Feldzug Rabenmark, Kapitel 13: Auf der Talbruck

Auf der Talbruck

Ans Tor genagelt

Schon am Vormittag des kommenden Tages, brach der Zug zu jenem Punkt auf, an dem man für die nächsten Wochen ein dauerhaftes Lager aufschlagen würde: Burg Talbruck. Aldare von Fold-Galebfurten hatte den Nordmärkern die alte Feste und ehemaligen Herrschersitz der Baronie als Lagerplatz angeboten.
Jene Erhebung im Rahja Tälerorts, die strategisch günstig über einem weitläufigen Tal lag, erreichte man schon zum später Nachmittag. Das gleichnamige Dorf Talbruck lag dann auch wie erwartet in der Senke und war tatsächlich größer als Trutzenhain. Etwa dreihundert Menschen lebten hier.
Der begrenzende, felsige Hang auf dem sich die Burg befand, fiel steil ab und war nur durch eine aufgeschüttete Rampe zu erreichen, die zu einer Torhaus mit vorgelagerter Klappbrücke führte. Alles in allem war Talbruck noch im Wiederaufbau. Hier und da fehlten Ziegel auf den Gebäuden und sogar so mancher Quader in der Mauer.
Später, im Inneren der Burg sollte erkennbar werden, das der hölzerne Wehrgang, der zum Teil überdacht war, Lücken enthielt, welche scheinbar ein Feuer gerissen hatte. Talbruck war im Krieg geschliffen worden.
In der Burg selbst existierte ein vierstöckiger Bergfried mit überdachter Wachplattform, welcher bei guter Witterung eine enorme Sichtweite zu den umliegenden Ländereien ermöglichen musste. Der Palas besaß zwei Stockwerke und war gänzlich schmucklos, aber vollständig aus Steinen gefügt. Dazu gab es Stallungen und eine kleine Schmiede. Alles in allem war Platz für etwa einhundert Mann hatte die Baronin gesagt, wenn man eng zusammenrückte zumindest.
Doch zunächst hatten die Mitglieder des Zuges andere Sorgen, als das Beziehen des Quartiers und die damit verbundenen Abwägungen.
Der Bote, der zur Burg vorgeritten war, um die kleine Besatzung von vier Mann über die Ankunft der Nordmärker zu berichten, kehrte nicht zurück, um Meldung zu machen. Befürchtungen wurden Gewissheit, als die Spitze des Zuges den Weg auf die Rampe zur Burg hin einschlug. Pferd und Reiter lagen von Armbrustbolzen gespickt mitten auf dem Weg hinauf. Das weitaus bizarrere Bild jedoch bot der Wachsoldat, der an das halb offenstehende Tor genagelt war und dem etwas im Mund steckte. Raben und Krähen kreisten über dem Burghof, ihre Anzahl ließ noch schlimmeres vermuten.

Sie waren alle tot, die Leiber zum Teil geschändet. Vier Wachsoldaten und fast ein Dutzend Handwerker fand der kleine, rasch zusammengestellte Trupp vor, den man hatte ins innere der Burg vorgeschickt hatte. Von den Mördern selbst jedoch gab es zunächst keine Spur. Die Burg lag verlassen dar.
Auffällig war der beladene Wagen im Burginnenhof. Die Deichsel war leer, kein Pferd war zu finden und das Bauholz, das ringsum achtlos auf dem Boden verstreut lag, ließ darauf schließen, dass der Tod möglicherweise auf phexens Pfaden die Burg erreicht hatte.
Eiligst wurden Kundschafter endstand, diesmal jedoch nicht allein, sondern jeweils von einer Gruppen von vier Rittern hoch zu Ross begleitet. Spuren fand man keine, doch eine Befragung der Dorfbewohner ergab, dass diesen am Morgen der Holztransport zur Burg hin aufgefallen war. Dies allein sei jedoch nichts ungewöhnliches gewesen, Talbruck erhielt häufig Material für den Wiederaufbau.
Erst als ein einzelner Bote zur Burg ritt und kurz darauf zwei Pferde mit jeweils zwei Mann darauf sitzend von der Talbruck kommend rasch das Weite suchten, vermutete man im Dort, dass etwas geschehen sei. Getraut habe man sich aber nicht etwas zu unternehmen, denn der Tote auf der Rampe habe eine klare Sprache gesprochen.
Mit einer groben Richtung, in der die Mordbrenner entflohen seien sollten nahm man die Verfolgung auf und fand tatsächlich wenig später spuren von schwer beladenen Pferden, zwei an der Zahl.

Mit einem zügig zusammengestellten Suchtrupp war Alrik vom Schwarzen Quell aufgebrochen. Sie hatten eine schwierige Aufgabe vor sich, zum einen mussten sich sich beeilen um die Täter - die einen großen Vorsprung hatten - doch noch einholen zu können und auf der anderen Seite mussten sie vorsichtig sein, um nicht blind in einen Hinterhalt zu geraten. Die Hufspuren waren ein guter Hinweis gewesen und machten die Verfolgung einfach. Doch bald darauf führten sie fort von der Straße und in ein Waldstück hinein. Vielleicht ein oder auch anderthalb Stundengläser hatten sie damit zugebracht immer tiefer vorzustoßen, als ihnen Bratenduft in die Nase stieg. Schnell war die Gruppe abgesessen und Späher waren vorgerückt, als sie etwas später zurückkehrten wussten sie so einiges zu Berichten.
Keine zweihundert Schritt entfernt wichen die Bäume zu einer Lichtung auseinander, in deren Mitte eine alte, windschiefe Kate stand. Vor ihr saßen Männer und brieten unbekümmert einen Braten über dem Feuer. Groß war der gerechte Zorn, auf jene die erst Unschuldige abschlachteten und nun lachend und gröhlend beisammen saßen. Schnell war der Vorschlag da, ihnen einfach aus dem Hinterhalt mit dem Bogen ein Ende zu bereiten - doch brauchten sie nach Möglichkeit Gefangene… Vier Schützen am Waldesrand zurücklassend, bestiegen die restlichen Mitglieder des Suchtrupps wieder ihre Pferde und ritten einen Angriff. Das donnernde Hufgetrappel blieb ob der grölenden Unflätigkeiten lange ungehört, als die Rösser jedoch aus dem Wald hervor brachen und direkt auf die Kate zu hielten, entstand ein hektisches Treiben. Schnell versuchten das Pack seine Waffen zu ziehen und bildete eine kleine Front. Doch diese brach schnell unter dem Zorn der Nordmärker. Aus der Wucht des Ansturms geführt und glücklich gesetzt überlebten zwei der Schurken den ersten Angriff nicht. Im Kampf gebunden, streckte Alrik vom Schwarzen Quell den Dritten nieder, während der letzte Mörder sein Heil in der Flucht suchen wollte. Zurück zur Kate rennend, griff er den Bratenspieß auf und hielt ihn schützend vor sich. “ICH BRING EUCH ALLE UM!” Schrie er den Nordmärkern hasserfüllt entgegen. “Meine Rache wird euch ALLEEEEE Treffen!” Speichel flog durch die Luft, während er drohend seinen Braten in die Richtung des Suchtrupps stach - wobei dessen Bratensaft den Spieß herunterlief. “Bei Blakharaz ich bring EUCH UM!” Unbeeindruckt von seinen Gebärden kreisten die Nordmärker den Mordbuben ein, der sich weiter in die Tür der Kate zurückzog. Als unvermittelt eine Gestalt in schwarzer Kutte hinter dem Schurken aus der Kate trat. Unheilige, rot glühenden Augen blickten die Nordmärker an, die in ihrem Vormarsch unvermittelt gestoppt waren. Niemand von ihnen hatte mit einem Dämon gerechnet. Bedrohlich Pfiff die Peitsche, als der Heshtot sie im hohen Bogen schwang und die Nordmärker auf Abstand brachte. Der Schurke hingegen hatte in seine Schimpf- und Hasstiraden nichts mit, glaubte sogar selbst Grund für die Furcht und Sorgen in den Gesichtern seiner Gegner zu sein. Dann endeten sie apprut, als das schartige Schwert des Rachedämons aus seiner Brust hervorbrach. Ohne sie weiter zu beachten war der Dämon anschließend verschwunden. Hatte den Suchtrupp überhaupt nicht weiter beachtet und sie stattdessen ohne verwertbare HInweise zurückgelassen. Nein, denn sein Auftrag war erfüllt.

