Kahlkoepfigkeit Probleme

Kahlköpfigkeit löst auch keine Probleme

Ort: Senalosch in den Vogteien Nilsitz.

Zeit:: Ende Firun 1041 BF.

Beteiligte: Oberst Dwarosch, Ihre Gnaden MarboLieb

Autoren: RekkiThorkarson und IseWeine

Inhalt: Oberst DwaroschSohnDesDwalin und Ihre Gnaden MarboLieb stehen vor einer häuslichen - und haarigen - Herausforderung.

---

Kahlköpfigkeit löst auch keine Probleme

Oder: Gefühle und Haare stören bloß.

Senalosch, Ende Firun 1041 BF

Der Winter hatte die Eisenberge fest in seinem Griff und die Wildbäche und Wasserflächen des Gebirges waren zu klirrend kalten, glasklaren Juwelen von trügerischer Schönheit erstarrt. Wer konnte, verbrachte die Zeit im Warmen. Gemessen daran hatte sie ihre Zeit erfolgreich verbracht.

Nichtsdestotrotz stand Marbolieb mit den bloßen Sohlen im eiskaltem Wasser und kniff die Augen zusammen, als ihr der Seifenschaum über das Gesicht rann. Sie rieb das nach Honig und Kräutern duftende Seifenstück über ihre Haut und genoss einen Atemzug lang die Erinnerung an den warmen, kurzen Sommer, ehe sie beherzt nach dem Tuch in der Wasserschüssel neben ihr fischte und sich die Seife vom Körper rieb.

Das Wasser hinterließ eine Spur aus Gänsepusteln auf ihrer Haut und rann ihr trotz ihrer besten Bemühungen in die Augen und winzigen, eiskalten Rinnsalen über Rücken und Brust. Wie ein Helm umfloss ihr Haar ihren Kopf, eine schwarze, dichte, schimmernde Masse, die sich vorwitzig bis in ihren Nacken tummelte und in einzelnen Strähnen in den Augen kitzelte. Irritiert schüttelte sie den Kopf, was dafür sorgte, dass einzelne Tropfen in alle Richtungen spritzten – auch wenn sie für diese vollkommen gebräuchliche Art des Badens kaum mehr als zwei, drei Schank an Wasser benötigte.

Die zierliche Geweihte tastete nach dem trockenen Leintuch, dass hier irgendwo hätte liegen müssen, und hielt inne, als sich die Tür vom Gang öffnete. Ein schmaler Lichtstreifen drang in den ansonsten dunklen Raum und hüllte sie in einen Abglanz des Fackelscheins. „Kann ich dir vielleicht behilflich sein, mein schwarzer Lotus?“, erklang die Frage aus Richtung der Tür. Der tiefe, wohlklingende Bass der Stimme war der Geweihten sehr vertraut. Es war Dwarosch, der nun hinter sich die Tür schloss und mit schweren Schritten hinter sie trat. Behutsam legte er ihr das Stück Leinen um die Schultern und begann dann ihr den Rücken abzutrocknen.

Als die Tür wieder ins Schloss fiel, wurde es dunkel im Raum. Das geringe Licht, das durch den fingerdicken Spalt unter den Brettern noch in das Zimmer drang, reichte selbst für Dwaroschs scharfe Augen gerade noch, ihn Umrisse und graue Schatten wahrnehmen zu lassen, wo Farbe und Licht hätte sein können. Er hörte, wie die Frau tief ausatmete und sich sachte in seine Berührung gab.

Marbolieb schloss die Augen und genoss seine Hände, deren Hitze wie ein Schmelzofen durch das dünne Tuch strahlte. Die Feuerpfanne in ihrem Raum war mit dem Morgengrauen erloschen und würde erst am Abend wieder entzündet werden – und auch wenn sie dem Fels, so tief im Berg, nicht anmerkte, ob draußen Sommer oder Winter herrschte, so war es in seinem Inneren doch empfindlich kalt. Die eisigen Tropfen, die aus ihren nassen Haaren über ihren Körper strömten, verursachten eine Spur aus Gänsehaut und ließen sie schaudern vor Kälte. Sie kostete für einen weiteren Atemzug die warme Liebkosung an ihrem Rücken aus und seufzte zufrieden, ehe sie nach einem Ende des Tuchs suchte und begann, das kalte Wasser aus ihrem Gesicht zu wischen.

