Neunte Ideen

9. Stunde - Ideen teilen

Arlan musste schlucken, als er Alfons Worte hörte. Zu seiner Beruhigung trank er einen tiefen Schluck seines Ferdokers und blickte nochmal auf Immas Dekolleté. ´Reiß dich zusammen, Arlan´, dachte er bei sich ehe ihm die ersten Ideen kamen: „Ich würde vorschlagen, wir befragen alle Kontaktpersonen des Erstochenen. Diejenigen unter uns die Zwielichtige Gestalten hier in Elenvina kennen, können ja versuchen über diese Informationen zu bekommen. Herr Alfons, wer weiß alles von diesem Brief?“ (Arlan)

Boraxs Anspannung wuchs sichtlich, mit jedem Wort das Alfons sprach. Alles, was dieser sagte beunruhigte ihn. Er hatte erneut eine kerzengerade Sitzposition eingenommen, seine Augen waren weit geöffnet, schienen wachsam, wobei er mit der rechten Hand scheinbar nervös und gedankenverloren einen seiner Bartzöpfe zwischen den Fingern drehte. Als er nur nach kurzer Zeit zu sprechen begann, war seine Wut auf den Gesandten des Markgraf Rondrigan Paligan verflogen und ehrlicher Besorgnis gewichen. Der tiefe Bass seiner Stimme klang ernst:„Alfons sagt, ist dieser Brief nicht in einem etwas zu… naja vertrautem Ton verfasst? Beide anvisierten Ziele werden mit Vornamen in einem Plauderton genannt. Kannte bzw. kennt er sie vielleicht persönlich? Noch dazu scheint der Attentäter ja sehr wohl gewusst zu haben, wo er den Oberst der Flussgarde findet und dass keine Spuren hinterlassen wurden, spricht ebenfalls dafür, dass ihm die Garnison nicht unbekannt war. Ich stelle es mir nicht einfach vor, in ein solches Gebäude zu kommen, ungebeten. Könnte es ein ehemaliges Mitglied der Garde, des Dienstpersonales, vielleicht gar ein Höfling sein? Sind vielleicht in den vergangenen Jahren Leute des Hofes verwiesen worden, unehrenhaft, hat irgendjemand Grund zur Rache, weil er sich ungerecht behandelt fühlt? Ich verstehe etwas von Metallen und Mechaniken, hat sich jemand die Schlösser angesehen, nach Spuren untersucht?“ (Borax)

Borax seufzte und versuchte eine bequemere Position auf dem zu großen Stuhl zu finden, seine Beine baumelten in der Luft. „Aber ich bin sicher diese offensichtlichen Dinge habt ihr längst in Betracht gezogen und überprüft. Was aber hat es mit der Verbandelung von Auftraggeber und Vater des Attentäters auf sich, kann uns das nicht weiterhelfen? Gib es Adelsfamilien in den Nordmarken welche nicht treu zum Herzogenhaus stehen, welche vielleicht Knappen oder Hofdamen als Pfand hierher geben mussten, nach Elenvina?“ Er zog die Schultern hoch und hielt die Hände offen in Richtung Decke. „Ich verstehe von solchen Dingen nichts, aber was sagt einem Kenner der Heraldik der Eisvogel? Gibt es dieses Tier in einem Wappen des Mittelreiches?“ Er schüttelte den Kopf, seine Miene hatte sich immer weiter verfinstert. „Meint ihr, es sind die Pläne des Reichsverräters Haffax. Dass es seine Ränke sind, die bis hierher reichen?“ Bei dem letzten Satz hatte er angewidert das Gesicht verzogen. Dann sah er einmal in die Runde um kurz darauf wieder Alfons Augen zu suchen. „Seid versichert, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde Euch zu helfen, vergesst meine schroffen Worte, verfügt über mich, meinen Verstand und meinen Hammer.“ (Borax)