Als man später dann schließlich wieder, schon in nahezu vollständiger Dunkelheit Talbruck erreichte, nahm das die Gestalt des Schreckens noch einmal ein neues Gesicht an.
Das Feldlager war zu jenem Zeitpunkt schon zu Füßen der Erhebung errichtet, auf dem die Burg stand. Wachfeuer brannten und Soldaten patroulierten, stolze Banner wehten im seichten Wind.
Im Burginnenhof, den man rasch anstrebte, um Meldung zu machen, lagen verstöhrenderweise wahllos Menschen in verkrümmten Haltungen, zwischen denen aufgebrachte Arconiten mit sorgenvollen Mienen hin und her eilten.
Der Brunnen war vergiftet worden und einige der Nordmärker mussten ihre Arglosigkeit nun bereuen, mancher sogar würde sie mit dem Leben bezahlen.

Grauenvolles Nachtlage- Die Schlacht um die Talbruck

Es war eine Nacht, in der sich keiner der Schätze Phexens am Firmament zeigen wollte. Unheilvoller Nebel war kurz nach Einbruch der Dunkelheit aufgezogen, was bei einigen Edelleuten und Soldaten im Fedlager für eine angespannte Nervosität sorgte, aber auch oben auf der Talbruck. Zunächst jedoch blieb es ruhig.
Die nasskalte Witterung ließ diejenigen, die zur Nachtwache eingeteilt waren, sich um die wenigen Feuer versammelten, wenn sie denn nicht gerade auf Patrouille gehen mussten. In jenen Stunden kämpften die Arconiter aber auch immer noch um das Leben derjenigen, die vom vergifteten Brunnen gekostet hatten.
Später dann, etwa zur Efferdstunde wurden die Offiziere geweckt. Ein durch Mark und Bein gellender Schrei sei aus dem Osten vernommen worden, wurde ihnen berichtet, als dringe das wütende Fauchen eines Drachen vom fernen Himmel herab. Wiederholt hatte sich das Ereignis nicht, dennoch wollte man kein Risiko eingehen. Die Offiziere und Hauptleute wurden in Bereitschaft versetzt.
Die Ereignisse aber, überschlugen sich. Ein großer, länglicher Schatten zeichnete sich urplötzlich in dem dichten Nebel über dem Feldlager ab, durch den das Madamal nur als verschwommener heller Fleck zu erahnen war. Mächtiger Flügelschlag war zu vernehmen und der darauffolgende Schrei, ein Brüllen, ließ so manchen starr werden vor Schrecken. Einige jedoch, darunter vor allem diejenigen, die bereits in Mendena gefochten hatten, erinnerten sich nur zu gut an diesen Ruf aus den Niederhöllen - an die geflügelten Schlangendämonen, die die Gelehrten Karakilim nannten.
Nur wenig Zeit blieb auf diese unmittelbare Bedrohung zu reagieren, dann brach das Chaos aus. Im Zentrum des Lagers entstand Tumult, Schreie erklangen, Stimmen überschlugen sich vor Entsetzen und Schmerz. Für einige mochte es der letzte Laut gewesen sein, denn mancher Schrei endete abrupt.
Es waren Untote. Sie waren scheinbar überall mitten im Lager und griffen die noch um Orientierung bemühten Nordmärker an, die den Tod zu jenem Zeitpunkt vom Himmel erwarteten. Gleichzeitig erschollen panische Schreie von der Seite des Lagers, an dem ein Großteil der Pferde in einem eingezäunten Bereich untergebracht waren. Ein fliegendes, groteskes Etwas von etwa einem Schritt Größe- die abstoßende Fratze eines in beißenden Nebel eingehüllten Braggu erfüllte Mensch und Tier mit Schrecken. Dämonische und gehetzt hin und her huschende Augen trachteten danach das pure Entsetzen zu verbreiten, während die schlangenartigen Zungen umherpeitschten, als witterte der siebtspährische Diener der Präzentorin der Heulenden Finsternis damit lebendes Fleisch- Beute.
Provisorisch an improvisierten Pfosten angebrachte Holzlatten splitterten, als Hufe sie trafen oder gleich ganze, massige Pferdeleiber hindurchbrachen. Es gab kein Halten mehr.

Feuer! Sein Schein erhellte die Nacht. Es kam von der Talbruck. Das Tor, es stand in Flammen. Brandäpfel waren vom Himmel gefallen, aus den Klauen des Karakil- nein, den Händen seines Reiters geworfen worden.
Der Schlangendämon fauchte dröhnend, als erfreue er sich an dem lodernden Schein, der von unten den Nebel erstrahlen ließ, während er einen weiten Bogen flog, an Höhe gewann, um dann wieder die Talbruck anzufliegen.
Es war der Hofmagus des Hlûtharswachters, der plötzlich auf dem Bergfried der Talbruck auftauchte und dem erneut herabstoßenden, geflügelten Schlange einen Feuerball entgegenschleuderte und so noch schlimmeres verhinderte. Der Karakil versuchte zwar noch, dem magischen Brandgeschoss auszuweichen, doch schaffte er es nicht mehr zur Gänze aus dessen Flugbahn zu gelangen, zu spät hatte er den Magus und dessen Absicht erkannt.
Mit einer Explosion, die den Himmel über der Burg für einen Moment erhellte, wurde einer seiner Flügel zerfetzt, so dass er mit einem wütendem, infernalischem Schrei zu Boden fiel und inmitten des Feldlagers zu Füssen der Talbruck aufschlug.