Energisch machte sich die Kälte im Raum bemerkbar und belehrte die zitternde Geweihte, dass diese Tändelei eine eiskalte und zumindest jetzt mitnichten kluge Idee war. Auch dem Zwergen entgingen diese deutlichen Anzeichen nicht, ebenso wenig wie die Gänsehaut, die Marbolieb bekam und so reichte er ihr ihre Robe und half ihr mit dem anziehen. Dabei hatte er weiterhin gut gelaunt einen Vorschlag zu machen. „Ich würde vorschlagen wir gehen nach oben. Dort ist es warm und nach Frühstückt duftet es ebenfalls bereits. Mirlaxa und Topaxandrina sind schon fertig mit ihrer Mahlzeit.“

Marbolieb lächelte, als sie den Gürtel um ihre Hüfte schlang und lehnte sich einen Atemzug lang an Dwaroschs breite Brust. „Ein wunderbarer Vorschlag.“

Aus ihren feuchten Haaren rann ein einzelner Tropfen und zerstob auf der Stirn des Oberst, während sich ein weiterer über ihre Nase davonmachte. Mit unmutig gekrauster Nase fuhr sich die Priesterin mit einer Hand durch ihre verstrubbelt abstehenden Haare, zerrte an einem Knoten und schüttelte unglücklich den Kopf. „Dwarosch.“ klang es ziemlich kläglich in Richtung des vollbärtigen Zwergen. „Kannst du mich rasieren?“

Dwarosch lachte auf. “Natürlich kann ich das. In jungen Jahren habe ich mir selbst das Haupt rasiert, nur nicht zur Gänze wie bei dir. Ich ließ eine Sichel stehen. Ich glaube das war während des zweiten Orkensturms und eine Zeit lang danach. Rein optisch hat es mir durchaus gefallen.” Wiederum lachte der Oberst. “Aber es war trotz meines guten Aussehens nicht gern gesehen unter den Führung meiner Einheit. Hast du ein passendes Messer zur Hand, dann nehmen wir es gleich mit nach oben? Ich nutze lediglich eine Schere für derlei Dinge.”

Über Marboliebs Gesicht glitt angesichts dieser Vorstellung ein verhaltenes Lachen. „Das hätte ich gerne gesehen ... es war sicher eindrucksvoll.“ Sie schmunzelte über das Bild, das sich vor ihren Gedanken abzeichnete. Ihre Augen strahlten. „Mein Messer liegt noch in Calmir.“ Sanft tastete sie nach der Schulter des Oberst. „Du überraschst mich immer wieder.“ Die Geweihte lächelte erleichtert. „Ich hätte gedacht, dass Du nicht so glücklich über das Ansinnen bist, Haare zu scheren.“ Ihre Fingerspitzen glitten über die kunstvollen Flechten seines prachtvollen Bartes. „Ich kann mir dich ohne diesen Schmuck kaum vorstellen. Hattest Du Deinen Bart behalten?“

“Ich mag deine kurzen, schwarzen Haare. Sie passen gut zu dir”, gestand Dwarosch mit sanfter Stimme. “Doch für mich ist es immer noch etwas fremd dich so zu sehen und am Ende habe ich mehr als genug Haare für uns beide zusammen am Leib.” Er lachte und schüttelte den Kopf. “Ich treibe ein Messer auf und rasiere dich, mein schwarzer Lotus. Meinen Bart habe ich nur während meiner Lehrzeit zum Krieger gestutzt. Danach, schon während meiner ersten Jahre als Söldner, ließ ich ihn wachsen und habe ihn nie abgenommen. Ich habe ihn aber dann und wann etwas ausdünnen und in Form schneiden lassen.”

Die Geweihte strich über die Zier des Oberst und lächelte. „Er ist prachtvoll. Und nicht so leicht zu pflegen.“ Sie wusste, wie viel Zeit der Angroscho darauf verwandte, ihn sauber und ordentlich zu halten – und Mirla tat mit Begeisterung das Ihre dazu, dass dieser Zustand nie lange anhielt. Das kleine Kind war nachgerade vernarrt in ‚Dado!’ und seinen Bart.

In ihrem hübschen Gesicht stand ein warmes Leuchten, als sie den Kopf neigte und Dwarosch sachte auf die Wange küsste, einen Atemzug länger als notwendig die Berührung des kräftigen Zwergen genoss. „Ich danke Dir.“ Sie schwieg einige Atemzüge lang. „Ich habe noch nie Haare getragen. Schon meine Zieheltern haben sie mir immer rasiert. Das ist einfacher und sauberer.“ Nachdenklich fuhr sie mit ihren Zähnen über ihre Unterlippe. „Es wäre für Mirla auch an der Zeit.“

Ein kurzer Moment der Stille entstand. Dwarosch zögerte. „Du meinst, du willst ihr ebenfalls die Haare abrasieren?“ Seine Stimme verriet, dass er sich mit diesem Gedanken nicht recht anfreunden konnte. „Meinst du nicht, Mirla sollte diese Entscheidung selbst treffen, wenn es soweit ist, aus freien Stücken?“

