Ritterausbildung

Ausbildungsfähigkeit von Kindern und Selbstverständnis eines Ritters

Als Knappe und Page können nur Abkömmlinge des Adels und, deutlich seltener, der Ministerialen und noch viel seltener, Bürgerlichen, angenommen werden.
Hier findet sich eine Übersicht über die Feinheiten der Adelsdefinition: [[1]].

Die Ehre des eigenen Standes ist für den Ritter das wichtigste Standeszeichen und das Leitmotiv seiner Handlungen. Der eigene Ruf und die eigenen Handlungen sind die Münze, in der das Ansehen eines Ritters - und damit auch seiner Familie - gemessen wird. Darum achtet dieser Stand penibel auf anständiges und gutes Benehmen, Ehre und Würde sind Begriffe, die mit Bedeutung und Gewicht gefüllt sind.

Jeder Makel in Herkunftsfamilie und Benehmen eines Zöglings - auch weit nach dem Ritterschlag - fällt aus den ausbildenden Ritter und denjenigen, der den Rittersschlag erteilte, zurück.
Darum wird bei der Annahme eines Pagen durch einen Ritter von diesem auch sehr stark auf dessen untadelige Herkunft und sein Benehmen - und das seiner Herkunftsfamilie - geachtet.

Wenn Eltern und Großeltern des künftigen Pagen bereits Ritter von gutem Ruf waren, wird das Kind üblicherweise ohne Probleme einen Ritter finden, der es in Ausbildung nimmt und dann auch den Ritterschlag erhalten darf. In den Nordmarken ist die Regel, dass Kinder von ritterbürtigen Familien, d.h., Familien, bei denen Eltern und Großeltern Ritter waren, als befugt zur Aufnahme in die Knappenschaft gelten. Bei diesen darf auch später der ausbildende Ritter den Ritterschlag erteilen.

Anders verhält es sich bei Sprösslingen aus nichtadligen Familien (üblicherweise aus dem Kreis der Ministerialen), die zum ersten Mal seit Generationen in ihrer Familie den Ritterschlag anstreben. Wenn hier ein Ritter gefunden wird, der die Ausbildung vornimmt, gehen dieser dann üblicherweise intensive Verhandlungen der Beteiligten im Vorfeld voraus. Ohne entsprechende Verdienste auf Seiten der Ministerialen wird das Pagenverhältnis kaum zustande kommen (die Ehre einer Ausbildung zum Ritter muss äußerst gut verdient sein).. Sehr viel seltener versucht eine Handelsfamilie, sich solcherart Zugang in den niederen Adel zu erkaufen - meist wortwörtlich durch eine großzügige Aufwandsentschädigung für den Ritter. Letzteres wird im Adel als ehrenrührig betrachtet und jeder Ritter wird sehr gut abwägen, ob er diesen Verlust an Ansehen in Kauf nimmt.

Kommt ein solches Pagenverhältnis mit Kindern aus Ministerialen oder, ganz selten bürgerlichen Familien ohne Zugang zu Adelshöfen, zustande, so darf hier nicht der Ritter selbst nach abgeleisteter Pagen- und Knappenzeit den Ritterschlag vornehmen, sondern nur ein Hochadliger, der auch in anderen Fällen aus eigenem Recht das Adelsprivileg verleihen darf.
Es reicht also für einen Nichtadligen nicht, nur einen Ritter zu finden, der das eigene Kind ausbildet, sondern es muss sich am Ende der Ausbildung auch ein Hochadliger bereit finden, diesem Kind den Ritterschlag zu erteilen.

Pagenschaft:

Die Ausbildung zum/r Ritter/Ritterin zieht sich über üblicherweise zwölf göttergefällige Lehrjahre. Mit ca. 8 Jahren beginnt die ritterliche Ausbildung mit der 6-jährigen Pagenschaft (manche Pagen werden schon mit 6 Jahren zur Erziehung fortgegeben) Während dieser Zeit dient der Page einem Haus und erlernt neben Lesen/Schreiben/Rechnen die ersten Grundzüge von Hauswirtschaft, Lehnsführung, das Musizieren, höfisches Benehmen und es werden dem Pagen neben körperlicher Ertüchtigung die ersten Kampffertigkeiten beigebracht wie etwa waffenloser Nahkampf (Ringen).

Pagen werden auch Edelknabe/Edeljungfer genannt, allerdings ist diese Bezeichnung in den Nordmarken eher unüblich.

Üblicherweise erhält der Page zum Ende der Pagenschaft zum Zeichen, dass er nun mehr nicht weiter Page, sondern Knappe ist, sein Knappenschwert (Kurzschwert) und wird in einer feierlichen Zeremonie zum Knappen erhoben.

Pagen und Knappen vor dem Ritterschlag sind nicht mündig, das bedeutet, sie unterstehen der Munt (Vormundschaft) ihrer Knappenmutter oder ihres Knappenherrn, sind also dessen Mündel. Dies bedeutet, dass sie selbst nicht rechtsfähig sind, vor Gericht treten oder Rechtsgeschäfte (beispielsweise Verträge) abschließen können. Sämtliche Rechtsgeschäfte für den Pagen oder Knappen führt in dieser Zeit die Schwertmutter bzw. der Schwertvater.


