Überblick

Überblick

Einige Zeit war Imma in ein anderes Kleid aus dunkel gefärbten Leinen mit einer einfacheren ledernen Verschnürung gewandet- bereit zur Bibliothek aufzubrechen. Die Form ihres Kleides, welches offensichtlich trotz einer gewissen Schlichtheit von sehr guter Qualität war, verhinderte, dass der Saum den Boden streifte. An ihr Handgelenk gebunden trug sie einen dicken ledernen Beutel, der mit Bändern fest verschnürt war und Schriftstücke vor Efferds Gefahren bewahren sollte. Ihren Mantel hatte sie mit einigen weiteren bronzenen Fibeln in Form feingearbeiteter Pferde festgesteckt. Ihr Haar trug sie weiterhin im selben Haarnetz wie zuvor, lediglich die Steine und ein Teil der Bänder hatte einer der Diener, die ihr auf die Schnelle beim Umkleiden geholfen hatten, aus ihren Locken gezogen. (Imma)

Staubteilchen tanzten im bunten Licht, das von oben in den runden Altarraum des Hesindetempels fiel. Den Blick gen Alveran gerichtet, wurde ein gläsernes Oberlicht offenbar, das in sechs abgerundeten Dreiecken angeordnet war. Filigranste Einlegearbeiten enthüllten, beim längeren Betrachten, eine sich in den Schwanz beißende Schlange, welche sich im Kreis von Fenster zu Fenster schlängelte. Den Blick der sich windenden Schlange folgend, wechselten die Farben von Orange zu Rot, dann zu Blau und Gelb, schließlich von Violett zu Grün um dann wieder in das orangene Fenster zu gelangen.

Die Luft war erfüllt vom staubigen Geruch nach altem Pergament, Leder und Tinte. In den sechs Nischen, die in das Rund des Tempels eingelassen waren, fanden sich Tische, überladen mit Schriftrollen in fremdartigen Schriftbildern, Bücherregale, die überquollen von alten und massigen Folianten oder versiegelten Pergamentrollen und Kisten und Truhen, die weitere Geheimnisse versprachen.

In der Mitte des Tempels stehend, blickte HESinde, dargestellt als barbusige Frau mit einer sich um sie windenden Schlange, Besuchern entgegen. Durch das Farbenspiel des Oberlichtes war die vielleicht vier Schritt hohe Statue in die sechs Farben der Elemente getaucht und wechselte so ständig ihr Äußeres.

Die Schritte der beiden jungen Frauen verursachten beim Eintreten hallende Echos, da sie, abgesehen von einem vielleicht 45 Jahre alten Geweihten der Hesinde, der gerade mit einem Novizen sprach, alleine waren.

„Nein nein, erst Levthan, dann Kor und Nandus, gefolgt von Aves, Marbo und Simia. Die Reihenfolge ist wichtig für deine Studien über den Sternenhimmel, lege also gefälligst mehr Sorgfalt an den Tag. Bis zur Abendandacht möchte ich, dass du die Sternenbilder herausfindest, die, der Elementaren Analogie nach Paramanthus nach, den Halbgöttern zugeordnet sind. Und jetzt verschwinde, wir haben Besuch.“

Der Geweihte wendete sich den beiden Ankommenden zu. Er trug auf dem Haupt eine grüne Rohalskappe mit goldenem Reif, dazu ein traditionelles Wickelgewand aus grünen und goldenen Stofflagen sowie ein Schlangenhalsband aus Bronze und Silber. Klare, blaue Augen blickten den beiden Damen neugierig entgegen, während er seine Hände vor dem Bauch faltete. Mit seinen vielleicht 1,75 Schritt war er nicht auffällig groß und sein kleines rundes Wohlstandsbäuchlein rundete das Bild des Tempelvorstehers Elador Thedon ab.

