch war ein weiterer Stuhl gebracht, ein weiteres Pfeifchen gestopft und entzündet, da saß Oberst A.D. Jakoon von Sturmfels den zwei Besucherinnen gegenüber. „So meine Verehrtesten. Ick stehe ihnen voll und janz zur Verfüjung. Bitte janz über mich zu verfüjen.“

Lioba konnte nicht anders als ein wenig zu schmunzeln. Sie fand Jakoon ausgesprochen sympathisch. Und auch, wenn sie eigentlich fand, dass sie durchaus allein ein paar Stufen bewältigen konnte, hatte sie es sich gefallen lassen, sich von dem gutaussehenden jungen Mann hinaufgeleiten zu lassen. Als Semjo sich erkundigte, was sie trinken wollten, warf Lioba Imma erneut einen Blick zu – dieses Mal leicht fragend – bevor sie antwortete: „Nun… Wir wären Euch für etwas Wasser sehr verbunden.“ Wenn sie schon warteten, so konnten sie sich derweil doch erfrischen. Gerade die arme Imma sah so aus, als könnte sie etwas Wasser gebrauchen. Dass der junge Mann ihnen dann auch noch einen Sonnenschirm hielt, war fast ein bisschen zu viel des Guten, aber wer war sie, sich zu beschweren. So vor jeglichem Unbill geschützt betrachtete Lioba die Übungen der Rekruten, nutzte die Zeit jedoch auch, um Imma kurz zuzuflüstern: „Sollen wir das gesamte Siegel zeigen oder eine der Teilzeichnungen, die ich angefertigt habe?“ Sie war sich nicht sicher, ob das die Intention hinter Immas Aufforderung dazu gewesen war, befürchtete aber, dass der Offizier ihnen weniger gut weiterhelfen konnte, wenn sie ihm nur das halbe Siegel zeigten. (Lioba)

„Nun,“ raunte Imma, „Wir wissen ja nun was KWAST bedeutet und wir wissen, dass diese Zeichen nicht direkt in Verbindung stehen mit der Akademie, zeigt ihm doch einfach zunächst die Pergamente mit den Stäben und dem Winkel.“ (Imma)

Lioba überlegte kurz, nickte dann aber. ‚Hoffentlich verschwenden wir dadurch nicht nur unnötig Zeit. Aber es stimmt schon: Wir können eher im zweiten Zuge weitere Informationen preisgeben, als das zurücknehmen, was wir vielleicht zu viel gesagt oder gezeigt haben…‘  „Sehr freundlich, Euer Wohngeboren“, bedankte Lioba sich freundlich. „Wir haben eine Zeichnung dabei. Wenn Ihr darauf einen Blick werfen könntet…“ Sie begann aus der Tasche, die Imma ihr übergeben hatte, das ihrer Absprache gemäße Pergamentstück herauszusuchen. „Was könnten diese länglichen Objekte wohl in einem Siegel mit militärischem Bezug bedeuten?“ (Lioba)

„Ja nuuun, dann zeicht doch ma her dat Stückchen Papier“ sagte Jakoon von Sturmfels und streckte die Hand, nachdem er die Pfeife im Mundwinkel festgeklemmt hatte, danach aus. Er hielt es dann dicht vors Gesicht, so dass die Damen eine kleine Weile nur seine Hände und ab und an eine kleine Rauchwolke sehen konnten, die fein würzig duftend hinter dem Pergament emporstieg. „Hm, ja, dat sind Marschallsstäbe, janz klar. Der Winkel darüber weist auf eine Unterordnung hin. Man könnte sajen ‚Janz nach Befehl det Marschalls‘.“ Er senkte die Hände mit dem Papier und blickte die Damen aus Augen an, denen man leichte Verwunderung ansehen konnte. „Darf ick frajen, wat solch feine Damen mit sonem Zeichen anfangen wollen?“

Imma lächelte den älteren Soldaten erfreut an: „Wie wunderbar, sie haben uns damit sehr geholfen. Nun wir sind zufällig auf dieses Symbol gestoßen, Ihr müsst wissen, wir waren eben im Hesindetempel, aber leider konnte uns der hohe Lehrmeister dort nicht recht weiterhelfen. Er kennt sich nicht allzu gut mit Symbolen im militärischen Kontext aus. Aber unsere Idee hierher zu kommen, war sehr lohnend. Habt Dank!“ Worttaktik war ihr Mittel der Wahl, und zwar immer, wenn sie sich irgendwo herausreden musste. Das Spiel mit Worten lag ihr, mit Sprache einen falschen Eindruck zu erwecken war ein Spiel, das sie perfektioniert hatte, weil sie dazu neigte rot zu werden, wenn sie die Unwahrheit sagte. (Imma)

Da ihr auch Lioba nicht wie der Mensch erschien, der routinemäßig log, griff sie also auf die ihr eigene Strategie zurück. Sie hoffte, der ältere Soldat würde aus ihren Worten den Schluss ziehen, sie wären im Hesindetempel auf das Symbol gestoßen. Außerdem kannte sie die teilweise Verachtung der kämpfenden Professionen für Menschen, die sich den Künsten und dem Wissen zugewandt hatten. Daher hoffte sie die unterschwellige Aussage, dass all das Wissen limitiert war und die vermeintlich wahrhaft wichtigen Informationen doch nur bei Männern der Tat zu erhalten waren, würden ihr übriges tun. „Also gibt es diese Symbole wirklich in der Kombination? Wir dachten schon jemand habe sie nach Gutdünken zusammengestellt.“ Imma blickte ihn erneut mit einem warmen Lächeln an. Sie massierte noch einmal kurz die Muskeln ihres rechten Beines und blickte zu Lioba. Es war Zeit zurück zu gehen. (Imma)