Knappenschaft:

Mit ca. 14 Jahren tritt der ehemaligen Page dann in den Knappendienst an einem Schwertherrn. Traditionell ist dieser in den Nordmarken mit dem Pagenherrn identisch, d.h., der Page und Knappe bleibt in einer Familie. Verstirbt der Schwertvater (bzw. die Schwertmutter) und findet sich in der Schwertelternfamilie kein Ritter, der die Ausbidlung fortführen kann, kann ein Wechsel in ein anderes Haus stattfinden.

Nur wenn schwerwiegende Probleme auftreten (z.B. Verrat der Schwertmutter / des Schwertvaters an dessen Lehnsherrn), können die Eltern das Kind zurückfordern und in eine andere Familie zur Ausbildung geben. Dies stellt jedoch eine schwerwiegende Beleidigung an den bisherigen Ausbilder dar und kann, wenn es aus nichtigem Grund geschieht, durchaus eine Fehde auslösen. Es kommt daroum so gut wie nie vor.

Schwertherr und Knappe gehen in einem rondragefälligen Ritual, bei dem ein Rondrageweihter anwesend ist, ein von diesem besiegeltes Bündnis ein, welches die gegenseitigen Rechte und Pflichten klarstellt. Einzelheiten siehe Rondra-Vademecum S. 8-10 oder Schild des Reiches S. 6 ff.

In diesen Jahren wird die höfische Ausbildung erweitert und der Knappe wird vor allem im Waffenhandwerk geschult: so erlernt er den Angriff mit der Lanze sowie den Kampf mit Schwert, Schild, Streitaxt und Streitkolben. Er hat die Aufgabe, seinem Herrn in die Rüstung und auf das Pferd zu helfen, muss Helm und Schild des Ritters tragen, ihn bei Tisch bedienen, und ist auch für die Instandhaltung der Waffen zuständig. Eine weitere Verpflichtung besteht darin, dem Ritter im Kampf beizustehen und mutig einzugreifen, wenn tödliche Gefahr droht. Aber nicht nur die Kampfesfertigkeiten werden geschult - der Knappe erhält (weiterhin) eine gründliche Ausbildung in höfischem Benehmen (Benimm) und erlernt Historie, Heraldik, Lesen, Schreiben und Rechnen. Auch das Ehrverständis eines Ritters geht ihm in dieser Zeit in Fleisch und Blut über. Doch nicht nur das Benehmen eines Ritters erlernt der Knappe, auch alle Fähigkeiten, die er braucht, um später einmal ein eigenes Gut zu führen. Dies sind so banale Dinge wie Kenntnisse über seine Bauern und deren Tätigkeiten, aber auch alles Rechtswissen, das von Bauernstreitigkeiten bis zu Erbrechtsfragen in seinen späteren Bereich fallen kann.

Jeder Knappe erhält üblicherweise ein ungearbeitetes Pferd, das er unter Anleitung seines Knappenherren zum Streitroß ausbildet und dabei selbst die Kriegsreiterei erlernt.

Nur ein Ritter hat das Recht, einen Knappen auszubilden und ein Ritter muss auch in der Lage sein, seinen Knappen auszurüsten und zu versorgen. Ein Krieger hat dieses Recht nicht.

An großen Höfen kann die Ausbildung auch auf mehrere Schultern verteilt sein. Die Knappenschar des Herzogs wird beispielsweise in der Herzöglichen Knappenschule zu Elenvina ausgebildet.


Ritterschlag/Schwertleite:

Am Ende dieser mindestens 12jährigen Ausbildung gewährt der Schwertherr seinem Knappen in aller Regel die Ehre des Ritterschlags. Der Zögling ist zu diesem Zeitpunkt üblicherweise 21 Lebensjahre alt. Den Ritterschlag erhält der Knappe nur, wenn der Herr seinen Zögling für würdig findet, er besitzt keinerlei Recht, diesen einzufordern. Bis zum Ritterschlag ist der Page und Knappe ein Mündel seines Schwertherren, d.h., dieser ist dessen rechtlicher Vormund.

Es ist auch durchaus üblich, dass der Ritterschlag nicht vom ausbildenden Ritter, sondern von dessen übergeordnetem Adligen, oft gar dem Grafen, vorgenommen wird. Dies ist eine Ehre für Ausbilder und Jungritter gleichermaßen und bietet dem Grafen die Möglichkeit, die jungen Ritter direkt an sein Haus zu binden.