„Möge Hesinde euch leiten, Antworten auf eure Fragen zu finden.“ Er zeichnete während seiner Begrüßung mit der rechten Hand, an der er einen Zeigefinger ausgestreckt lies, eine vertikale geschlängelte Linie vor sich in die Luft. „Womit kann ich euch dienen?“

Imma war einen Schritt hinter Lioba eingetreten. Sie war ein wenig außer Atem, hatte sie doch versucht mit Lioba Schritt zu halten. An der einen oder anderen Ecke war sie stehen geblieben, um Lioba auf besondere Gebäude hinzuweisen und mit ihr die Stilrichtungen der Architektur zu diskutieren, im Stadtpark schließlich hatte sie versucht das Gespräch auf die Landschaft und die Fauna zu lenken. Nicht allein um des Wissens willen - ebenso hatte sie gehofft, so das Tempo ihres Marsches zu drosseln. Gleichmäßige Schritte zu machen kostete sie viel Anstrengung und so musste sie mehrmals tief einatmen, bevor sie Elador begrüßen konnte. „Der Allweisen zum Gruße, Hoher Lehrmeister. Ihr erinnert euch vielleicht an mich, vor einigen Götterläufen war ich eure Schülerin. Mein Onkel hatte mich zu euch gebracht, die Kunst des Schreibens und andere nützliche Dinge des Geistes zu erlernen.“ (Imma)

Obgleich ihre Figur weicher und ihr Gesicht reifer geworden war, hoffte sie der Geweihte würde sich an sie erinnern - war er doch eigentlich froh um jeden, der wissbegierig und aus freien Stücken, seinen Weg zu ihm fand. Doch - sie hegte den Verdacht, er würde sich nicht an sie als eine seiner wissbegierigeren Schülerinnen, sondern zunächst an ihre erste Begegnung entsinnen. Tief versunken in den ersten Rhajalieb-Roman ihres jungen Lebens war er an sie herangetreten und hatte ihr einen langen und energischen Vortrag gehalten über die Unsitten der Schundliteratur und ihr dann eine gepfefferte Strafarbeit aufgegeben. Aller Fleiß, alle klugen Fragen, alle Fachgespräche, die in den folgenden Jahren ihr Verhältnis prägten, traten in den Hintergrund, sobald er wieder einmal den Verdacht hatte, sie würde sich ihren Geist mit Rhajalieb oder Prinz Eisenschwert verderben. Da ihre Leidenschaft für die schäbige Sparte der Literatur immer noch in ihr gärte, wurde sie ein wenig rot, als sich ihre Blicke trafen und sie fügt rasch hinzu: „Dies ist Lioba von Schleiffenröchte, eine werte Kollega der Kunst.“ Sie neigte in Ehrerbietung den Kopf, so dass sein Blick nicht mehr in ihrem Kopf herumforschen konnte. (Imma)

Einen kurzen Augenblick lang sah Elador Thedon Imma an, dann wanderten seine Mundwinkel steil nach oben, die Augen blitzen vor Erkenntnis und belustigender Erinnerung. „Nein, das ist doch die kleine Imma. Naja, klein seid Ihr jetzt ja nicht mehr. Lest Ihr denn immer noch diese Schundromane? Wie ist es euch denn ergangen?“

Dann wendete er sich schnell Lioba zu, entschuldigend mit den Schultern zuckend „Aber verzeiht, wo habe ich meine Manieren. Seid willkommen in diesen Hallen, werte Frau von Schleiffenröchte. Welche Art der Kunst habt ihr euch zugewendet?“ Lioba hatte sich auf dem Weg zunächst gewundert, dass Imma so leicht abzulenken zu sein schien. Allenthalben war sie stehen geblieben, hatte sie auf dies und das angesprochen… Als hätten sie alle Zeit der Welt. Schließlich aber kam Lioba der Gedanke, dass ihre Begleiterin schnelles Gehen nicht gewohnt zu sein schien. Also versuchte sie ihr Tempo zu drosseln, musste aber feststellen, dass ihr das gar nicht so leichtfiel. Schließlich aber erreichten sie den Hesinde-Tempel und Lioba blickte sich im Altarraum um, ließ ihn einen Moment auf sich wirken. Sie war zwar das eine oder andere Mal in ihrer Lehrzeit hier gewesen, doch lag ihr letzter Besuch schon eine Weile zurück. Nun neigte sie vor dem Tempel-Vorsteher respektvoll das Haupt und sagte: „Habt Dank, Hoher Lehrmeister. Hesinde zum Gruße.“ Sie ließ sich von Imma vorstellen und auf die Nachfrage des Geweihten hin antwortete Lioba artig: „Der Malerei, Hoher Lehrmeister.“ und erläuterte dann kurz: „Wir sind in der Hoffnung in Eure ehrwürdige Halle gekommen, mit dem hier versammelten Wissen ein bestimmtes Siegel identifizieren können.“ (Lioba)

„Welcher Art ist das Siegel und in welchem Kontext steht es?“ kam die prompte Nachfrage Eladors.

