Orks In Wolfsstein

Orks in Wolfsstein

Orks in Wolfsstein

Autor: RekkiThorkarson

Phex 1042 B.F. ---

Die Richtung, die sie anzusteuern hatten, war mit den ersten Strahlen des Praiosmales deutlich geworden. Klar zeichnete sich eine Rauchsäule gegen den Himmel ab.
Die ersten Spuren von Orks fanden sie jedoch bereits, als die Morgendämmerung dem Tag gewichen war, noch vor sie den Brandherd erreicht hatten. Der aufgeweichte Boden des im Norden der Ingrakuppen weitverbreiteten dichten Waldes machte die Entdeckung leicht, zumal sich die Gebirgsjäger entsprechend ausgebildet waren und in lockerer, aufgefächerter Formation fortbewegten.
Die Abdrücke führten gen Rahja und damit weg von dem Ort, den die Orks angegriffen hatten. Von nun an hatten sie eine Richtung. Dwarosch wollte keine Zeit verlieren. Dem Dorf war eh nicht mehr zu helfen. Sie mussten die Aggressoren ausschalten.
Späher der Orks hatten sie bis dahin keine ausgemacht. Das musste aber nicht bedeuten, dass sie nicht bemerkt worden waren, dessen waren sich Dwarosch und Xadresch bewusst. Orks kannten die Wälder, waren in ihnen heimischer als die Angroschim, auch wenn sie normalerweise die Steppe des Nordens bevorzugten.
Gegen Mittag erreichte der Zug der Zwerge zwei einsam liegende, zerstörte Gehöfte. Bis dahin hatte sich der Wald gelichtet und einigen, verstreut liegenden Feldern Platz gemacht. Den Rauch der schwelenden Feuer hatten die Zwerge auch hier schon von weitem erkennen können. Von den Bauernkaten standen nur noch die Grundmauern. Alles andere war Raub der Flammen geworden. Zum Glück hatte die Witterung einen größeren Flächenbrand verhindert.
Leichen fand man keine. Die Menschen waren anscheinend rechtzeitig gewarnt worden. Geschlachtetes Vieh lag jedoch wahllos verteilt etwas abseits der Gehöfte auf dem Boden. Die Schwarzpelze hatten alle Tiere; einige Schweine und zwei Rinder, getötet und sich nur die Filetstücke herausgeschnitten. Not litten die Schwarzpelze nicht, auch wenn sie vermutlich eh nicht alles hätten tragen können.

Dwarosch schätzte die Meute, die an diesem Ort geplündert und gebrandschatzt hatte, anhand der Spuren auf knapp zwei Dutzend. Auf dem Weg, da sich alle ihrer Feinde hintereinander aneinandergereiht durch den Wald bewegt hatten, war die Anzahl nur schwer auszumachen. Hier jedoch hatten sie sich verteilt, um ihr Unheil zu verrichten.
Ungewiss war aber, ob diese geschätzte Zahl den gesamten Heerzug der Orks darstellte, oder ob es mehrere Heerhaufen gab, die sich durch die Wälder bewegten.
Der Oberst hielt dies immerhin für möglich. Er selbst hätte kleinere Einheiten erfahrenen Männern anvertraut, um getrennt ans Ziel zu kommen. Alle in kurzer Zeit auszumachen und aufzuhalten wäre unmöglich in diesem Gelände. Aber es war unwahrscheinlich, dass es mehrere Trupps gab. So viele Orks konnten sich nicht unbemerkt sammeln, auch wenn die Nordmarken nicht das zentrale Mittelreichs waren. Dies zumindest war Dwaroschs Hoffnung.

Die Spur der Orks führte weiter gen Rahja, in Richtung des Gratenfelsener Beckens.
“Wir müssen sie aufhalten, bevor sie dicht besiedeltes Gebiet erreichen. Sonst wird es hässlich”, rief der Oberst seine Männer wieder zusammen, die die Umgebung abgesucht hatten, jedoch lediglich Spuren und tote Nutztiere gefunden hatten. Dwarosch trieb die Soldaten zur Eile. “Wir brechen wieder auf. Hohes Marschtempo. Vier Mann in Sichtweite, aufgefächert voraus. Abmarsch!”