Der Kampf war dort unten zu jenem Zeitpunkt bereits vollends entbrannt. Es war keine Schlacht in dem eigentlichen Sinne, zumindest nicht so, wie sich die meisten Mitglieder des Heerzuges es sich vorgestellt hatten. Sie kämpften hier nicht gegen sterbliche, sondern den Schrecken, der den Osten des Kontinents so lange in seinen Klauen gehalten hatte.
Man hatte geglaubt, oder vielmehr inständig gehofft, dass diese Zeiten vorbei waren, doch noch einmal warfen die Dunklen Lande ihnen die Ausgeburten ihrer Höllen entgegen.
Als die Gegenwehr im Feldlager erst einmal organisiert war und etwas später dann auch standhielt, konnte man der Untoten schnell Herr werden. Bis dahin aber waren viele Unbewaffnete gefallen, waren Opfer inmitten des Chaos geworden, vor allem aber waren viele der Pferde verschwunden und auch einige tod. Nicht mehr alle Ritter würden zurück in den Sattel gelangen, um ihren Lanzen Sollstärke zu verschaffen.
Der Dämonenfratze des Braggu nahm sich indes ebenfalls der Hofmagus des Hlutharswachter Barons an, der eine ganz besondere 'Affinität' für Wesenheiten aus der Domäne der Herrin der Untoten zu besitzen schien. Rhys Gwenlians Auftauchen indes konnte nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, denn er erschien urplötzlich in all dem Chaos unter den Verteidigern im Feldlager, obwohl er noch kurz zuvor auf der Talbruck gewesen war.
Das leuchtende Pentagramm, welches kurz darauf auf dem Boden der Wiese erschienen war, auf dem sich das Grauen abspielte, hatte jedoch wenig zur Beruhigung der Verteidiger gesorgt, war doch Magie nur eine weitere, für den Normalaventurier nicht greifbare Macht und wurde schon deswegen als vermeintlich böse, unheilverheißend angesehen.
Erst als der Dämon trotz heftiger Gegenwehr und bösartigen Geheul in das Zentrum des Pentagramm gezogen wurde und dort schließlich in einem Strudel verging, nein in seine Sphäre zurückgeworfen worden war, konnte zumindest ein Teil der Verteidiger aufatmen. In einem anderen Teil des Feldlagers wurde zu jenem Zeitpunkt jedoch noch gekämpft.

Es war die geflügelte Schlange, deren weit mehr als zehn Schritt langer Leib Verwüstung anrichtete. Um eine Schwinge gebracht aber nicht vernichtet war er abgestürzt und inmitten der Zelte am Fuße der Talbruck zum Liegen gekommen. Dort tobte er, versuchte mit wachsendem Mut, ja Raserei genug Platz zu bekommen, um sich wieder erheben zu können, denn sein Flügel schien sich zu regenerieren, die in Fetzen hängenden Teile seiner Lederschwinge wuchsen zusammen. Die Zeltplanen und Taue, die ihn beengten, oder sich gar um einen Teil des Karakil gewickelt hatten, verhinderten derweil einen ernsthaften Versuch vom Boden wegzukommen. Die wenigen Verteidiger des Feldlagers, die sich dem Dämon entgegenstellten suchten danach diesen 'Vorteil' zu nutzen.
Es waren Orgilsbündler, die mit geweihtem Stahl einem Unwesen zu Leibe rückten, das dem Herrn der Unrast angehörte. Sie hatten gespürt was zu tun ist, hatten im Herzen einen 'Ruf' vernommen, hatten zueinander gefunden, um gemeinsam zu tun, was der Herrin von Heim und Herdfeuer zum Gefallen war.
Sie handelten gemeinsam, sprangen für den anderen, den Bruder oder die Schwester an ihrer Seite in die Bresche, wannimmer Gefahr drohte, dass der Dämon einen von ihnen zu stark zu bedrängen vermochte und banden ihn so an jenem Ort, an dem er abgestürzt war. Doch der Orgilsbund bereitete nur das Feld. Es war die heilige Lanze des Orgil, die vom Pferd aus geführt in Händen der Geweihten der Leuin Rondralei Rubinklaue von Gratenfels dem Karakil ein Ende bereitete. Dem Sturmritt mit gesenkter Lanze hatte der Dämon nichts entgegenzusetzen, die geweihten Waffen, die ihn im Zaum hielten verhinderten eine effektive Gegenwehr und so verging er, nicht jedoch ohne dies mit grässlichen Gekreische zu beklagen.

Als der Dämon vergangen war ebbten auch nach und nach die Angriffe der Untoten ab. Überall lagen zerschlagene Skelette, zermalmte Knochen und Schädel. Verwundete schrien und Heiler eilten im Laufschritt hin und her, um zu retten wer noch zu retten war.
So endete es, jene Nacht, die Schlacht auf der Talbruck, die keiner der Überlebenden je vergessen würde.

Unerwarteter Besuch (Widderhörner)

Es war am späten Morgen nach dem Überfall auf die Talbruck, da eine Lanze der Ritterschaft auf Patrouillenritt im Umland unterwegs war. Unter den Rittern war auch ein Vertreter des Orgilsbundes- Alrik vom Schwarzen Quell.
Immer noch hing dichter Nebel über den Wiesen, vor allem aber zwischen den Baumschonungen, die das Dorf am Fuße der Burg umgaben. Doch es war nicht nur die nasskalte Feuchtigkeit, die in der Luft lag, es war auch Brandgeruch. Die Nordmärker hatten die Toten der Schlacht noch in der Nacht dem Feuer übergeben, die Diener der Zwölfgötter ihren Segen gespendet, auf dass jede Seele ihren Weg übers Nirgendmeer finden konnte.
Alrik hing seinen Gedanken an jenem Schrecken nach, dem er nur wenige Stunden zuvor ansichtig geworden war, als ein kurzer, ja fast flüchtiger Eindruck ihm die Nackenhaare aufstellen ließ.
Zwischen den Nebelfetzen, die sich nach den Geschehnissen der Nacht für ihn wie lange Tentakel bedrohlich zu bewegen schienen, hatte Alrik für nur wenige Herzschläge den Blick auf einen Mann erhascht, der am Rand einer Schonung stand und zu den Rittern blickte, die ihn in einiger Entfernung passierten.
Widderhörner... Trug jene Gestalt, die er erblickt hatte tatsächlich eine Kappe mit Widderhörnern auf dem Kopf? Groß war der Mann gewesen, mit einem wilden, dunklen Bart und einem schmutzigen Äußeren, welches in einen langen erdfarbenen Mantel gehüllt gewesen war. Eine weitere Besonderheit war der Stecken an seiner Seite gewesen, auf dessen Kopf ein langgezogener Tierschädel angebracht gewesen war. Der Ritter vom Schwarzen Quell ahnte was das zu bedeuten hatte, jener Mann musste ein Druide sein.
Alrik hatte Gerüchte vernommen, wonach eine ebensolche Gestalt im Chaos der Schlacht erschienen war und am Rande des Feldlagers Skelette bekämpft, aber auch einen Verwundeten geheilt hatte. War das möglich? Er hatte es zunächst für Hirngespinste gehalten.
Derweil schien niemand außer ihm Kenntnis von der Gestalt genommen zu haben. Die Lanze ritt unbeirrt entlang ihrer Route um das Tal.