Lioba war das Stillsitzen nicht leicht gefallen während der Offizier das Papier studierte. Dass es einen Moment dauerte, während dem sie nichts weiter tun konnte als zu warten, hatte ihre Neugierde geschürt. Doch sie beherrschte sich und verriet sich lediglich durch einen gespannten, auf Jakoon fixierten Blick. Als er dann erklärte, dass dieser Teil des Siegels so viel bedeutete wie „Ganz nach Befehl des Marschalls“ schoss Lioba sofort ein Gedanke durch den Kopf: ‚Marschall – schon wieder ein Hinweis auf Haffax…‘ Indessen hatte Imma auf die Nachfrage Jakoons geantwortet und Lioba bestätigte die – wie sie fand – klug gewählten Worte ihrer Begleiterin mit einem Nicken und einem Lächeln. Dann fügte sie Immas Frage noch eine konkretere hinzu: „Kennt Ihr gar eine Person oder Organisation, die solch ein Zeichen in ihrem Siegel führt?“ Lioba entging auch Immas Blick nicht. ‚In der Tat, es wird Zeit, dass wir zu den anderen zurückkehren.‘ (Lioba)

„Naja, et is ja och keen Wunda, dat se dess im Hesindetempel nich wissen, wissense meine Damen? Und uff Jutdünken stellt sowat niemand zusammen, dat is schon recht eindeutig. Aber dafür, dat meine Damen dat Zeichen nur zufällig gefunden haben, sind se doch recht neugierig, möchte ick meenen. Vor allem wenn de eene von Zufall spricht, de andere dann aber fragt, ob dat Zeichen nich doch irjendwo durch irjendwelche Personen oder sonst wat verwendet werden.“ Jakoon von Sturmfels, Oberst A.D., blickte mit leicht gesenktem Kopf, schelmisch schmunzelnd von Imma zu Lioba und zurück. Dann sog er an seiner Pfeife und wartete gespannt.

‚Verphext, wir sind durchschaut‘, dachte Lioba, musste aber über die charmante Art des Mannes dennoch schmunzeln. Dennoch versuchte sie es nun auch mit einem Ablenkungsmanöver, in dem sie – im Grunde ja der Wahrheit entsprechend – gestand: „Neugier war schon immer eine meiner Schwächen, muss ich gestehen. Und dieses Siegel ist ein Rätsel, das wir zu gerne lösen würden.“ (Lioba)

Imma drückte noch ein letztes Mal ihren Daumen zwischen den Muskelstränken ihres Oberschenkels entlang und erhob sich dann von ihrem Stuhl. „Ja, fürwahr, Neugier ist eine Eigenschaft, die uns antreibt. Doch habt ihr natürlich Recht, Oberst. Zwar war es der Zufall, der uns auf diese Symbole brachte, doch versuchen wir es einer konkreten Situation und auch Zeit zuzuordnen. Das Symbol selbst hat dabei für uns tatsächlich nur eine sehr untergeordnete Bedeutung. Ich als Schreiberin bin immer angewiesen auf Erkenntnisse mir fremder Fächer. Denn häufig sind es Informationen von Männern mit Expertise wie Euch, durch die ich erst in der Lage bin, eine klarere Konstitution des relevanten Kontextes innerhalb eines Interpretationsprozesses zu erlangen. Das bedeutet jede Information könnte wichtig sein, und sollte sie Euch auch noch so unwichtig erscheinen. Falls euch also noch etwas Erhellendes zu diesem Symbol einfällt, wären wir euch zutiefst verbunden.“ Sie machte eine kurze Pause und schaute ihm ohne Arg in die Augen: „Ansonsten würden wir nun aufbrechen, damit auch Ihr zu eurer wohlverdienten Mittagspause kommt.“ Sie strahlte ihn noch einmal dankbar an, bevor sie sich anschickte vom Podest herabzusteigen. (Imma)

„Tja, meene Damen, ick fürchte, da kann ick Ihnen nich viel weiterhelfen.“ Er zog genüsslich an seiner Pfeife und blickte nun mit Bedauern zu seinen hübschen Gästen. „Aber zögern sie bitte nich, jederzeit wieder mit Frajen auf mir zuzukommen. Sie finden mich normalerweise in der Garnison bei der Reichskanzlei, außerhalb der Stadt.“ Er erhob sich, deutete eine Verbeugung an, wobei er wiederum den Hut beinahe über den Boden schleifen ließ, und blickte dann zu Semjo. „Na los, du siehst doch, dat die Damen aufbrechen wollen. Hilf ihnen vom Podest. Wieso muss ick eijentlich immer für dich mitdenken, hat die Allweise Herrin wohl bei dirs Jehirn verjessen, als ses verteilt hat, wa?“

Lioba lächelte Jakoon noch einmal zu und verabschiedete sich mit einem Knicks und den Worten: „Vielen Dank für Eure Hilfe und Euer freundliches Angebot.“ (Lioba)

Dankbar lächelte Imma Semjo an, nachdem er sie nach unten geführt hatte. „Wollen wir zurückgehen, ich denke es wird Zeit?“ fragte sie Lioba. (Imma)

-- Main.CatrinGrunewald - 06 Mar 2019