Die Gedanken in Immas Kopf wirbelten herum und verbanden sich schnell zu einheitlichen Hinweissträngen: Zum einen war der Oberst der Flussgarde getötet worden: Mit einer verbotenen Waffe, scheinbar mit potentem Gift versetzt. Entweder war der Meuchler ein exzellenter Einbrecher oder er hatte sogar Hilfe von einem Gardisten gehabt. Zum anderen war da der Brief. Während sie noch nachdachte und Borax bereits einige Fragen stellte, entschloss sie sich, ebenfalls nachzuhaken, nachdem dieser geendet hatte: „Sagt, werter Herr, ich hätte direkt einige Fragen: Welche anderen Ermittlungen habt ihr bis hierher unternommen? Habt ihr Nachforschungen angestellt, wer die Möglichkeit hatte potente Gifte und verbotene Waffen zu erwerben oder nach Elenvina zu bringen, gibt es dahingehend eine Spur? Habt ihr die Flußgardisten befragt oder (sie zögerte kurz und ihre Stimme vibrierte dabei) jemanden unter ihnen im Verdacht, der mit dem Meuchler kollaboriert haben könnte? Wieso glaubt ihr, dass der Angriff auf die Herzogenmutter nicht schon früher erfolgen wird, sondern erst am Abend? Habt ihr die Dienstboten, besonders die erst kürzlich eingestellten, überprüft, oder glaubt ihr gar, dass einer unter uns der Meuchler sein könnte? (Sie machte hier eine kurze Pause um in seinen Augen zu forschen) Wenn wir nicht unter Verdacht stehen, würde ich mich anbieten, den Brief etwas genauer zu untersuchen. Wo habt ihr ihn abgefangen oder wisst ihr gar, von wo er versandt wurde? Ich verstehe mich auf Sprachen und Schriften, vielleicht erkenne ich mehr als ihr und kann euch Auskünfte über den Schreiber oder seine Herkunft geben, wenn ihr ihn mir kurz überlassen würdet.“ Sie führte ihre rechte Hand in seine Richtung, so dass er ihr den Brief anvertrauen konnte. Ihr nun sichtbarer Unterarm war von den ersten Frühlingsstrahlen nur leicht gebräunt und wirkte viel zu schwächlich für die Tochter aus der alten Ritterfamilie. Die Haut an ihrer Hand war ohne die dicken Hornschichten, welche die kämpfenden Nordmärker auszeichneten. Nur eine lange gerade Narbe, für den Kenner offensichtlich von einem nicht allzu scharfen Schwert beigebracht, und leichte Verfärbungen zwischen Daumen und Zeigefinger, durchbrachen die junge, viel zu glatte rosige Haut ihrer Hand. Sie sah ihn dabei an und versuchte dabei möglichst ehrlich und damit unschuldig auszusehen. Sie wusste, wenn er glaubte, ein Flussgardist und ein Mitglied ihrer Gruppe gehörten zu dem Kreis der Meuchler, stünde sie ganz oben auf der Liste der Verdächtigen. Allein - sie hatte keinen Vater mehr, was sie zumindest als Eisvogel auszuschließen schien. . (Imma)

Während die anderen ihre Schwüre abgaben, beobachte Hechgard sie interessiert, und als die Maga einen Lohn forderte; schossen ihm ein paar Gedanken durch den Kopf. 'Ja für mich und anscheinend die meisten anderen war es klar und unsere Pflicht unserem Stand gerecht zu werden und dem Reiche zu dienen.' Doch als Alfons seine Informationen preisgab, würde Hechgard immer mulmiger. 'Bei den Zwölfen, was geschieht hier?‘ Ja, die Abenteuergeschichten, die er gelesen oder die ihm seine Großmutter erzählt hatte- auch über die Agentur- waren nett und spannend gewesen, aber das hier war anders,….bedrohlich und düster. Aufmerksam lauschte er den Informationen, die der Agent von sich gab, und jener Brief schien sehr wichtig zu sein. Während die anderen Fragen stellten, hörte er aufmerksam zu, aber ein Gedanke schwebte ihm im Kopf herum. In einer jener Geschichten ging es um einen Dolch, der Gift in sich barg,..wie hieß der nur mingibar…. mungular….Mendila. Und noch ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Nun der Mörder oder die Mörderin müsste nah an die Herzogsmutter heran, sehr nah, und was wäre, wenn einer der Gruppe jener Attentäter wäre, Stillschweigen hatten sie ja alle geschworen, aber nicht auch die Herzogenmutter zu schützen. Während er noch nachdachte, lauschte er auch den wichtigen und guten Fragen der anderen und bei der einer oder anderen nickte er zustimmend. Denn in die eine oder andere Richtung gingen auch seine eigenen Gedankengänge. Als die junge Dame mit ihren Fragen geendet hatte, schaute er kurz in die Runde: „Wenn ich auch meine Fragen wie Gedanken zur Gruppe beitragen könnte? Erstes der Ermordete starb an einem Dolchstich, mir schwirrt die ganze Zeit eine Waffe im Kopf herum, die Gift im Dolch trägt. Mengibar Melibar oder so soll sie heißen. Vielleicht sagt das einem der Anwesenden etwas. Sie soll aus dem tiefen Süden stammen. Zweites Eisvogel. Bezüglich der Heraldik fällt mir da gerade nichts ein, aber der Vogel lebt an Flüssen und Auen, ist recht klein, blau schillernd, vielleicht sind jene Merkmal welche der Vogel trägt auch auf den Attentäter übertragbar. Und drittens, dass der Attentäter sehr sicher ist, wie man jenem Schreiben ja entnehmen kann, sein schändliches Werk durchführen zu können, bedeutet wohl auch, dass er zu beiden Personen Kontakt hat, bzw. in ihre Nähe kommen kann und das wohl auch ohne aufzufallen. Das wären gerade so meine Gedanken.“ Nachdem er geendet hatte, nickte er in die Runde und wartete die Antworten von Alfons sowie den anderen ab. (Hechard)