Unsicher was er gesehen hatte, ließ Alrik sein Pferd erst langsamer werden und brachte es schließlich zum stehen. Seiner Neugierde nachgebend legte er zwei Finger zwischen die Lippen und stieß einen durchdringenden Pfiff aus. Ein Ruf der sogleich die Aufmerksamkeit der Lanze erregte, ihr zugleich aber auch signalisierte dass keine unmittelbare Gefahr drohte. Nur ungern drehte die Reiter um, um zum jungen Ritter zurückzukehren. “Wir machen hier kurz Pause!” Befahl dieser und löste damit keine große Begeisterung bei den Bewaffneten aus. Misstrauisch wanderte ihre Blicke umher. Das Land, die Verderbtheit die sich seiner Bemächtigt hatte und die scheinbar allgegenwärtig lauernden Gefahren erfüllte ihre Gedanken mit Sorgen und Angst. Alrik hingegen lenkte sein Ross in jene Richtung, in der er die Gestalt erblickt hatte.
Bereits ein gutes Stück vorher, stieg er aus dem Sattel und führte es. Nebelschwaden verschluckten hinter ihm seine Kampfgefährten und die Geräusche die sie verursachten, während vor ihm erneut der Mann mit der Widderkappe erschien. “Ich grüße Euch.” Ergriff der Schwarzen Queller als erstes das Wort. In der Linken hielt er derweil die Zügel seines Pferdes, derweil der Daumen seiner Rechten locken in den Waffengurt eingehakt war. Nah genug um schnell das Schwert ziehen zu können, doch weit genug entfernt um nicht als Drohung gewertet zu werden.
“Ich hätte nicht geglaubt das Ihr allein zu mir kommt.” Waren die ersten Worte, die der Druide an den jungen Ritter richtete. Misstrauisch musterte er den Gerüsteten, rang dabei gleichzeitig mit sich, schließlich war er es, der etwas wollte.
“In meiner Heimat haben wir auch Druiden.” Kommentierte der Schwarzen Queller einen Umstand, der im Allgemeinen häufiger geleugnet, als begrüßt wurde. “Ich hätte hingegen nicht damit gerechnet, dass die Gerüchte wahr sind und ein Druide bei der Verteidigung Talbrucks geholfen hat.” Auch der Ritter war voll Misstrauen und es kostete ihn viel Mühe seine Hand nicht näher an den Knauf seines Schwertes zu führen. “Was wollt ihr?” Fragte er schließlich gerade heraus, hatte sich der Sume doch mit Sicherheit aus einem triftigen Grund offenbart.
Der Nebel schluckte sämtliche Geräusche, frass sie wie ein nimmersattes Ungeheuer in sich hinein und verdammte die Welt rund um die beiden ungleichen Männer zu vollkommener Stille. Unruhig ließ das Pferd seine Ohren in alle Richtungen wandern, traute sich jedoch selbst nicht seinem Unmut durch schnauben Luft zu machen. Die unnatürliche Ruhe, war derart umfassend, dass sie beide ihren eigenen Herzschlag meinten hören zu können. Einander anblickend und misstrauischen musternd, dauerte es eine gefühlte Ewigkeit eh der Druide endlich die ihm gestellte Frage beantwortete. Rau und womöglich ein wenig unsicher, klangen seine Worte. Eine Bitte, eine Forderung oder war es eine Hoffnung die er dort vortrug? “Ich möchte Wunnemar sprechen...” Brachte er hervor, bevor er erstmals abbrach. “... er ist mein Bruder…” Fuhr er noch einigen Herzschlägen fort, nur um wieder zu schweigen.
Alrik ließ ihm dafür alle Zeit, die er bedurfte - schließlich war manchmal Schweigen ein viel schärferes Schwert, als jedes Wort.
“... er braucht meine Hilfe...“, brach es schließlich aus dem Druiden hervor und ließ den Ritter fragend die Augenbraue heben. Auch wenn dieser es nicht aussprach, war dem Druiden die Frage klar, die Alrik stellte. ‘Welche Hilfe kannst du bieten, die Schwerter, Magier und Geweihte nicht schon längst leisteten?’ Dies oder etwas ähnliches, musste er sich Fragen - vermutlich zu Recht. Es ärgerte ihn, er wollte das dieser Bursche endlich etwas sagte, doch stattdessen schwieg er beharrlich. ‘Dieser Wicht!!!’ Tobte es in ihm, doch beherrschte er seinen Zorn. Denn schließlich war er es, der den Kontakt zu Wunnemar herstellen konnte. “Ich heiße Koradin und meine Familie glaubt mich vermisst oder gar tot, doch so ist dem nicht … er braucht, ich kann ihm helfen … sehen … auf eine Weise, derer Eure anderen Verbündeten nicht mächtig sind.”
Alrik nahm die gezwungen herausgepressten Worte des Druiden mit starrer Miene zur Kenntnis.
“Wenn ihr Wunnemar helfen wollt, würde es Euch etwas ausmachen wenn ich mir zuvor Eure Worte bestätigen lasse?” Beendete er sein Schweigen, wobei er mit erstaunlich selbstbewusster und fester Stimme sprach. Kurz ging sein Blick über die Schulter, dorthin wo vom Nebel verschlungen seine Gefährten Rast machten.
‘Er misstraut mir…’ wollte sich Koradin in Gedanken echauffieren, war sich dann jedoch schnell der Ironie bewusst - war er selbst doch ebenfalls von misstrauen erfüllt. Nur zögerlich ließ er seinen Stab etwas sinken und bedeutete dem noch immer unbekannten Ritter das er ihm folgen würde.

Nur widerwillig gab der Nebel seine Kampfgefährten wieder preis. Ihre Unzufriedenheit stand ihnen ins Gesicht geschrieben und schlug in Furcht um als sie hinter Alrik den Druiden aus dem Nebel treten sahen. Schnell waren die Hände bei den Waffen, doch als der Ritter ihnen verkündete das der Unbekannte sie begleiten würde, beruhigten sie sich etwas. Ihre Vorsicht, geprägt durch Furcht und Schrecken, ließ sie sich immer wieder umblicken - der Druide, die Umgebung, der Druide, die linke Schulter, der Drude, die Rechte Schulter und immer so weiter bis sie endlich das Lager erreichten. Es dauerte etwas, doch letztlich fanden sich mehrere Recken, die bestätigten, dass Koradin ihnen während des Angriffs beigestanden hatte. Dahingehend, zumindest etwas beruhigt, sah Alrik Koradin eindringlich an. “Wunnemar ist auch mir ein Bruder! Fügst du ihm ein Leid zu, werde ich nicht eher ruhen ehe dieses Leid gesühnt wurde.” Eiskalt lief es Koradin den Rücken hinunter. Die Intensität mit der der Ritter seine Drohung vorgetragen hatte, hatte ihn unvorbereitet getroffen - ein heiliger Zorn hatte ihnen innegewohnt, der Zorn eines Manner der alles tun würde um seine Familie zu schützen.