„Nun“, begann Lioba und überlegte, wie viel sie dem Mann wohl anvertrauen durfte. Sie warf Imma einen kurzen Blick zu, welche mit einem knappen Nicken signalisierte, sie könne ihrer Intuition trauen, und beschloss dann, sich zunächst möglichst verallgemeinernd zu äußern. Man konnte schließlich besser noch etwas hinzufügen als bereits Gesagtes wieder zurücknehmen. „Ich zeichne es gerne für Euch auf. Vielleicht sagt es Euch ja zufällig etwas. Wir vermuten, dass es zu einer Art Gesellschaft oder einem Zirkel gehört, der vermutlich im Verborgenen agiert. Begegnet ist es uns in einem Brief, dessen Absender einen Decknamen benutzte. Möglicherweise gehört er der Zunft der Magier an, dies ist jedoch nicht sicher. Sicher ist nur, dass es von äußerster Wichtigkeit ist, den Absender dieses Briefes ausfindig zu machen.“ Dies sagte sie mit großem Ernst. (Lioba)

Nach dem Gruß Liobas hatte Imma überlegt, welche Bücher in Frage kämen und ob es mehr Sinn machen würde, Elador direkt nach Informationen zu befragen, oder zunächst verschiedene Bücher querzulesen. Während sie auf eine Reaktion des nicht mehr allzu jungen Geweihten wartete, ging sie im Kopf die Werke durch, die ihr zielführend schienen: Zunächst war da Prems Tierleben, dort gab es zumindest ein Bild des Eisvogels und im besten Fall einige Hinweise auf das Tier, per esempio wo es heimisch war, Lioba konnte es vielleicht sogar abzeichnen, so dass es die anderen alle vor Augen haben konnten. Der Index Werheimium und der Foliant der Kräuterkunde könnten das Gift noch weiter einschränken helfen, obschon ja die Alchemistin dahingehend mit etwas Glück Informationen haben könnte --, jedenfalls würde es nicht schaden einmal hineinzusehen. Es gab noch ein Werk von Jashmahni ibn Sanafi, oder so ähnlich, dessen Titel Imma partout nicht einfallen wollte. Dort könnte es Hinweise auf eine Verschlüsselung von Texten, Codeworten oder Tarnnamen geben. (Imma)

Darüber hinaus lagerten viele einzelne ungebundene Schriftstücke hier und sie hoffte nach einem ersten kurzen Überblick in den allgemeineren Bänden, in diesen spezielleren Aufzeichnungen Hinweise zu finden, die sie weiterbringen könnten. Sie dachte noch weiter über die Nützlichkeit ihr bekannter Werke nach und ging die Punkte durch, die ihr in den Sinn kamen: Zunächst Papier, Tinte und Siegel, dann die Taube, mögliche Reichsverräter, Eisvogel, Vater und Cordovan als Tarnnamen, dementsprechende Tarnsysteme, dann das Gift, die Taube. Nun nickte sie ebenfalls gemessen „Bevor Ihr Euch dieser Angelegenheit widmet, so sagt mir, befindet sich Prems Tierleben und der Index Wehrheimium noch an derselben Stelle wie bei meinem letzten Besuch? Wenn ja, würdet ihr mir gestatten, mir diese Werke selbstständig zu nehmen und auch nach weiteren Schriftstücken zu forschen, wenn ich Verweise darauf finde? Wenn ihr an der Systematik der Ordnung nichts verändert habt, dann dürfte es mir leichtfallen, mich alleine zurecht zu finden und ihr könntet euch voll und ganz mit diesem Siegel beschäftigen, denn ich denke, dass dieses euch sicherlich mehr faszinieren wird als eure frühere Schülerin an bereits vertraute Ort zu führen. Dürfte ich mir darüber hinaus einen der Lesetische zur Nutzung nehmen, damit würdet Ihr mir das Arbeiten sehr erleichtern?“ Ihre Liebe zur Sprache und zu Büchern brach sich regelmäßig in Bibliotheken Bahn, und so wurde sie auch hier, am ersten Ort dieser Liebe, in der Nähe all dieses Wissens ganz euphorisch. Ihre Augen glänzten, das Herz klopfte schneller und sie konnte es nicht erwarten, sich in den Worten zu vertiefen, die sie der Enttarnung des Meuchlers näherbringen würden. (Imma)