Imma dachte einen Moment nach. Wie sah ein Eisvogel aus? Sie konnte sich erinnern einmal einen erblickt zu haben, doch sie war sich nicht mehr sicher, ob es eine Zeichnung in einem Buch oder draußen am Wasser gewesen war. „Ich glaube,“ erlaubte sie sich einzuwerfen: „Dass der Vogel eine rotgefiederte Brust hat, sollte Hechgard recht haben, könnte Eisvogel jemand mit stahlblauen Augen und rotem Haar sein?“ Gleichzeitig erinnerte sie sich an eine Geschichte, die sie gelesen hatte und in der es um einen Eisvogel ging. Eine junge Bäuerin trauerte um ihren Gemahl und starb an gebrochenem Herzen. Die milde Travia entsandte sie beide danach wieder auf Dere, wo sie sich in Eisvögel verwandelten und jedes Jahr im Winter die Henne symbolisch ein Nest auf den Wellen baute, wo sie ihre Eier hineinlegte. Imma seufzte auf. Solche Romantik lag in dieser Geschichte, dass sie vorübergehend vergaß, wie ernst die Lage war und ein kurzes Lächeln über ihr Gesicht huschte. Doch sie runzelte direkt ihre Stirn, als sie sich fragte, ob der Eisvogel wohl auch diese Geschichte kannte und vielleicht eine trauernde Witwe war. Sie schüttelte ihren Kopf, wobei ihr Haarnetz gegen ihren Nacken wippte. Das war doch etwas weit hergeholt. „Bei mir zu Hause.“ Setzte sie erneut an, „nennt man den Vogel auch Eisenspecht! Vielleicht ist das auch ein Hinweis auf seine Herkunft? Andererseits gibt es das sehr altes Wort EISAN und das bedeutet einfach nur schillernd.“ Sie machte erneut eine kurze Pause. „Wir sollten uns vielleicht auf wesentlichere Hinweise konzentrieren. Der Name scheint mir wenig zielführend. Zumindest für den Moment. - Hingegen so ein spezieller Dolch aus den Tulamidenlanden, wie ihr ihn beschreibt, werter Hechgard, könnte hilfreich sein. Denn soweit ich weiß, sind doch solche wenig rondragefälligen Waffen, den Mittelländern verboten?“ Sie sah dem Spion erneut in die Augen, als der Brief endlich bei ihr angekommen war. Ihre grüne Regenbogenhaut schimmerte im Licht der hereinbrechenden Strahlen und sie wandte sich Lioba zu. „Vielleicht möchte die Werte Dame von Schleiffenröchte sich gemeinsam mit mir den Brief ansehen, ich könnte mir die Schrift und Sprache genauer ansehen und sie vielleicht Rückschlüsse aus dem Papier und der Tinte ziehen, meint ihr wir könnten unsere Expertisen verbinden?“ . (Imma)

Mit jedem Wort, das der Agent sprach, wurden die Augen Radulfs größer. Erschrecken wurde in seinem Gesicht deutlich und die Geschehnisse, die der Agent schilderte, schossen ihm immer wieder durch seinen Geist. ‚Ein Anschlag auf die Herzogenmutter – heute – ein zweiter Anschlag bereits verübt – keine Einbruchsspuren – eine Dolchwunde die nicht tödlich wäre - Gift! – 7 Stunde! – wir sollen sie RETTEN! …‘ Es fiel ihm schwer zu glauben, dass es wahr sein konnte, aber der Brief und die Stimmung im Raum machten deutlich, dass es kein Alptraum war. (Radulf)

Gespannt lauschte er den Erwiderungen der anderen und versuchte sich zu merken, welche Punkte es zu prüfen galt und welche Fragen ihm selber noch einfielen. ‚Arlan von Kranikteich: zwielichtige Kontakte prüfen – wer hat Kenntnis von diesem Brief -> woher stammt der Brief eigentlich? Borindrax … Zwerg: Der Verfasser des Briefes ist mit den Opfern „bekannt“ – Wurde das Schloss des Zimmers untersucht -> gibt es noch andere Wege in das Zimmer? – Adelsfamilien die nicht treu zum Herzog stehen und jemanden am Hof haben – Heraldik Eisvogel – Haffax Imma von Schellenberg – Was wurde bereits unternommen -> eine gute Frage. – Gifterwerb -> welches Gift kann so tödlich sein, dass ein einfacher Treffer bei einem Schlafenden reicht und wo kann man es beziehen? – Warum das Attentat erst heute Abend? – Täter unter dem Personal im Haus – oder uns – Woher stammt der Brief / wie wurde er versand -> na dann ist die Frage ja auch schon gestellt. – Inhalt und Schrift des Briefes -> was sind das für Zeichen? Hechard von Hetzenberg: Dolchtyp Mengdingsdar – Heraldik/Eisvogel: blau schillernd /gibt es einen Zusammenhang mit dem Täter – Täter hat Zugang zu den Opfer. Imma: Eisvogel hat eine rote Brust / jemand mit roten Haaren und blauen Augen – Anderer Name: Eisspecht – Eisan: schillernd – Hilft der Name weiter? – Dieser Dolch ist verboten – gemeinsame Expertise mit Lioba von Schleiffenröchte zur Schrift/Sprache/Papier/Tinte (Radulf)

-- Main.CatrinGrunewald - 27 Feb 2019