Unterwegs schloss Xadresch, aus dem Mittelfeld des Zuges zum Oberst auf. “Kommen die aus Albernia?” fragte er.
Dwarosch schnaubte. “Ja, von da kommt nie etwas Gutes. In der Grenzregion gibt es kaum etwas außer dichtem Wald. Ich vermute, dass sich mehrere versprengte Banden zusammengerauft haben und nun auf Raubzug gehen.
Es gibt immer noch viel zu viele von dieser Landplage. Vereinzelt Zurückgebliebende ihrer großen, gescheiterten Feldzüge ins Mittelreich findet man fast überall. Da sie sich vermehren wie die Karnickel werden sie leider immer wieder auch zu einem lokalen Problem weitab der vermeintlichen Frontlinie im Greifenfurtschen.”
Antharax nickte nachdenklich. “Sie müssen aber doch damit rechnen, dass sie Gegenwehr erwartet”, zweifelte Dwaroschs Freund an dessen simpler Erklärung. “Vermutlich hoffen sie, sich schnell wieder verstreuen zu können, wenn sie reiche Beute gemacht haben”, warf der Oberst ein. Sicher war er sich aber auch nicht, das verriet seine Tonlage.

Die Spuren jedoch knickten nicht, wie von Dwarosch vermutet, irgendwann weiter Richtung Firun ab, dorthin, wo der Wald endgültig von saftigen Feldern abgelöst worden wäre, sondern führten weiter stur durch das dichte Grün. Ganz im Gegenteil, sie schwenkten sogar ein Stück weit gen Praios ein.
“Wolfsstein”, stieß Dwarosch irgendwann irritiert hervor. Schon länger mussten sie sich in der gleichnamigen Baronie befinden, marschierten vermutlich grob entlang der Grenze zum Lehen des Hauses Berg. “Was bei den Mauern von Okrdragosch habt ihr hier zu schaffen? Hier gibt es nichts zu holen”, sprach der Oberst mehr zu sich selbst.

Etwa ein viertel Stundenglas später pfiff einer der voreilenden Späher und der Zug hielt. Dwarosch und Antharax eilten nach vorne. Der Soldat war in der Hocke und deutete stumm auf eine Spur.
Was der Oberst erkannte, war, dass einige weitere, wenige Orks sich zu denjenigen gesellt hatten, die sie verfolgten. Es mochten eine Handvoll sein. Was jedoch hervorstach war ein paar großer Füße, dass sich im Waldboden verewigt hatte.
“Ogerkacke”, brach Xadresch hervor, als er zu den anderen trat. Dwarosch nickte nur stumm. Ein Oger war nun bei den Orks. Innerlich fluchte er. ‘Warum ausgerechnet so ein fettleibiger, zum Himmel stinkender Fleischberg, warum keine halbe Hundertschaft Goblins.’
Oh wie er sie hasste! Dwarosch war fast zu Tode gekommen, als er während der orkischen Belagerung der Stadt Greifenfurt, bereits geschwächt und leicht verwundet, gegen einen Kriegsoger hatte kämpfen müssen.

Sie marschierten weiter, doch bereits nach einigen Dutzend Schritt veranlassten die vorauseilenden Soldaten widerum, dass das Banner anhielt.
Achtlos lag die enthauptete Leiche eines Orks auf dem Weg. “Differenzen?” fragte Xadresch Dwarosch nüchtern, als sie beide den Toten betrachteten. “Der Oger spricht für einen ihrer Schamanen und der Ork hier ist was?” dachte der Oberst laut nach und gab sich selbst Antwort. “Kräftig, in Lederrüstung, mit Schmucknarben, den Arbach an der Seite-, zweifellos ein Krieger.”
Dwarosch wandte den Blick vom Leib des Schwarzpelzes zu seinem Freund. “Irgendetwas hat den Schamanen so stark verärgert, dass er sterben musste. Und die Vorstellung muss so eindrucksvoll einschüchternd gewesen sein, dass die anderen Orks nicht einmal die Eier hatten, ihn auszuplündern.”
Xadresch nickte. Dieser Theorie konnte er folgen.