Der Trossmeister, zu dem sich die Nachricht schnell herumgesprochen hatte, dass ein ‘seltsamer’ Besucher im Feldlager sei, noch dazu von einer der Patrouillen eskortiert, brauchte nicht gerufen werden, Wunnemar wollte mit eigenen Augen sehen, was es mit diesem Geschwätz auf sich hatte.
Mit Quendan an seiner Seite marschierte der Galebfurtener durch die Reihen der Wachen und kam dann weniger als einen Schritt entfernt von Alrik und Koradin zum Stehen. Ohne ein Wort wanderte sein Blick von seinem Bundbuder zu dem Fremden und Alrik sah das Unverständnis in den Augen seines Freundes, ja sogar Argwohn aufgrund der Aufmachung. Wunnemar erkannte ihn als das was er war- ein Sume.
Dann jedoch, kurz bevor Alrik das Wort ergreifen und sich erklären konnte, weiteten sich plötzlich die Augen des Baronet. Obwohl ihm der Mann vor sich völlig fremd sein musste und er sein Aussehen kaum kennen konnte, spürte er die Wahrheit.
“Koradin”, presste Wunnemar ungläubig, ja fast ängstlich hervor und dieser antwortete mit einem kaum merklichen Nicken. Zähe Momente verstrichen in denen sich die Brüder stumm ansahen, beide versuchten zu begreifen wer die Person war, die vor ihnen stand. So viel Zeit war vergangen. Sie hatten mehr Jahre getrennt verbracht, als sie gemeinsam verlebt hatten.
Wunnemar war gerade einmal sieben Jahre alt gewesen, als er Tälerort in Richtung Nordmarken verlassen hatte. Koradin, der drei Götterläufe jünger war als sein Bruder, hatte seine Heimat ebenfalls im Pagenalter verlassen, er jedoch in Richtung Kosch, wo er seinerseits eine Ausbildung zum Ritter hätte bekommen sollen. Soweit jedoch war es nie gekommen, früh war er von den Ländereien seines zukünftigen Schwertvaters ‘verschwunden’.
Diese aus der Trennung geborenen, schwermütigen Gefühle gaben den Ausschlag, überwanden alle Zweifel, überwanden Zurückhaltung und das Schamgefühl, dass sich aus dem Beisein so vieler Augen hätte erwachsen können.
Mit eiligen Schritten überwanden die Brüder die Distanz zwischen einander und umarmten sich innig. Tränen flossen, als sich Gefühle Bahn brachen, leise gesprochene, zärtliche Worte drückten aus, wie sehr sich die beiden vermisst hatten. Wiederverbunden war nun, was lange Zeit entzweit war.
Und dann, als Wunnemar und Koradin ihre Gefühle bereits wieder unter Kontrolle hatten, als Tränen getrocknet und die unbändige Freude des Wiedersehens ihnen strahlende Gesichter verlieh, traten Madalbirga und Thnakmar- ihre Eltern hinzu. Quendan, Wunnemars Knappe war zu ihnen geeilt, um ihnen zu berichten, als für ihn klar war, welch bedeutender Moment für die Familie gekommen war.
Während es für die Mutter kein Halt mehr gab, als sie ihrer beider Söhne ansichtig wurde, blieb der Vater stehen. Madalbirga aber rannte los. Die Hoffnung ließ sie alle Bedenken vergessen. Sie wollte mit jeder Faser ihres Körpers das es wahr war, dass sie Koradin, den tot geglaubten, geliebten Sohn zurückbekam. Thankmar aber war übermannt von seinen Gefühlen in diesem Augenblick und viel schwer auf die Knie, die Göttin von Heim und Herdfeuer anflehend, dass dies kein Trugbild, keine Täuschung sein dürfte.
Es waren die Söhne, die nach der Umarmung mit ihrer Mutter zu ihrem Vater gingen, um ihn wieder auf die Beine zu ziehen und beteuerten, dass er glauben durfte, dass seine Gebete letztlich erhört worden waren- sie waren wiedervereint.

Entführt

Es war am späten Nachmittag des dritten Tages nach der Schlacht um die Talbruck, da ein Botenreiter aus Trutzenhain, in den Farben des Hauses Galebfurten, die Rampe zur Burg hinaufgepresch kam und im Innenhof nach dem Befehlshaber rief.
Als kurz darauf der Baron von Hlûtharswach, in Begleitung seines Stabes erschien, musste der Gesandte der Baronin von Tälerort eine erschreckende Nachricht verkünden. Er berichtete, dass die Edle Hildegund von Galebfurten, bei einem Ausritt durch einen Hain nahe Trutzenhain entführt worden war.
Zum genauen Geschehen konnte der Bote lediglich erklären, dass die Altbaronin zwei Ritter samt Fährtenleser losgeschickt habe die Elde zu suchen, nachdem sie über viele Stunden nicht zurückgekehrt war. Sie Suchenden, fanden jedoch schließlich nur das von Bolzen gespickte Pferd der Edlen, sie jedoch nicht. Die vom Ort des Geschehens ausgehende Fährte lässt dabei vermuten, dass sie von mehreren Personen zu Pferde entführt wurde. Die Spur jedoch habe sich nur einige Meilen in Richtung Rahja verfolgen lassen, wo sie in einen Bachlauf hineinführt.
Als Folge war Madalbirga von Galebfurten, die Frau die gemeinsam mit ihm beim Hinterhalt vor Altzoll gegen den Paktierer gekämpft hatte, gemeinsam mit ihrem Gatten, Waffenknechten und einigen Söldlingen aufgebrochen um in der Region um Trutzenhain zu Kundschaften. Alrik vom Schwarzen Quell hatte derweil einen nächtlichen Wachdienst übernommen und folgte einer spontan gewählten Patrouillenroute durch das ruhende Lager. Als sich der junge Ritter dabei dem Rand näherte, erblickte er etwas Abseits eine Bewegung. Bedächtig näherte er sich dem Ort, an dem er das Gesehene vermutete und nutzte dabei die Schatten zu seinem Vorteil. Zu Hause in den Nordmarken wäre er sich ob seines Verhaltens dumm vorgekommen, hier in der Rabenmark jedoch hatte er schnell gelernt das man lieber etwas zu viel Vorsicht walten lassen sollte, als zu wenig. Als er den Ort jedoch erreichte, fand er nur einen Raben.
Froh, dass niemand versuchte sich heimlich an ihr Lager heranzuschleichen, richtete sich der junge Ritter wieder auf schaute den Vogel nachdenklich an. Unweigerlich beschlich ihn das Gefühl, dass der Rabe ihn ebenfalls nachdenklich ansah. Da es sich dabei, aber nur um Einbildung handeln konnte, unwillkürlich fragte er den Vogel dennoch. “Du bist nicht zufällig hier, um mir etwas mitzuteilen?” Als der Rabe, wie zu erwarten war, schwieg stieß Alrik erleichtert die Luft aus.
Der Rabe jedoch legte seinen Kopf schief und blickte zum Ritter auf. “Woher wisst Ihr das?” Erklang seine krächzende Stimme und jagte dabei dem Nordmärker einen heiden Schrecken ein. Am Horizont kündigte sich derweil der bevorstehende Sonnenaufgang ab und erweckte in Alrik das Gefühl eines Hoffnungsschimmers. “Hildegund wurde entführt!” krächzte er erneut, während sich der Ritter noch sammelte. Was nur hatte er an sich, dass Druiden und Hexen immer wieder zu ihm Kontakt aufnahmen? Wieso suchten sie sich nicht einmal jemand anderen? Dennoch ging der Schwarzen Queller vor dem Raben in die Hocke und besah ihn sich etwas genauer. “Und wer bist du mein Freund?”
“Hugin, Hildegunds Vertrauter!” Tatsächlich war ein gewisser Stolz aus der krächzenden Stimme herauszuhören. Alrik nickte, seitdem er in der Rabenmark war, war die Welt verrückt geworden. Es sprach folglich nichts dagegen, dass diese Begegnung sich wirklich ereignete und er nicht friedlich in seinem Lager schlief. “Hildegund wurde entführt!” Drängte der kleine Rabe erneut, um seine Freundin bangend.
“Weißt du wo sie ist oder wer sie gefangen hält?” Erkundigte sich er sich schließlich, als er die Sorge im Verhalten des Raben erkannte.
“Eine kleine Ruine, weit in diese Richtung.” krächzte der Rabe und blickte gen Rahja. “Viele Männer sind bei ihr, aber nur wenige der Eisenleute.” Fügte er eilig hinzu und ergänzte sich sogleich erneut. “Dutzende!”
“Ich werde Hilfe brauchen, kannst du hier auf mich warten und uns den Weg weisen?” Fragte der Ritter den Raben und kam sich dabei irgendwie lächerlich vor. Ganz zu schweigen, von dem Gespräch das er gleich führen müsste um besagte Unterstützung zu erhalten.
Es gab wohl nur einen Weg, wie er diese Sache angehen konnte und so begab sich Alrik auf direktem Weg zum Zelt seines Bundesbruder. Selbst der Umstand, dass die Praiosscheibe noch im Begriff war über den Horizont zu steigen, hinderte ihn nicht daran umgehend mit Wunnemar sprechen zu wollen. “Wunnemar, ich muss sofort mit dir und deinem Onkel sprechen!” Ließ er keinen Zweifel daran, dass sein Anliegen keinen Aufschub duldete.