„Sicher sicher, fühlt euch ganz wie in alten Zeiten, werte Imma.“ Und augenzwinkernd fügte er hinzu „und selbst wenn ich in den letzten Tagen die Systematik ein wenig verändert haben sollte, bin ich sicher, ihr werdet die Logik dahinter entschlüsseln können.“ Dann wandte er sich Lioba zu.

„Oh, eine Geheimgesellschaft? Wie aufregend, natürlich versuche ich, mit Hilfe der Allweisen Herrin, euch zu helfen.“ Geheiligter Eifer sprach aus seiner Stimme, die vor Aufregung vibrierte. Er nahm Lioba mit sanftem Druck am Arm und führte sie zu einem der Schreibtische in der Nische direkt hinter der Statue. „Kommt, meine Liebe. Hier, „er wies auf einen Stuhl „setzt euch, ich reiche euch Schreibmaterial.“ Er suchte Tusche, Feder und Papier zusammen und legte es vor Frau von Schleiffenröchte ab.

Lioba musste über die Begeisterung des Geweihten lächeln. Hatten sie zufälliger Weise sein Steckenpferd getroffen? In jedem Falle war sie ausgesprochen dankbar dafür. Je mehr Informationen sie in der kurzen Zeit gewinnen konnten, umso eher würde es ihnen gelingen, die Herzoginmutter zu schützen. Sie schickte einen stummen Dank an die Herrin dieses Tempels und nahm mit den aufrichtig empfundenen Worten: „Habt vielen Dank, Hoher Lehrmeister.“ bereitwillig Platz. (Lioba)

Lioba liess ihren Worten auch Taten folgen und zeichnete das Siegel für den Hesindegeweihten auf. Dieser blickte ihr währenddessen neugierig auf die Finger. Er erkannte die länglichen Formen und zog aus einer Schublade ein Lineal hervor und gab auch dieses Lioba.

Als das Siegel fertig war, studierte der Hochgeweihte bereits intensiv die Formen und Buchstaben. Dabei kaute er auf einem Federkiel, den er sich zwischen die Lippen geschoben hatte. „Ah ja, interessant. Diese länglichen Gebilde sind mit Sicherheit keine Säulen. Sie würden nichts tragen, stehen sie doch schräg im Raum. Sie müssen also etwas Anderes darstellen. Das Dreieck darüber ist ein verbindendes Element. Es überdacht, beschützt und setzt beide Seiten in eine gemeinsame Bedeutung. Die Buchstaben sind in einer Schriftart, wartet, ja, gleich…“ Er blickte zur Statue und malte mit seinem rechten Zeigefinger Schlangenlinien auf den blanken Tisch: „Ja, Erlass der Reichskanzlei zur Förderung der elfischen Künste an den Magierakademien des Reiches auf Grund seiner kaiserlichen Hoheit Rohals des Weisen… das ist altgaretische Kanzleischrift! Ha, nun, schauen wir mal nach der Bedeutung.“ Er blickte auf, hob die rechte Hand mit einem ausgestreckten Zeigefinger und schmunzelte. „Eure Ideen? Was könnten die Buchstaben KWAST bedeuten?“ In kürzester Zeit hatte Imma, nicht weil sie flink, sondern vielmehr außergewöhnlich effektiv war, Bücher und diverse Dokumente zusammengetragen. Sie legte sie auf einem der Lesetische in der Nähe der Nische ab, in die sich Lioba und der Geweihte zurückgezogen hatten. Gerade als sie Lioba Prems Tierleben mit dem Bild eines Eisvogels herüberreichen wollte, damit sie diesen abzeichnen konnte (‚man weiß ja nie‘ dachte sie bei sich) hörte Imma Eladors Stimme. Sie klatschte sich mit der Hand auf die Stirn und sagte: „Natürlich, altgaretisch, wie dumm, dass ich nicht daran gedacht habe. Das K, das steht sicher für kaiserlich, und A für Akademie, würde ich meinen. Also eine kaiserliche Akademie. Aber.. Das W steht gesondert oben, ist sicherlich eine Ortsangabe und…“ Sie ärgerte sich, nicht direkt daran gedacht zu haben und versuchte sich in Erinnerung zu rufen, was sie über Akademien wusste, und stattdessen kamen ihr die Worte ihres Bruders Hagrian in den Sinn. Er hatte vor seinem Aufbruch gen Medena tagelang über Haffax schwadroniert und warum man diesem Dämonenpaktierer gegenübertreten müsse. „…war Helme Hafax nicht der Graf von Wehrheim, bevor er (Sie machte eine erschreckte Pause)? Gibt es dort kaiserliche Akademien? Oder vielmehr gab es dort welche?“ Imma sah den Geweihten an, während sie sprach, doch dann wandte sie sich an Lioba: „Habt ihr vielleicht anhand des Papiers feststellen können, ob der Brief älter als fünf oder gar zehn Götterläufe gewesen ist?“ Dann fiel ihr etwas ein und sie lief erneut zu einem der Tonröhrenregale, um nach bestimmten Schriften zu suchen, die ihnen vielleicht helfen konnten und kam einige Zeit später mit einigen Papieren zurück. (Imma)