“Wie lange?” knurrte der Oberst und der Fährtenleser wusste in dem Moment, dass er gemeint war. “Zwischen vier bis sechs Stunden” gab er seine Einschätzung knapp zur Antwort.
Dwarosch nickte kaum merklich, tief in Gedanken. Bei den Höfen hatte er selbst auf etwas mehr als diese Distanz zwischen ihnen getippt.
“Sie haben Zeit vertändelt. Deswegen der Unmut. Sie müssten mehr Vorsprung vor uns haben. Das Brandschatzen hat sie Aufgehalten. Sie haben ein anderes Ziel.” brachte er schließlich hervor.
Xadresch rümpfte die Nase. “Ein anderes Ziel? Was sollte das sein? Es sind räudige Orks!”
Der Oberst schüttelte den Kopf. “Das weiß ich noch nicht. Was dagegen klar ist, ist dass wir sie nicht unterschätzen dürfen. Sie haben das Mittelreichs mehr als einmal an den Rand einer Katastrophe gebracht. Bei einem Schamanen, der die Befehle gibt, müssen wir mit großem Ärger rechnen.” Dwaroschs Miene war zusehends ernster geworden, als er gesprochen hatte.
“Weiter!” brüllte er und sie setzten sich wieder in Bewegung.

Gegen Abend stieg das Gelände an und der Wald wurde wieder dichter. Die hohen Tannen ließen nur wenig Licht bis zum Boden durchkommen. Sie waren an den Ausläufern der Ingrakuppen.
Warum dieser Weg, was lag hier? Dwarosch konnte sich keinen Reim machen, bis er zu kleingewachsenen, rot bepelzten, toten Leibern geführt wurde.
“Goblins!” das auch noch. Natürlich, sie waren eine kleine, fast schon geduldete Plage nördlich der Ingrakuppen. Aus dem Wald konnte man sie nicht vertreiben, zu viele waren sie, zu viele Verstecke bot das Dicht der Bäume. “Na toll, jetzt haben sie nicht nur einen hungrigen Oger, sondern auch noch ein Rudel nerviger Rotpelze”, kommentierte Xadresch den Fund.
“Weiter vorne ist eine Burgruine”, berichtete sein Späher. “Dort ist das verlassene Lager der Goblins und noch einige weitere Leichen. Die weiterführenden Spuren bestätigen euren Verdacht Oberst. Der Rest der Goblins ist mit den Orks weitergezogen.”
Fast klang es, als wären dem Zwergen seine Worte unangenehm.
Dwarosch knurrte gereizt. “Wohin?” war das einzige, was er dazu vorbringen konnte.
“Sie machen einen Bogen und ziehen wieder gen Firun.” Erneut nickte der Oberst.
“Jetzt, da er seine kleine Streitmacht beisammen hat zieht er seinem eigentlichen Ziel entgegen”, vermutete er.
Xadreschs Miene zeigte immer noch Zweifel. Einen anderen Reim konnte er sich aber auch nicht machen.
“Erinnere mich zuhause daran, dass ich eine Strafexpedition zu planen habe”, meinte Dwarosch weiterhin bissig gegenüber seinem Freund. Dieser jedoch lachte nur knapp. Er hätte ‘zu spät’ anfügen wollen, wusste aber, dass er damit Öl ins Wasser schütten würde. Dwarosch war gereizt.

Nacht war es, als der Oberst während einer kurzen Rast anhand der militärischen Karte der Region und dem Stand der Gestirne das Ziel der Orks erkannte.
“Wolfenhag”, raunte Dwarosch und erntete nur verdutzte Glotzen von Seiten Xadreschs. Der eher füllige Zwerg war nahe dem Ende seiner Kräfte und hatte seine andauernde Fluchtirade entlang des Weges nur beendet, weil ihm hierfür irgendwann die Luft ausgegangen war.
Dwarosch tippte auf die Karte, dorthin, wo der Name stand, den er genannt hatte.
“Ein Markflecken, größte Siedlung des Lehens. Unter tausend Einwohner, Palisade, aber nur einige Büttel- dafür aber Sitz des Barons und dessen Burg. Das heißt einige Ritter samt Pferden.” Er schüttelte den Kopf während er sprach. “Ein schwerer Brocken, aber sicher auch lohnenswert. Dennoch unlogisch - zu viel und zudem unnötiges Risiko”, führte der Oberst seinen Monolog weiter.
“Das sagt dir alles die Karte.” meinte Xadresch amüsiert. Der Oberst nickte zur Bestätigung. Ihm war nicht zu Spaßen zumute. “Wir rasten zwei Stundengläser. Du solltest dich auch hinlegen und ruhen, sonst bist du am Ende so außer Atem, dass du nicht einmal mehr nörgeln kannst.”
Beide lachten und machten sich daran, sich an Ort und Stelle auf den Boden zu legen und ein bisschen zu schlafen, wie der Rest des Banners. Acht Männer hielten Wache. ---

Kategorie: Briefspielgeschichte

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Fortsetzung