Auch hartnäckigste Nachfragen von Seiten des Baronet, konnten seinen Bundesbruder nicht dazu bewegen ihn einzuweihen, warum er ihn des Nächtens aufgesucht hatte und sie auf Alriks Aufforderung nun gemeinsam zur Talbruck unterwegs waren, um das höchstgestellte Familienmitglied derer von Galebfurten zu wecken, den Herold des Markgrafen und rechte Hand des Kanzlers.
Was konnte es so wichtiges gebenen, dass ein solches Vorgehen erforderte und vor allem, dass der Schwarzenqueller ihm nicht allein hätte mitteilen können? Der Baronet schüttelte den Kopf, während sie Seite an Seite die Rampe vom Fuße des steinigen Hügels auf dem die Talbruck errichtet worden war zum Burgtor hinaufeilten.
Alrik war niemand den man ‘erweichen’ konnte, wenn er von etwas überzeugt war- in diesem Falle wohl die zwingende Notwendigkeit seines handelns. Für gewöhnlich schätzte Wunnemar ihn für diese Charakterstärke, in diesem Falle aber stellte er den Galebfurtener damit vor eine Geduldsprobe.
Im Burghof angekommen, rief Wunnemar den wachhabenden Offizier und wies diesen an Ilgar zu wecken und ihn in den Rittersaal des Palas zu bringen. Auch schärfte der Baronet dem Soldaten ein, dass er sich nicht solle abweisen lasse, die Sache die es zu bereden galt besäße die Rechtfertigung seinen Onkel zu dieser Stunde zu wecken. Den skeptischen Seitenblick auf seinen Bundesbruder konnte sich Wunnemar bei diesen Worten jedoch nicht verkneifen.
Schweigend gingen Alrik und Wunnemar dann zum Hauptgebäude und der Baronet führte seinen Freund eine enge, hölzerne Wendeltreppe hinauf, bis unter das Dach. Dort betraten sie durch eine schwere Holztür, die von gußeisernen Bändern getragen wurde und das eingearbeitete Wappen von Tälerort Ort trug den Rittersaal. Über dem Sturz des Einganges prangte für jedermann deutlich sichtbar die Schweigerose, das Symbol der Verschwiegenheit.
Ilgar von Galebfurten ließ die Jungritter nicht lange warten. Nicht einmal das Viertel einer Kerze, nachdem Alrik und Wunnemar den Rittersaal betreten hatten, kam der Herold des Markgrafen durch die nur angelehnte Tür getreten.
Der Onkel Wunnemars schien mitnichten verärgert ob der nächtlichen Störung, nein, er trug ein süffisantes Lächeln um die Lippen und eine bauchige Flasche an einem Henkel in der Rechten.
Mit einem neutral gehaltenen “Herrschaften” ließ sich der Enddreissiger auf einen der schweren Holzstühlen fallen und stellte das Gefäß vor sich auf die große, längliche Tafel, deren Oberfläche so viele Kratzer, Scharten und kleinere Löcher aufwies, dass sie wohl so manche Geschichte zu erzählen hätte.
Ilgars Garderobe war dem Umstand geschuldet, dass er natürlich im Bett gelegen hatte, als er Unterrichtet worden war, dass man ihn in einer dringenden Sache sprechen wollte. Er trug eine Wildlederhose und ein weites Wollhemd, dass lang über seine Taille fiel und für gewöhnlich wohl als Untergewand diente. Die Mühe sich Schuhwerk anzuziehen hatte er sich gar nicht erst gemacht, was darauf schließen ließ, dass er im Palas sein Zimmer hatte.
Auffordernd sah er langsam nacheinander Alrik und Wunnemar an und zuckte dann mit den Schultern. Während er “ich höre”, sprach, wanderte nun auch der Blick des Baronet wieder zu seinem Bundesbruder.
Keine Anklage lag in seinen Worten, als er sich nun endlich gegenüber den beiden Männern erklärte. “Gibt es in der Familie Galebfurten Hexen und ist die verschwundene Hildegund eine von ihnen?” Der Ritter stammte aus dem nördlichen Gratenfels und bis zur Rückkehr vom Haffaxfeldzug, hatte er sehr viel Zeit gemeinsam mit Marcorion Thomundson in den Wäldern Vairningens verbracht. Er wusste um den Nutzen von Hexen und Druiden und solang ihm kein Praios-Diener im Nacken stand oder sie Unschuldigen Schaden zufügten, würde er ihnen auch nicht nachstellen.
Während Wunnemar auf die Frage hin die Augen aufriss und Alrik überrascht anstarrte, verzog Ilgar keine Miene, sondern griff in aller Seelenruhe nach der bauchigen Flasche und entkorkte sie, um sich einen tiefen Schluck zu gönnen.
Der Baronet errang unterdessen seine Fassung zurück. “Wie… wie kommst du dazu soetwas zu Fragen?”, brachte er immer noch mehr oder minder entgeistert vor.
Wie unterschiedlich die Reaktionen der Beiden ausfiel, war dem Schwarzen Queller nicht entgangen. Anstatt also die Frage zu beantworten, verwies er seinen Bundesbruder an dessen Oheim. “Ich nehme an, dein Onkel kann es dir beantworten.”
“Das kann ich nicht. Aber ich bin auch nicht blind”, antwortete Ilgar freimütig und reichte die Flasche weiterhin in sitzender Position an Wunnemar weiter.
“Trink”, forderte der ältere den Baronet auf, nur um sich dann wieder Alrik zuzuwenden.
“Ich kenne Hildegund noch nicht sehr lange, sie war ein paar Mal zu Besuch bei Aldare. Ihre Kräutermischungen scheinen Wunnemars Großmutter immer sehr zuträglich gewesen sein. Nach ihren Aufenthalten in Trutzenhain war die Baronin stets in guter, körperlicher Verfassung für ihr alter. Aber es nicht dieser Umstand allein.
Ihre regelmäßigen, alleinigen Ausritte haben mich zumindest misstrauisch gemacht. Von dem riesigen Federvieh, mit dem sie sich stets in dem kleinen Hain nahe Trutzenhain getroffen hatte einmal ganz abgesehen.”
Wunnemar, der die Flasche gerade abgesetzt hatte, sah den Herold des Markgrafen fragend an. Ilgar jedoch verzog nur leicht schmunzelnd die Mundwinkel. “Ich war neugierig und hab sie im Auge behalten lassen.” Dann seufzte der Enddreißiger und seine Miene wurde ernst. “Nicht gründlich genug, sonst wäre sie noch hier.