Jetzt war es an Marbolieb, innezuhalten. „Dann kann sie keine Läuse bekommen. Und es ist einfacher, sie zu waschen.“ Sie ließ ihre Hand auf der Schulter des Zwergen, als suche sie Bestätigung und Halt. „Sie darf sie später gerne wachsen lassen, wenn sie groß ist – ich habe nichts dagegen.“ Sie senkte den Kopf, und eine leichte Röte wanderte auf ihre Wangen. „Aber ich weiß nicht, wie ich mich um ihre Haare kümmern sollte, Dwarosch. Ich besitze nicht einmal einen Kamm.“

Der Zwerg drückte die zarte Gestalt der Geweihten tröstend an sich. „Topaxandrina kämmt sie jeden Morgen und waschen kann sie ihre Haare auch. Sie tut es gern, das weißt du. Sorge dich nicht immer zu. Die Dinge fügen sich manchmal auch ganz von alleine.“ Dwarosch seufzte. „Ich verstehe deine Bedenken schwarzer Lotus. Bei euch ist es nicht unüblich, dass Kinder Läuse bekommen und sie sich rasch verbreiten. Ich kenne solche Fälle nicht aus Kreisen der Sippe. Vielleicht vertragen die Viecher ja unsere Ausdünstungen nicht.“ Er lachte leise. „Unsere Ernährung ist ja doch etwas … anders. Rasieren werde ich Mirla aber nicht, da habe ich viel zu große Angst, dass sie sich ruckartig bewegt und ich ihr weh tue. Aber auch hier wird sich eine Lösung finden lassen. Vielleicht traut sich einer der in Senalosch ansässigen Barbiere ja an diese Aufgabe. Das wird sicher lustig werden.“

„Ach, Dwarosch.“ Marbolieb seufzte und erwiderte die Umarmung des Oberst. „Du bist so gut zu mir.“ Eine einzelne Träne sammelte sich in ihrem Augenwinkel und sie schluckte. „Der armen Topaxandrina fallen wir alle beide zur Last. Sie beklagt sich nie, aber ich weiß doch, wieviel Arbeit wir für sie machen. Von mir aus darf Mirla ihre Haare gerne behalten – aber ich will einfach nicht, dass sie verschmutzt und ich mich nicht richtig um sie kümmere.“

Ihren festen Griff löste sie nicht.

„Entgegen einem recht weit verbreitetem Vorurteil haben zumindest die sesshaften Angroschim der Kernlande ein weitestgehend ungestörtes Verhältnis zum Wasser. Wir mögen es einfach nur nicht, wenn es im Überfluss vorkommt und man genötigt wird darin zu schwimmen oder darauf reisen zu müssen.“ Dwarosch grinste über beide Ohren. Sein Tonfall verriet aber ebenfalls, wie die Bemerkung gemeint war. Ein Lachen konnte er nur mühsam unterdrücken. „Mirlaxa bringt leben in dies riesige und sonst sehr stille Haus. Topaxandrina weiß das sehr wohl zu schätzen. Und glaub mir, sie wird sehr traurig sein, wenn ihr beide wieder nach Calmir geht. Ich im übrigen auch.“

Marboliebs Umarmung wurde fester. Sie legte ihre Wange auf den Scheitel des Zwergen und er spürte, wie ihre Tränen auf sein Haar purzelten. „Ich möchte bei Dir bleiben.“ flüsterte sie und schniefte, wenig damenhaft. Dwarosch ließ seine Hände über ihren Rücken nach oben streichen und ließ sie erst wieder auf ihren Schultern ruhen. Sanft drückte er zu, versuchte ihr Halt zu geben.

"Wegen mir musst du nicht zurück nach Calmir, schwarzer Lotus. Das weißt du. Ich habe es dir mehrfach gesagt", antwortete der Oberst verständnisvoll. Die Geweihte schluckte, und Dwarosch spürte, wie sie nickte. Widerstrebend löste sie eine Hand und fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen. „Entschuldige meinen Ausbruch.“ Sie machte keine Anstalten, sich aus der Umarmung zu lösen. „Du schaffst es immer wieder, mich aus dem Gleichgewicht zu bringen, Herr Oberst.“

Ein vorsichtiges Lächeln wärmte ihre Stimme. „Wollen wir nach oben gehen, damit ich dieses Fell loswerde? Wenigstens am Kopf?“ "Ja- wollen und sollten wir", bekräftigte der Zwerg dieses Vorhaben.

Er griff mit der Rechten nach ihrer Hand und gemeinsam traten sie den langen Weg aus den tiefen Kellerebenen ins Erdgeschoss des Hauses des Vogts an, wo sie die gute, warme Stube wussten. Marbolieb ergriff die Hand des Zwergen und begann, einmal wieder, den mühevollen Anstieg nach oben, zu dem Versprechen von Wärme, vielleicht sogar Sonnenstrahlen – und frischer Luft um die Ohren. ---

Kategorie: Briefspielgeschichte

-- Main.IseWeine - 17 Mar 2019