Lioba begann, darüber nachzudenken, was die Buchstabenkombination KWAST wohl bedeuten könnte und tat dies zunächst stumm. Immas rege Betriebsamkeit ließ sie jedoch aufblicken und sich ein wenig wundern. ‚Nein, wirklich schnell bewegt sie sich nicht. Aber ihr Verstand macht das deutlich wett…‘ Lioba schüttelte kurz den Kopf und konzentrierte sich wieder auf ihre gemeinsame Aufgabe. Immas Mutmaßungen mit einbeziehend, versuchte sie sich darin, ihre eigenen Gedanken zu äußern: „Akademie… Akademie… für S, T… S und T… T wie Theorie, Taktik, Technik… S wie Symbolik – nein…“ Sie musste schmunzeln. „Es gibt wohl keine kaiserliche Akademie für Symbolik Strategie… Staats…theorie…?“ Auch über die Frage nach dem Alter des Papieres dachte sie nach. Man konnte altes Papier natürlich von neuem unterscheiden und manchmal auch ein ungefähres Alter schätzen, aber je kleiner der Abstand, desto schwieriger war dieses Unterfangen. Dennoch gab sie sich Mühe und saß einen Moment grübelnd da. (Lioba)

„Natürlich!“ Imma war direkt nach Liobas Worten zu einem etwas entfernt liegenden Schrank gelaufen, den sie einst als Strafarbeit aufräumen musste, hatte ein wenig zwischen verschiedenen Papieren gesucht und dann etwas entnommen. In kürzester Zeit stand sie erneut vor der jungen Frau: „Seht Lioba, was haltet ihr davon?“ Imma schob ihr ein Pergament zu, welches bereits einige Jahrzehnte alt wirkte. Es schien die zweite Seite eines Briefwechsels zwischen einem früheren Tempelvorsteher und einer gewissen Meingard von Mendena zu sein. In erster Linie schien sich die Frau Rat suchen zu wollen über die zukünftige Ausbildung ihres noch jungen Sohnes. Auf den ersten Blick hatte dieser Brief also nichts mit ihren Anliegen zu tun zu haben, doch Imma deutete auf einige Zeilen in der Mitte. „lunk wird ihn in Bereichen der Staatskunst ausbilden. Euren Rat, Hoher Lehrmeister, ihn an die Kaiserlich Wehrheimer Akademie für Strategie und Taktik zu schicken, hat mein Ehegatte mit großer Begeisterung aufgenommen. Es sei für ihn keine Frage für die beste und tradit…“ „Wisst ihr was das bedeutet?“ Sie sprach ruhig, aber die Nuance einer Unfassbarkeit mischte sich in ihre weiche Stimme. „Es ist von ungeheurer Wichtigkeit, ob ihr feststellen konntet, ob das Papier älter als zehn Götterläufe war. Diese Information könnte alles ändern, das ist euch doch klar?“ (Imma)

-- Main.CatrinGrunewald - 06 Mar 2019