Bei Knappen aus der Ministerialenschicht ist es dem Ritter nicht selbst erlaubt, seine Zöglinge zum Ritter zu schlagen. Dieser Rechtsakt zur Aufnahme in den Adelsstand eines zuvor Nichtadligen steht nur dem Hochadel ab Baron aufwärts zu (also jener Schicht, die auch anderweitig Menschen in den Adelsstand erheben darf). Ausbildung ist von jedem Ritter möglich. Die Eintrittspforte in den Adel (Ritterschlag) darf nur jemand öffnen, der Menschen in den Adelsstand erheben kann (also Baron und höher). Wenn ein bisher Freier zum Ritter geschlagen wird (durch einen Hochadlligen), so legt dieser Hochadlige zugleich den Adelsnamen und das künftig geführte Wappen fest und übergibt dem Herold dies zum Eintrag in die Wappenrolle. (Dadurch besteht noch immer die Möglichkeit einem nicht ganz gewollten Knappen noch einen mitzugeben, unvorteilhafter Name (z.B. Trollpforz) und/oder ein wenig schmeichelhaftes Wappen)

Gewährt der Knappenvater oder die Knappenmutter den Ritterschlag nicht, können weitere Ausbildungsjahre folgen. Oder der Schwertherr verwehrt dem Zögling den Ritterschlag ganz, dann beendet der Zögling seine Ausbildung als Edelknecht/Edelmagd – auch das ist möglich. In jedem Falle ist es wichtig, dass sich der Schwertherr seiner Entscheidung sicher ist, denn der Ritterschlag (oder auch Schwertleite genannt) erhebt den Zögling in den Ritterstand.

Doch nicht nur der Schwertherr muss sich sicher sein, auch der Knappe sollte keine Zweifel haben. Für manche stellt jedoch gerade der Ritterstand ein finanzielles Problem dar. Vor allem Zöglinge aus verarmtem Niederadel müssen sich der Frage stellen, ob sie die hohen Kosten, die der Ritterstand mit sich bringt, leisten können. Da wären Unterhalt von 3 Ritterpferden, Sold für Waffenknechte, Waffenarsenal, Kost und Logis für eigene Knappen,... manch einer schließt die Ausbildung daher ohne Ritterschlag ab und verdingt sich fortan lieber als Edelknecht/Edelmagd.

Der Ritterschlag kann frühestens mit Beendigung des 20. Lebensjahres erfolgen, üblich ist ein Ritterschlag nach Abschluss des 21. Lebensjahres. Im Kriegsfall sind verfrühte Ritterschläge, also z.B. schon mit 17/18 Jahren, möglich, aber nicht die Regel. Dies geschieht z. B. vor der Schlacht, um den Knappen mental zu stärken, meistens aber nach der Schlacht, um dem Knappen, der sich im Kampf ausgezeichnet und daher überlebt hat, zu belohnen.

Zum Ritual der Schwertleite gehört eine in Andacht verbrachte Nacht (in den Nordmarken, vor allem im Elenviner Umland, meist vor einem Praiosschrein oder im Praiostempel, in den anderen Provinzen üblicherweise in einem Haus der Leuin) und das Ablegen jeglicher Besitztümer, geistige Einkehr und das Tragen eines einfachen leinernen Büßergewands zur Ritterschlagszeremonie. Am nächsten Morgen erhält dann der Knappe vom Schwertvater einen Schlag ins Gesicht, der oft einhergeht mit den Worten "Nimm diesen Schlag und dann keinen mehr.". Es folgt die feierliche Überreichung und das Anlegen von Schwertgurt und Ritterschwert und insbesondere der Sporen als Zeichen des Ritterstandes durch die Hand des Schwertvaters. Der junge Erwachsene darf sich fortan Ritter nennen und theoretisch auch selbst Knappen zur Ausbildung annehmen.

Ritterfahrt

Viele Jungritter zieht es nach ihrer Knappschaft auf Jahr und Tag (oder länger) hinaus in die Welt, wo sie Erfahrungen bei verschiedenen Höfen und Dienstherren sammeln wollen. Diese Reise nennt man Ritterfahrt oder Âventiure. Die Dauer ist - unter anderem - begrenzt durch die finanziellen Mittel der Ritter und vor allem durch die Verpflichtungen gegenüber der Herkunftsfamilie oder deren Lehensherren. In dieser Zeit verfeinert der Ritter seine Kenntnisse in Geographie, aber auch Heraldik, Etikette und verschiedenen Kampf-, Natur- und Wissenstalenten, da er in vielen Höfen zu Gast sein und die dortigen Gepflogenheiten kennenlernen wird. Auch Reisen über die Grenzen des Mittelreichs hinaus sind nicht unüblich. Manchmal nimmt nach dieser Zeit die Schwertmutter, sofern sie es sich leisten kann, ihren ehemaligen Knappen als Dienstritter an den Hof, vor allem dann, wenn dieser ein Erbe oder anderweitiges Auskommen erwarten kann. Endet die Knappenzeit mit einem verfrühten Ritterschlag z.B. im Krieg, ist es auch nicht selten, dass noch vor der Ritterfahrt am Hof der schwertmutter die verpasste Ausbildungszeit 'abgesessen' bzw. nachgeholt wird - dies geschieht dann aber auf eigenen Wunsch des Jungritters, denn mit dem Ritterschlag ist er der Munt seines Schwertvaters entwachsen und sein eigener Herr.