Also”, sein Blick ruhte nun erneut auf dem Schwarzenqueller. “Was ist vorgefallen, dass du besagten Schluss ziehst und Wunnemar und mich zur Rede stellst? Du würdest dies sicher nicht tun, wärest du von deiner Sachen nicht überzeugt.”
Im Geiste fügte Ilgar hinzu: ‘und nur aus dieser Schlussfolgerung heraus spiele ich mit offenen Karten, denn für Katz und Maus spiel ist es zu spät.’
Der junge Ritter zuckte mit den Schultern. “Ich möchte eigentlich weniger jemanden zur Rede stellen, als viel mehr Gewissheit finden.” Korrigierte er die Aussage Ilgars. “Kurz vor Sonnenaufgang hatte ich eine Begegnung mit einem Raben namens Hugin. Er stellte sich als Vertrauter Hildegunds vor und beschrieb mir den derzeitigen Aufenthaltsort der Edlen und ihre Gesellschaft.” ‘Ja ich habe mich mit einem Raben unterhalten, nicht hinterfragen’ dachte er sich derweil, wohl bewusst wie absurd es erscheinen mochte. “Ich habe also um möglichst viele Familienmitglieder gebeten, in der Hoffnung dass eventuell einer der Anwesenden um die Gabe der Edlen und ihren Vertrauten wisse.”
“Er tat was?”, brach es aus Wunnemar heraus. Irritiert schüttelte er den Kopf. “Du willst uns weismachen, dass dieser Rabe dir seinen Namen gesagt und dir dann verraten hat, wo Hildegund ist?”
Ilgar hingegen lehnte sich derweil der Baronet sprach leicht vor und nahm ihm den Krug wieder ab. Er zweifelte offenbar nicht als Alriks Aussage, schien sich durch sie aber animiert noch einen Schluck zu nehmen.
Nachdem er noch immer gestanden hatte, entschied sich Alrik nun dich sich hinzusetzen. Schnell zog er einen Stuhl zu sich heran und setzte sich verkehrt herum darauf. Die Arme auf der Lehne Übereinandergelegt schaute er die beiden Männer an. "Es klingt absurd und das ist mir durchaus bewusst." Stellte der junge Ritter mit viel Ernst in der Stimme fest. "Genau aus diesem Grund wollte ich ja auch zu erst wissen, ob deine Base eine Hexe und damit diese ganze vollkommen verrückte Begegnung realistisch ist." Sich fahrig durch das Gesicht wischend fuhr er fort. "Sei es drum, nach dem Treffen mit deinem Bruder habe ich eh das Gefühl das Naturzauber einen Narren an mir gefressen haben…. Also, glauben wir dem Raben, dann befindet sich Hildegund in einer Ruine weit im Rahja und wird von gut einem Dutzend Leuten bewacht. Mit wenigen Eisenmänner, meinte er vermutlich schwer Gerüsteten, eventuell auch Drachengardisten."
Nachdenklich nickend reichte Ilgar den Krug nun an Alrik. “Hier trink einen Schluck, du kannst es am Meisten gebrauchen”, forderte der Herold den Jungritter auf, der nun, da er das Gefäß in Händen hielt roch, dass es sich bei dessen Inhalt um Wein handelte. Der Herold blickte indes zu Wunnemar auf.
“Es gibt ein paar geschliffene Burgen im Rahja von Tälerort, der Krieg währte lang hier”, fuhr Ilgar fort. “Ich müsste schon etwas mehr wissen, um die Suche eingrenzen zu können. Dennoch, wir wissen das sie lebt und können nun die Initiative ergreifen- Späher ausschicken. Ich werde morgen alles notwendige in die Wege leiten und auch mit dem Hlûtharswachter und der Heermeisterin reden.”
Der Blick des Herolds kam auf Alrik zum ruhen. “Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gern die Geschichte verbreiten, dass man mir zugetragen hat, dass Hildegund verschleppt wurde und dass man sie auf einer noch unbekannten Burg gefangenhält.”
Nach einer kurzen Pause fügte er an. “Ich, die Familie Galebfurten und der zukünftige Baron von Tälerort wären dir zu Dank verpflichtet, wenn wir die ‘Hexengeschichte’ für uns behalten. ”
Erst einmal gönnte sich Alrik einen Schluck vom Wein, es tat gut, wenn auch nur für einen Moment, einfach nur zur Ruhe zu kommen. Über den Tag mussten sie unablässig Wachsam bleiben und selbst in der Nacht, wenn sie eigentlich schlafen musste und sich im Schutz der Nachtwache wussten, schlief er gefühlt mit einem offenen Ohr. Hier und jetzt, konnte er sich jedoch kurz entspannen und sich sammeln.
Ernst sah er Ilgar an. “Es macht mir nichts aus, im Gegenteil, es war von vornherein meine Absicht. In meiner Familie hält man zusammen, steht zusammen und durch den Orgilsbund ist Wunnemar ein Bruder für mich geworden.“ Untermauert wurde seine Aussage zusätzlich durch den Rahmen, in dem er dieses Gespräch hatte führen wollen. Was die anderen Beiden jedoch nicht wissen konnten, war dass er grundsätzlich ein Freund der Naturzauberer war.
Ilgars Gesicht entspannte sich, als er die Zusicherung Alriks vernahm. Der Herold jedoch schien die Worte noch festigen zu wollen. Er erhob sich und reichte dem Schwarzenqueller den Arm, auf dass sie sich bei den Unterarmen fassen konnten.
“Alrik vom Schwarzen Quell”, sprach die rechte Hand des Kanzlers der Rabenmark, als der Jungritter ebenfalls aufgestanden war und zugegriffen hatte. “Ich zähle auf den Wort. Du wirst unserer Familie immer ein willkommener Gast sein in Tälerort.” Dann blickte er zu Wunnemar, ohne jedoch loszulassen.
“Freunde sind selten Wunnemar. Ehrt das was euch verbindet.” Mit diesen Worten entließ Ilgar Alrik und verließ den Rittersaal. Wunnemar indes sah seinen Bundesbruder dankbar an und lächelte. “Ich würde mir die Geschichte mit dem Raben gerne ausführlich anhören. Selbst wenn es länger dauern sollte, genug Wein haben wir ja”, schlug der Baronet vor und Alrik nickte, dass Lächeln erwiedernd ein.

Durch fremde Augen

Nachdem die Familie Galebfurten um Thankmar, Madalbirga und ihre beiden Söhne eine sehr intensive Zeit miteinander verbracht hatte, in der sie ihre Wiedervereinigung ausgiebig gefeiert und man sich gegenseitig von den Geschehnissen der vergangenen Jahre berichtet hatte, besann man sich schließlich darauf, dass nicht allen ein solches Glück wie ihnen beschieden war. Hildegund von Galebfurten, Base von Jolenta und Valeria, Leibärztin des Barons von Galebquell war entführt worden, aber sie lebte, diese Information zumindest war auf äußerst ungewöhnliche Weise zur Talbruck gedrungen und nur die wenigsten wussten auf welchem konkreten Weg.
Während Wunnemar ausgiebig von seiner Pagen- und Knappenzeit, dem Haffax- Feldzug, seinem Ritterschlag durch den Herzog der Nordmarken und seine aufregende Zeit im Gefolge des Barons von Hlûtharswacht berichtet hatte, offenbarte Koradin seiner Familie, dass er wenige Monde nach seiner Ankunft auf Burg Drabenburg, wo er als Page des Barons von Bärenfang hätte Dienen sollen, von einem Druiden entführt und für viele Jahre im bärenfangschen, einer Baronie im Rahja des Kosch, welche vom Koschmassiv dominiert wurde, mehr oder minder freiwillig in der Wildnis gelebt hatte. Dort hatte er dann auch dank der Gabe Madas seine Ausbildung zum Sumen begonnen und war schließlich in deren Kreisen initiiert worden.
Die Idee, die der jüngere Bruder Wunnemars vorbrachte, als das Gespräch schließlich auf die Entführte kam, flößte seinen Eltern zunächst einige aus Aberglauben geborene Angst ein, denn sie beinhaltete jene Zauberei, die weithin als schwarze Magie galt. Koradin aber beharrte auf dem Nutzen, der aus seinem Wirken für die Zukunft Tälerorts erwachsen konnte und auch an seinen guten Absichten.
Längere Zeit dauerte es, bis der verloren geglaubte Sohn seine Eltern überzeugt hatte. Wunnemar hingegen erkannte in seinem Bruder nun ‘den Dunklen’, den seine Großmutter in ihren Träumen gesehe hatte. Er war ihrer Interpretation zur Folge notwendig, um das Land zu heilen, während ihm selbst ‘dem Weißen’ die Aufgabe zugedacht war, die Menschen aufzurichten, ihnen Hoffnung zu geben und sie wieder in den Schoss der zwölfgöttlichen Kirchen zurückzuführen. Diese Erkenntnis war es, die Wunnemar dazu brachte sich auf die Seite seines Bruders zu stellen.
Die Offenbarung, dass Koradin für jenen Zauber, mit dem er durch fremde Augen würde blicken können, ein Kleidungsstück Hildegunds und am besten auch ihre Haarbürste benötigte, befeuerte das Unbehagen der anderen noch einmal, doch die Erklärung, dass dies notwendig sei, um geistigen Kontakt zur Entführten herzustellen, ließ sie auch diese Bedenken schließlich nicht vergessen, aber die Notwendigkeit darin sehen. Und so wart es beschlossen.

Kaum eine Kerzenlänge nach Ende des Gesprächs donnerte eine Lanze der Ritterschaft die Rampe der Talbruck hinab, passierte das Feldlager und schlug den Weg nach Trutzenhain an, um das Benötigte zu holen. Da diese Aufgabe heikel war und unbedingt im geheimen geschehen musste, war es Alrik von Schwarzen Quell, der inmitten der Reiter dazu auserkoren war sie auszuführen. Wunnemar hatte ihn ins Vertrauen gezogen und der Bundesbruder hatte den Baronet nicht enttäuscht, auch wenn er seine Bedenken ihm gegenüber geäußert hatte.
Im Morgengrauen des nächsten Tages ritten Wunnemar, Koradin, Ilgar und Alrik vom Schwarzen Quell von der Talbruck aus zu einem nahen Wäldchen abseits des Feldlagers, um den Plan des jungen Druiden auszuführen. Thankmar und Madalbirga hatten sie zurückgelassen. Die beiden Brüder hatten ihre Eltern bewegen können auf sie zu warten. Koradin hatte sie nicht dabeihaben wollen, die Angst sie durch seine Magie zu verstören war ihm zu groß.
Im Schutz des Gehölzes aus verschiedensten Arten von Laubbäumen stiegen sie ab und banden ihre Pferde fest. Koradin lief eine Weile umher ohne ein Wort zu verlieren, bevor er sich für einen Platz entschied und sich am Stamm einer alten Eiche niederließ.
Nachdem Wunnemar seinem Bruder einige Kleidungsstücke Hildegunds, ihre Haarbürste, ebenso aber die in der alten Mühle gefundenen Wappenröcke der Drachengardisten gereicht hatte, letztere vorrangig weil Koradin hoffte sich damit besser auf den Ort fokussieren zu können, an dem die Edle gefangen gehalten wurde, begann dieser seinen Oberkörper mit leisem, unverständlichem Gesang hin und her zu wiegen.
Von da an verrann die Zeit wie zäher Honig, nichts geschah. Die Monotonie in der Bewegung des jungen Druiden verstörte seine Zuschauer zusehends. Wunnemar musste sich zusammenreißen, seine Nervosität stieg. Ilgar ließ sich zumindest rein äußerlich nichts anmerken.
Ein halbes Stundenglas später verharrte Koradin plötzlich und öffnete seine Augen. Sein Blick jedoch weilte in der Ferne. Mit einem kaum merklichen Nicken gab er den Anderen zu verstehen, dass der Zauber geglückt war.
Leise begann Wunnemars Bruder zu flüstern und gab dabei mit seinen Worten wieder, was er durch fremde Augen- durch die Augen Hildegunds sah.
Sie schien in einer Zelle zu sitzen. Sie kauerte am Boden, starrte auf ihre eigenen, von Dreck beschmutzten, nackten Füße. Sonnenlicht drang von links hinein, erhellte den Boden. Unter einzelnen Strohhalmen sah man grob behauene Steine.
Lange Zeit geschah nichts und der Druide fürchtete schon, er müsse die Verbindung, die Kräftezehrend war abbrechen, doch dann blickte Hildegund nach oben und Koradin sah einen Bergfried durch ein kleines Gitterfenster. Er machte den Eindruck unvollständig, oder nein- es schien als sei er halb eingestürzt. Oben fehlten wohl mehr als entweder das Dach oder der Zinnenkranz. Leicht schräg verlief die verbliebene, oberste, rußgeschwärzte Steinreihe. Ein Feuer?
Ilgar von Galebfurten schlug sich mit der zur Faust geballten rechten in die linke Handfläche, als er die Beschreibung vernahm. “Rotenzenn”, mehr brachte er nicht hervor, doch dies eine Wort enthielt Gewissheit. Es war eine Feststellung, der Name einer benachbarten Baronie im Rahja, alles passte zusammen.
Eiligst verließ der Herold des Markgrafen den Platz vor der Eiche in Richtung seines Pferdes. Es gab ein Ziel und viele Dinge mussten in Bewegung gesetzt werden.
Wunnemar aber ließ sich vor seinem Bruder auf die Knie fallen und legte seine Stirn an die Koradins. Als er kurz darauf zu Alrik aufblickte, hatte er Tränen in den Augen.
Wunnemar schämte sich, dass er Bedenken gehabt, dass er an seinem eigenen Bruder, an dessen Aufrichtigkeit gezweifelt hatte.
“Geh, reite mit Ilgar zurück”, bat der Baronet seines Bundesbruder. “Wir kommen nach.”